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Bittersweet Symphony

Ich habe dich gefunden – Mein Glück - -Die letzten zwei Kapitel sind da
von

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Edwards Vergangenheit oder Weil es dich gibt!

Hallo zusammen.
 

Da ich euch nicht all zu lange mit dem nächsten Kapitel warten lassen wollte, hab ich mich hingesetzt und das nächste schon mal hochgeladen. Hier wird jetzt auch die glaub ich wichtigste aller Fragen geklärt, die ihr in euren Kommentaren gestellt habt: War das Jacob ab Telefon?

Ich sag nur, lesen, dann findet ihr es ganz schnell heraus. ^^
 

Ich hoffe, das nächste Kapitel gefällt euch und ich freu mich jetzt schon über eure Meinung.
 

Liebe Grüße

Pei-Pei
 

****
 

15. Kapitel: Edwards Vergangenheit oder Weil es dich gibt!
 

Es gibt Millionen Menschen auf dieser Welt und dann gibt doch nur den Einen!
 

Seit geschlagenen zehn Minuten saß ich hier jetzt schon in Edwards Wohnung. Das Schweigen, das sich bereits seit unserem Rückweg hierher über uns ausgebreitet hatte und nur durch ein von Edward kurz angebundenes Telefonat unterbrochen worden war, hielt weiterhin an.

Ich war unruhig, knetete bereits seit geraumer Zeit meiner Hände. Immer wieder huschten meine Augen zu Edward, der mir den Rücken zugewandt hatte und aus dem Fenster sah. Auf mich wirkte es als hätte er sich seit einer kleinen Ewigkeit nicht mehr geregt. Die Anspannung wurde langsam erdrückend.

Am liebsten hätte ich die Fragen, die mir wirr im Kopf herum schwirrten laut ausgesprochen, doch ich traute mich nicht. Ich fand nicht den Mut, die herrschende Stille, die mich zugleich ängstigte, zu durchbrechen. Ebenfalls konnte ich nicht sagen, ob ich überhaupt dazu in der Lage war, meine Stimme zu erheben. Der Klos, der sich in meine Hals bildete, wurde von Sekunde zu Sekunde größer, so dass es mir so vorkam, als würde ein unermesslicher Druck auf meinen Stimmbändern lasten.
 

Ich wusste auch nicht, mit welcher Frage ich beginnen sollte. Es waren im Moment einfach zu viele. Ich war völlig durcheinander. Von der einen auf die andere Minute war die Stimmung vollkommen gekippt.

Was hatte es bloß mit diesem Telefonat auf sich?

Es musste etwas sein, das Edward mehr als beunruhigte. Aber was? Und warum musste er mit mir reden?

Ich wusste derzeit überhaupt nicht, wie ich mich verhalten sollte. Ich wusste nur, dass ich mir wünschte, dass er mich wieder in seine Arme nahm. Ich wieder seinem Herzschlag lauschen wollte, seinen Atemzügen, die mich beruhigten.

Ruhe, das war es, wonach ich mich gerade sehnte. Ruhe, die nur er mir schenken konnte.

Ich wollte die Aufgewühltheit, die derzeit wieder durch meinen Körper tobte ersticken, nicht mehr spüren. Zu lange war ich vom Chaos besessen gewesen. Es sollte nicht noch einmal von neuem beginnen. Nicht jetzt!

Warum sagte er nichts?

Wollte er nicht mit mir reden?

Das war doch Schwachsinn. Was hatte er für einen Grund dazu? Ich schüttelte leicht meinen Kopf, um diesen etwas klarer zu bekommen. Aber es half nichts.

Weitere Minuten vergingen. Minuten, die sich für mich wie Stunden anfühlten. Meine Nerven spannten sich immer weiter an. Ich wusste nicht, wie lange ich diese grausame Stille noch aushalten konnte. Also tat ich den ersten Schritt, auch wenn mir dieser ungemein schwer fiel.

Ich räusperte mich so leise wie ich konnte, öffnete meinen Mund.

Schloss diesen dann wieder, um zu schlucken. Meine Kehle war vollkommen trocken, brannte.

So fest ich konnte, presse ich meine Hände zusammen, startete einen neuen Versuch. „Edward?“ Meine Stimme klang heißer, zeigte aber den Effekt, den ich mir gewünscht hatte.
 

Edward zuckte zusammen, wandte sich dann zu mir um. Er war völlig in Gedanken versunken gewesen, schien immer noch nicht richtig da zu sein.

Seine tiefgrünen Augen glühten im halbdunkeln der Wohnung, während er mich fixierte und mir damit wieder die Röte ins Gesicht trieb. Schnell wollte ich mich von ihm abwenden.

Ich wollte nicht, dass er gerade jetzt meine erröteten Wangen sah. In diesem Moment war es mir unangenehm. Sehr sogar. Doch er ließ es nicht zu.

Ohne dass ich es bemerkt hatte, war er an mich heran getreten, hatte seine Hand unter mein Kinn gelegt und hinderte mich damit an meinen Vorhaben. Ich sah scheu zu ihm auf.

„Nicht, Bella.“, flüsterte er liebevoll. „Dreh dich bitte nicht von mir weg!“ Ein undefinierbares Flehen lag in seiner Stimme, was meinen Puls beschleunigte.

„Ich sehe es so gern, wenn das passiert.“ Sanft strich er mir über meine Wange.

Alles drehte sich.

Ich wusste nicht mehr, was ich tun, wie reagieren, geschweige denn atmen sollte. Ein leichtes Prickeln von meinem Kinn und meiner Wange ausgehend schoss durch meinen gesamten Körper, das sich umgehend in eine wohlige Wärme - die ich bereits während unsers Kusses gespürt hatte - verwandelte, mein laut pochendes Herz erneut befiel.

Ich folgte seiner Bitte, streckte mich ihm entgegen.

Dadurch sah ich in seinen Augen Etwas aufflackern. Etwas, was meinen Puls noch mehr zum Rasen brachte. Ein Leuchten. War es Liebe? Sehnsucht? Ich wurde noch mehr aus der Bahn geworfen, als ich es ohnehin schon war.

Spielte mir da meine Einbildung auch keinen Streich?! – Gott! Was tat er nur mit mir? War er sich darüber bewusst, was er in mir anrichtete?

Ich hörte Edward aufseufzen, während er sich widerstrebend von mir löste, wieder einige Schritte auf Abstand ging.

„Ich wollte dir etwas erklären.“ Er wirkte angespannt.
 

Ich nickte. Eine Angewohnheit, die ich in seiner Anwesenheit ziemlich oft in letzter Zeit tat, da ich einfach nicht meiner Stimme mächtig war.

