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Mein Tischnachbar ist ein Idiot!

von

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Nachdem sie ihre Eisbecher mehr oder weniger geleert hatten und die Kellnerin mit einer ganz kleinen Eisschlacht in den Wahnsinn getrieben hatten, bezahlte Tobi wegen seiner einzigartigen – und nur heute vorhandenen – Großzügigkeit das Eis und zu viert machten sie den Abgang.

„Sowas müsste man öfter machen.“ Florian grinste immer noch leicht vor sich hin. „Aber mit einer Kamera, ich will das Gesicht von dieser Frau in mein Zimmer hängen. Da hab ich immer was zu lachen.“

„Du hast doch ständig Henning dabei, über den kannst du auch lachen“, unterbrach Tobi ihn und wurde dafür fast von Henning gegen die nächste Straßenlaterne geschubst.

„Da hat er aber Recht“, machte sich Florian noch zusätzlich beliebt. „Komm, sag auch was Nettes.“ Er stieß Johannes mit dem Ellbogen in die Seite; da hatte jemand heimlich bei Herrn Unromantisch Nachhilfe genommen, es fühlte sich jedenfalls so an. „Vielleicht sieht er dann endlich ein, dass er die größte Lachnummer von uns allen ist.“ Das hatte er ebenfalls abgekupfert. Oder sie kamen so gut miteinander aus, weil sie beide einen Hang zum Fieß sein besaßen.

„Ich bin unparteiisch“, zog sich Johannes ganz schnell aus der Affäre, „vielleicht sag ich meine Meinung morgen früh.“ Falls er bis dahin nicht geflohen war. „Oder auch nicht, kommt drauf an.“

„Tja, nicht jeder hackt aus Dummheit gerne auf anderen herum.“ Provozierend streckte Henning seinem Kumpel die Zunge raus.

Doch keine drei Minuten später verstanden sie sich wieder blendend, hatten sich bei einander eingehakt und sangen so ungefähr alle Lieder, die ihnen spontan einfielen, angefangen beim 'Roten Pferd' bis zu den 'drei Chinesen mit dem Kontrabass'. In diesem Fall allerdings ohne Kontrabass – das schien den zwei Falschsängern nicht zu gefallen –, dafür mit einer Ananas, bei Tobis kleinem Solo sogar mit einem Regenfass. Kreativität musste man haben.

Natürlich wurden sie deshalb von entgegen kommenden Passanten dumm angeguckt; es kam halt nicht sehr oft vor, dass vier leicht gestörte Jugendliche eine Gesangseinlage in der Öffentlichkeit gaben, die auch noch so schräg wie möglich klang.

Am besten steckte Tobi seinem Freund noch die Zunge in den Hals, damit die Leute um sie herum erst recht etwas zu Sehen hatten. Und nachher zum Beschweren.

So etwas ähnliches schien sich Tobi überlegt zu haben, denn seine bösen, vorwitzigen Finger legten sich auf Johannes’ Schulter, zogen ihn zu sich und ließen schließlich nur los, weil Johannes ihm genervt zuzischte, dass er ihn heute schon einmal gegen die Regeln mehr als nur angefasst hatte.

„Mann, das hält ja niemand zwei Wochen aus“, moserte Tobi vor sich hin und beobachtete ein wenig neidisch Florian und Henning, die sich keine Gedanken um potentielle Zuschauer machten. Lag wohl daran, dass sie weder schwul noch zusammen waren. Obwohl das einige vermuteten, was nur dadurch entstand, weil die zwei gerne auf diese Art provozieren. Zwar ohne deutliches Rumgemache und solches Zeug, aber sie schafften es trotzdem immer wieder, nur durch kleine Gesten oder zweideutige Sätze, die Leute zu verwirren. Das gefiel Tobi natürlich ziemlich.

