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Bis zum Ende

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Es war mal wieder ein Morgen wie jeder andere. Ich stand auf und fuhr mit dem Bus zusammen mit meinen Brüdern Christoph und Basti und noch ein paar Mädels in Chrisis Alter, Susanne, Verena und Marina, zur Schule. Wir redeten wie jeden Morgen über irgendwelchen Scheiß. Chris hatte sich schon zu seinen Freunden aus seiner Klasse verzogen.

Als wir dann 20 Minuten später aus der Straßenbahn stiegen, verabschiedeten wir uns von der Sanne, weil sie als einzige in eine andere Schule geht und deswegen weiterfahren muss. Die beiden Kleinen, Vera uns Mia gingen jetzt auch in eine andere Richtung zu ihren Freunden. Basti und ich gingen auf die Birgit zu, die wie jeden Morgen an der Ampel auf uns wartete. Zu dritt gingen wir dann die letzten Meter zur Schule, wie meistens, gefolgt von Vera, Mia und ihren Freundinnen.

In der Schule angekommen verabschiedeten wir uns von Basti, der ins KZ (Kollegstufenzimmer) ging. Wir warteten noch bis zum 1.Gong und gingen dann hoch in den 2.Stock, wo ich mich von der Birgit verabschiedete und noch einen Stock weiter hinaufstieg. Und da fing für mich der Ernst des Lebens an.

Ich schielte erst mal um die Ecke, um zu sehen, ob die Jungs schon da waren. Scheiße, da standen Bernd, Andi und Mark. Ich versuchte mich möglichst unauffällig dazuzustellen, aber sie bemerkten mich sofort und schon ging es los: Andi drehte sich um und seine Augen leuchteten auf. Schon bemerkte mich auch der Bernd und die 1. dumme Bemerkung fiel: „Hoah, ist das stark!“ Und auch Mark hatte mich jetzt bemerkt: „Hier wird es ja immer stärker!“ Sie lachten alle drei und Andi grinste mir frech ins Gesicht. Ich sah weg und hörte wie Andi meinte: „Jetzt lasst sie doch mal in Ruhe!“ Der reinste Hohn! Schnell ging ich an ihnen vorbei zu den Mädels aus meiner Klasse. Da konnte ich mich einfach dazustellen, ich störte sie nicht.

Heute hatten wir zuerst Deutsch. Frau Streiter kam und ich konnte mich endlich auf meinem Stuhl verstecken. Der Unterricht begann und ich hatte meine Ruhe. Bis ich plötzlich aufgerufen wurde. Ich sollte vorlesen. Mein Untergang! Ich konnte sehr gut lesen, solang es nicht laut sein musste. Laut vorlesen war mir immer ein Greul! Ich hatte Angst mich zu blamieren und stotterte deswegen. Langsam las ich also vor und schon meinte der Michael: „Ich kann ja nicht lesen!“ und der Sven fügte hinzu: „Ist schon blöd, wenn man nicht lesen kann.“ Das war natürlich nicht sehr aufmunternd und ich stotterte noch mehr. Meine Hände begannen schon wieder zu zittern. Ich war den Tränen nahe. Zum Glück ließ Frau Streiter bald jemand anderen weiter lesen.

Und so ging es den ganzen Tag weiter. Ich unterhielt mich mit den Mädels und beachtete die Jungs nicht wirklich, aber sie natürlich mich! Andauernd fielen dumme Bemerkungen. Sie wurden von Woche zu Woche mehr. Ich zog mich innerlich und äußerlich immer mehr zurück und versuchte alles so gut wie ich konnte zu verdrängen, aber es half mir nichts!

Ende November, Anfang Dezember fuhr die ganze Klasse auf Besinnungstage. Es wurde schon im Vorfeld beschlossen, wer welchen Alk mitnehmen sollte *g* (Ich vergaß zu erwähnen, dass bei uns die Besinnungstage in „Besäufnistage“ umgeändert wurden!)

