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Shadow

von

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Midnight Shadow

Kaum, dass sie in Seattle waren, bekam Tiffany ihr eigenes Zimmer, direkt neben dem von Shadow und die beiden hatten ihre Ruhe, als sie sich in dieses zurückgezogen hatten.
 

Es dauerte, bis die beiden wirklich sprachen und dennoch verstanden sie sich. Steven war sehr vorsichtig im Umgang mit Tiff, doch sie verschloss sich nicht vor ihm. Er durfte sie in den Arm nehmen und beiden liefen die Tränen, so saßen sie ewig, so kam es ihnen vor.
 

„Ich wusste, dass sie gelogen hatten. Ich wusste, dass du dich niemals umgebracht hättest…, egal was war…“, flüsterte sie, nachdem sie einander losgelassen hatten. Stevens Lippen zitterten leicht und es fiel ihm schwer, noch etwas zu sehen, da sich in seinen Augen erneut die Tränen sammelten.

„Ich wusste, dass du mich nie allein gelassen hättest…“, murmelte Tiffany und sah ihren Bruder durch ihre dichten Haare hindurch an.

„Aber, ich habe dich allein gelassen. Ich habe dich verlassen, als du mich am Dringendsten gebraucht hä…“, doch Tiffany ließ ihren Bruder nicht aussprechen. Sie wollte nicht hören, wie er selbst sich fertig machte. In ihren Augen hatte ihr Bruder nichts falsch gemacht. Nein, ihre Eltern waren es, die Fehler hätten zugeben müssen, ihre Eltern und sonst niemand. Sie hatte ihm eine Hand auf die Schulter gelegt und sah ihn eindringlich an. Steven konnte nur erahnen, wie sie ihn ansah, doch er verstand. Er wusste, dass sie ihm keine Vorwürfe machen würde, im Gegenteil, sie war dankbar. Sie wusste, dass er im Gefängnis noch weniger für sie da gewesen wäre, dass sie einander nie wieder gesehen hätten. Jemand wie Steven, so wie er damals gewesen war, hätte das Gefängnis nicht überstanden. Sie hatte die ganze Zeit über gespürt, dass ihr Bruder noch lebte und sie wusste, dass er kommen würde, um sie zu holen. Auch hatte sie geahnt, dass er nicht mehr der Sonnenschein sein würde, der er einst war und auch das sorgte sie nicht.
 

Die ganze Nacht saßen sie beisammen. Sie schwiegen viel und doch erfuhren sie auch von den letzten Jahren des jeweils anderen.
 

Steven erzählte Tiffany seine Geschichte von dem Punkt an, als er in Seattle gelandet war. Tiffany wunderte es nicht, dass er sich damals für die unsichtbare Gestalt entschied, wo er doch niemals sich hätte den Dolls anpassen wollen. Sie erfuhr, dass er für immer ein Doll sein würde, denn diese Gang verließ man nie wieder, wenn man einmal Mitglied war und für Tiffany stand fest, dass auch sie die Dolls niemals wieder verlassen würde.
 

Sie erklärte ihm, warum der Pfleger sterben musste, den sie auf den Gewissen hatte. Sie hatte kein schlechtes Gewissen. Der Mann war ihr an die Wäsche gegangen. Nie wieder sollte jemand so etwas mit ihr anstellen. Nie wieder wollte sie etwas erleben wie damals in der Nacht, in der ihr Innerstes gestorben war. Tiffany erzählte ihm auch, wie es war, als sie aus dem Krankenhaus nach Haus kam. Erst dort hatte die Polizei sie aufgesucht, vorher hatte man alles von ihr ferngehalten. Auch erfuhr sie erst durch die Polizei von dem angeblichen Selbstmord ihres Bruders, natürlich erst, nachdem sie die Ereignisse der Tatnacht schildern sollte. Tiffany hatte damals geschildert, was George ihr angetan hatte und auch, dass ihre angeblichen Freundinnen ihn dazu angestachelt und sogar zugesehen hatten, doch an etwas danach habe sie sich nicht erinnert. Das war gelogen, das wusste sie auch damals schon. Sie dachte, sie könnte Steven schützen, da sie ja schließlich die einzige Zeugin gewesen war. Sie wusste noch sehr genau, wie ihr Bruder sie fand. Sie hatte gesehen, dass seine Welt zusammenbrach, als er verstand, was geschehen war. Sie sah seine Selbstvorwürfe und wusste, dass er sie nie in das Haus gelassen hätte, wenn er gewusst hätte, dass George wieder da war. Sie hatte damals alles gesehen und verstanden. Erst, nachdem er sie auf den Rücksitz abgelegt hatte, konnte sie nur noch erahnen, was weiter geschehen ist. In dieser Zeit war sie aber auch ohnmächtig geworden und war erst wieder im Krankenhaus aufgewacht, in welchem ihre Mutter neben ihrem Bett saß und theatralisch weinte, während der junge Arzt sie tröstete.
 

