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Kurayami ~ 暗闇

Dunkelheit...
von

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Three ~ San

Three ~ San

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Noch einmal atmete er tief durch, bevor er die Tür einfach aufriss und sich zwang auf die Schwelle zu sehen, wo er definitiv den Übeltäter dieses widerlichen Geräuschs zu erkennen glaubte. Doch anstatt eines zerfleischten, halbverfaulten Zombieetwas (das er im Geheimen bereits erwartete) hockte eine Wildkatze vor der Tür, die roten Augen erhoben, um ihn anzusehen. Trotzdem war er zu geschockt, um, wie es bei ihm Gewohnheit war, loszulachen.

„Und?“, ertönte es hinter ihm.

„Nichts... ist nur ne Katze...“ Közi starrte weiter in die blutroten Augen, die ihn mit einer Intensität anleuchteten die ihn einen Schritt nach hinten machen ließ.

„Eine Katze?“ Klaha stand auf, ging zu seinem Freund und sah auf das Tier.

Der Schwanz schwang leicht durch die Luft, hin und her, während sie die Schnauze öffnete und langgezogen maunzte.

„Boah, mir wär fast das Herz stehen geblieben...“ Der Blonde rieb sich mit der Hand über das Gesicht, drehte sich von dem Tier weg und ging zum Bett. In jeder andren Situation hätte er das Tier jetzt adoptiert. Aber bei so was...

„Közi, das ist nicht die Katze.“, sagte Klaha, schaute zu dem mittlerweile auf dem Bett Liegenden.

„Wie?“

„Das ist nicht die Katze. Sie maunzt ganz normal, vorhin war da noch dieses... Gurgeln.“, gab der zurück, schob die Katze von der Tür weg (er wollte sie trotz allem nicht anfassen) und schloss diese.

„Weißt du wie das klang? Dieses Gurgeln?“ Közi starrte an die Decke, alle Glieder von sich gestreckt.

„Wenn du jetzt irgend nen Scheiß erzählst... Dann hau ich dir eine rein, versprochen.“ Misstrauisch betrachtete er den Liegenden, der zu ihm sah, grinste.

„Als hätte man einem den Unterkiefer rausgerissen und der versucht zu- AUA!“ Lachend versuchte er auszuweichen, nachdem Klaha ihm einen Schlag auf die Brust verpasst hatte. Hinzu kam noch ein Hieb auf seinen Rücken, bevor er sich wieder fasste und Közi nur noch drohend fixierte.

„Kleiner Vollidiot!“, knurrte er, betrachtete den pochenden roten Handabdruck auf der Schulter des Anderen.

„Moah, war doch bloß ein Witz... Das du immer gleich ausrasten musst. Bitte nicht rausschmeißen, ja?“, fragte er lieb, wich zurück, als der erneut anstalten machte auf ihn zuzugehen. „Tut mit Leid...“, fügte er versöhnlich hinzu.

„Jaja, jetzt lass mich mit deinen Horrorgeschichten in Ruhe, sonst schmeiß ich dich ganz schnell raus.“ Er murrte, legte sich in sein Bett und zog die Decke über sich.

„Ahm... darf ich noch-?“

„Nein!“

„Menno...“, grummelte Közis, während er es sich gezwungenermaßen auf dem Boden gemütlich machte.
 

Er schlug die Augen auf. Für sich selbst so plötzlich, dass er in den ersten Minuten nichts erkennen konnte. Nur langsam gewöhnte er sich an die herrschende Dunkelheit, setzte sich träge auf und gähnte. Közi wusste nicht mal, weshalb er so plötzlich aufgewacht war, aber jetzt hatte er das Gefühl nicht mehr einschlafen zu können. Neben sich, auf dem Bett hörte er Klahas ruhiges Atmen und wünschte sich sehnlich auch einfach weiterzuschlafen. Als das nicht funktionierte konzentrierte er sich darauf, was ihn so Hellwach werden ließ. Irgendwo hörte er eine Katze miauen. An sich wäre das nicht allzu seltsam gewesen, es war ja wahrscheinlich die die vorhin noch vor ihrer Tür gehockt hatte. Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr, brauchte aber eine Weile, bis er etwas erkennen konnte. Kurz nach Mitternacht. Das Miauen wurde lauter, gequälter.

„Klaha?“, fragte er leise, sah zu dem reglosen, abgesehen vom heben und senken der Brust, Körper hoch, „Bist du wach?“

Keine Antwort. War ja klar... allein um ihn zu Ärgern würde Klaha nichts erwidern. Grummelnd erhob er sich schließlich (er wollte ja nicht als Angsthase dastehen, auch wenn er am liebsten den Anderen wachgerüttelt hätte) und ging langsam zur Tür. Das laute, schmerzerfüllte Miauen brach einfach nicht ab, stattdessen nahm es nur an Volumen zu.

Die Holztür knarrte, als er sie aufzog. Der Gang war leer, wobei er das gar nicht richtig beurteilen konnte, denn 70 Prozent davon lagen in vollkommener Dunkelheit. Seine Hand tastete nach dem Lichtschalter, fand diesen und drückte auf ihn. Nichts. Wie Klischeehaft war das denn? Das schreien der Katze drang aus dem Erdgeschoss zu ihm herauf, wie er feststellte. Mittlerweile gesellte sich zu seiner Angst dieses Gefühl, dass er sie beschützen wollte. Wenn er zu Hause war, und Zaku oder Lala gaben auch nur annähernd sich Töne von sich brach Közi ja schon in Tränen aus. Demnach folgte er dem Schreien, fand das Treppengeländer vor dem Abstieg und betete, dass er sich jetzt nicht das Genick brach. Er fiel ja leider gerne mal irgendwo runter oder verletzte sich... Zu seinem glück kam er sogar heil unten an, trotz der Dunkelheit um ihn herum. Auch im Erdgeschoss funktionierte das Licht nicht, genervt stöhnte er auf. Jetzt konnte er noch nicht einmal die Katze genau orten, es klang, als wären es Hunderte Tiere, die ihn eingrenzten. Das Gejaule erinnerte ihn mittlerweile an das tollwütige Katzenvieh aus Friedhof der Kuscheltiere. Nicht gerade ein Vergleich, der ihn anspornte. Trotzdem lief er einmal quer durch die gesamte Einganshalle, nur um rein gar nichts zu finden. Die Küche war ebenfalls leer, das Miauen allerdings noch immer da.