In M. angekommen liefen wir den ganzen Weg vom Bahnhof zur Jugendherberge. Die Jungs verarschten mich, weil mein Koffer immer wackelte und ich ihn deswegen nicht ziehen konnte und tragen musste. Der Mark meinte: „Ist schon blöd, wenn der Koffer sich nicht ziehen lässt von so einer Starken!“ Die Jungs lachten, die Mädels taten so, als hätten sie nichts gehört und ich war schon wieder den Tränen nahe.

Dort angekommen, ging es dann erst richtig los! Die Zimmerverteilung! Bei welchen Mädels würde ich schlafen? Letztendlich zog ich zu Kirsten, Alina, Simone, Ute und Miriam. Ich war durch eine Trennwand von ihnen getrennt, die sich durch das ganze Zimmer zog und die 6 Betten auf der einen Seite von den 2 Betten auf der anderen Seite trennte. Dort würde ich wenigstens niemanden stören. Nachdem wir ausgepackt hatten, gab es dann Kaffee und Kuchen. Ich konnte gerade noch einen Platz bei Marie, Felicitas und den anderen Mädels ergattern.

Nach dem Essen hatten wir unsere 1.Gruppenstunde und am Abend soffen wir das 1.Mal in den 4 Tagen. Die Tage verliefen eigentlich ganz gut, ich war auch öfters im Zimmer der Jungs und wir unterhielten uns alle ganz gut. Aber dann passierte es:

Am Freitag stand ich kurz am Fenster und hab auf den Schnee gestarrt, als plötzlich der Michael hinter mir auftauchte. Ich bewegte mich nicht und wünschte mir, er würde abhauen, aber da begann er schon zu sprechen: „Na, schaust du gerne aus dem Fenster?“ Ich tat, als ob ich ihn nicht gehört hätte. Innerlich kamen mir schon die Tränen. „Ist ja auch blöd so allein zu sein.“ Ich drehte mich um, lief in unser Zimmer und ließ mich auf das Bett fallen. Ich dachte, ich hätte ihn los, aber er kam mir hinterher. „Magst du Robbie Williams? Der ist saustark!“ Ich hatte in der 1.Gruppenstunde auf die Frage, wen ich gerne mal treffen würde „Robbie Williams“ geantwortet, weil mir so schnell nichts Besseres eingefallen ist. Deswegen verarscht mich der Michael jetzt. „Den will ich auch mal treffen! Magst du seine Musik?“ Genervt schaute ich ihn an und meinte: „Hau ab! Lass mich in Ruhe!“ „Ich wollte doch nur nett sein! Aber wenn du lieber stark allein bist!“ Er verließ das Zimmer und ich war wieder allein. Ich kauerte mich in die Ecke von meinem Bett, zog mein Kissen zu mir, nahm meine Brille ab und schluchzte hemmungslos los. Mir fiel alles wieder ein, was war, als ich klein war.

Ich war gerade 4 Jahre alt, als es anfing. Eines Tages kam mein Vater wütend nach Hause und erzählte uns, dass er seinen Job verloren hatte. Mum beruhigte ihn und meinte, dass er ja schnell wieder einen finden würde. Es ging tagelang so. Irgendwann kam er sturzbetrunken nach Hause. Er wurde immer aggressiver. Eines Tages kam ich vom Spielplatz nach Hause und meine Hose war vom Sand dreckig. Meine Mutter war in der Küche und mein Vater kam mir im Flur entgegen. Er schrie mich an, warum meine Kleidung so dreckig wäre und ob ich überhaupt nachdenken würde. Ich war 4 Jahre alt. Ich hab überhaupt nicht begriffen, um was es eigentlich ging. Ich fing zu weinen an und er holte aus und schlug zu. Das war das 1.Mal, dass mich irgendjemand schlug und von da an, bekam ich immer öfter Schläge. Am Ende sogar mehrmals am Tag. Meine Mutter griff bald nicht mehr ein, da er dann immer sie geschlagen hatte. Er war täglich besoffen. Eines Tages, ich war gerade 6, bekam das die Mutter von einer Freundin mit und erzählte alles dem Jugendamt. Ich kam für 2 Jahre ins Heim, wo das Recht des Stärkeren galt und ich weiter Schläge bezog von den Älteren. Ich wehrte mich nicht, da ich wusste, dass es dann noch schlimmer werden würde. Das hatte ich so gelernt und so wird es immer sein. Zum Glück wurde ich ja dann, mit 8 Jahren, von einer Familie adoptiert. Die Familie, bei der ich heute noch wohnte. Geschlagen wurde ich nie mehr, aber die Angst blieb. Wehren konnte ich mich nicht mehr. Das war vorbei. Dann kam ich in diese Klasse. Ich dachte über all das nach. Hier schlug mich zwar keiner, aber es war eigentlich noch viel schlimmer! Sie verletzten mich innerlich.

