Zum Inhalt der Seite

Des Vampirs Sekretärin

Wichtelfanfiction für Hybie(Zirkel der durchgeknallten FF-Autoren)
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Der Taschenspiegel klickte zusammen und verschwand wieder in ihrer Handtasche, nachdem Kaya

wie dutzende Male zuvor argwöhnisch ihr Spiegelbild betrachtet hatte.

„Du siehst aus wie ein schmollendes Kind“, tadelte sie gedanklich den skeptischen Gesichtsausdruck ihrer Reflektion ebenfalls zum wiederholten Mal. „Du hättest es ihm niemals versprechen dürfen.“

Ihre Hand wanderte beim Verstauen des Spiegels über die gemaserte Oberfläche ihres Brillenetuis und war versucht dessen Inhalt trotz allem aufzusetzen. Versprechen hin oder her. Er hatte auch versprochen sie um Sieben vor ihrer Wohnung abzuholen und ließ seit fast einer halben Stunde auf sich warten.

Kaya hatte sich auf einer der Bänke am Straßenrand niedergelassen und die Sonne dämmernd über Tokyo versinken sehen wie ihre eigene Vorfreude.

„Vielleicht hat er doch eine seiner hübscheren Geliebten, die Tochter irgendeines Konzernchefs, gebeten ihn zu begleiten und mich einfach versetzt, weil ich nicht praktisch genug bin“, ging ihr durch den Kopf und sie wollte sich nicht vorstellen, was für ein Gesicht sie gerade machte. „Ich sehe sicher schrecklich aus.“

Sie schüttelte den Kopf, als könne es ihre Gedanken zerstreuen, und brachte den ordentlichen Seitenscheitel, der einzig nicht streng zurückgebunden war dazu vor ihrem Gesicht hin- und herzuwippen.

„Idiotin“, murmelte sie in sich hinein, während ihre Hand wieder zum Taschenspiegel wanderte, um ihr Pony zu überprüfen. „Dein Vorgesetzter nimmt dich nicht mit auf eine Jubiläumsfeier, um dir eine Freude zu machen, oder weil es ihm etwas bedeutet. Du bist nützlich beim Gespräch mit Geschäftspartnern und machst ihm weniger Umstände als eine seiner blondierten Freundinnen. Du bist unproblematisch, aber heute Abend war eine andere Lösung einfacher.“

Kaya entblößte vorsichtig ein Lächeln, das ihr Spiegelbild erwiderte. Sie befand sich als vorzeigbar, falls der Direktor doch noch auftauchen würde.

„Es klingt als hätten sie durchaus das eine oder andere Problem, Satozuki-san.“ Eine warme Stimme riss sie aus ihrer Selbstbetrachtung und ließ sie hinauf in Matsushitas freundliches Gesicht blicken. Wie lange stand er schon da. Kaya spürte wie ihr die Röte in die Wangen stieg. „Der Direktor musste noch etwas erledigen und wir haben uns deshalb verspätet.“

„Das macht nichts, Matsushita-san. Ich habe mir schon so etwas gedacht.“ Kaya erwiderte das Lächeln des Fahrers, während sie aufstand.

„Selbstverständlich.“ Matsushita öffnete die hintere Tür des Wagens, neben welcher er stand, und bot ihr seine Hand zum Einsteigen an. Noch bevor sie die Hand ergreifen konnte, traf ihr Blick auf die Augen des Direktors im Inneren des Wagens.

Kaya erstarrte für einen Moment in der Bewegung als hielte der tiefe Ton seines Blickes – irgendwo an der Grenze zwischen Raubtier und Bestie – sie an Ort und Stelle gefangen. Im Schatten der verdunkelten Scheiben saß Kouhei Touma wie ein Satansabbild. Der große Verführer; einer von Gottes letzten großen Sündern. Selbstverständlich wie immer tadellos gekleidet und zurecht gemacht.

