'Cause we Belong...*
'Cause we belong in two thousand and eight
The best year of my life without debate
Es war nun bereits eine Woche her, dass Rocko uns erneut verlassen hatte. Es war ein lauer Abend im Dezember - um genau zu sein - der 31ste Dezember. Mit jedem Tag der verstrich, wurde es mir schmerzlicher bewusst, dass ich bald allein sein würde, denn sie würde auch bald gehen. Genau genommen bereits morgen. Ich konnte es kaum ertragen, doch ich lächelte tapfer weiter, ich wollte sie die Trauer nicht sehen lassen, ich wollte, dass sie die letzten Tage genoss. Doch nun schienen es nur noch wenige Stunden zu sein, bis sie mich verließ.
Misty schüttelte ihre Haare und riss mich so aus meinen Gedanken. Ich warf einen Blick über die Lichtung, auf der wir waren, unter einem großen Baum. Wir saßen auf den Enden unserer Schlafsäcke; es würde das letzte Mal sein, das wir in ihnen und nebeneinander schlafen würden, bevor sie zu ihrer Arena zurückkehren musste. Es kam mir so unwirklich vor, dass das Jahr, das wir zusammen hatten, schon vorbei sein sollte. Bald wurde die 2008 zu 2009. Und doch wusste ich bereits jetzt, 2008 war das Schönste Jahr.
Oh wait
And in an age while learning your ways
Who would have planned
To fall in love in a caravan
Ich sah hinab auf Mistys Hand, die zwischen uns lag. Und wieder musste ich an das Ereignis denken, dass eine Woche zurücklag. Das Ereignis, was mir seit dem Tag Stunde um Stunde durch den Kopf ging. Wir waren in Marmoria City gewesen um Rocko zu verabschieden, und da es spät wurde, schlug er uns vor, dass wir die Nacht in dem Wohnwagen verbringen könnten, der seinem Vater gehörte, da es draußen zu regnen begonnen hatte. Wir lagen also in unseren Schlafsäcken in dem gemütlichen Wohnwagen, und, was soll ich sagen, es schien der bisher schönste Abend zu sein, wir redeten und lachten so viel, ich konnte meine Augen plötzlich nicht mehr von ihr abwenden, mit einem Kribbeln im Bauch hatte ich sie angesehen. Ein Gefühl, welches ich noch nie gehabt hatte, wenn ich Misty ansah. Und als ich am nächsten Morgen aufwachte, hielt ich ihre Hand. Ich weiß bis heute nicht, wie es passiert war. Ob ich sie im Schlaf nur zufällig ergriffen hatte? Oder hatte Misty sie absichtlich genommen, bevor sie eingeschlafen ist?
Doch als Misty aufwachte, zog ich aus einem Reflex heraus meine Hand weg. Ich bereue es. Denn nun werde ich wohl nie erfahren, ob sie es gewusst hatte.
'Cause we belong getting lost
underneath ancient stars
Plötzlich sah Misty mich an. Und obwohl es auf der Lichtung schon dunkler geworden war, konnte ich ihr Gesicht klar sehen, als würden die Sterne über uns sie erstrahlen lassen. Misty lächelte mich an, doch sie konnte die Trauer in ihren Augen nicht verbergen. Tapfer lächelte ich zurück.
"Es… es ist unser letzter Abend." Sagte Misty und schaute mich mit ihren wunderschönen Augen an. Ich konnte nichts anderes tun, als zu nicken. Sie holte tief Luft, sah wieder rauf in die Sterne und flüsterte "Ich werde dich vermissen, Ash"
Wieder spürte ich dieses Kribbeln in meinem Bauch. Auch ich sah wieder in die Sterne und wünschte mir, wir könnten ewig hier sitzen, hier schienen wir hin zu gehören, unter die funkelnden Sterne. "Ich dich auch, Misty." Und sie konnte sich gar nicht vorstellen, wie sehr. Ich wollte es ihr sagen, so vieles sagen, doch jetzt, wo das Ende unserer Ära so nah schien, konnte ich es nicht.