Nach einem interessanten Trip durch die Innenstadt landeten die Krachmacher und Johannes bei Tobi zuhause, machten seine Mutter auf sich aufmerksam und verzogen sich schnell in das Chaoszimmer, um dort ihr Unwesen zu treiben. Wie auch immer das aussehen sollte.

„Flo, Henning, beschäftigt euch mal kurz, wir haben mal was zu tun“, erklärte Tobi seinen verdutzen Freunden, als er schon dabei war, Johannes auf sein Bett zuzuschieben– natürlich ohne ihn vorher einmal zu fragen oder wenigstens vorzuwarnen – und nicht gleichzeitig über eine seiner vielen Stolperfalle auf dem Boden zu segeln. Multitaskingfähigkeit braucht man wirklich in diesem Räumchen.

„Äh, okay.“ Schulterzuckend hockten sich die zwei auf ein Plätzchen – ein kleines Viereck ohne störenden Bodenbelag – , Flo zauberte ein paar vereinzelte Spielkarten aus seiner Hosentasche und sie begannen 'Metzger‘, ein sehr gewalttätiges Kartenspiel, zu spielen, während Johannes sich auf der anderen Seite des Zimmers am liebsten sehr laut aufgeregt hätte, dass Tobi sich nicht einmal in der Anwesenheit seiner Freunde – von denen einer gerade abzukratzen schien, so laut wie er rumschrie – zusammenreißen konnte. In welcher Welt lebten sie denn hier?

„Tobi, ist ja schön, dass du dich so freust, weil ich da bin“, redete Johannes einfach drauf los, „aber muss das jetzt unbedingt sein? Morgen haben wir doch auch noch Zeit. Oder Übermorgen, von mir aus auch am Sonntag. Aber nicht jetzt!“ Zwar sollten Florian und Henning an solche Szenen gewöhnt sein – sonst hielten sie es bestimmt nicht seit ungefähr einen kleinen Jahrzehnt bei 'Valentina' aus –, aber er selbst fand das nicht so angenehm, von anderen Menschen, die er seit einer Viertelstunde kannte, bei explizieten Interaktionen mit Tobi beobachtet zu werden. Obwohl die beiden sich lieber darauf konzentrierten, sich gegenseitig ins Krankenhaus zu bringen statt die interessierten Zuschauer zu mimen. Man müsste hinweisen, dass sie etwas verpassten.

„Stell dich doch nicht immer so an.“ Sehr genervt vom Verhalten seines Freundes ließ Tobi ihn gnädigerweise los, setzte sich aufs Bett und tat so, als wäre er beleidigt. Toll. „Die beiden werden nichts sehen, was sie nicht mindestens schon einmal live erlebt haben.“ Hoffentlich mussten sie bis jetzt nicht jede vorläufige Beziehung von Tobi von Anfang an mitverfolgen, da wären sie ja fast schon geschädigt fürs Leben. „Außerdem haben sie ja besseres zu tun.“

Das stimmte, Florian schimpfte momentan auf Hennings extrem gemeine Brutalität und dieser freute sich einfach nur, dass er ein weiteres Mal seine Rache für die kleinen Sticheleien bekommen hatte. Langsam fand Johannes immer mehr, dass sie zu Tobis als Freunde passten.

„Fangt ihr an oder seid ihr schon fertig?“, fragte Florian, während er seine Karten wieder verschwinden ließ. „Ich will nämlich nicht länger mit diesem kleinen Freak hier was zu tun haben, er ist gemein gefährlich, passt auf.“ Um seine Aussage zu unterstützen streckte er seine Hand hoch, die tatsächlich ein paar seltsame rote Muster aufwies. Manche Menschen übertrieben es gerne, wenn sie spielten.

„Wir haben gar nicht angefangen, weil ihr dafür erst den Raum verlassen und zusammen mit meiner Familie das Haus räumen müsstest.“ So viel Aufwand wollte er nicht unbedingt dafür veranstalten, außerdem hätte es seine Eltern sicher interessiert, weshalb sie für kurze Zeit den Nachbargarten aus nächster Nähe betrachten durften. Und dann hätte Johannes wieder Terror gemacht, weil ihm das auch nicht recht gewesen wäre, wenn sie es schon erfahren hätten.