Irgendwann kamen dann Gabi, Feli, Anne, Michael und Mark hinter zu mir. Die Gabi fragte mich: „Hey, was hast du?“ „Lass mich in Ruhe!“ Sie gingen wieder, Ich hatte sie nicht mal richtig wahrgenommen.

Nach einer Weile saß dann die Marie bei mir. Sie fragte mich, was ich hätte. „Nichts!“ „Genau! Deswegen sitzt du hier und heulst! Was ist passiert?“ „Ach, die Jungs!“ „Was haben die Jungs gemacht?“ „Sie verarschen mich! Sie nehmen nichts ernst, was ich sage! Sie verarschen mich!“ „Hör doch nicht hin!“ „Das kann ich nicht!“ „Aber ich versteh das nicht! Du hast doch auch ein paar Jungs als Kumpels und du hattest doch, wie ich weiß auch schon einen Freund?“ „Das schon, aber ich hab die meisten meiner Freunde dort kennen gelernt, wo mir niemand was tun kann. In der Schule geht das nicht! Hier ging es mir vom Anfang an so schlecht. Ich weiß doch auch nicht wie das kommt! Es ist einfach so! Ich kann daran nichts ändern!“ „Aber hast du denn gar keine Ahnung, warum die Jungs so sind?“ „Ich hab halt Angst vor Jungs!“ „Aber wieso?“ „Darüber kann und will ich nicht reden!“ „Ok, ich muss jetzt auch schlafen gehen sonst komm ich morgen nicht raus! Geht’s dir jetzt besser?“ „Es geht schon!“

Keine Minute später kam Miriam „Was ist denn los?“ „Nichts“ „Weswegen heulst du dann?“ „Die Jungs haben mich geärgert“ „Wer genau? Und womit?“ Ich erzählte ihr von dem Ereignis am Fenster. Nach einer Weile ging sie und die Silke kam. „Ich hab gehört, die Jungs haben dich geärgert?“ „Ja!“ „Ich hab heute auch schon wegen dem Sven geheult.“ Das war ja sehr tröstlich! Und schon jammerte sie mir vor, wie blöd die Jungs doch waren und wie gemein. Na toll, mir ging es eh schon schlecht genug.

Und plötzlich kam die Miriam wieder zurück. Silke: „Geht mal weg!“ „Nein! Der Michael will sich bei der Toni entschuldigen!“ Na klar! „Es tut mir leid! Entschuldigung!“ „Schon gut!“ Ja klar, alles ist wieder gut und ich hab ihn auch ganz doll lieb. Das war ja klar, dass die Miriam ihn dazu gebracht hatte. Irgendwann waren sie dann alle weg. Ich zog mich um und legte mich schlafen. Mir ging es total schlecht. Ich dachte an meine frühe Kindheit und wünschte, die Birgit wäre bei mir. Am liebsten wäre ich abgehauen. Erst sehr spät, nach den anderen Mädels aus meinem Zimmer, schlief ich ein.