And no one else was in that moment
'cause that moment was ours
And you would have planned
I'd be walkin' the land with you
Es war aber andererseits auch nicht nötig, etwas zu sagen. Dieser Moment hier, unter den Sternen, schien nur uns beiden zu gehören. Noch nie war ich so froh, mit ihr alleine zu sein und ich wollte mit niemand anderem diesen Moment teilen. Was hatte dieses Mädchen nur mit mir gemacht? Dadurch dass wir die Hand des Anderen in der Stürmischen Nacht gehalten hatten, wurden meine Gefühle ihr gegenüber vollkommen verändert. Sie war schon immer meine beste Freundin gewesen, doch plötzlich, war sie mehr.
"Ich will nicht, dass du gehst. Ich will dich nicht verlassen." Flüsterte ich, so leise dass es kaum zu hören war, doch ich musste es sagen. Doch statt einer Antwort spürte ich plötzlich wie ihre Hand seicht meine streifte und sich schließlich mit ihr verschränkte. Mein Herz klopfte von einer Sekunde auf die andere hundertmal schneller, ein Schauer lief mir über den Rücken. Es war wie an dem Morgen, der eine Woche zurücklag.
And who would have guessed
I'd fall asleep with your head upon my chest
Misty sah mich immer noch nicht an, als sie ein Stück näher zu mir rutschte. "Ich wünschte, ich müsste nicht gehen." Erwiderte sie und es schien, als würde sie ein Schluchzen unterdrücken. Ich schluckte. Was bedeuteten diese Gesten? Tat sie das nur, weil sie traurig war, das unsere Wege sich trennten, oder hatte es mehr zu bedeuten?
Ein Windhauch wehte über die Lichtung und Misty begann zu zittern. Kein Wunder, es war ja auch schon kurz nach 23 Uhr. Wenn sie es nur freundschaftlich meinte, sollte ich die Situation lieber auflockern, bevor ich etwas tat, was ich bereuen würde. Denn, wenn ich meinen Kopf zu ihr drehte, wären nur Zentimeter zwischen unseren Gesichtern gewesen…
"Wollen wir uns vielleicht schon mal hinlegen, es wird kalt." Als Antwort nickte Misty nur und begab sich zu ihrem Schlafsack. Sie legte sich allerdings nur auf ihn und nicht hinein. Ich tat es ihr gleich; ich lag auf dem Rücken, während sie auf der Seite lag, zu mir gewandt.
"Ash?" Ich drehte meinen Kopf zu ihr und sah sie an. "Danke, für … dieses Jahr, es war…" Sie holte tief Luft und ich konnte sehen, dass sie rot geworden war, um ihre Nasenspitze. "Also… ich finds schade, dass es vorbei ist." Flüsterte sie und plötzlich sah ich, wie eine einsame Träne über ihre Wange rollte. Ich konnte sie nicht so sehen, es machte mich fertig. Ich sah wieder zum Himmel hinauf. "Vielleicht… wird es irgendwann erneut so ein Jahr geben…"
"Ja… vielleicht." Sagte Misty nach einer Weile. Ich hörte es ihrer Stimme an, so wie sie es meiner anhören konnte, dass es dieses Jahr vermutlich nie wieder geben würde. Misty würde im neuen Jahr die Arena ganz alleine leiten, da ihre Schwestern sich als Leiter vollkommen zurückziehen wollten, um mit ihren Shows auf Tour zu gehen. Misty war 18, und somit nicht nur Arenaleiterin, sondern rechtmäßige Besitzerin der Arena. Ich schloss die Augen. Sie würde vielleicht nie mehr mit mir auf Reisen gehen, oder zumindest, für lange Zeit nicht. Plötzlich merkte ich etwas auf meiner Brust. Ich schlug meine Augen wieder auf, und sah, dass Misty ganz nah an mich heran gerutscht war und ihr Kopf nun auf meiner Brust ruhte. Ich musste schlucken. Eine Wärme durchzog meinen Körper. Am liebsten würde ich ewig mit ihr hier liegen bleiben.
