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Schule, Jungs und andere Probleme - Alltagsleben eines Mädchens

ö.ö Teenagerleben halt.
von

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Schmetterlinge im Bauch

Als ich zu Hause meine Hände aus den Hosentaschen nahm, flatterte ein kleiner Zettel aus meiner Tasche, von dem ich nicht mal wusste, dass ich ihn bei mir gehabt hatte. Als ich nachguckte was drin stand, stellte ich fest: ER hatte mir seine Telefonnummer zugesteckt! Perplex starte ich auf das gelbe Papier. Wann hatte ER das denn gemacht? Und warum trug DER seine Telefonnummer mit sich rum?

>DER hat sicher nen ganzen Kasten von denen auf Vorrat! Trotzdem, mir hat ER eine geschenkt! Ich ruf jetzt einfach mal an!<

>Jawohl, ich werde jetzt aufstehen und zum Telefon gehen, jetzt! JETZT! Jetzt, jetzt, jehetzt! JETZT!< Ich blieb sitzen.

>Hm, na ja. Dann halt nicht. Außerdem, was hätte ich denn sagen sollen, wenn nicht ER ans Telefon gegangen wäre? „Hallo, bin ich hier richtig bei IHM?“ Oder vielleicht: „Hallo Mama/Papa von IHM, ist ihr Sohn zu Hause?“<

Na also, hatte ich doch mal wieder einne halbwegs glaubhafte Ausrede für meine- Janni würde sagen Bindungsangst- gefunden! Was wollte ich mehr?
 

An diesem Tag versuchte ich noch 2 mal IHN anzurufen, aber ich traute mich einfach nicht. >Vicki, du bist echt dämlich! ER hat dich geküsst, ER hat dir seine Nummer gegeben, ER hat dich angelächelt und du findest IHN ganz furchtbar süß. Alles passt, aber du hast wieder mal die Hosen voll!< Ich war wütend auf mich selbst, schließlich hatte mein Traumboy mich geküsst und ich hatte nur dumm rum gestanden.

„Vickilein, Schätzchen!“ Oh nee! Ich hasste es, wenn Oma mich so rief! Sie war für eine Woche zu Besuch gekommen und rief grade, ich solle mal an die Tür gehen, da wäre jemand für mich. Ich ging runter zur Haustür, zog sie auf- und sah meinem Café- Typen ins grinsende Gesicht. Ich schnappte nach Luft. >Das passiert nicht wirklich! Ohh nein, das bilde ich mir nur ein! Ich stehe nicht grade mit meinem Schwarm vor unsrer Haustür, habe einen roten Schlafanzug mit pinken Herzchen drauf an und habe einen Milchbart vom Abendessen! Das kann einfach nicht wirklich passieren!< Und ob es passierte!

„W-Wie hast d-du mich gefunden?“ Gratuliere Vicki, du hast einen kompletten Satz auf die Reihe gekriegt! Das war bei meinem mentalen Zustand zur Zeit allerdings wirklich ein Wunder!

„Du hast deine Busfahrkarte verloren, als dir die Tasche runter gefallen ist. Hier ist sie, übrigens: Ich bin Basti. Tschau, Babe!“ Und wieder bekam ich ein Küsschen, trotz Milchbart.

„ Hey... ähm, morgen bei den Fahrradständern?“ Ich fasste es nicht, ich hatte doch tatsächlich den Mund aufgebracht!

„Geht klar“, sagte er, lächelte noch einmal und ging. Die Fahrkarte hielt ich in der Hand. Mein Magen hüpfte vor Glück und ich war mir ganz sicher, Flügelschläge zu spüren. Da waren sie, die berühmtberüchtigten Schmetterlinge im Bauch! Ich sollte sie noch öfter zu spüren bekommen!
 

Ich fieberte dem morgigen Tag mit Spannung entgegen. Nach meinem Milchbartkuss hatte ich noch Janni angerufen und ihr alles haarklein erzählt. Sie war total happy und beglückwünschte mich. „Super! Wenn ich nicht deine Freundin wäre, würde mir der Neid aus den Mundwinkeln sabbern! Und er hat dich geküsst? Mit Milchbart und rosarotem Schlafanzug? Krass! Ich sag ja: Wenn ich nicht deine Freundin wär...“
 

Am nächsten Tag in der Schule kam mir meine Erzfeindin Monika entgegen.

