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We are Gorillaz!

2-Ds Geschichte
von

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Die Freakschule

Prolog

Die Freakschule
 

Freakschule.

Als Stu diesen lächerlichen Spitznamen auf den Straßen Londons gehört hatte, hielt er ihn für einen dummen Scherz. Einen dummen Scherz, von irgendeinem dummen Londoner, der diese Schule noch nie ins seinem gesamten Leben zu Gesicht bekommen hatte.

Stuart Tusspot wusste sehr genau, wie solche Namen zustande kamen. Meistens waren es einfach nur maßlose Übertreibungen. Eine Strafe für einen Fehltritt, den man sich hatte zu Schulden kommen lassen. Wie unfair, dachte Stu und seine rechte Hand krampfte sich noch fester um die Schultasche. Oft waren es nur sehr kleine Fehler. Fehler, die man so überhaupt nicht wahrnahm. Ein falscher Schritt, ein falscher Blick. Und schon wurdest du mit derartiger Verachtung gestraft, als hättest du jemanden ermordet. Nein, schlimmer. Wenn man jemanden ermordet hatte, war man sich dessen bewusst, man hatte das völlig absichtlich getan. Man hatte es verdient. Dann war es fair.

Aber so…

Manchmal konnte man doch überhaupt nichts für diesen Fehler. Manchmal war es die Schuld eines Anderen. Und dennoch wurdest du bestraft. Mit Verachtung, mit bösen Spitznamen, mit einem Unfall der tödlich hätte enden sollen…

Stu hatte sich –er wusste nicht mehr wann- damit abgefunden, dass die Welt unfair war.

Lass die Vergangenheit ruhen, ermahnte er sich. Das hier war eine andere Stadt. Eine andere Schule. Niemand hatte ihn hier je zuvor gesehen. Niemand kannte seinen Namen.

Schwarzauge.

Face-Ache.

Blindwurm.

Hey, pass auf wo du hinläufst! Bist du blind? Hast du keine Augen im Kopf? Haha.
 

Eine Freakschule. Eine Schule voller Freaks.

Hatte er sich aus diesem Grund hier angemeldet?

Wegen dieses Londoners, der die Kong-Secondary-School Freakschule genannt hatte? Weil er gehofft hatte, dass es vielleicht doch kein Scherz gewesen war? Dass er unter einem Haufen Freaks untertauchen konnte? Dass er hier nicht weiter auffiel? Dass er hier endlich leben konnte?

Du warst dumm.

Stu rang sich nach schier endlosen Minuten dazu durch, sich zu bewegen. Es gelang ihm, sich aus seiner Starre zu befreien. Mit der Schultasche in der einen und dem Zettel, den er im Sekretariat abgeben sollte, in der anderen Hand, passierte er den Schulhof, auf dem sich die Schüler tummelten, um sich nach den langen Sommerferien wieder zu begrüßen. Er sah stur zu Boden. Seine Haare verdeckten sein Gesicht, seine Augen waren nicht zu erkennen. Stu konnte kaum etwas sehen.

Doch eines spürte er ganz deutlich: Das hier waren keine Freaks. Das waren völlig gewöhnliche Schüler einer völlig gewöhnlichen weiterführenden Schule in einem völlig gewöhnlichen Stadtteil. Der dumme Londoner hatte sich also doch einen Scherz erlaubt.

Natürlich hatte er das.

Das hier war keine Freakschule.

Freut euch, Leute, dachte Stu und biss sich frustriert auf die Unterlippe.

Freut euch, Leute. Ihr habt einen perfekten Außenseiter auf eure verdammte Schule bekommen.
 

So, das war der Prolog. Ich weiß, er besteht fast nur aus Gedanken, die ziemlich verwirrend sind, aber das spielt alles noch eine ziemlich große Rolle. Aber im nächsten kappi wird es spannender! Hinterlasst mir doch bitte einen kommi!
 

Bye

sb

Seine Augen

Kapitel 1

Seine Augen
 

Noch immer stur auf die ramponierten Kleenexx-Schachteln an seinen Füßen schauend bahnte sich Stu einen Weg durch die Massen. Wie er erleichtert feststellte, würdigten ihn die Schüler, an denen er sich vorbeidrängelte, keines Blickes. Sie waren viel zu sehr mit wichtigeren Dingen beschäftigt. Beispielsweise winkten sie irgendwelchen Freunden und Bekannten zu, die sie über die Sommerferien nicht gesehen hatten. Oder sie tauschten sich untereinander über ebendiese aus. Für den schmächtigen Jungen, der mit gesenktem Kopf und seltsam gebeugt und lustlos an ihnen vorbeischlenderte, war da kein Platz.

Natürlich fand es Stu keinesfalls schön, so einsam zu sein. Doch er wagte es nicht, auf eine Verbesserung zu hoffen. Dafür hatte er eindeutig schon zu viel erlebt. Zu viel Schlechtes. Manchmal kam es ihm so vor, als hätte er zu zahlreiche Erinnerungen für einen einfachen Sechzehnjährigen. Er konnte froh sein, wenn seine Mitschüler ihn nicht beachteten. Und nicht allzu viel herumschubsten. Mehr wollte er doch gar nicht. Erwartete er gar nicht.

Da in der ersten zeit allerdings nichts Schlimmes geschah, konnte Stu den kleinen Hoffnungsschimmer, der doch in seinem geschütztem Herzen zu keimen begonnen hatte, bald nicht mehr ignorieren.

Hier war keiner, der ihm einen bösen Spitznamen verpasste; hier war keiner, der ihm auf dem Gang ein Bein stellte, sodass er der Länge nach hinfiel; hier war keiner, der seinen Kopf in eine dreckige Kloschüssel drückte oder ihn in seinen Spinnt zwang. Langsam begann sich Stu in der Kong-Secondary-School wohl zu fühlen. Er fühlte sich nicht geborgen. Nein, dazu war es noch zu früh. Aber er hatte Angst mehr. Zumindest nicht mehr so viel.

Vielleicht würde er den ersten Tag doch unbehelligt überstehen. Und vielleicht würde dann alles gut werden.
 

Jetzt musste er erst einmal das Sekretariat finden und den Zettel abgeben, den er fest umkrallt hielt, als wäre er der wertvollste Schatz auf der ganzen Welt. In diesem Augenblick war er der wertvollste Schatz auf der ganzen Welt. Jedenfalls für Stuart Tusspot. Wenn er dieses Blatt Papier abgab, war er offizieller Schüler dieser Schule. Dieser wunderbaren Schule! Ein Gefühl durchströmte Stu. Es schien sich immer mehr in seinem Körper auszubreiten, bis es in die letzte Pore gelangt war. Er hatte es schon so lange nicht mehr gefühlt, dass es ihm ganz fremd geworden war. Er blickte kurz auf. Nur für den Bruchteil einer Sekunde.

Das Hochgefühl versteckte sich wieder hinter der dicken Mauer, die Stuart Tusspot um sein sensibles Herz errichtet hatte. Mit einem Schrecken stellte er fest, dass er nicht wusste, wo im Schulgebäude er sich befand. Ewig ausschließlich zu Boden zu blicken, beinhaltete eben auch seine Nachteile.

Für einen Neuen, der nicht vom ersten Schritt an, den er auf das Schulgelände tat, zu einem Außenseiter oder Opfer verdammt war, mochte das kein sonderliches Problem darstellen. Doch Stu schluckte.

Wenn man nicht wusste, wo man sich befand, musste man jemanden fragen. Ihm in die Augen sehen.

Es dauerte einige Sekunden bis Stu diese schreckliche Tatsache verdaut hatte. Er musste eine Person –einen Schüler dieser Schule, den er unter Umständen vielleicht noch öfter zu Gesicht bekommen würde- ansehen. Direkt in die Augen! Er schluckte noch einmal wehmütig. Womit hatte er das nur verdient?

Nach ein oder zwei langsamen Atemzügen empfand sich Stu sich als stark genug, den Gang mit den Augen abzusuchen. Mit den runden, schwarzen Augen, die unfassbar traurig wirkten. Der Schmerz, der hinter diesen lag, ließ einen erzittern und fragen, wie ein Mensch –ein Kind- noch nicht daran zerbrochen sein konnte.
 

Stus Augen waren wieder auf den Boden gerichtet. Er konnte es nicht. Verflucht, er konnte es einfach nicht!

Was war er nur für ein Versager! Er traute sich nicht einmal mehr, nach dem Weg zu fragen! Ein schmerzhaftes Stechen zog sich durch seine Brust. Eine Mauer, mochte sie noch so dick und furchteinflößend sein, nützte nichts gegen einen Verräter. Einen Verräter in den eigenen Reihen.
 

Stus Umgebung begann sich ohne Vorwarnung zu drehen. Das Licht der hellen Neonleuchten über ihm schien mit einem Mal intensiver. Das Geschnatter seiner Mitschüler wurde in seinen Ohren immer lauter. Es schwoll zu einem schrecklichen Dröhnen an. Das lag doch jetzt eindeutig nicht mehr an den Selbstvorwürfen. Lampenfieber hatte er noch nie gehabt.

Es dauerte zwar noch ein Weilchen, aber als ihm endlich auch noch erbarmungslos schlecht wurde, gab es keinen Zweifel mehr. Stu rannte blindlings los und hielt sich mit beiden Händen den Mund zu, er hatte einen bitteren Geschmack auf der Zunge.

Na, Face-Ache. Musst du mal wieder kotzen?

Das arme Klo, es tut mir richtig Leid!

Hey, Leute! Wollen wir Schwarzauge nicht ein wenig behilflich sein?

Es wird ihn doch sicher freuen, seinem einzigen Freund dem Klo wieder näher zu kommen!

Was ist, Blindie? Hast du etwa schon genug?

Also ich finde, du solltest deine Haare noch mal waschen!
 

So, endlich das erste kappi.

Ich weiß, soooo spannend habe ich es leider nicht gestalten können, aber ich hoffe doch das Ende hat euch ein wenig gepackt. Ich habe mich übrigens auch in einem Medizin-Lexikon über Migräne informiert, falls dennoch etwas falsch sein sollte –abgesehen von den Kopfschmerzen- bitte ich, mich darauf hinzuweisen.

Bitte schreibt doch einen kommi.
 

Bye

sb

Murdoc

Kapitel 2

Murdoc
 

Stu wusste nicht mehr genau was und wie alles passiert war. Sein Verstand meldete sich erst wieder, als er über die Kloschüssel gebeugt stand und diese mit seinem nicht vorhandenen Frühstück füllte. Sein Kopf wog mindestens zehn Tonnen und schmerzte wie seit langem nicht mehr. Sein Hals tat höllisch weh und er hatte noch immer den ekligen Geschmack von Erbrochenem im Mund. Wenigstens hatte er rechtzeitig die Toilette finden können. Er wollte sich nicht vorstellen, was geschehen wäre, wenn er sich mitten auf dem Korridor übergeben hätte. Seine Migräne hatte ihn schon in deutlich schlimmere Situationen katapultiert, entschied er schließlich. Aber auch diese Feststellung war für Stu nur ein recht schwacher Trost.

Kotz-Face, los renn! Du schaffst es bestimmt noch!

Oh, das tut mir jetzt echt Leid, aber es sind alle Toiletten besetzt.

Was kotzt du mir hier vor die Füße, Blindschleiche?

Stu richtete sich auf. Er zitterte und musste sich an der Wand abstützen, um nicht auf die Knie zu fallen. So einen schlimmen Anfall hatte er bestimmt seit Jahren nicht mehr gehabt. Er fühlte sich mies. Einfach nur mies. Sein Leben war so schon schrecklich genug, warum hatte man ihn auch noch damit bestraft? Wie so oft fragte er sich, was er verbrochen hatte. Was hatte er nur getan? Die Migräne an sich war schon grausig, die Schmerzen an manchen Tagen einfach unerträglich. Doch Stu begann nun zu überlegen, wie seine Mitschüler reagieren würden. Sie mussten ihn doch für einen kompletten Idioten halten!

Stus Wangen wurden schwer. Nein, nicht weinen. Bloß nicht weinen! Doch er bemerkte schon die ersten Tränen in seinen Augenwinkeln.

Nicht weinen! Nicht weinen. Nicht weinen…

Oh, seht mal. Jetzt heult unser armes Blackeye!

Heulsuse!

Memme!

Weichei!

Heul doch! Heul doch. Heul doch…

Lasst ihn in Ruhe!

Nimm ihn nicht immer in Schutz!

Da war sie wieder! Nicht sie. Nicht sie! Stu schüttelte sich. Nicht sie!

„Hey, du!“
 

Stu zuckte geschockt zusammen. Dann seufzte er. Sein Körper sackte wieder in sich zusammen. Es würde also alles so werden wie immer. Wie früher. Was hatte er denn erwartet?

Aus Erfahrung wusste Stu, dass es besser war sich jetzt umzudrehen. Wenn man gehorchte, bekam man manchmal nur ein paar Fäuste zu spüren und wurde dann in Ruhe gelassen.

Stu drehte sich um.
 

Vor ihm stand ein Kerl. Er war größer als er. Älter wahrscheinlich auch.

Er war es, der Stu angesprochen hatte.

Seine Haut war gleichmäßig braun gebrannt und er hatte schwarze Haare, die mit Unmengen Gel bearbeitet zu sein schienen. Stu fand sofort, er sah aus wie einer dieser tollen Hechte in den Werbungen, die er früher immer gesehen hatte. Ein Glimmstängel hing lässig im Mundwinkel. Er kannte die Marke. Sie war unheimlich teuer.

Mit einem mulmigen Gefühl sah er zu Boden. Sein Gegenüber trug Markenschuhe. Braun. Mit leichtem Absatz. Ganz neu. Teuer. Stilvoll. Cool.

Stu spürte das Verlangen in ihm aufschäumen, so zu sein wie dieser coole Junge. Schüchtern sah er ihm in die Augen. Sie waren klein und stechend, die Farbe der Iris konnte er nicht erkennen, aber er hätte schwören können, die Linke war ein wenig heller als die Rechte. Sie durchbohrten ihn und Stu kam sich unter seinem Blick klein und unbedeutend vor. Er wusste, was diese strenge Musterung zu bedeuten hatte. Jeder Neue musste sie über sich ergehen lassen. Es wurde entschieden, ob du in Ordnung warst, dazugehörtest und unter Umständen vielleicht recht cool sein könntest, oder aber ob man dir nicht besser –einfach nur so zur allgemeinen Erheiterung- die Fresse polieren sollte. Immer nachdem Stu so angesehen worden war, zählte er am Abend des Tages seine blauen Flecken. Und Schlimmeres.

Auch hier würde das so sein. Da war er sich absolut sicher!

Stuart Tusspot war einfach nur uncool. Er trug immer alte und verschossene Sachen und hatte nicht einmal genug Geld, um sich die billigsten Zigarettenmarken leisten zu können. Wenn er Eine zwischen den Fingern hatte, war sie immer schon heruntergebrannt, weil er sie vom Straßenrand aufgehoben hatte. Seine Augen brauchte er gar nicht erst zu erwähnen. Die verdammten Dinger brachten ihm jeden Tag aufs Neue diese Spitznamen!

Kurzum: Er war ein Vorzeige-Opfer.
 

Stu wurde nicht enttäuscht. Bevor er sich auf irgendeine Weise vorbereiten konnte, spürte er auch schon eine geballte Faust in der Magengrube. Er hatte lange gelbliche Fingernägel. Sie rissen den dünnen Stoff seines T-Shirts auf und hinterließen heiße rote Linien auf seiner bleichen Haut. Stu versuchte sich nicht zu bewegen. Bloß nicht wehren. Das machte alles nur noch viel Schlimmer.

Uhh, willst du weglaufen, Blindie? Das gibt noch ein paar fette Ohrfeigen extra.

Bleib nur hier!

Und ich warne dich, Face-Ache: ein Wort und du bist TOT!

Er wartete mit zusammengekniffenen Augen.

Der nächste Schlag ging ins Gesicht. Mitten auf den Mund. Und der Schlag war fest gewesen. Sehr fest!

Der Geschmack der Kotze wurde durch einen komischen Metallenen ersetzt. Stu konnte spüren, wie sich das Blut in seiner Mundhöhle sammelte. Es war Ekel erregend. Er hatte nie mit Blut klar kommen können, trotz der vielen Verletzungen, die er mit nach Hause trug. Los, sieh hin!

Ist es nicht schön? So rot und flüssig! Blut, Schwarzauge. Blut! DEIN Blut!

Wir wollen doch nicht, dass du uns verblutest, oder? Leck es auf! Vom Boden. Los!

Doch da war noch etwas Anderes. Etwas Festes.

Überreste des Erbrochenen vielleicht. Stu behielt sie mit im Mund, bis dieser so voll mit blutiger Flüssigkeit gelaufen war, dass er alles ausspucken musste, um nicht daran zu ersticken. Das Harte landete auf dem weiß gefliesten Boden und hob sich farblich kaum von diesem ab. Zwei Zähne. Schneidezähne, stellte er fest, nachdem er mit seiner Zunge durch seinen Mund gefahren war. Er hatte ihm seine Schneidezähne rausgeschlagen!

Dabei blieb es nicht. Es folgte Schlag auf Schlag und Tritt auf Tritt.

Erst als Stu am Boden lag und sich kurz vor einer Ohnmacht befand, ließ es nach, bis es dann irgendwann vollständig aufhörte. Die Schmerzen blieben.

Er vernahm eine Stimme. Sie musste von dem Jungen stammen, der ihn so zugerichtet hatte. Von dem coolen Jungen. Diesem obercoolen Jungen, der ihm die Zähne ausgeschlagen und ihn halbtot geprügelt hatte. Einfach nur so.

„Ich bin Murdoc“, sagte die Stimme. Sie klang arrogant. Aufschneiderisch. Lässig.

„Ich bin hier der Chef! Merk dir das, Kleiner!“

Stu hörte wie sich seine Schritte entfernten und die Tür laut ins Schloss fiel. Murdoc ließ ihn liegen. Er konnte mit hoher Wahrscheinlichkeit noch härter verprügeln. Das war nur eine kleine Demonstration gewesen, damit der Neue ja wusste, wo sein Rang lag.

Murdoc.
 

Stu rappelte sich auf. Er schleifte seinen geschundenen Körper zum Spiegel und versuchte das Ausmaß des Schadens zu erkennen.

Ein blaues Auge.

Zwei ausgeschlagene Zähne.

Blaue Flecken gepaart mit unzähligen kleinen Schürfwunden am ganzen Körper.

Stu seufzte laut auf. Er war noch glimpflich davon gekommen.

Die Schmerzen kaum noch wahrnehmend wusch Stu sich das Gesicht. Er musste noch immer ins Sekretariat. Wie sollte er das vertuschen?

Murdoc.

Das Veilchen würde hinter seinen gänzlich schwarzen Augen kaum auffallen. Wenn er dem Mund beim Sprechen nicht zu weit öffnete, würde man die Zahnlücke auch nicht bemerken. Die Arme schüchtern hinter den Rücken verschränkt, blieben auch dort die Wunden unerkannt.

Gut.

Der Zettel! Wo war der Zettel, den er abgeben musste. Hatte er ihn etwa auf dem Gang fallen gelassen? Bitte nicht! Nein… Stu erblickte ihn auf ein paar Fliesen. Er hatte glücklicherweise nichts abbekommen.

Murdoc.

Stu las ihn auf und stopfte ihn eilig in seine Tasche.

So war das also.

Murdoc.

Stu legte seine Hand auf die Türklinke. Sie war eisig kalt.

Er sah noch einmal zurück. Die weißen Fliesen waren mit einigen kleineren Blutspritzern verunstaltet, dazu eine größere Lache und ein wenig Spucke. Und Kotze.

Er öffnete die Türe.

Er ging den Gang entlang und suchte das Sekretariat. Er ging langsam. Mit gesenktem Kopf, sodass ihm die Haarsträhnen ins Gesicht fielen und den Blick auf den Boden gerichtet. Und mit fest zugepresstem Mund.

Ich bin Murdoc. Ich bin hier der Chef,! Merk dir das, Kleiner.
 

So, ich hoffe das kappi war ein wenig besser.

Ich habe euch gewarnt, dass es 2-D nicht gut ergehen wird. Murdoc ist ja jetzt nicht allzu gesprächig gewesen (dafür sehr brutal), da fragt man sich wie die beiden in einer Band klar kommen werden xD (Und das werden sie, ganz sicher.)

Aber ich will nicht zu viel verraten.

Bitte schreibt einen kommi.
 

Bye

sb

Mr.Hudson

Kapitel 3

Mr.Hudson
 

Stu atmete einmal tief durch.

Er hatte sich die Szene, die nun bald unweigerlich folgen würde, oft in Gedanken ausgemalt. Immer wieder in vielen verschiedenen Variationen. Doch stets mit demselben frustrierenden Ende.

Er würde eintreten. Die Klasse schwieg für einen kurzen Moment und unterzog ihn mit großen Augen der Musterung, welche er schon von Murdoc hatte über sich ergehen lassen müssen. Sie merkten mit einem einzigen Blick, dass er ein Außenseiter war. Dann zeigte jemand –jemand Cooles, dessen Beispiel alle Anderen ohne zu Zögern nachahmten- überdeutlich mit dem Finger auf ihn und -selbstverständlich ohne den Versuch zu unternehmen das grausige Kichern zurückzuhalten- sagte er: „Guckt euch mal die Augen von dem Spinner an!“ Und dann lachten alle.

Alle.

Wie immer.

Hey, was ist denn mit deinen Augen passiert?

Hast du da ein Aua-Aua gemacht?

Wie schrecklich, Blackeye!

Ha-ha!

Stu drückte mit zitternder Hand die Klinke hinunter. Es klebte Kaugummi daran. Er schmierte es an seinen Hosen ab. Fiel ja sowieso nicht auf.

Die Tür war recht alt und die Farbe –es war vor langer Zeit wohl einmal ein schönes Dunkelbraun gewesen- war aufgeplatzt und blätterte ab. Dazu war sie mit Stiften aller Art bearbeitet worden. Hässliche Sprüche standen darauf.

Stu kannte diese alte Tradition.

Wer cool war und wer nicht. Wer in wen verliebt war. Wer eine kleine Beschimpfung verdient hatte. Das alles war auf dieser Tür verewigt.

Schwarzauge stinkt!

Blindschleichen sind auch Lebewesen! Nieder mit Green-Peace!

Wenn häßlichkeit we tun würde, würde face-ache imer schrein!!!

Wenn Hässlichkeit UND Dummeheit weh tun würde, wer Blackeye lengst tot!!!

Hey, alle 6te Stunde Schulhof. Blindie verkloppen.

I♥Stu!

Stu wusste, auch auf dieser Tür stand bald dasselbe. In dieser Sache war er sich absolut sicher! Er hasste sie. Und seine Mitschüler hatten bisher immer die Angewohnheit gehabt, genau das zu tun, was er hasste. Und fürchtete.

Doch um seine unmenschliche Nervosität ein wenig zu unterbinden, war er bereit, einige der noch halbwegs Entzifferbaren zu lesen.

Mr Hudson ist ne Schwuchtel!

Scheiss auf Mate!

Muds ist the best!!!

I♥Murdoc!!!

Alle morgen Pete haun!

Kann i-wo HA abschriben?

Russel 4-ever!

Russel&Muds!!!!!!!!!!!
 

Und dann stand da noch ganz weit unten, fast auf Höhe seiner Knöchel:

Suchen Sänger für Gorillaz.
 

Sänger.

Stu lief es kalt den Rücken hinunter.

Wer suchte einen Sänger?

Er wollte es nicht, doch er ertappte sich selbst dabei, wie er nach einer weiteren Botschaft suchte. Es stand nichts weiter über die „Gorillaz“ auf der Tür.

Ein Gefühl der Trauer übermannte Stu urplötzlich. Wer würde schon ihn als Sänger haben wollen?

Niemand.
 

Die Tür öffnete sich mit einem lauten unheilvollen Knarren. Nun war der Augenblick des bodenlosen Grauens gekommen!

Wie in einem der Horrorfilme, die er sich früher oft angesehen hatte. Früher, als er es niemals auch nur in Erwägung gezogen hätte, dass er einmal in einem solchen Horrorfilm landen würde.

Früher, als noch alles …. Nein! Es war früher niemals gut gewesen! Niemals!
 

Stuart Tusspot betrat den Klassenraum der 11b.

Und es war nicht im Mindesten so, wie er gedacht hatte.

Hört auf damit!

Er kann doch nichts dafür!

Wider Stus grauenhafter Erwatung schwieg die Klasse keineswegs, als er den Raum betrat. Angestarrt wurde er auch nicht. Höchstens warf man ihm kurz einen kleinen Seitenblick zu und drehte sich dann wieder gedankenlos weg.

Stu war weit aus mehr als überrascht. Viel eher glich sein Zustand einer ungleichen Mischung aus Schock und unfassbarem Glück.

