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Aus dem Nähkästchen geplaudert

Wenn Andrew sich zu langen Erzählungen hinreißen lassen würde...
von

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Ich war vierzehn.
 

Meine Mutter war über das Wochenende verreist, arbeiten. Ich wusste weder, wohin sie gegangen war, noch hatte ich eine Ahnung, was sie tat. Aber das war eine der Angelegenheiten, über die nicht geredet wurde.
 

Einige meiner Klassenkameraden hatten eine Fete geplant. Ich erzählte keinem, dass ich sturmfrei hatte. Noch nie hatte ich irgendjemanden in die Wohnung eingeladen, in der ich mit meiner Mutter lebte. Wahrscheinlich wussten sie nicht einmal, wo ich wohnte, und das war auch besser so.
 

Auf jeden Fall wollte ich mit von der Partie sein. Sie fand bei einem Bekannten von mir statt, der mich letztlich auch ohne mein Zutun einlud. Der große Bruder des Gastgebers war volljährig und hatte reichlich Alkohol besorgt. Für mich würde es die erste Saufeskapade in meinem Leben sein und eine der letzten bleiben. Neuerdings vertrug sich Alkohol nur schlecht mit einigen meiner Medikamenten.
 

Samstagabend trafen wir uns in seinem Haus. Seine Eltern waren über das Wochenende ebenfalls verreist, ein Kurzurlaub ohne ihre beiden Söhne, und hatten die Verantwortung dem Älteren übertragen. Wahrscheinlich wären sie enttäuscht gewesen, wenn sie ja erfahren hätten, wie skrupellos ihre beiden Söhne die Gelegenheit ausgenutzt hatten.
 

Der große Bruder, dessen Namen ich inzwischen vergessen habe, hatte ebenfalls seinen Freundeskreis eingeladen. Wir waren eine Truppe von ungefähr zwanzig Leuten, fünf Kästen Bier und einem Dutzend Flaschen mit Hochprozentigem.
 

Die Party begann mit einem Warmup im Wohnzimmer. Die Altersunterschiede waren schnell vergessen, denn an den Trinkspielen beteiligte sich jeder mit demselben Eifer. Später verlegten wir die Feier in den Garten, um etwaigen Kollateralschäden des Mobiliars vorzubeugen. Der Garten bot auch mehr Platz und Biergartenganitur besaß einfach das richtige Flair. Ich weiß noch, dass wir später den Grill angeschmissen haben, aber zu dem Zeitpunkt muss ich schon blau gewesen sein.
 

Sehr schnell hatte ich nämlich herausgefunden, dass ich Alkohol nur in sehr geringen Mengen vertrug. Vielleicht fehlten mir ein paar entsprechende Enzyme – Tatsache war, nach einem Halben hatte ich beachtliche Gleichgewichtsprobleme. Über den Rest muss ich nicht viel berichten, dass ich nicht in den Garten gekotzt habe, war auch schon alles.
 

Anzumerken wäre noch, dass ich mit vierzehn nicht unbedingt meinem Alter entsprach. Ich war ziemlich früh ausgewachsen und überragte mit vierzehn Jahren die meisten meiner Kameraden. Erst später holten sie mich ein. Dazu kam, dass ich von meiner Mutter alles andere als verhätschelt wurde und zur Selbstständigkeit gleichermaßen erzogen wie gezwungen war. Sonst hätte ich die Wochenenden mit Fertiggerichten überleben müssen.
 

Alkohol setzt, wie allgemein bekannt, gewisse Hemmschwellen herab. Bei mir führte das offenbar dazu, dass ich sehr zutraulich wurde. Ohne Einfluss von Drogen wahrte ich eine gewisse Distanz zu meinen Mitmenschen. Unter Einfluss von Alkohol schien sich meine Einstellung ins Gegenteil zu verkehren und eine der Damen war offenbar angetan von mir. Das regelmäßige Training machte sich anscheinend bezahlt und ich war zu blau, um irgendetwas dagegen zu haben. Diese Frage stellte sich mir zu diesem Zeitpunkt eigentlich gar nicht.
 

