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Sinnlose Versprechen

von

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Lange Grabreihen säumten die Kieselsteinpfade, auf denen sich noch immer einzelne Wasserlachen stauten, die der Regen am Vortag gebildet hatte. Steinerne Mäler in den verschiedensten Varianten zogen sich über den gesamten Friedhof, auf dem mehr Menschen begraben waren als es die Zeit erfordert hätte. Einen schwarzen marmornen Grabstein mit weißen Lettern hatte ein junger Mann fest ins Auge gefasst, vor dem er nur wenige Meter entfernt kniete.
 


 

~~~ In zarten Schwingen der Welt enthoben ~~~
 

Sira Sartaren 07.Januar 1968 † 25.August 1984

(geb. Withdon)
 

Kelvin Sartaren 14.März 1961 † 10.Juni 2005
 

Bedächtig legte Jason eine weiße Rose auf das Grab seiner Eltern und ignorierte die Geräusche, die von den Autos auf der Hauptstraße an seine Ohren drangen, denn sie gehörten einfach nicht an diesen Ort.
 

„Du hast mir einen äußerst schwerwiegenden Auftrag hinterlassen“, flüsterte der blonde junge Mann ein wenig verzagend.

„Ich versuche mein Bestes, um dich nicht weiterhin zu enttäuschen… Dad - oder soll ich sagen Father Dest? -, du hattest gute Absichten, aber ich verstehe einfach nicht, warum du mir dein zweites Gesicht verschwiegen hast.“

Langsam hob er den Kopf an und blickte gen Himmel, der weiß-gräulich erstrahlte, während er sich durchs Haar fuhr.

„Sicher wolltest du nicht, dass ich mich ebenfalls in solche Gefahr begebe. Wusstest du, dass dein Leben auf diese Weise enden würde?“

Bestätigend nickte er und sah auf das Bild, das sich neben den beiden Namen vom unteren Rand des Grabsteins bis zum oberen entlang zog.

„Darum wohl auch die Blume des Friedens…“

In einem samtenen Violettton schimmerten Pflaumenblüten auf einer in den Stein gemeißelten Hand.

„Hoffentlich habt ihr euren Frieden gefunden… Verlasst euch auf mich.“
 

Leise hörte Jason Schritte auf sich zukommen.

„Möchtest du allein mit ihnen sein?“, fragte er Holly, ohne sich dabei nach ihr umzudrehen.
 

„Nein, schon gut. Ich möchte dich nicht von dem Grab deiner Eltern wegscheuchen.“

Vorsichtig entnahm sie einen bereits ziemlich verwelkten Strauß Blumen aus der gläsernen Vase in der Mitte des Grabes und ersetzte ihn durch einen neuen voller gelber und oranger Blüten.

Bevor sie sich neben Jason stellte, bekreuzigte sie sich und schloss für rund zwei Minuten die Augen.

„Es ist schon ewig her, dass wir gemeinsam hier waren“, meinte sie dann mit einem zaghaften Lächeln.
 

„Mein Vater würde uns sicherlich gerne öfter zusammen hier sehen“, erwiderte er.
 

Sofort blickte sie nach oben. „Schöne Vorstellung, dass sie einen beobachten.“
 

„Findest du?“, hob er die rechte Braue. „Es gereicht uns eher zum Nachteil, denn der Druck auf unseren Schultern wird dadurch lediglich verstärkt“, wurde er immer leiser.
 

„Er wird dich immer lieben, egal was du tust.“

Als sie eine Hand auf seine Schultern legen wollte, stand er abrupt auf und zuckte mit diesen.
 

„Ich werde meinen Weg gehen…“

‚… und auf diesem kann mich keiner begleiten’, fügte er in Gedanken an.

Er würde in die Fußstapfen seines Vaters treten, doch dabei galt es, unsichtbar zu sein. Am besten würde es sein, wenn keiner davon erfahren würde,... keiner.

In den nächsten Monaten würde er genug damit zu tun haben, im Geheimen Kontakte zu knüpfen und an notwendige Informationen über Tyrone von Zundersby und seine Verbündeten zu kommen. Das Netz des Verbrechens spann sich weit, weshalb er untertauchen musste. Der erste Schritt würde sein, sich offiziell aus der Politik zurückzuziehen und den Anschein zu erwecken, dass er nie wieder vorhabe in sie zurückzukehren. Von nun an war sein Plan, unscheinbar zu sein und sich wie sein Vater vor ihm eine zweite Identität aufzubauen.

