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Was Mut bewegt

Du bist nicht auf der Welt, um zu schweigen
von

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Verraten und verkauft

Zu Dracos maßlosem Entsetzen fanden sie sich im Park von Malfoy Manor wieder. Voldemort hatte sich SEIN Zuhause als Hauptquartier unter den Nagel gerissen! Dann aber erinnerte Draco sich daran, dass seine mittlerweile tote Tante Bellatrix über den Kopf ihrer Schwester hinweg die Behausung er Malfoys als Versteck für den Dunklen Lord angeboten hatte. Immerhin hatte Draco hier auch an einigen Todesserversammlungen teilnehmen müssen. Allein die bloße Erinnerung daran ließ ihn erschauern. Nun war er wieder hier, doch er erkannte den Ort, an dem er seine Kindheit verbracht hatte, kaum wieder. Ein düsterer Schleier, wie eine Art Nebel, schien über dem Park und dem Anwesen zu hängen. Das musste ohne Zweifel von Voldemorts Anwesenheit herrühren. Von den Albinopfauen konnte Draco nicht einen entdecken. Wenn sie denn noch überhaupt am Leben waren. Sein Vater hatte die Vögel sehr gern gehabt und sie manchmal sogar mit Brotkrumen gefüttert. Aber Lucius Malfoy war in Askaban. So denn er am Leben war. Irgendwie zweifelte Draco das an. Natürlich hatte es Reibereien mit seinem Vater gegeben, im Großen und Ganzen liebte er diesen hochgewachsenen, kühlen Mann jedoch.

Mehr Zeit, um in Gedanken zu versinken, blieb Draco jedoch nicht. Greyback marschierte ohne Umschweife auf die Eingangstür von Malfoy Manor zu, die restlichen Todesser folgten ihm auf dem Fuße. Zwei von ihnen hatten Draco und Luna noch immer fest im Griff. Während Draco über sein Zuhause sinniert hatte, hatte seine Freundin sich neugierig umgesehen. Sie kannte den Ort schließlich nicht und rätselte, was sie hier wollten. Sie kam nach ein paar Minuten zu dem Schluss, dass es sich wohl um das Hauptquartier der Todesser handeln musste. Mit anderen Worten: sie würde in vermutlich weniger als 15 Minuten Lord Voldemort persönlich gegenüberstehen. Seltsamerweise erfüllte dieser Gedanke Luna jedoch nicht mit Panik, als viel mehr mit Neugier. Damals im Ministerium hatte sie Voldemort nicht zu Gesicht bekommen, sondern nur die Todesser. Ein paar davon waren mittlerweile ja über den Jordan, so wie die kranke Bellatrix Lestrange. Dafür konnte man nur dankbar sein, befand Luna. Sie wusste schließlich, wie arg diese Frau Nevilles Eltern gefoltert hatte.
 

„So, ihr zwei Hübschen. Nachdem wir euch endlich zu fassen gekriegt haben, ist es an der Zeit, dass ihr dem Lord eure Aufwartung macht, findet ihr nicht?“

Greyback hatte sich zu den beiden bedauernswerten Teenagern umgedreht. Mittlerweile führte der Werwolf sie und sein Häufchen Todesser durch die düsteren und feindseligen wirkenden Korridore von Malfoy Manor. Draco erkannte sein Zuhause kaum wieder. Früher war hier alles hell erleuchtet gewesen, nun aber gab es Spinnweben und Hausstaub im Überfluss. Offensichtlich hatte der Lord keinen Sinn für Ordnung und Gemütlichkeit. Oder er verließ nie die Räumlichkeiten, in die sie nun gebracht wurden.

Leise knurrte Greyback, als er keine Antwort erhielt.

„Wollt ihr wohl lieb sein? Der Lord ist schon zornig genug. Ich an eurer Stelle würde um mein Leben fürchten.“

Tatsächlich waren sich weder Draco, noch Luna sicher, dass sie diesen Tag überleben würden. Immerhin war Ersterer ja vor mehr als einem Jahr von Voldemort mit einem Auftrag versehen worden, den Draco jedoch nicht ausgeführt hatte. Schlicht und ergreifend, weil er keinen Menschen töten konnte. Vor allem nicht Dumbledore. Und wenn nicht Tante Bellatrix dazwischen gefunkt hätte, würde der weise, alte Narr noch leben und Narcissa, Luna und Draco wären in Sicherheit. Da war der blonde, junge Mann sich ganz sicher. Leider war alles anders gekommen und Snape hatte Dumbledore umgebracht. Bestimmt hatte der Lord sich ein Loch ins Knie gefreut. Ein leises, grimmiges Knurren entrang sich Dracos Kehle beim Gedanken daran. Greyback fasste dies als Kommentar zu seiner vorherigen Bemerkung auf. Und er war nicht besonders erfreut darüber.