„Nirgends eine Spur von Hörnern unter seinem schwarzen Haar“, brach ihre innere Stimme schmunzelnd seinen Bann – „Aber die Zähne könnte man sehen, wenn der Direktor lächeln würde“ – und sie ließ sich neben ihm auf die Rückbank des Wagens gleiten, während Matsushita hinter ihr die Tür schloss. Als der Wagen sich in Bewegung setzte und in den dichten Verkehr der tokyoter Innenstadt einfädelte, hatte sich ihr stiller Blickkontakt noch nicht gelöst. Nur ein Knistern, als sie den Stoff ihres Rocks glatt strich.

Kouheis Hand wanderte nach oben und seine schmalen Finger berührten ihre Wange. Kaya erzitterte kurz. Er grinste.

„Ich habe Sie warten lassen, Satozuki“, stellte er ohne Anklang einer Entschuldigung fest.

„Das ist kein Problem, Direktor“, entgegnete Kaya ruhig und versuchte zu lächeln. „Ich weiß, dass Sie viel zu tun haben.“

„Schließlich führe ich Ihren Terminkalender“, fügte sie innerlich an. Seine Finger wanderten wie fallende Seide ihren Hals hinab.

„Das ist nicht wahr, Satozuki.“ Als sein Grinsen breiter wurde, konnte sie das Weiß der Zähne im Halbdunkel des Wagens erkennen. „Sie haben sich darüber aufgeregt. Ich kann Stress riechen.“

„Ganz der Gentleman hinter einer Frau herzuschnüffeln und auch noch darüber zu sprechen“, dachte Kaya und hoffte nicht von seiner Berührung mittlerweile zu erröten. „Verdammte Vampirsinne.“

„Ich wäre weniger gestresst, wenn Sie Ihre Hände wegnehmen würden.“ Sie lächelte blendend und versteinert weiter. Sekretärinnen-Stil. Wenn es ihn getroffen hatte, ließ Kouhei es sich nicht anmerken, denn er lehnte sich näher.

„Möchten Sie wissen, weshalb mein letzter Termin länger gedauert hat, Satozuki?“ Er betonte das Wort Termin wie etwas Verbotenes. Definitiv auch eines dieser Vampirtalente: Es klang anzüglich, aber niemals schmutzig.

Gedanklich blätterte sie durch seinen Terminkalender und erinnerte sich, was sein letzter Termin gewesen war.

„Wenn Ihre ‚Mahlzeit’ mit Sara-san etwas Geschäftliches enthielt, worüber Sie mich in Kenntnis setzen wollen, Direktor.“ Tonfall und Blick waren voll und ganz seine Sekretärin, doch die Ironie war selbst ohne übernatürliche Sinne unverkennbar. Kouhei ließ sich nicht beirren.

„Sara bestand darauf mich auf die Feier zu begleiten und wollte nicht gehen, bis ich zustimme.“ Er sah Kaya forschend in die Augen, als würde er darin etwas suchen. „Deshalb musste ich sicherstellen, dass sie heute Abend nirgendwo mehr hingeht. Danach mussten wir sie selbstverständlich nach Hause fahren.“

„Selbstverständlich“, wiederholte sie mit schwerer Zunge. Kaya machte sich keine Illusionen mehr darüber, dass sie vermutlich gerade so rot war wie das Innere einer Wassermelone. Kouheis Hand wanderte in ihrem Nacken und sie spürte, wie er nach dem Band in ihren Haaren tastete, um es zu lösen.

„Heute nicht“, dachte sie trotzig und ergriff zügelnd seine Hand. Der Direktor war stets ihr gegenüber sehr offen im Bezug auf seine Verhältnisse zu Frauen, doch nicht derart direkt.

Kouheis Miene verzog sich, als habe er auf etwas Bitteres gebissen. Er nahm die Hand weg und fiel seufzend zurück in seinen Sitz.

„Es ist hoffnungslos, Satozuki. Sie sehen aus wie ein schmollendes Kind. Ich hätte eine attraktive Frau mitnehmen sollen.“

„Leider haben Sie sich für Ihre Sekretärin entschieden, Direktor“, antwortete Satozuki gefasst. Etwas in ihr lachte über den kleinen Sieg, während es woanders stach.

