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Frei wie der Wind aber dennoch gefangen

von

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Ausgetrickst

Silver kam als erster am Hafen an. Es stimmte, er war wirklich wunderschön, im viktorianischen Stil gehalten, doch im Moment hatte er nun wirklich keine Zeit sich mit solchen Sachen zu beschäftigen. Er sah einen ziemlich langen Kai, an dem viele Passagierschiffe lagen. Vor dem dazugehörigen Steg war jeweils ein Kassenhäuschen, in dem ein Mann oder eine Frau saß. Silver packte sich einen Mann, der am Kai saß und angelte.
 

Es war ein alter, bärtiger Fischer, dessen Latzhose und Hemd auch schon mal bessere Tage gesehen hatten. „Wann legen die Schiffe ab?“, donnerte er. „Nun mal ganz ruhig, junger Mann. Die Schiffe legen jeden Tag um die gleiche Zeit ab. Um ein Uhr um genau zu sein.“, grinste er schief. „Ein Uhr? Aber das ist ja schon in einer halben Stunde.“, fluchte er, ließ den alten Mann wieder fallen und rannte zum ersten Kassenhäuschen.
 

Jedoch drehte er sich noch einmal um, sodass Fenrill fast in ihn hinein gerannt wäre. „Du!“, sagte Silver und packte ihn beim Schlawitt. „Du wirst mir helfen. Fang du da hinten an.“, befahl er und Fenrill nickte. Silver wandte sich wieder um und Fenrill rannte zum anderen Ende des Kais. „Ich brauche ne Auskunft.“, verlangte er und sah die Frau an.
 

Sie hatte eine dicke Hornbrille auf der Nase und sah aus, wie eine zu groß geratene Bohnenstange. „Ich suche eine Frau.“, fing er an. „Tun das nicht alle Männer?“, fragte sie und lächelte wissend. „Ich suche aber eine bestimmte Frau, vielleicht haben Sie sie gesehen.“, wieder gab er eine ziemlich exakte Beschreibung von Mireille ab. Die Frau schien einen Moment zu überlegen. Silver klapperte unruhig mit seinen Fingerkuppen auf dem Holz des Kassenhäuschens rum. Wieso dauerte das denn so lange?
 

„Mensch! Haben Sie sie jetzt gesehen, oder nicht?!“, rief er angenervt, sodass die Frau zusammenzuckte. „Ach so, ja. Ähm, ich habe sie heute morgen gesehen.“, sagte sie langsam und schien noch immer in Gedanken versunken zu sein. „Wo ist sie hin? Ist sie auf Ihrem Schiff?“ Ihn machte diese elende Warterei immer unruhiger. Wenn er Mireille nicht bald fand, würde er die verbleibende Spur schon sehr bald verloren haben. „Nein, hier ist sie nicht, aber sie ist auf einem der anderen Schiffe, da bin ich sicher.“
 

Den letzten Teil des Satzes bekam der junge Mann jedoch nicht mehr mit. Er war schon zum nächsten Kassenhäuschen gewetzt und befragte dort einen jungen Mann. Doch auch dort war er nicht sehr erfolgreich. Die Minuten rannen nur so vorüber. Und bevor er es sich versah, waren nur noch 5 Minuten übrig. Auch beim letzten Häuschen hatte er kein Glück gehabt, doch dann sollte es geschehen. „Ja, die habe ich gesehen. Wer die übersieht, ist ja selbst schuld. Ziemlich hübsches Ding, also wenn ich etwas jünger wär...“, der Mann bemerkte Silver‘ s Blick, der kurz vor der Explosion stand.
 

„Sie ist hier an Bord. Wollen Sie auch mitfahren?“ Silver nickte knapp. „Zwei Karten.“, sagte er und brüllte über den ganzen Kai nach Fenrill, der bereits nach dem fünften Kassenhäuschen bei einer netten, jungen Frau halt gemacht hatte, um „sich mal kurz auszuruhen“. Als er jedoch seinen Namen hörte, machte er sich sofort auf den Weg. Zusammen betraten die beiden Männer das Schiff, dass nach Zoran auslaufen sollte. Die meisten Passagiere waren schon an Bord und so legte das Schiff kurz nach ihrem Betreten ab.
 

„Los, wir müssen Sie suchen.“ Die beiden betraten einen großen Saal und sahen sich dort zuerst um. Doch sie konnten Mireille nirgends entdecken. Eine Minute später traten sie an Deck und an die Reling. Die Schiffe verließen gerade die schützende Bucht und entfernten sich langsam voneinander. Silver‘ s Blick fiel zufällig auf das Schiff, dass nach Solon auslief. Sein Blick blieb an etwas hängen und er rannte an die Reling.
 

Mit weit aufgerissenen Augen sah er auf dem anderen Schiff, wie Mireille ein Taschentuch in ihrer Hand hielt und ihm winkte. Dann warf sie ihm eine Kusshand zu. „Bon voyage!“, rief sie triumphierend, während sich die beiden Schiffe immer weiter voneinander entfernten. Fenrill erschien neben ihm. „Die hat‘ s uns aber ganz schön gegeben, was?“, fragte er, doch Silver fackelte nicht lange und sprang über die Reling in das kristallklare Wasser. Fenrill stöhnte. Wasser war noch nie sein Fall gewesen, aber in diesem Moment musste er wohl mal wieder eine Ausnahme machen. Schweren Herzens sprang er hinterher.
 