Manchmal fragte man sich, wer hier von beiden der kompliziertere war.

„Naja, auch nicht schlimm, das macht ihr das einfach, wenn wir weg sind.“ Etwas anderes hatten sie auch nicht vorgehabt. Schlauer kleiner Henning. „Aber irgendwas müssen wir jetzt machen, sonst wird es langweilig.“

„Tobi, tu was, er wird uns alle wie immer auf die Nerven gehen, wenn wir nicht gleich was machen“, seufzte Florian und wedelte gespielt theatralisch mit den Armen in der Luft herum; wollte er einen fiktiven Schwarm Fliegen verscheuchen? Oder seinen störenden Fanklub? Das sah mehr als bescheuert aus.

„Klappe, ich überlege auch gerade.“ Freundlichkeit wurde hier wirklich groß geschrieben. „Wie wäre es mit Wizard? Das ist einfach genug für euch und man kann sich nicht dabei umbringen.“ Auf was er da wohl anspielte? Ganz sicher nicht auf die vorige Aktion der zwei Idioten.

„Ja, geht in Ordnung.“ Damit war Henning auch zufrieden.

„Was soll. das sein?“ Unter diesem Namen konnte sich Johannes nichts vorstellen – außer ein paar Verrückte, die sich als Zauberer verkleideten –, vielleicht erklärte ihm einer der drei netten Jungs die Regeln von diesem Ding. Was auch immer das sein sollte.

„Wirst du gleich sehen.“ Waghalsig stürzte sich Tobi auf den größten Berg mit der meisten Auswahl an unterschiedlichen Objekten und fand nach drei Minuten ein kleines Kästchen, indem sich ein Stapeln Karten befand. Nicht schon wieder, mit solchen Zeug stand Johannes gerne auf Kriegsfuß, er bekam nämlich meistens die dümmsten Karten, die keinem Menschen oder ihm selbst nur Pech brauchte. Zum Bespiel bei Maomao oder diesen anderen Horrorteilen für kleine Kinder.

„Schön.“ Eigentlich nicht, aber auf ihn hörten ja eh keiner. „Und wie geht das?“

„Also...“ Henning wollte mit einer unglaublich langen und sehr verwirrenden Erklärung beginnen, doch Florian fehlten dazu die Nerven.

„Spiel einfach mit, du wirst es dann merken.“

Juhu, da standen seine Chancen zu gewinnen richtig gut, wie schafften diese Personen das nur?

Johannes wurden ein paar quietsch bunte Karten mit irgendwelchen Pseudofantasymustern in die Hand gedrückt – sicher die Billgversion aus dem Eineuroshop – und versuchte sich, ohne genaue Kenntnisse in das Geschehen einzubringen.

„Nein, nicht die Farbe, du musst blau legen“, machte ihn Tobi schon zur Schnecke und warf ihm die Karte zurück auf den Schoß. „Denk doch mal mit, Mann!“

„Keine drei, du musst mindestens eine fünf haben“, nervte Florian noch dazwischen, bis Johannes schließlich gar keine Lust mehr hatte und einfach den ganzen Stoß ablegte.

„So wird das nichts“, stellte Henning bedenklich schnell fest – nach fast einer halben Stunde – und weihte Johannes so gut es ging in die Logik dieses Unterhaltungsdings ein. Zwar verstand man dadurch auch nicht unbedingt alles, aber Johannes wurde wenigstens nicht ständig für falsche Sachen angemeckert.

Nach zwei Stunden, in denen Florian fast immer gewonnen hatte – seltsamerweise mischte er auch immer die Karten –, beschloss Tobi, etwas Essbares aus der Küche zu klauen, weil er seinen Freunden nicht antun wollte, zusammen mit seiner Familie am Küchentisch zu essen. Seiner Meinung nach unterhielten die sich nämlich nur über totlangweilige Themen, die nicht unbedingt jeder miterleben musste.

