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Aufregungen im Fürstentum

Wie Inu Yasha auch hätte verlaufen können
von
Koautor: Kupferschweif

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Kapitel 19

Sesshoumaru verneigte sich tief vor seinem Vater und dieser bedeutete ihm, Platz zu nehmen.

„Erinnerst du dich noch, worüber ich mit dir reden wollte, als uns die Ankündigung des Besuchs deines Schwiegervaters unterbrochen hat?“ erkundigte der Fürst sich. Er distanzierte sich absichtlich von dem Fürst des Nordens, der ja auch sein Cousin und nicht nur Sesshoumarus Schwiegervater war.

Der Prinz nickte etwas. „Amaru hat Euch noch weitere seiner Taten gestanden“, sagte er.

Sein Vater lehnte sich etwas zurück. „Diese Taten liegen etwas weiter in der Vergangenheit … Etwa zu dem Zeitraum deiner Geburt …“, begann er langsam.

Der jüngere Daiyoukai hob etwas den Kopf, ohne freilich ganz aufzublicken.

„Hab ich dir jemals von diesen Tagen erzählt? Oder einer deiner Lehrer?“

„Ich weiß, dass ojii-sama und obaa-sama zu der Zeit gestorben sind.“ Seine Großeltern, die er nie kennen gelernt hatte.

„Kennst du auch die genaue Geschichte?“

„Ojii-sama erlag seinen Verletzungen, die er im Kampf gegen seinen Zwillingsbruder, Hanas Großvater, davongetragen hat und obaa-sama hat zu viele Beruhigungskräuter eingenommen und ist dadurch gestorben“, antwortete Sesshoumaru. Was sollten diese Fragen? Hatte Amaru etwa … ?

„Mein verehrter Vater hätte diese Verletzungen überlebt. Sie waren schwerwiegend und er wäre nie wieder ganz gesund geworden, aber er hätte überleben können, wenn Amaru ihn nicht umgebracht hätte. Und meine verehrte Mutter wollte sich nicht selbst das Leben nehmen. Sie war tief erschüttert und in tiefer Trauer, aber sie wollte sich nicht selbst das Leben nehmen. Das war auch Amaru.“

Der Erbprinz schluckte etwas und grub seine Krallen in den Stoff seines Hakamas.

„Mein Vater starb am Tag deiner Geburt, noch bevor ich dir einen Namen geben konnte … Eigentlich hatte ich vorgehabt, dich Ichiromaru zu nennen, aber ich hab mich dann umentschieden und dir den Namen meines verehrten Vaters gegeben“, fuhr der Taishou fort.

Sesshoumaru wusste, dass es eigentlich angebracht wäre, etwas dazu zu sagen, aber er brachte kein Wort heraus. Diesen Teil der Familiengeschichte hatte er noch nicht gekannt und er wusste nicht, wie er auf diese Offenheit seines Vaters reagieren sollte. Doch der erwartete gar keine Reaktion, schien seinen ältesten Sohn sogar schon fast vergessen zu haben.

„Amaru kann diese Intrige nicht alleine gesponnen haben. Der Schattendämon hat gesagt, dass er immer zwei Frauen getroffen hat, die ihm neue Anweisungen gegeben haben und die Beschreibungen und die Zeiträume passen zu Hana und Akemi … Wenn die beiden nicht dahinter stecken, dann zwei Dämoninnen, die ihnen ähnlich sehen … oder welche, die ihr Aussehen verändern können. Mindestens diese beiden stecken mit Amaru unter einer Decke … Vielleicht auch noch eine dritte Person, diejenige, die die Dienerschaft außer Gefecht gesetzt hat …“, erzählte der Fürst.

„Dann wird Myougas Suche nach magisch begabten Wesen vielleicht weiterhelfen“, erwiderte Sesshoumaru.

Sein Vater nickte etwas. „Geh nachsehen, wie weit er mit dieser Liste ist und hilf ihm, wenn er noch nicht fertig sein sollte.“

Der Jüngere verneigte sich etwas und verließ das Arbeitszimmer seines Vaters.
 