„Das wird dir noch vergehen, du kleiner Scheißer!“, drohte der Werwolf mit gefletschten Zähnen.

„Lassen Sie Draco in Ruhe, Sie ungewaschener Mistkerl!“, ereiferte sich da Luna. Sie hatte bislang schweigend die Umgebung gemustert und noch immer nicht kapiert, wo sie sich befanden. Draco hatte kein Wort darüber verloren, genausowenig wie ihre Eskorte oder deren Anführer.

Nun lag Greybacks Aufmerksamkeit wieder auf Luna. Höhnisch zog er eine Augenbraue hoch.

„Fein, wie du möchtest, kleine Hexe. Aber dem Lord würde ich nicht so frech kommen.“

Diese beiden widerspenstigen Teenager amüsierten den Werwolf sehr. Meistens verhielten seine Opfer sich komplett gegenteilig. Sie wimmerten und weinten und flehten um Gnade. Und das ermüdete ihn so sehr, dass er sie eines qualvollen Todes sterben ließ. Außer, er durfte sie nicht töten, sondern nur mit ihnen spielen. Manchmal war der Lord mit Opfern ziemlich geizig. Sehr zu Greybacks Leidwesen. Er tötete schließlich, weil es ihm Vergnügen bereitete. Er war nicht umsonst als Sadist bekannt.
 

Endlich endetet die kleine Reise im Salon der Malfoys. Im Kamin prasselte munter ein Feuerchen vor sich hin und so weit Draco ausmachen konnte, war noch alles beim Alten. So wie er es von früher kannte. Ein wenig Erleichterung durchströmte ihn. Doch hielt diese nicht lange vor, denn auf dem Lehnstuhl, den sonst sein Vater besetzte, saß der Dunkle Lord höchstpersönlich. Er hatte die langen, spindeligen Finger aneinandergelegt und sah seinem Besuch interessiert entgegen. Sie waren gewiss nicht seine beiden ersten Gäste. Und würden auch nicht die Letzten sein. Wie lange sie leben würden, hing ganz davon ab, wie kooperativ sie sich zeigten. So einfach war das. Andererseits glaubte Lord Voldemort nicht, dass er die beiden störrischen Teenager dazu bringen konnte, ihm zu dienen. Verdammte Idealisten!

„So, so, so. Wen haben wir denn da?“, begrüßte Voldemort seine neuen Gäste.

Voller Erstaunen nahm er zu Kenntnis, dass das blonde Mädchen, Lovegoods durchgeknallte Tochter, ihn unbefangen und vollkommen ungeniert musterte. Sie schien nicht im Geringsten Angst vor ihm zu haben. Wie ungewohnt. Aber dieser Blick störte ihn. Sie sollte gefälligst damit aufhören! Draco hingegen benahm sich genauso, wie Voldemort es erwartet hatte. Man konnte dem Jungen ansehen, dass er innerlich tausend Tode starb und an jedem anderen Ort der Welt lieber gewesen wäre als hier. Und er hatte zu recht Angst. Immerhin hatte er sich Voldemort widersetzt, hatte nicht reumütig eingestanden, dass er seinen Auftrag versaut hatte, sondern sich abgesetzt und diese kleine, blonde Blutsverräterschlampe hatte er gleich mitgenommen. Die Strafe dafür würde Draco bald bekommen.

„Wie schön, dich endlich wiederzusehen, mein lieber Draco.“, ergriff Voldemort abermals das Wort. Sein salbungsvoller Tonfall ließ nichts Gutes erahnen.

„Ich habe dich schon vermisst, weißt du? Dich vor mir zu verstecken, war nicht besonders nett. Eigentlich dachte ich, wärest du besser erzogen worden... Nun, augenscheinlich nicht das einzige Versäumnis deiner Mutter...“

Natürlich sorgte diese Bemerkung dafür, dass Draco sauer wurde. Er knirschte mit den Zähnen. Der Todesser, der ihn festgehalten hatte, ließ ihn nun los, reagierte damit auf einen entsprechenden Wink seitens Greybacks, der am Kamin stand und das ganze Spektakel mit leuchtenden Augen und brennendem Interesse verfolgte. Auch Luna hatte man losgelassen, doch sie war viel zu gebannt von Voldemorts Anblick, als dass sie auch nur einen Schritt gewagt hätte. Draco hingen spürte Zorn in sich auflodern. Er fixierte den Dunklen Lord mit seinen sturmgrauen Augen.