„Stimmt das? Du hast-“ Sie kicherte gemein, „du hast deine Kindergartenbekanntschaft im Babyschlafanzug und mit Milchbart geküsst? Na ja, was anderes hätte ich von dir ja auch sowieso nicht erwartet!“ Arrogante Ziege! Sie würde mir das ewig und 3 Tage unter die Nase reiben! Aber war es nicht schön, sich auf eine gute Freundin wie Janni verlassen zu können? Verschwiegen wie ein Grab, niemandem erzählte sie meine Geheimnisse und Peinlichkeiten außer meiner allergrößten Feindin. War es nicht schön, sich auf einen Menschen derart verlassen zu können, so auf seine Intelligenz bauen zu können?!

„Ich glaube, ich muss dich darauf hinweisen, dass meine Kindergartenbekanntschaft, wie du so schön sagtest, in der 11 ist und so weit ich mich erinnern kann, hast du immer nur Freunde aus unsrer 9 oder aus der 7!“

>So du dumme Pute, jetzt hast du auch mal dein Fett weg! Schnaub!< dachte ich sauer. Verärgert drehte sich Monika um und rauschte mit ihren Pfennigabsatzschuhen Marke Ganz-was-Teures den Flur entlang. Ich kümmerte mich nicht weiter um sie, sondern ging in die Klasse, wo ich mich sofort auf Janni stürzte: „JANNA BAUER! WARUM VERDAMMT ERZÄHLST DU MONIKA, WIE, WO UND WANN ICH WEN GEKÜSST HAB!?!?“ schrie ich.

„Schrei doch noch lauter, ich glaub, die in China haben dich nicht ganz verstanden.“,antwortete sie ganz ruhig. Ich fasste es nicht! Wie schaffte sie es nur, jetzt so ruhig zu bleiben?

„DANN SOLLTEN DIE IN CHINA SICH MAL DIE OHREN WASCHEN!!! JETZT SAG SCHON: WARUM HAST DU`S IHR ERZÄHLT?“

„Is' mir nur so ganz nebenbei rausgerutscht! Entschuldigung!“, sagte sie kleinlaut.

„Rausgerutscht? Wie kann einem so was nur so ganz nebenbei rausrutschen?“, fragte ich, wieder in halbwegs normaler Lautstärke.

„Na ja, Monika hat mir von ihrem Kuss gestern erzählt und ich hab dann gesagt, so toll wie bei Vicki find ich deinen Kuss aber nicht. Tja, dann „durfte“ ich für Monika die ganze Geschichte wiederholen.“ Janni zog dabei eine leidende Grimasse.

„Du- du hast vor Monika gesagt, dass du meinen Milchbartkuss besser fandest als ihren Kuss? Klasse! Merkt die Tussi endlich mal, dass nicht jedes weibliche Wesen außer mir im Umkreiß von 10 Kilometern platt am Boden liegt und sie anhimmelt, wenn sie auftaucht!!! Was besseres konntest du ihr gar nicht sagen!“

Janni kicherte: „Du hast echt wieder eine Ausdrucksweise! Aber hast Recht! Es schadet dieser Kuh gar nichts, wenn ihr auch mal jemand die Meinung sagt!“

„Ich bin echt voll aufgeregt! Ihr Zwei bleibt doch in der Nähe von den Ständern, oder?“, fragte ich Kirsty, die inzwischen auch bei uns rumstand.

„Na klar!“, antwortete Janni für sie. „Das Gebüsch gestern war wirklich ein reizvolles Versteck...“

„Spinnst du?!“, fuhr ich sie an. „Was denkt der denn von mir, wenn der euch findet?“ „Schon gut, Vicki, Janni ärgert dich doch nur! Wir bleiben beim Schulhof und kommen dir nur zur Hilfe, wenn du schreist!“ Kirsty grinste.
 