Mit der unbekannten Situation völlig überfordert, wusste es Stu nicht besser, wie einfach offenen Mundes an Ort und Stelle stehen zu bleiben und die chaotische Gruppe zu betrachten, welche sich aus irgendeinem verquerten Grund „Klasse 11b“ getauft hatte. Tatsächlich hatte dieses Häufchen Menschen den Titel „Klasse“ nicht verdient.

Stu war –wegen Murdoc und seinem Besuch beim Sekretariat- fast eine halbe Stunde zu spät zum Unterricht erschienen. Der Lehrer war selbstverständlich bereits anwesend. Weniger selbstverständlich war für Stu das Benehmen der Klasse. Keiner der Schüler dachte daran, dem Lehrer –Mr. Hudson- zuzuhören oder gar dem Unterrichtsstoff zu folgen. Stattdessen unterhielten sie sich angeregt und lautstark über Dinge wie Mode, das letzte Fußballspiel, die neusten Konsolen, das neu gekaufte Album oder den Schwarm. Sie machten sich nicht einmal die Mühe, auf ihren –ähnlich der Tür bekritzelten - Stühle zu sitzen, sondern hatten es sich auf den Pulten bequemlich gemacht.

Vielleicht waren sie auf eine gewisse Weise doch Freaks. Zumindest etwas Ähnliches, entschied Stu nach kurzer Überlegung schließlich.

Gebannt und fasziniert von dieser undisziplinierten, ignoranten, unhöflichen und freakigen Klasse, vermochte es erst eine Stimme Stu wieder auf den Boden der Tatsachen zu bringen:

„Du bist doch sicherlich der Neue, oder?“
 

Stu zuckte kurz zusammen, fasste sich jedoch gleich wieder und nickte bedächtig. Daraufhin kam auch endlich wieder ein wenig Gefühl in seinen Körper und er empfand sich bald als stark genug, die restlichen Schritte zum Lehrerpult zu überwinden.

Mr. Hudson war ein kleiner Mann mittleren Alters. Sein Haar lichtete sich bereits, hatte aber nichts von seiner Farbintensität einbüßen müssen. Das schlussfolgerte Stu zumindest, denn er bezweifelte stark, dass ein noch kräftigeres Rot überhaupt existierte.

Sein Hemd war makellos weiß und er trug ausgeblichene Cordhosen. Seine Füße waren nicht zu erkennen, er hatte sie unter den Tisch geschoben. Er schien der lockere Typ zu sein, was Kleidung anging. Aber er wirkte nicht schmuddelig. Nein, überhaupt nicht. Eher ein wenig zu gepflegt. Stu fühlte sich neben ihm sehr verloren, in seinen alten Jeans und dem T-Shirt.

Dazu trug er eine rechteckige Brille mit dünnen Gläsern und ohne Einrahmung, die ihn wie einen klugen Professor aussehen ließ.

Stu mochte ihn nicht. .

Er wirkte freundlich, sympathisch. Das war unbestreitbar.

Aber er hatte auch etwas Listiges in seinen hellblauen Augen. Das merkte Stu. Und es bereitet ihm Unbehagen. Er wurde das Gefühl, das er in seiner Brust rumoren spürte, in seiner Gegenwart einfach nicht los. Gefahr. Mr. Hudson. Warum?

Er wollte nicht darüber nachdenken, obwohl ihm die Antwort klar war. Nur drei Personen auf der ganzen Welt waren für ihn gefährlich.
 

„Darf ich mich nach deinem Namen erkundigen?“, bat Mr. Hudson höflich. Dieser Lehrer war das komplette Gegenteil der Klasse, die er zu unterrichten versuchte. Seine Stimme klang ruhig und ausgeglichen. Gar nicht misstrauisch, dennoch hielt Stu seine Erwiderung so kurz wie möglich.

„Stuart Tusspot.“

„Gut.“

Mr. Hudson holte ein kleines ledergebundenes Buch aus den unendlichen Tiefen seiner Tasche und notierte etwas. Stu konnte nicht erkennen was, aber wahrscheinlich hatte er sich nur seinen Namen aufgeschrieben. Vermutete er. Hoffte er.
 

„Nun denn“, fuhr Mr. Hudson fort und blickte Stu geradewegs in die Augen. Dieser spürte, wie ihm ein Schauer über den Rücken jagte. Er bekam wieder Kopfschmerzen.

Auch Mr.Hudson, sein Klassenlehrer, würde sich über ihn lustig machen.

Stuart, mach dir darum bitte keine Sorgen.

Du wirst von mir nicht anders-an-and… Hahahahhahahahahahahah

Stu überdachte diese Option noch einmal. Nein. Mr.Hudson war nicht der Typ Mensch, der über so etwas offen lachte. Unterdrücktes Kichern oder im Lehrerzimmer lästern und sich heimlich ins Fäustchen lachen, das würde viel eher zu ihm passen. Vielleicht um seinem Image als gerechter Lehrer nicht zu schaden.
 

In Stu verkrampfte sich alles.

Er versuchte sich auf die Zunge zu beißen, bis ihm einfiel, dass Murdoch ihm ja seine Schneidezähne ausgeschlagen hatte.

Murdoc….

Es war geradezu eine Qual für Stu, neben diesem Mann zu stehen!

Mr.Hudson lachte nicht, machte keinen amüsierten Eindruck. Er sagte auch nichts Fieses. Er war nicht grob oder unhöflich. Er schlug ihn nicht.

Er war nicht wie Murdoc. Murdoc war in Ordung. Murdoc war cool. Stu mochte Murdoc.

Doch in ihm wuchs ein Hass gegen Mr.Hudson, der nicht in Worte zu fassen war. Einen Hass, den er noch nie in seinem gesamten Leben gefühlt hatte.

Und warum?
 

Ohne auf Stus Augen in irgendeiner Art und Weise einzugehen, wies er ihm mit seiner gnadenlos gütigen Stimme einen Platz in der zweiten Reihe zu. Der dem Lehrerpult am nächstliegende freie Platz im Raum.

Nun wahrhaftig verunsichert, dennoch froh sich endlich von Mr.Hudson entfernen zu dürfen, trat Stu den Weg an.

Mit hoch erhobenem Haupt, redete er sich ein. In Wirklichkeit war sein Kopf nur nicht so gesenkt, wie es ansonsten immer der Fall gewesen war.
 

Seine Mitschüler würden es sowieso herausfinden.

Da machten einige Stunden oder gar nur Minuten keinen Unterschied.

Hey, Blindie! Steh mir nicht im Weg!

Was wagst du es, an mir vorbeizulaufen, Schwarzauge?

Du hast mich angerempelt!

Und wieder kam ihre Stimme hinzu. Ihre Stimme, die genauso freundlich und leibenswert klang, wie die von Mr.Hudson. Ihre verfluchte gottverdammte hohe Engelsstimme!

Wenn ihr ihn verprügelt, müsst ihr auch mich verprügeln!

Kapiert?!

Stu schüttelte den Kopf. Er verspürte nicht die geringste Lust, in Erinnerungen zu schwelgen. Schon gar nicht hier und jetzt.

Da hatte er doch deutlich größere Sorgen.

Hoffentlich war Murdoc nicht auch hier in der Klasse. Er war älter als Stu, dessen war er sich sicher. Achtzehn oder Neunzehn. Mit hoher Wahrscheinlichkeit auch bereits in der Zwölften. Stu bewunderte ihn. Klar, er hatte ihn quasi schon zu seinem heimlichen Idol gemacht, doch er hatte Zweifel, dass es diesem auch so ging. Und er hatte nicht die Absicht, ihm auch noch extra in die Arme zu laufen.

Stu setzte sich. Er wollte nicht nach vorne sehen. Zu Mr.Hudson.

Doch er spürte dessen Blick auf sich ruhen.
 

So, das war nun endlich das heiß ersehnte Kappi 3.

Ich hoffe es hat euch gefallen und die ganzen komischen Andeutungen, die ja reichlich vorhanden waren, haben euch neugierig gemacht.

Wie es Stu weiter ergehen wird, erfahrt ihr –wie denn sonst?^^- in den nächsten Kappis!!!
 

Bye

sb

Pause

Kapitel 4

Pause
 

Auch in den nächsten Stunden ignorierten die Schüler der Kong-Secondary-School Stu gewissentlich. Kein einziger aus seiner Klasse sprach ihn an oder warf ihm einen weiteren Blick zu.

In der Pause stand er allein da. Er fühlte sich fehl am Platz. Aber er hatte auch keine Lust, während dieser Zeit einfach nur wie die perfekte Zielscheibe für Sticheleien vor dem Eingansportal stehen zu bleiben. Also sah er sich nach einem halbwegs sicheren Ort. Eine kleine Ecke mit möglichst wenigen Schülern, die man nach Möglichkeit auch nicht so schnell entdeckte. Ziemlich schwer, auf einem überfüllten Schulhof so etwas zu finden. Eigentlich schon fast unmöglich. Doch Stu kannte sich mit solchen Dingen erfahrungsgemäß sehr gut aus und bald entschied er sich für ein kleines Plätzchen neben der Außenmauer der Cafeteria. Die Mauer war grau und beklebt mit Kaugummis. Das Graffiti musste man hier an dieser Schule kaum noch erwähnen. Stu bekam langsam einen Eindruck, was an dieser Schule selbstverständlich war und was nicht. Freakschule.

Sein geheimer Ort war an zwei Seiten eingezäunt, weil es dort zur Straße ging. Oben war spitzer Maschendraht befestigt, es hatten wohl schon einige seiner Mitschüler versucht, dort hinüber zu klettern. Die dritte Seite war die bereits erwähnte Mauer und nur eine einzige Seite öffnete sich zum Schulhof hin. Doch keiner seiner Mitschüler schien diesen Ort anzustreben. Ganz im Gegensatz: Sie machten sogar einen großen Bogen darum.

Es war ruhig, jedoch roch es stark nach Abfall, weil dort eine große Tonne direkt neben ihm stand. Anscheinend wurde sein geheimer Ort als Müllhalde genutzt. Die riesenhafte Tonne quoll vor alten und größtenteils auch schimmeligen Essensresten nur so über. Stu hörte, wie sein Magen knurrte. Er hatte seit mindestens zwei Tagen nichts gegessen. Außer dieses eine alte Kaugummi, das er gestern noch im Straßengraben gefunden hatte.

Er riss den Deckel der Tonne hoch und blickte gespannt hinein.

Hast du Hunger, Blackeye? Hast du Hunger?

Kommt, Jungs! Geben wir ihm doch was zu essen!

Los, Face-Ache. Schluck’s nur hinunter. Friss, du Schwein!

Ohh, jetzt hat er gekotzt… Los, leck es auf, Schwarzauge!

Er fand einige noch volle Konservendosen, die laut Aufschrift Bohnen und Mais enthielten. Stu befreite sie kurzerhand von der kleinen Made, die drauf rumkrabbelte und riss den Deckel geübt mit einem Stück Draht auf, das er immer mit sich herumtrug. Er roch kurz an dem Inhalt und empfand ihn nach wenigen Sekunden als noch haltbar. Wäre er das nicht gewesen, hätte er ihn wahrscheinlich auch genommen. Das Kotzen später hätte er locker vertragen, wegen seiner immerwährenden Migräne war sein armer Magen das sowieso schon gewöhnt. Also hielt er sich die Dose an den Mund und trank das Zeug mehr oder weniger.

Es schmeckte ganz und gar nicht, aber das war ihm egal. Hauptsache er bekam irgendetwas in den Magen. Nicht, das er noch vor lauter Hunger umkippte. Das war ihm in seiner letzten Schule einmal passiert. Und dann wären die Lehrer fast hinter sein Geheimnis gekommen. Zum Glück hatte Stu es noch geschafft, rechtzeitig hierhin zu wechseln.

Vielleicht fand er in dieser Müllhalde auch noch etwas für zu Hause? Ihr Kühlschrank war so gut wie leer, ausgenommen die Büchse Sardinen, die er aber für Noodle aufhielt. Wer suchet, der findet. Stu fischte noch zwei weitere Konserven aus dem Müll und dazu sogar noch einen Füller, den irgendein verwöhnter Rotzbengel weggeschmissen hatte, weil die Feder ein klein wenig verbogen war. Er hatte eine noch fast volle Patrone drin.

Jackpot! Sein geheimer Ort war ja glatt ein Paradies!

Hast du Nichts zu essen dabei, Stu-Pot?

Hier, du kannst etwas von mir haben, wenn du möchtest.

Ich mag Äpfel sowieso nicht… Du kannst ihn haben.

Hier, für dich, Stu-Pot!

Wieso dachte er eigentlich ständig an sie? Sie war doch an allem Schuld! Allein sie! Nun gut, sie war auch die einzige, die jemals nett zu ihm gewesen war. Und sie nannte ihn nicht Face-Ache, Blindie, Blackeye, Schwarzauge, Blindschleiche oder sonst irgendetwas Schlimmes. Sondern Stu-Pot. Das Stu aus Stuart und das Pot aus Tusspot, hatte sie ihm erklärt.

Er hatte diesen Namen immer sehr gemocht…

Aber das spielte doch gar keine Rolle! Sie hatte ihm sein Leben zur Hölle gemacht. Allein sie! Sie war an allem Schuld!

Stu packte das Gefundene ungewöhnlich brutal in seine Tasche, die er mit auf den Schulhof genommen hatte, obwohl sie die nächste Stunde noch im selben Raum hatten. Eine reine Vorsichtsmaßnahme. Hatte er sich damals angewöhnt.
 

Es klingelte. Seine Mitschüler strömten nun in die Cafeteria.

Sie war von innen kaum schöner als von außen. Der Boden war aus dunkelgrünem Plastik und die Wände von einem trockenem Weißgrün. Stu fand, es sah aus wie in einem OP-Saal. Er wusste wie solche Säle aussahen. Er war damals noch an seinen Augen operiert worden.

Die Schüler schnappten –ja, sie schnappten sich wie gefräßige Raubtiere die Tabletts und wirkten dabei keinesfalls sittlicher als in den Klassenräumen. Sie drängelten und schubsten und schoben und schlugen sich, um als erste Futter zu bekommen.

Stu suchte sich allein einen kleinen Tisch ganz hinten neben der Türe. Er hatte nicht vor noch etwas zu essen, er hatte weder Geld dabei noch Lust, sich in das nicht ungefährlich aussehende Gedrängel zu wagen.

Außerdem hielt er Ausschau. Nach Murdoc.

In der Cafeteria waren alle Altersgruppen anwesend, alle Schüler aßen wohl gemeinsam zur selben Zeit. Also würde es nicht unwahrscheinlich sein, wenn Murdoc hier plötzlich auftauchen und sich an ihn erinnern würde. Und Stu wollte nicht unbedingt sein Gesicht in einem Tablett voll Cafeteriaessen gedrückt sehen. Nun ja, vielleicht konnte er so ja unbemerkt etwas davon essen. Allemal besser als alter Konservenfrass musste es schmecken.

Er sah Murdoc tatsächlich.
 

Murdoc saß an einem großen Gruppentisch mit vielen anderen Schülern, alle hingen gespannt an seinen Lippen. Er sprach über irgendetwas, aber Stu konnte auf der Entfernung nicht ausmachen, worum es ging. Zu gern nur hätte er mitgeredet. Dazugehört.

Moment! Was bildete er sich hier überhaupt ein? Er konnte froh sein, dass man ihm hier nicht weiter an die Gurgel ging, sondern relativ in Ruhe ließ. Und dass bisher noch kein böser Kommentar in Bezug auf seine Augen gefallen war. Dafür war er sehr dankbar.

Er schlug den Blick nieder.

Hielt dies aber nicht lange aus und linste bald wieder zu Murdoc. Er war ja so … so cool. Als könnte ihm niemand etwas anhaben. Er sprach lässig und packte den Mädchen dabei an die Oberweite und den Po. Diese ließen es gerne geschehen.

Jetzt demonstrierte Murdoc, wie er jemanden trat und schlug. Jemanden, der bereits am Boden lag. Wie er ihm ein blaues Auge verpasste und ihm fest auf dem Mund schlug.

Seltsamerweise kam Stu das auf irgendeine Weise bekannt vor. Aber er wusste nicht mehr woher…
 

Jetzt spielte Murdoc auf einer unsichtbaren Gitarre. Oder war es ein Bass? Nach etwas längerem Hinsehen tippte Stu schließlich doch auf das Bass. Es war den Fingerbewegungen nach zu urteilen ein Song, den er nicht kannte.

Was Musik anging war Stu ein Experte, er hatte mal für längere Zeit in einem Keyboardgeschäft gearbeitet und konnte auch –bescheiden ausgedrückt- ziemlich gut spielen. Er schrieb gerne Songs. Ständig, immer wenn er Zeit hatte und ihn eine tolle Idee überkam. Und probierte sie dann später mit ihm als Keyboarder und Sänger, und Noodle als Gitarristin zu Hause aus. Er erinnerte sich gern daran. Das machte ihm immer viel Spaß.

Nun begann die Meute um Murdoc auch noch zu grölen an. Es war wohl ursprünglich als singen geplant, aber für Stu war es nur ein schreckliches Gegröle. Wie Besoffene, fand er.

Er versuchte, den Text mitzubekommen.

Doch das einzige Wort, welches er unter diesem ohrenbetäubenden Geschrei identifizieren konnte, war „windmill“. Windmühle. Stu mochte Windmühlen.

Er konzentrierte sich noch einmal –diesmal um einiges ernsthafter- auf den Text.
 

Windmill, windmill

For the land

Turn forever

Hand in hand.
 

Hey, das hörte sich ja doch gar nicht so übel an, wie er zu Anfang gedacht hatte. Stu begann leise den Takt mitzuklopfen. Er orientierte sich da behelfsmäßig an dem riesigen Schwarzen, der mit Messer und Gabel, dem Song entsprechend, laut auf den Cafeteriatisch haute. Ob er Schlagzeug spielen konnte?
 

Take it all in

On your stride

It is sinking

Falling down.
 

Nun sang er schon leise. Er konnte gar nicht mehr aufhören, so riss es ihn mit. Wie würde sich dieser Song nur mit Instrumenten anhören. Er konnte es kaum abwarten, das zu hören!
 

Love forever

love is free

Let’s turn forever

You and me

Windmill, windmill

For the land.
 

Oh Mann. Oh Mann. Oh Mann!

Stu konnte nicht mehr klar denken. Er sang. Er sang einfach. Laut. Lauter als alle Anderen!

Is everybody iiiiiiiin?

Er hatte nicht bemerkt, wie still es im Saal geworden war.

Er hatte nicht bemerkt, dass alle Augen auf ihn gerichtet waren.

Er bemerkte es erst, als mit einem Mal alle anfingen zu lachen. Ihn auszulachen.

Stu wurde nicht rot. Er war schon sehr oft ausgelacht worden, er hatte sich quasi daran gewöhnt. Wenn es nur bei einem Lachen blieb, ging es nicht weiter. Dann ließ man ihn meistens in Ruhe. So kümmerte er sich überhaupt nicht darum, sondern sang unbekümmert alles noch einmal von vorne.

Wie er diesen Song liebte. Wie er ihn liebte! Das musste er sich unbedingt aufschreiben!
 

Windmill, windmill

For the land

Turn forever

Hand in hand

Take it all in

On your stride

It is sinking

Falling down

Love forever love is free

Let’s turn forever

You and me

Windmill, windmill

For the land

Is everybody iiiiiiiin?
 

Es klingelte.

Der Saal leerte sich, die Schüler gingen grinsend an ihm vorbei und flüsterten sich hinter vorgehaltener Hand etwas zu. Er wusste, sie redeten nicht nur über seinen Gesang. Auch über seine Augen. War ja doch klar gewesen…

Auch Stu bewegte sich –nachdem fast alle endlich hinausgegangen waren- in Richtung Ausgang.

Er bekam nicht mehr mit, wie ihm ein schwarzes Augenpaar interessiert hinterher blickte.

Suchen Sänger für Gorillaz.

„Habe Sänger für Gorillaz gerade gefunden.“
 

So, das war nun endlich das vierte Kappi^^

Die Sache mit dem Song in der Cafeteria war eigentlich eine sehr spontane Idee, aber ich wollte 2-D mal ein bisschen Spaß haben lassen, so als Entschädigung, für das, was ich ihm angetan habe… *schnief*
 

Bye

sb

Nach Hause

Kapitel 5

Nach Hause
 

Es klingelte.

Stu räumte die Bücher in seine ramponierte Tasche und als er schließlich den Weg nach Hause antrat, kam ihm der tröstende Gedanke, dass diese Schule doch nicht so schlimm war, wie er ganz zu Beginn vermutet hatte. Wenigstens besaßen seine Mitschüler ein wenig Sinn für Musik. Zum Beispiel Murdoc. Er war ja so unendlich cool! Stu ging gedanklich noch einmal die Pause durch. Der Typ konnte Bass spielen und das, soweit erkennbar, nicht gerade schlecht!

Suchen Sänger für Gorillaz.

Noch immer schwirrte ihm der Liedtext im Kopf herum. Er summe leise die Melodie vor sich hin, während er auf dem Bordstein balancierte. „Feel good Inc.“ hatte Stu den Song getauft. Er hatte sich sogar in den Unterrichtsstunden schon einige Strophen zusammengereimt und auf einer abgerissenen Heftseite verewigt. Vielleicht konnte er den Text auf dem Weg noch ein wenig verbessern und abrunden? Stu blieb stehen und sprang von der hohen Bordsteinkante, was ihm auch prompt einen umgeknickten Knöchel einbrachte. Nicht auf den Schmerz im Fuß achtend, öffnete er seine Tasche und kramte die Fetzen Papier hervor, die kaum diesen Titel verdient hatten. Seine Handschrift an sich war eigentlich sehr hübsch, wie Noodle immer wieder betonte, doch wenn es darum ging, einen Song zu dichten, verwandelte sich der Text immer in eine unleserliche Krakelei, die niemand außer ihm selbst mehr entziffern konnte. Weil er so schnell schrieb und kaum hinterher kam, so stürmten die Ideen auf ihn ein. Irgendwo in der Tasche fand er dann auch noch einen funktionierenden Kugelschreiber und korrigierte und verbesserte und erfand drauf los.
 

City's breaking down on a camel’s back.

They just have to go 'cos they don`t hold back

So all you fill the streets it’s appealing to see

You wont get out the county, 'cos you're bad and free

You've got a new horizon It's ephermal style.

A melancholy town where we never smile.

And all I wanna hear is the message beep.

My dreams, they've got to kiss, because I don`t get sleep, no..
 

Dann kam wieder der Refrain.
 

Windmill, Windmill for the land.

Turn forever hand in hand

Take it all in on your stride

It is sinking, falling down

Love forever love is free

Let’s turn forever you and me

Windmill, windmill for the land

Is everybody in?
 

Und dann die neue Strophe.
 

Laughing gas these hazmats, fast cats,

Lining them up-a like ass cracks,

Ladies, homies, at the track

its my chocolate attack.

Shit, I'm stepping in the heart of this here

Care bear bumping in the heart of this here

watch me as I gravitate

Hahahahahahaa.

Yo, we gonna go ghost town,

this motown,

with yo sound

you're in the place

you gonna bite the dust

Cant fight with us

With yo sound

you kill the INC.

so dont stop, get it, get it

until you're cheddar header.

Yo, watch the way I navigate.
 

Das konnte er aber nicht singen! Nein, das musste gerappt werden, entschied er. Dies würde ein Song werden, der zwei Musikrichtungen miteinander verband. Eine richtige Einheit musste das sein! Also dann noch einmal der Refrain:
 

Windmill, Windmill for the land.

Turn forever hand in hand

Take it all in on your stride

It is sinking, falling down

Love forever love is free

Let’s turn forever you and me

Windmill, windmill for the land

Is everybody in?
 

Don`t stop, get it, get it

we are your captains in it

steady,

watch me navigate,

Ahahahahahhaa.

Don’t stop, get it, get it

we are your captains in it

steady, watch me navigate.

Hahahaha.
 

Und zwischendurch musste noch ein paar mal „windmill“ rein. Wenn der gerappt wurde. Ja! Der würde dann am Ende lachen und genau dann kam noch dieses traurige „windmill“ dazwischen. Das war absolut perfekt!

Aber genau das Gerappte bereitete ihm doch einige Sorgen. Ob er hier wohl irgendwo einen Hip-Hoper herbekommen konnte? Vielleicht der große Schwarze aus der Cafeteria, der neben Murdoc gesessen hatte. Schade, dass er seinen Namen nicht mitbekommen hatte.
 

Stu wohnte sehr weit weg von der Kong-Secondary-School, mehrer Kilometer waren es. Da allerdings die Kosten für den Busfahrschein nicht von der Schule übernommen wurden, war er gezwungen, sich mit seinem -inzwischen ziemlich heftig schmerzenden Fuß- nach Hause zu schleppen. Natürlich hätte er sich auch eine Wohnung mieten können, die näher lag. In dieser Gegend gab es viele leer stehende Wohnungen und Appartements. Dennoch hatte er es nicht getan. Und Stu konnte dies sogar rechtfertigen: Der erste Grund bestand darin, dass es die billigste (und heruntergekommenste) Einzimmerwohnung in der gesamten Stadt war; das zweite -und um einiges wichtigere- Argument war, dass man ihn so schwerer ausfindig machen oder verfolgen konnte. Diese beiden Kriterien mussten erfüllt sein, ansonsten fühlte sich Stu nicht wohl.