'Cause we belong
In a song that I've written
About you and I
Es war, als könnte ich eine Melodie hören, die ich verfasst habe, eine Melodie, die mir sagte, dass wir zusammen gehörten. Dass es falsch war, das unsere Wege sich trennten. Ich legte meine Hand sanft auf ihrem Rücken ab und streichelte ihn. Misty drehte den Kopf so weit zur Seite, dass sie in mein Gesicht schauen konnte. Ein leichtes Lächeln lag auf ihren Lippen. "Ich wünschte, es könnte immer so sein wie jetzt." Und damit sprach sie meine Gedanken aus. "Ich auch… Aber…" Ich schluckte erneut. "Wir sehen uns ja wieder."
"Ja…" sagte sie langsam und legte ihren Kopf wieder ab.
At the best of times
I've been fallin' in love
Ich schlang meinen Arm nun vollends um sie, über ihren Rücken und um ihre Hüfte. Ich wollte sie bei mir halten. Ich wollte nicht, dass ich sie irgendwann wieder sah. Ich wollte nur, dass sie bei mir blieb. Bei dem Gedanken, sie erneut gehen lassen zu müssen, blieb mein Herz für einige Sekunden stehen, und plötzlich begriff ich es. Es war die Schönste Zeit meines Lebens gewesen, und ich hatte mich in dieses Mädchen verliebt. Das Mädchen, das ich schon so lange kannte, das meine beste Freundin war, das praktisch alles über mich wusste. Dieses Mädchen schien mir jetzt den Kopf zu verdrehen.
'Cause we belong in center of the sky
Where the only guests allowed
Are you and I
Ich wusste nicht, ob jetzt der beste oder der schlechteste Moment war, um diese Erkenntnis zu erlangen. Doch ich wusste, es war der einzige Moment, die einzige Chance es sie wissen zu lassen. Ich zog sie noch fester an mich. "Misty… Ich…" Sie musste meiner Stimme angehört haben, dass etwas Unangenehmes kam, denn plötzlich entwand sie sich meinem Griff und setzte sich wieder hin. Einen Moment lang war ich verwirrt, doch ich setzte mich auch auf, nun saß ich hinter ihr, mein Oberkörper berührte ihren Rücken fast. Mistys Blick war gesenkt. "Hey… Was ist denn los?" fragte ich vorsichtig.
Misty strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, blickte jedoch immer noch nicht auf. "Ich… ich weiß nicht ob das richtig ist, wenn wir … wenn wir jetzt…" Sie verstummte und schien sich auf die Lippe zu beißen. Ich war etwas verwirrt. Hatte sie nicht meine Hand genommen? War sie nicht zu mir gerutscht? "Aber… Du hast doch…" Misty nickte und unterbrach mich. "Ich weiß. Aber… wir werden uns so lange nicht sehen und… das wird es noch schwerer machen." Ich musste einen Moment über ihre Worte nachdenken, um ihren Sinn zu begreifen. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, sie hatte Angst, verletzt zu werden.
'Cause I found what I need to get through
It's all in the shape of you
In the words of my song that's where we belong
"Aber, ich verstehe nicht ganz… "
"Nun… wenn das jetzt nur ist, weil wir uns bald nicht mehr sehen." Presste Misty hervor.
Nach einigen Momenten begriff ich, was sie mir sagen wollte. "Moment mal!" keuchte ich. "Denkst du etwa, ich tue diese… diese Sachen nur, weil es der letzte Abend ist? Denkst du, ich tue das nur, weil du jetzt so verletzlich bist?" fragte ich sie wütend. "SIEH MICH AN!"
Erschrocken drehte sie den Kopf zu mir. "Ich… Ash … nein!! So war es nicht gemeint. Aber denkst du, ich hab nicht gemerkt, was du gemacht hast, im Wohnwagen?" Und ihr Blick bekam mit einem Mal etwas erschreckend Enttäuschtes.
"Ich…" Ich wusste tatsächlich nicht, was ich gemacht habe. Hatte ich also ihre Hand ergriffen?
"Morgens! Du hast…" Misty schluchzte. "Du hast deine Hand weggezogen. Und jetzt lässt du diese Sachen plötzlich zu!"
Ich machte große Augen. Misty hatte also tatsächlich nach meiner Hand gegriffen. Beklommen sah ich das traurige Mädchen an, dass ich enttäuscht hatte. "Ich… ich hab meine Hand nur weggezogen weil…" Ich spürte wie ich rot wurde. "Ich nicht wusste, ob du meine Hand genommen hattest oder ich deine. Ich hatte nicht gewusst, ob du es überhaupt bemerkt hattest."