„Wo ist sie?“, presste Draco zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, „Wo ist meine Mutter? Was hast du ihr angetan, du Monstrum?“

Voldemort zog eine nicht vorhandene Augenbraue hoch. So, wollte der Balg ihm also frech kommen, ja? Das würde er bereuen und zwar nicht zu knapp. Ohne so richtig auf Dracos Worte einzugehen, erhob Voldemort erneut die Stimme.

„Wirklich, deine Erziehung lässt zu wünschen übrig.“

Langsam näherte der Dunkle Lord sich Draco bis er schließlich genau vor dem blonden Jungen stand. Einen langen, bleichen Finger legte er unter dessen Kinn, um es anzuheben.

„Statt mich um Vergebung zu bitten für deine Fehltritte, beleidigst du mich? Ich werde dich lehren, was es heißt, Lord Voldemort zu erzürnen!“, donnerte der hochgewachsene, bleiche Mann. Unerschütterlich sah Draco in die rotglühenden Augen.

„Mach doch mit mir, was du willst!“, spie er ihm entgegen.

Daraufhin brach Voldemort tatsächlich in lautes Gelächter aus. So viel Courage hatte er dem Malfoy - Spross eigentlich gar nicht zugetraut. Nun, es geschahen scheinbar noch Zeichen und Wunder. Statt jedoch seinen Schlagabtausch mit Draco fortzusetzen, hob Voldemort seinen Zauberstab, den er bereits griffbereit gehabt hatte, als die beiden Besucher den Salon betraten, richtete ihn auf Luna und zischte ein hasserfülltes 'Crucio!'
 

Der Fluch traf Luna vollkommen überraschend und unvorbereitet. Sie hatte zwar noch ihren Zauberstab, war aber so gebannt dem Gespräch zwischen Draco und Voldemort gefolgt, dass sie auf nichts Anderes mehr geachtet hatte. Unerklärlicher, unmenschlicher und brutaler Schmerz fuhr durch ihren gesamten Körper. Es fühlte sich an, als würde man glühende Speere in sie hineintreiben. Ein lauter, durchdringender und tierisch klingender Schrei drang an Lunas Ohr. War sie das etwa, die da so schrie? Heiße Tränen rannen ihre Wangen hinab. Sie wand sich unter dem Folterfluch, versuchte, den unbändigen Schmerzen irgendwie zu entgehen. Doch vergebens. Sie konnte nicht mehr denken. Alles, was sie fühlte, waren diese Speer- und Dolchstöße, die sie durchdrangen, ihre schier den Atem raubten, aber dennoch genug Luft ließen, um sie schreien zu lassen.

Zeit und Raum verloren an Bedeutung. Vor ihren Augen verschwamm die Umwelt. Mit einem ziemlich dumpfen Geräusch landete Luna auf dem Teppichboden, wo sie sich weiter krümmte und wand, wie ein elender Wurm. Weder Voldemorts triumphales Gegacker, noch Dracos Flehen, dass er aufhören solle, Luna zu foltern, nahm sie noch wahr. Ihr schien es als wollten ihr alle Sinne schwinden, doch gerade, als sie sich in die angenehme Bewusstlosigkeit flüchten wollte, ließ Voldemort von ihr ab. Jemanden zu foltern, der nichts davon mitbekam, war langweilig.

Stattdessen wandte der Lord sich wieder Draco zu, der auf ein Nicken Greybacks hin wieder von einem anwesenden Todesser festgehalten wurde. Energisch wehrte der junge Mann sich dagegen, doch vergeblich. Er konnte nicht verhindern, dass Voldemort seine Luna folterte und als ihre Schreie von den Steinwänden widerhallten, krampfte sich alles in Draco zusammen. Er fühlte sich, als habe er Luna verraten, obwohl er doch gar nichts dafür konnte. Voldemort hatte so oder so geplant, Lovegoods Tochter zu entführen und durch Folter gefügig zu machen. Da sie jedoch gemeinsam mit Draco getürmt war, war ihm dies erst jetzt gelungen. Dennoch hatte er nach wie vor geplant, Luna einer Folter zu unterziehen. Selbst wenn Draco sich weniger dreist gegeben hätte.
 