Es dauerte sicherlich länger als zwei Stunden, doch schließlich stand Stu dann vor dem Haus, in dem er seit kurzem wohnte. Und es war, vollkommen ungehemmt gesagt, ungemein hässlich! Es befand sich in der schlimmsten Gegend und war überzogen von lustigen Sprüchen in Form von Graffiti, sodass man die echte Farbe kaum mehr erkennen konnte. Aber Stu tippte auf ein komisches dunkles braun. Es war dreckig und roch ekelhaft nach Alkohol und Urin. Im Hausflur verstärkte sich der Gestank noch. Die Tapete an den Wänden war grau und bröckelig, nicht selten sah man allein das bloße Fundament. Einen Aufzug gab es, doch er war kaputt und gesperrt. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, hätte sich Stu niemals in dieses unsichere Ding getraut. So stieg er schlurfend und bedächtig die Treppe hoch. Manchmal fragte er sich, ob sie nicht unter seinem Gewicht zusammenbrechen müsste, so alt wirkte sie. Auch die Treppe war in einem dunklen Grauton gehalten. Wie alles in dieser Bude!

Abgesehen von ihm und Noodle, die allerdings nicht unbedingt mitgewertet werden musste (sie war schließlich illegal hier in England), wohnten hier nur noch ein fetter Säufer unten im Erdgeschoss in der Wohnung direkt neben der Haustür und eine senile alte Dame mit zerknitterten Gesicht –Misses Emma F. Robinson, nach Namensschild, die gleich eine Tür weiter wohnte. Ansonsten war das achtstöckige Haus unbewohnt. Und das war gut so, fand Stu!

Stus Wohnung lag in der fünften Etage, er musste also erst einmal kräftig Treppensteigen, bevor er die Schlüssel herauskramen und die quietschende Tür endlich öffnen durfte. Aber soweit kam es nie.
 

Bevor Stu die Möglichkeit sah, sich irgendwie zu wehren, hatte jemand bereits seine dreckige Pranke auf seinen Mund gedrückt. Es kam so unerwartet! Die langen Fingernägel bohrten sich in sein weiches Fleisch. Seine Hände wurden von der Anderen festgehalten, dass es schrecklich schmerzte. Nach der ersten Schocksekunde begann Stu sich zu schütteln und zu treten.

Er spielte verrückt. Er hatte Angst.

Das konnte nur einer sein, der ihn da festhielt! Aber wie hatten sie ihn finden können? Er hatte sich doch so gut versteckt! War nun alles vorbei? Alles, wofür er so hart gekämpft hatte? Alles, wofür er durch die Hölle gegangen war?

„Hör auf mit der Scheiße, Kleiner!“
 

Stu hörte tatsächlich auf. Diese Stimme kam ihm bekannt vor. Es waren also doch nicht die Jäger. Wer sonst? Er blieb still stehen und wühlte in seinem Gedächtnis, bis er die Lösung fand. Murdoc. Das war Murdoc!

Als Murdoc bemerkte, dass Stu sich wieder beruhigt hatte, nahm er die Hand von seinem schreckensbleichen Gesicht und ließ ihn bald auch los. Stu tat vorsorglich einige Schritte rückwärts. Anscheinend war Murdoc ihm gefolgt. Bestimmt wollte er ihn verprügeln.

Hübsche Villa, Blindschleiche!

Es stört dich doch nicht, wenn wir uns ein bisschen umsehen, oder Blindie?

Oh wie ungeschickt von mir! Verzeihung, Blackeye.

Das wollt ich nicht! Schwarzauge.

Tut uns echt leid! Ha-ha!

Doch Murdoc schien überhaupt nicht vorzuhaben, ihn grün und blau zu schlagen. Stattdessen griff er seelenruhig in die Hosentasche und zog eine Packung Zigaretten hervor. Stu kannte sie nur aus Werbungen, die Marke war teuer.

„Hier.“ Murdoc hielt ihm die Schachtel hin. Was sollte das? Stu streckte ihn Erwartung aufs Fürchterlichste die zitternde Hand aus und nahm sich eine. Nichts geschah. Überrascht blickte Stu auf den Stängel zwischen seinen Fingern. Nichts war geschehen, gar nichts.

Fragend sah er Murdoc an. Er verstand nicht, was das sollte. Und noch immer hatte er Angst.

„Oh“, interpretierte Murdoc den scheuen Blick. „Klar, hier hast du Feuer.“ Er drückte ihm ein Feuerzeug in die Hand. Vielleicht wollte Murdoc ihm ja überhaupt nicht wehtun? Stu zündete die Zigarette an und zog ein paar Mal. Das schmeckte herrlich! Wie lange hatte er nicht mehr so edles Zeug geraucht? Er inhalierte tief.

Murdoc setzte sich auf eine Treppenstufe und bedeute Stu, es ihm gleich zu tun. Erst zögerte dieser, doch er wollte Murdoc lieber nicht verärgern. Wer wusste denn, ob er es sich nicht gleich noch einmal anders überlegte? Stu wollte es nicht herausfinden.

Beide rauchten eine Weile schweigend.

Irgendwann sagte Murdoc: „Wie heißt du eigentlich, Zombie?“

Zombie… Da waren sie wieder, diese Namen.

Stu sagte leise: „Stuart. Stuart Tusspot. Aber nenn mich Stu-Pot…“

„Stu-Pot.“ Murdoc lachte. Stu merkte, dass es nicht böse gemeint war.

Dann fuhr Murdoc fort und Stu glaubte, dass er nun zu dem Punkt kam, weshalb er ihm zwei lange Stunden zu Fuß bis zu dieser Hütte gefolgt war: „Ich hab’ dich in der Cafeteria singen gehört.“ Und? Stu sagte es nur gedanklich, er unterbrach Murdoc nicht, der auch gleich weiterredete:

„Das hat mich echt beeindruckt, Stu-Pot! Du hast `ne geile Stimme! Und deswegen will ich…“ ,Murdoc sah ihm nun unverwandt und direkt ins Gesicht, „dass du in meiner Band spielst!“

Stu konnte es nicht fassen. Er brachte zu erst kein Wort heraus. Er wurde hier von Überraschungen verschüttet!

Suchen Sänger für Gorillaz.

„Gorillaz?“, hakte er nun völlig verdattert nach. Murdoc sah ihn überrascht an. „Ja, woher weißt `n du das?“ „Stand an der Tür“, erklärte er Schulter zuckend. Er hatte keine Lust, Murdoc anzulügen. Und er hatte auch das seltsame Gefühl, dass dieser das sofort bemerken würde.

„Also… morgen in der großen Pause wartest du gefälligst vor dem Raum 009, kapiert? Da finden unsere Proben statt. Und sei pünktlich, Stu-Pot!“, kamen nun auch schnell die restlichen Informationen. Murdoc sagte es selbstverständlich, als wäre es bereits klar, dass Stu beitreten würde. Obwohl er ihn nicht einmal gefragt hatte.

Murdoc stand auf und ehe Stu ihm mitteilen konnte, dass er doch gar nicht in seiner Band spielen wollte, war er auch schon verschwunden.
 

So, ich hoffe das Kappi hat euch dann mal gefallen!

Ich weiß, es kam alles ein wenig schnell, aber man wird ja sehen, wie es sich weiterentwickelt. (Vergesst nicht den letzten Satz^^ xP)
 

Bye

sb

Vor Raum 009

Kapitel 6

Vor Raum 009
 

„Da müsst du undingt hingehen, Stu-Pot-nii-san!“, hatte Noodle gesagt. Ganz genau das waren ihre Worte gewesen, gesprochen in dem für sie typisch gebrochenem Englisch und dem undurchsichtigen japanischen Akzent. Die Worte einer zehnjährigen Ausländerin, die illegal hier in London und bei ihm war. Das Kind, das von den wohlhabenden Eltern fortlief, um ein freies Leben zu führen. Das Kind, das den Bahn brechenden Zauber der Musik entdeckt hatte. Das Kind, das arm und glücklich war.

Das Kind, dass immer fürchten muss, gefunden zu werden.

Stu-Pot zitterte. Er war nervös und biss sich auf die Unterlippe. Ständig kämmte er eine wirre Haarsträhne aus dem bleichen Gesicht, nur damit sie sogleich wieder zurückfiel. Er hatte Angst. Aber nicht so, wie wenn er einem brutalem Schläger gegenüber stand. Oder wie wenn jemand einen seiner bösen Spitznamen rief. Nein, das hier war anders. Deutlich schlimmer! Es war eine bohrende, erwartungsvolle Angst.

Was hatte er sich denn nur dabei gedacht? Er –er!- sollte in einer Band spielen? Das ging doch auf keinen Fall! Selbstverständlich war er in der Lage zu singen, und das ziemlich gut, wie er fand. Lampenfieber hatte er auch nicht. Das war nicht das Problem. Aber eine Band mit einem guten Sänger wurde zwangsweise berühmt. Und er wollte –er durfte- nicht berühmt werden!

Seine Eltern ließen höchstwahrscheinlich bereits alle Medien, die in irgendeiner Weise etwas mit Musik zu tun hatten, durchsuchen. Jedes einzelne Gesicht wurde überprüft. Selbst die, der zahllosen Mengen Fans! Und jeder, der ihm auch nur im Entferntesten ähnlich sah, wurde von ihnen aufgesucht und verhört.

Stu-Pot lief es kalt den Rücken hinunter. Er machte einen Schritt zurück. Seine Familie würde ihn finden, wenn er unvorsichtig wurde. Wenn er den Gorillaz beitrat. Und sie auch! Vielleicht hatten sie sich sogar zusammengetan?! Dieser Gedanke brachte Stu-Pot unweigerlich zum Lachen. Nein, das war nicht passiert! Schließlich wusste sie nichts von seiner wahren Identität. Sie dachte noch immer, er wäre ein kleiner ärmlicher Versager, der gehänselt und geschlagen wurde. Und dennoch hatte sie bis zu letzt zu ihm gehalten… Stu-Pot schüttelte heftig den Kopf. Heute war einfach nicht sein Tag. Es war alles allein ihre Schuld, und Schluss nun mit diesen aberwitzigen Gedankengängen! Er hatte zurzeit deutlich Wichtigeres zu tun!

Stu-Pot presste sich fest an die Wand hinter ihm. Sie war kalt. Eisig kalt und sein Körper glühte bereits. Diese Kälte tat ihm gut. Bald begannen seine Gedanken wieder normale Wege zu gehen. Er konnte sich wieder ein wenig konzentrieren.
 

Stu-Pot stand vor der abgeschlossenen Tür, welche zum Raum 009 führte. Er lag im Keller, abseits von allen anderen Räumen, die er bisher gesehen hatte. Eigentlich hatte er Musik von Murdocs Bass erwartet, die aus dem Zimmer herausdrang, doch es war still. Ganz still. Stu-Pot konnte sein Herz schlagen hören.

Die große Pause ging von halb zwei bis halb drei. Die ersten zehn Minuten waren schon verstrichen. Wird Murdoc wütend sein, weil er zu spät kam? Sicher.

Und noch wütender wird er werden, wenn er ihm brühwarm erklärte, dass er bei der Sache nicht mitmachte. Eine Ausrede hatte er sich nicht zurechtgelegt. Die Gründe gingen Murdoc nichts an! Auch beschlich ihn wieder die Vermutung, dass er es sofort erkennen würde, wenn er ihn anlog.

Was war so schwer?

Einzig musste er an der Tür dort anklopfen, warten bis Murdoc geöffnet hatte und diesem dann erklären, dass er sich wohl auf die Suche nach einem anderem Sänger begeben musste.

Warum machte ihn diese Aussicht so traurig? Warum?

Verdammt! Er wollte doch singen! Er wollte doch auf der Bühne stehen! Er wollte wirklich!

Aber er durfte nicht!

Und auch war da noch etwas. Murdoc…

Er vermochte es nicht genau zu beschreiben, aber Murdoc gab ihm das Gefühl, kein unnützer Loser zu sein. Sondern jemand, der cool war. Jemand, der gebraucht wurde. Er wollte ihn nicht enttäuschen. Murdoc war der erste richtige Freund, den er jemals in seinem Leben gehabt hatte! Mit ihm könnte er Mädels aufreißen, Lehrer ärgern, Alkohol trinken und Partys feiern. Mit der kleinen Noodle funktionierte das nicht.

Er war doch damals abgehauen, damit seine Eltern keine Macht mehr über ihn hatten. Damit er endlich frei war. Dabei hatten sie ihn nun mehr unter Kontrolle, als jemals zuvor!

Stu-Pot vergrub die Hände in den Hosentaschen.
 

Er spürte ein Blatt Papier darin. Warum hatte er ihn mitgenommen? Es musste „Feel good Inc.“ sein. Stu-Pot war sich doch ganz sicher, ihn mit Noodle einstudiert zu haben. Dann hatte er ihn auf seinen Schreibtisch gelegt, der aus einem umgedrehten Pappkarton bestand. Wie also war er wieder zu ihm gelangt? Stu-Pot zog ihn hervor. Es war nicht „Feel good Inc.“, er hatte sich geirrt. In den Händen hielt er einen kleinen Zettel, ebenfalls aus einem seiner Schulhefte entwendet. Darauf stand in kugelrunder großer Kinderschrift:

Dass schafst du, Nii-san!

Noodle.

Natürlich Noodle.

Wer denn sonst?

Es jagte ihm immer wieder aufs Neue einen Schrecken ein, wie gut sie ihn kannte. Stu-Pot knickte den Zettel und steckte ihn dann wieder ein. Ob Noodle Recht hatte? Vielleicht…

Vielleicht sollte er wirklich in die Band eintreten?

In Musikvideos oder auf Konzerten konnte er sich doch irgendwie unkenntlich machen. Die Haare schneiden und färben, und viel Schminke ins Gesicht und eine Verkleidung. Mit den Augen konnte nichts schief gehen, sie wusste nichts davon, es war erst später geschehen. Er würde sich so verändern, bis nicht einmal mehr seine eigene Familie ihn wieder erkannte!
 

Aber Murdoc wünschte auch sicherlich, dass er ihm noch etwas vorsang! Hatte er „Feel good Inc.“ tatsächlich nicht dabei? Er trug immer dieselben Hosen. Lag der Text etwa noch auf seinem Schreibtisch? Nein. Er hatte ihn gefunden.

Gut gelaunt hob Stu-Pot die Hand und klopfte selbstsicher an. Ein Schlüssel wurde ins Schloss gesteckt und gedreht. Es klickte. Murdoc grinste breit, als er ihn sah.

„Na endlich! Wird auch mal Zeit, dass du kommst, Stu-Pot!“

Murdoc packte ihn an der schmalen Schulter und zog ihn geradewegs in den Raum 009.
 

Soooo, das ist eigentlich nur ein Zwischenkapitel, weil ich alles nicht so schnell haben wollte. Aber ihr solltet noch gespannt sein! Bis Stu-Pot zu 2-D und die Gorillaz eine richtige Band werden, wird noch `ne Menge passieren!!!
 

Bye

sb

Sänger

Kapitel 7

Sänger
 

Raum 009 war ein altes Klassenzimmer, welches allem Anschein nach von der Schule nicht mehr genutzt wurde. Die Pulte waren an der hinteren Wand schlampig übereinander gestapelt worden, ebenso die Stühle. In einer Ecke konnte Stu-Pot einen Mülleimer ausmachen. Der Plastikboden war von dunkelgrauer Farbe, die Wände waren einmal in einem hässlichen Hellgrün getüncht worden, welches aber inzwischen stark verblasst war. Alles wirkte alt und wurde von einer dicken Staubschicht überzogen, abgesehen von dem Schlagzeug, das ziemlich verloren in der Mitte des Raums stand. Stu-Pot konnte zwar von Musik aller Art nicht genug bekommen, doch mit Schlagzeugen kannte er sich überhaupt nicht aus. Jedoch war auch keinesfalls der erfahrene Blick eines Experten nötig, um zu erkennen, dass dieses pechschwarz gehaltene Schlagzeug enorm teuer gewesen sein musste. Stu-Pot kam der unangenehme Gedanke, dass dieses Musikinstrument wahrscheinlich weit aus mehr wert war, als alle Sachen, die er besaß, zusammengezählt.

„Hey, Stu-Pot? Hier spielt die Musik!“ Murdoc wedelte einige Mal energisch mit der Hand vor seinem Gesicht herum, bevor er sich seiner vollkommenen Aufmerksamkeit sicher war. Er trug ein schwarzes Markenhemd, die ersten Knöpfe oben hatte er offen gelassen, was Stu-Pot einen tiefen Einblick auf eine sehr dicht behaarte Brust gewährte. Um seinen Hals baumelte eine Goldkette mit einem umgedrehtem Kreuz als Anhänger. Stu-Pot wusste über die Beduetung dieser Kette Bescheid.

„So.“ Murdoc grinste und leckte sich mit der längsten Zunge, die Stu-Pot jemals gesehen hatte, über die Lippen. „Also, Kumpel, ich muss dir erstmal Russel vorstellen.“ Geschwind drehte Murdoc sich nach rechts und deutete Stu-Pot mit der Hand, es ihm gleich zu tun. In der Ecke stand dort ein großer massiger Junge mit dunkler Haut und schneeweißen Augen; es war derselbe Typ, der damals in der Cafeteria neben Murdoc gesessen und auf dem Tisch Schlagzeug gespielt hatte. Er trug einfache Jeans, karierte Vans und ein knallgrünes Shirt mit einer hervorstechenden „11“ vorne aufgenäht.

In Stu-Pot kam der fürchterliche Verdacht hoch, Russel sei unter Umständen blind, und dies war auch die erste Frage, die er ihm stellte. Der Schwarze lachte laut und in Stu-Pots Ohren klang es wie ein Erdebeben. Rüssel schüttelte den Kopf. „Neee“, meinte er und kam aus seiner Ecke hervor. „Keine Sorge, Stu-Pot, Junge. Das sin’ nur Kontaktlinsen.“ Er schlug Stu-Pot freundschaftlich auf die Schulter, sodass dieser kurz einknickte. Kontaklinsen? Kontaktlinsen?! „Und wieso machst du das?“ Stu-Pot konnte sich absolut nicht vorstellen, warum jemand freiwillig seinen Schmerz teilen und sich dem Hohn seiner Mitmenschen aussetzen wollte. Doch ehe Russel zu einer Erwiderung ansetzen konnte, funkte Murdoc ungefragt dazwischen: „Das ist doch jetzt mal scheißegal, oder? Ich will, dass du hier singst und nicht, dass du meinen Drummer mit blöden Fragen nervst!“

Setzen Sie sich ordnungsgemäß hin und seien Sie still, Mr.Tusspot!

Hören Sie auf, solch sinnlose Reime zu verfassen, Mr.Tusspot.

Hören Sie zu, Mr.Tusspot!

Stu-Pot nickte stumm. Richtig, er war hier, um zu singen. Nein. Er war hier, um Murdoc mitzuteilen, dass er nicht singen würde! Seine Eltern verboten es ihm. Und das fühlte sich mies an. Stu-Pot hatte seine Eltern seit Jahren nicht gesehen, und doch hatten sie noch immer solch eine Macht über ihn. Verdammt! Verdammt! Verdammt! Er war doch damals von zu Hause weggelaufen, um zu singen! Um genau das zu tun, was er wegen ihnen nun doch nicht konnte. Er hatte Angst. Er hatte Angst davor, dass seine Eltern ihn finden könnten. Dass sie plötzlich bei einem Konzert auftauchten und seine Mutter mit ihrem perfekt manikürten Zeigefinger auf ihn deutete und laut kreischte: „Da ist er! Das ist unser Sohn! Los, packt ihn!“

Und doch spürte Stu-Pot einen Funken Trotz in seinem Herzen. Da könnte er doch gleich wieder bei ihnen ankommen und brav mathematische Formeln errechnen, wie sie es sich wünschten! Wenn er nicht sang, war doch alles umsonst gewesen! All die Mühe, all die Qualen! Er zitterte und ballte die Hände zu Fäusten. Er würde singen! Stuart Tusspot- nein, Stu-Pot- würde bei den Gorillaz singen! Und in diesem Augenblick legte er einen Scheißdreck auf die Meinung seiner Eltern!

„Ich weiß auch schon, was ich euch vorsinge!“ Stu-Pot kramte in seinen aus allen Nähten zu platzen drohenden Hosentaschen und fischte schließlich „Feel good Inc.“ hervor. Er konnte ein freudiges Lächeln nicht mehr unterdrücken. Mit der Zahnlücke, die ihm Murdoc verpasst hatte, musste es lächerlich aussehen, aber das war ihm egal. Er fühlte sich gut. Einfach nur gut! Stu-Pot konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann er das letzte Mal gelächelt hatte. Es musste eine Ewigkeit her sein.
 

Murdoc schnappte ihm sofort das Stückchen Papier weg und überflog den Songtext. Dann sah er Stu-Pot mit ernsten Augen an. Eines war rot, das Andere schwarz. Russel blickte dem deutlich kleineren Murdoc über die Schulter und las ebenfalls, was dort auf der zerfetzten Heftseite stand.

„Was?“ Eine markerschütternde Angst legte sich plötzlich über Stu-Pot. Sie schnürte ihm buchstäblich die Kehle zu, die Freude war mit einem Mal verflogen. Und ein Gedanke schwirrte unaufhörlich in seinem Kopf umher: Gefällt ihnen mein Song nicht?

„Was? WAS?!“, äffte ihn Murdoc nach. Stu-Pots Eingeweide verkrampften sich. „Feel gooc Inc.“ gefiel ihnen nicht. Er wollte sich auf die Zunge beißen, doch er konnte es aufgrund seiner Zahnlücke nicht.

Ph! Das nennen Sie Musik, Stuart?

Stuart, diese Texte!

Ich will dies hier niemals wieder hören.

Haben Sie verstanden?

Stuart? Stuart, mein Sohn? Antworten Sie gefälligst!

Sie werden nie wieder Keyboard spielen!

Und nie wieder singen!

Solange Sie von meinem Geld leben, werden Sie nicht singen, Stuart!

Stuart, wir wollen doch nur Ihr Bestes!

„Das ist der Hamma, Junge!“ Murdoc grinste, als wäre sein Geburtstag vorverlegt worden. „Okay, das spielen wir! Jetzt sofort. Macht euch bereit! Russel? Stu-Pot?“

Ich finde die Songs sehr schön, Stu-Pot.

Kannst du mir bitte etwas vorsingen?

Du spielst so wunderschön, Stu-Pot!

Stu-Pot vertrieb sie aus seinen Gedanken.

Er sah untätig dabei zu, wie Russel hinter seinem Schlagzeug verschwand. Murdoc holte ein Bass hervor, das nicht weniger teuer wirkte. Er blickte Stu-Pot fest in die Augen.

„Stu-Pot, du kennst den Rhythmus ja, oder? Wie in der Cafeteria.“ Stu-Pot nickte.

Murdoc und Russel blickten ihn beide auffordernd an, warteten auf seinen Einsatz. Stu-Pot schaute sich suchend in dem Raum um. Er sah Gitarren und Saxophone, Trompeten und sogar Flöten an den nackten Wänden lehnen. Doch er konnte nirgends sein Instrument entdecken. „Was ist?“ „Habt ihr hier kein Keyboard da?“ Murdoc sah ihn mit großen Augen an. „Du spielst Keyboard?!“ Seine Stimme überschlug sich vor Freude. Wieder nickte Stu-Pot stumm. Murdocs gute Laune verrauchte urplötzlich wieder. „Nein, zurzeit nicht.“ Er schwieg eine kleine Weile, bis er dann hinzufügte: „Aber keine Sorge! Ich krieg das schon gedeichselt. Bei der nächsten Probe hast du das beste Keyboard, das mit Geld zu kaufen ist, Stu-Pot!“

„Okay…“

„Aber jetzt sing endlich, Mann!“ Murdoc stand mit erhobenem Arm da und wartete nur darauf, endlich loslegen zu dürfen. Russel ging es genauso, er hielt bereits seine Sticks in den Händen und erwartete sein Zeichen.

Doch Stu-Pot hatte noch eine letzte Frage, bevor sie loslegen durften.

„Habt ihr eigentlich schon einen Gitaristen in eurer Band?“
 

*tief durchatme*

Mir gefällt das Kappi nicht so gut, besonders das Ende finde ich schrecklich. Eigentlich hatte ich auch andere Pläne, aber das habe ich mir dann für später aufgehoben… Nun ja, ich hoffe trotzdem, ihr schreibt ein paar Kommis, ja?
 

Bye

sb

Mehr, als du zugibst!

Kapitel 8

Mehr, als du zugibst!
 