Er fand Myouga in dem Raum, in dem die Lehrer ihren Unterricht vorbereiteten und alle nötigen Schriftrollen aufbewahrt wurden. Der kleine Flohgeist war gerade dabei, einige Rollen vorsichtig durch den Raum zu einem Regal zu transportieren, als er den Erbprinzen entdeckte.

Hastig verneigte er sich so gut es mit dem dicken Papier auf den Armen ging. „Sesshoumaru-sama …“

„Mein verehrter Vater lässt fragen, ob du mit der Auflistung der magisch begabten Wesen bereits fertig bist“, sagte der Daiyoukai.

„Äh … ja, die Liste habe ich fertiggestellt. Ich wollte nur die Schriftrollen wieder einsortieren und sie dann zu oyakata-sama bringen.“

Myouga hätte fast erschreckt aufgeschrien, als ihm die Schriftrollen abgenommen wurden, konnte sich aber gerade noch beherrschen und sich stattdessen wirklich ordnungsgemäß verneigen, während Sesshoumaru die Rollen wieder in die Regale schob.

„Die Liste?“

Der Berater des Taishou sprang schnell auf den von Papieren übersäten Tisch. „Hier ist sie, Sesshoumaru-sama.“

Der Weißhaarige nahm das Schriftstück, ohne einen genauen Blick auf die Namen und Rassen zu werfen und wandte sich dann wieder ab. „Komm“, sagte er nur, ehe er den Raum verließ.

Myouga sprang wieder auf den Boden und folgte ihm dann eilig.
 

Derweil streifte Inu Yasha ziellos durch den Schlossgarten. Viel lieber wäre er durch die Wälder außerhalb des Schlosses gewandert, aber angesichts der momentanen Situation kam das nicht infrage, zumal er vermutlich ein leichtes Ziel wäre, so gedankenverloren wie er gerade war.

Der jüngere Prinz konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Hana in diese Intrige verwickelt war. Er kannte sie sein ganzes Leben lang, sie hatte sich oft um ihn gekümmert und er war immer davon überzeugt gewesen, dass sie ihn wirklich mochte und das nicht nur vorgegeben hatte, weil er ihr Schwager war und ihr Schwiegervater sie dazu aufgefordert hatte. Er war sich dessen auch immer noch sicher und konnte und wollte nicht daran zweifeln, konnte und wollte nicht glauben, dass sie eine durchtriebene Verräterin war.

Und doch sprach im Moment alles gegen Hana, wirklich alles. Der Schattendämon hatte seine Befehle von einer Frau erhalten, die sich als Hana ausgab und deren Beschreibung auch noch tatsächlich auf die Prinzessin passte. Erschwerend kam auch noch die ominöse Begleiterin hinzu, die Akemi gewesen sein könnte.

Zu den Zeitpunkten, an denen der Schattendämon sich mit den Dämoninnen getroffen hatte, waren Hana und Akemi vermutlich auch nicht im Schloss gewesen.

Und jetzt ritt ihr Vater sie auch noch tiefer hinein, indem er sie an ihre Loyalität ihm gegenüber erinnerte und von ihrer Schwangerschaft wusste, angeblich von ihr.

Nur, woher wusste Akumaru sonst davon? Hatte er es ihr irgendwie angemerkt oder hatte er einen Spion im Schloss, der davon erfahren und es ihm berichtet hatte? Oder gab es noch eine andere Erklärung? Hana konnte es ihm nicht mitgeteilt haben, als sie davon erfahren hatte, dass sie ein Kind erwartete, hatte sie bereits unter Zimmerarrest gestanden, somit war es ihr nicht möglich gewesen, einen Boten zu senden oder sonst wie eine Nachricht in den Norden zu schicken.

Das Ganze war doch einfach nur zum Haareraufen!
 

Sesshoumaru verneigte sich kurz, als er in das Arbeitszimmer des Fürsten zurückkehrte, ehe er ihm die Auflistung reichte und wieder Platz nahm.