Völlig erschöpft blieb Luna auf dem Teppichboden der Malfoys liegen. Keuchend holte sie Luft. In ihrem Körper brandeten Nachwehen des heftigen Schmerzes auf und ab, doch deutlich weniger stark als zu dem Zeitpunkt, da sie noch unter dem Cruciatus- Fluch gestanden hatte. Mühsam hob sie ihren Kopf, um das weitere Schauspiel verfolgen zu können. Voldemort hatte seinen Zauberstab zwar noch in der Hand, zeigte damit jedoch glücklicherweise auf niemanden. Nur auf den Fußboden. Merlin sei Dank.

„Du hast gesehen, wozu ich fähig bin, Draco.“, sagte der Lord so sanft, dass es seinem eigentlichen Wesen dermaßen krass widersprach, dass man kaum glauben konnte, dass es sich um ein und dieselbe Person handelte. Noch vollkommen schockiert von dem Erlebnis, Luna gefoltert zu sehen, konnte Draco nur ein Nicken managen. Das genügte Voldemort jedoch offensichtlich, denn er fuhr in seiner Rede fort.

„Hüte also deine Zunge, wenn du nicht möchtest, dass deine kleine Freundin eines grausamen Todes stirbt.“

Dass diese Warnung absolut ernst gemeint war, war allen Anwesenden sonnenklar. Lord Voldemort stieß niemals leere Drohungen aus. Wenn man sich auf eines verlassen konnte, dann, dass er Wort hielt.

Wieder nickte Draco nur. In ihm tobten jedoch die unterschiedlichsten Gefühlsregungen. Nur mit Mühe gelang es ihm, nicht vor Zorn und Hass laut zu schreien. Am Liebsten wollte er Voldemort diese grässlichen, roten Augen auskratzen. Seine Hände um den dürren Hals des Lords legen und ihn erwürgen. Dass man einen Lord Voldemort nicht so einfach um die Ecke bringen konnte, war Draco schon klar, allerdings wusste er natürlich auch nichts von den Horkruxen. Ergo wäre er wohl kläglich gescheitert, hätte er ernsthaft versucht, Voldemort über den Jordan zu schicken. Wo er eindeutig hingehörte.

Mit einem Hauch Amüsement beobachtete der Dunkle Lord die widerstreitenden Gefühle auf dem Gesicht von Lucius Malfoys Sohn. Ein erheiternder Anblick. Bellatrix hätte sich bestimmt ebenfalls sehr darüber amüsiert. Leider konnte sie diesem Schauspiel nicht beiwohnen. Noch immer bedauerte Voldemort den herben Verlust seiner getreuen Anhängerin. Snape hatte ihn Glauben gemacht, dass Bellatrix Lestrange Opfer des Ordens des Phönix geworden war. Und im Prinzip stimmte das ja auch. Dass es Snape selbst gewesen war, der die fanatische Frau getötet hatte, hatte er natürlich wohlweislich verschwiegen. Neben Nagini war Bellatrix Voldemorts liebstes Haustier gewesen.

„Sicher fragt ihr euch, wie es uns gelungen ist, euch überhaupt aufzuspüren.“

Voldemort war nun dazu übergegangen, vor seinen Gästen auf und ab zu gehen. Es verstärkte das Gefühl von Macht, in dem er sich so gern sonnte und welches er über die Maßen genoss, zumal Luna noch immer herumlag und zu mehr auch nicht in der Lage war.

„Leicht war es nicht, das könnt ihr mir glauben. Ich muss gestehen, dass ich kurz davor war, euch beide einfach aufzugeben, bis mir eine brillante Idee kam.“

Nun grinste Voldemort selbstgefällig. Draco hätte kotzen mögen. Aber das unterließ er lieber in Gegenwart des Lords. Nochmal sollte Luna nicht gefoltert werden.

„Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt und deswegen habe ich mich an jemanden gewandt, der im vergangenen Jahr leider unpässlich war. Askaban ist nun kein Ort mehr für Reinblüter. Nun ist es der Abschaum unserer Gesellschaft, der dort eingekerkert wird und das ist auch gut so.“
 

Natürlich hatten die Bewohner des Cottages von den Maßnahmen des neuen Regimes gehört. Snape selbst hatte sie ja mit Informationen versorgt. Muggelstämmige waren dazu gezwungen, sich beim Zaubereiministerium zu melden und einer Untersuchung über sich ergehen zu lassen. Laut Snape, der wie immer über alles bestens informiert war, keine nette Prozedur. Umbridge, ausgerechnet, leitete diese sogenannten Untersuchungen. In Zuge dieser wurde den Muggelstämmigen der Zauberstab abgenommen, sie wurden als Diebe und Schwindler deklariert und meistens im Anschluss daran nach Askaban gesandt, wo sie ein mehr als trostloses Dasein fristeten. Diejenigen, die genug Grips besaßen, tauchten vorher unter und vermieden es tunlichst, irgendwie bemerkt zu werden. Wer die entsprechenden Mittel besaß, verschwand ins Ausland. Doch das waren die wenigsten. Vor allem Muggelstämmige, die mit Halb- oder Reinbluten verheiratet waren, die ihr Brot im Ministerium verdienten, wagten es nicht, von der Bildfläche zu erscheinen. Zum einen, weil sie darauf vertrauten, dass der Status ihres Ehepartners ihnen Schutz gewährte, zu anderen, weil sie den Gatten nicht in Schwierigkeiten bringen wollten. Das urplötzliche Verschwinden einer zum Verhör bestellten Person zog unweigerlich gewisse Konsequenzen nach sich. Logischerweise. Nein, in diesen dunklen Tagen hatte niemand Gnade zu erwarten.
 

Wenn also jetzt die Muggelstämmigen in Askaban einsaßen, und das waren bestimmt ein paar, dann mussten im Gegenzug die anderen Gefangenen ja freigelassen worden sein, oder? Draco überlegte fieberhaft, ob das nun bedeutete, dass sein Vater auf freiem Fuß war. Und wenn ja, war das gut oder schlecht? Bevor Draco sich weiter Gedanken machen konnte, nahm Voldemort seine gesamte Aufmerksamkeit wieder in Anspruch.

„Gewiss erinnerst du dich, dass dein Vater in Askaban war. Vermutlich sollte ich dir mitteilen, dass er es nicht mehr ist. Was dich unzweifelhaft freuen wird.“

Neugierig sah Voldemort seinen jungen Gast an. Widerwillig nickte Draco. Ja, verdammt, er freute sich darüber. Na und? Das war doch wohl natürlich, oder nicht?

„Die Freilassung hat ihn einen gewissen Preis gekostet.“, sprach Voldemort schon weiter. Ein teuflisches Grinsen verzerrte seine hässliche, wenig menschliche Fratze.

„Lucius Malfoy ist der einzige Mensch, an den rankommen konnte, der in der Lage war, mir ein paar mögliche Aufenthaltsorte zu nennen, an denen du, deine reizende kleine Freundin und deine hysterische Mutter sich verstecken konnten. Das Ergebnis war seine Freiheit und die Abarbeitung dieser Liste.“

Mit anderen Worten: sie waren verraten worden. Lucius Malfoy hatte seine eigene Familie verkauft. Dafür, wieder 'frei' zu sein. Das war für Draco wie ein Schlag vor den Kopf. Und vor allem tat es verdammt weh. Sein Vater hatte sein persönliches Wohlergehen über das seiner Frau und seines Sohnes gestellt. Autsch.

Voldemort hatte aufmerksam beobachtet, welche Reaktionen diese Neuigkeit in Malfoy junior auslösen würden. Zu seiner maßlosen Enttäuschung zeigte Draco nur Unglauben. Keinen Schmerz, keinen Zorn. Zu schade... Denn daran hätte Voldemort sich zu gern ergötzt.

„Enttäuschend, nicht wahr?“, hakte der Lord salbungsvoll nach.

„Wo ist meine Mutter?“, fragte Draco stattdessen kühl.

„Sie lebt, wenn es dich beruhigt...“

Offensichtlich hatte sein Vater Bedingungen gestellt, ehe er seinen Verrat beging. Was die Sache nicht wirklich besser machte. Nein, wirklich nicht. In diesem Moment war Draco nicht mal wütend auf Lucius. Er war nur maßlos enttäuscht. Und das fand er beinahe noch schlimmer, als wenn er voller Zorn gewesen wäre.

„Was geschieht nun mit uns?“, stellte Draco seine nächste Frage.

Daraufhin grinste Voldemort nur. Er hatte sich schon gewundert, wie lange es wohl noch dauern würde, ehe er diese Frage zu hören bekam.