Misty senkte den Blick. "Oh…"
'Cause you belong asleep right here with me
I sing you all my songs under the willow tree
Misty sah wieder auf, ihr Blick war etwas klarer. "Und trotzdem ist es nicht gut… weil wir uns nicht sehen werden. Es… ist der falsche Zeitpunkt."
"Das sehe ich nicht so." sagte ich und merkte, dass meine Stimme etwas schüchtern klang. Es war genau richtig gewesen, da zu liegen, mit ihr. Ich wünschte sie könnte die Melodie hören, die tief in mir spielte und mir sagte, dass wir verbunden waren. Misty sah mich fragend an. "Es… ist schließlich unser letzter gemeinsamer Zeitpunkt, für eine lange Zeit."
And oh no
I won't look forward to tomorrow
'Cause time without my girl seems
unbelievably hollow
Auf Mistys Gesicht erschien wieder ihr seichtes, wunderschönes Lächeln. "Das macht es ja so furchtbar. Es kommt mir vor, als wäre es zu spät." Sie drehte sich nun vollends um, das sie mir geradewegs in die Augen sehen konnte. "Es ist aber nicht zu spät." Flüsterte ich. "Ich will gar nicht an Morgen denken. Ich will nicht, dass 2009 anbricht. Ich finde die Vorstellung schrecklich, ohne dich zu sein." Mistys Gesicht wurde rot und sie strahlte, die Tränen schienen wie weg geweht.
And yet you are the reason why
I won't be sleeping tonight
Yet you are the reason why
I even feel alive
"Meinst du das wirklich ernst?" fragte sie und als ich nickte schienen ihre Augen aufzuleuchten. "Aber du weißt nicht, wie lange es dauert, bis wir zusammen sein können." "Und wenn ich ewig warten muss! Ich habe es erst jetzt begriffen, dass wir zusammen gehören." Misty griff nach meinen Händen. "Ash… ich will nicht weg. Ich wünschte unser Jahr würde niemals zu Ende gehen. Aber ich kann meine Arena nicht im Stich lassen."
"Das weiß ich. Aber ich weiß auch, irgendwann werden wir wieder vereint sein"
'Cause we belong in a song that I'm singing
'Cause I'm not interested in being with other women
'Cause I've found my girl
She's all my world
Und plötzlich, ohne zu wissen was ich tat, lehnte ich mich vor zu ihr und legte meine Lippen sanft auf Ihren ab. Mit klopfenden Herzen wartete ich ab, bis ich merkte, wie sie den Kuss erwiderte. Schon nach ein paar Sekunden wurde der Kuss intensiver und ich zog Misty auf meinen Schoß und sie presste sich an meinen Körper und fuhr durch meine Haare.
WUSCH. Plötzlich ertönte ein lauter Knall nach dem anderen. Wir lösten uns schlagartig voneinander und sahen hinauf in den Himmel, in dem es nur so blitzte, knallte und funkelte. Es war wohl 12 Uhr geworden und überall in den umliegenden Städtchen wurden Raketen in den Himmel geschossen. Ich lächelte Misty an. "Frohes Neues Jahr. Egal, wie lange es dauert, ich werde auf dich warten." Hauchte ich.
'Cause we belong,
We belong together
In my arms you will stay
Girl I'll never let you get away from me
"Und ich auf dich…" mit diesen Worten beugte Misty sich wieder vor und küsste mich erneut. In diesem Moment wusste ich es genau, hier gehörte sie hin, in meine Arme. Und auch, wenn ich sie jetzt gehen lassen musste, wusste ich, irgendwann werde ich sie wieder in meinen Armen halten. Und wenn dieser Moment endlich gekommen war, würde ich sie nie wieder gehen lassen.
Ich schlang meine Arme um sie. Ich wollte ihr zeigen, dass sie sicher war, dass sie keine Angst haben brauchte. Was auch immer Morgen kommen würde, diese Nacht gehörte nur uns. Uns, und den funkelnden Sternen am Himmel.