Közi sah sich um, suchte nach irgendeiner weiteren Tür, vielleicht zum Keller, oder ein Hinterausgang, aber dank der Finsternis erkannte er nicht mal die Umrisse der gesuchten Tür. Er drehte sich um, verließ den Raum und ging auf die Eingangstür zu, nur sehr zögerlich zog er diese auf. Feuchte Salzluft schlug ihm entgegen, als er auf die Holzveranda tappte, es war kalt geworden und leichte Wellen bildeten sich bei jedem stärkeren Windstoß. Wieder nichts. Sein Blick wanderte bis zum Rand des großen, jetzt schwarzen Waldes.

„Also da geh ich nich rein, ich bin doch nich bescheuert...“ Er grinste leicht, schüttelte den Kopf und drehte sich wieder zur Halle um. Dass dieses Schreien des Tieres seinen Höhepunkt erreichte, bemerkte er erst, als er sie vor der Tür sitzen sah. Mit dem Rücken zu ihm, den Kopf leicht geneigt und immer wieder das furchtbare Schreien ausstoßend.

„Hey, Kleine, was ist denn? Hier ist doch gar nichts... Du hast mich geweckt.“, sagte er gespielt beleidigt zu dem Tier, kniete sich hinter es und streckte die Hand nach dem schwarzen, glänzenden Fell aus. Die Katze verstummte, wandte den Kopf nach hinten und betrachtete ihn mit leuchtend roten Augen. Nein, das stimmte nicht. Da waren keine roten Augen, sondern blutunterlaufende Augenhöhlen. Die Innenhaut glänzte feucht, einzelne Nervenstränge hingen aus der Öffnen, reichten bis zu der kleinen Schnauze der Katze. Közi schrie, anfangs schockiert aufgrund des Anblicks, nachher weil das Tier die Krallen ausfuhr und vier lange, tiefe Schnitte in seiner Haut hinterließ. Hastig sprang er auf, die gesunde Hand verkrampfte sich um die andere, trat nach hinten und konnte nur noch ein lautes Knacken hören, bevor er rückwärts die Holztreppe nach unten viel, keuchend auf dem Sandboden landete und kurz darauf ohnmächtig wurde. Er bemerkte nur noch einen kleinen Teil des Schmerzes, der ihn durchzuckte.
 

„Habt ihr Közi- kun gesehen?“ Klaha schaute in das erleuchtete Zimmer, zu den Beiden Ex- Malice Mizer Mitgliedern, die auf dem Boden saßen, um sie herum unzählige Notenblätter verteilt.

„Hier war er nicht. Vielleicht ist er wieder in seinem Zimmer und macht sonst was.“, gab Mana zurück, ohne aufzusehen, seine dünnen Finger glitten über ein Blatt, prüften die aufgezeichneten Noten.

„Er ist weder in seinem Zimmer, noch im Bad oder der Küche, auch nicht bei Gackt. Und bei mir gleich gar nicht.“ Er war ein wenig beleidigt, da Mana ihm so eine Antwort gegeben hatte. Schließlich war er da selbst schon draufgekommen...

Jetzt schaute auch der Leader auf. „Er wird doch nicht so dumm sein und Nachts in den Wald gehen.“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage. Langsam stand er auf, zog ein dunkelblaues Band aus der Hosentasche und Band sich das schwarze Haar zurück. „Ich geh mal nachsehen...“ Damit wollte er an Klaha vorbei aus dem Zimmer gehen, wurde aber aufgehalten.

„Du willst allein in den Wald?“, fragte er ungläubig.

„Das einzige was mir passieren kann, ist das dieser Taxifahrer mich um die Ecke bringt. Denn im Gegensatz zu euch glaube ich nicht daran, das uns Geister umbringen wollen.“ Mana schob den Anderen von sich weg, schritt nach draußen, den Gang entlang und nach unten in die Eingangshalle. Klaha und Yu~ki, der noch immer vor sich hin schwieg und einen beunruhigten Blick auflegte, folgten ihm still. Er hatte kaum die großen Flügeltüren geöffnet, als er aufkeuchte, nach draußen rannte und fast die Treppe runterflog, als er diese überhastet nach unten stürzte.

„Közi!“ Erst neben diesem kam er zum stehen, fiel auf die Knie und rüttelte an der Schulter.

„Ist alles in Ordnung?“, kam es von Klaha, der noch nicht wirklich mitbekam, was passiert war.

„Wach auf! Wenn du mich verarscht bring ich dich eigenhändig um!“ Der Schwarzhaarige wurde lauter, schüttelte den Liegenden gewaltsam. Erst das tiefe Stöhnen des Blonden ließen ihn aufhören.

„Boah... mein Kopf...“, war das einzige, das Közi herausbrachte, nachdem ihn Mana in eine Umarmung gezogen hatte, die ihm fast die Luft wegdrückte.

„Okay... Wir fliegen zurück, sobald es möglich ist...“ Mana schniefte unterdrückt.

„Och nö... lass doch... Ist doch schön hier...“ Közi versuchte über seinen dummen Witz zu lachen, keuchte aber nur kurz.

„Ach, sei Still! Was ist überhaupt passiert?“ Nur schwer ließ der Leader seinen Freund wieder los, sah ihn fragend und zutiefst besorgt an.

„Ich... dachte was gehört zu haben und dann bin ich eben die Treppe runtergefallen.“ Er grinste schwach, stützte die Hände nach hinten auf den Boden und setzte sich auf. Sein Kopf dröhnte schmerzhaft, die Rückseite kribbelte unangenehm, während sein Rücken sich taub anfühlte. Den erschrockenen Blick Manas nach hatten seine gebleichten Haare am Hinterkopf wohl eine rote Färbung angenommen.

„Kannst du aufstehen? Du solltest hier nicht so sitzen bleiben... Außerdem müssen wir dich untersuchen.“ Vorsichtig half er ihm dabei sich auf die Beine stellen, hielt ihn an sich gelehnt fest, da er gefährlich schwankte.

„Geht das Licht denn wieder?“, fragte Közi, ließ sich von Mana in die Eingangshalle befördern.

„Wie meinst du das? Es geht schon die ganze Zeit...“, gab Mana zurück, sah ihn nur noch besorgter an. Als hätte er nicht nur eine körperliche Verletzung, sondern auch eine geistige...