„Dein bedauernswerter Onkel hat seine Frau verloren und braucht einen Ersatz. Ich dachte, vielleicht könnte ich ihm deine kleine, reinblütige Freundin anbieten.“

Sofort ging Draco auf die Barrikaden. Rodolphus Lestrange war gut Mitte, Ende 40! Es kam ja gar nicht in Frage, dass irgendein anderer Mann als Draco Luna zu fassen bekam. Zornig heulte der Malfoy'sche Spross auf. Nein, nicht mit ihm!

„Da macht es auch nichts aus, dass sie nicht mehr alle Nadeln an der Tanne hat und eine kleine Blutsverräterin ist.“
 

Man sprach über sie. Das bekam Luna mit. Es fiel ihr jedoch schwer, allem zu folgen. Ihr Kopf dröhnte so furchtbar. Das musste noch von dem Fluch herrühren. Der Cruciatus hatte es ja wirklich in sich. Musste sie zugeben, wenn auch ungern.

'Konzentrier dich, Luna.', ermahnte sie sich gedanklich. Da fiel ihr unglaublich schwer. Dennoch zwang sie sich, dem Gesprächsverlauf zu folgen, so gut sie es eben vermochte. Voldemort sinnierte darüber, was er mit ihr machen wollte. Zuerst kapierte sie nicht ganz, dann aber machte es Klick. Voller Empörung rappelte Luna sich auf, was sie beinahe wieder hätte umkippen lassen. Ziemlich wacklig auf den Beinen tappte sie auf Voldemort und Draco zu, der sich weiterhin im Griff des Todessers wand.

„Lieber bin ich eine Blutsverräterin als so eine bedauernswerte Kreatur, wie du, Voldemort!“, sagte sie leise, aber mit so viel Hoheit in der Stimme, dass sie von allen Anwesenden ungläubige Blicke erntete.

„Jetzt kapier ich, warum man sie Loony nennt...“, murmelte Greyback in seinen Drei Tage Bart.

Interessiert drehte Voldemort sich zu dem schmalen, blonden Mädchen um. Ganz deutlich hatte der Folterfluch Spuren auf ihrem jungen Gesicht hinterlassen, doch in ihren Augen loderte ein wildes, graues Feuer. Unnachgiebigkeit, Entschlossenheit, Mut und Wahrheit konnte er in ihrem Blick lesen. Wider Willen war Voldemort tatsächlich beeindruckt. Nur Lily Potter hatte es gewagt, ihn so anzusehen, so mit ihm zu sprechen. Und das, obwohl sie wusste, dass er vor wenigen Minuten ihren Ehemann getötet hatte. Obwohl ihr klar sein musste, dass er auch sie umbringen würde. Und doch hatte sie die Dreistigkeit besessen, sich ihm in den Weg zu stellen, als er ihren Sohn töten wollte. Es war doch bloß ein Kleinkind, ein Baby. Und sie selbst noch jung. Sie hätte haufenweise Kinder haben können, wenn sie nur nicht so dumm gewesen wäre, ihm seine Beute streitig zu machen. Aber das war viele Jahre her und Lily Potter längst zu Staub zerfallen. Asche zu Asche, Staub zu Staub. Etwas, das ihm, Voldemort, nie passieren würde. Er hatte vorgesorgt.

„Und du kannst mich bestimmt nicht an einen alten Knacker wie Lestrange verscherbeln, nur weil die gerade danach ist! Weißt du, ich erwarte ja nicht, dass du über Rücksicht Bescheid weißt oder wie man sich benimmt, aber ich befürchte, dass du in deiner Jugend keine gute Mutter hattest und keinen guten Vater.“

Mit fester Stimme brachte Luna diese Worte hervor, nur um im nächsten Moment von einer so dermaßen harten Ohrfeige getroffen zu werden, dass sie den Halt verlor und zu Boden stürzte. Ihr Lippe platzte auf und das Nasenbluten begann von Neuem. Voller Zorn sah Voldemort auf sie hinab. Dieses Mädchen wusste rein gar nichts über ihn!

„In den Keller zu Ollivander mit ihr!“, donnerte Voldemort so laut, dass seine Stimme von den Wänden zurückgeworfen wurde. Greyback schnappte sich Luna, warf sie sich über die Schulter wie einen nassen Sack und verschwand mit ihr aus dem Salon der Malfoys. Zurück blieb ein sehr fassungsloser, aber auch sehr beeindruckter Draco.



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