„Endlich ist er weg, jetzt können wir über ihn lästern“, schlug Henning vor und wartete, dass jemand anfing. Nichts tat sich, dumm gelaufen.

„Okay, dann halt nicht. Erzähl uns was von dir!“, belagerte er Johannes, der davon nicht erfreut war. Da kam man sich ja vor wie in einer dieser unterirdischen Talkshows. Fehlten nur noch die unehelichen Kinder und die ätzende Moderatorin.

„Was denn? Ich heiße Johannes Sander, bin noch 16 Jahre, gehe mit eurem Freund in eine Klasse, fand ihn am Anfang total dumm, habe zwei Geschwister, meine beste Freundin ist mit meinem Bruder zusammen, ich kann Bitterschokolade nicht ausstehen, bin eine Niete in Sport, ähm...“ Am besten hielt er ihnen gleich noch seinen Stammbaum unter die Nase und seine Zeugnisse aus der ersten Klasse. Das musste ungefähr denselben Spannungsgrad erreichen.

„Interessant.“ Guter Witz! „Über uns gibt es nicht so viel zu sagen.“ Das behauptete eigentlich jeder und zum Schluss redete er trotzdem einen ganzen Roman über sich selbst. „Flo und ich sind beide fünfzehn, ich bin Einzelkind, er hat eine Zwillingsschwester, im Moment schlagen wir uns in der neunten Klasse auf dieser komischen Realschule durch – du kennst die sicher, da soll angeblich alles so schlimm sein – und gehen Tobi seit dem Kindergarten so oft es geht auf die Nerven.“

„Mehr oder weniger, meistens liegt es an dir“, fügte Florian noch hinzu.

„Da ergänzt ihr euch alle ja sehr gut.“ Vielleicht sogar zu gut, da musste man immer aufpassen. „Ist Tobi zu euch auch immer so gewalttätig, wie zu mir am Anfang?“ Dieses Mysterium sollte mal geklärt werden.

„Nein, eigentlich nicht. Höchstens etwas fies, aber das sind wir ja auch.“

„Schön, dass wieder über mich geredet wird.“ Tobi stand mit einem kleinen Tablett in der Hand in der Tür. „Ich fühle mich fast wie einer dieser intelligenten Promis aus dieser Zeitung mit vier Buchstaben.“

„Dann freu dich, so wirst du bald bekannt und berühmt.“ Kaum stand das Tablett in seiner Reichweite, schnappte sich Florian ein Brötchen davon. „Aber halt nicht unbedingt im positiven Sinn.“

Während des Essens führten sie ihr Dummgeschwätz weiter fort, wobei Johannes eher daneben saß und die Niveaulosigkeit über sich ergehen ließ. Manchmal war er ja auch nicht besser, also sagte er dazu einfach nichts.

Ein leises Klopfen an der Tür unterbrach Henning in einer seiner detailreichen Schilderung über Florians beste Unterrichtskommentare und Sarah kam herein, in der Hand ein Telefon.

„Tobi, sind Henning und- Oh, hallo! Flo, deine Mutter ist dran, sie hat schon die halbe Nachbarschaft angerufen.“

„Naja, passiert.“ Anscheinend vergaß er öfter, seine Eltern über seinen Aufenthaltsort zu informieren. Das holte er nun nach. „Hallo Mama... ja, tut mir leid... ja, ich bin bei Tobi, hörst du doch... Henning auch... kann ich hier übernachten?... okay, ich komm morgen irgendwann wieder, tschau!“ Er beendete das Gespräch und seufzte genervt. „Müssen die immer hinter mir her telefonieren? Ich bin doch kein kleines Kind mehr!“