Er antwortete nicht, ließ sich in der Küche auf einen der Stühle sinken, keuchte dabei wieder leise. Mana hockte sich neben ihn, während Klaha und Yu~ki sich ihm gegenüber setzten und ihn musterten.

„Tut es sehr weh?“, fragte Mana plötzlich, da sich die Vier bis gerade angeschwiegen hatten.

„Ne... geht schon.“ Er nickte schwach, auch wenn es ihm ein paar blitzgleiche Schmerzstöße durch das Rückenmark jagten. „Wo ist Gackt? Sollten wir ihn nicht auch holen?“ Er richtete absichtlich den Blick auf Klaha, er war der erste der ihn holen würde.

„Ich komme gleich...“, sagte der auch darauf, stand auf und verließ die Küche.

„Willst du irgendwas?“, wollte Mana wissen, der so tat, als hätte er den vorigen Satz seines Freundes nicht gehört.

„Ja, das ihr zwei euch endlich wieder einkriegt.“ Ernst schaute er den Ex- Leader an, der den Blick überrascht erwiderte. „Der hat dir vor ner Ewigkeit die Fastverlobte ausgespannt... langsam solltest du darüber hinwegkommen, du siehst ja was die dieses Hassegetue gebracht hat, die ganze Welt denkt ihr wärt mal irgendwie in der Kiste gewesen.“

Mana sah ihn sprachlos an, senkte dann den Kopf und starrte die Wand an.

„Also tut uns allen den Gefallen und streitet meinetwegen schweigend...“ Der Blonde wollte sich an seinen Freund lehnen, ihn anlächeln, aber es ging nicht. Bei der kleinsten Bewegung zuckte er zurück. Sein Blick fiel auf die weiße Hand, auf der eigentlich eine tiefe Kratzspur zu sehen sein müsste. Doch sie sah aus wie immer, nicht mal ein leichter, halbverheilter, Schnitt war zu erkennen. Hatte er sich das ganze Wirklich nur eingebildet? Dabei hat es doch so geschmerzt, als die Katze ihn gekratzt hatte...

„Hast du es endlich eingesehen??“, wurde in die Küche gebrüllt, als die Tür gerade mal einen Spalt weit aufstand. Gackt stapfte aufgebracht zu dem Tisch, starrte Mana wütend an. „Warum hörst du auch nie?“

Der Angesprochene wollte gerade etwas erwidern, schwieg aber, da sich Közis Hand auf seine Schulter gelegt hatte.

„Sei still. Du kannst ja gerne wieder gehen, wenn du nur rummeckern willst.“ Közi versuchte ihn drohend anzusehen, was ihm nicht wirklich gelang. Yu~ki nahm es ihm ab, legte einen Blick auf, der dem Todesblick Manas Konkurrenz machen könnte.

Schweigend setzte sich der Vocal an den Tisch, möglichst weit weg von dem Schwarzhaarigen.

Ein leises Klacken ertönte, worauf alle zu dem Ex- Bassisten sahen, er hatte sein Handy aufgeklappt, prüfte den Empfang und ließ es gleich darauf resigniert zuschnappen.

„Anrufen können wir keinen, oder hat von euch jemand Empfang?“

Die Vier prüften ihre Handys (bis auf Közi, der seins oben liegen gelassen hatte), wonach Klaha zurück in die Eingangshalle ging, um das Hauseigene Telefon zu überprüfen. Als er zurückkam schüttelte er nur schweigend den Kopf, setzte sich wieder.

„Damit wäre das erledigt.“, murmelte Gackt, der jetzt den Blonden musterte. Die Blutung schien längst wieder gestoppt, denn dessen Hinterkopf glänzte nur noch matt, während die Haare an manchen Stellen vollkommen verklebt waren.

„Dann müssen wir eben laufen... Ich will jedenfalls nicht hier bleiben.“ Közi wurden darauf nur zweifelnde Blicke zugeworfen.

„Wir müssen einen anderen Weg finden.“ Mana schüttelte leicht den Kopf. „Wenn hier wenigstens irgendwo eine Telefonzelle wäre... oder ne Tankstelle...“

„Also ich hab weit und breit keine gesehen, als der uns hergefahren hat.“ Gackt sah ihn noch immer etwas giftig an, bevor er den Blick abwandte. „Aber vielleicht war es auch einfach zu dunkel.“

„Das könnte doch sein... Und wir waren müde, da haben wir sie wahrscheinlich einfach übersehen.“ Yu~ki bekam nur ein mattes Lächeln von den Anderen. „Wir sollten nachsehen gehen. Am besten jetzt.“

„Wir alle können nicht gehen, mit Közi würde es zu lange dauern, und allein lasse ich ihn hier nicht sitzen.“, widersprach Mana, schüttelte erneut den Kopf.

„Ey... ich kann’s doch probieren.“

„Sicher nicht, du bleibst hier.“ Damit brachte Yu~ki den Blonden zum Schweigen.

„Gut, wer geht dann alles mit nach einer Tankstelle suchen? Einer sollte hier bei Közi- kun bleiben...“, fuhr er fort, sah einen nach dem Anderen an. Und noch bevor Mana etwas sagen konnte, fügte er hinzu: „Wir drei sollten gehen, also Mana- san, Gackt- san und ich.“ Die Vier starrten ihn an, als hofften sie, dass es nur ein Witz war. Doch Yu~ki blieb ernst.

„Ja, find ich auch gut. Dann seid ihr gezwungen euch zu vertragen. Und Klaha bleibt bei mir.“ Közi nickte zustimmend, ignorierte Manas frostigen Blick, der auf ihm ruhte.

„Okay. Dann sammeln wir etwas zu essen für Unterwegs ein und verschinden dann.“ Zur Antwort bekam Yu~ki leises Gemurmel von Mana und Gackt.
 