„Hast du sie bereits durchgesehen?“ fragte der Taishou, obwohl er die Antwort kannte.

„Nein, verehrter Vater“, antwortete sein Ältester. Er hatte seinem Vater nicht vorgegriffen.

Der Herr der Hunde nickte langsam und nachdem er zu Ende gelesen hatte, reichte er seinem Sohn die Liste.

Myouga saß derweil sehr unruhig vor den beiden Herren und schien an seinen Fingernägeln zu kauen.

Der Erbprinz verstand einige Augenblicke später, warum der Flohgeist so nervös schien. Neben den Kitsune, von denen bekannt war, dass sie Illusionsmagie beherrschten, waren auch noch die Berghexen aufgelistet und unter anderem auch noch Inu-Youkai, wobei eine Familie besonders hervorgehoben war: die von Hanas Mutter.

Sesshoumaru reichte seinem Vater die Liste zurück.

„Myouga, hast du auch rausgefunden, welche Magie genau die einzelnen Rassen und Familien beherrschen?“ wandte sich dieser an seinen Berater.

Dem brach augenblicklich der kalte Schweiß aus. „Äh … ja, oyakata-sama. Die Kitsune beherrschen Illusionsmagie, sie versuchen ihre Gegner lange genug abzulenken, um entkommen zu können. Sie sind nicht gerade für ihren Mut und ihre Kampflust bekannt, eher dafür, dass sie …“

„Myouga!“

„Verzeiht, oyakata-sama. Die Berghexen beherrschen verschiedene Magie. Sie verwenden Kräutertränke, um die Seelen von Menschen an eine neue Hülle, meistens aus Ton, zu binden, können aber auch Pulver herstellen, die Angreifer blenden, lähmen oder ihnen das Bewusstsein oder sogar das Gedächtnis rauben.“

„Berghexen brauchen also immer Hilfsmittel wie Tränke oder Pulver, um ihre Magie auszuführen. Ist es denkbar, dass eine Hexe mit einem solchen Pulver die gesamte Schlossbelegschaft außer Gefecht setzen kann?“

„Denkbar schon, wenn sie einen Wind heraufbeschwört, der es in den Gängen verteilt, aber dann hättet Ihr den Geruch der Kräuter wahrgenommen, als Ihr zurückgekehrt seid und es hätten sich sicherlich auch noch Spuren davon auf den Teppichen oder der Kleidung der Belegschaft gefunden. Zumal es doch auch hieß, dass die Dienerschaft durch einen Schockzauber außer Gefecht gesetzt wurde, nicht durch einen Naturzauber wie dem einer Berghexe.“

„Sesshoumaru?“

Der Erbprinz hob etwas den Kopf. „Es ist möglich, dass den Kagé-Youkai das nur erzählt wurde, um die Spuren weiter zu verwischen, daher ist es auch möglich, dass es kein Schockzauber war.“

„Myouga, fahre fort“, sagte der Fürst langsam. Er wollte eigentlich nicht hören, dass Hana theoretisch dazu in der Lage wäre, seine Angestellten außer Gefecht zu setzen.

„Wie ihr selbstverständlich wisst, oyakata-sama, Sesshoumaru-sama, beherrschen auch Inu-Youkai eine Art der Magie und wenn sie ihre Fähigkeiten gezielt ausbauen, könnten sie in der Lage sein, solche Zauber zu bewirken, wie der, der Eure Schlossbelegschaft handlungsunfähig gemacht hat. Eine Familie ist besonders bekannt dafür, sich mit der Magie zu beschäftigen und … das ist die von Hana-himes Mutter.“ Der Flohgeist schluckte unbehaglich und betete, dass die Herren ihn nicht für diese Information verantwortlich machten, obwohl er wusste, dass das unsinnig war.

„Noch mehr?“ fragte der Fürst nur.

