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Digimon Chronicles II

Recorded Digimon-Fairy-Tales
von

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#3 - What Illuminates the Crescent

Wie gesagt, das hier spielt sich während der Ereignisse in Zero 2 ab, oder irgendwie so um den Dreh.

Gewidmet ist diese Ff Feuchen, die so lieb war und sie für mich gebetat hat =3 und an zweiter Stelle allen aus dem Digimon-Fanfiction-Zirkel, dort allen voran Alaiya, weil sie diese Challenge gestartet hat.
 

Und nun hoffentlich viel Spaß beim Lesen!
 

***
 

Lekismon warf das rosafarbene Band zurück, das ihr mit dem Rückenwind ins Gesicht geweht war, und betrachtete das Dorf aus einiger Entfernung. Sie hatte genug Erfahrung mit solch entlegenen Dörfern. Nicht alle hießen Fremde herzlich willkommen. In einigen hatte sie sogar unter Beschuss fliehen müssen. Doch sie hatte es jedes Mal fast unbeschadet überstanden.

Und das war, was zählte. Überleben. Beim ersten Sonnenstrahl immer noch zu atmen.

Deshalb hatte Lekismon gelernt, mit den Schatten zu verschmelzen, sich unsichtbar zu machen. Und sie hatte gelernt, zu beobachten.

Schon im Vorfeld konnte sie bestimmen, wie sich die Digimon des Dorfes ihr gegenüber verhalten würden, wenn sie genug Informationen sammeln konnte. Und das konnte sie immer. Sie hatte ihre Techniken perfektioniert. Sie hatte Erfahrungen gesammelt. Sie war eine sehr schlechte Verliererin.

Zwei kleine Botamon spielten am Wegrand miteinander, ein Betamon beobachtete die beiden mit einem Lächeln. Es sah sich nicht misstrauisch um, es machte keine Anstalten, die beiden Botamon tiefer in die Stadt zu ziehen.

Die ersten Anzeichen deuteten auf ein freundliches Willkommen hin. Auch das Labramon, das den Feldweg entlang auf das Dorf zuschlenderte, schien keinerlei Furcht oder gar Vorsicht zu zeigen. Das Dorf wirkte so friedlich und sorglos, dass es wieder verdächtig erschien.

Lekismon ließ sich nicht gerne täuschen. Die wichtigste und wertvollste Lektion, die sie schmerzhaft hatte erfahren müssen, war immer misstrauisch zu bleiben und niemandem zu vertrauen, egal wie vertrauensselig der Gegenüber auch sein mochte.

Da es jedoch keinerlei Anzeichen dafür gab, plötzlich von versteckten Wachen angegriffen zu werden – da war sich Lekismon sicher, denn sie hatte potentielle Verstecke bereits abgesucht – konnte sie letztendlich aus ihrem eigenen Versteck kommen und versuchen, in dem Dorf für ein paar Tage einen Unterschlupf zu finden.

Als sie jedoch einen Schritt ins Dorf tat, tauchte sofort aus dem Nichts ein Floramon auf, das sich vor Lekismon verbeugte.

„Willkommen in unserem kleinen Dorf Zereal! Sie sind eine Reisende, nicht wahr?“

Verwirrt wie sie war, konnte Lekismon nichts weiter tun, als zu nicken.

„Dann suchen Sie bestimmt nach einer Bleibe, nicht wahr?“

„Ja, ähm, wenn es keine Umstände macht…“

Das Floramon klatschte ihre Rankenhände zusammen und lächelte Lekismon fröhlich an.

„Aber natürlich macht es keine Umstände. Für so einen Fall haben wir hier sogar ein Gebäude! Da bringen wir immer Reisende unter! Folgen Sie mir nur, folgen Sie mir!“

Das Floramon schlurfte summend voran und Lekismon folgte dem seltsamen Digimon. Hektisch sah sie sich immer wieder in alle Richtungen um. Was ging in diesem Dorf nur vor sich? Warum waren alle so ausgeglichen und vollkommen unbesorgt und so verdammt unvorsichtig mit Fremden?