Es war ein fabelhaftes Gefühl, endlich wieder ein Keyboard unter den ausgemergelten Fingern spüren zu dürfen. Stu-Pot kam nicht umhin, ständig liebevoll über die Tasten zu streichen, während er sein nagelneues Instrument einstellte. Wie Murdoc es ihm versprochen hatte, war es das mit Abstand beste und schönste Modell, das mit Geld zu kaufen war. Es stellte für Stu-Pot eine unmenschliche Versuchung dar, nicht sofort loszuspielen, sondern auf die anderen Bandmitglieder zu warten.

Stu-Pot war noch nicht soweit, Murdoc und Russel als seine Freunde zu bezeichnen. Obgleich sie nun bereits seit mehren Wochen regelmäßig nach der Schule in Raum 009 zusammen spielten, waren die beiden Jungen ihm noch zu fremd und er vertraute ihnen nicht. Das hatte keinen besonderen Grund; Stu-Pot hatte es sich einfach irgendwann angewöhnt, allen Menschen in seiner Umgebung zu misstrauen. Allein Noodle genoss sein bedingungsloses Vertrauen.

Wir müssen extrem vorsichtig sein, Noodle! Gemeinsam sind wir doppelt gefährdet!

-Hai, Stu-Nii-san!

Wenn meine Eltern mich finden oder einer der Jäger, dann rennt du so schnell weg, wie du kannst! Versprich mir das!

Stu-Pot wusste genau, sollten seine Eltern oder die Jäger ihn jemals in die Finger kriegen, würde Noodle ohne zu Zögern ihr Versprechen brechen und alles daran setzen, ihn zu befreien. Andersherum würde es ebenso sein. Und Stu-Pot musste zugeben, dass es gut tat, einem anderen Menschen zu vertrauen. Besonders, wenn dieser dasselbe Schicksal teilte.

„Stu-Pot-Nii-san!“ Noodles helle Stimme riss ihn wieder einmal aus seinen Erinnerungen. „Hm?“ Er wandte sich zu ihr um. Sie stand ein Stück weiter hinter ihm, in den augenscheinlich zierlichen Händen hielt sie stolz ihre Les Paul, ein Geschenk von Murdoc und Russel. Stu-Pot ahnte, dass Noodle die beiden für diese Geste wahrscheinlich vergötterte, denn eine Les Paul zu besitzen, war schon immer ihr größter Traum gewesen.

„Wir fang’n jetz’ an, Zombie! 19-2000 oder wie du deinen Song da genannt hast! Los!“ Das war Murdoc. Er war Bandleader und nur zu gerne folgte Stu-Pot seinem ruppig ausgedrückten Befehl.

Konzentriert und einfühlsam, als wollte er sein Musikinstrument zuvor um Erlaubnis bitten, legte er seine Finger auf die weißen Tasten. Stu-Pot schaute irgendwo hin, drückte vorsichtig die erste Taste und augenblicklich verfiel er in eine Art Trance. Es gab nur noch seine Stimme und den Rhytmus.
 

The world is spinning too fast

Upon that nike shoes

To keep myself tethered

To the days I try to lose.
 

My mama said to slow down

You must make your own shoes.

Start dancing to the music

Of Gorillaz in a happy mood.
 

Oh yeah!

De doo de bop.

De doo de bop.

De doo de bop.
 

Oh yeah!

De doo de bop.

De doo de bop.

De doo de bop.

De doo de bop.
 

Und jetzt kam Noodles Part! St-Pot hörte mit Begeisterung zu, wie sie die Stimme erhob und sang:
 

Here you go!

Get the cool!

Get the cool shoeshine!

Get the cool!

Get the cool shoeshine!

Get the cool!

Get the cool shoeshine!

Get the cool!

Get the cool shoeshine!
 

Ja, so! Ganz genau so mussten seine Songs gesungen worden! Voller Begeisterung und mit viel Elan! Seine Musik musste verbinden!
 

There's a monkey in the jungle

Watching a vapour trail,

Caught up in the conflict

Between his brain and his tail.
 

And if time's elimination

Then we got nothing to lose

Please repeat the message

It's the music that we choose.
 

Oh yeah!

De doo de bop.

De doo de bop.

De doo de bop.
 

Oh yeah!

De doo de bop.

De doo de bop.

De doo de bop.

De doo de bop.
 

Okay break it down ya we're comin' back out

Get the cool!

Get the cool shoeshine!

Get the cool!

Get the cool shoeshine!

Get the cool!

Get the cool shoeshine!

Get the cool!

Get the cool shoeshine!
 

De doo de bop.

De doo de bop.

De doo de bop.

De doo de bop.
 

Der letzte Ton verklang. In Stu-Pot wurde sogleich das Verlangen wach, den Song noch ein weiteres Mal zu proben, doch er hielt sich zurück. Murdoc hatte etwas zu sagen. Und wenn Murdoc etwas zu sagen hatte, dann schluckte Stu-Pot all seine Wünsche hinunter und lauschte ihm.

„Jungs…“ „Und Mädchen!“ „Jungs und Mädchen“, fasste Murdoc Noodles Zwischenruf auf, „ich schmeiß morgen, also Samstag, ’ne fette Party. Ich will, dass ihr unbedingt kommt, weil wir da einen unserer Songs spielen werden! Wenn ihr da schon was vorhabt, sagt gefälligst ab, klar?!“
 

Stu-Pot musste schlucken. Eine Party. Eine Party!

Panik und Angst kamen in ihm hoch. Gefolgt von Erinnerungen, von denen er geglaubt hatte, sie bereits vor langer Zeit begraben zu haben. Auf einer Party hatte er sie kennengelernt!

Sie! Diese … Frau!

Stu-Pot schüttelte sich. Er wollte nicht an sie denken. Alles, nur nicht sie!

Hai! Na, was läuft?

-H-hai…

Nein! Stu-Pot durfte nicht daran denken! Nicht an diese erste Begegnung! Diese Stimme! Diese Party! Sie! Sie war doch an allem Schuld! Sie!

Er musste hier weg! Schnell! Egal wie!

Stu-Pot gelang es nicht mehr, einen klaren Gedanken zu fassen. Sein Verstand wurde übermannt von einer riesigen Flutwelle vergessener Erinnerungen.

Er rannte weg. Weg, so schnell ihn seine Beine tragen konnten.
 

Und wieder setzte sein Erinnerungsvermögen erst wieder ein, als er sich zitternd über der Toilettenschüssel hing und mehr erbrach, als er in der gesamten letzten Woche zu sich genommen hatte.

Hai! Na, was läuft?

-H-hai… Ähhh, nicht sehr viel, würde ich sagen …?

Hahahaha….

-Warum lachst du?

Du bist lustig!

-Bin ich das?

Klar! Hier, hast du einen Drink!

-D-danke…

Wie heißt du?

-Stu.

Stu? Stuart, oder? Mein Name ist…
 

Irgendjemand hielt ihm die –teilweise bereits mit Erbrochenem beschmierten- Haarsträhnen aus dem Gesicht und wartete geduldig, bis Stu-Pot sich bald zittrig und bebend erhob.

„Was machst du hier?“, fragte er. Stu-Pot wollte nicht, dass Murdoc ihn so schwach sah. Er schämte sich für seinen Zustand.

„Das sollte ich dich fragen“, entgegnete Murdoc seltsam ruhig und ernst, die Hand noch immer fest in Stu-Pots Haarschopf vergraben. Er hielt ihn fest.

„Wieso bist du weggelaufen? Und warum hast du dir hier wieder die Seele aus dem Leib gekotzt?“

„Migräne.“

Murdoc wusste, dass dies nur zur Hälfte der Wahrheit entsprach. Stu-Pot wollte seine Geschichte nicht erzählen. Er wollte sie vergessen. Seine Vergangenheit vergessen.

Stu-Pot konnte hören, wie Murdoc laut aufseufzte. Ihm fiel auf, dass er das relativ oft in seiner Gegenwart tat.

„Ich wette, da steckt viel mehr dahinter, als du zugibst. Oder, Stu-Pot?“

Murdoc hatte Recht. Stu-Pot antwortete nicht. Er brachte kein Wort mehr heraus. Keinen Ton. Sein schwacher Körper sackte stumm in sich zusammen und alles wurde schwarz.
 

So, das erstes Kappi nach meiner Schreibblockade... Und wieder einmal muss ich feststellen, dass es viel zu verwirrend ist, hoffe ihr verzeiht mir das.

Aber es wird bald spannend, dann geht es erst richtig los (hoffe ich jedenfalls mal)!
 

bye

sb

Schreckliche Erinnerungen

Kapitel 9

Schreckliche Erinnerungen
 

Bunte Lichter erleuchteten in kurzen Abständen den großen Raum und an der hohen Decke hing eine silbern schimmernde Discokugel. Laute Töne (Musik konnte man es kaum nennen) ließen die Luft vibrieren und sehr junge Körper in sehr knappen Outfits bewegten sich dazu auf der Tanzfläche. Der Lautstärke und dem Standpunkt der Musikboxen nach zu urteilen war eine Konversation allein an der Bar auf der anderen Seite möglich und er fragte sich, ob dies absichtlich oder ein bloßer Zufall war. Zutrauen würde er es diesem Alexander auf jeden Fall!

Stu war noch nie auf einer Party gewesen, nur einmal auf einer Feier, gemeinsam mit seinen Eltern und alles war unheimlich steif und unpersönlich von statten gegangen. Diese Party war das komplette Gegenteil! Die Menschen lachten und tanzten, sie küssten sich hemmungslos in aller Öffentlichkeit und betranken sich ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass sie sich an diesem Abend vor allen Leuten blamieren könnten. In diesem Raum wurden alle Regeln und Grundsätze, die man Stu je gelehrt hatte, gebrochen. Es war kein unangenehmes Gefühl, nein, keinesfalls, schließlich hatte er sich dies alles erträumt: Aus den Fängen seines Elternhauses flüchten und ein freies Leben für die Musik führen!

Nun, dies alles war ihm geglückt –bis jetzt jedenfalls. Sein Glück konnte sich jede Sekunde in Luft auflösen und Stu fürchtete sich davor. Die schreckliche Angst, gefunden zu werden, hatte er nie ablegen können, obwohl er bereits seit einigen Monaten frei war. Aber er wollte nicht daran denken. Um an sein altes Leben zu denken hatte er später noch Zeit. Aber nicht jetzt. Jetzt wollte er sein Leben genießen! Stu ließ alle Vorsicht, einer der wichtigsten Regeln in seinem Leben, fallen und schob sich durch die Massen zum Tresen.

Dort standen nur wenige Jugendliche, die meisten feierten ausgelassen und tanzten. Doch Stu sprang ein hübsches Mädchen ins Auge, das ihn ebenfalls kurz musterte. Ihre Blicke kreuzten sich. In ihren Augen lag keine Berechnung, kein Misstrauen. Nur Neugierde. Doch ehe Stu sich versah schaute sie wieder weg. Ohne über die Konsequenzen nachzudenken (noch ein Regelbruch) stellte er sich neben sie und wartete auf den Barkeeper.

Niemals, niemals, niemals hätte Stu erwartet, dass sie ihn ansprechen würde. Es traf ihn völlig unvorbereitet als sie es dennoch tat: „Hai! Na, was läuft?“

Ein Augenblick verstrich. Was sollte er jetzt nur tun!? Stu vergrub seine Hände in die Hosentaschen. Locker bleiben, redete er sich gut zu. Ganz ruhig! Und jetzt!? Sag auch etwas! Was? Antworten! Er musste ihr antworten! Aber was meinte sie denn nur mit „was läuft?“ Er schluckte. Sag endlich was! Irgendetwas! Panik!

„H-hai… Ähhh, nicht sehr viel, würde ich sagen …?“

Stu schluckte noch einmal. Ob das richtig geantwortet war? Hoffentlich. Sie brach in Gelächter aus. Doch es klang nicht böse. Eher belustigt. Oder bildete er sich das nur ein? Ihm wurde schwindelig.

„Warum lachst du?“

„Du bist lustig!“, antwortete sie und lächelte ihn an. Sie hatte ein schönes Lächeln. Ihre Zähne waren nicht makellos weiß. Stus auch nicht. Und das, obwohl seine Mutter ihn immer gedrängt hatte, seine Zähne bleichen zu lassen, damit er ein unwiderstehliches, perlweißes Lächeln vorweisen konnte. Sie war anders als alle Mädchen, die er jemals getroffen hatte. Nun gut, abgesehen von Laura aus dem Klavierunterricht hatte Stu auch noch niemals eines kennen gelernt. Er wollte sie nicht verlieren, ihr imponieren, sie bei der Stange halten.

„Bin ich das?“ Er lächelte sie an und holte seine Hände aus den Hosentaschen hervor. Sie lächelte immer noch, sah ihm in die Augen mit einem seltsam verträumten Ausdruck. „Klar“, meinte sie dann selbstsicher und blickte nach vorn. Stu sah, dass der Barkeeper zwei Gläser mit purpurroter Flüssigkeit direkt vor ihnen abgestellt hatte und dem Mädchen viel sagend zuzwinkerte.

„Hier, hast du einen Drink!“ Und schon drückte sie ihm eines der beiden Gläser in die Hände. „D-danke…“ Ihre weiche Haut berührte seinen Finger und Stu kam der Gedanke, dass dies der beste Abend war, den er jemals erlebt hatte.

„Wie heißt du?“, kam auch schon prompt die nächste Frage. Sie sah wieder mit ihren neugierigen Augen in seine und ihm wurde heiß und kalt gleichzeitig. Ob sie ihn wohl auch mochte? Bestimmt, sonst hätte sie ihn ja nicht angesprochen! Jetzt war ihm nur noch warm. Unerträglich heiß!

„Stu.“ Er wollte nach ihrem Namen fragen, doch ehe er erneut ansetzten konnte, kam sie ihm dazwischen: „Stu? Stuart, oder? Mein Name ist…“

„PAULA!“
 

Stu-Pot drehte sich panisch hin und her und murmelte Worte –Namen- vor sich hin, die so leise gesprochen waren, dass nicht einmal Noodle, die direkt neben ihm auf dem breiten Bett saß, sie verstehen konnte. Dann begann er unkontrolliert zu zucken und zu zittern.

Noodle strich ihm beruhigend über den Haarschopf, doch er kam nicht zur Ruhe. Die kleine Japanerin suchte besorgt den Blick von Russel. „Sieht nach einem Alptraum aus, würd’ ich sagen. ’nem ziemlichen Üblen…“, erwiderte dieser und öffnete den Kühlschrank. Dann drehte er sich noch einmal zu ihr um: „Wir können wohl nur abwarten. Sorry, Noods.“ Sie nickte, den Blick noch immer sorgenvoll auf Stu-Pot gerichtet. “Niis-san, wach schnell auf!”
 

Der Junge stürzte sich mit vollem Gewicht auf Stu und dieser knallte mit dem Kopf gegen den harten Tresen. Sein Hinterkopf fühlte sich an wie gespalten und er spürte ein unangenehmes Pochen und Rauschen in seinen Ohren. Die Sicht verschwamm ihm.

„Du Hurensohn! Du mieser, kleiner, dreckiger, beschissener Hurensohn!“ Mit beiden Fäusten und einer Ladung unbändiger Wut schlug er auf Stu ein. „Was wagst du Arschloch es meine Freundin anzubaggern!“ Die Mädchen begannen zu schreien und Paula rief ängstlich: „Alex! Nein, hör’ auf! Alex! ALEXANDER!“

Hände griffen nach Alexander und zerrten ihn von Stu herunter. Halbohnmächtig raffte sich Stu auf und zog sich langsam hoch. Ein oder zwei Mädchen halfen ihm dabei. Seine Knie waren Pudding und er zitterte und bibberte am ganzen Körper. Seine Brust schmerzte, sein Auge war geschwollen und als Stu seinen Hinterkopf abtastete, fühlte er zwei dicke Beulen. Two dents.
 

Ihn hatte noch nie jemand geschlagen. Noch nicht einmal seine Eltern!

„Lasst mich los!“ Alexander rang mit den Jungen, die ihn festhielten. Es waren mindestens fünf, stellte Stu benommen fest. Oder sechs. Alexander war muskulös und aggressiv. Stark. Der Chef. Stu hatte ihn von Anfang an nicht leiden können. Jetzt hasste er ihn.

„Alex, beruhig’ dich, Mann!“

„Ihr habt mir gar nichts zu sagen! Das ist MEINE Party! Und der verdammte Bastard soll hier gefälligst Leine ziehen! Schafft den Mistkerl raus! LOS!“ Alexander drohte sich zu befreien und man warf Stu Blicke zu. Einige waren mitleidig, andere verwirrt oder schadenfroh und wieder andere abfällig.

„Ich glaube, du solltest jetzt wirklich gehen“, flüsterte ihm eines der Mädchen zu, die ihn stützten. „Sonst rastet Alex noch völlig aus und schlägt hier alles kurz und klein.“ Stu nickte. Er fühlte sich leer und ausgelaugt. Sichtlich mitgenommen hinkte er in Richtung Ausgang und das Mädchen blieb an seiner Seite. Der Weg erschien ihm unnatürlich weit und alle starrten ihn an, keiner tanzte oder lachte mehr. Dann begannen die Leute zu tuscheln. Er hörte wie das Mädchen meinte: „Das war fies von Alex, das mit Paula konntest du doch nicht wissen, immerhin bist du neu. Mach dir nichts draus, ja?“ Es blieb stehen und signalisierte ihm so, dass sie die zweiflüglige Tür nun endlich erreicht hatten. Dann verschwand auch dieses Mädchen.

Stu ging hinaus und war schon einige Schritte von der Villa entfernt, als er noch ein letztes Mal die hasserfüllte Stimme von Alexander hörte: „Das wirst du büßen, Arschloch! Du bezahlst mit deinem Leben, das schwör’ ich dir!“

Die Tür fiel zu.
 

Stu-Pot riss entsetzt die Augen auf und setzte sich mit einem einzigen Ruck gerade hin. Sein Atem ging stoßweise und unregelmäßig, als wäre er schnell gerannt und der kalte Schweiß sammelte sich in Tröpfchen auf seinem nackten Oberkörper.

„Stu-Pot-Nii-san!“ Noodle und Russel stürmten zu ihm und begutachteten ihn mit großen Augen. „Is’ alles in Ordnung? Stu-Pot? Halloho?“ Eine große, dunkle Hand wedelte aufgeregt vor seinem Gesicht herum, weil er nicht reagierte. Stu-Pot nickt, obwohl er verwirrt war und nur nach und nach realisierte, was geschehen sein musste.

Ein Traum. Nein, eine Erinnerung. Eine Erinnerung, die er lange verdrängt hatte, weil er sie fürchtete. Ein Glück, dass er aufgewacht war, ehe Alexander versucht hatte, seinen Schwur Wirklichkeit werden zu lassen!

„N-Noodle?“

„Ja, Nii-san?“

“Wie sehen meine Augen aus?”

„Wie imm- swartz, Nii-san.“

„Gut. Danke, Noodle.“
 

Es quietschte. Eine Tür öffnete sich.

Stu-Pot sah sich überrascht um. Er hatte sich überhaupt nicht um seine Umgebung gekümmert und erst jetzt fiel ihm auf, dass er sich halbnackt in einem riesigen, ihm unbekannten Bett befand. Der Raum in dem das Bett stand war nicht groß und es gab nur noch eine sehr kleine Kochzeile und eine zerlumpte, grün-graue Sitzecke, auf der sich Russel niedergelassen hatte und ein Sandwich in den Händen hielt. Der Geruch von Zigarettenqualm hing in der Luft, die Fenster waren allesamt geschlossen und die Möbel waren mit einer feinen Schicht Dreck und Staub überzogen. Es wirkte überhaupt nicht spießig oder ordentlich. Stu-Pot mochte es hier.

Aber wie war er hier hergekommen? Und wo genau befand er sich eigentlich?

„Das“, erklärte plötzlich eine dritte Person, „ist mein bescheidenes Heim. Mein Winnebago!“

Stu-Pot blickte zur engen Tür. Dort lehnte Murdoc gegen den Rahmen und hinter ihm konnte Stu-Pot noch den Schatten einer zweiten Person ausmachen.

Seine Alarmglocken schrillten. Gefahr!
 

Und das war das heiß ersehnte Kapitel 9!

Eigentlich hatte ich es nicht vor, aber dann habe ich doch diesen riesigen Flashback in Form eines Traums eingebaut. (Stu-Pot ist ja ohnmächtig.) Ich hoffe, ein paar eurer Fragen sind damit beantwortet (beispielsweise wer sie ist), aber ich hoffe auch, dass meine "Spannung" (^^) noch nicht verflogen ist.

Und schauen wir auch mal, wer da zu unserem Stui reinkommt! (Ich bin mir nicht sicher, ob ihr den nicht schon vergessen habt...)
 

bye

sb

Die Flucht kann beginnen

Kapitel 10

Die Flucht beginnt
 

Stu-Pot saß mit weit aufgerissenen Augen und schweißnassem Körper kerzengerade im Bett von Murdocs Winnebago und starrte zu der Person, die nun langsamen Schrittes den Wohnwagen betrat.

Gefahr!

Gefahr!

GEFAHR!

Mr. Hudson trat bedächtig zu ihm hin und setzte sich schließlich auf die Bettkante. Sein Blick war mitfühlend, besorgt und … wissend? Konnte das sein?

Stu-Pot rutschte unweigerlich ein kleines Stück von ihm weg.

Was wollte Mr. Hudson hier? War er einer der Jäger und kam nun, um ihn in diesem geschwächten Zustand mitzunehmen und zu seinen Eltern zu schleppen?

Stu-Pot strich sich eine verklebte Haarsträhne aus der Stirn und ließ seinen Lehrer nicht aus

dem Blickfeld. Die Angst schnürte ihm die Kehle zu, er brachte kein Wort heraus und musste hilflos und mit Herzklopfen mit ansehen, wie Mr. Hudson eben dieses ergriff:

„Stuart, mein Junge! Geht es dir wieder besser?“

Stu-Pot hatte sich noch immer nicht von seiner Gedächtnisinsel erholt und fühlte sich so geschwächt und ramponiert wie nie zuvor in seinem Leben, doch diese Lappalie würde er Mr. Hudson gegenüber auf keinen Fall zugeben! Schließlich wusste er nicht einmal sicher, ob dessen Besorgnis ehrlich oder bloß gespielt war. Darum zwang er sich eilig zu einem kurzen Nicken und stellte dann Hilfe suchend den Blickkontakt zu Murdoc her. Dieser hatte einen ungewohnt ernsten Gesichtsausdruck aufgesetzt und als er Stu-Pots Not bemerkte, formte er mehrmals stumm mit den Lippen: „Sag’ nichts!“

Die Verwirrung wurde immer größer. Teilte Murdoc etwa seine Ansichten von Mr. Hudson? Hatte er vielleicht etwas über ihn herausgefunden? Er musste ihn später unbedingt einmal darauf ansprechen!

„Stuart?“ Das war wieder die eklige Stimme von Mr. Hudson. „Dir scheint es wirklich nicht gut zu gehen.“ Er drehte ihm für einen Augenblick den breiten Rücken zu und sagte etwas zu Murdoc, der sich plötzlich wieder völlig normal benahm. Stu-Pot hörte kurz darauf wie sich der kleine Kühlschrank öffnete und ihm wurde eine eiskalte Dose Bier überreicht. Erst jetzt bemerkte er seinen unangenehm trockenen Hals und trank die Dose in nur zwei Zügen leer. Das kühle Nass tat ihm gut und Stu-Pot fühlte sich ein wenig besser.

Sollte er jetzt vielleicht das Risiko in Kauf nehmen und nachfragen, warum ausgerechnet Mr. Hudson hier war? Und was er von ihm wollte? Stu-Pot studierte abwesend das aufgedruckte Logo auf der leeren Bierdose. Murdoc hatte ihm befohlen, nichts zu sagen. Und Murdoc genoss deutlich mehr seines Vertrauens als Mr. Hudson! Also entschloss sich Stu-Pot dazu, doch zu schweigen und wartete mit wachsender Ungeduld darauf, dass irgendein Geschehen die folgende Stille durchbrechen würde.

Murdoc räusperte sich, was Stu-Pot merkwürdig fand. Murdoc räusperte sich nie, normalerweise redete er einfach drauf los und ging davon aus, dass ihm Gehör geschenkt wurde (was meistens auch geschah.) War das ein Zeichen?

„Mr. Hudson“, sprach Murdoc höflich und setzte das charmanteste Lächeln auf, dass er zu bieten hatte, „ich würde gerne einen Augenblick mit Stu-Po..art unter vier Augen sprechen. Würden Sie, Noodle und Russel bitte kurz meinen Winnebago verlassen? Danke.“ Mr. Hudsons Lächeln gefror für eine Sekunde. Oder bildete sich das Stu-Pot nur ein?

„Natürlich, Murdoc, natürlich“, meinte er überschwänglich, als er seinen Fehler bemerkt hatte. „Noodle –was für ein seltener Name, meine Liebe- und Russel, ich wollte sowieso noch etwas mit euch besprechen. Das passt gut.“ Einen Wimpernschlag später waren er und die anderen beiden verschwunden, und Stu-Pot war allein mit Murdoc, der erleichtert ausatmete.
 