Kurz schloss er seine Augen, schien seine Gedanken zu sortieren, bevor er mich wieder in Augenschein nahm. Die kurze Anspannung, die mich wieder überfallen hatte, fiel sofort wieder von mir ab. Ich spürte wie sich meine Muskeln wieder entkrampften. Was bei Edward jedoch nicht der Fall war. Seine Bewegungen wurden von Sekunde zu Sekunde steifer.

Ein tiefer Atemzug folgte, dann begann er. „Du weist, dass ich mich damals nach dem Unfall Sams Clique angeschlossen hatte. Nein,…..warte. Ich….. Ich fang anders an. Nach dem Unfall….“ Er hielt inne, musterte mich. Ich zeigte keine Regung, auch wenn sich in mir erneut alles verkrampfte. Mein Instinkt verriet mir, was jetzt folgen würde. Edward würde mir erzählen, was damals nach dem Unfall, unserem Bruch passiert war. Mein Herzschlag beschleunigte sich. Dieses Mal jedoch auf unangenehme Weise.

Wir, das heißt Alice, Emmett und ich hatten die letzten sieben Jahre nur ansatzweise über dieses Thema gesprochen, es so gut es ging gemieden. Keiner von uns Drei war erpicht darauf diese Zeit durch Worte und Erinnerungen wieder aufleben zu lassen. Meine Träume konnte ich in dieser Hinsicht leider nicht kontrollieren. Ich selbst hatte mich bis jetzt nie getraut, Edward darauf anzusprechen. Alice hatte bereits einmal die Andeutung fallen lassen, dass Edward niemals darüber sprach und ich wollte ihn durch diese Frage nicht überrumpeln. Daher war ich mehr als Erstaunt, dass er damit begann.

Aber ich behielt diese Verwunderung für mich, nickte nur. Jedoch konnte ich nicht verhindern, dass in mir die Frage aufblitzte, was das mit dem Anruf zu tun hatte. Aber ich war mir sicher, dass ich früher oder später noch die Lösung zu hören bekam.
 

Edward lächelte kurz, fuhr fort. „Damals, als …..als ich im Krankenhaus aufgewacht bin, keinerlei Erinnerungen hatte, nicht mal meinen Namen wusste…… Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie das war. All die fremden. Menschen um einen herum, die man eigentlich kennen müsste aber in deinem Kopf ist nichts. Nichts als Schwärze. Du kennst dich nicht mal selbst. Ich konnte nicht ich selbst sein, weil ich nicht wusste, wer ich war, wie ich einst war. Ich kannte mich nur aus Erzählungen – aber woher hätte ich wissen sollen, ob ich auch wirklich so war? Die Menschen sehen einen oftmals anders, als man sich selbst fühl.“ Ein trauriges Schimmern huschte über seine Augen. „Ich hasste es in den Spiegel zu sehen, ein fremdes Gesicht anzustarren. Es hat mich regelrecht verrückt gemacht und zugleich auch geängstigt. Ich glaube der Ausdruck verloren in der Hoffnungslosigkeit trifft es am ehesten. Es war einfach nur schrecklich.“ Ein Seufzen erklang aus seinem Mund.

„Es gab Momente, in denen ich am liebsten davon gelaufen wäre. Einfach weg.“, sprach er verbittert.
 

Dieses Gefühl konnte ich durchaus nachvollziehen. Ich hatte zu dieser Zeit genau das Gleiche gefühlt, schwieg aber weiterhin. Ich erkannte, dass es ihm schwer fiel, darüber zu reden, aus diesem Grund wollte ich ihn nicht unterbrechen – es ihm dadurch nicht noch schwerer machen, als es ohnehin schon für ihn war.

„Einige Wochen später kehrten einige Erinnerungen zurück.“

Das Telefonat mit Alice kam mir sofort in den Sinn. Ich konnte mich noch an jedes einzelne Wort erinnern.

„In diesem Moment war ich so erleichtert, fast euphorisch. Und ich gewann wieder an Zuversicht. Ich dachte, es würde wieder alles gut werden.“ Seine Stimme klang jetzt schwermütig. Kein Hauch von Freude schwang darin mit, auch wenn seine Worte genau diese ausdrücken sollte.

„Aber das wurde es nicht.“ Er bedachte mich mit einem Blick, der bei mir eine Gänsehaut auslöste. Zugleich verstand ich diese Worte nicht, konnte sie nicht nachvollziehen.

Was meinte er damit? Worauf wollte er hinaus?

„Immer mehr Erinnerungen kehrten zurück, füllten wieder die Leere aus, aber nicht gänzlich. Der mir wahrscheinlich wichtigste Teil blieb immer noch im Verborgenem.“

Ich biss mir auf die Lippen. Meinte er die Erinnerung an mich? Bezog er seine vorherige Aussage darauf?

Für einen – für mich – unerklärlichen Grund, nahm die Wärme in meinen Körper zu. In meinem Bauch begann es zu Kribbeln, als würden mehrere Schmetterlinge gleichzeitig darauf drängen, in die Freiheit entlassen werden. Schnell schlang ich meine Arme um meine Mitte, versuchte dadurch das Gefühl etwas einzudämmen. Ich musste mich weiter unter Kontrolle behalten. All zu intensive Ausschweifungen waren tödlich für meine Konzentration.
 

Edward stieß hörbar die Luft aus seinen Lungen. „Es nervte mich. Egal wie sehr ich versuchte mich zu erinnern, es gelang mir einfach nicht. Meine Laune wurde von Tag zu Tag schlechter. Ich begann diese verdammte Machtlosigkeit, der ich ausgeliefert war, abgrundtief zu hassen und suchte krampfhaft nach etwas, was mich davon ablenken würde. Ich wollte und konnte so nicht weiterleben. Tja und dann eines Tages hatte ich meine Ablenkung gefunden.“ Er lächelte erneut schwach, was seine Augen nicht erreichte.

„Ich beobachtete Jacob und die Anderen rein zufällig beim Klippenspringen.“, führte er aus. „Es faszinierte mich. Die Höhe, der unkontrollierbare Sprung, die tosenden Wellen, die mit unbändiger Wucht gegen die Felsen schlugen.

Ich wollte wissen, wie es sich anfühlt dort runter zu springen. Also tat ich es.“

Ich schnappte nach Luft, was ihn zum Schmunzeln brachte.

„Ich rannte los, an Jacob und dem Rest vorbei und sprang. Es war berauschend. Während ich durch die Luft sauste, verschwand jeder noch so kleine quälende Gedanken. Es war so, als würden diese mit dem Wind, der sich widersetzte, an mir zerrte, davon getragen werden. Es war einfach ein unbeschreibliches Hochgefühl, als ich die eisige Wasseroberfläche durchschnitt. Zugleich durchfuhr mich ein zuvor noch nie gekannter Stolz.“

Die Begeisterung hierüber war ihm anzusehen. Seine Augen leuchteten auf und sein Lächeln war entspannter, als das, was ich zuvor gesehen hatte.