Am nächsten Morgen war ich total übermüdet, aber es ging allen nicht so gut. Über Umwege erfuhr ich dann irgendwann, dass die Mädels versucht hatten mit den Jungs zu reden. Sie waren auch total freundlich und am Abend saßen wir alle zusammen und soffen uns alle zu. Es war doch noch sehr lustig und ich hoffte, dass es immer so anhalten würde.

Aber, als wir zurückkamen, ging es nur ca. einen Monat so gut. Dann ging es langsam wieder los. Das einzige komische war, dass der Andi immer ruhiger wurde. Er sah mich oft so komisch an und wenn er bemerkte, dass ich ihn ansah, schaute er ganz schnell weg und tat so, als wäre nichts! Aber ich sah, dass er mich weiterhin aus den Augenwinkeln beobachtete. Ich saß oft alleine zuhause. Wenn es mir am Morgen schlecht in der Schule erging, schrieb ich am Nachmittag darüber ein Gedicht, wie:

Allein

Allein zu Hause,

Allein unter vielen,

Allein in der Schule,

Allein auf der Welt,

Allein im Herzen!

Kann man immer allein sein?

Kann man ohne andere leben?

Kann man ohne Hilfe leben?

Kann man überhaupt leben?

Im Herzen allein?

Man kann es nicht,

Es geht nicht,

Man braucht jemanden, der einen auffängt,

Das hilft weiter,

Dann bist du nicht mehr allein!

Oder DOCH?

Ich blieb immer allein mit meinem Kummer. Niemand erfuhr auch nur ein Wort über meine Gefühle, nicht einmal meine beste Freundin, Birgit, wusste alles. Ich erzählte ihr nur, manches was die Jungs sagten und sie erfuhr auch nie, wie oft ich nachmittags heulend in meinem Zimmer saß. Das ging 3 Monate lang so. Es entstanden viele Gedicht: (Hier einige davon:)

Warum soll ich schreiben?

Ich schreibe, weil es mich befreit!

Ich bringe meine Gedanken zu Papier.

Ich überlege nicht lang und schreibe auf,

Was mir grad kommt in den Sinn.

Es ist nicht poetisch nur einfach so,

Gedanken einer gequälten Seele.

Einer Seele, auf der jeder herumtrampeln kann,

Auf die niemand Rücksicht nimmt,

Die jeder verletzt mit treffenden Worten,

Die hart auf mein Herz auftreffen.

Ich habe oft Angst, vorm Aufstehen,

vorm Gehen und verstricke mich so darin.

Ich versuche zu leben wie andere auch,

Ich lüge halt allen was vor.

Ich bin immer allein, allein in der Menge.

Nur ein Lichtblick hat meine Welt,

Nur eine Freundin hält zu mir.

Ich hab sie lieb, wie nichts sonst

Und lebe oft nur für sie.

Sie hebt mich hoch und bringt mich hinaus,

hinaus aus meinem einsamen Leben.

Sie bringt mich in die Welt der anderen auch

Und zeigt mir was es heißt zu leben...
 

Allein?

So ist das Leben!

Menschen haben Freunde,

Menschen sind allein.

Schlimmer!

Menschen werden gemobbt!

Dies Menschen haben Angst!

Angst vor dem Aufstehen,

Angst vor der Schule,

Angst vor der Arbeit,

Angst vor ihren Mitmenschen,

Angst vor dem Leben!

Sie denken, sie sind allein!

Sie denken, alles hassen sie!

Doch für jeden Menschen

Gibt es jemanden, der ihn versteht,

Der ihm helfen will.

Er ist nicht allein!

Ihm wird geholfen!

Doch kann man ihm helfen?

Ich schrieb in der Zeit viel, aber ich zeigte sie nur einem einzigen Menschen: Birgit! Sie hatte immer mehr Angst um mich und irgendwie hörten auch meine anderen Freunde davon, dass es mir nicht so gut ging. Sie bemühten sich alle sehr um mich! Mir wurde das alles zu viel!



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