Lekismon hatte schon viele Dörfer besucht, doch noch nie hatte sie so eines gesehen.

Floramon führte sie ins Herz des Dorfes zu einem relativ großen steinernen Gebäude.

„Wir haben es auch feuersicher gemacht, für den Fall, dass ein Digimon wie Meramon uns besucht! Erschrick nicht, dass es nicht so einladend aussieht, im Inneren ist es viel bequemer!“

Lekismon fühlte sich unwohl. Etwas stimmte hier doch nicht. Diese ganzen fröhlichen Gesichter, diese friedliche Atmosphäre… das alles passte doch nicht zu einem Dorf?

Niemand konnte je sicher sein, in den Zeiten, wo mehr böse Digimon herumlungerten als gut war. Lekismon selbst war schon unzählige Male solchen Digimon über den Weg gelaufen.

„Danke.“

„Ach, keine Ursache! Keine Ursache! Machen Sie es sich bequem. Gestalten Sie ruhig etwas ihren Schlafplatz, aber lassen Sie Platz für eventuelle weitere Vorbeireisende.“

„Natürlich.“

Wieder verbeugte sich Floramon vor ihr und Lekismon tat es ihr gleich, was Floramon ein Kichern entlockte, bevor es fröhlich davon schlurfte.

Lekismon seufzte. Vielleicht gehörte es zum Wesen der Digimon in diesem Dorf, sich so friedlich und freundlich zu zeigen. Vielleicht hatte das Dorf noch nie Kontakt mit bösen Digimon gehabt.

Lekismon hoffte, dass es auch so bleiben würde. Das Misstrauen zögernd beiseite schiebend, trat sie durch den halbmondförmigen Eingang in das Gebäude ein. Wie Floramon bereits gesagt hatte, schien es sehr bequem zu sein. Es roch nach frischem Heu. Der Boden war mit einer weichen Schicht eines ihr unbekannten, schwarzen Materials ausgelegt, an der linken und rechten Wand entlang befanden sich je fünf durch Heuballen erhobene Schlafplätze, die mit Stoff bedeckt waren, bis auf die letzten beiden, die ebenfalls aus dem schwarzen Material bestanden.

An der Wand gegenüber dem Eingang befand sich ein breiter mit Heu ausgelegter Platz (eine Ecke davon abermals mit dem schwarzen Material ausgestattet) und in der linken Ecke standen Fässer und verbundene Säcke.

Lekismon bezog direkt den ersten Platz an der linken Seite. Je näher sie am Eingang war, desto schneller konnte sie fliehen, falls es dazu kommen sollte. Auch wenn Lekismon Niederlagen verabscheute, war eine Flucht immer noch der beste Ausweg.

Mit einem letzten prüfenden Blick auf ihren Schlafplatz verließ sie das Gebäude wieder.

***

Am anderen Ende des Dorfes befand sich ein See, dessen Oberfläche in der tiefer sinkenden Sonne glitzerte. Lekismon fühlte sich von ihm magisch angezogen. Die kristallblaue Oberfläche, so ungewöhnlich für einen See, zog Lekismon zu sich.

Vor dem Ufer blieb sie stehen und blickte auf den See hinaus. Die Bäume ringsherum raschelten leise im Wind und das rosafarbene Band an Lekismons Helm flatterte um sie herum.

Dann spürte sie plötzlich Wärme hinter sich und schaffte es noch rechtzeitig, zur Seite zu springen und einen Sicherheitsabstand zwischen sich und den Jemand zu bringen, der sich an sie herangeschlichen hatte.