Silver war schon ein gutes Stück geschwommen, sah jedoch ein, dass er das Schiff nicht einholen konnte und machte kehrt in Richtung des Hafens. Fenrill folgte ihm. Nach einiger Zeit zogen sich die beiden Männer an der Kaimauer hoch und blieben keuchend und pitschnass einen kurzen Augenblick einfach nur liegen und schöpften neuen Atem. Als erster erhob sich Fenrill und setzte sich auf seinen Hosenboden. Er beobachtete Silver, der seine Fäuste geballt hatte und sie immer wieder auf den Boden rammte. „Ich bin dafür, dass wir jetzt erst mal was essen. Und dann nehmen wir morgen das nächste Schiff nach Solon, ja?“, schlug er vor und Silver nickte resignierend.
 

Mireille seufzte. Das war ja zu einfach gewesen. Dieser Volltrottel war doch in die erst beste Falle getreten, die sie ihm bereitet hatte. Es war eine gute Idee gewesen, den Teppichverkäufer zu bestechen und dann auch noch den alten Mann in seinem Kassenhäuschen, der jedoch auch ohne Bezahlung alles für sie getan hätte. Jedoch sicher war sicher. Und nun war sie auf dem Weg nach Solon. Zufrieden verließ sie das Deck und suchte ihre Kabine auf. Dort angekommen legte sie sich behaglich schnurrend auf das weiche Bettdeck und schloss die Augen.
 

Die Schifffahrt würde 5 Tage dauern, da würde es nicht viel ausmachen, wenn sie einen Teil davon schlafend verbrachte. Auf diesem Schiff gab es nicht viel aufregendes, abgesehen vielleicht von einigen der Empfangsburschen, doch diesen Gedanken wischte die Schatzjägerin schnell wieder weg. Fast wehmütig dachte sie daran, wie verdutzt und zugleich verärgert Silver zu ihr hinüber geschaut hatte, als er bemerkt hatte, dass sie ihn hereingelegt hatte und einfach ohne ihn und Fenrill davon geschippert war. Ein siegessicheres Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Das machte den Verlust ihres geliebten Bogens fast wieder wett. Kurze Zeit später war sie in eine Traumwelt ohne Flucht und Schmerzen hinab geglitten.
 

In einer Bar in Merston. Fenrill bestellte bereits das dritte Bier. Leer gegessene Teller standen vor ihnen und Silver schien sich ein wenig beruhigt zu haben. Er nippte hin und wieder an seinem ersten Bier. Sein Partner hingegen war schon wieder anderweitig beschäftigt. „Sag mal, hast du eigentlich nichts anderes im Kopf?“, knurrte Silver, als nun schon die sechste Frau nach einem eindeutigen, beidseitigen Blickwechsel zu ihm herüber kam und ihn bat, sich an ihren Tisch zu setzen.
 

„Lass mir doch den Spaß. Da unten hatte ich nun mal sehr lange keine amüsante Gesellschaft mehr. Nicht das du nicht amüsant wärst, nur eben anders amüsant.“, grinste er. „Gib dir keine Mühe.“, entgegnete Silver schroff und trank sein Bier mit einem Zug aus. „Ich geh schlafen und wenn ich du wäre, würde ich nicht mehr so lange machen. Morgen gehen wir jagen, schon vergessen?“ „Alles klar, Chef.“, freute sich Fenrill und war schon zu einer der Damen verschwunden. Der Schatzjäger stöhnte, dann bezahlte er das Essen und die Getränke und verschwand auf einer Treppe. Oben gelangte er in einen Flur, der nur von Kerzen an den Wänden erleuchtet wurde.
 

Er hielt einen Schlüssel in der Hand, den er von dem Wirt erhalten hatte und suchte nun Zimmer Nummer 5. Es lag am Ende des linken Ganges auf der rechten Seite. Der Schlüssel ließ sich leise in dem Schloss herumdrehen und kurz darauf betrat er das Zimmer. Von innen drehte er den Schlüssel erneut herum. Sicherlich wollte er keinen unliebsamen Besuch in der Nacht haben. Er sah sich kurz um. Das Zimmer war ordentlich. Zwar etwas klein, aber für ihn reichte es völlig. Er ließ einen Sack auf einen Stuhl plumpsen und zog seine Schuhe aus. Seinen Mantel hatte er einer Schneiderin überlassen müssen, da Mireille ihn ziemlich auseinander genommen hatte.
 

Seine Sachen befanden sich nun in dem Sack vor ihm. Er überprüfte noch, ob das Fenster auch verschlossen war und ließ sich dann auf das Bett fallen. Man konnte nie vorsichtig genug sein. Silver lauschte in die Stille, während er an die Decke starrte, die in der Dunkelheit jedoch nicht richtig zu erkennen war. Wütend dachte er an das freche Grinsen in Mireille‘ s Gesicht, das sie ihm vom anderen Schiff aus zugeworfen hatte. Er schloss die Augen und musste unwillkürlich Grinsen. Eigentlich hätte er gedacht, dass ihre Rollen genau vertauscht gewesen wären. Er sollte jetzt eigentlich auf einem Schiff sitzen mit der Kette und sie wütend in irgendeiner Bar schmollen. Doch das Schicksal hatte mal wieder anderes mit ihm vor.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  FinAP
2008-05-19T11:30:22+00:00 19.05.2008 13:30
*grin*
Wiedermal einsame Spitze!
Ich fand das soooo geil, das Mire die beiden Jungs ausgetrickst hat. Und dann auch noch das Taschentuch. *mich an Dumbledore erinner*
*quietsch*
Zu geil! ><
und dass Fenrill wieder mit den Frauen flirtet. *grin* Typisch.
Aber ich wette da läuft was zwischen Mire und Silva. So wie den Gedanken des jeweils anderen hinterherhängen (<-scheißformulierung. Du weißt hoffentlich, was ich meine.)
ich freu mich auf das nächste Kappi!
Aha und danke für den Kommi *flausch*
CU


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