Ich konnte nicht anders, musste ebenfalls lächeln.

„Keine Vorwürfe?“, stelle er belustigt die Frage.

„Du hast überlebt!“, gab ich knapp von mir.

Dieses Mal nickte er.

„Und außerdem ist es längst verjährt.“, gab ich mit einem Schulterzucken von mir, was ihn auflachen ließ.

Ich war selbst darüber erstaunt, wie ruhig ich war.

„Das ist wahr.“ Er ließ sich in den Sessel fallen, der der Couch, auf der ich saß gegenüber stand. „Von da an war ich aufgenommen. Und ich muss sagen, dass ich mich ziemlich wohl fühlte. Durch die Mutproben, zu denen wir uns anstachelten, konnte ich verdrängen.“

„Mutproben?“, hackte ich umgehend nach.

Kurze Stille trat wieder ein. Edward schien abzuwägen, ob er sagen könnte, wonach ich gefragt hatte.

„Nun ja, …….wie soll………..ich sagen.“, fing er stockend an auf meine Frage zu antworten. „Ich….. bin in einige Rangeleien geraten. Wir sind gegeneinander auf Motorrädern, die irgendwann gegen Autos ausgetauscht wurden, auf die Klippen zugerast. Die Regel: Wer zuletzt bremst, hatte gewonnen und haben andere Sachen gemacht, die man so in seiner Sturm und Drangzeit ausprobieren will.“

Ich sah in jetzt doch recht ungläubig an. Um ehrlich zu sein, konnte ich mir unter den anderen Sachen – wie Edward es ausgedrückt hatte - überhaupt nichts vorstellen. Das überschritt eindeutig meine Fantasie. Und wenn ich ehrlich war, verspürte ich derzeit nicht den Drang danach noch mehr darüber zu erfahren.

Was man so ausprobieren will?, hallte in meinen Kopf wieder. Ich konnte mich nicht daran entsinnen, dass ich einmal Todessehnsucht verspürt hatte. Denn die musste man zweifelsohne haben, wenn man so etwas wie auf Klippen zurasen tat. Mir drehte sich schon allein bei dem Gedanken daran der Magen um.

Aber ich blieb stumm, was Edward dazu veranlasste, weiter zu sprechen. „Irgendwann war uns das nicht mehr genug und wir suchten uns eine andere Sportart.“ Amüsement lag in seiner Stimme, was vielleicht an meinem verdatterten Gesichtsausdruck lag.

So, als Sportart bezeichnete man so etwas. Nun ja, man lernt im Leben niemals aus.

Für Leute wie mich war es schon ein Erfolg, die Schulsportstunde unverletzt überlebt zu haben.

Je mehr ich hörte, desto baffer wurde ich. Niemals im ganzen Leben, was dachte ich, selbst in meinen kühnsten Träumen hätte ich so etwas nie von ihm – Edward Anthony Cullen - erwartet. Aber warum zum Teufel war ich immer noch so ruhig? Selbst mein Herzschlag war vollkommen normal – na ja, so normal wie er in Edwards Anwesenheit sein konnte. Und was hatte das alles mit dem Anruf zu tun? Aber zunächst einmal, eins nach dem anderen, sagte ich zu mir selbst, was ich auch gleich befolgte. Es musste einen Grund dafür geben, warum Edward mir das erzählte. Und im Geheimen war ich glücklich darüber, dass er mir gerade den Teil seiner Vergangenheit offenbarte, den niemand außer ihm selbst bisher kannte.

„Und welcher Sportart habt ihr euch dann zugewandt?“ Meine Stimme war vollkommen normal, fast einem Plauderton gleich, was mich noch mehr erstaunte.

„Illegale Autorennen.“ Kurz und knapp.

Geräuschvoll sog ich die Luft ein. „Autorennen?“, wiederholte ich tonlos.

Ok, das war jetzt doch etwas zu viel für mich. Die Ruhe, die ich gerade noch verspürt hatte, war mit einem Schlag verflogen. „So….. So..richtig?“, fügte ich stotternd hinzu. „Ich….. Ich meine so…..The Fast and The Furious-mäßig.“

Jetzt schallte Edwards Lachen durch den gesamten Raum. Er brauchte einige Minuten, bis er sich bezüglich meines Vergleichs wieder beruhigt hatte. Mit seinen Finger strich er sich die Tränen aus den Augen, bestätigte dann meine Frage mit einem „Ja, so in etwa“. Ein Schmunzeln folgte.

„Ich war sogar ziemlich gut. Die Geschwindigkeit ließ mich alles um mich herum vergessen. Es war besser als alles andere, was ich zuvor ausprobiert hatte. Diese Kicks waren damals alles was ich brauchte. Ich liebte dieses Gefühl, liebe es heute noch. Du scheinst überrascht.“ Er musterte mich aufmerksam
 

Ich schluckte, zu nichts anderem im Stande.

Überrascht?!

Überrascht war überhaupt kein Ausdruck.

Dieses Geständnis war so, als würde Alice schwören, nie wieder in ihrem ganzem Leben shoppen zu gehen. Was nie passieren würde. Da war es wahrscheinlicher, dass irgendwann die Welt untergeht. Es war so als hätte mir Edward gerade offenbart, dass er ein Vampir mit vegetarischen Vorlieben sei. Meine Verblüffung hätte nicht größer sein können.

Ich strich mir bedacht eine Strähne aus der Stirn, sortierte zunächst das, was ich gerade gehört hatte, speicherte es sorgfältig ab. Diese Seite, die Edward mir offenbarte, kannte ich nicht. Und augenblicklich fiel mir wieder etwas ein. Etwas aus der Vergangenheit. Aus der Zeit, in der ich noch in Forks gelebt hatte.

„Ihr wart das gewesen.“, murmelte ich zunächst, wiederholte es dann lauter, da er mich anscheinend nicht verstanden hatte.

Edward wusste zunächst nicht, was er mit dieser Aussage anfangen sollte. Fragend hob er seine Augenbrauen an.

Ich begann zu erklären. „Es war ca. ein halbes Jahr vor unserem Abschluss. Charlie hatte zu dieser Zeit ziemlichen Ärger mit, wie nannte er es immer? Hmmm….. Ein paar Halbstarken, die meinten, ihre Autos austesten zu müssen.“ Jetzt war ich diejenige, die ihn forschend entgegen sah. Das kleine “Detail“ Autodiebstahl ließ ich erst mal unter den Tisch fallen.

„Dazu verweigere ich die Aussage. Schließlich bist du die Tochter des Polizeichiefs von Forks.“, grinste er mich an.