Ihr sank das Herz in die Hose, als sie das mächtige, gepanzerte Digimon sah. Ihre Augen befanden sich auf Höhe seiner Hüfte, es hatte anstelle von Armen zwei riesige Breitschwerter, und aus seinem Rücken ragten gewaltige stählerne Schwingen.

Egal was sie tat, sie würde nicht entkommen. Doch kampflos aufgeben würde sie erst recht nicht, also stellte sie sich in eine Abwehrhaltung und wartete auf den Angriff dieses Mecha-Engels, der jedoch nicht kam. Ihr Gegenüber ließ die beiden Schwerter an seinen Seiten hängen und hatte lediglich den Kopf schief gelegt. Sein Gesicht konnte sie wegen des Helmes nicht erkennen, der nur seinen Mund und sein Kinn nicht bedeckte.

„Ganz ruhig, Lekismon“, sagte er. Er klang amüsiert.

Lekismon beäugte den Riesen aus verengten Augen und rührte sich nicht. Traue niemandem, war ihre Devise – und die würde sie einhalten.

„Ich bin SlashAngemon, der Wächter dieses Dorfes. Du musst eine reisende sein, habe ich Recht?“

Lekismon löste sich langsam aus der Verteidigungshaltung.

„Ja, ich reise. Woher weißt du, wer ich bin?“

SlashAngemon lachte. Ein angenehmer, wohltuender Laut, fand Lekismon. Doch den Abstand verringerte sie nicht.

„Man sagt, ich hätte großes Wissen. Ich bin derselben Meinung.“

Und mit einem Mal verstand Lekismon, warum das Dorf so sorgenfrei in den Tag hineinlebte. SlashAngemon sah vielleicht nicht aus wie das stärkste Digimon, doch Lekismon spürte deutlich die mächtige Aura, die es umgab und stärker machte als jedes andere Digimon, das sie jemals getroffen hatte. Er schützte das Dorf, er bewachte es. Er ließ nicht zu, dass sich dem Dorf auch nur das geringste Übel näherte.

Lekismon entspannte ihre Muskeln und trat einige Schritte näher.

„Du wusstest, dass ich hier war und das Dorf beobachtet habe?“

Es war mehr eine Feststellung als eine Frage und SlashAngemon ließ diese Aussage unbeachtet. Stattdessen setzte er sich am Ufer ins Gras und streckte seine Schwerter nach vorne, sodass die Klingen ganz leicht nur die Wasseroberfläche streiften.

„Setz dich, Lekismon.“

Sie biss sich leicht auf die Unterlippe und blieb einen Moment lang stehen. Doch wenn sie es sich überlegte, hatte sie nichts von SlashAngemon zu befürchten. Eigentlich konnte sie nirgends sicherer sein, als bei ihm.

Sie kam seiner Aufforderung nach und ließ sich direkt neben ihm ins Gras fallen.

„Du bist sehr misstrauisch. Das wird dich nicht glücklich machen.“

Sie sah stur geradeaus auf den See.

„Das geht dich nichts an.“

SlashAngemon lachte wieder leise und Lekismon konnte nicht anders, als sich zu entspannen. Seit langer Zeit war SlashAngemon das erste Digimon, bei dem sie sich so wohl fühlte.

„Diesem Dorf ist noch nie etwas Schlimmes zugestoßen. Ich habe alle, die dem Dorf schaden wollten, im Vorfeld in die Flucht geschlagen. Niemand von ihnen ist so dumm gewesen, es noch einmal zu versuchen…“

Lekismon ließ sich rücklings ins Gras fallen und sah in den strahlend blauen Himmel.

„Willst du damit sagen, dass es irgendwann doch passieren wird? Dass irgendwann doch ein Unglück geschieht? Und du es nicht wirst aufhalten können?“

SlashAngemon saß ganz still da, den Blick stets auf das Wasser gerichtet. Erst einige Momente später antwortete er.

„Ja. Es wird passieren. Nichts bleibt ewig, wie es war.“

Lekismon seufzte.

