One Shot
Regen.
Es regnete in Strömen.
Die Straßen waren überflutet von den Wassermassen.
Autos fuhren in alle Richtungen.
Fußgänger huschten über die Gehwege.
Manche von ihnen rannten. Manche versuchten, sich mit Regenschirmen oder -mänteln vor dem Regen zu schützen. Andere stellten sich dazu unter Planen oder Unterführungen.
Kleine Schulkinder hüpften fröhlich von einer Pfütze zur nächsten, sodass Schlamm und Wasser ihnen hoch an die Hosen spritzten.
Und in diesem regen Treiben spazierte ein junger Mann durch den Regen. Seine Haare, seine Klamotten waren durchnässt, doch es kümmerte ihn nicht.
Tyson Granger hatte nur zwei Dinge im Kopf: ein Lied, das seine Verzweiflung nicht besser hätte ausdrücken können. Und das Gesicht eines Jungen, der der Grund für seine Verzweiflung war. Nie, nie würden sie-
Tyson blieb wie angewurzelt stehen. Tränen vermischten sich mit dem Regen, sein Atem ging schwer.
Die Erkenntnis schmerzte - so sehr...
Er hielt es nicht mehr aus.
Er rannte los.
Ohne Ziel.
Ohne Orientierung.
Wollte einfach nur laufen.
Weit weg.
Ein paar Meter weiter saß sein bester Freund Max in einem Cafe´.
Ganz beiläufig sah er auf seine Armbanduhr. In 20 Minuten begann sein Match gegen Tyson. So langsam sollte er mal gehen. Seine Mutter und seine Teamkollegen warteten schon.
Max´ Blick fiel auf seinen Partner, Rick.
Er war gelassen, wie immer. Hoffentlich würden sie heute gewinnen.
Das Vorbeifahren eines Motorrads lenkte Max´ Aufmerksamkeit auf die Straße. Eine menge Autos fuhren vorbei.
Plötzlich schoss Tyson aus einer Gasse hervor und rannte kopflos mitten auf die Straße – und dann ging alles ganz schnell: Tyson rannte mitten vor ein Auto.
Das Auto konnte nicht mehr bremsen, erfasste Tyson und … er fiel, schlug mit dem Kopf hart auf dem Boden auf.
Max ließ seinen Löffel geräuschvoll in die Tasse fallen.
Rick musterte ihn verwirrt, sagte irgendwas zu ihm, doch Max schien taub geworden zu sein. Er konnte nur noch seinen eigenen Atem hören.
Alles schien für ihn wie in Zeitlupe abzulaufen. Er sprang auf, rannte aus dem Cafe´ auf die Straße, schob sich durch die Menschenmenge und fiel vor Tyson auf die Knie.
Sein bester Freund lag reglos da, blutete stark.
Der Fahrer des Autos rief einen Krankenwagen.
Ein Passant versuchte, Tyson zu helfen.
Und Max saß nur wie versteinert da…
Judy Tate stand in der Arena und tippte ungeduldig mit dem Fuß auf und ab.
Wo war ihr Sohn? Wo war Rick?
Ihr Handy klingelte.
Judy fischte es aus der Tasche ihrer Coachjacke.
Ihr Sohn war am anderen Ende der Leitung.
Seine Stimme zitterte, doch Judy verstand trotzdem alles – nur glauben konnte sie es nicht.
Langsam ging sie zum anderen Team rüber, zum Coach.
Wenn sie richtig informiert war, war er Tyson´s älterer Bruder.
Wie hart für ihn…
Lautes, schnelles Fußgetrampel hallte durch den Flur des Krankenhauses.
Ein hübscher Junge verursachte sie. Sein weißer Schal wehte hinter ihm her.
Vor dem O.P. –Saal sah er schließlich seine Freunde: Ray und Max, der sich an Ray geklammert hatte und schluchzte.
„Wo ist er? Sagt mir, wo er ist! Lebt er noch?!“ rief der Junge hysterisch.
Max zuckte zusammen, war diesen hysterischen Tonfall nicht von ihm gewöhnt.
Ray drückte ihn fester an sich und sagte zu dem Jungen gewandt: „Beruhige dich, Kai! Er ist immer noch im OP.“
„Wie soll ich denn da… ruhig bleiben?!! Was, wenn er es nicht schafft?!!!“
„KAI!!!“ wies Ray ihn zurecht, doch zu spät: seine Hysterie war schon auf Max übergegangen.
„Er hat recht, Ray! Was sollen wir bloß tun, wenn er stirbt?“
Ray strich ihm liebevoll eine Strähne seines blonden Haares aus dem Gesicht.
„Hey, daran darfst du nichtmal denken! Alles wird wieder gut.“
Wie sehr sollte er sich irren.
Wie, um ihm zu zeigen, dass er falsch lag, ertönte aus dem OP ein lautes Piepsen.
Herzstillstand.
Das dürfte nicht geschehen!!
Kai rannte in den OP, wollte zu Tyson, doch eine Schwester fing ihn ab.
Hilflos musste er zusehen, wie die Ärzte versuchten, Tyson widerzubeleben.
Einmal, zweimal, dreimal – vergeblich.
Dieses Piepsen… dieses unerträgliche Piepsen… wollte und wollte nicht aufhören.
Die Ärzte gaben auf, wollten die Geräte abschalten, doch Kai riss sich los.
„Nein! Nein!!! NEIN!!! Das dürfen Sie nicht!! Versuchen Sie´s nochmal!!“
Ein Arzt legte ihm eine Hand auf die Schulter.
„Lass gut sein, Junge. Er ist tot.“
Kai wollte nicht hören, warf sich auf Tyson. Schaute ihm weinend ins Gesicht.
„Tyson… wach bitte auf! Du darfst nicht sterben! Ich brauche dich…“
Keine Reaktion.
Kai biss sich auf die Lippen. „Bitte Tyson… Ich liebe dich… Lass mich nicht allein!“
Zart und unschuldig war der Kuss, den Kai ihm auf die Lippen hauchte.
Doch Tyson rührte sich nicht.
Er war tot.
Tot.
Kai brach endgültig in Tränen aus, brach auf Tyson zusammen, krallte sich an ihn.
Wünschte sich, auch sterben zu dürfen.
Doch sein Wunsch blieb unerfüllt…
Ach Kai…
Hättest du es ihm doch nur früher gesagt!
Dann hätte Tyson nicht aus lauter Verzweiflung über die Liebe zu dir… nicht diesen Unfall provoziert…
*schnief, schnüff*
Armer Kai…
Wer den Text vom besagten Lied haben möchte, schreibt das bitte in sein Kommi rein!!
Chiao, eure Tamanna
