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I want to be your friend...

or your lover?
von

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Der Neue

(Shou´s POV)
 

Freitagmorgen, sechs Uhr dreißig. Ich stöhnte genervt auf, als mein Wecker mich unsanft aus dem Schlaf riss. Wie gerne hätte ich noch weitergeschlafen… Doch gerade als ich mich wieder in die weichen Kissen sinken gelassen hatte und die Augen noch einmal genüsslich geschlossen hatte, wurde meine Zimmertür ruckartig geöffnet und meine Mutter steckte ihren Kopf in mein Zimmer. “Kazamasa~, Schatz! Aufstehen!”, flötete sie, ich seufzte. “Mutter, muss das sein? Kann ich nicht heute zu Hause bleiben?”, murrte ich daraufhin unwillig. Sofort war meine Mutter neben mein Bett getreten und riss mir die Decke weg. “Kazamasa! Du stehst jetzt sofort auf!”, fauchte sie, ich gehorchte, jedoch nicht ohne sie mit einem giftigen Blick zu bedenken. Ich stürmte ins Bad und schnappte mir im Vorbeigehen meine Schuluniform und neue Unterwäsche. Nachdem ich mich geduscht hatte und meine Haare geföhnt hatte, war mein Zorn schon zum Teil verraucht, ich fühlte mich etwas besser. Schließlich hatte ich meine Morgentoilette beendet und ging in die Küche, um kurz noch einen Kaffee zu trinken, bevor ich zur Schule musste. Mein Vater saß am Küchentisch und las Zeitung, er bemerkte mich also gar nicht, als ich ihm einen guten Morgen wünschte und mir Kaffee einschenkte. Ich stand leicht verloren, mit der Kaffeetasse in der Hand, neben dem Küchentisch und starrte Löcher in die Luft, während ich die Tasse mit hastigen Schlucken leerte. “Bis heute Abend, Vater.”, verabschiedete ich mich, als ich die leere Tasse in die Spülmaschine gestellt hatte und aus der Küche ging.
 

Meine Mutter trug meine Schultasche hinter mir her, während ich zur Haustür lief und gab mir einen feuchten Abschiedskuss auf die Wange, bevor ich mich umdrehte und das Haus verließ. “Bis heute Abend, Schatz! Viel Spaß in der Schule!”, säuselte sie, ich setzte ein gekünsteltes Lächeln auf und erwiderte mit piepsiger Kinderstimme: “Klar, Mama! Den werde ich sicher haben!” Sofort ging die Haustür mit einem lauten Krach zu, meine Mundwinkel sanken langsam aber sicher in den Keller. Am liebsten hätte ich geweint, doch ich blinzelte die Tränen in meinen Augen weg und zwang mich dazu, zu lächeln. Was war mein Leben eigentlich wert? Ich war immer nur Kazamasa, der brave Junge, auf den man immer stolz sein konnte, der immer gute Noten nach Hause brachte, der bei allen Lehrern beliebt war… der aber kein Privatleben, keine Hobbies und auch keine Freunde hatte. Wie gerne hätte ich manchmal einen Freund gehabt, dem ich alles erzählen konnte, mit dem ich über blöde Lehrer lästern konnte, mit dem ich am Wochenende Spaß haben konnte und dem ich mit seinen Problemen helfen konnte. Versunken in diesen düsteren Gedanken lief ich zur Schule und war dementsprechend erschrocken, als mich auf dem Schulhof plötzlich jemand an der Schulter antippte. Ich fuhr herum und sah meinem lächelnden Klassenlehrer ins Gesicht. “Ah, Kohara-kun! Gut, dass ich dich treffe, denn ich hätte da eine Aufgabe für dich. Heute kommt ein neuer Schüler in deine Klasse und ich würde mich freuen, wenn du dich um ihn kümmerst und ihn in den Schulalltag hier einführst.”, erklärte er, ich nickte pflichtbewusst. “In Ordnung, ich kümmere mich darum.”, antwortete ich und setzte den Weg ins Klassenzimmer fort.
 

Vor unserer Klassenzimmertür angekommen, zögerte ich einen Moment. Daraufhin zog ich die Tür auf, lächelte und warf ein fröhliches: “Guten Morgen!” in die Runde der Schüler, die in kleinen Grüppchen um einige Tische versammelt waren und angeregt miteinander sprachen. Doch wie schon so oft hob nicht ein einziger von ihnen den Kopf, also setzte ich mich leicht niedergeschlagen auf meinen Platz am Tisch genau vor dem Lehrerpult. Der Platz neben mir war seit Beginn des Schuljahres frei und es war auch sehr unwahrscheinlich, dass sich das bis Ende des Schuljahres noch ändern würde. Andererseits… vielleicht würde der Neue dort sitzen? Schließlich waren alle Schüler im Klassenzimmer versammelt, es läutete zum Unterricht. Nach wenigen Minuten ging die Tür auf, unser Lehrer kam in Begleitung eines blondhaarigen Jungen herein, der sich interessiert umsah. Das war also der Neue? Ich hatte ihn mir zwar anders vorgestellt, aber sein Aussehen störte mich nicht, nein, ganz im Gegenteil. “Guten Morgen allerseits. Ich habe heute jemand dabei, der ab jetzt in eurer Klasse sein wird. Bitte, stell dich vor.”, begann unser Lehrer, der blonde Junge trat selbstbewusst ans Lehrerpult und stützte sich mit einer Hand darauf ab. “Hallo, ich bin Sakamoto Takashi. Ihr könnt mich aber auch gerne Saga nennen, wenn ihr wollt. Ich freue mich, euch alle kennen zu lernen.”, sagte er dann laut und deutlich und verbeugte sich einmal. “Wer von euch ist Kohara Kazamasa? Ich soll ihn ab jetzt mit meiner Gesellschaft beglücken.”, fuhr Sakamoto fort, mein Gesicht wurde auf einmal heiß, ich spürte, wie meine Wangen eine mehr als gesunde Farbe annahmen.
 