„Kann ich mir gar nicht vorstellen, bei dem Beschützer.“

Er lachte wieder und Lekismon konnte ein Grinsen nicht mehr unterdrücken.

„Ich bin nicht perfekt, auch wenn mein Level sagt ich sei noch besser“, er sah Lekismon kurz an, die bei der Bemerkung erneut grinsen musste, „und es gibt Mächte, die kann selbst ein Digimon auf dem Ultimate Level nicht bezwingen.“

Lekismon drehte sich auf die Seite und musterte SlashAngemon. Die Klinge, die aus seinem Helm ragte reflektierte das Licht der untergehenden Sonne, seine silberne Rüstung glänzte und das eisblaue Haar, das hinten herausguckte, machte der Farbe des Himmels Konkurrenz.

„Warum beschützt du dieses Dorf?“

SlashAngemon sah sie an. Seine Lippen formten sich zu einem Lächeln.

„Warum reist du?“

Sie erwiderte sein Lächeln zaghaft.

„Du hast lange keine Unterhaltung wie diese geführt, nicht wahr?“, stelle der Mecha-Engel fest.

Lekismon schloss die Augen und schüttelte leicht den Kopf.

„So lang ich denken kann nicht...“

***

Die Sonne stand hoch am Himmel, doch die Dorfbewohner hatten sich bereits alle nicht weit von Lekismons Schlafplatz für ein Fest versammelt. Die große Fläche war Lekismon vorher gar nicht aufgefallen.

Birken bildeten eine gerade Straße von der einen Seite auf die andere, nur in der Mitte bildeten die Birken eine Art Kreis. Die Häuser, die an die Fläche grenzten, leuchteten bunt vom Licht der Laternen, die von den Bewohnern aufgehängt worden waren, selbst am helligten Tag, und überall roch es nach frischen Blumen, Wald und gekochtem Reis, den die Bewohner dieses Dorfes in Massen zu verschlingen schienen.

„Dieses Fest findet zu Ehren des Lebens statt. Am ersten Tag, also heute, werden Paare gebildet, die zusammen durch die Allee der Birken gehen“, SlashAngemon warf Lekismon einen kurzen Blick zu und sie brauchte nicht einmal seinen Blick zu erwidern, um zu wissen, dass er sie gerade anlächelte, „Am zweiten Tag wird dem Leben ein Opfer gebracht, aber keine Angst“, fügte er hinzu, als er Lekismons alarmiertes Gesicht sah, „wir opfern niemanden aus dem Dorf und dich genauso wenig. Es ist symbolisch. Jeder pflückt eine Blume und wirft sie in das Lagerfeuer, das morgen in der Mitte der Allee brennen wird.“

Lekismon entspannte sich wieder. Beinah hätte sie Panik geschoben. Aber wer konnte es ihr bitte verübeln? Schließlich hatte sie schon einmal Erfahrungen mit Pflöcken gemacht, die sie nie wieder vorhatte, zu wiederholen.

„Und der dritte Tag? Oder gibt es nur zwei?“

Wieder lächelte SlashAngemon sie an.

„Nein, es gibt noch einen dritten Tag. Der letzte Tag des Festes. An diesem Tag versammeln wir uns alle am See und singen.“

„Singen? Das ist alles? Was symbolisiert es denn?“

Der Wind blies Lekismon wieder eines ihrer rosa Bänder ins Gesicht, sodass sie nur noch schwarz sah und SlashAngemon leise lachen hörte.

Aus den paar Tagen, die sie eigentlich bleiben wollte, war irgendwann eine ganze Woche geworden, und in dieser Woche hatte sie sich immer noch nicht an die beruhigende Wirkung seines Lachens gewöhnt. Es erstaunte sie immer wieder, wie ausgeglichen und entspannt sie sich nach Gesprächen mit SlashAngemon fühlte.