Gut, mehr braucht er auch nicht zu sagen. Das war eindeutig ein Zugeständnis gewesen. Ich schüttelte meinen Kopf, versuchte ihn mit meinem Blick zu tadeln, was aber völlig daneben ging. Der nervöse Blick, den er mir umgehend zuwarf, wunderte mich. „Was?“, wollte ich daher wissen.

„Nichts.“, nuschelte er.

„Edward!“

Er seufzte. „Ich warte die ganze Zeit darauf, dass du aufspringst und das Weite suchst.“

„Warum?“ Ich legte meine Stirn in Falten. Damit hatte er nicht gerechnet, fand allem Anschein nach keine Worte aber ich. „Edward, ganz egal was du mir jetzt noch weiter mitteilen wirst, ich werde nicht gehen. Niemals.“ Eine all zu lange Trennung von ihm würde ich nicht mehr überleben, fügte ich in meinen Gedanken hinzu, hütete mich, dies aber laut auszusprechen. Aber so wie es aussah, war dies auch nicht nötig. Ich hatte ihn überzeugt.
 

Das Lächeln, das ich ihm geschenkt hatte und er erwiderte, schwand, als sich mir die nächste Frage auf meine Zunge legte. Unsicherheit legte sich in meinen Blick und ich sah auf meine mittlerweile gefalteten Hände.

„Die ganzen Sachen, die du mir erzähl hast…..Die haben etwas mit diesem Anruf zu tun, oder?“ Ich sprach sehr leise. Wusste aber, dass jetzt der richtige Moment war, diese Frage zu stellen.

Sofort verflog die aufgelockerte Stimmung. Edwards Gesichtszüge wurden wieder ernst. Seine Lippen bildeten eine harte Linie.

„Es war Sam, Bella.“. Seine Stimme klang todernst und jagte mir Angst ein.

Zugleich hob ich verwundert meine Augenbrauen an. Damit konnte ich überhaupt nichts anfangen.

Unruhig begann er auf und ab zu laufen, ließ mich dabei nicht aus den Augen. „Es ist meine Schuld. Ich……. Als wir begannen Rennen zu fahren, ging es anfangs nur um den Spaß, bis Sam meinte es gäbe da noch eine Möglichkeit, wie wir das Vergnügen mit dem Nützlichen verbinden könnten. Er nannte es damals eine lukrative Geschäftsidee. Und so dumm wie ich damals war, stimmte ich zu, ohne mir über die Konsequenzen Gedanken zu machen. Also begannen wir richtige Rennen zu fahren. Rennen bei denen es um Geld ging. Viel Geld. Wir …… Ich meine Jacob und ich verdienten sogar richtig gut, hatten uns innerhalb kürzester Zeit einen Namen in der Szene gemacht.“

Meine Augen folgten ihm egal wohin er sich bewegte.

„Sam begann sich in dieser Zeit zu verändern. Von mal zu mal versorgte er uns mit besseren, schnelleren Autos. Ich muss gestehen, dass es mir egal war, wo er die Wagen her hatte. Ich machte mir auch über die Kurierfahrten, die ich für ihn ab und zu ausführte, keinerlei Gedanken. Für mich zählte einzig und allein meine Autos, die Geschwindigkeit und der Rausch, der mich dann immer befiehl wenn ich fuhr. Es war wie eine Sucht. Meine Droge, die mich von allem anderen in meinem Leben ablenkte. Die Siege…… Es stieg mir zu Kopf und eine zeitlang war ich ein richtiges Arschloch. Doch dann……. Irgendwann begann selbst ich Dinge zu sehen, die mir überhaupt nicht gefielen. Dinge, die mich stutzig machten. Man könnte sagen, ich begann wieder zu denken. Die Gestalten, mit denen Sam plötzlich immer mehr zusammen stand, gefielen mir nicht. Ich traute ihnen nur so weit, wie ich sie sehen konnte. Und auch Sams Verhalten…… Er veränderte sich, und das nicht zum Positiven. Er wurde zunehmend korrupter, skrupelloser. Immer mehr gerieten wir aneinander. Dann eines Tages war es so weit. Sam rief an, meinte ich müsste morgen bei einem Treffen anwesend sein. Er redete irgendetwas von Anwesenheitspflicht. Es wäre eine große Sache, die ich auf keinen Fall verpassen dürfte. Es war keine Bitte gewesen, sondern ein Befehl. Das schlechte Gefühl in mir, was immer stärker geworden war, wurde dadurch übermächtig. Schlagartig wusste ich, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte.“

Edward sprach gerade in Rätseln für mich.

„Noch an diesem Abend verließ ich meine Uni, meine Familie und ging nach Alaska. Und ich muss sagen, dass ich diese Entscheidung bis heute nicht bereue. Wenn ich es nicht getan hätte, würde ich heute höchst wahrscheinlich nicht hier sitzen.“

Er musste seine Andeutung nicht weiter ausführen.

„Ich bin froh, dass du dich so entschieden hast.“ Diese Worte trafen es nicht mal im Entferntesten. Unendlich Dankbar traf es da schon eher.

Liebevoll lächelte er mir entgegen, kam auf mich zu, um sich neben mir fallen zu lassen. Durch meine Wimpern hindurch sah ich zu ihm auf. Mein Herzschlag war inzwischen zu einem unregelmäßigen Rhythmus übergegangen. Ich konnte froh sein, dass mein Körper noch mit genügend Blut versorgt wurde. Das hoffte ich zumindest.

Doch das liebevolle Lächeln verschwand genauso schnell wieder, wie es aufgetaucht war. Sorge lag nun in seinem Blick. Er griff nach meiner Hand, drückte diese.

„Aber genau diese Entscheidung hat auch einen Haken, Bella.“

Ein ungutes Gefühl durchzuckte mich.

„Ich hab alles hinter mir gelassen, bin einfach so verschwunden. Ich wusste, dass das die einzige Möglichkeit war, da raus zu kommen. Aber Sam…..“, er seufzte dunkel.

„Er sieht es anders, nicht wahr?“, beendete ich. Alice Worte kamen mir wieder in den Sinn.
 

- Sein Umzug konnte man als eine Nacht- und Nebelaktion bezeichnen. Er brach jeglichen Kontakt ab, wollte auch nicht, dass irgend ein Außenstehender erfuhr, wo er war .–
 

„Er glaubt, dass du ihn verraten hast.“

Nun war Edward an der Reihe zu nicken. „Ich habe ihn verraten. Daran gibt es nichts zu rütteln. Und genau aus diesem Grund will er sich an mir rächen. Und ich kann ihn gut genug einschätzen um zu wissen, dass er unberechenbar ist. Und er wird sich auch davon nicht abbringen lassen.“ Ein ausgeprägter Ausdruck von Frustration huschte über sein schönes Gesicht.