Er wusste nicht, ob er gewissenhaft, durchsetzungsfähig und stark genug für diese Aufgabe war, aber er war es Kelvin schuldig. Zumindest fühlte er sich als Sohn dazu verpflichtet, auch wenn ihn sein Vater nie darum gebeten hatte. Allein die Erziehung, die er durch ihn genossen hat, war für ihn ein Grund, derart zu denken.

Und erst, wenn er im Untergrund auf eigenen Beinen stünde, würde er sich die FA zunutze machen. Vielleicht mochte er bisher einen Fehler nach dem anderen begangen haben, aber er hatte dennoch von seinem Vater sehr viel gelernt. Dieses Wissen musste er lediglich geschickt zum Einsatz bringen.

Ob der Surrealität hinter seinem Vorhaben zierte ein schwaches Lächeln sein Gesicht. Möglicherweise scheiterte er genauso kläglich wie bei der Kandidatur zum Bürgermeister. Vielleicht kam er auf dieselbe Art und Weise wie sein Vater ums Leben. Er konnte nicht wissen, was die Zukunft für ihn parat halten hielt,… Sein Wille war jedenfalls genährt. Auf einen Versuch würde er es ankommen lassen!
 

„Ich weiß, dass du es nicht hören willst, aber es tut mir unendlich leid, Jason“, blickte Holly ihn sanft an.
 

„Auch wenn du es nicht glauben kannst, Holly, ich habe dir schon lange verziehen“, lächelte er sie an.

„Ebenso wie ich ihm verziehen habe“, streifte sein Blick den Namen seines Vaters in weißen Lettern.
 

„Und du möchtest ernsthaft die Wahl nicht abwarten? Ich meine, vielleicht bekommst du ja doch mehr Stimmen als du dir zu erträumen wagst. Nicht alle trauen Zundersby über den Weg.“
 

„Mein Schreiben hat sicherlich bereits den Stadtrat erreicht und ich höre bereits das höhnische Gelächter. Doch weißt du was?“, zog er seine Freundin an sich. „Ohne die Politik bin ich besser bedient.“
 

„Widerworte vergebens?“
 

„Ganz recht.“
 

„Und was ist mit deinem Traum?“
 

„Du hast doch gesehen, dass ich nicht der Richtige für diese korrupte Gesellschaft bin“, klang er relativ teilnahmslos.

„Und außerdem“, fügte er sofort an, „wird sich mir irgendwann eine Gelegenheit bieten, etwas auf dieser Welt zu verändern. Wenn nicht jetzt, dann eben später.“
 

„Aber vergiss nicht, die Chance zu ergreifen“, meinte sie ein wenig besorgt.
 

„Gewiss nicht“, erwiderte er ernst und schaute dabei auf den schwarzen Grabstein.
 

„Wollen wir gehen oder willst du noch ein wenig hier bleiben?“, gab sie ihm die Wahl.
 

„Was hältst du von einem Kaffee bei Austin?“
 

„Mich musst du nicht fragen. Vielmehr liegt es an dir, ob du dein Leben von vor deinem Eingreifen in die Politik wieder aufnehmen willst.“
 

„Nein, das liegt hinter mir“, suchte er ihre grau-grünen Augen auf. „Ich möchte neu beginnen und dazu gehört auch, dass ich mich wieder frei in Asht-Zero bewege. Aber bevor wir zu Austin gehen, versprich mir eins.“
 

„Und was?“
 

„Beachte all jene nicht, die mich schief anschauen oder böse Worte über mich verlieren.“
 

„Das wird schwer bei meinem Temperament“, grinste sie freimütig.
 

„Deswegen bitte ich dich ja darum“, hielt er ihr den kleinen Finger hin, in den sie den Ihren einhakte.

„Nachdem das geklärt wäre, erwarte ich auch, dass du dich benimmst.“
 

„Du tust ja so, als ob ich eine verzogene Göre wäre, die überall den Mund aufreißt und sich nur Ärger einhandelt.“
 

„Weiß man’s?“, erwiderte er und knuffte sie in die Seite.