Sie packte das Band, warf es zurück, wo es hingehörte, und sah SlashAngemon an, der mittlerweile nicht mehr lachte.

„Ja, nichts weiter als singen. Du wirst sehen, was es für eine Wirkung hat“, er sah Lekismon einen kurzen Moment an, „Das heißt, wenn du so lange noch bleibst.“

Lekismon konnte dem Blick nicht standhalten, auch wenn SlashAngemons Augen hinter dem dunklen Schlitz verborgen blieben. Sie senkte ihren Kopf.

Zu lange schon war sie hier in diesem Dorf. Viel zu lange. Eigentlich sollte sie so schnell wie möglich verschwinden, bevor sie sich zu sehr an alles hier gewöhnte... aber aus einem ihr völlig unbekannten Grund konnte sie nicht. Sie hatte schon vier Mal versucht, zu gehen, doch jedes Mal trugen ihre Füße sie zurück in ihren Unterschlupf.

Ihre Unterhaltung wurde jäh unterbrochen, als das Floramon (das Lekismon im Übrigen fast jeden Tag besuchte) zu ihnen herantrat und sie fröhlich wie immer angrinste.

„Ihr beiden seid an der Reihe...“

Als sie Lekismons fragenden Ausdruck im Gesicht sah, fügte sie hinzu: „Na los, geht schon! Geht schon!“

Lekismon warf SlashAngemon einen fragenden Blick zu, doch der deutete nur nach vorne zu der Birkenallee und Lekismon verstand endlich.

„Ich... darf auch mitmachen?“

Dieses Mal lachte Floramon.

„Aber natürlich!“

Und als wäre es die natürlichste Sache der Welt, spazierte sie mit SlashAngemon direkt in die Birkenallee hinein. Da, wo die Bäume einen Kreis bildeten, sah Lekismon etwas hellgrün schimmern.

„Wow, da vorne ist ja ein Edelstein! Warum hast du mir nichts davon gesagt?“

Sie sah SlashAngemon mit leicht verengten Augen an.

„Dann wäre es doch keine Überraschung mehr“, erwiderte er lächelnd.

Lekismon stieß mit Absicht einen langen Seufzer aus.

„Na schön.“

Als sie am Edelstein angekommen waren, hielt SlashAngemon an, was Lekismon ihm gleichtat.

Als sie in Lekismons Gesicht sah, fand sie es schwer, ihren Blick wieder abzuwenden. Das Lächeln, das er ihr dieses Mal zeigte, stellte sein übliches Lächeln meilenweit in den Schatten. Er wirkte auf Lekismon zum ersten Mal aufrichtig glücklich, in all der Zeit, die sie schon hier war, und sie konnte einfach nicht umhin, ihm ein genauso aufrichtiges Lächeln zurückzugeben.

„Berühr ihn...“

Ohne zu zögern streckte sie ihre Pfote nach dem Stein aus, wobei ihr Blick kurz auf den Halbmond fiel, der auf ihrem Handschuh abgebildet war und sie daran erinnerte, wer sie war, doch ihre Pfote berührte bereits den Stein, fast zeitgleich mit SlashAngemons Schwert.

Als der Edelstein plötzlich anfing so hell zu strahlen wie die Sonne, wäre Lekismon beinah umgefallen vor Schreck, doch sie riss sich zusammen, blieb stehen, mit geschlossenen Augen, und wartete, bis das Leuchten nachgelassen hatte.

Der Stein leuchtete immer noch, doch so schwach, dass sie nun auch erkennen konnte, dass das ausströmende Licht die Farbe von tiefgrünen Eichenblättern angenommen hatte. Sie selbst fühlte sich warm und lebendig, wie neu geboren.