Es war knapp drei Uhr, als die drei Auserkorenen am Waldrand standen. Yu~ki warf noch einen kurzen Blick zum Haus, bevor er den Weg einschlug, über den sie auch an dem Haus angekommen waren. Mana und Gackt folgten ihm, wobei der Erstere neben seinem Freund lief, der Andere etwas hintendrein schlurfte. Sie stolperten öfters über Wurzeln oder Dinge, von denen sie gar nichts wissen wollten, was genau es war. Der schwache Strahl der Taschenlampe, die sie eingepackt hatten, warf nur einen trägen Schein auf den Waldboden, beleuchtete ihn demnach nur spärlich. Die Fackeln, welche noch ein paar Tage zuvor den Weg säumten waren einfach verschwunden. Eigentlich nicht wirklich verschwunden, nur zerstört, da Yu~ki irgendwann genau gegen eine der Halterungen gelaufen war.

„Hoffentlich ist da echt eine Tankstelle...“, murmelte Mana, den Blick auf den dreckigen Boden vor sich gerichtet. Es war eine halbe Stunde vergangen und mittlerweile lief er ganz hinten. Er war jetzt schon müde, sein Blickfeld verschwamm öfters vor den Augen, er schwankte sogar ab und zu plötzlich, als hätte er unvermittelt die Orientierung verloren. Doch meist fing er sich schnell wieder. Hätte er doch bloß vorhin geschlafen, wie die Anderen, dann wäre er jetzt sicher nicht so fertig. Wobei...warum war Yu~ki eigentlich nicht so schläfrig wie er? Denn der lief noch immer vor ihnen, er stolperte auch öfters, was ihn aber scheinbar nicht störte. Und dann knickte ihm das Bein weg, Mana keuchte, er kippte nach vorne, rechnete schon damit einfach auf den schmutzigen Boden zu fallen. Doch er wurde gerade noch aufgefangen, zwei starke Hände hoben ihn wieder hoch.

„Geht’s?“ Mana war überrascht Gackts Stimme zu hören. Und dann sahen ihn diese zwei dunklen Augen an, die er früher einmal so freundlich und warm gefunden hatte. Das alte Gefühl der Geborgenheit kam wieder, auch wenn er nicht wusste warum.

„Danke...“, flüsterte der Schwarzhaarige, ließ sich wieder richtig auf die Beine helfen.

„Hey, ihr Zwei! Kommt ihr?“, drang Yu~kis laute Stimme zu ihnen. Er war stehen geblieben und starrte in die Finsternis, bevor er die Lampe in die Richtung der Beiden schwenkte.

„Ja, wir kommen.“, rief Gackt zurück, drückte Mana an seine warme Brust und lief so mit ihm weiter bis zu dem überraschten Yu~ki, der aber nichts sagte, sondern weiterging.

Der Kleinere war verwirrt. Wahrscheinlich dachte er, dass er sich verletzt hätte, und musste schwach lächeln. Warum auf einmal so fürsorglich?, wollte er ihn fragen, doch er schwieg. Sie würden nur wieder streiten... Und ganz davon abgesehen war es angenehm Gackts Arm um sich zu spüren, wie er ihn beschützend festhielt.

Nach einer weiteren Stunde fanden sie endlich den Weg aus dem Wald, es wurde heller um sie herum, der Mond beschien ungehindert den Boden. Eine Tankstelle oder sonst etwas war weit und breit nicht zu sehen. Lediglich vereinzelte Bäume und die lange Landstraße, über die sie hergekommen waren.

„Wie lange sind wir gefahren bis hierhin?“, fragte Gackt leise, wie die Anderen starrte er lustlos die Straße hoch.

„Ein bisschen weniger als eine Stunde...“, gab Yu~ki zurück. Doch bei der Geschwindigkeit, die sie bei der Hinfahrt drauf hatten war diese Raststelle sicher noch über Zweieinhalbstunden zu Fuß entfernt. Wenn nicht noch länger.

„Worauf warten wir dann noch? Wir müssen weiter.“ Gackt ging ein Stück voraus, Mana tappste ihm langsam hinterher.

„Ja...“Yu~ki drehte sich noch mal in Richtung Wald, starrte in die dichte Dunkelheit.
 

Klaha hob langsam den Kopf, als das Licht plötzlich ausging. Közi, der ihm genau gegenüber saß, rührte sich nicht, er schien tief zu schlafen. Den Oberkörper hatte er dabei auf den Tisch gelegt.

Fragend schaute er sich um, die Küche war vollkommen finster, nur der schwache Schein des Mondes fiel durch das Fenster und auf den weißgekachelten Küchenboden. Träge erhob er sich von dem Stuhl. Er wollte nicht im Dunkeln hier sitzen, nicht nachdem sich Közi fast das Genick gebrochen hatte. Denn er glaubte aus irgendeinem Grund nicht, dass es ein einfach er Unfall gewesen war. Allein weil der, als er ihn ausfragen wollte, immer wieder abgeblockt hatte. Ihm fiel ein, dass er nicht einmal wusste wo der Sicherungskasten war, unsicher schaute er den schlafenden Blonden. Na, der wird ja nicht gleich vom Stuhl fallen und sich was brechen... Er nickte schwach, nahm eine Taschenlampe, die Yu~ki extra falls so etwas passieren sollte, auf der Küchenablage abgestellt hatte. Der schwache Schein schwenkte durch die Küche, nachdem er sie einschaltete, ein kurzer Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es gerade Fünf Uhr war. Die Sonne ging demnach in ca. zwei Stunden auf. Ein Gedanke, der ihn durchaus beruhigte.

Langsam und unsicher ging er durch die geräumige Halle, keiner der Lichtschalter die er unterwegs entdeckte funktionierte. Er brauchte eine halbe Ewigkeit, bis er endlich den kleinen Kasten an der Wand fand. Er hing in einer versteckten Abstellkammer. Der Schein fiel auf ihn, er zog die Türen auf, blickte die ganzen Kabel an, die kreuz und quer darin verteilt waren. Er wusste nicht wirklich wie man die Sicherungen wieder reindrehte... schließlich musste er das bis jetzt noch nie machen... Der erste Griff ging daneben, nichts passierte, nur ein Funken blitzte auf, verpasste ihm einen groben Schlag. Er fuchtelte mit der Hand herum, sie brannte leicht. Er versuchte es erneut, es gelang ihm auch diesmal die Kabel zu verbinden, denn hinter ihm blitzte helles Licht auf.

Kurz darauf betrat er wieder die Küche, Közi war aufgewacht, schaute ihn fragend an.

„Wo warst du?“, fragte er, folgte Klaha mit den Augen, als sich dieser hinsetzte.