Hätte sie sich damals, als sie tatsächlich noch ein Kind war, den Mann, zu dem sie sich einmal hingezogen fühlen würde, so vorgestellt?

Der Wagen kam wenige Minuten später zum Stehen und Kaya konnte hören, wie Matsushita herumging, um ihnen die Tür zu öffnen.
 

Vorsichtig setzte Kaya einen Fuß auf die nächste Treppenstufe, doch es erschien schwieriger als zu Beginn des Abends. Beim Hinaufsteigen zum Eingang des Hotels, in dem die Feier ihren letzten Zügen entgegenstrebte, wirkten die Stufen groß und breit; jetzt dagegen war wie tastender Blindflug in ihren hochhackigen Schuhen.

Wie viele Stunden war es her, seit der Direktor und sie auf der Feier angekommen waren?

Sie wollte gerade innehalten, um auf die Uhr zu blicken, als sich von Hinten ein Arm unter ihre Schultern schob, um sie zu stützen. Sie sah zum Mann hinauf, der sich zu seinem Arm neben sie gesellte, und erkannte den Direktor.

„Er bietet nicht einmal seine Hilfe an“, ging ihr durch den Kopf, doch es hatte eine andere Bedeutung als gewöhnlich. „Was soll ich mit dieser Besitz ergreifenden Selbstverständlichkeit anfangen?“

Kouhei half ihr die Treppe herunter zu gehen, wo sie schweigend stehen blieben, während er seinen Arm um ihre Taille gelegt hatte.

„Ich glaube, ich habe ein bisschen zuviel getrunken“, antwortete Kaya wie auf eine Frage, die er nicht gestellt hatte. Auf der Videowand eines nahen Gebäudes leuchtete als große Balken die Uhrzeit auf: bereits halb Zwei. Die digitalen Balken zerfielen in Linien und formten schon bald das Gesicht irgendeines Popsternchens in ASCII-Zeichen, welche sich bald mit Leben füllten.

„Sie hätten einfach ablehnen können.“ Kouhei ragte wie ein solider Schatten neben ihr auf und bekäme erst ein Gesicht, wenn sie sich den Kopf verrenken würde, um zu ihm aufzublicken.

„Außerdem wäre es mir unangenehm, so nah bei ihm“, dachte sie und wischte die Eingebung beiseite sich an ihn zu lehnen. Vielleicht hatte sie wirklich ein wenig zuviel getrunken.

„Das wäre unhöflich gegenüber Ihren Geschäftspartnern gewesen, Direktor.“

„Es ist wirklich unmöglich die Sekretärin aus Ihnen herauszubekommen, Satozuki.“ Seine andere Hand wanderte an ihrem Blickfeld vorbei zu seinem Gesicht hinauf und er begrub ein amüsiertes Lachen darunter.

„… aber ich weiß, dass ich es kann“, hörte Kaya in ihrem Kopf den Direktor seinem Satz hinzufügen. Selbst in ihren Gedanken war er nun schon ein verdammt narzisstischer Egomane.

Doch statt weiter zu sprechen, macht er nur einen Schritt an ihr vorbei und zog sie zwangsläufig mit sich. Fast stolperte sie, doch sein Arm hielt sie.

„Kommen Sie, wir gehen ein Stück. Matsushita braucht noch eine Weile, bis er hier ist und die Bewegung wird Ihnen gut tun.“

Kaya wusste nicht, was sie sagen sollte, also nickte sie nur und ließ sich weiter voranziehen. Die Straße, der sie folgten, lag für die Metropole verhältnismäßig ruhig da und selbst die hell erleuchtete Nacht mit den endlosen Lichtbogen aus Reklame und Verkehr schien um sie stiller zu werden, je länger sie liefen. Obwohl die Straße nach einer Weile eine leichte Steigung nahm, fühlte sie sich von der Nachtluft schon bald wieder klarer und sicherer auf den Beinen.

