Shakiness - Pubertät 25
Kapitel 49:
Shakiness - Pubertät 25
Sanjis Sicht
Wir alle, das heißt Ruffy, Zorro, Nami und ich, gehen zu Lysops Appartement, um ihn abzuholen. Es ist
Anfang Februar, unglaublich, die Zeit ist so schnell rum gegangen. Nächsten Monat werde ich schon
achtzehn, aber Führerschein mache ich dann noch nicht, das wäre mir viel zu stressig, auch noch dafür
zu lernen. Lysop ist natürlich noch nicht fertig, er muss erst noch seine Bauchtasche voll stopfen,
während wir anderen mit hochgezogenen Schultern und bis zum Anschlag geschlossenen
Reißverschlüssen in der Kälte auf ihn warten. Wozu braucht er auch immer so viel Kleinkram mit sich?
Aber er kommt in die Puschen und wir laufen schon kurz darauf zur Bushaltestelle. Wir wollen ins Kino,
in einen angesagten Film, wo ich aber den Titel schon wieder vergessen habe, morgen ist Wochenende,
also können wir abends lange ausbleiben.
Wir stehen am Kinokiosk an, um Popcorn zu kaufen, wo schon sau viele Leute vor uns dieselbe Idee
gehabt haben. „Ist aber wahr, mir hat Vivi erzählt, dass er am Ende vom Film stirbt.“ erzählt Nami
Lysop, der ihr das nicht glauben will. „Kann ich mir aber nicht denken, sonst hätte das doch längst
schon in der Kritik gestanden!“ hält die Langnase gegen sie an, woraufhin ich mich entschieden für
Nami einsetze. „Wenn Nami sagt, dass es so ist, dann lass sie gefälligst auch in Ruhe! Willst du ihr etwa
unterstellen, dass sie lügt!?“ Lysop wird bei diesem zweideutigen Satz sauer, ist ja logo, wenn man so
angeschnauzt wird. „Und wieso mischst du dich immer bei allem ein!?“ zickt mich Lysop an, da greift
Nami ein. „Jungs, Jungs!“ Sie schiebt uns auseinander, ist gespielt böse mit uns. „Jetzt hört mal auf,
euch zu zanken, wir werden’s ja gleich sehen.“ Meine Stimmbänder schalten wie von selbst um, säuseln
in verliebten Ton. „Ach Namilein, du hast immer Recht.“ Keiner von beiden geht weiter auf diesen
Zwischenfall ein und innerlich ärgere ich mich über meine dumme Angewohnheit. Das ist bei mir schon
richtig einprogrammiert, dass ich alle Mädels in Schutz nehme, was aber nichts Besonderes mehr ist.
Die letzten zwei Personen vor uns nehmen ihre Colabecher und machen für uns Platz, Ruffy stellt sich
an deren Stelle und grinst die Bedienung an.
Ganz ehrlich, ohne die andren säße ich jetzt immer noch in der Patsche. Sie haben mir schon richtig viel
geholfen, ohne es zu wissen. Mir ist nur noch das Rauchen geblieben, mit allem anderen habe ich
aufgehört. Gut, ein, zwei Pillchen hab ich noch zu Hause versteckt, aber wenn die aufgebraucht sind,
lasse ich die Finger davon, das habe ich mir fest vorgenommen. Zum Glück war ich noch nicht so ganz
abhängig, es ging eigentlich ganz leicht: aus den Augen, aus dem Sinn. Die Schule läuft auch wieder
grandios, in den meisten Fächern bin ich eigentlich gut, und die, wo ich ganz schlecht stehe, kann ich
damit einfach ausgleichen. Ich habe echt Chancen, bis zum Abi auf der Schule zu bleiben! Ich habe
zwar nie gesagt, dass ich mein Abi machen will, aber mal sehen, wie’s kommt, kann sich ja alles
ändern.
Ich weiß auch nicht, in letzter Zeit komme ich mir vor, als würde ich vom Boden abheben und mit dem
Kopf in einer Blase rumlaufen. Wenn ich um mich sehe, kann ich meinen ganzen Lebensraum
abchecken, fühle mich richtig gut, nicht ausgestoßen. Fast täglich bin ich mit den anderen unterwegs,
wir haben uns ganz dicke angefreundet und akzeptieren uns alle vollkommen, mit allen positiven Seiten
und auch den Macken. Ich hoffe, dass ich mit ihnen weiterhin zusammen die Schulbank drücken werde,
sie tun mir richtig gut. Mein Alltag ist gar nicht öde, immer ausgefüllt und ich kann sehr, sehr viel
lachen, wobei ich echt noch bis vor Kurzem geglaubt habe, dass ich das verlernt hätte.