„Du kannst jetzt wieder loslassen“, hörte sie SlashAngemon leise sagen und sie nahm ihre Pfote von dem Stein, ebenso wie er sein Schwert wieder an seine Seite nahm, und der Zauber endete so jäh wie er begonnen hatte. Die Energie, die Lekismon durchfloss, zog sich zurück, das Leuchten erlosch wie eine Kerze, die jemand ausblies, und das einzige, was von diesem Ereignis noch übrig blieb, war das Gefühl, kräftiger und glücklicher zu sein als vorher.

„Was... war das?“, fragte Lekismon und versuchte, SlashAngemon in die Augen zu sehen, doch der Schlitz in seinem Helm verdeckte immer noch erfolgreich seine Augen, egal wie sehr sie sich anstrengte.

„Der Smaragd ist ein Symbol des immer wiederkehrenden Lebens, der Kraft und der inneren Glückseligkeit. Wie du gerade gespürt hast, enthält er ein wenig Magie.“

Als er Lekismon anlächelte, fühlte sie sich warm und geborgen und als er sie aufforderte, weiterzugehen, zusammen mit ihm, fragte sie sich, ob sie jemals dazu in der Lage sein würde, das Dorf wieder zu verlassen.

Seit sie SlashAngemon kannte, war ihre Welt heller geworden. Selbst die Nacht schien nicht mehr so dunkel wie zuvor.

„Lekismon.“

Seine tiefe, ruhige Stimme riss sie aus ihren Gedanken.

„Hm?“

„Was du gerade erlebt hast... hat nur funktioniert, weil du mir gegenüber etwas empfindest.“

„Was?“

Kurz bevor sie die Birkenallee wieder verließen, lächelte er sie wieder so ehrlich an. Wie nur wenige Momente zuvor, als sie vor dem Smaragd gestanden hatten. Ihre Mundwinkel zogen sich ohne ihr Zutun auseinander.

„Freundschaft.“

***

Der Halbmond spiegelte sich verzerrt auf der Wasseroberfläche des Sees und die Bäume und Büsche drum herum warfen schwarze Schatten. Säße SlashAngemon nicht neben ihr, hätte Lekismon sich in ihrem paranoiden Glauben, etwas könnte sie jederzeit angreifen, selbst in den Schatten versteckt, nur um sicher zu gehen.

So jedoch saß sie vollkommen entspannt am Ufer des Sees, lehnte an SlashAngemons Arm und sah auf die Spiegelung der Mondsichel.

„Eigentlich... muss ich weiterreisen...“

Lekismon brachte nicht mehr als ein Flüstern heraus. Sie fühlte sich viel zu wohl, als dass sie die angenehme Ruhe durch Reden zerstören könnte.

„Eigentlich“, wiederholte SlashAngemon und lachte leise.

Lekismon schloss lächelnd die Augen und legt ihren Kopf an SlashAngemons Arm. So ruhig... so angenehm-

Sie riss jäh die Augen auf, als der Boden plötzlich ganz leicht bebte.

„Was war das?“

Lekismon schaffte es gerade noch, sich aufzurichten, bevor SlashAngemon sich schnell erhob und auf die Wasseroberfläche starrte.

Als Lekismon seinem Blick folgte, erkannte sie, dass die Oberfläche kleine Wellen bildete.

„Was passiert hier?“

SlashAngemon schüttelte den Kopf.

„Ich weiß es nicht...“

Und mit einem Mal fiel die Sorglosigkeit von ihr ab, ihre Ohren wanderten steif nach oben und sie sah sich wachsam um. Vorsichtig kam auch sie auf die Beine.

Das Beben verstärkte sich und die Wellen nahmen an Geschwindigkeit zu, bis mit einem Mal alles totenstill wurde, die Erde nicht mehr bebte und die Wasseroberfläche so still stand als wäre sie aus Glas.

Lekismon wagte es nicht, zu atmen. Die erdrückende Stille konnte nichts Gutes bedeuten, das abrupte Stoppen des Bebens konnte nicht von der Natur kommen. Auch SlashAngemon machte absolut keinen Laut, so als stünde er überhaupt nicht hinter ihr. Wie in einem Vakuum, bar jeden Geräusches.