„Ich möchte gerne selbst laufen“, sagte sie zum Direktor hinauf und fing dabei seinen Blick ein. Er schien zu lächeln, auch wenn der Mund dabei nicht mitspielte.

„Es wird noch weiter bergauf gehen“, stellte er fest, doch löste dabei seinen Arm von ihr.

„Wir können langsam gehen und ich sage Ihnen, wenn ich nicht mehr kann.“ Er nickte nur und verkürzte seine Schritte, um mit ihr auf einer Höhe zu gehen.

Sein Gesicht in diesem Moment, als sie hinaufsah, war nicht zu deuten. Wir. Verhielt sie sich gerade zu intim gegenüber ihrem Vorgesetzten?

„Verletze ich meine Professionalität?“, ging Kaya durch den Kopf, doch dann merkte sie, dass es ihr gerade egal war. Sie ließ es einfach passieren und es war leichter neben dem Direktor hinaufzusteigen, als sich ihm hinzugeben.

„Auch wenn das schwebende Gefühl dasselbe ist“, gestand sie sich innerlich ein und spürte die Röte in ihre Wangen steigen. Dann spürte sie die Schmerzen in ihren Schuhen die Steigung hinaufzugehen. „Soviel zum Schweben.“

Die Straße wurde schmaler und als schließlich auch die Lichter und die anderen Menschen in einige Ferne rückten, musste Kaya endgültig stehen bleiben. Ihre Füße schmerzten, doch der Weg war noch weit. Einen Augenblick später drehte sich Kouhei zu ihr um, doch er schien die Antwort schon zu kennen und musste sie nicht fragend ansehen.

„Ist es Ihnen unangenehm, wenn ich meine Schuhe ausziehe?“

„Sie müssen mich nicht fragen, um Ihre Schuhe auszuziehen, Satozuki.“ Er schüttelte den Kopf. „Ich könnte Sie auch einfach tragen.“

„Normalerweise würde er mich einfach ungefragt hochnehmen“, dachte Kaya. „Ist das gerade ein besonderer Moment?“

Sie sah ihn einen langen Moment an, um in seinen Augen, seiner Haltung, irgendein Zeichen zu suchen. Er grinste und erneut schüttelte er leicht den Kopf. Sie hatte nicht einmal an ihre Schuhe denken können, als er schon auf sie zugekommen war und erneut einen Arm unter ihre Schultern schlang, den anderen jedoch unter die Knie. Ehe sie sich versah, trug er sie auf seinen Armen den Hügel hinauf. Überrascht blinzelte sie sich der neuen Umstände entgegen.

„Ich habe doch gesagt, ich will selbst laufen“, argwöhnte sie kleinlaut.

„Und dann standen sie schweigend und wartend da wie zu Stein erstarrt“, gab Kouhei darauf zurück, während sie sich unter seinen steten Schritten die Straße entlang den Hügel hinauf bewegten.

„Ich …“, setzte Kaya an, doch verstummte dabei Worte zu finden. Was sollte sie sagen? Ich dachte gerade darüber nach, ob das hier etwas zu bedeuten hat? Was war überhaupt das hier?

„Schließlich will ich nicht, dass meine wertvolle Sekretärin kaputtgeht.“

Sie konnte nur sachte den Kopf schütteln. Wenigstens hatte er nicht ‚Eigentum’ oder ‚Besitz’ gesagt.

Den Kopf gegen seine Schulter gelehnt, gelangte der Höhepunkt der Steigung sachte mit seinen Schritten wippend in ihr Blickfeld und machte dort einen langen, glatten Bogen, hinter dem sich die Lichter von Tokyo bis in weite Ferne ergossen.

