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Am Anfang war der Satz

Meine Oneshotsammlung für den Assoziatives-Schreiben-Zirkel
von

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Russisches Roulette (Witch Hunter Robin, Satz 07)

Zeitlich liegt dieser OS in Szene 23. Zur kurzen Auffrischung der Fakten: Nagira, Amons Bruder, unterhält sich mit diesem über Robin. Amon weiß nicht, ob er ihr vertrauen kann, oder ob sie sich, da ihre Witchkräfte immer stärker werden, vom Wesen her verändern wird. Nagira ist der Ansicht, dass sie noch genau dasselbe Mädchen ist, wie zuvor.

Kurze Zeit später, taucht Amon in Robins Zimmer auf. Er richtete seine Waffe auf sie, doch sie sagt, dass sie an ihn glaubt...
 

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Und doch war da diese schwache, bange Stimme in mir, die sich fragte, ob es sehr wehtun würde, wenn... wenn es ein schlechtes Ende nahm. Trotz der Tatsache, dass ich mich freiwillig stellte.

Würde es schmerzen? Würde Amon überhaupt auf mich schießen?

Wie fühlte es sich an, seine Witchkraft zu verlieren? Immerhin war es ja kein Körperteil - wie ein Arm oder ein Bein - nichts festes also. Merkte man es überhaupt? Ich versuchte mich daran zu erinnern, wie die Opfer unserer Jagden ausgesehen hatten, als die mit Orbo gefüllten Patronen in ihre Körper einschlugen.

Krämpfe. Sie hatten sich stets unter Schmerzen gewunden, wenn sie nicht gar ohnmächtig geworden waren. Erst jetzt, wo ich selbst auf der Seite der Beute stand, fiel mir auf, wie absurd das doch war. Zaizen, die Factory, Salomon... Sie alle behaupten, wir würden die Witches "human" bekämpfen. Aber ging das überhaupt? Gab es so was wie humane Kämpfe? Oder waren auch wir nicht besser, als die Menschen im Mittelalter, welche ihresgleichen auf Grund von Aberglaube, Neid und übertriebener Frömmigkeit folterten, bei lebendigem Leibe verbrannten.

Mein Blick glitt zu der Waffe, welche Amon auf mich gerichtet hatte. Gab es überhaupt noch ein "wir"? Oder sah auch er die Welt nur in schwarz und weiß, so wie ich es früher getan hatte?

Es war so einfach gewesen. Die Anderen waren die Bösen, wir die Guten - was sonst... Die alte Hexe aus dem Viertel hatte recht. Die Welt war nicht so beschaffen, wie wir es uns wünschten, nicht nur Licht und Dunkelheit. Es gab Farben, Grautöne.

Man konnte sie nicht einfach in zwei Hälften teilen. Es hieß stets neu zu entscheiden, stets neu zu wählen, welchen Pfad wir gehen würden. Mit jeder Sekunde die verstrich, konnte sich ein Mensch sowohl zum Guten als auch zum Bösen wenden. Niemand wird als das reine Böse geboren, niemand als das reine Gute. Wir sind die Summe unserer Entscheidungen.

"Wie wirst du dich entscheiden Amon? Ich werde keinerlei Widerstand leisten, ganz gleich, zu welchem Ergebnis du kommst. Aber bitte, tue es jetzt." Die Ungewissheit quälte mich mehr, als alles andere. Ich musste wissen, woran ich war. Konnte ich ihm trauen?

"Du bist eine Hexe." Seine Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Ich versuchte an seinem Tonfall heraus zu finden, was er dachte, aber es war unmöglich. Er klang nüchtern, sachlich, emotionslos - wie immer.

Ich wusste nicht, ob es eine Frage oder eine Feststellung war, deshalb nickte ich vorsichtshalber. Die Tatsache, dass ich selbst Witchkräfte besitze, war kein Geheimnis und bereits an meinem ersten Tag in der STN-J bekannt geworden. Welchen Sinn hätte es, das Offensichtliche zu leugnen?

"Du hast Hexen gejagt." Wieder nickte ich. Natürlich hatte ich meinesgleichen gejagt - meine ganze Erziehung hatte sich darauf ausgerichtet, diese Aufgabe zu erfüllen. Die 16 Jahre meines bisherigen Lebens hatte ich nicht nur damit verbracht, zu lernen, wie man den Verlockungen der Kräfte widersteht, sondern auch wie man die Wesen, die Witches genannt werden, unschädlich macht.