Pause!!! Jetzt war ich mir ganz sicher, dass der Wackelpudding vom gestrigen Nachtisch in meinen Beinen steckengeblieben war! Es sah sicher zum Kranklachen aus, wie ich da wabbelig zu den Fahrradständern stakste.

Basti grinste mir schon entgegen. „Hi, da bist du ja endlich, Babe! Hab schon gewartet!“ Wieder ein Küsschen- nein, halt! Das war kein Küsschen mehr, das ging schon sehr in Richtung Mandeln- aus- dem- Hals-raushol- Kuss.

„Ähm..., würde es dir was ausmachen, deine Zunge aus meinem Mund zu nehmen? Danke!“ Genau das würde ich jetzt sagen, jawohl! „Mhm, hm mh hmhmhm? Hmhm!“

„Wie bitte?“ Basti unterbrach den Kuss.

„Ähm, nichts!“ Peinlich, peinlich! Erst nur undeutliches Gemurmel aufgrund der verminderten Benutzungsfähigkeit der Zunge rausbringen (oh ja, ich war halt auch fähig auf 'korrekte' Weise zu denken!) und dann zu feige sein, um das Genuschelte zu übersetzten!

„Also..., ich fand deine kleinen Küsschen eigentlich ganz nett, ach quatsch, voll süß, also... wär’s mir ganz recht, du würdest deine Zunge erst mal ein bisschen weniger einsetzen...“ Oh Schock! Hatte ich das wirklich gesagt? Erschrocken schaute ich ihn an. War er jetzt sauer?

Zu meiner Verwunderung sah er mich nur prüfend an. „Ging’s dir zu schnell? Sag’s mir ruhig, wenn’s dir nicht passt. Tut mir leid, wenn ich ein bisschen heftig war, aber ich hatte Ärger und als du grad gekommen bist, sahst du so gut aus...“

Hörte ich richtig??? „Oh, da-danke!“ stotterte ich, fing mich aber wieder. „Mhhhm, vielleicht sollte ich ab jetzt ja immer staksen und Pudding essen!“, sagte ich, jetzt übermütig.

„Was?“ Basti sah mich verwirrt an.

„Ich war voll aufgeregt, als ich dich hier gesehen hab und hatte das Gefühl, der Wackelpudding vom Nachtisch gestern wäre in meinen Beinen stecken geblieben und ich würd deshalb staksen!“, erzählte ich. Oh Gott, war ich denn total bescheuert? Wenn der mich jetzt nicht für geisitg behindert hielt, dann musste ich verdammt Glück gehabt haben. I „Ah ja! Klar, hätte ich auch drauf kommen können!“ Wieder ein Kuss. Der ging aber schon wieder eher in Richtung Küsschen, aber der ging trotzdem ziemlich ran.

„Gehen wir nach der Schule ins SC?“ SC hieß Schulcafé und war zur Zeit der absolute In- Treff bei uns Schülern. Es war in einem Raum außerhalb des Schulgeländes untergebracht, der früher mal der Schule gehört hatte und dann verkauft wurde.

„Klar! Kein Problem!“, sagte ich schnell, auch wenn ich fand, das der Typ sich ganz schön heftig- oder sogar fast ZU heftig- an mich ranschmiss. Vergessen war die Klavierstunde heute Nachmittag, vergessen war meine hungernde Familie am Mittagstisch. ( Mama ging Donnerstags den ganzen Tag arbeiten, Papa war kurz vor Michi’s Geburt ausgezogen, Oma war zu faul zum Kochen wenn sie mal bei uns war, und meine Brüder waren hoffnungslose Fälle, also „durfte“ ich den Kochlöffel schwingen.)
 

Singend schloss ich die Haustür auf. Es war ein total schöner Nachmittag gewesen. Basti hatte mir meinen Kakao bezahlt und der Bedienung etwas ins Ohr geflüstert. Wenig später hatte ich ein Kuchenstück in Herzform vor mir stehen und ich freute mich riesig. So sehr, dass es mir gar nicht schwer viel, Basti beim Abschied einen „handfesten Kuss“ zu geben. Er hatte mich nur überrascht angesehn, „Bye!“, gesagt und meinen Kuss noch erwidert. Immer wenn er mich ansah, waren sie wieder deutlich zu spüren, die Schmetterlinge!!! Auch wenn ich nie gedacht hätte, dass es wirklich Liebe auf den ersten Blick geben könnte.

