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Die Explosion

Kiara streckte sich genüsslich, als der Wecker klingelte und sie aus dem Schlaf riss.

Ihr gegenüber murmelte Yugi schlaftrunken: „Lass mich noch fünf Minuten.“, bevor er wieder in den Schlaf hinüberglitt.

Kiara rollte mit den Augen und sprang aus dem Bett.

„Von wegen noch fünf Minuten! Raus aus den Federn, ich darf auch nicht länger schlafen!“, rief sie und zog Yugi die Bettdecke weg.

Yugi fuhr hoch und blickte sie fragend an. „Was wird das jetzt?“

Kiara zuckte mit den Schultern. „Das ist dein morgendlicher Weckruf, damit du pünktlich zur Schule kommst.“, antwortete sie lächelnd und fing sich einen entrüsteten Blick von ihrem Bruder ein. „Schule? Ich glaube, ich muss dir mal eine Liste mit Wörtern geben, die du mir am frühen Morgen unter keinen Umständen an den Kopf werfen darfst.“

Kiara rollte mit den Augen und wandte sich ihrem Schrank zu, während sie fragte: „An welcher Stelle steht das Wort Schule?“ „An oberster Stelle.“ „Uhhh….überraschend.“ „Ich weiß.“, murmelte Yugi, während er sich langsam aufsetzte und sich den Schlaf aus den Augen rieb.

Kiara schmunzelte. „Und du glaubst, ich freu mich auf die Schule?“, fragte sie ihn und klaubte ihre Uniform aus dem Schrank.

„Du kannst ja meine auch gleich mal herausholen.“, bat Yugi, während er seine Bettdecke von Kiaras Bett klaubte und sie ordentlich auf seinem ausbreitete. Dann machte er sich daran, Kiaras Decke zu glätten.

Kiara indes legte ihre Uniformen auf sein Bett und verschwand im Bad.

Höchste Zeit für den Pharao, sich bemerkbar zu machen. „Hey, Yugi!“

Yugi blickte auf und blickte die blasse Silhouette des Pharaos an, der ihn besorgt musterte.

„Also, was ist los?“ „Es geht um heute Nacht.“ „Das dachte ich mir schon. Drück dich doch ein wenig konkreter aus.“ „Ist dir denn gar nicht aufgefallen, dass Kiara heute Nacht wie verrückt um sich geschlagen hat?“ „Schon wieder?“ „Das ist jetzt schon die dritte Nacht in Folge. Irgendwas stimmt da doch nicht.“ „Und was soll ich jetzt machen? Soll ich sie fragen? Das einzige, was ich als Antwort bekäme, wäre Ich hatte einen Albtraum. Und was soll ich dagegen dann machen? Sie vom Schlafen abhalten?“ „Jetzt werd doch nicht gleich so knietschig. Aber du könntest dich doch wenigstens mal danach erkundigen. Yugi, sie ist deine Schwester. Brauchst du einen Grund dafür, dass du dir Sorgen machst?“

Yugi wollte gerade etwas erwidern, als sich die Tür öffnete und Kiara den Raum betrat.

Der Pharao verschwand und Yugi sprang hastig auf.

„Ist was?“, fragte Kiara, doch Yugi antwortete nicht und verschwand stattdessen eilig im Bad. Kiara blickte ihm ratlos nach, zuckte schließlich mit den Schultern und zog sich um.

Der Rest des Morgens verlief ereignislos.

Yugi hatte beschlossen, Kiara nach der Schule auf ihre letzten Nächte anzusprechen und so machten sie sich zusammen auf den Weg zur Schule.
 

„Ich hab keine Lust auf die Schule!“, jammerte Kiara, als sie um eine Ecke bogen und eine schmale Allee entlang liefen.

„Du hast doch nur keine Lust, weil wir als erstes Geschichte haben.“ „Und? Ist das ein Verbrechen?“ „Hab ich denn ein Recht dazu dich dafür zu verurteilen?“, fragte Yugi zurück. Kiara dachte kurz nach und schüttelte dann den Kopf. „Nein, hast du nicht.“

Yugi zuckte mit den Schultern. „Na dann … hat es doch sowieso keinen Sinn, irgendwas zu sagen.“

Kiara grinste. Doch einen Augenblick später verschwand dieses Grinsen und wich purem Entsetzen.