"Auf welcher Seite stehst du?" Was war das für eine Frage? Inzwischen war ich mir nicht einmal sicher, welche Seiten es eigentlich gab.

"Auf meiner." Ich war weder vollkommen für, noch vollkommen gegen die STN-J. Ich wusste, dass es sowohl gute, als auch böse Hexen gab, ebenso wie es sowohl gute als auch böse Menschen gab.

"Du bist Jäger und Beute, Täter und Opfer. Das erste Mal in meinem Leben, weiß ich nicht genau, was ich tun soll." Gebannt hörte ich seiner Stimme, die plötzlich einen Teil ihrer Kälte verloren zu haben schien, zu. Oberflächlich wirkte sie wie immer, doch in der Tiefe vermeinte ich einen wahren Widerstreit der Gefühle wahrzunehmen. Doch das erschien mir absurd. Amon, welcher sich seiner Gefühle nicht sicher war? Amon, welcher überhaupt Unsicherheit zeigte? Das war... unmöglich.

"Ich habe den Befehl dich unschädlich zu machen. Und doch weiß ich nicht, ob ich das überhaupt kann. Was tust du mit mir? Ist das ein Fluch? Ein Zauber, den du über mich gelegt hast?"

Stumm schüttelte ich den Kopf.

"Wir werden das Schicksal entscheiden lassen, was ich tun soll. Kennst du den Begriff russisches Roulette?" Er zog eine andere Waffe hervor, einen antik wirkenden Revolver. "Dieses kleine Ding, lässt sich mit bis zu 6 Patronen laden. Ich weiß nicht mehr, wie viele noch in der Trommel sind. Lassen wir also das Glück entscheiden."

Er hatte sich gegen mich entschieden. Ich kannte Amon, er lud seine Waffen stets vollständig. Es würde keine leeren Kammern in der Trommel des Revolvers geben. Es gab gar keine andere Möglichkeit, als dass ich getroffen wurde. Doch ich hatte versprochen, nicht wegzulaufen. Und so stand ich still und wartete auf den Schuss.

Was folgte, erschien mit nahezu wie in Zeitlupe. Er versetzte die Rolle in Drehung, dann hörte ich, wie sie klickend einrastete. Mit quälender Langsamkeit spannte er den Hahn. "Du fliehst nicht?"

"Nein." Ich würde standhaft bleiben. Was brachten mir meine Kräfte, wenn ich dafür das Vertrauen der Menschen in mich aufgeben musste? Lieber verlor ich meine Kräfte, als dass ich mit ansehen musste, wie sich all meine Freunde nach und nach von mir abwandten, weil sie meine Gabe fürchteten - oder wenn sie sogar Jagd auf mich machten. Sogar der Tod wäre besser.

Ich schaffte es nicht Amon ins Gesicht zu blicken, sondern richtete mein Augenmerk auf seinen Zeigefinger, welcher sich gemächlich um den Abzug krümmte. Innerlich bereitete ich mich auf den folgenden Schmerz vor, versuchte mich zu wappnen. Dann zog Amon ruckartig den Auslöser durch.

Nichts geschah. Ein dumpfes Klicken ertönte, aber keine orbogefüllte Patrone schoss auf mich zu, kein Knall war zu hören.

Der Arm meines Gegenübers senkte sich wieder. Erstaunt sah ich auf, und war noch verwunderter, als ich ein Lächeln auf seinem Gesicht sah. Er richtete den Lauf zu Boden, spannte den Hahn und drückte ab - insgesamt 5 Mal. Nie war mehr als ein dumpfes Klicken zu hören.

"Scheint, als wäre er bereits leer gewesen", murmelte er vor sich hin, bevor er die Waffe in einer Tasche seines langen Mantels verschwinden ließ.

"Das Glück ist wohl auf deiner Seite, Robin." Ohne mit der Wimper zu zucken, drehte er sich um und schritt Richtung Ausgang. Dort wandte er sich noch einmal zu mir um. Immer noch war ich wie erstarrt, konnte nicht glauben, was soeben passiert war. "Komm. Wir haben noch viel zu erledigen."

Ich merkte, wie die Tränen begannen mir über die Wangen zu perlen, aber es störte mich nicht. Es waren Tränen des Glücks, denn ich war mir nun bewusst, dass ich eines der wertvollsten Dinge der Welt besaß. Amons Vertrauen.

Denn: Er vergaß nie, seine Waffe zu laden.
 