„Ähm … es ist nicht genau bekannt, welches Familienmitglied sich auf welches Gebiet der Magie spezialisiert hat, aber es heißt, dass … Hana-himes Großvater äußerst fähig auf dem Gebiet der Angriffsmagie ist und das auch an seine Kinder weitergegeben hat.“

Was bedeutete, dass durchaus die Möglichkeit bestand, dass auch Hana dazu in der Lage war, Angriffszauber anzuwenden, wie die, die die Diener außer Gefecht gesetzt hatte.

„Sesshoumaru, was weißt du über Hanas magische Fertigkeiten?“ wandte der Herrscher sich an seinen Erben.

„Nicht viel“, gab dieser zu. „Nur dass sie sich mit Magie beschäftigt hat und dazu in der Lage ist, in kurzer Zeit recht starke Bannkreise zu errichten.“

Der Vater nickte etwas und wollte gerade etwas sagen, als ein Diener nach einem Klopfen hereinkam und sich hastig zu Boden warf.

„Verzeiht die Störung, oyakata-sama, Sesshoumaru-sama“, sagte er unterwürfig.

„Was gibt es denn?“ fragte der Taishou. Kündigte ein weiteres ungeliebtes Familienmitglied seinen Besuch an?

„Der Kräuterkundelehrer von Sora-hime lässt höflichst fragen, ob er eine Exkursion unternehmen dürfte, selbstverständlich mit Begleitschutz.“

Der Fürst sah zu seinem Sohn. „Deine Entscheidung.“

„Ich gestatte die Exkursion nur unter meiner Aufsicht“, sagte Sesshoumaru. Er wusste, dass sein Vater viel davon hielt, wenn Sora vor Ort lernte und erinnerte sich nur zu gut daran, dass er selbst und auch sein Bruder regelmäßig das Schloss mit den Lehrern verlassen hatten, um nicht nur theoretisch das Land zu kennen, allerdings erschien es ihm momentan nicht sicher genug, seine Tochter nur mit einem Lehrer und ein paar einfachen Kriegern aus dem Schloss zu lassen.

„Wäre es für dich auch akzeptabel, wenn Inu Yasha die Aufsicht hat? Ich würde dich bitten, Hana zu unseren neuen Erkenntnissen zu befragen und mir dann Bericht zu erstatten. Ansonsten muss der Ausflug verschoben werden.“

Der Erbprinz überlegte kurz, wissend, dass sein verehrter Vater ihm wirklich die Wahl ließ. „Inu Yasha soll die Aufsicht führen und noch mindestens einen Krieger mitnehmen.“ Wer konnte schon sagen, wann die kleine Prinzessin sonst zu ihrer Exkursion konnte? Und Inu Yasha würde sie sicherlich auch nicht aus den Augen lassen, dass musste er ihm zugute halten.

„Gut. Richte Inu Yasha aus, dass er sich einen Krieger suchen und dann die Aufsicht über die Exkursion meiner Enkeltochter führen soll“, ordnete der Herr der Hunde an.

Der Diener verneigte sich noch einmal und verließ dann das Zimmer.

„Sesshoumaru, gehe zu Hana und frage sie nach ihren magischen Fähigkeiten und ob es jemanden in der Familie ihrer Mutter gibt, der mit in diese Verschwörung verwickelt sein könnte. Erstatte danach Bericht. Myouga, du versuchst eine Liste aller Dämoninnen zusammenzustellen, die Hana ähneln und sich vor Ahnungslosen für sie ausgeben könnten. Und nach Dämonen, die ihr Äußeres verändern, eine andere Gestalt annehmen können. Ihr dürft gehen.“

Die beiden Angesprochenen verneigten sich schnell und keinen Augenblick später war Myouga schon verschwunden.

„Sesshoumaru“, hielt der Fürst seinen Ältesten noch einmal auf, als dieser schon an der Tür war. „Ich vertraue auf deine Rationalität.“

Sesshoumaru neigte höflich den Kopf. „Natürlich, verehrter Herr und Vater.“
 

Inu Yasha schreckte kaum merklich auf, als der Diener ihn im Schlossgarten aufsuchte und sich mit einem schnellen „Inu Yasha-sama“ auf die Knie sinken ließ.