Yugi runzelte die Stirn und folgte ihrem Blick. Seine Kinnlade klappte herunter.

Keine fünfzig Meter vor ihnen stand ein Haus in Flammen. Dicker schwarzer Qualm stieg in den Himmel hinauf und verdüsterte ihn, als wäre es später Abend.

Kiara schüttelte ungläubig den Kopf. Es war ihr ein Rätsel, dass es bisher niemand bemerkt zu haben schien, dass ein Haus in der Nachbarschaft lichterloh brannte.

Die Zwillinge liefen auf das Haus zu und blickten wie apathisch auf die lodernden Flammen, die aus vereinzelten Löchern in die Höhe leckten und nach und nach immer mehr Löcher in das Haus fraßen.

Kiara schluckte und griff nach Yugis Ärmel. „Yugi, lass uns von hier verschwinden. Wir müssen Hilfe holen.“

Yugi antwortete nicht. Er reagierte überhaupt nicht, sondern blickte nur mit glasigen Augen auf das Haus. Er schien nicht im Mindesten wahrzunehmen, was um ihn herum sonst noch geschah.

Kiara zerrte an seinem Ärmel. „Yugi, bitte…“, flehte sie.

Yugi blickte sie an. Ein seltsam träumerischer Ausdruck lag in seinem Gesicht, der Kiara Angst machte. „Hilfe ist doch bestimmt schon unterwegs.“, murmelte er tonlos.

Kiara erschrak, als ihr klar wurde, dass Yugi unter Schock stand.

„Yugi, komm schon! Wir müssen verschwinden, ehe das ganze Haus in die…“

Ein gewaltiges Donnern erfüllte plötzlich die Luft. Fieberglas flog durch die Luft. Steinsplitter und einzelne Brocken regneten auf sie herab.

Die Zwillinge hatten das Gefühl, als würde die Welt untergehen.

Die Druckwelle, die durch die Explosion entstand, schleuderte Kiara und Yugi durch die Luft und gegen eine niedrige Gartenmauer.

Yugi fiel direkt in eines des Gebüsche, während Kiara ungebremst mit dem Kopf gegen den Rand der Mauer krachte. Für einen kurzen Augenblick tanzten Abermillionen von Sternen vor ihren Augen, bis sie schließlich das Bewusstsein verlor.
 

Der Lärm des Martinshorns riss Yugi aus seiner Bewusstlosigkeit heraus. Torkelnd kam er wieder auf die Beine und blickte sich verwirrt um.

Feuerwehrleute hasteten durch die Gegend, rollten Wasserschläuche aus, schlossen sie an die Hydranten an und machten sich daran, das Feuer zu löschen, was sich bereits zu einer wahren Flammenhölle ausgebreitet hatte.

Einer der Helfer bemerkte Yugi, der aus dem Gebüsch kletterte und sich nach Kiara umsah.

„Hey, du! Ist alles in Ordnung mit dir?“, fragte der Mann und kam auf ihn zu.

Yugi nickte benommen, stolperte allerdings über seine eigenen Füße und wurde von dem Fremden aufgefangen, noch ehe er auf dem Boden aufschlug.

„Wo … wo ist Kiara?“, fragte er, während der Helfer ihn zu einem der Krankenwagen geleitete, die ein paar Meter entfernt auf dem Gehweg parkten.

„Wer?“ „Meine Schwester. Sie … sie war dabei, als das Haus … explodierte.“

Der Mann deutete auf eine Trage, die gerade in einen zweiten Krankenwagen geschoben wurde. „Meinst du das Mädchen dort drüben?“, fragte er und für einen Moment stockte Yugi der Atem, als er Kiaras schwarzes Haar zu beiden Seiten der Trage herabfließen sah.

„Kiara!“, rief er und war mit einem Mal hellwach. Hastig riss er sich von dem Mann los und lief auf den Krankenwagen zu. „Was ist mit ihr? Kommt sie wieder auf die Beine? Geht es ihr gut?“

Einer der Sanitäter warf ihm einen strengen Blick zu, bis ihm die Ähnlichkeit von Yugi und Kiara auffiel. „Bist du mit ihr verwandt?“ „Sie ist meine Schwester?“, rief er aufgebracht.