Es schüttelte mich bei diesem Worten. Mein Mund wurde trocken. Und ich musste mir eingestehen, dass ich mich vor den nächsten Worten fürchtete, die unaufhaltsam kamen.

„Und genau da kommst du ins Spiel.“ Er betrachtete mich eindringlich, während ich stocksteif da saß. „Sam hat uns zusammen gesehen! Du bist nun ebenfalls in sein Visier geraten. Etwas was nicht hätte passieren dürfen.“ Sein Gesichtsausdruck wirkte verkniffen, fast so als würden ihm diese Sätze Höllenqualen breiten.

„Ich?, quiekte ich in einer hohen Tonlage. Schmerzhaft pochte mein Herz gegen meinen Brustkorb. Die Luft schien gerade gar keinen Sauerstoff mehr zu enthalten. Meine Atemzüge wurden schneller.

Edward rückte näher, legte mir beruhigend eine Hand auf meine Wange. „Das werde ich nicht zu lassen, Bella. Hörst du?! Niemand wird dir etwas tun. Dafür werde ich sorgen. Das verspreche ich dir.“

Ich schenkte seinen Worten, seiner einfühlsamen Stimme Glauben. Die Angst legte sich leicht.

„Was…… Was hat er vor?“

„Ich weiß es nicht.“ Ich konnte die Unzufriedenheit über diese Aussage aus seinem Gesicht ablesen. „Aber ich werde es bald wissen.“ Edward ließ keinen Platz für Zweifel.

„Wie…… Ich meine……..?“ Ich schluckte. „Wie erfahren….?“, stammelte ich unbeholfen weiter. Ich war total überfordert. Ich konnte froh sein, dass ich aufgrund meiner völlig konfusen Gedanken unserem Gespräch überhaupt noch folgen konnte.

Schließlich bekam ich nicht jeden Tag die Hiobsbotschaft überbracht, dass ich eventuell das Hauptziel einer geplanten Racheaktion war.

„Den Anruf, den ich getätigt habe. Auch ich habe meine Kontakte.“ Mehr sagte er nicht. Und ich wusste, dass ich erst mehr erfahren würde, wenn er den Rückruf, auf den Edward offensichtlich wartete, erhielt.

„Vielleicht spinn ich mir auch nur etwas zusammen. Du wirst aber hoffentlich verstehen, wenn ich dich, bis die Sache geklärt ist, nicht aus den Augen lassen werde.“ Unter anderen Umständen, würde mir diese Aussage ein mehr als nur wohliges Gefühl vermitteln.

Ich sah Edward einfach nur an. Ich war nicht mal zu einem Nicken mehr fähig. Ein beklemmendes Gefühl lähmte mich.

„Du zitterst ja!“, wisperte er mit samtweicher Stimme, zog mich in seine Arme.

„Mir……“ Ich hielt kurz inne, um meine Stimme fester klingen zu lassen. „Mir geht es gut.“ Es war keine Lüge. In seiner Nähe ging es mir immer gut.

Seine Hände strichen sanft meine Wirbelsäule hinab. Ich schmiegte mein Gesicht in den Stoff seines T-Shirts, sog tief den lieblichen Geruch, welchen ihn immer umgab ein.

Und auch wenn sich alles in mir sträubte diesen wundervollen Moment – den ich mir bereits die ganze Zeit wieder herbei gesehnt hatte - nicht zu unterbrechen, konnte ich doch nicht anders.

„Warum?….. Ich meine, woher kam plötzlich dieser Sinneswandel?“ Diese Frage war weitaus wichtiger als alles andere, was ich bis jetzt erfahren hatte. Wichtiger als die drohende Gefahr. Es war ein innerer Drang, der unbedingt befriedigt werden musste. Kaum, dass ich diese Frage gestellt hatte, beschleunigte sich mein ohnehin schon erhöhter Herzschlag weiter, glich jetzt dem Flügelschlag eines Kolibris.

Ich spürte, wie Edward sein Gesicht in mein Haar drückte, tief einatmete. Sein Atem kitzelte mein Ohr. Er zog mich noch enger zu sich heran, was mich wohlig aufseufzen ließ, als er sanft begann zu sprechen. „Du hast mich zur Besinnung gebracht.“

Meine Augen weiteten sich.

„I…… Ich?“ Meine Stimme war nicht mehr als ein Stammeln. Ich hob meinen Kopf an, um ihm entgeistert anschauen zu können.

Er nickte. Liebevoll sahen seine Augen zu mir hinab, während seine Finger die Konturen meines Gesichts folgten. „Deine Ohrfeige und das du gegangen bist, mich zurückgelassen hast, war das Beste, was du tun konntest.“

Jetzt hatte er es geschafft. Ich begriff nichts mehr. Es fühlte sich für mich inzwischen so an, dass ich ihn im Stich gelassen hatte, weil ich kraftlos war, nicht fähig dazu, ihm zu helfen und er war froh darüber?! All das ergab für mich keinerlei Sinn.

„Edward, …..ich……“ Ich spürte seinen Finger auf meinen Lippen, womit er mich umgehend zum Verstummen brachte.

„Bella, bitte, hör einfach nur zu.“

Ich folgte seiner Bitte, löste mich schweren Herzens etwas von ihm. Aber nur so konnte ich gewährleisten seinen Worten auch wirklich zu folgen, ohne abgelenkt zu werden.

„Nachdem ich alles hinter mir gelassen hatte, kam ich in Alaska zur Ruhe, beschäftigte mich endlich mit den Gefühlen, die ich all die Jahre über verdrängt…“, er korrigierte sich selbst „ignoriert hatte, weil ich sie einfach nicht zuordnen, nicht ertragen konnte. Es war schlimm für mich. Sehr schlimm sogar. Alles stürzte von neuem auf mich ein. Ich dachte ich würde ersticken. Am Schlimmsten war es, wenn ich an dich dachte.“

Ich horchte auf.

„Schon damals in unsere Schulzeit nach dem Unfall……. Die Gefühle, die du in mir ausgelöst hast, sobald du nur mein Blickfeld gestreift hast, stellten alles was ich empfand in den Schatten. Es überwältigte mich jedes Mal aufs Neue, traf mich immer wieder vollkommen unvorbereitet. Doch da war nichts außer deinem Gesicht, was ich sah. Sonst nichts. Keine Einzige noch so kleine Erinnerungen. Darüber war ich mehr als nur unzufrieden. Das war einer der ausschlaggebenden Gründe, warum die Wut in mir immer weiter anwuchs. Und sie drohte mich in Alaska wieder zu überrennen. Ich stand kurz vorm verzweifeln.“ Er presste seinen Daumen und Zeigefinger auf seine Nase, atmete einmal tief aus. „Es war grauenhaft. Diese merkwürdige Leere, die sich trotz der zurückgekehrten Erinnerungen nicht füllen ließ. Es schmerzte mich, wenn ich in deiner Nähe war. Nach dem Streit wurde es noch katastrophaler. Jeder Blickkontakt, der zufällig zustande kam, war für mich wie ein Stich mitten ins Herz. Und dennoch brauchte ich dich zugleich wie die Luft zum Atmen. Ich wusste überhaupt nicht, wie ich damit umgehen sollte. Es war an manchen Tagen unerträglich für mich.