„Sagen sie alle.“ Henning stahl ihm das Telefon aus der Hand. „Ich ruf auch mal lieber an, sonst nervt es morgen wieder.“ Er tippte eine Nummer ein und wartete kurz. „Hallo... ich bin bei Tobi, übernachte hie auch, komme morgen wieder... ja, ich hab meine Hausaufgaben gemacht... nein, ich gehe morgen nicht mit euch einkaufen... nein! Bis dann.“

Er gab das Kommunikationsmittel an Johannes weiter. Hoffentlich wirkte sich das nicht allzu stark auf die Telefonrechnung der Lohrs aus, sonst hätte Tobi ein kleines Problem.

„Oh, hallo Tanja!“ Seit wann ging sie bi ihnen ans Telefon? Moment... das gabs doch nicht. Aus Gewohnheit hatte er ihre statt seiner eigenen Nummer gewählt. Peinlich, Tobi grinste sich deswegen neben ihm schon einen Ast.

Nach kurzer Klärung erreichte er zuhause seine Mutter, behauptete irgendetwas, was mit Referat und Schule in Verbindung stand und schaffte es somit, dass sie sich nicht wunderte, dass er bei dem bösen kleinen Schlägerjungen übernachtete. Sobald es um Schule ging, verstanden Eltern so gut wie alles, unheimlich.

„So, du kannst dann gehen“, versuchte Tobi seine kleine Schwester aus dem Zimmer zu verjagen, doch das ließ sie sich nicht gefalle, sondern quetschte sich auf ein Fleckchen zwischen Florian und Johannes, bediente sich ohne Erlaubnis am Tablett und wollte wissen, weshalb Tobi gleich drei Leute eingeladen hatte.

„Weil ich Bock dazu hatte“, antwortete ihr Bruder, „reicht das oder brauchst du eine schriftliche Erklärung mit Datum und Unterschrift?“

„Nein, aber wieso ist Johannes hier? Ich dachte, du findest ihn doof?“

„Ja, weil... ja... hm...“ Was erfand Tobi nun auf die Schnelle, ohne dabei zu erwähnen, dass sie kurz vor der Heirat standen? Improvisieren fiel ihm wohl nicht so leicht.

„Weil ich ihn dazu gezwungen habe“, schaltete sich Florian ein, „ich wollte nämlich mal wissen, wer oder was 'Johannes Sander' ist und wie man ihn am besten zur Schnecke machen kann.“ Was für ein nachvollziehbarer Grund, sogar Sarah fand das nicht sehr logisch. Aber wer nahm schon Rücksicht auf jüngere Geschwister?

Bevor sie noch genauer nachfragen und die Jungs damit in Erklärungsnot bringen konnte, warf Tobi sie sehr schnell raus, um sich wieder auf das Essen vor ihm zu konzentrieren.

„Wo sollen wir eigentlich schlafen? Auf dem Boden nicht, oder?“ Das traute Johannes Tobi sogar zu, falls er gerade zu gute Laune hatte. „In dein Bett passen wir alle nicht.“

„Wir könnten es versuchen.“ Von dieser Idee schien Henning begeistert zu sein, vielleicht tat er auch nur so. „Ihr macht euch alle ganz klein und ich bekomme den meisten Platz.“

„Ja, so siehst du auch aus. Vergiss es, der einzige, der in mein Bett kommt, ist Johannes.“ Das klang nicht gut. „Ihr dürft euch was anderes suchen. Unten haben wir noch eine sehr unbequeme Couch für überflüssigen Besuch. Mit hässlichen Kissen und ohne Decke.“

„Danke, wir haben dich auch voll lieb, du Depp.“ Beim Thema Betten verstand Florian wohl keinen Spaß. „Ihr werdet irgendwo noch eine Matratze für uns haben, sonst holen wir uns eine.“

„Klar haben wir eine, Blitzmerker, oder worauf hast du vorher immer geschlafen? Bestimmt nicht auf meinen Schulheften. Ich müsste das Ding nur mal finden...“

„Dann beeil dich, wir warten solange.“ Demonstrativ verschränkte Henning die Arme und summte 'alle meine Entchen' vor sich hin. Aus Protest tat es Florian ihm nach.