„Was ist denn?“ wollte der jüngere Prinz etwas verwundert wissen. Es kam nicht ganz so häufig vor, dass ein Diener mit einer Nachricht zu ihm geschickt wurde und bei der momentanen Lage … na ja.

„Oyakata-sama schickt mich. Ihr sollt euch einen der Krieger nehmen und dann die Aufsicht über die Exkursion von Sora-hime und ihrem Kräuterkundelehrer führen.“

„Jetzt sofort?“

„Äh … ja, Inu Yasha-sama, ich denke schon.“

„Gut. Du kannst gehen.“

Der Diener entfernte sich und der Halbdämon machte sich auf den Weg ins Quartier der Krieger, um sich einen der Samurai zu holen.
 

Die Krieger verneigten sich hastig, als der Prinz eintrat, obwohl es einem großen Teil schwer fiel, einem Hanyou solchen Respekt entgegen zu bringen.

Inu Yasha ließ seinen Blick über die Männer gleiten und wandte sich schließlich an den Nachfolger des getöteten Hauptmannes Takeru, dessen Name ihm gerade nicht einfiel. „Ich brauche einen deiner fähigsten Krieger, der Sora-hime bei einer Kräuterkundeexkursion beschützt.“

Er war kein Narr, er wusste, dass er einen besseren Krieger bekam, wenn er ihn zu Soras Schutz orderte und nicht zu seiner Unterstützung und dass dieser Krieger dann auch um einiges aufmerksamer sein würde, aus Angst, von Sesshoumaru bestraft zu werden.

„Natürlich, Inu Yasha-sama“, erwiderte der neue Hauptmann und sah sich kurz unter seinen Männern um. „Teki, du wirst Inu Yasha-sama begleiten und die Prinzessin mit deinem Leben beschützen.“

Der angesprochene Samurai verneigte sich noch ein Stück tiefer. „Natürlich, Yujin-san.“

Der Halbdämon musterte den Krieger kurz von oben bis unten. Er hatte dunkelbraunes Haar und soweit er erkennen konnte auch dunkle Augen, war recht groß und muskulös und hatte ein breites Kreuz. Das könnte den einen oder anderen möglichen Angreifer schon mal abschrecken, auch wenn der Körperbau recht wenig über die Kampffähigkeit aussagte. „Gut. Gehen wir“, meinte der Weißhaarige daher nur und verließ die Quartiere wieder, um sich auf die Suche nach dem Kräuterkundelehrer zu machen und sich mit diesem dann bei seinem Vater abzumelden.
 

Der Fürst stand an dem Fenster seines Arbeitszimmers und starrte nachdenklich hinaus. Er konnte und wollte sich einfach nicht vorstellen, dass Hana eine Verräterin war, obwohl so viel dafür sprach.

Außerdem konnte er sich nicht vorstellen, dass sie sich selbst und ihre Tochter in Lebensgefahr bringen würde und er wollte sich nicht vorstellen, dass er selbst eine Verräterin ins Schloss und an die Seite seines Sohnes geholt hatte.

Wenn sich jedoch herausstellen sollte, dass die Familie ihrer Mutter darin verwickelt war und womöglich gemeinsame Sache mit ihrem Vater machte, sähe es sehr schlecht aus.

Er schob die düsteren Gedanken beiseite, als es an der Tür klopfte und wandte sich um.

Inu Yasha trat gefolgt von Sora und dem Kräuterkundelehrer ein und verneigte sich kurz.

„Wann werdet ihr wieder zurück sein?“ wollte der Taishou wissen.

„Noch vor Sonnenuntergang. Die Exkursion soll zu der alten, kleinen Schlucht gehen, der etwa zwei Stunden von hier entfernt liegt. Dort gibt es ein hohes Pflanzenvorkommen“, antwortete sein Jüngster.