Sie war achtzehn, brünett mit hübschen Locken und recht zierlich. An diesem Abend hätte sie auch blond gechlort, fett und ungepflegt sein können, mir wäre das einerlei gewesen. Wie ich in meinem Zustand überhaupt noch flirten konnte, war mir nicht ganz klar, aber wahrscheinlich interessierte sie es gar nicht, was ich von mir gab. Unsere Verständigung erfolgte mehr auf körperlicher Ebene und dahingehend war es ihr offenbar ebenso egal, dass ich vier Jahre jünger war, oder sie bemerkte es nicht.
 

An den Rest der Party kann ich mich nur dunkel erinnern, auf jeden Fall machte er mir Spaß und das Groß meiner Aufmerksamkeit wurde von der jungen Frau, Claire hieß sie, in Anspruch genommen. Als sich am frühen Morgen die ersten Schnapsleichen schlafend am Boden wiederfanden und sich die restliche Gesellschaft zerstreute, nahm sie mich mit zu sich. Sie wohnte in der Nähe, nur wenige hundert Meter Fußweg entfernt, und stützte mich auf dem Weg dorthin.
 

Schließlich schafften wir es auch bis zu ihr nach Hause, obwohl ich sehr stark schwanken musste und sowohl ein gutes Stück größer wie auch schwerer als sie war.

Auf ihrem Zimmer angekommen verfrachtete sie mich direkt auf ihr Bett und gab mir etwas zu essen. Davon wurde die Trunkenheit minimal besser, aber schlagartig nüchtern wurde ich erst, als sie nur in Reizwäsche bekleidet wiederkehrte.
 

Angestrengt versuchte ich zu verbergen, dass ich bisher noch keine Erfahrung gesammelt hatte. Aber ihr schien das ebenso gleichgültig zu sein wie all die anderen Dinge zuvor und nach dem ersten Adrenalinschock machte sich der Alkohol wieder bemerkbar. Ich begann weniger zu denken und mehr zu handeln. Meine Libido regte sich recht bald und recht leidenschaftlich, sodass ich nicht länger über das "Wie" nachdachte.
 

An sich war der Sex gut, keine Frage, wenn man nach Befriedigung lechzt. Allerdings schien irgendetwas verkehrt zu sein. Sie besaß weiche Haut und kleine, hübsche Brüste, aber ich fühlte mich davon eher weniger angezogen. Stattdessen erwachte in mir das Verlangen nach einem festeren Körper, nach Muskeln und einer glatten Brust, nicht einer weichen Polsterung. Ihre Taille erschien mir viel zu schmal, zu zerbrechlich, und wenn ich die Kraft in ihrem zierlichen Körper nicht so deutlich zu spüren bekommen hätte, wäre ich das Ganze viel vorsichtiger angegangen.
 

Als sie mich ritt, wünschte ich mir, an ihrer Stelle sein zu können. Aber das konnte ich ihr natürlich nicht sagen. Wie hätte das gewirkt?
 

Sehr viel mehr dachte ich in dieser Nacht trotz dieses seltsam verkehrten Gefühls dann auch nicht mehr. Ausschlaggebend war der nächste Morgen.
 

Zu dieser Zeit war ich einen Schlafrhythmus von etwa sieben Stunden gewöhnt, den mir meine Mutter freundlicherweise aufgezwungen hatte. Dank des Alkohols schlief ich durch bis halb zwölf Uhr und als ich erwachte, lag sie noch immer schlafend neben mir. Meine erste, intuitive Reaktion bestand darin, dass mir ein "Scheiße" entfuhr.
 