„Puh! Noch ’ne Sekunde länger und ich hätt’ dem Typen auf das beschissene Hemd gereihert, so stinkt der nach Parfüm…!“ Murdoc schüttelte angewidert den Kopf. Dann wandte er sich endlich Stu-Pot zu und fragte unvermittelt: „Was hältst du von Hudson?“

Stu-Pot, überrascht von dem unerwarteten Kreuzverhör, spielte nervös mit seiner Decke und antwortete nach kurzem Überlegen mit einer Gegenfrage: „Was denkst du denn über ihn, Muds?“

„Ich hab’ zuerst gefragt!“

Mist, da saß er in der Falle! Sollte er ehrlich sein? Stu-Pot musterte Murdoc mit einem verstohlenen Blick, was dieser nicht bemerkte oder aber gekonnt ignorierte (wahrscheinlich letzteres). Ohne ihn zu beachten zog Murdoc seine teuren, verdammt gut schmeckenden Zigaretten aus der Tasche und zündete sich betont langsam und genüsslich eine davon an.

„Kann ich auch eine haben?“

„Wenn du endlich ma’ auf meine Frage antwortest, Zombie!“

„Rauchst du nur diese Marke?“

„Du lenkst vom Thema ab.“

„Findest du?“

„Antworte gefälligst!“

Stu-Pot fiel keine gescheite Erwiderung mehr ein. Ein langes Schweigen folgte und irgendwann gab er sich geschlagen: „Na gut, wenn’s sein muss: Ich trau’ Mr. Hudson kein bisschen über den Weg! Krieg’ ich jetzt endlich ’ne Kippe?“

Stu-Pot wurden die Zigarettenschachtel und ein undefinierbarer Blick seitens Murdoc zugeworfen. Ob er herauszufinden versuchte, wer er wirklich war und was in seiner Vergangenheit alles vorgefallen sein musste? Er wäre nicht der Erste… Ein bedauernder Seufzer entglitt ihm, als er an seinen schrecklichen Traum zurückdachte. Paula, diese Hexe!

Sie war an allem Schuld! Allein sie! Sie hatte doch ganz genau gewusst, dass ihr Freund so aggressiv wurde, wenn ein Junge mit ihr flirtete. Und dann war sie so dreist gewesen, sich später noch mehrmals mit ihm zu treffen!

Hallo, Stu. Wegen gestern, das … tut mir echt sehr leid…

-Ist schon okay.

Wirklich?

-Vergeben und vergessen!

„Hey, Stu-Pot! Bist du noch da?“ Ein unsanftes Schütteln holte ihn zurück auf den Boden der Tatsachen. „Jaja, alles klar.“ Danach fügte nach kurzem Überlegen noch an: „Und was denkst du über Mr. Hudson?“

„Dasselbe, Zombie: Mit dem Kerl stimmt was nicht, sag’ ich dir. Der is’ total auf dich fixiert; in den Pausen beobachtet der dich immer und manchmal auch auf den Gängen! Is’ dir das noch nie aufgefallen?“

Er war also ebenfalls zu diesem Schluss gekommen? Stu-Pot spürte wie ein Kälteschauer seinen Körper aufzucken ließ. Wenn selbst Murdoc bemerkte, dass etwas nicht in Ordnung war... Inzwischen war er sich fast schon sicher, dass Mr. Hudson ein Jäger war. Ein Untergebener seiner Eltern, der dort vor dem Winnebago stand und ihn jeden Moment verraten könnte. Ein fürchterlicher Gedanke!

Mr. Hudson!

Gefahr!

Weg!

Sein Instinkt hatte ihn also doch nicht getäuscht. Er hatte ganz recht gehabt mit seiner Vermutung! Aber … jetzt war keine Zeit für Lobesreden!

Er musste hier verschwinden! Schnell! Bevor Mr. Hudson sein Gespräch mit Noodle und Russel beendet hatte! Aber wie? Die Tür war blockiert! Sein Puls begann zu rasen und Stu-Pot verspürte wieder die allzu bekannte Panik in ihm aufsteigen. Raus! Schnell!

Er sprang aus dem Bett und blickte sich aufgeregt nach einem Fluchtweg um. Vor der Tür stand Mr. Hudson, das war also unmöglich. Die Fenster? Die Fenster!

„Hier! Zieh’ dir ers’mal was Ordentliches an!“ Murdoc warf ihm ein dunkles Shirt zu, das Stu-Pot viel zu weit war, doch diese Nichtigkeit interessierte ihn zurzeit herzlich wenig. In Eiltempo zog er es sich über, im nächsten Augenblick war er bereits in Begriff aus dem engen Wohnwagenfenster zu klettern. Er durfte keine Zeit verlieren! Jede Sekunde konnte die Letzte sein!

„Stu-Pot!“

„Schrei’ nicht so rum, Muds! Bitte!“, bettelte er aufgeregt und sandte Stoßgebete gen Himmel, dass Mr. Hudson ihn nicht gehört hatte. Er sprang so leise wie es ihm möglich war aus dem Fenster und landete sicher auf einem perfekt geschnittenen Rasen.

„Sorry“, entschuldigte sich Murdoc schnell und glücklicherweise in einem so gedämpften Ton, dass selbst Stu-Pot Schwierigkeiten hatte ihn zu verstehen. „Ich mein damit nur, du sollst kurz warten,Zombie!“ Warten? Warten? WARTEN? Während Mr. Hudson da nur ein paar Meter von ihm entfernt auf der anderen Seite des Winnebagos stand und ihn jeder Zeit entdecken konnte?

Schweren Herzens und auf wackligen Beinen blieb Stu-Pot stehen und wartete ängstlich auf Murdoc, der in seinem Winnebago irgendetwas zusammenkramte und dann, beladen mit einem schwarzen Rucksack, ebenfalls aus dem Fenster sprang.

„Okay“, grinste er. „Die Flucht kann beginnen, Zombie!“
 

Es wird langsam ernst! Die Ff erreicht bald ihren Höhepunkt. (Keine Sorge: zu Ende ist sie noch lange nicht, ich hab' noch ein paar Überraschungen auf Lager!)^^
 

bye

sb

Der Verrat

Kapitel 11

Der Verrat
 

Murdocs schmuddeliger Winnebago stand in einem auffallend gut gepflegten, adretten Vorgarten, der zu einem ebenso schönen, großen Haus gehörte. Stu-Pot hatte solche Angst, dass er sich nicht einmal über diese merkwürdige Unstimmigkeit wundern konnte, sondern mit dem Blick eines gehetzten Tieres den besten Fluchtweg zu ermitteln versuchte. Er (und Murdoc neben ihm) standen auf der Seite des Caravans, die zur Straße führte; allein ein paar Büsche und Sträucher und dazu ein lächerlich niedriges Gartenzäunchen versperrten ihnen noch den Weg.

„Wohin jetzt?“, hauchte er aufgeregt und fragte sich, wie lange Noodle Mr. Hudson wohl noch ablenken konnte. (Er zweifelte nicht daran -oder hoffte es zumindest-, dass auch die kleine Noodle mit ihrem klugen Kopf den Ernst der Lage erkannt hatte.) Murdoc hingegen zuckte bloß einmal kurz mit den Axeln und es ärgerte Stu-Pot gewaltig, dass er ihre Situation eher amüsant als gefährlich zu finden schien. Das hier war nicht irgendein blödes Videospiel, sondern das wahre Leben, verdammt nochmal! Sein Leben! Und da Murdoc sich ihm offensichtlich angeschlossen hatte, befand auch er sich in größter Gefahr!

Nach einigen Sekunden, die ihm wie eine halbe Ewigkeit vorkamen, meinte Murdoc viel zu laut: „Am besten wir geh’n zu mir, Stu-Pot!“ und deutete mit dem Zeigefinger überdeutlich auf das Haus hinter ihnen. Hatte Murdoc den Verstand verloren?! „Spinnst du?“, fluchte Stu-Pot im Flüsterton. „Das hat er ganz sicher gehört und…!“ Dann fiel der Groschen, sein Gesicht hellte sich urplötzlich auf. „Ah!“ Er nickte Murdoc kurz anerkennend zu und wollte dann auch sogleich wissen: „Und wohin soll es wirklich gehen?“

„Das wirst du schon sehen, Zombie. Folg’ mir einfach und mach’ um Satans Willen keinen Lärm!“ So schnell und lautlos es ihnen möglich war schlichen die beiden zu einigen dichten Rosensträuchern, die vor dem Zaun wuchsen.

Stu-Pot schielte die ganze Zeit über vorsichtig zu Mr. Hudson, der nun vollkommen freie Sicht auf sie hatte. Würde er seinen Blick auch nur einen Augenblick von Noodle und Russel losreißen, auf die er noch immer begeistert einredete... Es war ein Heidenglück für Stu-Pot und Murdoc, dass er es nicht tat!

Ungeschickt kämpften diese sich durch die Rosensträucher mit den rücksichtslos spitzen Dornen (Stu-Pot fragte sich währenddessen ernsthaft, warum ausgerechnet diese Blumen als Symbol der Liebe galten) ehe sie den kleinen Zaun erreichten, den es mit Leichtigkeit zu überspringen galt. Und nun endlich fanden sie sich auf dem wunderbar grauen, asphaltierten Bürgersteig wieder. Die Straße war augenscheinlich ungewöhnlich schmal, was allerdings doch wohl eher an den vielen Autos lag, die an deren Rändern abgestellt worden waren.

„Okay“, seufzte Murdoc erleichtert (was ebenso ungewöhnlich war wie sein schmalziges Räuspern vor nur wenigen Minuten, übrigens) und zupfte sich einen dünnen Zweig vom Hemd. „Soweit so gut.“ Er wandte sich jetzt auch an Stu-Pot (zuvor schien er vielmehr mit sich selbst gesprochen zu haben) und erklärte ihm in einem, wie dieser fand, völlig unangebrachten Plauderton den nächsten Teil seines Vorhabens: „Hör’ gut zu, Stu-Pot: Den Mercedes da vorne, den dunklen da, siehst du den? Gut. Der gehört meinem verehrten“ (dieses Wort strotzte nur so von beißenden Sarkasmus) „Vater. Jedenfalls, wir schleich’n und jez’ unauffällig da hin und fahr’n einfach ganz schnell weg. Ziemlich einfach, oder? Kann nix schief gehen…“

Stu-Pot war sich in dieser Angelegenheit zwar nicht ganz so sicher, doch da ihm zurzeit leider kein besserer Plan einfiel, nickte er gottergeben und blickte zu genanntem Wagen. Sie beide mussten nur noch diese kleine Strecke zurücklegen und dann waren sie in Sicherheit!

Stu-Pot fühlte sich ein ganz klein weniger wohler und die lähmende Panik begann sich langsam wieder aufzulösen. Sie hatten einen Plan. Einen Plan! Und Murdoc erfand sicherlich sehr oft irgendwelche Fluchtpläne! Also kein Grund zur Aufregung! Nimm’s leicht, Stu-Pot! So schwer ist das doch gar nicht! Er atmete einmal tief durch und versuchte einen entschlossenen Blick aufzusetzen. (Ob ihm dies tatsächlich gelang, konnte er allerdings nicht beurteilen.)

„Los!“

Auf allen Vieren krabbelten Stu-Pot und Murdoc den Bürgersteig entlang und Stu-Pot verfluchte Mr. Und Mrs. Niccals nun dafür, dass sie eine Schwäche für niedrige Gartenzäune hatten. Zum Glück jedoch gab es reichlich Buschwerk, das sie deckte.

Unerhört schnell waren sie beim Mercedes angekommen. Sie hatten sich zwar eine paar hässliche Flecken auf ihre Hosen geholt (auf Stu-Pots sowieso schon verdreckten Shorts sah man sie erst auf den zweiten Blick, doch bei Murdoc stachen die beiden dunklen Stellen am Knie der Designer-Hose sofort ins Auge), ansonsten war nichts passiert. Murdoc kramte eilig die Autoschlüssel aus besagter Designer-Hose (es war dieselbe Tasche, aus der er auch immer seine wertvollen Zigaretten fischte) und Stu-Pot begann sich unweigerlich zu fragen, warum Murdoc Schlüssel für das selbstverständlich enorm teure Auto seines Vaters besaß. Vielleicht durfte er sich den Mercedes ab und an mal ausleihen, weil er ein so verantwortungsvoller Fahrer war?

„Los, steig’ ein, Lahmarsch!“ Murdoc hatte sich hinters Steuer gesetzt und so musste sich Stu-Pot wohl oder übel mit dem Beifahrersitz begnügen. Kaum hatte er sich jedoch angeschnallt, drückte Murdoc auch schon übermenschlich fest auf das Gaspedal und raste mit einer solchen Geschwindigkeit davon, dass Stu-Pot in seinen Sitz gedrückt wurde und er die Umgebung nur noch als schleierhafte Farbstreifen, die am Fenster vorbei flogen, wahrnahm.
 

„Wohin fahren wir eigentlich?“ Stu-Pot fühlte sich unwohl in dem schönen Mercedes. Und das lag wirklich nur zu kleinen Teilen an der Geschwindigkeit. Autos erinnerten ihn immer an das Versprechen, das Alexander ihm einst gegeben und skrupellos wahr gemacht hatte.

Murdoc, völlig vertieft in seine Fahrkünste, schreckte überrascht auf und meinte dann gehässig: „An ’nen Ort, den Hudson nie im Leben finden wird!“

„Und wie kannst du dir da so sicher sein?“ Stu-Pot wurde auf einmal ganz schlecht. „Woher willst du wissen, dass er uns nicht verfolgt?“ Daran hatte er noch gar nicht gedacht! Er warf schnell einen ängstlichen Blick in den Rückspiegel, doch auch hier konnte er nur undeutliche Farbstreifen erkennen. Wie schnell fuhren sie denn inzwischen? Zweihundert? Oder mehr? Konnte Murdoc eigentlich noch erkennen, wo sich die Straße befand?

„Na ganz einfach: Hudson rechnet damit, dass er dich an ’nem and’ren Ort find’n wird.“

„Ich kapier gar nichts mehr…“ Das stimmte.

Murdoc seufzte genervt auf. Er warf Stu-Pot einen abschätzenden Blick zu und warnte dann mit der ruhigen Stimme eines Therapeuten: „Aber werd’ nich’ hysterisch, ja?“

„Okay…“

„Hudson hat mir fünfhundert Riesen in bar überreicht, damit ich dich ihm ausliefere. Die Flucht hier is’ Teil seines Plans, deshalb’ verfolgt er uns auch nich’ oder hat uns gehindert. Kapiert, Zombie?“ Murdoc hatte diesen kleinen Vortrag in einer Geschwindigkeit heruntergebeten, die der seines Merecedes' in Nichts nachstand.

„WAS?!“

Stu-Pot starrte Murdoc mit tellergroßen Augen an, konnte gar nicht fassen, was dieser ihm gerade mitgeteilt hatte. Murdoc war … ein Verräter? Wollte er ihn tatsächlich für ein bisschen Bares an die Jäger verkaufen? Stu-Pots Mund wurde eklig trocken und in seinen Hals nistete sich ein seltsames Kratzen ein.

Er wurde sich der Farbe seiner Augen plötzlich schmerzlich bewusst und verspürte das Bedürfnis, sie fest zuzukneifen und sich vor der ganzen Welt zu verstecken.
 

So, Kapitel ... ist das jetzt des elfte oder zwölfte? o.O

Ach egal, jedenfalls habe ich es endlich hinter mir! (Das nächste Kapitel ist natürlich bereits begonnen, fleißig wie ich bin!^^)
 

bye

sb
 

PS: Danke GorillazFanatic und Zomby_xD für eure lieben Kommis! ♥

Am Marterpfahl

Kapitel 12

Am Marterpfahl
 

Hudson hat mir fünfhundert Riesen in bar überreicht, damit ich dich ihm ausliefere.

Murdocs schrecklich gleichgültige Stimme hallte dumpf in seinem Kopf wieder und machte Stu-Pot ungeheuer wütend.

Er wurde von einer heißen Welle bestehend aus den verschiedensten Gefühlen und Emotionen erfasst und Stu-Pot biss die Zähne fest zusammen, wie er es immer tat, wenn er versuchte die Tränen zurückzuhalten.

Geld, Geld und nochmals Geld! Gab es denn nichts Wichtigeres auf dieser Welt, als diese blöden Scheine aus Papier?! Musik zum Beispiel?

Sie müssen lernen, die Finanzen der Firma zu regeln, Stuart!

Geld regiert die Welt, vergessen Sie das bloß nicht!

Geld, mein Sohn, Geld!

Die Welle verebbte wieder und endlich stiegen warme Tränen Stu-Pot in die dunklen Augen. Ob es Tränen der Wut oder der Trauer waren, wusste er nicht zu beurteilen.

Seine dürren Finger hatten sich in den weichen Bezug des Autositzes gekrallt und konnten nicht die Flüssigkeit wegwischen, die dort über seine Wangen rann.

Murdoc hatte ihn verraten… Für ein bisschen Bares. Einfach so, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Wie konnte man nur so gewissenlos seinen Freund hintergehen?

Doch war er überhaupt jemals Murdocs Freund gewesen?

Stu-Pot überlegte ein paar Sekunden, doch sein Schädel begann wieder eklig zu pochen und kurz darauf brach er die verworrenen Gedanken, die sich zusammengesetzt hatten, wieder auseinander.

Er konnte den salzigen Geschmack einer Träne auf seiner Zunge schmecken und mit einem Mal fühlte er sich unendlich leer. Da war keine Wut mehr, auch keine Trauer oder sonst irgendetwas. In ihm war nur noch diese Leere, welche die schlimmste Erinnerung seines Lebens wieder zum Vorschein brachte:
 

“Bring ihn um! Bring ihn um! Bring ihn um!“

Der eisige Nachtwind trug die Rufe seiner Mitschüler in Stus Richtung. Sie wurden immer lauter; mit jeder Sekunde, die quälend langsam verstrich, schien ihr Enthusiasmus zuzunehmen. Er wollte sie nicht hören, doch er konnte nichts dagegen unternehmen: Mit festen Stricken hatte man ihn an eine alte Buche gebunden. Er war nicht imstande sich zu bewegen oder sich auch nur die -inzwischen ganz tauben- Ohren zuhalten.

„Bring ihn um! Bring ihn um!“ Noch immer konnte er sie hören und Stu begann sich unweigerlich zu fragen, wann Alexander der Bitte seiner Fans endlich nachkommen würde. Allzu lange konnte es nicht mehr sein. Denn es war schon viel zu viel Zeit vergangen, in der er seinen schweißnassen Körper gegen den harten Marterpfahl gepresst hatte; es konnte nicht mehr lange dauern.

Stu fürchtete sich vor Alexanders Rache. Niemals zuvor in seinem Leben hatte er solch eine bohrende Angst gefühlt. Wie harter Zement hing sie ihm in der Brust und schnürte ihm die Lungen zu. Das Atmen viel ihm immer schwerer und seine Gliedmaßen wurden taub. Ohne ersichtlichen Grund schoss ihm auf einmal der Gedanke durch den Kopf, dass diese Angst nicht einmal mit damals vergleichbar war, als er sich aus der Villa seiner Eltern schlich, um für alle Zeit ihren geldgierigen Fängen zu entkommen. Es war doch ironisch: Raus aus der Pfanne, rein ins Feuer. Das Leben, das er sich erhofft hatte, war niemals Wirklichkeit geworden. Eher… war es noch viel schlimmer geworden, richtig?
 

„Bring ihn um! Bring ihn um! Bring ihn um! Bring ihn um! BRING IHN UM! Jaaaaah!“

Stu machte Schritte aus, die sich ihm ungewöhnlich langsam näherten. Nach einer Weile hörte das unheilvolle Geräusch wieder auf und Alexander Grey stand nun so dicht vor ihm, dass sich ihre Nasenspitzen fast berührten. Sein Gesicht war zu einer hässlichen Fratze verzerrt und in seinen Augen glomm kalter Hass. Wie ein Schlag im Gesicht wurde Stu plötzlich klar, dass Alexander nicht vorhatte, ihn nur ein bisschen zu verprügeln und zu bespucken.

„Bring ihn um! Bring ihn um! Bring ihn um!“

Alexander rief einen Namen, der Stu nicht bekannt vorkam. Ein Junge mit kurz geschorenen Haaren und Springerstiefeln tauchte sofort an seiner Seite auf und Stu erinnerte sich nun vage daran, ihn auf der Party gesehen zu haben. Alexander und der Junge tauschten Worte, die Stu hörte und doch nicht verstand. Schließlich nickte der fremde Junge und fischte etwas Glänzendes aus seiner Jackentasche heraus, was sich als Taschenmesser entpuppte. Die beiden hatten Stus ängstlichen Blick bemerkt und grinsten sich gegenseitig in stummem Einverständnis an. Alexander nahm das Messer an sich und wedelte damit einige Male böse lächelnd vor Stus Gesicht herum.

Stu fragte sich, was Alexander mit ihm vorhatte. Wollte er erst mit ein paar Messerkunststückchen seine Angst noch weiter schüren und ihm dann die Kehle durchschneiden? Stu schluckte und bemerkte erst jetzt, wie trocken sein Hals war.

„Hast du etwa Angst, Loser?“ Alexanders Stimme triefte vor Hohn und die Jugendlichen, die sich in einem Halbkreis um Stu aufgestellt hatten, grölten begeistert Beifall. Ob Paula auch dabei war? Bisher hatte er sie nicht entdecken können.

Ein unerwarteter Schmerz in seiner linken Schulter ließ Stu unfreiwillig aufschreien. „Hier spielt die Musik, Arschgeige!“ Alexander griff unsanft unter sein Kinn und drehte seinen Kopf, sodass er auf die Wunde schauen musste. Das Messer steckte tief in seinem hellen Fleisch und Blut quoll hervor.

Der beißende Schmerz ging durch seinen ganzen Arm und Stu biss die Zähne zusammen, um Tränen zu verhindern. „Uhhh, da ist aber jemand tapfer!“ Alexander verspottet ihn. „Woll’n wir mal sehen, wie lange noch!“ Das blutbeschmierte Messer wurde aus seiner Schulter entfernt und Stu verzog angewidert den Mund. Dieser Anblick war aus irgendeinem Grund schlimmer als der seiner Verletzung selbst.

Das Messer landete im feuchten Gras. Alexander nannte wieder einen Namen. Dustin oder so etwas; Stu hatte nicht wirklich hingehört, sondern weiterhin mit einer ungleichen Mischung aus Ekel und Faszination das am Boden liegende Messer betrachtet. Das dunkle Blut glänzte im Mondlicht. Es war Halbmond.

Einen Faustschlag später war Stus Aufmerksamkeit wieder bei Alexander und die Angst war zurückgekehrt, wenn sie denn überhaupt verschwunden war. Denn Alexander hielt eine Pistole in der Hand. Eine kleine, handliche Pistole in leuchtendem Schwarz, deren Lauf genau auf ihn gerichtet war. War das jetzt das Ende? Sollte auf diese Weise sein Leben zu Ende gehen? Weil er auf einer Party mit Paula gesprochen hatte?

Stu kniff die Augen zusammen und wartete auf den Tod. Knall!

Die Kugel hatte nicht sein Herz durchbohrt. Stattdessen aber seinen Fuß. Warmes Blut überflutete seine Zehen. Noch immer biss Stu fest die Zähne zusammen, doch die Tränen konnte er nicht mehr verhindern.

„Seht mal, jetzt heult der Loser auch noch“, machte Alexander die Menge auf seine Schwäche aufmerksam. Seine Mitschüler lachten und klatschten und sangen.

„Bring ihn um! Bring ihn um! Bring ihn um!“

„Spar’ dir noch ein paar süße Tränchen auf, Arschloch. Das Schlimmste kommt noch!“ Alexanders Stimme war fast schon ein Flüstern, doch jeder hatte seine Worte ganz genau gehört.

„Bring ihn um! Bring ihn um! Bring ihn um!“

Schritte waren zu hören. Diesmal entfernten sie sich jedoch von ihm und Stu schlug überrascht die Augen auf. Alexanders Gestalt wurde mit jeder Sekunde kleiner, weshalb Stu der kleine Hoffnungsschimmer überkam, die Marter hätte ihr Ende gefunden.

Nur wenige Augenblicke später verstand er, dass er sich geirrt hatte. Die Marter hatte noch nicht ihr Ende gefunden. Sie fing gerade erst an!
 

Stu hörte den Motor eines Autos aufheulen. Was hatte das nun zu bedeuten?

Er wünschte sich plötzlich, seine Migräne würde ihn ohnmächtig werden lassen. Doch das Monster tat ihm den Gefallen nicht. Die Migräne konnte Zuneigung nicht ausstehen und verkroch sich besonders weit in seinem Kopf, wenn er sich nur einmal wünschte, sie würde bitte auftauchen.