„Der Krieger?“

„Teki erwartet uns beim Haupttor, er musste noch seine Montur holen.“

„Gut. Geht jetzt.“

Die drei verneigten sich noch einmal höflich und verließen dann das Arbeitszimmer, sodass der Herr der westlichen Länder sich wieder der Aussicht und seinen Gedanken widmen konnte.
 

Sora war zugegeben recht aufgeregt, weil sie aus dem Schloss raus und ein ihr unbekanntes Gebiet erforschen durfte, da störte es sie auch nicht weiter, dass sie dabei lernen und bereits gesammeltes Wissen anwenden sollte.

Doch trotz ihrer Aufregung war sie auch etwas beunruhigt. Normalerweise wurde ein solcher Ausflug nicht von einem Familienmitglied und einem Samurai begleitet. Und ein Blick in das Gesicht ihres Onkels verriet ihr, dass er angespannt und mehr als wachsam war. Auch ihr Großvater war ziemlich merkwürdig gewesen, als sie eben bei ihm waren, um sich abzumelden.

Die kleine Prinzessin wurmte es ein wenig, dass sie außen vor gelassen wurde. Sie hatte natürlich mitbekommen, dass jemand ihre Familie und auch sie bedrohte und in Gefahr brachte, aber sie bekam keine weiteren Informationen dazu und erfuhr nicht mal, warum sie ihre Mutter nicht mehr sehen durfte.

Lautlos seufzte sie und ließ die Schultern sinken.

Ihr Blick glitt wieder zu Inu Yasha. Wenn ihr blöder Kräuterkundelehrer und der noch blödere Samurai nicht dabei wären, hätte sie ihn jetzt gefragt, was überhaupt los war und sie hätte nicht eher locker gelassen, bis er ihr endlich die ganze Wahrheit gesagt hätte.

Der Bruder ihres Vaters schien zu bemerken, dass sie ihn beobachtete, denn er erwiderte ihren Blick.

Einige Momente lang sahen die beiden sich stumm in die Augen, versuchten den Blick des anderen zu deuten.

Sora war diejenige, die zuerst wegsah und so den Blickkontakt abbrach. Sie konnte nicht genau sagen was, aber etwas, dass sie in den goldgelben Augen ihres Onkels gesehen hatte, gab ihr die Gewissheit, dass er ihr nichts über die Geschehnisse erzählen würde, selbst wenn sie alleine wären.

Inu Yasha wandte seinen Blick wieder auf seine Umgebung und lauschte auf die Geräusche um ihn herum. Nein, er würde Sora nichts darüber erzählen, dass der Heiler, dem sie so sehr vertraut hatte, deswegen nicht mehr im Schloss war, weil er versucht hatte, ihre Mutter und ihr ungeborenes Geschwisterkind umzubringen und offenbar von Anfang an einem anderen Fürsten als ihrem Großvater gedient hatte und Teil einer großen und offensichtlich sehr gefährlichen Verschwörung gegen die Fürstenfamilie des Westens war und ihre Mutter unter dem Verdacht stand, ebenfalls in der Sache mit drin zu stecken. So etwas erzählte man keinem achtjährigen Mädchen.
 

Die kleine Schlucht, zu der der Ausflug führen sollte, lag in einem kleinen Wald auf einer Lichtung. Vor mehreren hundert Jahren war der Boden hier einfach abgesackt und hatte so ein klaffendes Loch hinterlassen.

„Ihr wartet hier. Ich sichere das Gebiet ab“, wies Inu Yasha die anderen drei an und ließ sie am Rand der Lichtung zurück, ging einmal um die gesamte Schlucht herum, lauschte, schnüffelte. Aus den Augenwinkeln sah er, dass auch Teki um sich blickte, ob ihnen auch niemand gefolgt war.

Der Halbdämon ging näher an den Rand der Schlucht und sah hinab. Dort ging es sicher gute drei, vielleicht auch vier Meter runter. Der Boden des Abgrundes war von Felsen und Erde bedeckt, die mit hinunter gerissen worden waren, als der Boden abgesackt war. Inu Yasha erinnerte sich nicht mehr genau daran, ob man nie rausgefunden hatte, warum diese Schlucht entstanden war, ob man sich schlichtweg nicht dafür interessiert hatte oder ob er einfach vergessen hatte, was der Grund gewesen war.