Mit einer schnellen Bewegung stand ich auf und sah dem Neuen fest in die Augen, dann hob ich die Hand. “Ich… bin Kohara Kazamasa. Freut mich, dich kennen zu lernen.”, antwortete ich dann leicht stockend. Sakamoto ging auf mich zu, umarmte mich kurz und ließ sich dann neben mich auf den leeren Stuhl fallen. Einige Sekunden stand ich noch wie vom Donner gerührt und mit hochrotem Kopf hinter meinem Tisch, doch als der Lehrer leicht mit dem Kopf nickte, setzte ich mich auch hin. So hatte ich mir den Neuen erst recht nicht vorgestellt… nein, auf keinen Fall. Alles, nur nicht so. “Schlagt bitte eure Bücher auf der Seite 68 auf. Sakamoto, lies bitte den ersten Absatz.”, kommandierte der Lehrer, ich schob schnell mein Buch zu dem Blonden herüber und zeigte mit dem Finger auf den gewünschten Absatz. Sakamoto begann zu lesen, ich beugte mich etwas vor, um in mein Buch zu sehen, das aufgeschlagen vor dem Blonden lag. Ich war so fixiert auf den Text, dass ich es gar nicht mitbekam, dass Sakamoto schon längst aufgehört hatte zu lesen. Erst eine Frage des Lehrers ließ mich schuldbewusst aus meiner Träumerei hochschrecken, ich beantwortete sie leicht verwirrt und war froh, als der Pausengong die Stunde schließlich beendete. Der Rest des Tages verlief relativ normal und so kam es, dass ich in der Mittagspause aufs Dach der Schule ging, um mein Bentou zu essen. Ich setzte mich an den Rand des Daches und blickte auf den Schulhof herunter, wo einige Schüler auf Bänken unter den im Hof gepflanzten Bäumen saßen und aßen. “Na, da ist ja unser kleiner Träumer. Ich hab dich schon gesucht!”, riss mich plötzlich eine bekannte Stimme aus meinen Gedanken, ich fuhr hoch.
 

“Sakamoto?! Was machst du hier?”, fragte ich leicht verärgert, entschuldigte mich aber sofort wieder und meinte dann: “Möchtest du dich vielleicht neben mich setzen, dann können wir zusammen essen.” Der Blonde grinste: “Da brauchst du gar nicht erst fragen.” Und schon hatte er sich neben mir fallen gelassen und packte genüsslich seine Bentou -Box aus. Ich hingegen starrte mit hochrotem Kopf mein Bentou an und stocherte lustlos darin herum. Schließlich nahm ich mir ein Onigiri aus der Box, steckte es in den Mund, und begann zu kauen. Insgeheim war ich heilfroh darüber, dass ich jetzt keine Unterhaltung mit Sakamoto führen musste, denn im Moment war mir überhaupt nicht danach. “Weißt du was, Kohara? Ich nenne dich ab jetzt einfach Shou- Kazamasa klingt so blöd und altbacken.”, sinnierte der Blonde ebenfalls mit vollem Mund, ich spuckte vor Empörung fast mein Onigiri aus. “WAS?!”, schrie ich, er lachte nur. “Das heißt ja nicht, dass du blöd und altbacken bist. Was haben sich deine Eltern eigentlich gedacht, als sie dir den Namen gegeben haben?”, wollte der Blonde dann wissen, ich zuckte die Schultern. “Keine Ahnung… gar nichts vielleicht?”, murmelte ich und stopfte mir selbst mit einem weiteren Onigiri das Maul. “Hast du heute Abend schon was vor?”, fragte Sakamoto weiter, ich schüttelte den Kopf. “Na perfekt, dann machen wir heute was zusammen. Wie wär´ s mit Karaoke?” Ich verschluckte mich vor Schreck an meinem Onigiri und hustete mehrmals lautstark, sodass Sakamoto mir voller Besorgnis auf den Rücken klopfte. “Alles okay?”, fragte er dann behutsam, ich nickte. “Na ja… Danke vielmals für die Einladung, aber ich glaube nicht, dass ich sie annehmen kann. Nicht, dass es mir keinen Spaß machen würde, aber…”, begann ich, der Blonde sah mich verwundert an.
 