„Ich hab die Sicherung wieder reingemacht. Hast du gar nichts mitgekriegt?“

Er schüttelte den Kopf. „Ich hab gepennt... Mir tut der Kopf auch nicht mehr weh.“

„Ah, freut mich. Wenigstens etwas.“ Klaha schaute aus dem Fenster, freute sich schon auf den Sonnenaufgang. Denn hier nur mit Lampen zu sitzen machte ihn nicht gerade fröhlich.

„Meinst du die fetzen sich gerade?“ Közi legte den Kopf wieder auf den Tisch, schloss die Augen, jedoch nur um sich zu entspannen, nicht um wieder einzuschlafen.

„Nein, ich denke eher, dass die Drei gerade an der Tanke stehen, schön rauchen und irgendwen anrufen, damit uns jemand holen kommt.“ Er nickte abwesend.

„Warum nur, habe ich das Gefühl, dass dem nicht so ist? Aber wo wir beim rauchen sind... ich könnte eine Kippe vertragen.“ Er sah auf, wartete bis Klaha Zigaretten hervorwühlte und sie vor ihn auf den Tisch legte. „Arigatou.“ Seine Hand griff nach der Schachtel, die er auch gleich öffnete, eine Zigarette in den Mund nahm, diese anzündete und genießerisch an ihr zog.

„Und warum denkst du, dass es nicht so ist?“, wollte Klaha wissen, nachdem Közi ein zweites Mal an der Kippe gezogen hatte und diese jetzt nur noch zwischen den Fingern in der Luft hielt.

„Wie gesagt, das hier erinnert mich alles stark an einen Horrorfilm. Und wenn das einer ist, sind die Drei wahrscheinlich tot.“

Klaha starrte ihn an, er erschrak über die Art und Weise wie dieser das sagte. Als wäre es ihm egal. Doch gleich darauf senkte Közi den Kopf, starrte schweigend die Tischkante an.

„Du hast Angst, oder?“ Közi nickte schwach, noch immer nach unten sehend. „Aber warum sagst du dann so schlimme Dinge?“

„Ich weiß nicht... vielleicht um mich abzulenken?“ Er schaute wieder auf. „Tut mir Leid.“

„Schon gut.“ Klaha richtete den Blick wieder nach draußen, bemerkte wie es bereits begann zu dämmern.

„Wartest du auf die Sonne?“, wollte der Andere darauf wissen, blickte ebenfalls nach draußen.

„Ja... ich denke, dass beruhigt mich...“,murmelte dieser zur Antwort.

„Hm... ich finde das nicht besonders beruhigend. Dann sieht man auch noch wer einen umbringt...“

Stille breitete sich aus. Klaha wollte nicht wissen, warum sich der Blonde davor so fürchtete.

„Sag mal, hast du eigentlich diese Katze wiedergesehen?“, fragte er leise, als wolle er die Antwort gar nicht wirklich wissen.

„Joa~.“, war das einzige was der Andere dazu sagte. Dann schwiegen sie wieder.

Erschrocken zuckten die Männer zusammen (Közi keuchte gequält auf), als mit einem leisen Knall erneut das Licht ausging. Der schwache Mond strahlte nur noch halbwegs hinein, die Sonne war noch zu weit entfernt, als das sie die Küche wenigstens ein wenig erhellt hätte.

„Dieses Scheiß Ding! Ich fahr echt nie wieder hierher in den Urlaub!“, meckerte der Blonde, rieb sich über den schmerzenden Nacken.

„Naja, sei doch froh... du sagtest doch das du es lieber dunkel hast...“ Klaha zwang sich ruhig zu bleiben. Einfach nichts dazu denken, das ist alles normal, nichts außergewöhnliches... Da versucht nur einer ihnen einen geschmacklosen Streich zu spielen, alles ist in Ordnung.

„Ist alles okay?“, wollte er von dem Anderen wissen, einerseits um sich abzulenken, andererseits, da dieser plötzlich immer wieder leise Schmerzgeräusche von sich gab.

„Hmh... Ich glaub ich hab mir irgendwas verknackst...“, murmelte der nur, massierte leicht seinen Nacken, was es nicht gerade verbesserte.

„Solang du dir nichts gebrochen hast...“ Klaha hörte das unterdrückte Lachen des Anderen, ein Zeichen dafür, dass er nicht mit der Situation umgehen konnte. Er selbst schwieg.

„Soll ich die Leitung wieder reindrehen?“, fragte er dann nach einer Weile. Die Küche war dunkler als vorher, wahrscheinlich hatten ein paar Wolken den Rest des Mondes verdeckt.

Würde er nicht das tiefe ein und ausatmen Közis hören, als dieser nicht antwortete wäre er jetzt höchstwahrscheinlich aufgesprungen und hätte genau das falsche getan. Was auch immer das ist...

„Hoffentlich kommen die Anderen bald zurück...“, murmelte er leise, mehr zu sich, als zu dem Blonden, „Ich wollte noch unbedingt einen Song aufnehmen vor der Abreise, aber daraus ist ja nichts geworden... Eigentlich gut so, denn ich hab eine bessere Version im Kopf. Ich muss sie endlich aufschreiben, bevor ich die noch vergesse. Was auch nicht so schlimm wäre, ich hab eh nen Termin bei meinem Hausarzt... Na solang ich nicht wieder wochenlang flach liege.“ Er redete einfach drauflos, immer weiter, achtete nicht auf mögliche Bewegungen oder das flache Atmen seines Gegenübers. „Aber es war schön euch wieder zusehen... mal von dem Gezoffe der Beiden abgesehen... zugegeben, ich vermisse dein Albereien von damals. Auch wenn’s manchmal nicht mehr lustig war... Zum Beispiel war es damals vollkommen unangebracht gewesen, die Techniker zu ärger, als wir uns Backstage bei Société de Parente verlaufen hatten... Dich interessiert das gar nicht, oder?“

Kurze Stille.

Kein Atmen.

„Közi?“

Wieder nichts.

Besorgt stand Klaha von seinem Stuhl auf. „Hey, du hättest auch einfach sagen können, das ich nerve...“, sagte er leise, lief blind durch die Küche, nach dem anderen Körper tastend, bis er nach der Taschenlampe griff und diese anknipste. Er durchleuchtete die Küche, niemand saß da. Oder stand, bis auf ihn selbst war sie leer. Eilig lief er nach draußen, in die Halle, war sich dabei sicher das richtige zu tun. Auch wenn er vorhin etwas anderes gedacht hatte. Aber was sollte er schon machen? Vielleicht war wieder was passiert...