Rücken an Rücken warteten sie auf den Knall, auf irgendetwas, das kommen musste.

Und es kam. Schneller als Lekismon schauen konnte.

„Lekismon! RUNTER!“, hörte sie SlashAngemon nur schreien, bevor sie zu Boden gestoßen wurde. Schmerzhaft kam sie mit den Armen auf und drehte sich sofort zu SlashAngemon um, nur um zu sehen, wie er mit einem gewaltigen, leuchtenden Schwert gegen etwas anzukämpfen schien. Es hatte keine Form und sah aus, als würde es aus einem Riss mitten in der Luft kommen. Schwärzer als die Nacht und doch dunkles Licht ausstrahlend, wie eine Sonnenfinsternis, bewegte es sich gegen SlashAngemons Schwert.

So schnell sie konnte, rappelte sie sich auf und machte Anstalten, SlashAngemon zu helfen.

„Komm nicht näher, Lekismon! Bleib, wo du bist!“

Sie gefror mitten in der Bewegung, als sie erkannte, dass es sich wirklich um einen Riss in der Luft handelte. Hinter der Schwarzen Masse sah sie etwas... Etwas Grünes und etwas Braunes, doch ihre Aufmerksamkeit gehörte schnell wieder SlashAngemon und der schwarzen Materie.

Und SlashAngemon schien mit aller Kraft mit seinem weiß-leuchtenden Schwert gegen die Masse zu drücken, doch sie gab nicht nach. Stattdessen bildete sie tentakelartige Arme aus, die sich um ihn herumwickelten, und nur aufgrund seines Schmerzensschreies wusste Lekismon, dass die Arme ihn verletzten.

Sie stand da und konnte nichts tun. Nichts würde SlashAngemon helfen. Wäre sie doch nur stärker... könnte sie nur endlich einmal in ihrem Leben nützlich sein und etwas tun...

Sie würde alles geben, um SlashAngemon von Nutzen sein zu können... zu verhindern, dass sich sein Mund weiterhin so schmerzerfüllt verzerrte...

Hitze entströmte plötzlich ihrem Herzen, die sich in ihrem gesamten Körper verteilte. Es kribbelte überall, bis sie selbst ihren Eisen-Helm spüren konnte wie ein weiterer Körperteil, jede einzelne Faser ihres rosafarbenen Bandes, das ihr immer ins Gesicht wehte... und alles veränderte sich so schnell, dass es ihr wie ein Sekundenschlaf vorkam, als sie endlich wieder klar sehen konnte.

Der Boden schien weiter entfernt, ihr Körper fühlte sich neu und frisch an und auf ihrer Brust und ihren Schultern spürte sie eine Panzerung, die vorher nicht da gewesen war.

Ohne zu zögern, setzte sie ihre neuen Fähigkeiten ein und erstellte Klone von sich, die alle augenblicklich zu SlashAngemon eilten, doch sie war die allererste, die mit schwarzen Mondsicheln die Tentakelarme durchtrennte. Die abgetrennten Stücke lösten sich in Rauch auf.

Sie spürte, dass der Halbmond ihr zusätzliche Kraft spendete, und während ihre Klone die Tentakel beseitigten und neue Tentakel im Keim erstickten, half sie SlashAngemon, die schwarze Materie zurückzudrängen, genau durch den Spalt. SlashAngemons Schwert verlängerte sich, sodass es nun genauso lang war wie die schwarze Materie und gemeinsam schoben sie die tonnenschwere Masse durch den Spalt, der sich, vom Licht des Schwertes berührt, zischend schloss.

Kaum, dass der Spalt ganz verschwunden war, breitete sich erneut Stille aus. Außer dem leisen Rascheln der Baumblätter und Lekismons und SlashAngemons schwerem Atmen war nichts mehr zu hören.