“Hm? Was ist, Shou?”, wollte er dann wissen, ich senkte den Kopf. “Ich… ich glaube, meine Eltern erlauben mir das nicht.”, nuschelte ich beschämt, Sakamoto grinste. “Ach, komm´ schon. Sag denen doch einfach, du schläfst bei einem Freund, dann geht das klar.”, schlug er vor, mein Kopf sank inzwischen immer weiter auf meine Brust. Schließlich wisperte ich fast tonlos: “Weißt du, ich habe keine Freunde…” Mit einem Schlag war auch das Grinsen von Sakamotos Gesicht gewichen, er sah leicht erschrocken aus. “Oh… das ist schade.”, murmelte er sichtlich ratlos. Sofort lenkte ich ein: “Mach dir keine Sorgen um mich! Geh bitte zu den Anderen, die sind viel besser als ich! Glaub mir, da findest du viel bessere Freunde… ich meine, wer will schon mit so einem Außenseiter und Streber wie mir zu tun haben? Du doch ganz bestimmt nicht- ich meine, schau dich doch einmal an: Du bist hübsch, beliebt und wirst bestimmt ganz schnell zum Liebling der ganzen Schule! Mich braucht doch keiner…” Ich stand auf, packte meine Bentou -Box und leerte den restlichen Inhalt in den Mülleimer, dann wollte ich das Dach verlassen, doch Sakamoto kam mir zuvor und hielt mich fest. “Bist du bescheuert, oder was? Es gibt bestimmt auch jemanden, der dich braucht!”, rief er aus, ich schloss die Augen und senkte den Kopf. “Bitte, lass mich gehen. Ich möchte alleine sein.”, sagte ich dann leise und versuchte, mich aus dem Griff des Blonden zu befreien. “Okay, wie du möchtest. Ich wäre gerne dein Freund geworden, aber wenn du das nicht willst…”, meinte dieser und ließ meinen Arm los.
 

Als die eben gehörte Botschaft zu meinem Gehirn durchsickerte, drehte ich mich auf halbem Wege um und rannte wie ein Verrückter auf Sakamoto zu, der mich unverwandt anblickte. “Entschuldige meine Dummheit! Das wollte ich wirklich nicht… ich wollte dich echt nicht verletzen! Ich… ich bin manchmal einfach dumm! Willst du vielleicht trotzdem mein Freund werden?”, fragte ich leicht außer Atem und streckte ihm meine Hand hin. Langsam erstrahlte ein wunderschönes Lächeln auf dem Gesicht des Blonden, er schlug ein. “Klar, Shou. Ich will immer noch dein Freund werden, auch wenn du vielleicht etwas schwer von Begriff bist. Karaoke heute Abend?” Ich lachte. “Nichts lieber als das. Ich krieg meine Eltern schon rum.”, versicherte ich dann zuversichtlich. Wir verbrachten den Rest der Pause auf dem Schuldach und als es zum Nachmittagsunterricht läutete, begaben wir uns wieder ins Klassenzimmer. Die Stunden bis zum erlösenden Gong, der das Ende des Schultages einläutete, vergingen viel zu lange und ich ertappte mich oft dabei, dass ich träumerisch aus dem Fenster blickte, wo mir das schönste Sommerwetter überhaupt entgegenstrahlte. Einmal sogar holte Sakamoto mich unsanft in die Realität zurück, indem er mir einen Blätterstapel über den Kopf briet und mich dazu veranlasste, wie ein erschrockenes Meerschweinchen zu quietschen, sehr zum Amüsement meiner Mitschüler. Zum Glück nahm unser Kunstlehrer mir das nicht allzu übel, er bedachte mich lediglich mit einem strafenden Blick und schüttelte einige Male den Kopf, bevor er mit dem Unterricht fortfuhr. Als schließlich um 15 Uhr zum letzten Mal an diesem Tag der Gong erklang, leerte sich das Klassenzimmer innerhalb von wenigen Sekunden, sodass nur noch Sakamoto und ich leicht verwundert nebeneinander standen und unsere Taschen packten.
 

“Das Verschwinden können die aber sehr gut.”, stellte er fest, während er die letzten Bücher in seine Tasche schmiss und lieblos den Reißverschluss zuzog. “Aber wirklich…”, grinste ich und schulterte meine Tasche. Ich wartete, bis der Blonde ebenfalls seine Tasche über seine Schulter geworfen hatte, dann gingen wir zusammen aus dem Klassenzimmer. Wir legten den Weg bis zum Haupteingang der Schule in vollkommenem Schweigen zurück, was mir aber keineswegs unangenehm war. Erst als wir vor dem Schulgebäude standen, begann Sakamoto zu sprechen: “Weißt du was? Ich hole dich heute Abend einfach ab, wenn wir zum Karaoke gehen. Ist es okay, wenn ich so gegen 19 Uhr komme?” Ich nickte. “Geht klar. Ich versuche, meine Eltern irgendwie rumzukriegen…”, erwiderte ich und winkte dem Blonden kurz, bevor wir getrennte Wege gingen.



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