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Kein Ausweg oder doch?

Kein Ausweg oder doch?
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Ich wusste es, seit ich dir begegnet war. Ich sah es in deinen Augen. Sie waren mit dunklen Schatten vollzogen. Und blickten emotionslos auf das Gesehene. Ich konnte es dir nach empfinden. Mich beherrschte auch oft das Gefühl der Leere, der Finsternis, das absolute nutzlose Gefühl. Mir ging es doch auch nicht besser. Aber du, du standest tiefer darin als ich es jemals tat. Deswegen wollte ich dir immer beistehen, egal was war. Aber wie man sieht hat es nichts gebracht. Ich habe mein Versprechen nicht halten können. Ich erinnere mich noch genau daran. An den Tag wo wir uns begegnet sind, unsere Freundschaft begonnen hat und das Ende.
 

Es war ein heißer Sommertag, als du alleine auf dieser kaputten Schaukel saßest und die anderen beobachtet hast. Du warst schon immer Außenseiter gewesen. Und als ich neu hinzukam, konnte ich mit ihnen auch nicht fiel anfangen.

Die anderen waren seltsam, verrückt und redeten die ganze Zeit von ihren Freunden, Partys und solchen Zeug.

Aber dann sah ich dich. Ich konnte es in deinen Augen lesen, das etwas nicht stimmte. Deine Augen musterten mich und sahen wissend zu mir.

Du verstandest mich. Ich setzte mich neben dir und wir schwiegen uns an. Am Abend gingen wir schweigend nach Hause. Wir hatten kein Wort miteinander gewechselt, das brauchten wir auch nicht, wir konnten uns auch ohne Worte verstehen. Die nächsten Tage trafen wir uns immer wieder, tasteten uns aneinander heran. Wechselten die ersten Worte und schwiegen wieder. Wir machten immer mehr zusammen. Die anderen waren uns egal. Wir hatten ja nun uns.

Die Tage, Wochen und Monate vergingen. Bald wussten wir über den jeweils anderen Bescheid. Nur unser Schleier der Traurigkeit und Angst blieb. Ich merkte, wie die ganze Sache dich zeriss, wie du zerbrachst von Tag zu Tag. Ich hatte mich daran gewöhnt aber dir wurde es zuviel, du konntest langsam nicht mehr. Wolltest dorthin, wo du frei wärst. Ich sah es an den Zeichen, sowie heute beobachtete ich, dass du es schon wieder versucht hast. Meine kalten Hände umschlossen deine Arme und hielten diese fest. Ich sah dir lange traurig in die Augen und schwieg. Aber du verstandest mich auch so.

Deine Mutter kümmerte sich nicht um dich, sie war Spielsüchtig und war selten Zuhause, dein aufgeweckter Bruder war noch viel zu jung, um einen Ton zu sagen. Und dein Vater zerstörte dich langsam, immer mehr. Die Blessuren, die Kratzer, die Zeichen auf deinen Körper erzählten mir all dies. Du wurdest immer stiller, immer distanzierter und verschlossener.

Ich kam nicht mehr an dich ran. Das machte mich fertig. Ich verstand nicht wieso du mich auf einmal ausschlosst. Meine leeren und traurigen Augen wanderten immer wieder zu deinen ausgemergelten Körper. Ich hatte richtige Angst um dich, Angst dich zu verlieren. Dein Blick wanderte immer lebloser durch die Gegend. Ich versuchte doch mein Bestes. Aber ich konnte es nicht halten, mein Versprechen das ich dir gab. Ein Versprechen das ich nie wieder vergessen würde.
 

Wir saßen auf einer Mauer nähe des Bahnhofes. Wir redeten diesmal sehr viel miteinander. Du fingst an zu erzählen „ Ich schaff das alles nicht mehr.. ich bin so gut wie Tod, wenn das so weiter geht. Ich kann damit nicht mehr aufhören, er hört nicht auf.. ich habe keine Kraft mehr, Lin.“ hörte ich ihrer tonlosen Stimme zu.