„Közi!“, rief er durch das Haus, schrie den Namen die Treppen hoch, sah sich unten um, dann oben. Er war nicht da! Nirgends. Wo konnte er nur hingegangen sein? In seinem Zustand... Klaha rannte nach draußen, die Treppen hinunter, suchte den Strand ab und drehte sich dann zu dem Wald. Es war merklich heller geworden, alles war nun in ein violettes Licht getaucht, Die Bäume nahmen allmählich wieder ihre grüne Farbe an. Doch bevor er in den Wald lief, um dort zu suchen, wandte er sich noch mal um, ging zurück in die Villa. Wo konnte er nur so schnell hingelaufen sein...?

„Közi!“ Immer wieder schrie er diesen Namen, hetzte durch das Haus, nur um wieder nichts zu finden. Er dachte schon nichts zu finden, als er die Tür der versteckten Abstellkammer aufriss. Das Licht, welches mittlerweile das ganze Haus erhellte machte eine weitere Tür sichtbar, klein und verborgen lag sie ein wenig von dem Kasten entfernt. Sie war leicht geöffnet. Sofort stieß er sie auf, ein Schrei ertönte und etwas knallte die Stufen, die sich hinter der Holztür befinden mussten herunter. Dann drang nur noch ein schmerzerfülltes Keuchen zu ihm hoch, bevor es unten aufschlug, ein widerliches Knacken von sich gab. Danach war alles still. Draußen konnte er ein paar Vögel hören, die erwacht waren und den hellen schönen Morgen besangen. Vorsichtig stieg er die Treppe runter, die Sonne hatte es noch nicht geschafft auch diesen kleinen Gang zu erhellen, er lag dunkel vor ihm. Seine Hand tastete nach einem Schalter, sie fand ihn und er drückte darauf. Lampen flammten auf und gleich nachdem sich seine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten wünschte er sich, dass sie auch kaputt waren, dass er auf der Stelle erblinden müsste, nur um nicht das Ding am ende der Stufen zu sehen, das Ding, das er hinunter geschubst hatte. Eine gewaltige Blutlache bildete sich unter dem Kopf, färbte die hellen blonden Haare. Der Hals war abgeknickt, hatte eine unnatürliche Position eingenommen, die anderen Gliedmaßen lagen verrenkt auf dem dreckigen Boden. Schreckgeweitete Augen starrten ihn an, voller Schuldzuweisung und Hass. Er hörte förmlich wie er ihn verurteilte, wie er sagte „Du hast mich getötet! Du bist der Mörder in diesem verfluchten Haus!“

Dann erst schrie Klaha.

„Wach auf!“ Er spürte einen harten Schlag auf seiner Wange, schmeckte Blut in seinem Mund. Keuchend riss er die Augen auf, sah wie die Hand, die ihn gerade geschlagen hatte innehielt. „Was brüllst du hier das Haus zusammen?“ Diese Stimme...

„Ich hab dich nicht getötet!“ Klahas lange Finger griffen nach Közis Gesicht, hielten dieses fest umklammert.

„Hey, geht’s noch?“ Közi verzog keuchend das Gesicht. „Aber wenn du mich nicht gleich loslässt stirbt hier wirklich jemand!“ Damit schob er die fremden Hände von sich, rieb sich gleich wieder den schmerzenden Nacken.

„Aber ich... habe dich getötet...“, murmelte er, schaute sich eilig um. Er saß in der Küche, die Sonne strahlte hinein, blendete ihn. Vor ihm stand Közi, machte zwar einen gequälten Eindruck, lebte aber. Seine Armbanduhr zeigte in schwarzen Ziffern 7:30 Uhr.

„Alter, du hattest einen Albtraum.“ Der Blonde zog eine Braue hoch. Er schien auch bis vorhin geschlafen zu haben, denn er sah müde aus, und das leicht zersauste Haar hing ihm entweder wild ins Gesicht oder stand von seinem Kopf ab. Mehrere rote Strähnen zierten nun auch die Fransen an den Ohren, er hatte scheinbar die Arme auf den Tisch gelegt, darauf den Kopf und so geruht. Oder lag dessen Müdigkeit und die zerfransten Haare nur an der stressigen Nacht?

„Weißt du was ich gefunden hab, während du hier rumgeschrieen hast?“ Er grinste wieder.

„Was denn?“, fragte er nur leise, auch wenn es ihn nicht sonderlich interessierte. Klaha wollte es um genau zu sein gar nicht wissen. Er war froh Közi zu sehen, sein Geist hing noch immer dem Traum nach.

„Komm!“

Klaha seufzte, als er zusah wie der Andere etwas schwerfällig aus der Tür hastete.

Sofort packte er den Kragen des Blonden, ließ ihn wieder los, aus Angst ihm wehzutun, und griff nach dessen Hand. Denn er kannte diese Tür, die Treppe die nach dieser folgte. Und den finsteren Gang, den Boden, das Blut, diese Augen, der Hass...

„Was ist? Das ist doch cool! Vielleicht finden wir was interessantes! Ist doch besser als oben rumzusitzen.“ Er riss sich los, lächelte brav und stolperte unbeholfen die Stufen runter. Klaha ging dicht hinter ihm, jederzeit bereit die Arme um den Bauch des Anderen zu schlingen, falls dieser irgendwie fallen sollte. Nach dem der Blonde den Schalter gefunden hatte erstrahlte der Gang in einem neonfarbenen Licht.

„Ui, der ist aber lang... Was meinst du, wir könnten doch Nahe einer Tankstelle rauskommen.“

Klaha sah ihn imaginär nicken. Er wusste das er es jetzt getan hätte, wäre nicht sein Nacken verstaucht. Plötzlich fing Közi an zu reden. Viel zu reden, so wie er in seinem Traum vorhin. Er erzählte ihm von Zaku, wie er eine Plastikmaus verschluckte und fast erstickte, wie Lala ihm in den Finger gebissen hatte, wie er mit Mana mal eine zweitägige Shoppingtour gemacht hatte... Und irgendwie beruhigte es ihn, diesem sinnlosen Gerede zuzuhören. So konnte er sich nicht auf die Gefahren konzentrieren, die hier vielleicht lauerten. Er lächelte sogar ein wenig, während er dieser jungenhaften Stimme zuhörte.
 