Gott, Bella, du musst mir glauben, ich bereute damals schon unseren Streit, kaum dass du aus dem Raum gerannt warst. Aber ich war einfach zu dumm und zu eitel, um es mir selbst einzugestehen. Ich wollte mich von dir fern halten. Ich wusste, dass ich dir wehgetan hatte, wahrscheinlich mehr als jemals ein anderer Mensch zuvor. Ich wusste, es, auch wenn ich mich nicht an dich erinnern konnte, immer noch nicht kann. Ich konnte es damals in deinen Augen sehen, sehe es jetzt noch. Es tut mir so leid.“ Er brach ab, nahm mein Gesicht in seine Hände. „So unendlich Leid.“
 

Ich versuchte zu schlucken, irgendeine Regung zu zeigen, doch ich konnte nicht. Wieder einmal hatte er mich mit seiner Stimme, seiner Berührung vollkommen außer Gefecht gesetzt.

Das Einzige, was ich tun konnte, war dar zu sitzen und ihm entgegen zu schauen, den Blickkontakt nicht zu unterbrechen.

„Und trotz meinem Gefühlschaos war ich froh darüber, dass du dennoch da warst, für mich erreichbar. Nur deshalb war es noch zu ertragen, denn ich konnte dich zumindest sehen, wenn ich es wollte. Und wann immer sich diese Gelegenheit dazu ergab, gab ich diesem Verlangen auch nach.“

„Wenn du mich sehen wolltest?“, wiederholte ich perplex. Es dauerte einen Moment, bis ich die Worte richtig realisierte. „Du hast mich beobachtet?“

Beschämt nickte er. Seine Hand strich über seinen Nacken, bevor ein schüchternes Lächeln seine Lippen zierte, das mir mal wieder die Sprache verschlug.

Schnell senkte ich meinen Blick. Gleichzeitig wusste ich, dass die Röte auf meinem Wangen heute nicht mehr weichen würde.

Mein Herz stockte, holperte, überschlug sich. Ich müsste verärgert sein, aber dieses Gefühl wollte sich nicht einstellen.

„Es befriedigte die Sehnsucht, die ich verspürte zumindest teilweise. Aber um dich zusehen und sei es nur aus der Ferne, das war mir die Qual, die all das mit sich brachte, wert. Ziemlich masochistisch, was?“ Einer seiner Mundwinkel zog sich nach oben. Das fragte er allen ernstes jemanden, der genau zu der gleichen Anwandlung neigte? Ich hüllte mich wieder in schweigen.

„Alles andere lief aus dem Ruder. Die ständigen Auseinandersetzungen mit meinen Eltern, die ich provozierte, wo ich nur konnte, vor allem mit meinen Vater. Alice, die mir immer wieder wegen dir Vorwürfe machte.“

„Wirkl…..“ Ich brach mittendrin ab, biss mir auf die Lippen.

„Ich dachte mir schon, dass sie dir davon nichts erzählt hat. Aber ja, hat sie und nicht nur einmal. Doch ich schaltete auf stur, beharrte darauf, dass ich im Recht war. Zu dieser Zeit sah ich Alice das erste Mal weinen und das nicht nur einmal.“ Sein Gesicht war schmerzerfüllt. Alice war eine taffe Persönlichkeit. Tränen passten einfach nicht zu ihr.

„Dann die Prügelei mit Emmett. Ich wollte die Menschen, die mir nahe standen verletzen. Ich sagte mir, warum sollten sie nicht genauso leiden wie ich es tat?! Das war nur fair. Ich verabscheute das Glück der anderen um mich herum. Ich war damals so dumm und egoistisch. Ich habe meine Familie nicht mehr ertragen. Sie wurden für mich völlig bedeutungslos. Kannst du dir das vorstellen.“, spie er hervor. Ein verabscheuungswürdiger Ausdruck trat in seine Augen, das ihm selbst galt, zugleich verzog er seinen Mund. „Nur meine damaligen Freunde zählten für mich. Nur dort fühlte ich mich wohl. Das bildete ich mir zumindest ein.“ Sein Blick wanderte aus dem Fenster. „Je näher der Abschluss rückte, desto mehr Furcht bekam ich. Denn der Abschluss bedeutete auch dass ich dich nicht mehr sehen konnte. Ich wusste von Alice und deinen Plänen. Natürlich gestand ich es mir zu diesem Zeitpunkt nicht ein. Aber so war es. Ich verstand es erst im Nachhinein. Und dann plötzlich warst du nicht mehr da, warst mit Alice nach Seattle gegangen. Ich wusste nicht woher das plötzliche Gefühl kam, aber…. ich fühlte mich verraten, von dir im Stich gelassen. Völlig absurd, aber zu dieser Zeit waren diese Empfindungen für mich ausschlaggebend.“

Ich wusste, dass er jetzt gerade über die Zeit sprach, in der er aufgehört hatte, Klavier zu spielen.

„Aus reinem Trotz ging ich nach Olympia auf die Universität. Nur nicht so weit weg von Sam und den Anderen. Das war d schlimmste Zeit, die meine Eltern mit mir aushalten mussten.“ Er senkte seinen Kopf.
 

Das Gespräch mit Esme kam mir sofort wieder in Erinnerung. Er verwendet die gleichen Worte wie seine Mutter. Mitfühlend sah ich ihn an, wie er so da saß in dieser zusammengekauerten Haltung. Es tat ihm unendlich leid, belastete ihn. Ich wollte ihn nicht so sehen! „Du weist, dass deine Eltern dir nichts nachtragen.“ Ich versuchte so einfühlsam wie möglich zu sprechen.

Traurig blickte er mir entgegen.

„Niemand tut das. Sie sind alle nur froh und glücklich darüber, dass du wieder da bist.“ Ich dachte an Esmes freudiges Lächeln, Alice Tränen. „Damit machst du ihnen das schönste Geschenk.“, fügte ich eindringlich hinzu, als ich den Unglauben in seinen Augen las. „Das kannst du mir glauben.“ Fest drückte ich seine Hand, die ich umschlungen hatte. Ein dankbares Lächeln bildete sich auf seinen Lippen, ich erwiderte.