Unsanft wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. OMA!
 

„WO BIST DU GEWESEN FRÄULEIN VIKTORIA HOFFMANN??? DEINE BRÜDER UND ICH, WIR MACHEN UNS SORGEN WO DU BLEIBST!“

>Ja klar, als wenn die sich Sorgen um mich machen würden, die hatten doch bloß wegen ihrem SOOO sehr wichtigem Mittagessen Sorgen.<

„Die hatten doch nur Bammel vorm Hungertod!!!“, stellte ich richtig.

„WAS FÄLLT DIR EIN, ALS WENN DEINE BRÜDER SICH KEINE SORGEN UM IHRE GELIEBTE SCHWESTER MACHEN WÜRDEN!“

Bekam die alte Dame doch tatsächlich einen Dackelblick und Tränen in die Augen!

„Genau, was denkst du eigentlich von uns?“ Timon!

„Das ihr euch einen Sch...“, Ich wollte eigentlich Scheißdreck sagen, sah dann allerdings in Omas eisige Augen und sagte schnell etwas weniger „Versautes“. „...eibenkleister um mich kümmert und ihr es nicht mal fertig bringt, einen Mittag wenigstens mal ne Tiefkühlpizza in die Röhre zu schieben! Bin doch nicht euer Dienstmädchen!“

„Oh oh!, sagte Michi – vorwitzig wie immer auf der Treppe stehend.

„Eindeutig! Sie ist verliebt!“, johlten jetzt meine beiden Brüder.

Ich wurde rot und wollte „Stimmt doch gar nicht“ rufen, aber schon wurde ich heftig an Omas Busen gedrückt. „Oh Viktoria! Liebes! Mein Gott, das hätte ich mir doch denken können, nur ein Mann löst solche Unzuverlässigkeit aus!“

„Ähm Oma... Basti ist 16…”

„Basti?! Welch Name!”

Langsam hatte ich das Gefühl, sie drehte durch. Ich verzog mich unter Omas träumerischen und Michis und Timons spöttischen Blicken in mein Zimmer.

„War doch ein cooler Tag heute! Besser ging’s doch gar nicht! Und am Besten war das mit dem Kuchenstück, ich fand`s voll süß von ihm...“, murmelte ich.
 

Über dem ganzen Trubel gestern, hatte ich ganz meine Hausaufgaben vergessen. Zu allem Übel hatte sich Wüterich- er hieß eigentlich Wüderbich, da er aber immer tobte, hatte er ganz schnell seinen Spitznamen weg- auch noch kurzfristig überlegt, uns mit einer Deutsch- HÜ(Hausaufgabenüberprüfung) zu quälen. Ich saß natürlich da und verstand nur Bahnhof, während Alles um mich rum Zeile für Zeile schrieb. Wüterich wanderte durch die Klasse. Als er an meinem Tisch vorbei kam, kräuselten sich seine Lippen. Er riss mir das Blatt aus der Hand und hielt es hoch: „Oh meine Lieben, seht doch mal wie viel Viktoria schon geschrieben hat! 0 Punkte, setzen Hoffmann!“ Ich hielt den Atem an und biss mir auf die Lippe bis sie blau wurde, nur um nicht los zu heulen. Den Triumph wollte ich diesem Schleimbeutel nicht auch noch gönnen. Er hasste mich, weil Mama ihm in der Oberstufe, als er mit ihr gehen wollte, einen Korb gegeben hatte. Wenn er diesen Frust nicht an mir ausgelassen hätte, könnte ich ihn sogar noch verstehen, denn ich hatte eine wirklich verdammt hübsche Mutter! Aber weil er ja an mir seine Laune ausließ, verstand ich ihn nicht und redete in seiner Gegenwart – natürlich nur gaaanz zufällig- öfter mal über meine so hübsche, tolle Mutter!
 