Der Sanitäter beobachtete, wie die Trage in den Wagen geschoben wurde und wandte sich dann wieder Yugi zu. „Ehrlich gesagt, hat es deine Schwester übel erwischt. Ich kann dir noch nichts Genaues sagen, aber eine Gehirnerschütterung hat sie auf jeden Fall. Was ist passiert?“, fragte er, während er Yugi am Ärmel ergriff und ihn in den Wagen geleitete.

Drinnen ließ sich Yugi auf einen Stuhl neben der Trage sinken. „Wir waren dabei, als das Haus explodierte. Die Druckwelle hat uns sozusagen eine kleine Rundreise spendiert.“

Der Sanitäter nickte und betupfte vorsichtig Yugis Platzwunde an der Stirn mit einem Wattepad, das er vorher mit einem Desinfektionsmittel besprüht hatte. Yugi kniff die Augen zusammen, als ein stechender Schmerz durch seinen Körper fuhr.

„Deine Schwester ist mit dem Kopf gegen die Mauer gefallen. Ich weiß also noch nicht wirklich, wie es genau um sie steht.“ „Können Sie meinen Großvater informieren?“, fragte Yugi zitternd.

Der Sanitäter blickte ihn kurz forschend an und nickte schließlich. Dann ließ er sich von Yugi die Telefonnummer geben und verschwand im Führerhaus.

Yugi rappelte sich auf und sah seine Schwester besorgt an. Ihre Augen waren geschlossen und ihr Atem ging flach. Ein dicker Verband schmiegte sich um ihre Stirn und eine Halskrause schützte ihren Hals.

Yugi hatte das Gefühl, als würde in seinem Innersten ein Eisklumpen seine Eingeweide einfrieren. Ein furchtbares Gefühl von Kälte und Angst beherrschte ihn, als ihm klar wurde, wie schlecht es um Kiara stand.

Was sollte er machen, wenn Kiara nicht überleben würde? Doch beinah sofort schob er diesen Gedanken wieder beiseite. So schlimm dürfte es wohl kaum sein.

Das Gefühl, plötzlich schrecklich einsam zu sein, beschlich ihn. Er wollte Kiara aufwecken, sie durchschütteln, bis sie ihre Augen öffnete und ihn lächelnd umarmte, während sie ihm versicherte, dass alles in Ordnung sei. Doch als er sie wieder anblickte, wurde ihm klar, dass er sich nur falsche Hoffnungen machte.

Wäre dies alles doch nur ein schlechter Traum. Würde er doch nur aufwachen, in seinem Bett liegen und sehen, dass Kiara ihm gegenüber in ihrem Bett lag und friedlich schlief.

Doch es war kein Traum. Es war harte Realität.

Ihm gegenüber erschien der Pharao, der Yugi traurig anblickte. „Ist mir dir alles in Ordnung, Yugi?“ „Das ist alles meine Schuld.“ „Nein, Yugi, das ist doch …“ „Doch das ist es. Wenn ich nicht einfach da herumgestanden hätte, als wäre ich festgewachsen … wenn ich nur auf sie gehört hätte …“ „Du standest unter Schock, Yugi! Gib dir nicht die Schuld, weil du …“ „Weil ich was? Weil ich die Nerven verloren habe?“ „Yugi!“ „Hör auf, Pharao! Du kannst es drehen und wenden, wie du willst. Hätte ich auf Kiara gehört, wäre es gar nicht erst so weit gekommen.“

Eine Weile herrschte Schweigen, bis Yugi schließlich flüsterte: „Glaubst du, sie wird …“ „So darfst du gar nicht erst denken.“, unterbrach der Pharao seinen Gedankengang, doch er konnte nicht verhindern, dass ihn plötzlich eine furchtbare Angst erfasste. Wenn Yugi nun Recht hatte?

Die Fahrt zum Krankenhaus kam Yugi endlos vor und als sie in der Notaufnahme ankamen, hatte er das Gefühl, alles würde sich nur in Zeitlupe abspielen.

Einer der Sanitäter führte ihn in ein Behandlungszimmer, während Kiara eilig in einen OP-Saal geschoben wurde. Von da an verlor Yugi seine Schwester aus den Augen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Yatimu
2008-11-21T20:55:40+00:00 21.11.2008 21:55
Wow!
Ein cooler Anfang!
Ich bin gespannt wie es weiter geht!
Du schreibst echt schön!
Es lässt sich super schön lesen!
*1geb*


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