 

„Das will ich geflissentlich überhört haben“, murrte sie leise und ging bereits Richtung Ausgang.
 

Jason blickte noch einmal zum Himmel und dann auf das Grab seiner Eltern. „Gebt mir die nötige Kraft“, hauchte er, ehe er Holly nacheilte.
 

„Hi Jason“, ertönte aus einem entlegenen Winkel und ließ ihn abrupt stehen bleiben. Er biss sich auf die Unterlippe und versuchte, seinen plötzlich beschleunigten Herzschlag wieder zu regulieren.

„Ich wusste, dass ich dich hier finden würde“, trat Lance an ihn heran.
 

„Dass du dich hierher traust?“, erwiderte Jason abfällig, wobei er seinen Freund nicht im Geringsten mit seinen Blicken würdigte.
 

„Ich kann dich nicht einmal um Verzeihung bitten“, war Lance’ Stimme schwermütig. „Das wäre unverhohlen von mir. Aber du solltest noch eines wissen.“
 

„Von dir möchte ich nichts mehr wissen!“, machte der Jüngere einen Schritt gen Eisentor, das den Friedhof vom Rest der Stadt abgrenzte. Dort sah er Holly stehen, die immer wieder möglichst unauffällig zu ihnen blickte. Das missglückte ihr auf ganzer Linie, denn ihr bekümmerter und nervöser Ausdruck überschattete ihre ganze Haltung.

In Zeitlupe drehte er sich anschließend um und lächelte seinen Freund an. Es war kein Lächeln der Freude, es war vielmehr der reinsten Impertinenz entsprungen.

„Spar dir deine Lügen, Süßer. Und wage dich nie wieder an das Grab meines Vaters heran.“

Jasons Miene wurde mit einem Mal eiskalt und doch näherte er sich seinem Freund immer weiter, bis er direkt vor ihm stand und seine Arme um ihn schlang. Sofort erwiderte Lance die Berührung und drückte ihn fest an sich.

„Ich habe keine Ahnung, wie du es all die Monate geschafft hast, mir in die Augen zu sehen“, fuhr der blonde junge Mann seelenlos fort. Er spürte den rasanten Herzschlag, der seinen Freund befallen hatte. Mit Wohlwollen krallte er seine Finger durch den Stoff Lance’ Mantels in dessen Rücken. Jede Minute mit diesem Menschen hatte er vor seiner Kandidatur geliebt, genossen und ausgekostet. So sehr hatte er nie an einem Menschen gehangen und auch jetzt spürte er diese Leidenschaft in sich aufkeimen, die nur Lance vermochte in ihm ins Leben zu rufen. Sachte schmiegte er seinen Kopf in die Halsbeuge seines Freundes und sog den unvergleichlichen Duft tief in sich ein.

„Ich zweifle nicht einmal an deiner Liebe“, hauchte er, ehe er sich eine Bahn vom Hals hinauf gen Lance’ Mund küsste, den er alsbald einnahm und die Hitze fühlte, die sie beide gänzlich erfüllte.

Lance hielt ihn verzweifelt an sich und einer seiner Hände hatte sich tief in seinem blonden Haar verfangen. Deutlich konnte Jason die Last fühlen, die von seinem Freund ausging, auch wenn er sie all die Monate, die sie zusammen gelebt haben, grandios unterdrückt hatte. Nichts, rein gar nichts, hatte er je von Lance’ Schuld bemerkt.

Sinnlich strich eine vertraute Zunge seine Lippen ab, ehe sie die Seine erneut aufsuchte. Der Schmerz in Jasons Brust nahm stetig zu und unbewusst blinzelte er Tränen weg, die sich in seinen Augenwinkeln gebildet hatten. Immer fester verkrampften sich seine Finger in dem Stoff, der sich über Lance’ Rücken zog. Ein unsichtbares Band legte sich um sein Herz und schnürte sich immer hartnäckiger zusammen.

Abrupt löste er den Kuss und visierte die blauen Augen an, die von einem Schleier der Lust überzogen waren.

„Es wäre genauso unverhohlen zu behaupten, dass du allein alles zerstört hättest…“, meinte er leise und schwächte langsam den Druck seiner Arme, was Lance ihm gleichtat. Die Leere verdrängend konzentrierte er sich weiterhin auf die dunklen Iriden, die immer starrer wurden. „Komm nie wieder in einen Radius von zwanzig Metern an mich heran, ansonsten wirst du es bitter bereuen.“

Jason senkte den Blick und ging rückwärts.