Tiffany erzählte ihm, wie es ihr in der Klinik ergangen war, wie verlogen ihr seine Beerdigung vorgekommen war und auch, wie sie sich geweigert hatte, auch nur mit einem der Psychiater zu sprechen. Sie sagte auch, dass sie innerlich immer mehr eine unüberwindbare Mauer aufgebaut hat und dass diese auch bleiben wird. Steven sei der Einzige, dem sie noch traut, dem sie immer getraut hat.
 

In sein eigenes Zimmer ging Steven erst, nachdem Tiff schon längst fest eingeschlafen war. Mit offenen Augen lag er im Bett und dachte nach. Er fragte sich, wie sich sein Leben und das seiner Schwester entwickelt hätten, wenn er mit ihr zusammen geflohen wäre. Wenn er sie nicht allein zurück gelassen hätte. Und wenn er zwischendurch mal einschlief, so wachte er bereits fünf Minuten später, schweißgebadet, wieder auf.
 

In den nächsten Wochen bekam kaum jemand im Haus der Dolls die Beiden zu Gesicht. Zu viel Zeit musste aufgeholt werden und auch wenn diese dann nur gemeinsam verbracht wurde, ohne sich auszutauschen. Shadow verbrachte diese Zeit oft mit Lesen für die Uni oder am PC, während Tiffany endlich wieder ihrem Hobby, dem Zeichnen, nachgehen konnte. Manchmal unterhielten sie sich auch. Mit jemand anderes sprach Tiffany auch nicht, nur mit Steven. Im Haus gewöhnte man sich daran, einen Shadow zu sehen, denn er wollte nicht, dass seine Schwester nach ihm suchen musste. Er blieb für alle sichtbar und kein einziger hatte ein Problem damit, auch nicht damit, dass er sich so lange versteckt hatte.
 

Es waren drei Monate vergangen, als Tiffany ihren Bruder ansah und beobachtete. Er war gerade in ein Buch über Kindspsychologie vertieft und wirkte dennoch so, als sei er nicht bei der Sache. Sie wusste, dass er innerlich noch immer viel Wut hatte, auf sich, auf das Schicksal, auf alles. Aber vor allem auch auf diejenigen, auf die auch sie eine unaussprechliche Wut hatte.

„Jetzt!“, sagte sie bestimmt, nachdem sie sich die Strähnen aus dem Gesicht geschoben hatte, damit ihr Bruder ihren Blick sehen konnte. Er sah ein wenig verwirrt auf und blickte seine Schwester an, doch er verstand recht schnell und nickte.

Mit dem nächsten Flieger machten sie sich auf den Weg nach LA, denn an Geld mangelte es ihnen nicht. Sie sorgten sich nicht, dass man sie erkennen würde, denn bevor sie nicht im Haus der Eltern waren, würden sie sich nicht in ihrer wahren Gestalt zeigen. Ein Täuschungszauber sorgte dafür, dass niemand auch nur erahnen würde, wer sie wirklich waren.
 

Im Haus der Eltern sahen sie sich nicht sonderlich um. Sie verbanden nichts mit diesem Haus, denn auch als sie dort drei Jahre lebten, waren sie nie zu Haus an diesem Ort. Sie wussten, dass sie im Arbeitszimmer auf ihren Vater warten konnten, dorthin führte ihn immer sein erster Weg. Hinter seiner Tür stand ein schwarzes Ledersofa, auf welches sie sich setzten und warteten. Sie sprachen nicht. Im Flugzeug hatte Steven sie einmal gefragt, ob sie sicher sei, das tun zu wollen.

„Wieso? Du nicht? Ich tu es auch allein.“, war Tiffanys Antwort kühl gekommen.
 

Die Zeit verging langsam und gleichzeitig schnell, so wie es ist, wenn man etwas erwartet und zugleich noch hinauszögern will. Es war nicht so, dass Steven davor zurückschreckte, seine Eltern zu töten. Oh nein, dem war nicht so. Im Gegenteil, es war wie es für die meisten Kinder an Weihnachen war. Sie konnten den Tag kaum erwarten, aber je schneller er kam, desto schneller war er auch vorbei.
 

So war es auch für Shadow und Midnight Shadow. Dies war der Name, den Tiffany inzwischen erwählt hatte, ihr Dollname zu sein, denn dieser war noch schwieriger ausfindig zu machen, als der Schatten, welchen man tagsüber sehen konnte. Ein Schatten in der Nacht ist unscharf, nicht so klar und deutlich. Sie und ihr Bruder wussten, dass nach dieser Tat nichts mehr aus ihrer Vergangenheit existieren würde, dass sie von einem richtigen Neuanfang abhalten könnte.
 