Das hatte nichts damit zu tun, dass mich meine Kopfschmerzen beinahe umbrachten, weder damit, dass ich mich betrunken oder mein erstes Mal gehabt hatte. Es hing schlicht damit zusammen, dass eine Frau neben mir lag.
 

Über meine Reaktion war ich im nächsten Moment ebenso überrascht wie entsetzt. Ziemlich schnell suchte ich meine Sachen zusammen, nahm mir allerdings noch ausgiebig Zeit für eine Dusche, um einen klaren Kopf zu bekommen. Dann verließ ich die Wohnung, ohne mich großartig von ihr zu verabschieden, unter den wissenden Blicken ihrer Eltern. Sicherlich waren wir zu laut gewesen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2009-09-29T18:33:46+00:00 29.09.2009 20:33
Ich hoffe, ich darf hier auch einen kleinen Kommentar hinterlassen, auch wenn ich weder Andrew kenne noch in den letzten Monaten (sehr bedauerlicherweise, wie ich sofort beim Lesen feststellte) Kontakt zu dir hatte, Yang :)
Wie immer gefällt mir dein Stil, dein Ausdruck. Wenn ich solche Texte lese... gute Frage, dann habe ich das Gefühl einige der wenigen besonderen zu lesen. Und korrekt ausformulierten.
Wie immer weiter so :)
Von: abgemeldet
2009-04-06T11:13:42+00:00 06.04.2009 13:13
Okay, ich kann jetzt nicht gerade von mir behaupten, ich würde Andrew so kennen, aber ich hab mich gut amüsiert, als ich das gelesen habe :D Vor allem hat mir der Satz gefallen, den du als Schnuppertext drin hast. "Als sie mich ritt, wünschte ich mir, an ihrer Stelle sein zu können. Aber das konnte ich ihr natürlich nicht sagen. Wie hätte das gewirkt?" Ich hab wahnsinnig gelacht, das kam wirklich sehr gut. Der Anfangssatz hat mir aber auch gut gefallen. "Ich war vierzehn." Das sagt wohl schon Vieles. Als erstes ist mir dabei "Jugendsünden" eingefallen.
Jedenfalls kann ich nicht so viel wie [[Nachtwandler]] dazu sagen, immerhin kennt sie den Charakter besser als ich. Ich kann nur noch einmal zum Ausdruck bringen, dass mir der OS sehr gefallen hat und ich mal wieder gemerkt habe, dass ich deinen Schreibstil einfach vergöttere *O*
Von:  Nachtwandler
2009-03-23T20:33:30+00:00 23.03.2009 21:33
Typisch Andrew.
... ist das vielleicht eine sachliche Beschreibung. Bei River hätte man sich vor wörtlicher Rede nicht retten können, aber das hier ist das genaue Gegenteil ... und dieser dermaßen nüchterne, trockene, beinahe rein ojektive Beschreibungsstil - gut, ich gebe zu, nach dieser Vorstellung von Andrew im Stadium der Angetrunkenheit/Trunkenheit und was danach passierte, schien es wirklich, als hätte er nach dieser Feier wirklich auf sämtlichen Alkohol verzichtet. Muss am Beruf liegen.
Interessant empfand ich die letzten Abschnitte, die eigentlich relativ knapp eine Selbsterkenntnis zum Ausdruck bringen, nach Teilen derer man in diesem Alter eigentlich mehr oder weniger händeringend noch sucht, wenn es auch hier "nur" die sexuelle Orientierung betrifft.
Und auch wieder das Belanglose, das rein körperliche, das - objektiv-menschliche. Ich-Perspektive als Kamera.
Insgesamt - irgendwie habe ich das Gefühl, dass Andrew in dieser Geschichte noch älter ist, als er je werden wird. Woran das liegt, vermag ich nicht in Worte zu fassen. Trotzdem - der Schreibstil hier gefällt mir nicht ganz so gut wie jener im RPG.
Kleine grammatische Anmerkung: Eine der Angelegenheiten, über die nicht geredet wurde.


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