„Ach ja“, blickte er wieder auf und lächelte eisig. „Einen schönen Tag noch!“

Lance’ Schweigen begleitete ihn unangenehm, während er zu Holly lief. Er tat alles daran, sich nicht mehr nach seinem Freund umzudrehen, der ihm nicht einmal nachlief. Doch hatte er etwas anderes erwartet?
 

„Ja…son?“, brachte Holly nur stockend hervor, als er das Tor hinter sich ins Schloss zog. Ein lautes Quietschen von Eisen löste das dumpfe Schleifen des Tors auf dem steinigen Untergrund ab. Ein Schwarm Vögel stieg kreischend vom Baum zu seiner Linken in die Höhe, wo unentwegt weißgraue Wolken über ihre Köpfe hinweg zogen.
 

„Kaffee bei Austin“, bestimmte er sanft.

Ihr Blick glitt zu Lance, der sich immer noch keinen Millimeter gerührt hatte. Seine tiefblauen Augen waren permanent auf Jason gerichtet, der immer noch mit dem Rücken zu ihm weilte.

„Holly“, wandte er sich ihr wieder zu, nachdem er den Vögeln nachgesehen hatte. „Trage nicht länger Trauer in deinem Herzen, das würde mein Vater nicht wollen. Und ich auch nicht.“
 

„Und was ist mit dir?“, entgegnete sie mutlos.
 

„Ich fange neu an“, zuckte er leicht mit den Schultern und sah sie versöhnlich an.
 

Sein Vater hatte ihm gezeigt, was zu tun ist, um die Welt endlich ein wenig verändern zu können. In Jason keimte nicht nur der Wunsch auf, Kelvin Sartaren alias Father Dest die letzte Ehre zu erweisen, sondern vor allem die Überzeugung, durch seine eigene Hand etwas bewirken zu können. Selbst wenn das bedeutete, herzzerreißende Opfer bringen zu müssen.
 

ENDE (Sinnlose Versprechen)
 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
 

Author’s note:
 

Sinnlose Versprechen wird in "Father Dest's Erbe" fortgesetzt. Und ein liebes Dankeschön an alle, die mich dazu ermutigt haben *^__^*
 

Alles Liebe!
 

Pansy



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2007-09-09T12:19:38+00:00 09.09.2007 14:19
Oh Gott ja!!! Bitte unbedingt ne Fortsetzung!! Die Story is saugeil und aahhh schreib bitte bitte bitte weiter!

greetz Morri
Von:  hirondelle
2007-09-08T10:16:38+00:00 08.09.2007 12:16
Das apitel war mega schön und ich freue mich schon auf die vortsetzung
Ich bin mal gespannt wie er mit Jason und Lance weiter get
de mol, MET VOLLGAS VORUS!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!​!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!​!!!!!!!!!!!!!!!!!
Von: abgemeldet
2007-09-05T14:39:25+00:00 05.09.2007 16:39
*sterb*
ende...
wie gemein -.-
aber es ist doch kein Happy end, sondern eher daramtisch XD und das gefällt mir.
Und mein liebling wird sitzen gelassen XD das gefällt mir noch mehr *nicht sadistisch ist* XDDD

Und was die Fortsetzung angeht, sicher will ich ne Fortsetzung. Ich will doch wissen, ob Lance aufgibt, oder sich doch besinnt und um Jason kämpft.

Ich freu mich auf die Fortsetzung *.*
Lg
Night
Von:  inulin
2007-09-05T07:59:51+00:00 05.09.2007 09:59
Doofe Frage... tse... also wirklich. Also ICH will AUF JEDEN FALL mehr über Jason und Lance lesen. *gg*

Das Kapitel war echt schön geschrieben. Ach mensch... ich wiederhol mich nur noch. =_= Aber lügen kann ich ja auch nicht...
Also gut. Ähm...
Lance' Art is total süß. Irgendwie haben se jetzt die Rollen getauscht. Jetzt zeigt er seine weiche und verletzliche Seite, wo Jason kalt zu ihm ist.
Du entwickelst immer Männer total nach meinem Geschmack. *lol*

Ich freu mich auf die Fortsetzung. ^^


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