In der Pause ließ ich mich von Basti trösten. Er stand mir auch sofort bei: „Dieser Schleimbeutel! Der nervt total! Hat mich einmal während der Schulzeit im SC gesehen, als wir ne Freistunde hatten. Der hat mich zum Rektor geschleift und der hat ihm dann den Freistundenplan vor die Nase gehalten und ihm bewiesen, dass ich nicht geschwänzt hatte. Seitdem hat mich Wüterich auf dem Kieker.“ Na aber Hallo! Er wurde auch von meinem Deutschlehrer zu Tode genervt, wenn auch aus einem anderen Grund wie ich und er nannte Wüterich auch gerne Schleimbeutel? Super!

„Wir sind wohl Seelenverwandte, hm? Ich nenn ihn auch immer Schleimbeutel!

Was meinst du, gehen wir nachher ins SC?“

„Klar, warum nicht? Noch mal so ne Kalorienbombe wie gestern? Das Stückchen das du mir zum Probieren gegeben hast war ja purer Zucker! So süßen Kuchen hab ich noch nie gegessen!“

Statt dem Kuchen nahmen wir also ein Salamibrötchen- sehr romantisch! –und eine Coke mit Eis und Zitrone. Basti bezahlte und wir gingen zum Park.

„Du machst Schulden, Babe!“, grinste er.

„Pf, es gehört sich ja wohl so, das der –ähm- Mann für die Dame bezahlt!“, konterte ich feixend.

„Welche Dame? Ich seh keine!“ Für die Bemerkung jagte ich ihn einmal quer durch den Stadtpark. Er rannte um die Kurve und ich mit Vollgas hinterher. Zu spät dachte ich an den großen Brunnen, der direkt hinter der Kurve auf einem kleinem Platz stand. Ich ruderte mit den Armen, versuchte stehen zu bleiben, anzuhalten...

Ich kippte über das sehr niedrige Mäuerchen in den ungefähr einen halben Meter tiefen Brunnen. Es war einer von der Sorte, der nach unten in den Boden ging und dessen Rand kaum überstand. Es kam mir vor wie in einem dieser Actionfilme, bei denen dramatische Stürze, beziehungsweise Sprünge, immer in Zeitlupe aufgenommen wurden.

Rennen- stolpern über den Brunnenrand- wilde Armschlenker- Sturz- nass- SCHNITT!!!
 

Fassungslos starrte ich an mir herunter. PATSCHNASS! Klar, was denn sonst?!

Zu allem Übel hatte ich auch nur ein weißes T-Shirt mit weißem BH drunter an, was mich dazu veranlasste, schützend meine Arme vor dieses erschreckend durchsichtige Outfit zu halten. In diesem Moment schwor ich mir, ab jetzt zumindest immer eine dunkle Jeansjacke mitzunehmen. Hinterher war man immer klüger, aber mein weiser Entschluss half mir jetzt auch nicht viel...

Da saß ich nun, nass bis auf die Haut, bibbernd und durchsichtig zwischen 10 und 5 Centstücken –Wünschbrunnen!- und wusste nicht, ob ich laut loslachen oder heulen sollte.

Ich entschied mich dafür zu lachen, in Gemeinschaft mit Basti.

„Hilf mir doch mal hier raus, du Idiot!“, schimpfte ich lachend.

„Wie käme ich denn dazu?“, feixte dieser Egoist und balancierte auf dem dünnen Brunnenrand.

„Da du Ekel!“ Ich klatschte ihm eine Ladung Wasser auf die Schuhe und er... rutschte aus und kippte seitlich in den Brunnen!

Jetzt lagen wir also beide im Brunnen und weinten vor Lachen, bis, ja, bis hinter uns eine zuckersüße Stimme sagte: „Süß Hoffmann, wirklich süß, du und deine Kindergartenbekanntschaft!“

Oh nein, nicht jetzt! Nicht Monika, nein!

Basti hatte Monika den Rücken zugedreht und drehte sich jetzt um: „Hallo Cousinchen! Du kennst Vicki?“

„W-Wa-Was? Oh hallo Sebastian, was machst du denn hier, lange nicht gesehn, was? Ich muss dann mal, Tschüss!“ Weg war die eingebildete Ziege.