Tokyo brandete wie ein von Edelsteinen illuminiertes Meer, das nie etwas von der Ebbe gehört hatte, den dunklen Grenzen der Nacht entgegen; hier, von dem Plateau eines flachen Hügels aus gab es keine Stadtgrenze, sondern nur den Übergang zwischen Licht und Himmel. Kein Horizont. Die Hochhäuser reckten sich wie brennende Finger hinauf. Skyline – die Himmelslinie wurde zu einem merkwürdigen Ersatz für den Horizont und beiden war nur gemein, dass sie nicht existierten; vor allem nicht hier.

Kaya schwebte für zeitlose Sekundenbruchteile in Kouheis Armen und auf der brennenden Linie zwischen Himmel und Erde. Sie erinnerte sich, früher hatte sie als junges Mädchen den Blick auf Tokyo gehasst, wo es nichts als unbarmherzige Stadt, Stadt und Stadt gab, und ebenso war es ihr mit dem Direktor ergangen. Wann hatte sich das schmerzliche Gefühl verwandelt und der Hass auf beides war zum Sturm im Wasserglas geworden?

„Oder habe ich nur aufgegeben und mache gute Miene zum bösen Spiel?“, fragte sich die Stimme in ihrem Inneren.

Sie schloss die Augen und lag nur noch in der Stille seiner Arme und dem Wellengang seiner Schritte. Irgendwo im Hintergrund rauschte Tokyo. Hinter ihren Augen sah Kaya Dinge wie sie nach Außen nicht leicht erkennbar waren. Der Direktor sagte zwar stets, sie gehöre ihm und er würde sich an ihr bedienen, wie es ihm beliebe, jedoch war es ihre Entscheidung, die es zuließ. Es war für ihn ein Verhältnis, das mit ihrer Arbeit einherging, und er spielte es auf genau das herunter, doch es war ihre Macht – die ihres Blut – derer er sich nicht entziehen konnte und nicht umgekehrt. Würde er toben und sich ihrer bemächtigen, konnte sie vermutlich nichts dagegen tun, – ein Vampir war soviel mehr als ein Mensch – doch so würde er sie niemals besitzen. Es war ihre Entscheidung von ihm besessen zu sein.

„Schlafen Sie, Satozuki?“, riss die Stimme des Direktors sie aus ihren Gedanken. Sie schlug die Augen auf und sah, dass sie auf einer kleinen Aussichtsplattform, die am Rande der Straße über den Hang hinaus gebaut war, standen.

„Nein.“ Sie schüttelte den Kopf und ihr fiel nichts Besseres zu sagen ein.

Behände ließ er sie auf eigenen Beinen stehen und nach einigen schwankenden Sekunden ging es wieder problemlos.

„Meine Beine sind etwas taub“, erklärte Kaya ungefragt und machte vorsichtig Schritte nach Vorne, um sich am Geländer des kleinen Plateaus abzustützen. Einen Moment später spürte sie seine Nähe in ihrem Rücken. Er legte seine Hände auf ihre Schultern und sie wusste, wohin sie wandernd ihren Nacken hinauf unterwegs waren.

„Denken Sie nicht einmal dran mir die Haare zu öffnen“, sagte sie ohne jede Drohung dem Lichtermeer Tokyo unter sich entgegen, ohne sich umzudrehen. Seine Finger blieben an Ort und Stelle.

„Sie sind heute Abend sehr beharrlich, Satozuki“, stellte Kouhei amüsiert fest.

„Ich kann auch meine Brille heraussuchen, wenn das für Sie eindeutiger ist, Direktor.“ Sie musste lächeln, als er hinter ihr lachend aufstöhnte. Wie sehr würde er wohl später ihre Dreistigkeit vergelten?

„Es reicht, dass sie wissen, was unter der Oberfläche steckt, und mich ernst nehmen, Direktor“, dachte Kaya. „Sie müssen es nicht immer für sich zur Schau stellen, wenn sie es wollen.“

Einen kurzen Moment konnte sie spüren wie seine Hände an ihrem Hals zitterten.

„Sie sind hungrig.“ Es war eine Festellung, keine Frage. Fast instinktiv gingen ihre Hände hinauf, um die oberen Knöpfe ihrer Bluse zu öffnen.