„Wie im Kindergarten“; beschwerte sich Tobi, räumte das Geschirr und das übrige Essen vom Boden auf das Tablett und hob es hoch. „Ich suche, ihr räumt auf, kapiert?“ Natürlich wartete er nicht, bis jemand ihm antwortete, sondern brachte die Sachen weg. Keiner der übrigen drei rührte sich, um Putzfrau zu spielen, das war ihnen wirklich zu blöd.

„Wir gehen dann aber noch nicht schlafen, es ist erst sieben Uhr und außerdem haben wir Wochenende.“

„Ich bin aber müde, Henning“, gähnte Florian ihm vor, „siehst du?“

„Dann geh Abends nicht immer zu spät ins Bett“, erwiderte sein Freund, der noch lange nichts an ins Bettgehen dachte, um sieben waren noch nicht einmal die Grundschüler müde. Höchstens ein paar wenige besondere Ausnahmen.

„Keine Schlägerei.“ Zivilisation kannten die hier alle nicht richtig, fand Johannes. „Das könnt ihr auch machen, wenn ich nicht da bin.

Als Tobi mit einer extragroßen Matratze zurück kam, regte er sich erst über seine nicht ausgeführte Forderung auf, brachte seine Freunde schließlich dazu, wenigstens den Platz vor dem Bett leerzuräumen und zwang sie am Schluss, einen dieser 0815-Filme im Fernsehen mit ihm zu gucken, bei dem Florian schon mitten drin heimlich wegpennte.

Dasselbe hätte Johannes gerne auch getan, aber erstens war es für ihn etwas zu hell und zweitens wäre es Tobi aufgefallen, weil er sich direkt neben ihn gesetzt hatte. Pech gehabt, er musste es aushalten, ob er wollte oder nicht.

So ertrug Johannes fast zwei Stunden lang das versucht coole Verhalten von ein paar Möchtegernhelden, die ihm ziemlich auf den Geist gingen, und die unlogische Handlung, die ihm von irgendwoher bekannt vorkam.

Um die Katastrophe zu perfektionieren erwartete Sarah von ihnen, dass sie mit ihr noch etwas ansahen, was damit endete, dass sie einen dieser merkwürdigen, für Kinder produzierten Filmchen verfolgten, die von Einfallsreichtum nur von den richtig üblen Romantikstreifen getoppt werden konnten. Folterabend der nettesten Sorte.

Gegen zehn Uhr flüchteten die vier geschädigten Jungs in Tobis Zimmer, verschlossen die Tür und weigerten sich, in absehbarer Zeit wieder herauszukommen.

„Tobi, wieso hast du das zugelassen?“, fragte Florian vorwurfsvoll, der zwar nur die Hälfte mitbekommen hatte, allerdings hatte ihm das schon mehr als gereicht. „Damit kann deine Schwester Menschen zu Tode langweilen, willst du das wirklich?“

„Wenn du nicht die Klappe hältst, schon.“ Durch den Film war Tobi so gereizt, dass er schon eins seiner Kissen quer durch das Zimmer katapultiert hatte. „Sonst bring ich dich zu ihr und sie zeigt dir alle Folgen ihrer Lieblingsserie.“

„Willst du mich umbringen? Da geh ich lieber in die Schule.“ Das musste für ihn ein ziemlich außergewöhnliches Geständnis sein, so wie Henning ihn gerade ansah. Sozusagen Premiere des Wahnsinns.

„Jetzt bin ich auch müde, können wir vielleicht schlafen gehen?“; fragte Johannes auf die Gefahr hin, böse angenörglt zu werden, doch niemand hatte etwas dagegen, der Film schien schlimme Auswirkung auf das männliche Gehirn zu haben. Sofort verbieten lassen!