Ich sah sie an und versuchte Hoffnung in meine Stimme zu legen „Wir schaffen das zusammen, wir kommen hier raus. Wir werden einen Weg finden, aber lass mich nicht alleine, Suana.“ Du sahst mich an und nicktest leicht. „Danke das du wenigstens noch hoffen kannst, ich kann es schon lange nicht mehr“ erklang leise ihre Stimme. Und ich umarmte sie kurz.

Ich versuchte bei dir zu sein, dich zu halten und dir beizustehen. Aber das Schicksal wollte es wohl anders.

Die nächsten Tage verbrachten wir jede Sekunde miteinander, ich gab dir Halt, so gut ich konnte. Ich stellte meine Probleme zurück, obwohl du auch versuchtest mir Halt zu geben. Solange du da warst, konnte ich diese ganzen Dinge vergessen.

Und dann geschah es. Der Tag der alles verändern sollte, brach herein. Wir waren wie immer verabredet an der kaputten Schaukel. Du tauchtest nicht auf. Ich wartete zwei Stunden. Dann kreuzte ich bei dir Zuhause auf. Ich hasse dein Vater noch heute dafür. Dein Vater ging an die Tür, er war stink besoffen. Ich versuchte ein Zittern zu unterdrücken aber es gelang mir nicht. Er war sehr aggressiv drauf und blaffte mich an „Sie wäre vor ner Stunde zum Bahnhof um mir Bier zu holen“ ich stockte und ein harter Schlag traf mich innerlich.

Ich rannte wie ein Blitz zum Bahnhof. Ich ahnte schreckliches.

Und da sah ich dich. Du warst in einen hellen Kleid gekleidet mit Bluttropfen überseht und standest auf dem Gleis.

Als ob du gewusst hättest, dass ich komme drehtest du deinen Kopf ein letztes Mal zu mir und lächelst mich an. Das erste glückliche Lächeln, das ich je von dir sah aber auch das letzte..

Der ICE konnte nicht mehr bremsen und nahm dich mit, meine Stimme erschallte über den ganzen Bahnhof. In mir zerbrach etwas. Ich sah wie der Zug dich mitriss, wie Blut spritzte. Ich schrie mir die Seele aus dem Leib. Die Bilder brannten sich in mein Gehirn, konnte ihnen nicht entfliehen. Ich brach auf den Boden schreiend, weinend zusammen. Das Letzte was ich wahrnahm, war das man mich aufhob und wegtrug.

Dann weiß ich nur noch, dass ich in einen Krankenhaus aufwachte. Ich wusste nicht wie ich dort hinkam, aber es war mir egal. Die Bilder von dir wie der Zug dich erfasste, ließen mir keine Ruhe. Ich wurde nach 3 Wochen entlassen aber kam nun in psychologische Behandlung. Und bis heute bin ich noch in Behandlung. Du nahmst einen Teil von mir mit in den Tod. Es war schwer für mich, deinen Tod und all das andere zu akzeptieren. Und als du weg warst, waren meine eigenen Probleme auf einmal so nah. Das auch ich den Versuch startete, mehrmals. Aber nie durfte ich diese schreckliche Welt verlassen. Es war eine sehr schwere Zeit. Auch heute falle ich sehr oft zurück in das Verhalten von damals.

Aber vielleicht darf auch ich, irgendwann mal Glück haben.

Heute, ja heute stehe ich vor dem Haus, was ich nun als mein neues Zuhause betrachten darf. Denn ich habe im Gegensatz zu dir meine liebe Suana, die Hoffnung nicht aufgegeben und habe den Mut in mir gefunden gegen all das, was mir passiert war anzukämpfen. Ich werde dich nie vergessen, Suana. Aber jetzt muss ich mein Leben im Griff kriegen. Ruhe in Frieden.
 

Mit einem letzten Blick in die Ferne, gehe ich in das Haus meiner Pflegeeltern.
 

Bia



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  SI0N
2009-03-01T22:20:51+00:00 01.03.2009 23:20
;___;
das is soooo traurig auch wie du es geschrieben hast...voller emotion...
man kann sich gut vorstellen was in den köpfen der beiden vorging und was ihnen alles passiert ist und so...

...toll geschrieben...


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