Langsam schlug der Schwarzhaarige seine Augen auf. Er lehnte an dem Vocal, genoss dessen sanfte Wärme, die ihn erneut drohte einzulullen. Sie waren bis in die früher Morgenstunden gelaufen, doch schließlich war Mana vor Müdigkeit zusammengebrochen und sie legten eine Pause ein. Bei der allerdings alle Drei eingeschlafen waren.

Er gähnte leise, kuschelte sich enger an diesen schlanken, großen Körper. Den er damals so geliebt hatte... Wie dumm war das alles gewesen, der Streit, die Trennung und alles was folgte. Anfangs hatte er geweint. Das war ihm vor ein paar Stunden wieder bewusst geworden, was dann zu Hass wurde. Es ist so dumm...

„Bist du wach?“, flüsterte der Vocal, er senkte die Stimme, sie klang wieder so angenehm wie damals. Diese Stimme, die ihn sofort überzeugte ihn als neuen Sänger zu nehmen.

„Ja...“, gab er leise zurück. Lächelte.

„Wow.“ Gackt kicherte, so wie er es früher bei Közis Späßen immer getan hatte.

„Was?“

„Wir haben so viele Jahre gebraucht um uns wieder zu vertragen... fast zehn.“ Auch er lächelte, sein Gesicht hellte sich dabei merklich auf.

„Stimmt.“

Gackt wandte sich ab, schaute grinsend zu Yu~ki. Er schlief tief und fest, lehnte dabei gegen einen Baum, die Knie angezogen und den Kopf darauf gebettet.

„Soll ich ihn mal erschrecken?“ Er wollte schon auf ihn zukrabbeln, wurde aber zurückgehalten.

„Er sollte sich noch etwas ausruhen... wir müssen doch dann weitersuchen. Die Beiden machen sich bestimmt schon sorgen...“

„Die Stimme der Vernunft, wie immer.“ Der Vocal lachte, tätschelte Manas Kopf, „Die werden schon zurechtkommen. Du hast ja gesehen, Közi hält viel aus und Klaha ist zu klug, als das er in irgendwelche Schlamassel geraten könnte.“

Mana nickte schwach, lehnte sich wieder gegen diese Wärme die er so vermisst hatte.

„Weißt du was doof ist?“ Abwesend kraulte Gackt durch das schwarze, ungestylte Haar. „Wenn die Presse mitkriegt, dass wir unsere Streitigkeiten ruhen lassen, denken alle wieder wir hätte was miteinander.“ Wieder lachte er.

„Ist doch egal... dann haben wir eben was miteinander.“ Er schloss seine Augen, atmete ein paar mal durch. Ein leises Knacksen in seiner Nähe ließ sie ihn wieder öffnen. Yu~ki streckte sich ausgiebig, gähnte dabei.

„Guten Morgen, gut geschlafen?“ Er lachte laut los, denn der Ex- Bassist war merklich zusammengezuckt und hatte sich, wenn auch kurz, irritiert umgesehen.

„Oh...“, sagte er dann nur, verwirrt musterte er die Beiden, die sich erst hassten und nun eng aneinander gekuschelt im Gras hockten.

„Na, wie war die Nacht unter freiem Himmel?“

„Naja... mein Kreuz macht mir zu schaffen.“, murmelte der, erhob sich vom Boden und streckte sich ein weiteres mal.

„Willst du schon weiter?“, kam es gespielt übermüdet von Gackt.

„Klar... wir haben schon zu viel Zeit vertrödelt...“ Er nickte, ging ein Stück voraus. Vor sich sah er nur die endlose Straße. Sie mussten weiter, es gab schließlich nur diese eine Straße, und von der waren sie hier hergelangt. Sie musste ein Ende haben. Und jetzt war die Sonne endlich aufgegangen, also würden sie sicher schneller sein. Hoffte er jedenfalls.

„Ach, du bist ein Sklaventreiber...“, murrte Gackt, er stand gemächlich auf, zog Mana mit sich auf die Beine.

„Jaja.“ Yu~ki sah sich um. Nichts das ihm auch nur annähernd bekannt vorkam, rein gar nichts. Plötzlich wurde er gepackt und zurückgerissen.

„Yu~ki, da ist ein Haus!“ Es war Mana, der das mit seiner tiefen, unverstellten Stimme sagte. Dabei wies er mit der Hand auf eine in einiger Entfernung liegender Hütte. „Der hilft uns sicher!“

„Gut, dann dahin.“ Yu~ki nickte. Zu dritt liefen sie durch das hohe Gras, einfach auf dieses kleinen Gebäude zu, das trotz allem Unbehagen in ihnen weckte. Ganz geheuer war es ihnen dann doch nicht.

Dunkel und verwahrlost lag es vor ihnen, ein doch recht großes, verlassenwirkendes Haus. Das einzige das zeigte, das noch vor kurzem jemand hier gelebt haben musste, waren die Stromleitungen, welche in es führten.

„Okay, ich klopf mal.“ Mana stieg die Treppe zur Eingangstür hoch, zögerte und pochte zögerlich an das Holz. Keine Antwort.

Er versuchte es noch mal, wieder nichts. Wieder und wieder, bis seine Hand anfing zu schmerzen und Gackt ihn von der Tür wegzog.

„Da wohnt keiner mehr.“ Er schüttelte den Kopf.

„Dann sehen wir ob ein Telefon da ist. Wenn da keiner mehr lebt wird’s auch keinen stören.“ Damit befreite sich der Schwarzhaarige aus dem Griff, ruckelte an der Klinke, bis die Tür nachgab, langsam nach innen aufschwang. Dabei gab sie ein schmerzerfülltes Knarren von sich.

Das Gebäude war leer. Jedenfalls menschenleer, denn das Innere war mehr oder minder ordentlich aufgeräumt, dem schenkte Mana allerdings keine Beachtung. Er schritt sofort zu dem Wandtelefon, welches er an der einen Seite entdeckte. Yu~ki und Gackt bleiben bei der Tür stehen, schauten sich misstrauisch um, wobei die besorgten Blicke immer wieder auf Mana fielen.