„Es ist in Ordnung.“ Er umschloss ihre Hände mit den seinen.

„Sie …“ Kaya schluckte. Die Wärme kitzelte sie selbst im kühlen Nachtwind von den Zehen bis in die Wangen. „Sie brauchen sich nicht zurück zu halten.“

„Das hatte ich niemals vor.“ Sein Griff um ihre Finger wurde fester. „Ich kann es nur nicht ausstehen.“

„Eh?“

„Den Alkohol in Ihrem Blut. Er verdirbt Ihren Geschmack. Sie wären scheußlich und bitter.“

„Sie“ – taktloser selbstsüchtiger kaltherziger Idiot! – „sind unmöglich.“

Sie drehte sich nicht um, sondern entzog ihm nur ihre Hände und verschränkte sie vor dem Körper.

In ihrem Rücken spürte sie ein leichtes Zittern, doch ehe sie etwas vermuten konnte, kramte Kouhei schon in der Tasche seines Jacketts und zog sein Handy hervor.

„Ja? Wir stehen wenige hundert Meter den Hügel hinauf. Folgen sie einfach der Straße.“

Klickend klappte das Mobiltelefon zusammen wie das Zerplatzen der Seifenblase, in der sie sich gemeinsam befunden hatten.

„Wir hatten doch eine Seifenblase“, murmelte Kayas innere Stimme kindlich in sie hinein. „Oder?“

„Matsushita wird gleich hier sein.“ Kouhei löste sich von ihr und wandte sich zur Straße hin. Kaya atmete tief durch und folgte ihm nach wenigen Schritten.

Als er kurz vor der Straße abrupt stehen blieb, lief sie fast in ihn hinein. Sie sah zu ihm hinauf und glaubte so etwas wie Nachdenklichkeit im Blick des Direktors zu sehen, bevor er den Kopf weg von ihr und den Hügel hinab drehte.

„Haben Sie schon mal darüber nachgedacht wie es wäre, Satozuki?“, fragte er in einem unbestimmbaren Tonfall.

„Was meinen Sie, Direktor?“

„Ein Vampir und ständig hungrig zu sein.“ Die Antwort kam ohne Bedenkzeit, als wäre er den Ablauf schon vor seinem inneren Auge durchgegangen.

„Nein“, kam Kayas Antwort überrascht und ehrlich. Sie brauchte keine Bedenkzeit, auch wenn sie es nicht hatte kommen sehen.

Das Scheinwerferlicht des Wagens ließ Kouheis grinsend gebleckte Zähne heller erscheinen, als das Fahrzeug über die Sichtgrenze den Hügel hinaufrollte.

„Worüber lachen Sie?“, platzte sie verwirrt heraus.

„Nichts. Vergessen Sie es.“

Dieses Mal stieg Matsushita nicht aus, weil Kouhei Touma bereits herangetreten war, um seiner Sekretärin – die in diesem Moment, wie sooft, die Gedanken über ihren Vorgesetzten für sich behielt – die Tür aufzuhalten und in das Dunkel des Wagens zu steigen, nachdem er ihr hinein geholfen hatte.
 

Abschließendes und Kommentierendes (in längerer Ausführlichkeit aka redseligem Gefasel und eigentlich vollkommen ignorierbar):
 

Die Geschichte hat mir, muss ich gestehen, außer den technischen Fallstricken diverse kreative Probleme bereitet. Allein, dass mir Fanfictions schon immer Kopfzerbrechen bereitet haben, werde ich vermutlich so bald keine Shojou-Serien mit adoleszenten Inhalten mehr in Angriff nehmen, und erst recht keine aus der vampiristisch-erotischen Sparte. Ich schwanke dabei irgendwo zwischen Belustigung, weil mir der intimere romantische Stil nicht liegt und ich mir bei jedem Satz leicht dämlich vorkomme, und - speziell bei Midnight Secretary - dem Bedürfnis mir die Beine zu rasieren und ein dominant-submissives Machtspiel mit meinem Arbeitgeber anzufangen ... was selbiger vermutlich gar nicht mal so lustig fände - und dass nicht nur, weil mir keine kurzen Röcke stehen.
 