Er winkte den anderen dreien, dass sie kommen konnten.

„Sora-hime, ich gebe Euch etwa eine Stunde, in der Ihr die Lichtung und die Schlucht erkunden dürft und dann werde ich Euch verschiedene Kräuter und Pflanzen zeigen, zu denen Ihr mir dann alles berichtet, was Ihr wisst“, sagte der Lehrer zu der kleinen Prinzessin.

Diese nickte artig. „Ja, Shoku-san.“ Dann lief sie los.

„Aber geh nicht zu nah an den Rand!“ warnte ihr Onkel sie.

„Nein, ich pass auf“, versprach sie.

„Gut, sonst ende ich noch so wie Amaru und die Schattendämonen im Kerker und werde von deinem Vater in meine Einzelteile zerlegt“, murmelte er und sah zu dem Lehrer, der zu ihm kam und höflich den Kopf neigte.

„Ich werde einige Kräuter und Pflanzen in der Umgebung suchen gehen, wenn Ihr gestattet, Inu Yasha-sama.“

„Ja, natürlich. Aber bleib in Hörweite.“

Lehrer waren zwar gewöhnlich nicht sonderlich gut im Kampf ausgebildet, aber Shoku war noch recht jung und sich vor Sora werfen konnte und würde er auch tun.

„Gewiss, Inu Yasha-sama.“

Der Halbdämon sah sich nach Teki um, der den Rand der Lichtung abging und sich wachsam umsah, aber Sora nie länger als einige Augenblicke aus den Augen ließ. Sehr gut.

Sesshoumarus Tochter ging den Rand der Schlucht entlang und sah hinab, blieb zwischendurch stehen und hob die Nase in den Wind oder betrachtete einige Pflanzen genauer.

Inu Yasha schloss zu dem Krieger auf, der sich rasch etwas verneigte. „Ich möchte, dass du den Wald um die Lichtung herum inspizierst. Kein allzu großer Umkreis. Ich will nur wissen, wer oder was sich hier in letzter Zeit aufgehalten hat“, befahl er leise.

Teki nickte etwas. „Natürlich, Inu Yasha-sama“, sagte er und verschwand zwischen den Bäumen, wo kurz zuvor auch der Kräuterkundelehrer verschwunden war.

Der jüngere Prinz ging zu seiner Nichte, die sich langsam näher an den Abgrund tastete, um besser hinunter sehen zu können. „He! Pass bloß auf“, warnte er sie und blieb ein Stück entfernt stehen. „Mach langsam vier große Schritte rückwärts.“

Sie verdrehte etwas die Augen und gehorchte.

„So ist es brav. Und näher gehst du auch nicht an den Abgrund ran. Ich hab keine Lust, deinen Eltern hinterher erklären zu müssen, warum du da runtergefallen bist, während ich daneben stand.“

„Chichi-ue hätte mich näher ran gelassen“, erwiderte sie schmollend.

„Erstens bezweifle ich das und zweitens ist er gerade nicht hier, also hör auf zu schmollen …“ Inu Yasha hob den Kopf und sah sich alarmiert um, auch Sora wurde schlagartig mucksmäuschenstill. Aus dem Wald, wo Shoku sich ungefähr aufhielt, war ein erschrockener Ausruf zu hören gewesen, gefolgt von einem dumpfen Aufprall und Blätterrascheln.

Im nächsten Moment war vom anderen Ende der Lichtung etwas zu hören, jemand kam aus dem Wald.

Noch während er herumfuhr, zog der Halbdämon Tessaiga und schob Sora ein Stück hinter sich, atmete aber erleichtert auf, als er Teki sah, der ebenfalls gezogen hatte und langsam näher kam.