„Moshi moshi? Ah, bitte, wir brauchen Hilfe... Ja, unser Freund ist die Treppe runtergefallen und wir kommen nicht mehr in die Stadt. Wir haben kein Auto, könnten sie jemanden schicken?“ Nickend hörte Mana der jungen Frau am anderen Ende der Leitung zu, wie sie ihm mit sanfter Stimme Fragen stellte, die wichtig wären.

Gackt währenddessen hatte sich in den Flur gewagt, lief jetzt interessiert in diesem herum, betrachtete alles, und versuchte die auf seinem Weg liegenden Türen zu öffnen, doch sie waren verschlossen. Er ging weiter, merkte gar nicht, dass Yu~ki ihm schweigend folgte. Vor der letzten Tür stoppte er, hörte wie Mana zu ihnen lief, sie fragend musterte. Gackt drückte die Klinke nach unten, unerwartet ließ sie sich öffnen, sogar sehr leicht, als würde sie oft benutzt und geölt werden. Ein dunkler Raum befand sich vor ihnen, fauliger Geruch und stickige Luft drang ihnen entgegen. Der Vocal musste nur einen weiteren Schritt machen und die Lichter schalteten sich knisternd an. Erst als er ich umdrehte merkte er, dass Manas Hand auf dem Lichtschalter lag. Seine und Yu~kis Augen weiteten sich, Mana schlug die Hand vor den Mund, während der Andere darauf aussah, als müsste er sich übergeben. Gackt wandte den Kopf, nur um mehrere Leichen da liegen zu sehen, manche zwei halbverwest, zwei andere sahen furchtbar mitgenommen aus, mit Schnitten und unzähligen rotblauen Flecken übersäht. Sie lagen auf insgesamt vier silbernen Metallliegen, weder zugedeckt, noch sonst irgendwie versteckt. Die Köpfe der Beiden ersten sahen unnatürlich aus, als wollten sie einfach nicht zum Rest des Körpers passen.

„Oh... Mein...“ Mana wandte sich ab, lief den Flur entlang, und stoppte erst, als er nicht mehr den Verwesungsgeruch riechen konnte. Doch er rannte noch mal zu dem Telefon, wählte panisch die Notrufnummer und wartete.

„Was ist das für ein Irrer?“, fragte Yu~ki leise, er folgte dem Anderen nur sehr langsam, denn dieser schritt immer näher an die menschlichen Dinger heran, „Und was macht der mit denen?“

Wieder überkam ihn ein Brechreiz, als er in das geschundene Gesicht einer Frau blickte. Der Schädel war aufgeschnitten worden, die Kehle durchgeschnitten und die Lider verdeckten nur halb die weißen Augäpfel.

Keiner sagte etwas, jeder starrte nur auf die beiden Toten, , überall klebte getrocknetes Blut, das Fleisch war aufgeschnitten worden, mit den verschiedensten Blessuren bedeckt und teilweise sogar angeschwollen. Als hätte irgendjemand mal schnell alles erdenklich an ihnen ausprobiert.

„Gackt, lass uns gehen.“, sagte Yu~ki, Panik klang in seiner Stimme mit, er wiederholte sich, bis er den Angesprochenen anschrie, seinen Arm packte und ihn wegzerrte. Denn er hatte die dritte Leiche entdeckt, die versteckt weiter hinten lag. Ein Kind. Fast hätte er geheult, nach dem ihn der Vocal nach draußen, an die Frischluft befördert hatte, diese starken Vatergefühle waren schlagartig zurückgekehrt. Mana folgte ihnen zitternd, einerseits weil die Verbindung plötzlich weg war und andererseits wollte er nicht allein in dem Horrorhaus sein. Er schluchzte, doch es war wie er erwartete Yu~ki, der auf einmal in Tränen ausbrach und nicht mehr ansprechbar war.

„Was war das?“ Mana ließ sich neben dem weinenden Mann nieder, legte liebevoll einen Arm um ihn, doch er reagierte gar nicht.

„Ich weiß nicht...“ Gackt sah ebenfalls mitleidig auf seinen alten Freund.

„Oh. Gefällt ihnen das Hotel nicht? Ach, ich meinte das Strandhaus.“, ertönte eine tiefe, ihnen bekannte Stimme hinter ihnen. „Haben sie mein Heim lieber?“ Ein lautes, fröhliches Lachen folgte.

Die Drei mussten sich nicht umdrehen um zu wissen, wer es war. Yu~ki tat es trotzdem, voller Hass starrte er diesen Mann an, den Fahrer der sie in dieses Höllenloch gebracht hatte.

„Du Mörder!!!“, schrie er ihn an, sodass Mana erschrocken zurückzuckte, „Du bringst Kinder um!!“ Er sprang plötzlich auf, rannte auf den Fremden zu. Gackt schaffte es gerade noch sich auf ihn zu werfen, damit er stoppen musste.

„Kindermörder!!“, brüllte er, versuchte mit aller Kraft Gackt von sich zu schieben, es gelang ihm auch indem er ihm den Ellbogen ins Gesicht schlug. Er stieß ihn weg, rannte wieder auf den Mann zu, der vergnügt lachte. Gackt schlug sich die Hand vors Gesicht, um die Blutung seiner Lippe irgendwie zu stoppen. Geschockt starrten ihn die Beiden am Boden an, wie ihr Freund wie ein Wahnsinniger versuchte den Mann zu erwischen. Das Lachen wurde lauter. Dann ertönte ein einfacher, dröhnender Knall. Blut spritzte in ihre Gesichter, während sie zusahen wie sich Yu~kis Augen weiteten, sich der Bauch nach hinten drückte und er schließlich nach hinten umfiel. Das Grün des Rasens wurde rot, leuchtend rot.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2007-12-12T20:29:26+00:00 12.12.2007 21:29
oh min gott.....dieses kapitel war bis jetzt das nervenafreibenste und beste. ich ahbe tränen in augen!! das passiert mir bei geschribenen geschichten eher selten also kompliment....der arem yu~ki....das war echt heftig...*schniff* und das leichen haus und alles....wow....das mana und gackt sich endlich wieder vettragen und dann auf den mörder stoßen bringt noch eine zusätzliche tragig finde ich. ich bin wahnsinnig gespannt wie es weitergeht und wie die geister in die geschichte eingefügt werden Ö.Öme9n gott ich leibe diese geschichte!
Lg: fami


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