Die Angst hielt Stus Augen offen und mit wachsendem Unmut fixierte er die Umgebung. Die Lichtung war groß und die Nacht war dunkel. Stu konnte kein Auto ausmachen. Gehörte das auch zur Rache? Verschwanden seine Peiniger nun und ließen ihn an einem Baum gefesselt allein zurück, damit er erfror oder verhungerte? Nein, das würde doch nicht einmal Alexander tun, oder? Schluck.

„Bring ihn um! Bring ihn um! Bring ihn um! BRING IHN UM! BRING IHN UM! BRING IHN UM! BRING IHN UM! BRING IHN UM!“

Seine Mitschüler sangen sein Totenlied lauter als je zuvor und Stu ahnte, dass dies den Höhepunkt von Alexanders Rache einleitete. Unbehaglich und ängstlich glitten seine Pupillen von rechts nach links und wieder zurück. Wo war dieses Auto? Und was hatte das zu bedeuten?! Die Schmerzen in seiner Schulter und seinem Fuß waren vergessen.

Der Gesang der Meute brach abrupt ab. Die Nacht wurde ganz still, sodass sich Stu den Bruchteil eines Augenblicks sicher war, Taubheit wäre die Rache Alexanders; doch dann konnte er das Brummen des Motors wieder wahrnehmen.

Und dann sah er das Auto endlich! Stu wollte schon fast einen erleichterten Seufzer ausstoßen, bis ihm klar wurde, dass der silberne Wagen genau auf ihn zuraste.

„Was-?! AHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHHH!“
 

Stu –Pot spürte ein unangenehmes Brennen an seinen Wangen. Wie wahnsinnig ohrfeigte Murdoc ihn, um ihn wieder zur Besinnung zu bringen.

Achja… der Verrat… Mr. Hudson… Geld…

Das alles erschien ihm auf einmal wie ein ferner Traum. Unwillig schüttelte Stu-Pot den Kopf und gab Murdoc ein Zeichen, dass dieser mit seiner Prügelei aufhören konnte.

„Alter, sorry, Mann!“, stieß Murdoc außer Puste hervor und Stu-Pot fragte sich, wie lange er wohl versucht hatte ihn mittels Gewalt aus seiner Trance zu reißen. Stu-Pot war wieder bei Bewusstsein, doch er saß ganz still da und sah Murdoc aus müden Augen an.

„Du hast mich falsch verstanden!“, japste Murdoc und lehnte sich im Sitz zurück. Erst jetzt fiel Stu-Pot auf, dass sie wohl angehalten hatten. „Ich hab’ dir doch gesagt, Alter, dass ich dich an ’nen Ort bringen werde, an dem dieser Hurensohn Hudson dich nich’ in die Finger kriegt! Oder has’ du mir nich’ zugehört?“

Falsch verstanden… Er hatte Murdoc einfach nur falsch verstanden?

Stu-Pot entspannte sich. Wie dumm von ihm: Murdoc würde ihn doch nie im Leben verraten und schon gar nicht für ein bisschen Kohle! Er seufzte und schloss für einen Moment die Augen. Sein Wachtraum hatte ihn völlig aus dem Konzept gebracht, er war ausgelaugt und wollte nur noch schlafen. Hoffentlich waren sie bald an dem sicheren Ort, von dem Murdoc die ganze Zeit sprach…

Murdoc drehte den Schlüssel herum. Der Motor des Mercedes heulte auf und Stu-Pot entwich reflexartig ein kurzer Angstschrei. Der verwirrte Blick seitens Murdoc, der daraufhin folgte, ließ ihn jedoch schnell wieder zur Ruhe kommen. Alexanders Rache war Vergangenheit…

Sie fuhren los.

„Was has’ du gesehen, als du so weggetreten warst, Stu-Pot?“, kam es nach einer Weile von Murdoc. Seine Stimme klang nicht aufdringlich oder erregt, aber Stu-Pot konnte spüren, dass der Bassist nach einer befriedigenden Antwort lechzte. Er schien es sich tatsächlich in den Kopf gesetzt zu haben, Stu-Pots Vergangenheit zu lüften…

„Nichts Wichtiges.“
 

„Da sind wir.“

Stu-Pot betrachtete neugierig und ausgeruht (er hatte während der restlichen Fahrt seelenruhig geschlafen) das große Gebäude vor dem Murdoc geparkt hatte. Es war ein graues Hochhaus wie es hier viele gab. Gut.

„Hier wohnt ’n Kumpel von mir“, fuhr Murdoc gelassen fort und setzte sich in Bewegung, um zur Haustüre zu gelangen. Stu-Pot nickte und folgte ihm eilig. „Der Typ hat ziemlich Knete und ’ne viel zu große Bude. Die Weiber stehen Schlange bei dem und ich kann ein- und ausgehen wie ich will. Wir fallen also nich’ sonderlich auf.“ Ein weiteres Nicken ließ verstehen, dass Stu-Pot verstanden hatte. Doch Murdoc beachtete ihn gar nicht mehr, sondern studierte die riesige Menge an Klingelknöpfen und dazugehörigen Namenschilder.

„Tommson, Summer, Carrow, Jones… Ah, hier is’ es ja: Grey!“
 

Ja, ich weiß: Das Kapitel ist total unzumutbar und ich hätte mich mehr anstrengen sollen. Sorry!

Aber mein Wochenende hat Stress ohne Ende bedeutet und ich bin kaputt wie sonst noch was! Aber ich wollte euch, meine lieben Leser, nicht länger warten lassen!!!

*euch anbet und um Kommis bitt*
 

bye

sb
 

PS: Falls ihr schön aufmerksam gelesen habt (wahrscheinlich nicht, oder?^^), dann werdet ihr am Ende das Kapitel einen Schock fürs Leben bekommen haben! Hehe! Muhahahah!

Sturkopf Murdoc

Kapitel 13

Sturkopf Murdoc
 

Das Treppenhaus, welches Stu-Pot hinter Murdoc nun betrat, war der krasse Gegensatz zu der heruntergekommenen Bruchbude, in der er selbst gelebt hatte: Die cremeweißen Wände wirkten wie frisch gestrichen; der Boden war mit farblich zu den Wänden abgestimmtem, unechtem Marmor ausgelegt; stilvolle Bilder schmückten den Raum und selbstverständlich war alles makellos sauber und poliert. (Man konnte sein Spiegelbild im schimmernden Boden erkennen.)

Ein leises Stimmchen in seinem Hinterkopf erklärte Stu-Pot sofort mit höhnischer Stimme, dass er hier absolut nicht hingehörte und möglichst schnell wieder verschwinden sollte. Dies hier war eine Wohnstätte der Wohlhabenden und Schönen. Dieser gute Kumpel, von dem Murdoc ihm berichtet hatte, war sicherlich ebenso beliebt wie dieser. Stu-Pot blickte an sich hinunter und ein unangenehmes Gefühl breitete sich in seinen ausgemergelten Körper aus, als er die alten Jeans und die Kleenexx-Schachteln, die er seit seinem fünfzehnten Lebensjahr an den Füßen trug, entdeckte. Allein das coole T-Shirt von Murdoc gab ihm das Gefühl, nicht ganz wie ein Obdachloser auszusehen.

Zisch ab, Loser!

Was willst du hier? Hau ab, Blindschleiche!

Opfer! Verschwinde!

Wir wollen dich hier nicht haben!

„Was has’ du?“ Murdoc hatte auf den Knopf am Fahrstuhl gedrückt und musterte seinen Freund nun aus argwöhnischen Augen. „Nichts“, erwiderte Stu-Pot automatisch und richtete seinen Blick hurtig auf die sich öffnenden Aufzugtüren. Sie fuhren schweigend in das achtzehnte Stockwerk, die höchste Etage des Hochhauses.

Aus der einzigen Türe, die zu sehen war, drang gedämpft Partymusik und Stimmengewirr zu ihnen hinüber. Stu-Pot fühlte sich in der Zeit zurückversetzt und hatte urplötzlich das Bild eines Mercedes vor sich, der unaufhaltsam auf ihn zuraste.

Bring ihn um! Bring ihn um! Bring ihn um!

Er versuchte zu Schlucken, doch der dicke Kloß, der ihm wie Zement in der Kehle hing, hinderte ihn daran. Also begnügte er sich damit, geräuschvoll die Nase hochzuziehen.

„Jetzt rück’ endlich mit der Sprache raus!“, vernahm er da Murdocs ungeduldige Stimme. Stu-Pot wandte überrascht den Kopf um und schaute sein großes Idol ehrfürchtig an. Sie standen noch immer vor der schweren Türe aus dunklem Holz und sie konnten noch immer die Partygeräusche vernehmen. „Was meinst du denn?“, fragte Stu-Pot mit klopfendem Herzen und hoffte inständig, Murdoc hätte es sich endlich aus dem Kopf geschlagen, seine Vergangenheit erforschen zu wollen. Trotz –oder eher wegen- ihrer Freundschaft, durfte er das auf gar keinen Fall zulassen!

Murdoc seufzte genervt auf. „Mann, du benimmst dich, als würde in diesem verdammt’n Apartment der Horror deines Lebens lauern!“ Tat er das? Stu-Pot kannte sich besser, als es ihm lieb war; er wusste genau, dass er sich fürchtete wie ein kleines Kind vor dem Schwarzen Mann, auch wenn er es zu verdängen versuchte.

Doch er konnte es nicht länger verleugnen: Es war da, dieses Gefühl von … Gefahr. Wie damals bei Mr. Hudson im Winnebago oder davor in der Schule.

Die Kong-Secondary-School… Noodle… Russel… Die gemeinsamen Bandproben nach der Schule in Raum 009… Das alles schien Jahre zurückzuliegen und Stu-Pot konnte sich kaum mehr vorstellen, dass sich sein Leben erst vor wenigen Stunden um hundertachtzig Grad gewendet hatte.

Ein spitzer Ellenbogen traf ihn unerwartete in die Seite. Er blickte verwirrt auf und bemerkte erst jetzt, dass die Tür weit offen stand. Ein Mädchen mit wundervollen Locken stand im Türrahmen und bat „das sexy Mannsbild und seinen Freund“ mit süßer Stimme herein. Dabei beugte sie sich noch ein Stücken weiter nach vorne, um Murdoc so einen Blick in ihr üppiges Dekollete zu gewähren. Dieser schien seltsamerweise jedoch nicht die geringste Lust auf weitere Annäherungen zu haben, nickte nur knapp und trat dann ein.

Stu-Pot tat es ihm nicht gleich, sondern blieb stur an Ort und Stelle stehen. Er wollte die Schwelle nicht überschreiten, obgleich er genau wusste, dass es hinter ihm nur Mr. Hudson und die Jäger gab. Hier lauerte etwas Größeres, das spürte er. Zögerlich machte er einen Schritt zurück.

„Jetzt beweg’ endlich deinen Arsch hierher, Zombie!“ Murdocs Stimme klang nicht herablassend, eher drohend. Oder warnend? Stu-Pot zögerte noch einen kurzen Moment lang, dann entschloss er sich doch dazu, endlich einzutreten.
 

Das ohrenbetäubende und grausig unmusikalische Bum-Bum, das der Organisator dieser Party seinen Gästen als Musik verkaufte, erinnerte Stu-Pot schmerzlich daran, dass sein Keyboard noch immer in ihrem Proberaum lag. Ob er es wohl wagen konnte, noch einmal zurückzukehren und es zu holen? Hoffentlich. Allein schon, weil es ein Geschenk von Murdoc war…

Seine Gedankengänge wurden abrupt unterbrochen, als jemand unbarmherzig an seinem Ärmel zerrte. Murdoc bedeutet ihm mit einigen Gesten, ihm zu folgen. Ein Wort zu sprechen war hier aufgrund der Lautstärke völlig unmöglich. So drängten sie sich durch die Menge und Stu-Pot versuchte Murdoc im Auge zu behalten, was sich leider als äußerst schwierig erwies. Junge, halbnackte Körper pressten sich immer wieder gegen ihn und mehr als einmal musste Stu-Pot ein angeheitertes Mädchen, das mit ihm tanzen wollte, abweisen.

Nach einigem Hin und Her erreichten sie schließlich das kleine Badezimmer, den einzigen Raum dieser Wohnung, in dem man die Worte des Gegenübers noch halbwegs verstehen konnte. Stu-Pot ließ sich auf dem Rand der Badewanne nieder und wiegte sich sacht nach vorne und hinten. Der Ältere war vor ihm stehen geblieben.

„Klappe zu, Lauscher auf“, befahl Murdoc sofort und blickte ihn eindringlich an. Wie es seine Art war kam er gleich zum Punkt: „Ich hab’ mir das so gedacht: Wir bleiben erstmal für ’ne Weile hier, zumindest bis Noodle und Russel nachgekomm’n sind…“ „Noodle und Russel kommen hierher?!“ Stu-Pots Augen begannen freudig zu funkeln. Das war gut. Das war sogar sehr gut!

Dann kam ihm jedoch ein Gedanke, der gleich wieder ein unseliges Gefühl in ihm wach rief. „Aber was ist denn mit Mr. Hudson?“

Murdoc machte eine wegwerfende Handbewegung. „Russel weiß über den Arsch längst Bescheid; ich schätz’ mal, er und Noodle konnten sich da ziemlich schnell loseisen. Und außerdem denkt Hudson doch immer noch, du würdest am hübsch vereinbart’n Ort auf ihn warten. Alles klar?“ Er grinste ihn verschmitzt an und Stu-Pot dachte sich, dass Murdoc wirklich verdammt clever war. Und vor allem natürlich ein guter Freund.

„Aber sag’ mal“, begann derselbe daraufhin in einem eindeutig gespielt beiläufigem Ton, „warum ist Hudson eig’ntlich so scharf auf dich?“

Stu-Pot atmete einmal tief ein und aus, während er mit allen Mitteln versuchte, seinen zitternden Körper unter Kontrolle zu halten. Irgendwie hatte er es doch geahnt, dass diese Frage kommen würde. Früher oder später. Doch er war zu naiv gewesen, um sich eine passende Antwort bereitzulegen. Ein nicht zu verachtender Fehler, das tat er für gewöhnlich nämlich immer. Wenn du schon im Voraus weißt, was du sagst, klingst du überzeugender.

„Ähm…“, stammelte Stu-Pot darum nervös und spielte mit seinen Fingern, „weißt du… das ist… das ist… weil…“ Selbstquälerisch suchte er in seinem Hirn nach einer plausiblen Ausrede und wurde mit jedem Augenblick, der verstrich, panischer. Die Wahrheit konnte er Murdoc schließlich unmöglich erzählen. Er versuchte zu schlucken, doch er konnte unter seiner Zunge keine Spucke mehr hervorkramen; seine Mundhöhle schien ausgetrocknet. Noch dazu war da weiterhin dieser dicke Kloß in seinem Hals, der mehr als fürchterliche Gefühle in ihm heraufbeschwor.

Sein Vater hatte ihm einmal geraten, wenn er –bei wichtigen Konferenzen oder Versammlungen zum Beispiel- eine kleine Bedenkfrist benötigte, sollte er die Frage wiederholen, um auf diese Weise wertvolle Zeit zu schinden.

„Warum Mr. Hudson mich verfolgt, das kommt … von… wegen… also…“ Ein neugieriger Murdoc nagelte ihn mit begierigen Blicken fest. Stu-Pot spielte einige Sekunden lang mit dem Gedanken, ihm einfach die wahre Geschichte zu erzählen. So wie er es damals bei Noodle getan hatte. Sogleich verwarf er diese jedoch Idee wieder. Wenn die Jäger, zu denen Mr. Hudson gehörte, hier in der Nähe waren, dann durfte er das allein schon um Murdocs Willen nicht tun!

Der Schweiß lief ihm in Strömen über die Stirn. Sein Körper zitterte und bibberte. Hektisch krallte er sich in seinen verblichenen Jeans fest. Und Murdocs Aufmerksamkeit lag noch immer ganz bei ihm. Er wollte die Antwort, da war sich Stu-Pot absolut sicher; dieser Sturkopf würde nicht aufgeben und ihn immer wieder aufs Neue aushorchen, nur um das Geheimnis zu erfahren. Vielleicht… sollte er wirklich…? In Stu-Pots Kopf tobten die verschiedensten Gedanken und Hirngespinste umher. Murdoc hatte sich als vertrauenswürdig erwiesen, indem er ihn selbstlos vor Mr. Hudson gerettet hatte. Oder nicht?

Stu-Pot schüttelte den Kopf. Nein. Nein! Oder lieber doch?

Leichte Übelkeit erschwerte ihm das Denken. Stu-Pot geriet in Versuchung, die Hände in seinen verwuschelten Haaren zu vergraben und daran zu ziehen. Der Machtkampf in ihm lief auf Hochtouren. Sollte er oder sollte er nicht?!

Erst ein lautes, rhythmisches Gedudel brachte ihn wieder zur Besinnung. Was war das? Stu-Pot brauchte einige Sekunden, um zu erkennen, dass ein Handy geklingelt hatte. Nur mit äußerst widerwilliger Miene drückte Murdoc auf den kleinen grünen Knopf und nahm den Anruf entgegen. Er wechselte nur wenige Worte mit dem Anrufer. „Ja. Eh-hm. Okay, wir sind hier. Tschau.“ Auf seinen fragenden Blick hin meinte Murdoc knapp: „Das war Russel. Er und Noodle sin’ gleich hier.“

Stu-Pot nickte erleichtert. Er freute sich, dass die beiden wohlbehalten und auf dem direkten Weg hierher waren; doch noch mehr freute es ihn, dass Murdoc in Richtung Badezimmertür ging und ihm abermals ein Zeichen gab. Das unangenehme Kreuzverhör hatte ein Ende. Für’s Erste jedenfalls..

Stu-Pot erhob sich und ging hinter Murdoc her, zurück in das lärmende Gedränge.
 

So, das war eine extrem schwierige Geburt, muss ich sagen. Nun ja, glücklicherweise ist das Kappi auch eigentlich nur eine Art Übergang.

In den nächsten Kappis wird es wieder spannender, das versprech' ich!
 

bye

sb
 

PS: Ich habe auch einen kleinen Gorillaz-One-Shot ("Verehrte Königin!")

hochgeladen. Schaut doch bitte einmal vorbei, ja?

http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/autor/391119/210084/

Schutz und Sorge

Ich muss meine treuen Leser um Verzeihung bitten: Das hier ist das schlechteste und unzumutbarste Kapitel, das ich je in meinem Leben verfasst habe! Um mich zu rechtfertigen, möchte ich allerdings hinzufügen, dass ich in letzter Zeit unter einem riesigen KreaTief und enormen Prüfungsstress stand. Drückt mir die Daumen, dass das nächste Kapitel besser wird!
 

Kapitel 14

Schutz und Sorge
 

Die Menschen auf dieser Party tanzten ausgelassen, flirteten miteinander und konsumierten undenkbare Mengen Alkohol innerhalb kleinster Zeitspannen.

Niemand warf auch nur einen einzigen kurzen Blick in die einsame Ecke, in die sich Stu-Pot als stiller Beobachter zurückgezogen hatte, um die Ankunft von Russel und Noodle abzuwarten. Er war froh darüber, dass ihm keine sonderliche Beachtung geschenkt wurde, denn noch immer rumorte das entsetzliche Gefühl der Gefahr in seinem Magen. Den Kopf stets gesenkt warf er immer wieder übereilte Blicke auf die feiernden Gäste und malte sich mit klopfendem Herzen aus, wie sich einer von ihnen plötzlich als Jäger offenbaren und versuchen würde, ihn gefangen zu nehmen.

Sein Freund Murdoc hatte sich, kaum war das Badezimmer von ihnen beiden verlassen worden, bereitwillig zu einigen jungen Frauen gesetzt, die er -wie damals in der Cafeteria- auf eine Weise berührte, die Stu-Pots Mutter sicherlich als „zuchtlos“ bezeichnet hätte. Und Stu-Pot hatte fast schon beschlossen, sich vernachlässigt und minderwertig zu fühlen, als er feststellte, dass Murdoc in erstaunlich regelmäßigen Abständen zu ihm hinschaute und mit peinlicher Genauigkeit darauf achtete, sich bloß nicht zu weit von ihm zu entfernen, ganz gleich, wie oft ihm die Mädchen auch ein paar schöne Stunden in irgendwelchen Hinterzimmern versprachen.

Im Wesentlichen unterschied sich diese Aufpasserei seitens Murdoc nicht von der Gefangenschaft, unter der er bei seinen drakonischen Eltern gelitten hatte, das sagte ihm sein Verstand, den diese mit allen Mitteln geschärft hatten. Doch eine angenehme Empfindung, die von irgendwo in seinem Bauch herrührte, war nicht dieser Meinung. Wenn Murdocs Blick zu ihm schweifte, um sicherzustellen, dass er einfach nur immer noch da war, dann kam da nicht wieder dieser Eindruck der Enge zum Vorschein; es fühlte sich eher so an wie … Schutz. Und Stu-Pot genoss dieses Gefühl in vollen Zügen!

Doch gleich darauf kam ihm der Gedanke, dass nur er allein zurzeit unter Murdocs Schutz stand. Russel und Noodle waren nicht hier. Sie waren dort draußen und hatten mit Mr. Hudson zu kämpfen, der eigentlich hinter ihm her war…

Es vergingen einige unerträgliche Minuten, in denen weder Russel noch Noodle durch die Apartmenttüre kamen, und Stu-Pot spielte bereits mit dem Gedanken, Murdoc darum zu bitten, die beiden von seinem Handy aus anzurufen und zu fragen, wo sie denn nur blieben.

Hatten sie nicht gemeint, sie würden sehr bald hier auftauchen?

Er begann langsam sich ernsthaft Sorgen zu machen und schluckte, nur um zu bemerken, dass sein Mund völlig ausgetrocknet war. War Mr. Hudson etwa hinter den Betrug gekommen? War es nun etwa Stu-Pots Schuld, dass seine Freunde vielleicht in irgendwelchen Verließen grausam gefoltert wurden, damit sie seinen Aufenthaltsort verrieten? Bei dieser Vorstellung lief es ihm kalt den Rücken hinunter und als er nach einem schnellen Blick zum Eingang feststellte, dass bloß zwei weitere schöne Mädchen hereingekommen waren, beschloss er, seinen Plan in die Tat umzusetzen, und machte sich auf den Weg zu Murdoc.

Dieser bemerkte sofort, wie sich Stu-Pot nervös und ängstlich auf ihn zubewegte und sah ihn mit einem fragenden Blick an, ehe er sich erhob und ihm entgegenkam, was die Damen, mit denen er eben noch verkehrt hatte, mehr als unglücklich stimmte.

„Was is’ los?“, wollte Murdoc wissen, kaum war er bei Stu-Pot angelangt. „Jemand hier, der nich’ hier sein sollte?“ Stu-Pot schüttelte den Kopf, wobei ihm einige Haarsträhnen ins Gesicht fielen, und fragte dann mit zittriger Stimme: „Wo sind Russel und Noodle? Ich dachte, die wollten gleich hier sein?“ Bestimmt hatte Murdoc eine logische Erklärung dafür. Er würde ihm gleich versichern, Russel und Noodle hätten noch einmal angerufen, um Bescheid zu geben, dass sie in einen Stau geraten waren. Oder dass sie noch schnell Essen gehen wollten. Bestimmt.

Doch Murdoc zuckte mit den Schultern und antwortete auf seine Frage mit den knappen Worten: „Keine Ahnung, wo die bleib’n.“ Als er Stu-Pots vor Schock geweitete Augen bemerkte, fügte er jedoch eilig hinzu: „Hey, keine Panik! Russ und Noods sin’ nich’ dämlich, die schaff’n das schon.“

„Kannst du sie nicht mal anrufen? Bitte?“ Seine Stimme glich einem jämmerlichen Quietschen und er biss sich erst mit seinen Eckzähnen beruhigend auf die Unterlippe, als Murdoc schließlich ergeben sein Handy aus der Hosentasche fischte und schnell eine Nummer wählte, die wohl zu Russel gehören musste.

Tut. Niemand ging dran. Stu-Pot verstärkte den Druck auf seine Lippe, während seine Hände nervös an seinem T-Shirt herumfummelten. Ganz ruhig. Murdoc hatte gesagt, es bestünde kein Grund zur Panik.

Tut. Vielleicht waren Russel und Noodle schon längst tot, weil sie ihn nicht verraten hatten? Stu-Pot schluckte den bitteren Metallgeschmack frischen Blutes auf seiner Zunge hinunter.

Tut. Oh Gott, sollten sie ihn doch verraten, Hauptsache, die beiden waren wohlauf!

„Hallo, hier ist Russel Hobbs.“ Stu-Pot wankte, weil er sich vor Erleichterung kaum mehr auf den Beinen halten konnte und klammerte sich, um nicht umzukippen, mit einer Hand in Murdocs Oberteil, wofür er einen sehr bizarren Blick erntete.