Sie hörten den Schlüssel im Schloss und die beflügelten Schritte ihres Vaters. So war er immer gegangen, wenn er ein Geschäft erfolgreich zum Abschluss gebracht hatte. Er pfiff fröhlich und schmiss die Tür zu seinem Arbeitszimmer regelrecht auf. Seine Aktentasche warf er dabei unachtsam auf das Sofa. Shadow fing sie leise auf, bevor sie ihm ins Gesicht schlagen konnte. Der groß gewachsene Mann, der das Zimmer betreten hatte, bemerkte die beiden Gäste nicht, die er hatte und schaltete fröhlich seinen PC ein, bevor er nach dem Hörer seines Telefons griff. Erst dann traf sein Blick den seines Sohnes, welcher den Blick von seinem Vater zu dem Telefon wandern ließ, woraufhin dieses zu schmelzen begann. Entsetzt warf Richard Cold das Telefon beiseite und versuchte seine Gedanken zu ordnen.

„Ste…, Steven…, oh…, Tiffany…“, stammelte er und sah seine Kinder schon fast ängstlich an. Er wusste, dass er hierzu auch allen Grund hatte.

„Steven und Tiffany? Die gibt es nicht mehr. Steven ist vor über 6 Jahren gestorben, er hat sich umgebracht, hast du das vergessen, Dad? Und mich habt ihr abgeschoben und vergessen!“, zischte Tiffany, „Für euch bin doch auch ich schon lange tot.“

„Wir wollten doch nur…“, begann ihr Vater zögerlich, wurde jedoch von Steven unterbrochen.

„Was wolltet ihr? Unser bestes? Das wolltet ihr nie? Jedenfalls nicht für uns, sondern immer nur von uns. Glänzen sollten wir und unser Glanz sollte auch nicht eine einzige matte Stelle bekommen! Du warst nie ein Vater! Niemals! Für dich waren wir Statussymbole, Trophäen…“

„Und du wirst unsere Trophäe sein, Dad!“, flüsterte Tiffany und lächelte kalt. Ihre Augen waren, wie schon die ganze Zeit, hinter ihrem dichten Haar versteckt.
 

Der Vater der beiden sollte noch fünf Minuten leben, bevor sein letzter Schrei seiner Kehle entglitt, doch waren es die schlimmsten Minuten gewesen, die sich ein menschliches Wesen auch nur ansatzweise vorstellen konnte.
 

Ihre Mutter ließ noch lange auf sich warten, doch es verwunderte die Beiden nicht. Auf sie warteten die Beiden in der Küche. Ihre Mutter kam vermutlich von einem Treffen mit ihren Freundinnen und auch wenn sie dort immer viel tranken, so war ihr erster Gang auch zu Haus der in die Küche, in welcher sie sich ein Glas Gin gönnte. Sie stolperte erst mitten in der Nacht ins Haus und machte in der Küche kein Licht.
 

Ein paar gewohnte Griffe, das Ansetzen des Glases, bevor sie es fallen ließ, da Shadow das Licht angemacht hatte und ihre Tochter ihr gegenüberstand.

„Guten Abend, Mom!“, machte auch Steven auf sich aufmerksam.

„Das tut ihr nicht! Ihr werdet eurer eigenen Mutter nichts antun!“, rief die ernüchterte Barbara Cold aus.

„Nicht? Dann frag doch mal Dad.“, forderte Tiffany ihre Mutter auf und stieß die Tür zum Arbeitszimmer auf. Es fiel nur wenig Licht in den Raum und doch konnte man sehen, dass das Zimmer voll getrockneten Blutes war.
 

Auch ihre Mutter starb langsam und musste dabei erfahren, was aus ihren Kindern geworden war. Sie hatte zwei Kinder zur Welt gebracht und dann verpasst sich darum zu kümmern, dass sie keine verbitterten Killer sein würden.
 

Im Haus der Dolls zurück wussten sowohl Tiffany als auch Steven, dass sie wieder anfangen mussten, ein Leben zu führen, mit dem sie klar kommen konnten. Ihnen war bewusst, dass sie nie wieder ein normales Leben führen würden, selbst wenn sie es gewollt hätten, so waren sie nun Living Dead Dolls. Tiffany und Steven gab es nicht mehr, sie waren Midnight Shadow und Shadow gewichen und waren nichts weiter, als Namen, welche ihnen die Möglichkeit boten, zu studieren, Verträge zu unterschreiben und auch offiziell zu existieren.
 

Beiden war nicht klar, wie es weiter gehen würde, doch Steven war sich nun sicher, dass es auf jeden Fall nicht ruhig zugehen würde und dass sie beide vielleicht auch wieder ein wenig Halt finden konnten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2009-08-03T09:26:23+00:00 03.08.2009 11:26
oje, genau wie ich's befürchtet hatte. aber gut, wen kümmern schon die eltern, wenn die sowieso nur immer an sich selbst gedacht hatten?
jedenfalls war das wieda 'n supi kapi^^b
mal gucken wie's ausgeht...

LG Hanabella


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