So schön dieser Moment, in dem wir uns wieder nur in die Augen sahen auch war, so bemerkte ich aber auch Edwards Unruhe. Er war noch nicht fertig, daher „Erzähl weiter.“
 

Er räusperte sich kurz, nahm den Faden wieder auf. „Ich ging nach Olympia. All das kann man als einen schleichenden Prozess bezeichnen. Es war noch einigermaßen erträglich, solange ich dich sehen konnte. Doch dann warst du weg! Ich hab es wirklich versucht, hab mir selbst eingeredet, dass mein merkwürdiges Gefühl nichts mit dir zu tun hat. Es war grotesk. Einfach lächerlich. Doch je mehr die Zeit verging, desto schlimmer wurde es. Es ging mir einfach nicht in den Kopf. Egal wie lange ich darüber nachgrübelte.

Ich verstand es nicht. Wie konnte jemand, an den ich keinerlei Erinnerungen mehr hatte, dem ich die Schuld an all dem gab“ – ich zuckte unweigerlich zusammen – „solche Auswirkungen auf mein neues Leben haben, auf mich. Das war einfach lächerlich, aber genauso war es.

Es klingt vielleicht sonderbar, aber je verwirrter ich wurde, desto mehr kam mein Verstand wieder zu mir zurück. Auf einmal fühlte sich alles, was ich tat, so falsch an. Es war so, als hätte ich die ganze Zeit in eine Art Seifenblase gelebt. In einer völlig surrealen Welt. Alles war auf einmal so unwirklich. Ich kam wieder zur Besinnung, gerade noch rechtzeitig.“, fügte Edward nachdenklich hinzu. „Die ersten paar Monate in Alaska hab ich mich sozusagen erst einmal verschanzt, wollte die Sache einfach aussitzen, aber dadurch verschlimmerte es sich noch weiter. Je länger ich abwartete, desto quälender wurde wieder alles. So konnte es nicht weiter gehen! Während der restlichen Zeit in Alaska habe ich dann endgültig versucht dich zu vergessen, Bella.“

Seine Worte trafen mich tief. Ich spürte die Tränen, die aufstiegen und begann dagegen anzukämpfen. Krampfhaft konzentrierte ich mich weiter auf seine Samtstimme, ignorierte das Brennen meiner Augen.

„Ich wollte nicht mehr an all das denken. Ich hatte genug von dem. Ich wollte nicht mehr fühlen, was ich nicht zuordnen konnte. Ich wollte einfach nur noch ein ganz normales Leben führen. Aber es gelang mir einfach nicht. Ich konnte dich einfach nicht verbannen. So sehr ich es auch wollte, es gelang mir einfach nicht. Zumindest nicht langfristig. An einigen Tagen war es erträglich, doch dann kamen wieder die Tage, an denen ich meine Augen nur zu schließen brauchte, um in dein Gesicht zu sehen, ich mich umsah und nur noch auf deine tiefen braunen Augen traf. Es war wie eine undurchdringliche Wand, die mich von meiner Umwelt abschottete. Ein Teufelskreis, aus dem es für mich kein Entkommen gab.“, presste er mühsam hervor.
 

Egal wie weh mir gerade diese Aussage getan hatte, am liebsten hätte ich meine Arme um seinen Nacken geschlungen, in zu mir gezogen, ihm damit Trost gespendet: Doch ich wusste, dass diese Geste nicht ausreichen würde.

Ich senkte meinen Blick weiter ab, presste fest meine Lippen aufeinander. Ich fühlte mich schlecht. Ich hätte ihn nicht alleine lassen dürfen. Ich hätte wissen oder zumindest ahnen müssen, dass er es nicht so gemeint hatte, dass es ihm nicht gut ging. Er war damals genauso überfordert gewesen wie ich selbst.

Was redete ich da.

Bei Edward war es noch weit mehr gewesen. Seine Welt war bereits nach dem er nach dem Unfall erwach war – ohne Erinnerungen – zerschellt. Meine erst später. Ich hätte über all das von ihm gesagte hinweg sehen müssen. Hätte wissen müssen, dass es dafür einen Grund gab, dass er es nicht so meinte. Dass seine ganze Veränderung etwas mit dem Leid zu tun hatte, was er empfunden hatte, jetzt noch empfand.

Wie hatte ich bloß so blind sein können!?

Ich hatte nur daran gedacht, was für einen seelischen Schmerz er mir zugefügt, wie tief er mich mit seinen Worten getroffen hatte. Ich hatte aber nicht hinter diese Fassade geschaut, die er aufgebaut hatte. Er war derjenige, der am meisten gelitten hatte und ich hatte ihn einfach im Stich gelassen. Ich war an all dem Schuld. Nur ich….

„Bella! Hör auf damit!“

Ich schreckte auf, sah ihn fragend an.

Edward seufzte bekümmert, nahm mich skeptisch in Augenschein. „Du sollst aufhören, dir jetzt Vorwürfe zu machen. Denn du kannst am allerwenigsten für diese Situation.“

Meine Augen weiteten sich. Woher wusste er, worüber ich mir gerade Gedanken gemacht hatte?

Ein unscheinbares Lächeln huschte über sein Gesicht, bevor er mir auf diese unausgesprochene Frage antwortete. „Auch wenn ich keine Erinnerungen an dich haben, kann ich immer noch deine Gesichtszüge hervorragend deuten.“

Was?!

Er zuckte mit den Schultern. „Intuitiv. Es ist einfach so.“

Das durfte doch nicht wahr sein.

„Aber…“, stotterte ich.

„Es war nicht deine Aufgabe mich zu retten, Bella. Das konnte nur ich selbst.“, unterbrach er mich scharf. Er würde keine weiteren Widerworte dulden. Sekunden später wurde sein Ausdruck wieder weicher. ([link href="http://de.youtube.com/watch?v=Bip3wWSg9g0"]http://de.youtube.com/watch?v=Bip3wWSg9g0[/link]) (Fall into you)

„Und doch hast du es getan!“, seine liebevolle Stimme ging mir durch Mark und Bein, ließ meinen Körper erzittern.

„Ich……..“ Ich brach ab, kämpfte gegen einen erneuten Aussetzer meiner Atmung an. Wenn ich noch weniger Sauerstoff bekam, würde ich ihn Ohnmacht fallen. „Ich…..“

Edward griff nach meinen Händen, die schlaff in meinem Schoß lagen, löste dadurch ein unbeschreibliches Kribbeln in mir aus. Das Funkeln in seinen Augen nahm mich gefangen.

Meine Gedanken verebbten.

Ich konnte nichts anderes tun, als seinen Blick mit genau der gleichen Intensität zu erwidern.

Minuten des Schweigens folgten, in denen keiner von uns den Blickkontakt unterbrach.

Oder war es nur eine Minute? Ich wusste es nicht.