SlashAngemons Schwert verkürzte sich, bis es die Länge seiner üblichen Schwerter hatte, hörte auf zu Leuchten und mit einem Mal ragten wieder die beiden Lekismon bekannten Breitschwerter in die Höhe.

Ihre Klone verpufften, während sie immer noch auf die Stelle starrte, an der der Riss vor Sekunden noch die schwarze Materie entlassen hatte.

„Danke, Lekismon.“

Lekismon sah ihn an und lächelte.

„Crescemon“, korrigierte sie. SlashAngemon lachte und zum ersten Mal lachte sie mit ihm. Hätte sie gewusst, wie befreiend es wirkte, zu lachen, hätte sie viel früher damit angefangen.

„Weißt du, was das eben gewesen ist?“, fragte sie dann.

„Nein... aber es gibt eine Sage... Dass es noch viele andere Welten gibt, und dass einige Welten stärker zusammenhängen als andere... wodurch eine Verzerrung in der einen Welt geschehen kann, wenn in der anderen Welt das Gleichgewicht nicht mehr stimmt.“

Crescemon nickte.

„Das würde Sinn ergeben... Ah! Ich habe hinter der Materie Pflanzen und Bäume gesehen! War es etwa ein Riss, der zwischen zwei Welten entstanden ist?“

SlashAngemon sah in den Himmel und sie folgte seinem Blick bis hin zum Halbmond.

„Ich weiß es nicht... aber dass nichts Schlimmeres passiert ist, das haben wir wohl dir zu verdanken.“

Er wandte seinen Kopf wieder Crescemon zu, die nun nur noch um etwa zwei Köpfe kleiner war als er.

„Ich war es nicht allein“, entgegnete sie grinsend.

***

Wieder saßen sie Seite an Seite im Gras am Ufer. Crescemon an SlashAngemon gelehnt. Am Horizont färbte sich der Himmel bereits violett.

Jemand hatte ihr früher einmal gesagt, dass sie wie der Mond sei. Wunderschön, tröstend. Aber doch unendlich weit entfernt, unerreichbar.

Sie streckte sich etwas, um nah an die Stelle zu gelangen, wo sie SlashAngemons Ohr vermutete.

„Es wird Zeit für einen Neuanfang...“, flüsterte sie, was ein glückliches Lächeln auf sein Gesicht zauberte.

„Willkommen in Zereal... Crescemon.“
 

-ENDE-
 

Die Attacke, die SlashAngemon einsetzt, ist Holy Espada/Holy Sword. Crescemon setzt die Attacken Lunatic Dance (die Klone) und Dark Archery (die schwarzen Mondsicheln) ein.

Wen es interessiert: Der Name des Dorfes kommt tatsächlich von Cereal. Naja, ich hatte Hunger...

Und der Action-Anteil der Story ist absichtlich so klein. Und, äh, eigentlich solle allen ja klar werden, worum es in dieser Story geht.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  UniverseHeart
2009-08-02T03:57:34+00:00 02.08.2009 05:57
also...mir gefällt diese Fanfic sehr gut, und der erste One-shot ist besonders schön geschrieben, da man sich gut in Lekismon hineinversetzen kann. Man merkt als Leser, wie zurückgezogen sie ist und wie misstrauisch, und ich finde es schön zu sehen, dass sie in der Begegnung mit SlashAngemon lernt, sich mehr zu öffnen... wobei dann wieder Liebe im Spiel sein kann? Zumindest wird man das Gefühl nicht los, dass sie schon ein wenig in ihn verliebt ist.
Ich mag aber auch die Szene in der die plötzliche Gefahr auftritt und in der Lekismon hilft. Man merkt in diesem One-Shot wirklich deutlich, dass sie sich verändert hat und auch mit einem Neuanfang in diesem Dorf glücklich werden kann.

sehr gute challenge-FF, ich werde sie auf jeden Fall in Auge behalten.



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