Da niemand irgendwelche Übernachtungssachen dabei hatte – Johannes höchstens seinen Schulranzen –, verlieh Tobi der Reihe nach Schlafanzüge, Handtücher und Waschlappen. Nur Zahnbürsten konnte er leider nicht auftreiben.

„Bestimmt bekomm ich jetzt Karies“, jammerte Henning herum, „ich will kein Loch haben!“

„Stell dich nicht so an, von einmal nicht putzen stirbst du nicht und deine Zähne auch nicht.“ Florian warf ihm ein Handtuch gegen den Kopf. „Wenn du es so schrecklich findest, kannst du ja Zahnpasta lutschen, vielleicht hilft es was.“

„Mach doch selber.“

Zum Schluss machte Tobi sich genervt zur Schecke, weil sie sich im Bad ein Wasserduell mit Zahnputzbechern lieferten und gegen halb elf lagen alle schön verteilt in Tobis Zimmer und unterhielten sich, denn ohne genaueren Grund waren alle plötzlich wieder putzmunter. Nur hatte niemand Lust, das Licht wieder anzumachen.

Johannes kuschelte sich ein wenig an Tobi, der sich wie gewohnt extrem breit in seinem eigenen Bett machte – natürlich sah er das nicht ein und schob die Schuld für den wenigen Platz auf Johannes – und nach den Geräuschen von der anderen Matratze zu urteilen versuchten Henning und Florian, ein von Tobis Kissen zu zerfetzen.

Leider bekam Johannes nicht mehr mit, ob sie es tatsächlich schafften oder ob Tobi davor das Kissen vor dem tragischen 'Feder verlier Tod' rettete, denn er schlief knapp an der Kante vom Bett einfach ein. Mit Auswandern wurde es also doch nichts mehr.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von: abgemeldet
2009-06-25T18:54:33+00:00 25.06.2009 20:54
wie geil xD
ich musste die ganze zeit lachen xD
ich hab entschieden dass ich flo auch super finde :D
gibts dieses metzger spiel wirklich? O.o
hört sich schmerzhaft an xD
ich muss jetzt aber erstmal gaaaanz schnell weiter lesen, vielleich fällt jo ja aus dem bett xD
was tobi alles mit ihm anstellen wird wenn flo und henning weg sind *g*
der abend erinnert teilweise einwenig daran wenn ich bei ein paar freunden schlafe, echt lustig^^

LG Phoenix
Von:  snowwhitedoll
2009-06-05T09:24:36+00:00 05.06.2009 11:24
Hahaha xD
Oha, mit 3 Verrückten so einen Abend zu verbringen, ist ja kein Wunder, dass Jo da müde wird^^
Henning und Flo sind echt voll okay, trotzdem mag ich das störrische Kleinkind Tobi lieber xD
Hach, mal schauen, wie lang er noch seine Hände bei sich behalten kann ^^

hugs
Von:  Laniechan
2009-06-04T18:26:16+00:00 04.06.2009 20:26
gott war das lustig ^^

auf die nacht bin ich ja mal gespannt ;), ich glaub nämlich nicht, dass tobi jo schlafen lässt. oder sagen wir mal, ich hoffe es ^^

henning und flo sind ganz nach meinem geschmack. ich mag die zwei. die können ruhig öfter vorkommen und jo foltern mit ihrer niveaulosigkeit XD
Von:  mogura
2009-06-04T14:49:29+00:00 04.06.2009 16:49

Ooh, schaaaade. Ich dachte jetzt, Tobi versucht irgendwelche Sachen im Bett.... das wär schon heiss gewesen xD
Von:  Bartimaeus
2009-06-04T13:29:26+00:00 04.06.2009 15:29
interessante freunde XD ich mag die zwei XDD
na hatten doch einen amüsanten abend, oder nicht? XD
ich fands lustig XDD


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