Erst als ich nach Luft japste, kehrte ich wieder ins Hier und Jetzt zurück. Edward seufzte. „Was soll ich bloß mit dir anstellen?“ Er stupste mir gegen meine Nasenspitze. Ich ging auf diese Äußerung nicht ein. Irgendwann würde ich in Edwards Nähe aufgrund von Sauerstoffmangel sterben. Da würde kein Weg drum herum führen.

Wo blieb mein Überlebensinstinkt?

Der verabschiedete sich wahrscheinlich immer gleichzeitig mit meinem Verstand.

Edwards Glucksen ließ mich wieder aufsehen. Zwei saphirgrüne Augen erschienen direkt vor mir. Ich hatte nicht bemerkt, dass er noch näher heran gerückt war.

Ich sah, wie er zunächst zögerlich seine Hand hob, kurz inne hielt, gespannt meine Gesichtszüge beobachtete.

Warum zögerte er jetzt auf einmal?

Ich sah ihn weiterhin einfach an. Zu einer Rührung nicht fähig. Derzeit nicht wissend, wie ich meinen Körper bewegen konnte.

Zentimeter um Zentimeter näherte er sich weiter, bis seine Hand auf meiner Wange ruhte, ich mich sofort dagegen schmiegte. Dort wo er meine Haut berührte, begann sich ein Feuer auszubreiten, meine Wangen standen in Flammen.

Ich wollte erneut aufseufzen, schaffte es aber noch nicht einmal dieses Geräusch von mir zu geben.

„Du alleine hast mich gerettet! Und dafür bin ich dir unendlich dankbar.“, hauchte er sanft.

Das war eindeutig zu viel für mich. Ich schniefte, schloss kurz meine Augen und die ersten Tränen lösten sich, perlten meine Wange hinab.

Sekunden später spürte ich seine weichen Lippen auf meiner Haut, die sanft der Spur meiner Tränen folgte.

„Du hast mich geführt, hast mich beeinflusst. Du warst mein Halt. Bei jedem Schritt warst du bei mir. Ich brauche dich, Bella.“, flüsterte Edward, während er mich weiterhin mit hauchenden Küssen liebkoste. „Mehr als alles andere.“

Ich riss meine Augen auf. Alles stürzte gleichzeitig auf mich ein. Freude, Liebe, Erleichterung, Trauer. Ich war völlig überfordert. Alice hatte Recht. Sie hatte tatsächlich recht gehabt.

Meine Lippen bewegten sich wie von selbst. „Aber…..wie……..du ………keine Erinnerung?“ Ich nahm meine Stimme erst wahr, als sie bereits wieder verstummt war.
 

Edward zog sich zurück, und doch waren unsere Gesichter nur wenige Zentimeter von einander entfernt. Sein Atem traf auf meine Haut, betäubte mich. Er nahm mein Gesicht in seine Hände, bettete seine Stirn an die meine, schaute mir voller Leidenschaft entgegen. „Nein, habe ich nicht. Aber nachdem ich mich dazu entschieden hatte, mich meinen Gefühlen zu stellen und auf dem Grund zu gehen, kam es mir so vor, als würde eine Last von meinen Schultern genommen werden. Je näher ich Seattle kam, desto nervöser wurde ich. Und als du dann im Flur vor mir standest…………“ Er machte eine kurze Pause, was meine Anspannung weiter steigerte.

„Es mag für dich jetzt noch verrückter klingen als alles, was ich davor zu dir gesagt habe, Bella, aber genau in diesem Moment wusste ich es wieder. Ich wusste, was dieses Gefühl bedeutet. Ich habe vielleicht all meine Erinnerungen an dich verloren, aber das Herz vergisst nie. Und mein Herz gehört ganz alleine dir. Du bist mein Herz, Bella.“
 

Augenblicklich drängte die Liebe, die ich für ihn spürte alle anderen Gefühle beiseite, befiel mein wild pochendes Herz, durchstürmte meinen Körper wie ein Tornado. Ich schluchzte laut auf, schlang meine Arme um seinen Hals und vergrub mein Gesicht an seiner Schulter, ließ meinen Gefühlen freien Lauf.
 

Ich habe dich nicht kommen sehen.

Ich dachte, ich könnte dir widerstehen.

Ich dachte, ich wäre stark genug.

Ich hatte Angst dich hinein zu lassen.

Doch ich muss mir eingestehen, dass ich mich gegen dich nicht zur wehr setzen konnte. Du stahlst mir mein Herz, hast es schon immer besessen.

Die Mauern sind vollständig eingestürzt.

Ich falle in dich.

Dieser Traum wird wahr.

Und es fühlt sich so gut an, in dich zu fallen.

Ich falle wie ein Blatt, wie ein Stern.

Ich finde vertrauen, falle dort hin, wo du bist.

Fang mich auf, lass mich nicht zu Boden sinken.

Liebe mich, höre niemals auf!!
 

Ein Schauer überfiel mich, was mir zugleich ein Hauch von Furcht einjagte.

Ja, manchmal fürchtete ich mich. Vor ihm, vor den Gefühlen, die noch stärker geworden sind, die er in mir auslöste. Die nicht mehr zurück wichen, in jeder Faser meines Körpers dröhnten.

Aber ich war bereit.

Ich liebte ihn so sehr, wie ich sein früheres Ich geliebt hatte, sogar noch mehr.

Und dieses Mal würde ich alles daran setzen, ihn nicht wieder zu verlieren.

Ich würde an seiner Seite bleiben, egal was passieren würde.

Das erste Mal seit einer langen Zeit vergoss ich Tränen des Glücks und ich wünschte mir, dass dieser Moment niemals enden würde.
 

***
 

Fortsetzung folgt bald. ^^



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  jennalynn
2011-07-23T10:30:36+00:00 23.07.2011 12:30
*HEUL SCHNIEF* Man das ist doch alles so emotional.
Deine Geschichte ist so schön.
LG
Von: abgemeldet
2010-01-14T22:12:46+00:00 14.01.2010 23:12
wow
das war echt schön das kapitel bin hin und weg hoffe es geht ganz schnell weiter
lg
Von: abgemeldet
2010-01-14T22:02:14+00:00 14.01.2010 23:02
oh mein gott ist das schön!endlich haben die beiden zu einander gefunden!aber ich mache mir sorgen wegen sam...was hat er wohl vor?und was sind das für kontakte von edward?vieleicht ist es diesmal jacob?!ich warte lieber auf das nächste kapitel als mir mein kopf zu zerbrechen...schreib bitte schnell weiter?!lg
Von:  simone123
2010-01-14T17:02:25+00:00 14.01.2010 18:02
Total schön seine Liebesbeichte :))) Echt super das Kapitel :))
Schreib bitte schnell weiter.
LG
Simone


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