„Hey, ich bin’s, Murdoc“, sprach er ins Handy und Stu-Pot wagte zu behaupten, dass man auch in seiner Stimme einen Spur von Erleichterung vernehmen konnte. „Ich ruf’ nur weg’n dem Idio- Stu-Pot an, weil der unbedingt wiss’n wollte, wo ihr bleibt.“ Eine Pause entstand, in der Russel etwas erwiderte. Murdoc nickte und schnalzte laut mit seiner langen Zunge. „Aha. ’kay, bis gleich dann, ne.“ Murdoc ließ das Handy wieder in seine Tasche gleiten und entfernte mit einer mechanischen Bewegung Stu-Pots Hand aus seinem Oberteil. „Such dir ’n Weib!“, bellte er, aber fügte dann, etwas friedlicher, an: „Die hab’n ’n bisschen gebraucht, um Hudson abzuhäng’n. Is’ wohl doch ’n zäh’rer Kerl als ich gedacht hab’. Naja, scheiß’ drauf. Jed’nfalls brauch’n Russ und Noods noch zirka ’ne Halbe- bis Dreiviertelstunde.“

Stu-Pot nickte stumm und schluckte den erneuten Blutschwall, der durch seine aufgerissene Unterlippe entstanden war, hinunter. Murdoc machte mit geschäftigem Gesichtsausdruck und einem Grinsen einen Schritt in Richtung seiner Mädchen, die aufmerksam das Gespräch zwischen ihnen beiden verfolgt hatten, als ihm aus dem Nichts ein muskulöser Arm am Handgelenk festhielt, und ein Zweiter nach dem von Stu-Pot griff.

„Hey!“, sagte eine fröhliche Stimme, die Stu-Pots Körper zu Eis erstarren ließ, „hab’ euch beide ja ewig nicht mehr gesehen!“
 

bye

sb

Alte Freunde

Kapitel 15

Alte Freunde
 

Stu-Pot schluckte hastig das Blut hinunter, welches sich in den kurzen Sekunden des Entsetzens in seiner dennoch staubtrockenen Mundhöhle gesammelt hatte. Das konnte nicht wahr sein! Das war unmöglich! Das ging nicht! Oder … etwa doch? Mit einem einzigen, schrecklich harten Schlag wurde ihm bewusst, was Murdoc so leise vor sich hingemurmelt hatte, als sie beide noch auf der Türschwelle des Hochhauses gestanden hatten:

Grey.

Nein! Stu-Pot schüttelte in eine Art stillen Angstzustand den Kopf; sein übriger Körper war wie gelähmt. Nicht Grey. Es war ein anderer Name gewesen. Grace. Oder Grange. Ein anderer Name. Er hatte sich nur verhört…! Übelkeit suchte sich den Weg seinen Hals hinauf und Stu-Pot unterdrückte mit allen Mitteln die pochenden Kopfschmerzen, die sie begleiteten. Seine Migräne durfte ihn bloß nicht jetzt überfallen, denn das wäre ganz gewiss sein Todesurteil!

Stu-Pot riss sich mit einem Ruck von der sonnengebräunten Klaue los, die noch immer fest seine Hand umschlossen hielt. Er verschränkte die Arme und packte den jeweiligen Oberarm so fest, dass er spüren konnte, wie seine Fingernägel tiefe Quetschen in die bleiche Haut drückten. Dann war es eben jemand, der Grey hieß. Na und, es gab doch sicherlich Unmengen Greys in England, oder? Das war kein besonders seltener Name.

Und es gab auch ganz bestimmt viele Greys, die dieselbe Stimme hatten wie Alexander. Und die ihm, Stu-Pot, zufällig auf einer Party begegneten, nachdem ihr erster Versuch ihn umzubringen, missglückt war. Zufall, redete er sich ein. Nur ein dummer Zufall! Stu-Pot versuchte Ruhe zu bewahren und sich zu beruhigen, indem er laut ein- und aus atmete.

Oh, er wusste doch selbst, dass seine Ausreden völlig unglaubwürdig waren! Er war hier. Alexander Grey war hier. Er stand nur unwesentliche Zentimeter hinter ihm. Er würde gleich sein teures, poliertes Messer zücken und es ihm an die Kehle halten, um sein grausiges Werk zu vollenden! Es würde so schnell geschehen, dass Murdoc nicht würde eingreifen können.

“Ist alles in Ordnung, Stu? Du siehst blass aus!” Alexanders Stimme, dieselbe Stimme, die geschworen hatte, ihn um jeden Preis zu töten, klang ehrlich besorgt; Stu-Pot konnte sich erst mit größter Mühe zu einem gepressten „Alles okay“ zwingen, als auch Murdoc ihn mit einem ungewöhnlich argwöhnischen Blick beschenkte.

„Hey“, schaltete sich noch einmal Alexander ein, und wieder klang seine Stimme heuchlerisch gut gelaunt und unschuldig, „wie wär’s, wenn wir uns in ein ruhigeres Zimmer verziehen?“ Er warf ihm einen unergründlichen Blick zu. „Dann können wir auch ein bisschen über alte Zeiten plaudern.“ Stu-Pot lief es eiskalt den Rücken hinunter, während Murdoc -unkundig, wie er war- freudig auf das Angebot einging.

Sie mussten hier weg, und zwar so schnell wie möglich! Stu-Pot blickte zuversichtlich zur Türe des Apartments, bis ihm der unerträgliche Gedanke kam, dass Noodle und Russel noch immer auf dem Weg hierher waren. Selbst wenn es ihm und Murdoc gelingen würde zu fliehen, säßen die beiden Anderen hier in der Falle, und Alexander würde sie sicherlich als Druckmittel verwenden, um ihn zurückzurufen.

Er hatte also tatsächlich keine Wahl. Genauso, wie Alexander es geplant hatte!

„Und du bist dir sicher, dass dir nichts fehlt?“ Stu-Pot schüttelte ängstlich den Kopf und lief eng neben Murdoc her, als sie sich zu dritt auf den Weg zu einer äußerst unscheinbaren Türe an der Längsseite des Raumes machten. Sie führte in einen unerwartet großes Zimmer mit einer riesigen Fensterfront, einer einladenden Wandfarbe und einem extrem exquisiten Teppich. In einer Ecke stand ein großes Bett, in einer anderen ein Schreibtisch aus Mahagoni-Holz, dann gab es noch ein breites Sofa und daneben ein kleiner Kühlschrank, der höchstwahrscheinlich Getränke enthielt; den restlichen Platz nahmen eine solche Vielzahl von elektronischen Geräten ein, dass Stu-Pot einen Augenblick brauchte, um unter anderen einen Computer, ein Fernsehgerät und eine Musik-Anlage mit großen Boxen zu erkennen. (Jede einzelne dieser Maschinen selbstverständlich auffällig modern und ein kleines Vermögen wert.) Außerdem gab es noch eine weitere Tür, die diesen Raum wohl von einem Badezimmer trennte.

Allem Anschein nach waren sie hier im Privatbereich von Alexander gelandet.
 

„Setzt euch, setzt euch!“, säuselte dieser gerade und deutete freundlich auf das Sofa. Murdoc nahm wortlos, doch noch immer mit einem naiven Grinsen im Gesicht, Platz und musste ein paar Sekunden warten, bis sich auch Stu-Pot unterdrückt zitternd neben ihm niederließ. „Wollt ihr was zu trinken? Cola? Bier? Champagner?“, fragte Alexander weiter, und setzte sich zu Stu-Pots Linken auf sein Sofa, als sie beiden den Kopf schüttelten.

Stu-Pot wurde heiß und kalt vor Angst bei dem Gedanken, dass Alexander, der Alexander, hier direkt neben ihm saß. Ohne es boykottieren zu können, begann er plötzlich, sich zu überlegen, wie dieser seinem Leben ein Ende bereiten würde. Die Idee mit dem Messer hatte er bereits wieder verworfen. (Niemals würde es eine eitle Person wie Alexander zulassen, dass das Blut eines so unbedeutenden Menschen wie das seine den teuren Teppich besudeln würde!) Wie dann? Vielleicht hatte er ja gehofft, Stu-Pot würde eines der zuvor angebotenen Getränke annehmen und diesem schnell noch ein tödliches Gift beimischen?

Oder steckte er gar mit Mr. Hudson unter einer Decke und hielt ihn nur bei sich gefangen, bis der Jäger auftauchte, um ihn an seine Eltern auszuliefern? Nein, entschied Stu-Pot sogleich, das war sehr unwahrscheinlich. Wenn es eine Sache gab, bei der er sich hundertprozentig sicher war, dann die, alle Spuren und Hinweise sorgsam verwischt zu haben!

Alexander wartete bestimmt nur auf die günstigste Gelegenheit, um ihn umzubringen. Wartete, bis Murdoc verschwunden war, damit dieser die blutige Tat nicht verhindern konnte. Schließlich war Murdoc sein bester Freund. Er würde es niemals zulassen, dass Alexander ihm wehtat, während er im selben Raum war!
 

Murdoc ergriff das Wort: „Ihr kennt euch?“ Seine Stimme klang erstaunt und neugierig, und Stu-Pot begriff, dass Murdoc Alexander zweifellos als eine gute Gelegenheit sah, um etwas über sein Vorleben in Erfahrung zu bringen. Diesen gefährlichen Punkt hatte er völlig übersehen!

„Ja.“ Alexander sprach dieses eine Wort sehr gedehnt aus, als ließe er es sich genießerisch auf der Zunge zergehen. Dabei warf er Stu-Pot noch einmal einen Blick zu, den dieser nicht definieren konnte. Ob er sich in diesem Moment ausmalte, wie er ihm eine Pistole an die Schläfe hielt? Oder seinen Kopf ins Waschbecken des Badezimmers drückte?

„Wir sind…“, Alexander suchte nach einem, in seinen Augen, passendes Wort für ihre seltsame Beziehung, „alte Freunde, könnte man wohl sagen.“

Der Kloß in seinem Hals schwoll urplötzlich so enorm an, dass Stu-Pot keine Luft mehr bekam und anfing erbärmlich zu husten. Alte Freunde? Hatte Alexander tatsächlich gerade alte Freunde gesagt?! „Wie bitte?!“, fraget er darum mit heiserer Stimme, doch nicht mäßiger empört, nachdem sein Hustenanfall verebbt war.

Alexander lächelte gequält und blickte ihn mit einem Ausdruck in den tiefblauen Augen an, den Stu-Pot bereits einmal in seinem Leben wahrgenommen hatte. Es war vor zwei Jahren gewesen, bei einer Fernsehübertragung. Nur kurze Zeit, nachdem er geflohen war. Seine Eltern hatten sich an die Medien und die Öffentlichkeit gewandt, um ihre Suche nach dem verlorenen Sohn deutlich ausdehnen zu können.

Wenn Sie etwas über den Aufenthalt unseres Sohnes Stu-Pot wissen oder Hinweise zu ebendiesem haben, melden Sie sich bitte bei uns!

Wir entlohnen entsprechend!

Es ist ausgesprochen dringend, dass wir unseren Sohn wieder finden!

Eine Entführung können wir leider nicht ausschließen, obwohl wir bisher noch keine Forderung nach Lösegeldern erhalten haben!

„Möchtest du sicher nichts trinken, Stu? Du siehst wirklich schrecklich ungesund aus!“

„Für dich heißt das immer noch Stuart!“, zischte Stu-Pot erbost und alle seine Ängste vergessend.

Im nächsten Augenblick hätte er sich am liebsten auf die Zunge gebissen! Was hatte er da bloß von sich gegeben?! Wenn Alexander sich bisher noch nicht ganz sicher gewesen war, auf welche Weise er ihn töten wollte, dann hatte er sich spätestens jetzt die qualvollste Alternative ausgesucht! Wie dumm er doch war!

Dabei hatte er sich geschworen, keinen einzigen Gedanken mehr an diese beiden Monster zu verschwenden, die seine Kindheit zerstört hatten und dasselbe auch mit seinem derzeitigen Leben vorhatten. Das eben war nur ein ärgerlicher Ausrutscher gewesen. Das würde nie wieder vorkommen!

„Er hat Recht, Stu-Pot!“, sagte Murdoc sachlich und Stu-Pot hasste ihn dafür, dass er sich auf die Seite von Alexander gestellt hatte. „Das beste is’, du trinkst und isst ers’mal was. Has’ du wieder deine Migräne?“ Migräne? Nein, sie war es ausnahmsweise einmal nicht, die ihn kaputtmachte.

Es war seine schreckliche Vergangenheit, die ihn wieder einzuholen drohte!
 

Bye

sb

Schockzustand

Kapitel 16

Schockzustand
 

Stu-Pot wusste weder was er mit seinen Händen, die die ganze Zeit fahrig zuckten und sich von einer Stelle zur anderen bewegten noch mit seinem Blick, der ängstlich immer wieder vom flauschigen, dicken Teppich auf dem Boden zu Murdoc rechts neben ihm und zurück wanderte, tun sollte. Sein Herz schlug so laut und schnell wie das einer kleinen Maus, die unbeabsichtigt in eine tückisch aufgestellte Falle geraten war.

War dies hier nun das Ende?

Stu-Pot hatte mit grausamer, tagelanger Folter gerechnet ebenso wie mit einem simplen Kopfschuss, doch er hätte niemals mehr in seinem Leben erwartet, dass er einmal eingeklemmt zwischen Alexander Grey und Murdoc Niccals auf einer Couch sitzen und stillschweigend auf seinen Tod, der unmittelbar folgen musste, würde warten müssen. Darauf war er überhaupt nicht vorbereitet gewesen, nicht im Mindesten, und jetzt wusste er auch nicht so recht, wie er auf diese Situation reagieren sollte.

Wie hatte man sich zu fühlen, wenn man wusste, dass es gleich endgültig vorbei war?

Da war Angst. Schwere, erdrückende, fürchterliche Angst, die sich in seinem Brustkorb ausgebreitet hatte wie eine unheilbare Krankheit. Er würde sterben. Hier, auf dieser teuren Couch, auf die er sich -dumm und gutgläubig wie er war- niedergelassen hatte. Hier, Murdoc zu seiner Rechten und Alexander zu seiner Linken. Und so oft er es bisher auch geschafft hatte - er würde nicht entkommen können!

Stu-Pot konnte hören wie Murdoc leise die Nase hochzog. Wieso hatte er ihn eigentlich nie gefragt, wieso seine Nase so seltsam krumm und schief war? Mit einer kleinen Bewegung strich Stu-Pot sich eine blaue Haarsträhne aus dem Gesicht, nur um dabei zuzusehen, wie sie einen kleinen Augenblick später wieder auf ihren ursprünglichen Platz rutschte. Wenn man es genau nahm, dann hatte er unheimlich viele Dinge niemals getan. Und würde sie auch niemals tun. Zum Beispiel würde er niemals ein Konzert gemeinsam mit Murdoc, Russel und Noodle geben, er würde in seinem Leben keinen einfachen Schulabschluss schaffen oder einmal Achterbahn fahren, obwohl dies alles sehnsüchtige Herzenswünsche von ihm waren.

Er hatte sein Leben vertan.

Stu-Pot versuchte zu schlucken, spürte jedoch den größten und schmerzhaftesten Kloß in seinem Hals, den man sich vorstellen konnte, und behielt die Spucke darum fest im Mund. Er brauchte einige Augenblicke, um festzustellen, dass sie sich nicht so wässrig anfühlte wie Spucke es für gewöhnlich tat, sondern um einiges dickflüssiger war. Schleim? Oder Blut?
 

Alexander bewegte sich nicht einen Millimeter. Er saß ganz still da auf der Couch mit einem starr nach vorne gerichteten Blick und Fingern, die ungesund verkrampft seine Bierflasche umfasst hielten, sodass es aussah, als würde er sie jede Sekunde zerquetschen. Seine Haut wirkte bleicher als Stu-Pot sie in Erinnerung hatte; er musste sich nicht anstrengen, um einige blau durchscheinende Äderchen zu finden, die in rasender Geschwindigkeit Blut durch Alexanders Körper pumpten. Sein Adamsapfel hüpfte aufgeregt hoch und runter.

Alexander brauchte nicht lange, um zu bemerken, dass er von Stu-Pot gemustert wurde, wie eine giftige Schlange gemustert wurde, die man soeben im Gras entdeckt hatte. Es war ein Blick gefüllt mit Angst, Misstrauen … und Hass.

Stu-Pot beobachtete jede noch so kleine Bewegung, die sein Feind vollführte, in der Erwartung, er würde gleich die vernichtende Waffe aus dem Ärmel ziehen und sie auf ihn richten. Wieso ließ Alexander ihn warten? Die Angst war unerträglich.

Den Schleim oder das Blut -was auch immer sich dort in seinem Mund befand- durchkauend blickte Stu-Pot in die Augen Alexanders. Sie waren blau und kristallklar wie Eis. Und ehe Stu-Pot die Möglichkeit hatte, sich auch nur noch einmal zu rühren, konnte er sehen wie sich Alexanders Pupillen plötzlich zu schmalen Schlitzen zusammenzogen. Ein Entschluss war gefasst worden.

Ein Gefühl, das fast schon Erleichterung glich, durchströmte Stu-Pot.

Nun endlich würde es Alexander hinter sch bringen, da war er sich hundertprozentig sicher!

Es war kaum ein Moment verstrichen, da begann Alexander tatsächlich sich ein- oder zweimal laut zu räuspern und den Körper in Richtung Stu-Pot zu wenden, damit er ihm vernünftig in die rabenschwarzen Augen, für die er selbst verantwortlich war, sehen konnte. Ein kalter Schauer ließ die kleinen Härchen an Stu-Pots Armen zu Berge stehen. Jetzt würde er sterben. Genau jetzt! Und niemand würde etwas dagegen unternehmen können. Niemand. Nicht einmal Murdoc, der noch immer seelenruhig und stillschweigend neben ihm saß und das ganze Geschehen interessiert beobachtete, als sei es das neuste Bild eines berühmten Künstlers.

Stu-Pot holte noch ein letztes Mal tief Luft. Zu spät erinnerte er sich daran, dass er noch immer Flüssigkeit im Mund gehabt hatte, die sich nun mit einem prustenden Geräusch über sein Kinn und den Kragen des schwarzen T-Shirts, das Murdoc ihm ausgeliehen hatte, lief. Es war größtenteils Blut, das hatte er ja bereits vermutet, doch er entdeckte auch einige gelblich-grüne Stellen, die höchstwahrscheinlich aus Schleim bestanden. Er musste schrecklich husten und spuckte noch ein wenig mehr Blut und Spucke aus, als Alexander die Worte loswurde, die ihm seit fast zwei Jahren auf der Seele lagen und die er sich genau für diesen Augenblick zurecht gelegt hatte:

"Es tut mir leid, Stu. Alles, was ich dir angetan habe. Ich war ein echter Idiot."
 

Ein Moment verstrich. Noch einer. Und dann nochmals einer.

Stu-Pots Kopf war wie leergefegt; sein Verstand ließ keinen einzigen Gedanken zu, bloß einen oder zwei kleine Sinneseindrücke. Seine Mundhöhle fühlte sich trocken und staubig an. Und die untere Hälfte seines Gesichts feucht und eklig.

Dutzende weitere Momente waren längst verstrichen, als Stu-Pot feststellte, dass sein Kopf unangenehm schmerzte und sich Übelkeit den Weg seinen Hals hoch suchte. Anscheinend hatte seine Migräne mal wieder eingesetzt, und -wie nicht anders zu erwarten- im denkbar ungünstigsten Moment. Dies war doch ein ungünstiger Moment für Migräne, oder?

Wieder benötigte er einige Momente, um eine vage Vermutung aufzustellen. War er vielleicht tot? Hm. Das Jenseits hatte er sich aber irgendwie anders vorgestellt. Hier -falls es sich denn nun tatsächlich um das Jenseits handelte- gab es keinen Tunnel mit einem blendend weißen Licht an dessen Ende, er sah sein Leben nicht wie einen Film an sich vorbeiziehen und von Gott bemerkte er auch keine Spur.

Ob er in der Hölle war?

"Stu-Pot?" War das nicht die Stimme von Murdoc? "Stu-Pot?! Hey, Alter, was is' los mit dir?" Ja, jetzt war er sich hundertprozentig sicher; so konnte niemand anderer als Murdoc sprechen. Aber wieso war er denn auch hier in der Hölle? Eine klamme Kälte befiel Stu-Pots Herz und einen tausendstel Moment später schlich sich der abscheulichste Gedanke, den Stu-Pot jemals gedacht hatte, in seinem noch immer schmerzenden Kopf: Alexander hatte doch nicht etwa Murdoc gleich mit aus dem Weg geräumt, oder? Das war nicht fair! Murdoc hatte doch nichts verbrochen, so wie er.

"Stu-Pot? Oh, scheiße, scheiße, scheiße!"

Eine starke Hand packte ihn fest an die Schulter und begann diese heftig zu schütteln. Was war denn jetzt los? Stu-Pot kam sich vor wie ein Kleidungsstück in der Waschmaschine, das von der einen Seite zur anderen geschleudert wurde, immer wieder. Gehörte das zu der Bestrafung, die er in der Hölle zu erdulden hatte? Musste wohl so sein; eine andere Erklärung fiel ihm nicht ein.

"Ach, verdammter Mist!"

"Können wir denn gar nichts für ihn tun?"

Eine weitere Stimme hatte sich eingemischt. Er kannte diese Stimme. Und er hasste sie in diesem Augenblick mehr als alles andere auf dieser Welt! Alexander! Aber warum war er -genau wie Murdoc- hier? Waren etwa sie alle drei tot? Es dauerte erneut einige Momente, in denen unablässig auf ihn eingebrüllt und er gnadenlos durchgeschüttelt wurde, bis Stu-Pot eine weitere Idee kam.

Eine Bombe. Alexander hatte eine Zeitbombe in seinem Appartement versteckt gehabt. Darum hatte er wohl auch so nervös ausgesehen: Er hatte die ganze Zeit über darauf gewartet, dass die Bombe in die Luft ging! Und bei der Explosion waren also er, Murdoc und Alexander und höchstwahrscheinlich auch noch einige unschuldige Partygäste ums Leben gekommen. Ja, das ergab soweit Sinn.

Doch wieso konnte er sich an keine Explosion erinnern? So sehr er sich auch anstrengte und sein Gehirn auch durchforstete, er konnte kein grelles Licht, keinen lauten Knall finden. Gar nichts. Erinnerte man sich als Toter nicht an seinen eigenen Tod?

Das Schreien und Schütteln war eingestellt worden. Nun konnte er Murdoc und Alexander wieder sprechen hören, doch sie taten dies so leise, dass er nur winzige Gesprächsfetzen erhaschen konnte. Worüber unterhielten sich die beiden? Stu-Pot kniff eisern die Zähne zusammen und forderte alles von seinen Sinnesorganen. Es dauerte etwa drei oder vier Momente, dann konnte er endlich die Worte, die zwischen seinem ärgsten Feind und seinem größten Idol gewechselt wurden, verstehen.

"Das is' jetz' schon das zweite Mal jetzt, dass so etwas passiert."

"Vielleicht ist es eine Art Schwächeanfall oder Ähnliches. Er hat doch schließlich Migräne! Soll ich einen Arzt kommen lassen?"

"Wird nich' viel bringen. Ich glaub' nämlich nich', dass es was Medizinisches is'."

"Und was soll es dann sein?"

Stille. Stu-Pot zählte genau sieben Momente. Dann sprach Murdoc weiter, und seine Stimme klang plötzlich ganz anders, als er sie in Erinnerung hatte.

"Ich schätz' mal, er is' einfach nur … Wie soll ich sagen? Er steht unter Schock. Er is' einfach hinüber."

"Das ist meine Schuld."

"Ja, is' es. Aber wenn du jetz' deswegen rumheulst, hilft ihm das kein bisschen, Alex. Wir können wohl nur abwarten und Bier trinken."

"Wie kannst du solche Witze darüber reißen, Muds?! Was ist, wenn er stirbt?"

Wenn er starb? Diese Aussage verwirrte Stu-Pot umso mehr, je länger er versuchte über sie nachzudenken. Er war doch schon tot! Er war in der Hölle und er würde hier auch bis in alle Ewigkeit bleiben und die schlimmsten Qualen erdulden müssen. Oder etwa nicht?

Murdoc seufzte theatralisch auf und man konnte hören, wie die Couch unter seinem Gewicht knarrte, als er sich weit zurücklehnte. "Alex. Hör mir ma' gut zu: Ich hab' nich' die geringste Ahnung, was da irgendwann ma' zwischen Stu-Pot und dir gelaufen is', aber ich kann dir schwören, dass der Junge nich' mehr der kleine Schwächling is', den du vielleicht kennen gelernt hast. Ich geb's nur verdammt ungern zu, aber Stu-Pot is' zäh wie altes Leder. Der kommt schon wieder auf die dürren Beinchen, da bin ich mir ganz sicher!"

Zäh wie altes Leder. Die Redewendung hallte in Stu-Pots Kopf wieder wie ein nie enden wollendes Echo. Zäh wie altes Leder. Zäh wie altes Leder. Das klang gut. Das klang sogar unglaublich gut! Vor allem, weil Murdoc es gesagt hatte. Er fand also, dass er kein kleiner Schwächling mehr war, ja? Ein euphorisches Gefühl durchströmte Stu-Pots Körper und überschwemmte ihn wie eine stürmische Welle.