Okay, Spaß (und Ernst gleich mit) beiseite. Als ich Midnight Secretary damals vor ein paar Monate auf der Wunschliste las und es zufälligerweise (bittefragtnichtwieichaufsowaskomme) gerade zu größeren Teilen gelesen hatte, war mir klar, dass ich das jetzt wagen würde und sehen, ob ich in diesem sehr speziellen Genre, zu dem ich ein sehr zwiespältiges Verhältnis habe, schreiben kann.

Weiterhin nahm ich 'When you were young', weil mein (nicht vorhandenes) Verständnis von Songfictions eine starke Bindung zwischen Inhalt des Songtexts und der Psychologie der Serie erfordert. Eine Analyse des Liedes in der Sprache der Serie. Was mir sehr gegeben schien und es immer noch tut, auch wenn ich an manchen Stellen etwas mogeln musste. Ich warte davon ab immer noch auf den Tag, an dem ich das Lied nicht mehr hören kann (und ich kann es mittlerweile äußerst auswendig.)
 

Ich habe versucht den Eindruck der Serie und meines Erachtens nach recht stereotypen Ablauf zwischen Satozuki und Touma, der schon fast etwas von einem Ritual hat, zu imitieren und gleichzeitig das Schema aufzubrechen, ohne dass es für die Serienlogik unrealistisch wird. Ich bin nicht sicher inwieweit es mir gelungen ist.

Im Erzählstil habe ich mich wohl ein bisschen an der Sprache der Anita-Blake-Reihe orientiert, weil es das einzige geschriebene Wort ist, was ich gelesen habe und sich mit dem Thema / der Konstellation von Midnight Secretary vergleichen lässt. Vielleicht war es unpassend, aber es hat mir bei einer gewissen sprachlichen Routine geholfen.

Ich denke der etwas metaphorische und psychologisierende Anklang, den ich aus meinem Schreibstil nie so recht rauskriegen kann, selbst wenn ich es versuche, veträgt sich nicht ganz einwandfrei mit dem Ton der Serie, aber ich hoffe es ist nicht allzu widersinnig.
 

Auch wenn ich nicht so recht sagen kann, dass ich zufrieden bin, hat es doch auf jeden Fall Spaß gemacht die Geschichte zu schreiben und ich hoffe hauptsächlich, dass Hybie, die so lange warten musste, daran ein wenig Gefallen findet.
 

Zuletzt: Die Verse 'We're burning down the highway skyline / on the back of a hurricane that started turning / when you were young' haben mir, kann ich besten Gewissens sagen, mit Abstand am meisten Probleme bereitet, weil die Synergie ihrer Bilder unheimlich gewaltig und luzid sind. Meine sprachliche Aufschlüsselung kommt mir etwas schal vor.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2009-07-04T11:18:30+00:00 04.07.2009 13:18
Also erstmal: Danke dass du eingesprungen bist. ^^
Nun zum Kapitel. Ich finde es ist dir erstaunlich gut gelungen, Kayas ständige Selbstgespräche miteinzubeziehen. Vor allem auch jene, die doch teilweise in erheblichem Widerspruch zu ihrem äußeren Gebaren stehen.
Auch den Songtext hast du sehr gut über die Bilder einfließen lassen, hätte nicht gedacht, dass das so möglich ist. :)
Insgesamt stimmt die Atmosphäre ziemlich mit der der Serie überein - obwohl ich zu bezweifeln wage, ob er sie zu dem Zeitpunkt auf den Arm genommen hätte... Aber es ist durchaus nicht unmöglich.
Sehr gut gefallen hat mir auch seine letzte Bemerkung - da kann man so wunderbar viel reininterpretieren. ^^
Alles in allem also: Vielen Dank für die Fanfic, sie hat mir gut gefallen. ^^


Zurück