„Pass auf Sora auf, ich sehe nach Shoku“, sagte der Höherrangige und ging in die Richtung, aus der er die Geräusche vernommen hatte. Noch ehe er ganz zwischen den Bäumen verschwunden war, konnte er Blut riechen und beschleunigte seine Schritte, bis er einen kleinen, kaum erkennbaren Pfad erreichte, auf dem der Lehrer lag und aus einer ziemlich großen Platzwunde am Kopf blutete.

Doch noch ehe Inu Yasha sich über den Bewusstlosen beugen konnte, hörte er einen gellenden Schrei, der nach nur zwei Augenblicken abrupt wieder verstummte.

Das war Sora!

„Mist!“ fluchte der jüngere Prinz und raste so schnell er konnte wieder zurück auf die Lichtung, wo er geschockt stehen blieb.

Von seiner Nichte fehlte jede Spur, genau wie von Teki.

Er wollte gerade zum Rand der Schlucht sputen, um nachzusehen, ob die beiden abgestürzt waren, als ein brennender Schmerz in seinem Hinterkopf explodierte und ihm augenblicklich das Bewusstsein raubte …
 

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Auszug aus dem Gespräch der Autorinnen zur Auflösung der letzten Szene:

Hani: Wir müssen die irgendwie wieder in Aufregung kriegen. Sonst macht der Titel keinen Sinn.

Jenny: Wir entführen Sora, das bringt immer Aufregung.

Hani: Haben wir schon gemacht, ist langweilig.

Jenny: Gut, dann bringen wir sie um. Das ist die ultimative Aufregung und bringt uns ein paar rasende Hauptcharaktere.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Weissquell
2012-08-30T19:20:32+00:00 30.08.2012 21:20
Sooo, nun hab ich mich doch mal wieder an meine Kommis gemacht. :-) Es war nicht ganz einbfach nach so langer Zeit weder reinzukommen, vor allem weil die Thematik momentan sehr politisch und voller Intrigen ist und man nicht mehr alle Informationen im Kopf hat. Aber ich wollt nun doch nicht alles von Anfang lesen.
Aber genug der Vorworte, kommen wir zum wesentlichen. Wie gesagt, alles ist sehr politisch gerade und es kommt auch sehr authentisch rüber. Man merkt, ihr habt da ordentlich Gedanken gemacht habt. Aber man kommt langsam auch wieder in die Story rein und immer mehr Erinnerungen werden wach. Momentan hängt vieles in der Schwebe. Mal sehen wie sich das entwickelt. Auch die Sache mit der Schlucht. Wenn da schon angedeutet wird, niemand weiß wie sie entstanden ist, dann hat das womöglich noch mal ne Bewandnis. Ich hoffe für Inu, dass Sora nix passiert, sonst macht Sessi ihn rund!
Werd mal gleich weiterlesen gehen. Vielleicht schaff ich heute ja noch n paar Kapitel :-)
Von:  Hotepneith
2012-06-16T07:07:51+00:00 16.06.2012 09:07
Ich muss zugeben, dass ich mich freue, dass ihr euch nach mehr als einem Jahr aufgerafft habt weiterzuschreiben.
Es war auch nciht sonderlich schwer wieder in die Geschichte zu finden, ich musste nur die letzten beiden Kapitel überfliegen - und ihr habt wirklich gut an diese wieder angeschlosssen.
Jetzt gibt es in der Tat erneute Aufregung - und, sagen wir es so: da wird jemand auf seinen Halbbruder ziemlich wütend werden, gleich, ob seine Tochter nur entführt oder umgebracht wurde. Das kann familienintern auch nicht gerade weiterhelfen. Andererseits ist das Aiusspielen von Gegnern untereinander ein uralter , nichtsdestotrotz guter, Schachzug. Nach allem, was man von der KOnkurrenzfamilie weiß, sind sie (fast) keine Idioten.
Es bleibt also spannend und ich bin neugieirig, wie ihr diese Spannung halten wollte.

In der Hoffnung auf ein baldiges Kapitel Zwanzig

hotep


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