Ruffy ist immer gut drauf, unsere Stimmungskanone, naiv und verblödet, aber lebt nur mit seinen
Instinkten, was echt faszinierend ist. Er erkennt in Leuten sofort, ob sie ’gut’ oder ’böse’ sind, legt
seine Empfindungen offen zutage und ist ein super Kumpel, der allerletzte auf der Welt, der
oberflächlich wäre. Zorro ist ein in sich zurückgekehrter Typ, legt es manchmal auf Provokationen an,
aber ist auch schwer in Ordnung. Er behält Gefühle für sich und spricht über so was mit niemandem,
aber wenn man Hilfe braucht, kann man auf alle Fälle auf ihn zählen. Lysop ist ein totaler Scherzkeks,
übertreibt es manchmal mit seinen Späßen und kann auch schnell beleidigt werden, möchte immer top
informiert sein, aber er ist total hilfsbereit und stets zur Stelle, wenn man ihn braucht. Jeder von uns
hat seine Qualitäten, die den einen manchmal schlauchen und der andre dafür gut findet. Dann gibt’s
da noch Nami, ich finde es richtig bewundernswert, dass sie mir uns immer weggeht und nicht allzu viel
mit andren Mädels macht, da wir ja ansonsten eine reine Jungenclique sind. Sie kann manchmal
raffiniert heimtückisch sein, aber dann ist ihre List immer für uns andere zum Schmunzeln gut,
abgesehen für den, der von ihr reingelegt wird. Ansonsten ist sie immer fröhlich drauf, total lieb,
unglaublich süß, sie schließt manchmal Wetten mit Geld ab und gilt von daher als geizig, was sie aber
meines Erachtens nicht ist, und am allerschönsten finde ich ihr Lachen. Jedes Lächeln von ihr stimmt
mich selbst auch ganz happy, auch wenn es mir irgendwo noch weh tut, sie dann zu sehen. Ich muss
dann noch an Seulgi denken, sie hatte früher auch immer ganz fröhlich gelacht, von ganzem Herzen,
nun kann sie das gar nicht mehr. Ich habe Angst, dass Namis Lachen auch irgendwann verschwindet,
obwohl das schwachsinnig ist. Seulgi ist eben viel Schlimmes passiert, dass darf Nami nicht geschehen.
Ich hoffe, dass sich in meinem Leben nie wieder irgendetwas von dem wiederholt,
was ich durchgemacht habe, aber mit so guten Freunden, wie ich gefunden habe, gerät das alles
allmählich in Vergessenheit.
Ich flirte mit vielen Mädels, sogar mit welchen, die ich nicht kenne, das macht mir überhaupt nichts aus,
sie anzusprechen, auch wenn ich meistens einen Korb kriege. Genauso springe ich auch mit
Klassenkameradinnen um, aber alle wissen wohl, dass ich das nicht Ernst meine, was auch gut so ist.
Von Nami bekomme ich auch ständig Abweisungen, sie hat sich an mein Verhalten gewöhnt. Die Jungs
machen sich auch gar nicht darüber lustig, was ich auch gut finde, und wegen der gegebenen
Umstände sehe ich keinen Grund darin, mir das alles abzugewöhnen. Das einzige Bedenken in mir liegt
darin, dass ich mich vielleicht noch einmal verlieben könnte. Vor einem guten halben Jahr hätte ich mir
das nie träumen lassen, ich war innerlich abgestorben und hätte darüber nur abfällig gelacht, wenn mir
das jemand gesagt hätte, aber ich hab echt die Kurve gekriegt und mir stehen wieder Türen offen, ich
muss nur durch eine, die richtige, gehen. Ich habe noch Angst davor, solche Gefühle wieder
zuzulassen, wieder dieselben oder andere Fehler zu machen, wodurch alles kaputt gemacht werden
kann, ich habe noch zu viel Angst, noch mal so eine Enttäuschung zu erleben. Aber ich fühle mich
schon zu jemandem hingezogen, ein Mädchen, dass mir mit ihrer Art sehr nahe geht und die ich vor
allem Schlechten der Welt schützen möchte, sofern das möglich ist. Noch unterdrücke ich das alles,
werde noch traurig, wenn ich sie wie einst meine große Liebe lachen sehe, ich kenne die Kehrwende
vom schönen Leben und möchte jeden davor bewahren, dasselbe durchstehen zu müssen; aber ich
erhoffe mir sehnsüchtig, noch mal so etwas wie Liebe erfahren zu können nur brauche ich noch ein
bisschen Zeit...
erstellt am 14.05.2007
4Kolibris,
Elena