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Klein, aber mein.

Ich hoffe, es gefiel euch. Wenn das der Fall war: Kommentiert bitte. Wenn das nicht der Fall war: Kommentiert bitte trotzdem und erklärt mir einfach, was euch nicht gefiel - dann kann ich es das nächste Mal besser machen. :)



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  _Delacroix_
2008-10-31T21:54:54+00:00 31.10.2008 22:54
Hi^^

Ich habe gerade deine Story gelesen und bin - trotz fehlender Serienkenntnis - ziemlich begeistert. Die Charaktere sind gut nachvollziehbar und es ist sehr schön spannend geschrieben.

Da kriegt man richtig Lust sich die Serie Mal anzusehen.^^

Herzlichen Glückwunsch zum YUAL und Happy Halloween

Roryn
Von:  DINO2011
2008-10-15T13:08:29+00:00 15.10.2008 15:08
Ich muss sagen, ich bin sehr erstaunt über diese Geschichte. Sie hat mich wirklich in ihren Bann geschlagen und ich bin begeistert von dem Stil in dem sie geschrieben ist. Es passt alles wirklich sehr gut zu Witch Hunter Robin und ich kann nur sagen, das ich selten so viel IC gelesen habe, zumindest soweit ich das jetzt beurteilen kann.

Dennoch habe ich zwei Stellen gefunden, die mir so gar nicht gefallen wollen:

>Wie fühlte es sich an, seine Witchkraft zu verlieren? Immerhin war es ja kein Körperteil, wie ein Arm, oder ein Bein, nichts festes also.<

Du vergleichst hier die Witchkräfte mit anderen Körperteilen und nimmst als Beispiel Arme und Beine, schreibst dann aber im zweiten Satz >nichts festes also.< was mir nun, in der Konstellation, sagt, das du Arme und Beine als nichts festes ansiehst, was es aber offensichtlich nicht ist. Vielleicht solltest du das Ende des zweiten Satzes etwas anders formulieren? (vielleicht bin auch ich einfach zu blöd, um zu kapieren was du geschrieben hast?)

>Er richtete das den Lauf zu Boden, spannte den Hahn und drückte ab - insgesamt 5 Mal. Nie war mehr als ein dumpfes Klicken zu hören.<

Hier bin ich mir sicher das du einfach übersehen hast, das du den Satz ursprünglich anders schreiben wolltest und es mitten im Schreiben geänert hast. Das >das< nach >richtete< gehört weg, zumindest meiner Meinung nach.

mfg DINO


Von: abgemeldet
2008-10-05T17:07:25+00:00 05.10.2008 19:07
Wow, ich muss gestehen, dass mir dieser Oneshot richtig richtig gut gefallen hat!
Er war spannend, atmosphärisch und in sich wunderbar stimmig.
Du hast den Satz perfekt eingebaut, man könnte wirklich denken, dass er genauso für diese Geschichte geschrieben wurde und nicht, dass er Vorgabe war. Wirklich klasse!

Auch die Charaktere hast du sehr gut getroffen - auch wenn ich zugeben muss, dass es schon eine halbe Ewigkeit her ist, dass ich den Anime gesehen habe (und damals auch nicht ganz bis zum Ende ^^°)

Insgesamt also ein mehr als gelungener Oneshot, der einen beim Lesen total fesselt, mitreißt und eintauchen lässt. Auch dein Schreibstil ist sehr flüssig und angenehm zu lesen und unterstreicht das Ganze nochmal perfekt.
Wirklich gelungen!
Von:  Technomage
2008-09-29T10:22:27+00:00 29.09.2008 12:22
Hao^^,

ich habe eigentlich keine Kritik anzubringen, außer dass ich mich schändlicherweise von dir spoilern lassen musste, da ich Witch Hunter erst neulich angefangen habe zu sehen und erst bei Episode 18 bin *g*.
Der Erzählstil hat mir gut gefallen und die Charaktere, sowohl Amon, als auch Robins Introspektive fand ich sehr authentisch, soweit ich das bei der Serie schon beurteilen kann.
Mehr kann ich eigentlich dazu nicht sagen ^^°. Sehr gelungener OS.

grüße,
shu.
Von:  Ito-chan
2008-09-21T19:31:36+00:00 21.09.2008 21:31
Hi ^^

Ich hab irgendwie dank deiner Einleitung mehr verstanden als ich gehofft hatte und bin überrascht. Ist ganz nett geworden. ^^


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