Stu-Pot konnte ein Lachen nicht länger zurückhalten, und er war der Meinung, es wäre das herzhafteste und freiste Lachen, das er jemals in seinem ganzen Leben von sich gegeben hatte. Zäh wie altes Leder. Zäh wie altes Leder!
 

"Hey, ich glaube, er kommt wieder zu sich!"

"Was hab' ich gesagt? Den Jungen wirft so leicht schon nix aus der Bahn. Was and'res würd' ich in meine Band ja auch nich' aufnehmen."

Stu-Pot spuckte ein paar eklige Reste geronnen Blutes, die sich noch in seiner Mundhöhle befunden hatte, aus und zwang sich dazu nicht angewidert die Nase zu rümpfen, wie er es bei anderer Gelegenheit getan hätte. Er war doch kein Loser mehr, der sich vor ein paar Tröpfchen Blut ekelte! Ganz im Gegenteil. Stu-Pot richtete sich auf, setzte den selbstsichersten Blick, den er in seinem Sortiment finden konnte, auf und schaute ruhig und gelassen einmal nach links und einmal nach rechts.

Ein Moment verstrich.

Alexander und Murdoc.
 


 

So, das heiß ersehnte Kapitel 16 ist da.

Ich habe mir wirklich mehr als tausendmal den Kopf darüber zerbrochen, wie ich diesen wichtigen Wendepunkt möglichst gut darstellen könnte, und am Ende ist dann trotzdem nur das hier dabei herausgekommen. (Und das, wo diese Szene schon seit Beginn der Fanfic geplant war. Ja, ich weiß, ich bin eine schlechte Autorin...)

Dennoch oder vielleicht auch gerade deswegen fände ich's super, würdet ihr mir ein bisschen Feedback geben. Was haltet ihr von meiner Idee?
 

Vielen Dank an alle meine Kommi-Schreiber übrigens noch einmal! Ich danke euch vielmals dafür, dass ihr euch die Zeit nehmt und meine Geschichte lest! =)
 

bye

sb

Vergebung

Kapitel 17

Vergebung
 

Er hatte im verziehen. Er hatte ihm wirklich verziehen!

Stu-Pot spürte, wie sich diese Erkenntnis schmerzhaft in sein Hirn zwang und musste ein- oder zweimal nach Luft schnappen. Alexander hatte ihm vergeben. Er hatte es mit eigenen Ohren gehört, gerade eben, und er sah noch immer mit eigenen Augen den verunsicherten Schimmer in Alexanders Blick, der sich wohl noch nicht sicher war, wie seine Entschuldigung von ihm aufgenommen worden war. Alexander hatte ihm vergeben. Er war nicht mehr wütend wegen der Sache mit ihr. Paula.

Er würde sein Versprechen, ihn zu töten, das ihn jahrelang verfolgt und gequält, zu ewiger Angst und Wachsamkeit verdammt hatte, nicht einlösen!
 

Und wieso macht ihn diese Tatsache nicht glücklich?

Stu-Pot griff mit der Hand nach seinem Oberschenkel, packte den schweren, blauen Jeansstoff mit seinen starr verkrampften Fingern, dass die Knochen zu schmerzen begannen und an den Gelenken ganz blau und weiß wurden, und ließ ihn nicht mehr los.

Alles war gut. Oder? Er brauchte keine Angst mehr zu haben. Jedenfalls nicht mehr vor Alexander. Und die Jäger, die von seinen Eltern losgeschickt worden waren, um ihn einzufangen und zurückzuholen, spielten für ihn im Augenblick keine große Rolle. Noodle und Russel würden Hudson lange genug in Schach halten oder gar auf eine gänzlich falsche Fährte locken, sodass mehr als genug Zeit blieb, um vor ihm zu fliehen.

Er war in Sicherheit. Er brauchte keine Angst mehr zu haben. Zum ersten Mal seit vier langen, unerträglichen Jahren! Ein Gefühl, das er nicht kannte und auch nicht bestimmen konnte, machte sich in seinem Brustkorb breit. Es fühlte sich heiß an. Die brennende Glut umfasste sein Herz, das nicht mehr zu schlagen schien, und umschloss es langsam.

Stu-Pot versuchte mit der linken Hand die Finger der rechten vorsichtig zu lösen, es tat fürchterlich weh, und just in diesem Moment wurde ihm klar, dass es absolut scheißegal war, ob Alexander ihm verziehen hatte oder nicht. Es war vollkommen unwichtig, was Alexander von ihm hielt, ob er ihn noch hasste oder ob er es nicht tat.

Das einzige, was zählte, hier und jetzt und immer, verdammt noch mal, war die Frage, ob er, Stu-Pot, Alexander vergeben konnte. Ob er ihm die letzten zwei Jahre voller Furcht, voller Angst, voller Sorge, voller Tränen und Schweiß würde vergeben können. Das war ihm klar. Und das war auch Alexander glasklar. Das wusste er.

Stu-Pot spürte, wie ihm die Stimme, die ihm zu Weltruhm und Reichtum verhelfen sollte, versagte, und er spürte auch, wie ihm die Nase lief, und er spürte, wie seine schwarzen Augen nass und schwer wurden. Er dachte daran zurück, wie Alexander ihn von Paula weggeschubst hatte, sodass er mit dem Hinterkopf gegen den Tresen flog und sich zwei vernünftige Beulen holte. Selbst jetzt, er war sechzehn Jahre alt und die Verletzungen wurde ihm vor zwei Jahren zugefügt, konnte er die beiden leichten Erhebungen fühlen, wenn er vorsichtig über sein Haar strich.

Zwei Beulen.

Two dents.

Und er erinnerte sich daran, wie dieses heulende Auto, gesteuert von Alexander, ihn, festgebunden an diesen Baum und vollkommen wehrlos, überrollt und fast getötet hatte. Seine Augen waren eingedrückt worden, der gesamte Augapfel verfärbte sich dunkel, sahen gruselig aus, wie zwei dunkle Höhlen, zwei Einbeulungen, vor denen sich jeder fürchtete, der sie sah.

Two dents.

Der Rotz war ihm inzwischen größtenteils aus der Nase gelaufen und steuerte geradewegs auf den Mund zu, dessen Lippen er fest zusammengepresst hielt. Er zog die Nase hoch, ehe an seiner rechten Seite eine Hand erschien und ihm ein zerknittertes, aber sauberes Taschentuch reichte. Er nahm es an und schniefte laut und aufmerksam hinein.

Diese Ereignisse hatten ihn gebranntmarkt für sein Leben. Ihn geprägt, wie eine seltene Münze.

Hey, Face-Ache!

Nimm die Sonnenbrille ab, Blindie!

Blindschleiche!

Hey, geh’ mir aus dem Weg, du Loser!

Uns sie hatten ihn zu dem gemacht, was er heute war!

Einen paranoiden, naiven, manchmal ganz schön mutlosen und verzweifelten jungen Mann, der zusammengesunken auf einer teuren Echtleder-Couch saß, zwischen zwei Männern, von denen einer ihn zerstört und der andere gerettet hatte, sich die Augen aus dem Kopf heulte, von beiden Seiten wie ein kleines Kind trösten ließ. Murdoc -Stu-Pot wusste nicht, wieso er plötzlich so mitfühlend und taktvoll war- hatte sogar einen Arm um seine Schultern gelegt, nachdem er sich eine Zigarette angezündet hatte, die er jetzt genüsslich rauchte, und Alexander flüsterte ihm tröstende, beruhigende Worte zu. Als wären sie tatsächlich alte Freunde; Kameraden, die sich gegenseitig unterstützten und aufbauten, wenn es dem Anderen schlecht ging.
 

Gut. Er gab zu, vielleicht bot er manchmal einen ziemlich armseligen Eindruck, benahm sich kindisch oder weibisch. Aber er hatte niemals daran gedacht, aufzugeben! Er hatte immer tapfer seinen Weg bestritten, ganz gleich, was hinter ihm oder was vor ihm lag. Und Stu-Pot dachte sich, dass dies doch wohl eine ganze Menge war, für einen sechszehnjährigen Teenager, mit dem es das Leben ganz besonders bös meinte.

Er drehte sich von Alexander weg, der noch sehr immer verunsichert und geschockt wirkte, wegen der beiden extremen Gefühlausbrüche seitens Stu-Pot, die er so eben miterlebt und mit denen er überhaupt nicht gerechnet hatte. Seine blauen Augen, die Stu-Pot früher böse und mächtig vorgekommen waren, wie zwei leuchtende Edelsteine in der Dunkelheit, nach denen sich alle Leute richteten, machten nun ein recht freundlichen, aufgeweckten Eindruck.

Er fragte sich, was dazu geführt hatte, dass Alexander diesen Sinneswandel durchlebt und sich so stark verändert hatte. Was war der Schlüssel zu dieser Seite seines Wesens?

Und auch den Arm von Muds, der seine Schultern fast zerquetschte, stieß er von sich. Er mochte Murdoc, er brauchte ihn, er war für ihn ein Bruder, Freund und Retter, ein wahres Idol, doch die folgende Situation war etwas, was er ganz allein meistern musste!
 

Er stand auf und war überrascht, wie schwach seine Beine waren und wie sehr er zitterte. Das schwarze T-Shirt von Murdoc, das er trug, klebte –nass von dem Blut, dem Schleim und dem Rotz, der sich darauf gesammelt hatte- an seinem dürren Oberkörper. Ein paar wilde, blaue Haarsträhnen fielen ihm ins Gesicht, und er strich sie mit seinen kalten, verkrampften Händen aus dem Gesicht. Er musste aussehen wie eine alte Vogelscheuche, die während des Winters auf dem Feld zurückgelassen wurde.

Murdoc und Alexander musterten ihn. Murdoc machte einen lockeren Eindruck, er hielt die Arme lässig vor dem Oberkörper über Kreuz und grinste ihn aufmuntert und stolz an, als sei Stu-Pot sein Sohn, bei dem er sich hundertprozentig sicher war, dass er heute endlich den ersten Schritt tun würde. Der verwirrte Blick war aus Alexanders Augen verschwunden, er schaute Stu-Pot, der sich vor ihm aufgebaut hatte, an und er schien zu spüren, dass jetzt das Urteil über ihn gefällt wurde. Stu-Pot konnte sehen, wie sein Adamsapfel wieder zu hüpfen begann, weil er aufgeregt und nervös war, und er fühlte sich unheimlich stark und mächtig. Er wusste, die Entscheidung lag allein bei ihm.

Stu-Pot hob die rechte Hand, ballte sie zur Faust, und mit einer Schnelligkeit, die keiner – nicht einmal Murdoc- von ihm erwartet hatte, schlug er Alexander so fest er nur konnte ins Gesicht. Die Wucht war nicht so stark, wie er sie sich erhofft hatte. Er war nicht so kräftig wie Murdoc, nicht so bullig wie Russel, und nicht so kampferprobt wie Noodle. Er hatte genau Alexanders Nase getroffen, aus der jetzt jede Menge Blut lief, die jedoch nicht gebrochen zu sein schien. Schade, denn das war seine Absicht gewesen. Dafür schmerzte seine eigene Hand stark, er spürte, wie es in ihr pochte, und er hörte, wie das Blut in seinen Ohren rauschte.

Vielleicht hätte er sich diesen Schlag doch sparen sollen? Übelkeit kroch von seinem Magen in seinen Hals hoch, er wusste, dass ihn bald die Migräne wieder übermannen würde.

„Alexander.“ Alexander, der sich fest ein Taschentuch, das er wohl von Murdoc gereicht bekommen hatte, auf die Nase drückte, um die Blutung zu stillen, blickte auf und in seinem Blick lag etwas Undefinierbares. Eine Mischung aus Enttäuschung, Hoffnungslosigkeit und Wut. „Das war dafür, dass du mich damals gegen den Tresen gestoßen hast.“ Stu-Pot holte noch einmal aus, und traf Alexander ein weiteres Mal genau auf die Nase, die zwar ein fieses Knacken von sich gab, doch noch immer nicht gebrochen schien. „Und das war dafür, dass du mich damals überfahren wolltest.“

Alexander verstand. Er stand ebenfalls auf, und Stu-Pot wurde wieder bewusst, wie riesig dieser Kerl war. Mindestens einen Kopf größer als er. Doch das störte ihn nicht. Er brauchte keine Angst mehr zu haben, denn er wusste, dass Alexander ihm nichts tun würde.

Statt ängstlich zusammenzuzucken, wie Stu-Pot es noch vor gut einer halben Stunde in solch einer Situation getan hätte, streckte er seine Hand aus. Die Hand, mit dem er ihm zweimal hintereinander ins Gesicht geschlagen hatte. So fest, wie er es nur konnte.

Alexander ließ das Taschentuch, das er sich immer noch gegen die Nase presste und das inzwischen fast vollkommen rot war, so viel Blut hatte es aufnehmen müssen, fallen.

Er schlug in die Hand, die ihm gereicht wurde, ein.

„Dann sind wir jetzt wohl quitt.“

Murdoc lachte beim Anblick, der sich ihm als stiller Beobachter bot und zündete sich eine zweite Zigarette an.
 


 

Jajaja, endlich gibt es ein neues Kapitel. Ich muss sagen, dass es mir überhaupt nicht gefällt, nicht im Mindesten, aber ich glaube, es würde auch nicht wesentlich besser werden, wenn ich es noch tausend Mal überarbeite. Ich bin hier einfach bei 'nem toten Punkt angelangt, und ich hoffe, dass wenigstens ihr, meine Leser, halbwegs damit zufrieden seid.

Und noch ein kleiner Hinweis: Ich weiß, dass in Bezug auf Stu-Pots Kindheit einmal angegeben wird, dass er seit vier und einmal, dass er seit zwei Jahren leidet. Ja, das ist Absicht. Was dahinter steckt, werdet ihr bestimmt in den nächsten Kapiteln erfahren! =)
 

bye

sb



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Kommentare zu dieser Fanfic (55)
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Von:  AkephalosXx
2010-09-21T21:05:46+00:00 21.09.2010 23:05
okay, ich weiß nciht wie ich es ausdrücken soll...
am besten damit *Messer zück* Schreib besser schenll weiter Ò.ó
...
Das ist genial. Ich mag die Story, ich mag deinen Stil (die charas amg ich auch XD Auch wenn du sie nciht immer ganz triffst (meines erachtens) sind sie trotzdem irgendiwie krankhaft liebenswürdig.)

Deine Ff hat meine liebe zu den Gorillaz wiederbelebt. *Dich deswegen ganz fest knuddel*
So, und jetzt geh ich mir ein paar videos in youtube anschauen :X
Ich hoff du schreibst schnell weiter *-*
(Hiermit hast du einen treuen Leser mehr)

Lg Akephalos
Von:  TheSixthMonth
2010-07-20T12:48:34+00:00 20.07.2010 14:48
Ich habe deine FF erst gestern gefunden und ich habe sie immer iwder versucht sie weiter zu lesen. (Das ging leider nicht anders, wei gewisse Leute es lustig finden mit einem Ball im Zimmer ´rumzu werfen und dabei laut lachen und mich anstecken.) Ich war schon mal über sie gestoplert, habe sie aber weggeklickt weil ich e sehr komisch fand, das alle nicht bei ihrem üblichen alter waren. Aber jetzt habe ich e gelesen und sie hat mich bis in jeden Muskel den ich besitze gebannt. Ich konnte mit dem lesen gar nicht mehr aufhören. Das ist irre! Und für die haste 2 Jahre gebraucht! Das beeindruckt mich noch mehr!Und ich habe das alles in zwei Tagen durch gelesen! XD Diese FF ist einfach nur Stylo!

Zum Kapitel: hm, ich hätte mir vorgestellt, das Stuart Alex alles aufzählt, was er erleiden musste. ICH hätte ihm icht einfach so zwei ´reingehaun (hätte ich mich soweiso nicht getraut) und dann hättech gesagt: "Aber damit sind wir lange noch nicht quitt." Aber sind ja nur meine langweiligen Ideen. Schreibe auf eden Fall weiter und lasse dich nicht von mir stören! ^^
Von: abgemeldet
2010-05-01T12:05:31+00:00 01.05.2010 14:05
Wow. Ich bin total begeistert *___*
So eine tolle FF hab ich noch nie in meinem ganzen Leben gelesen! : )
Von:  The-Lightning
2010-04-11T18:15:28+00:00 11.04.2010 20:15
endlich mal wehrt er sich :D
ich dachte schon das du die ff garnicht weiter machst.
armer kleiner Stu-pot, er musste schon so viel mit machen.
ich hoffe es bleibt so spannend :D
mach weiter so kleines-sama-chan

Von: Lorne_Malvo
2010-04-11T12:24:51+00:00 11.04.2010 14:24
Also ich find's genial *____*
Ich hatte schon voll Panik, weil's nix mehr von Dir und GorilllazFanatic zu lesen gab ;o; Dabei les' ich euer Zeug so gerne! *-*
Und Stu mal als "Schläger" wenn man dass so nennen kann :D is' doch mal toll das er jetzt mal Schläge verteilt >3< Immer schön drauf Kleiner XD *anfeuer*

Ich freu mich schon auf's neue Kapitel =3
Von: abgemeldet
2010-04-11T11:52:53+00:00 11.04.2010 13:52
Yeah Chacka. Immer in die Fresse Stu. Immer schön rein :D
Finde ich cool das das mit Alexander geklärt ist, aber da fehlt ja noch einiges und freue mich total auf die nächsten Sätze von dir :3
Von: abgemeldet
2010-03-20T20:19:13+00:00 20.03.2010 21:19
Hallo kleines-sama!

Hier hat sich schon länger nichts mehr getan. Bitte schreib doch weiter! Bitte, bitte, bitte! Ich will wissen, wie es weitergeht und bin sicher, dass es nicht nur mir so geht.

Gruß,
Irrwisch
Von: abgemeldet
2009-11-03T15:01:48+00:00 03.11.2009 16:01
Ich weiß, ich bin grauenhaft! Dieser Kommentar ist schon sehr lange überfällig, ich hoffe wirklich, dass du mir diese Verspätung verzeihen kannst. Seit die Schule wieder begonnen hat, überhäufen mich die Aufgaben, und normalerweise sollte ich auch in diesem Augenblick an einer Interpretation zu Schillers “Kabale und Liebe” sitzen, deshalb habe ich nur wenig Zeit! Bitte entschuldige falls solche Verspätungen in Zukunft öfter vorkommen sollten… was sehr wahrscheinlich ist ;-;

Liebe Sama, du bist einfach überwältigend! Ich liebe den Vergleich von Stuarts Situation, mit der einer in die enge getriebenen Maus, denn ich kann ganz deutlich vor mir sehen, wie der arme, schmächtige Stu zwischen den ihm körperlich (und vielleicht auch geistig ;D) überlegenen Gestalten kauert! Hinreißend!
Und diese Spannung, die du aufbaust indem du einige der -im vorigen Kapitel erwähnten- Vorstellungen Stus, über seinen scheinbar folgenden Tod wiederholst, ist einfach unerträglich! Man verspürt den unbändigen Wunsch ganz schnell hinunterzuscrollen, um zu erfahren, was denn nun endlich passiert!! Gleichzeitig möchte man jedoch auch keine deiner wundervoll nervenaufreibenden Umschreibungen verpassen. Da bekommt man ja beinahe selbst einen Kloß im Hals! >.<

Was mir auch besonders gut gefallen hat, war die Tatsache, dass du Murdoc sozusagen zu Stus rechter Hand gemacht hast, indem du ihn einfach rechts neben ihn auf die Couch gesetzt hast! Vielleicht interpretiere ich da zu viel hinein, aber so wie ich dich kenne, war das durchaus beabsichtigt ;D

Auch das Stu noch einmal Dinge im Kopf durchgeht, die er in seinem Leben getan- bzw. nicht getan hat, finde ich wundervoll, besonders wie du es umgesetzt hast. Du hast dies nicht wie jede null-acht-fünfzehn Nahtod-Erfahrung mit dem Satz “… und er sah sein Leben an seinem inneren Auge vorbeiziehen” eingeleitet, sondern schlicht mit einem Bezug zu Murdocs Nasehochziehen! Toll :D

Uuh, und der Schleim! Nicht unbedingt appetitlich, aber durchaus vorstellbar. Ich mag es, dass du die Dinge nicht so sehr “verhübscht“! >D

Stu ist ja wirklich aufmerksam, nicht wahr? Ich vergöttere deine detaillierten Beschreibungen von Alexanders Verhalten! Und wieder hast du sie nicht einfach nur schlicht beschrieben, sondern dir Stus unbändige Angst zum Mittel gemacht!

Eine kleine Frage habe ich noch… ich weiß nicht ob ich einfach nur zu dumm bin, um mich zu erinnern, aber du erwähnst hier, dass Alexander für Stus schwarze Augen verantwortlich ist. Hast du das in einem der vorigen Kapitel bereits erwähnt, oder handelt es sich um einen weiteren kleinen Hinweis über Stus Vergangenheit, der später gelüftet werden soll? Ich weiß, ich könnte mir die Fiction noch einmal durchlesen, aber wie gesagt, mir fehlt die Zeit… Es tut mir wirklich leid, falls du es schon erwähnt haben solltest, aber mein Kopf ist im Moment zu vollgestopft, um sich zu erinnern ^-^”

Aww, und dann der Teil mit der unglaublich reizenden Entschuldigung von Alexander (Ich mag ihn immer noch nicht, aber ich bin froh wegen Stu)! Ekelhaft und doch erleichternd! Ich weiß ja nicht was genau dich dazu getrieben hat Stu seinen gesamten Mundinhalt, sprich Blut, Schleim und Spucke, auf seinem -von Murdoc geliehenen- Shirt zu verteilen, aber es gefällt mir… aus irgendeinem Grund. Es ist ein wenig so, als würdest du damit einen Vergleich aufstellen. Als würde endlich etwas ans Tageslicht kommen, das schon viel zu lange verharrt hatte… wirklich nett eine Entschuldigung mit Schleim zu vergleichen… Okay, okay, ich könnte auch falsch liegen XD

Oh, ich darf feststellen, dass der gute Stu in seinem Hustenanfall gar nicht auf das gehört hat, was Alexander eben sagte. Und er denkt doch tatsächlich er wäre in der Hölle! Süß, dass er panisch reagiert, als er Murdocs Stimme hört und daraufhin auch dessen Tod schlussfolgert. Und dann war das auch noch der “abscheulichste Gedanke, den [er] jemals gedacht hatte”? Erkenne ich da vielleicht einen ganz klitzekleinen Hinweis auf Murdocx2D? Wahrscheinlich denke ich wieder einmal viel zu weit, ich schaffe es immer dieses Pairing irgendwo unterzubringen x3

Er verschwendet ja wirklich nicht einen Gedanken daran, dass er noch leben könnte, oder? Er beginnt schon wieder mit den wildesten Spekulationen, da wird einem klar, dass er wohl wirklich schon komplett mit dem Leben abgeschlossen hatte. Ironisch, dass er ausgerechnet durch eine Aussage von Alexander ins Stocken gerät! Und doch ist es Murdoc der ihn am Ende wieder komplett in die Realität zurückholt! (Nicht doch ein wenig Murdocx2D? :D)
Und was für ein wundervolles, euphorisches Zurückholen das ist! Da blüht einem buchstäblich das Herz auf! Ich habe mich richtig mit dem süßen Stu gefreut! Er verhält sich fast wie ein kleiner Junge, als du erzählst wie er sich dazu zwingt nicht das Gesicht zu verziehen, wegen dem Blut, da “er doch kein Loser mehr [ist], der sich vor ein paar Tröpfchen Blut ekelt“! Fast so als wäre er ein Kind das sich vornimmt, fortan tapfer zu sein! Süß³!! X3

Und schon bin ich am Ende dieses großartigen Kapitels angelangt! Sama, mach weiter so und deine Leser sind dir sicher! Mehr gibt es da nicht zu sagen! >D


Deine
GorillazFanatic

♥♥♥
Von: abgemeldet
2009-10-17T19:44:45+00:00 17.10.2009 21:44
Jo abwarten und Bier trinken XD Also da hats mich erstmal gepackt und ich musste schön lachen....ich mag Stus Gedanken...ob er nun weg vom Fenster ist oder nicht. Und der Wendepunkt hat mich geflasht. Ich glaub für ein Moment sah ich so aus wie Stu auf der Couch, als er das von Aöexander gehört hatte XD
Tschuldige das ich ejtzt erst ein kommi schreibe, obwohl ich es dir schon viel früher versprochen hatte und sorry das meine kommentare nie so endlos lang sind, wie die der anderen...obwohl, manchmal ist weniger mehr ;)
Von: Lorne_Malvo
2009-10-04T19:51:50+00:00 04.10.2009 21:51
*zuende gelesen hab*
I.LOVE.IT XD
Besonders mag ich jetzt plötzlich Alex ô.o" und das Mudds sich so sorgen macht |D man, icgh sollte weniger die rosarote yaoibrille aufhaben Dx ich seh nur anspielungen~~~
aber echt, lass dir zeit mit dem nächsten kap ^.°


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