Das Gebet
Ich weiß.
Ich weiß.
Ich weiß, dass ich es kann!
Und meines Herrn weißer Atem wird mich führen.
Bis DAS was ich begehre, direkt vor meinen Augen erscheint.
Ich brauche nur dem Licht zu folgen.
Nichts anderes habe ich im Sinn.
Der Wind war wütend in dieser Nacht, doch nicht auf ihn
Wir sollten uns nicht einbilden dass Gott oder das Schicksal uns beachten oder gar Rücksicht nehmen, jeden einzelnen in ihren großen Plan einbinden.
Dafür sind wir nicht wichtig genug.
Er war ebenfalls unwichtig, so wie er sich durch die Dunkelheit kämpfte, die keinesfalls rabenschwarz oder undurchdringlich war.
Sie war es schlicht und einfach nicht, auch wenn sie ihm ebenso vorkam.
Pflastersteine und totes Laub knirschten unter seinen Schuhen und sein Mantel war so nass dass er keine Bezeichnung dafür fand.
Doch dies alles registrierte er nur beiläufig, für ihn galt es nur die magischen Worte immer und immer wieder; wie einen Zauberspruch aufzusagen:
Ich weiß.
Ich weiß.
Ich weiß, dass ich es kann!
Und meines Herrn weißer Atem wird mich führen.
Bis DAS was ich begehre, direkt vor meinen Augen erscheint.
Ich brauche nur dem Licht zu folgen.
Nichts anderes habe ich im Sinn.
Und da, welch ein Segen!
Fahles Licht legte sie über die Baumwipfel vor ihm.
Der silberne Schimmer kam einer Made gleich mit windenden Bewegungen durch den Wald gekrochen auf ihn zu und ließ ihn ein letztes Mal innehalten.
Ein Schritt und er hatte die Stadttore hinter sich gelassen.
…er bewegt sich nicht.
Keine Wachen heute Nacht.
Ein weiterer Schritt Richtung Wald und dem Licht, das ihn führen soll.
Zu dem was er begehrt… doch er
…er bewegt sich nicht.
Mein Gott sei wenigstens einmal in deinem Leben ein Mann!
Sie müssten da sein, so steht es im Gesetz geschrieben, doch heute Nacht hört er keine Fragen bezüglich seines Aufbruches.
…er kann sich nicht bewegen.
Doch er murmelt sein Gebet:
Ich weiß.
Ich weiß.
Ich weiß dass ich es kann!
Und meines Herrn weißer Atem wird mich führen.
Bis DAS was ich begehre, direkt vor meinen Augen erscheint.
Ich brauche nur dem Licht zu folgen.
Nichts anderes habe ich im Sinn.
Und sein Gott scheint ihm neue Kraft zu spenden.
Er schüttelt seine Starre und Zweifel wie eine abgetragene Haut ab und schreitet festen Schrittes vorwärts.
Ein Schritt.
Und ein weiterer,
noch einer
noch einer
noch einer
er wird immer schneller und zielsicherer.
Nun sieht er aus wie ein Mann der weiß wohin er will, was er will.
Und dieser Mann flüstert unentwegt dieselben Worte.
Bis er dort angelangt ist wohin es ihn zieht, wird der nächtliche Wald seine Worte ebenso gut kennen wie er selbst.
Doch der Mann im schwarzen Mantel wird der einzige bleiben, der an diese Worte glaubt.
Ich weiß.
Ich weiß.
Ich weiß dass ich es kann!
Und meines Herrn weißer Atem wird mich führen.
Bis DAS was ich begehre, direkt vor meinen Augen erscheint.
Ich brauche nur dem Licht zu folgen.
Nichts anderes habe ich im Sinn.
Und nichts anderes darf er im Sinn haben, er darf nicht aufwachen und feststellen, dass er wie ein Tier durch den mitternächtlichen Wald hastete und wie ein fanatischer Mönch seit Stunden dieselben Worte murmelte.
Er darf nicht zu Verstand kommen sonst ist das was ihn lockt, mit großen Versprechen und berauschender Stimme nur Illusion und er muss sich eingestehen verrückt geworden zu sein. Doch solange er daran glaubt, fest daran glaubt, dass es dieses Wesen gibt, das es ihn ruft und all seine Wünsche erfüllen wird, fühlt er sich wie ein Auserwählter und nicht wie ein Geistesgestörter.
Der er nicht ist!
Wütend über den leisen Anflug von vollkommen unberechtigten Zweifeln beschleunigt er seinen Schritt noch weiter und kümmert sich nicht um die tiefhängenden Zweige der kahlen Bäume, die ihm nun wie Peitschenhiebe ins Gesicht schlagen.
Ich weiß.
Ich weiß.
Ich weiß dass ich es kann!
Und meines Herrn weißer Atem wird mich führen.
Bis DAS was ich begehre, direkt vor meinen Augen erscheint.
Ich brauche nur dem Licht zu folgen.
Nichts anderes habe ich im Sinn.