„Du- Du bist ihr Cousin?“, jetzt stotterte ich auch.

„Ja! Ich kann sie einfach nicht ab! Eingebildete Gans! Das grade war wieder typisch für sie! Und dann feige sein und abhauen!“

Aber in diesem Moment war ich sehr froh, dass Monika weg war, denn in diesem Augenblick rauschte der wutentbrannte Parkwärter auf uns zu. Die folgende Szene hätte Monika sicher gerne zum Besten gegeben!

„Seit ihr verrückt ihr verdammten Balgen? Man könnte denken, ihr besuchtet noch den Kindergarten! Raus da und mitkommen!“, keifte er uns an. Wir hatten nichts mehr zu melden und schlichen wie begossene Pudel- im wahrsten Sinne des Wortes- hinter ihm her. Plötzlich stieß Basti mir den Ellbogen in die Seite. Ich wollte schon losmotzen, als er grinsend auf den schimpfenden Parkwärter vor uns und auf die Büsche an den Seiten und hinter uns deutete. Ich verstand. Das hieß eindeutig Jetzt oder Nie! Er fasste mich am Arm und zog mich lautlos hinter die Hecke. Ich konnte mir gar nicht erklären, warum der Wächter auf einmal auf die Idee kam, sich umzudrehen, aber Tatsache war, dass er es tat und siegesbewusst „HA!“, schrie, als er uns entdeckte. Basti zog mich hastig weiter, während der Wärter unsre Verfolgung aufnahm.

Wir rannten am großen Teich vorbei- noch mehr Wasser! –und bogen in einen Weg, der direkt auf eine Liegewiese führte, ein. Ich zog Basti auf die Handtücher eines wohl badenden Pärchens und stülpte mir einen Sonnenhut über das Gesicht, Basti hielt sich eine Zeitung vor den Kopf. Wir hörten den Parkwärter vorbei keuchen, und brachen, als er um die Ecke lief, in prustendes Gelächter aus.

„Ich werd nicht mehr! Wir liegen hier ganz ruhig, während der sich abhätz...“

Ich wurde von einer keifenden Frau unterbrochen. „HERBERT!!! SIEH DIR DIESE UNGEHÖRIGE FRECHHEIT AN! VOR UNSEREN AUGEN FLÄNZEN SIE SICH AUF UNSEREN BADETÜCHERN UND HABEN MEINEN HUT AN! RUNTER IHR,IHR- “, Ihr fiel keine in ihren Augen treffende Beleidigung ein, während ihr Mann vor Wut rauchend wegging. Ich nahm schuldbewusst den Hut ab, während Basti die Zeitung zusammengefaltet hatte und sie nun wie ein Schutzschild zwischen uns und die alte Frau hielt. Hilflos ließen wir uns von ihrem Wortschwall überrollen, als plötzlich ihr Mann wieder kam. Aber er war nicht alleine. Er hatte den eben erst abgehängten Wärter im Schlepptau!

„Hab ich euch! Noch mal entkommt ihr mir nicht!“, fauchte der.

Wie auf Kommando liefen Basti und ich gleichzeitig los. Wir hetzten über eine kleine Brücke, die über den Badeteich gespannt war, verfolgt von den wütenden Schreien von einigen Leuten, die wir auf der Flucht fast überrannt hätten.

Basti keuchte entsetzt: Vor uns lag der fast 2 Meter hohe Zaun, der das ganze Grundstück umgab!

„SHIT!“, fluchte er und setzte kurzerhand einen Fuß in die erste Masche des stabilen Drahtzauns.

„Jetzt komm doch endlich, los Vicki! Willst du hier Wurzeln schlagen?“, rief er mir zu.

Also setzte ich mich jetzt auch in Bewegung, und das keine Minute zu früh, denn schon kam der Wärter. Basti kletterte bereits an der anderen Seite runter, während ich erst bei der Hälfte auf meiner Seite war. Ich kraxelte bis zur Spitze des Zauns, wo ich scharf aufpassen musste, um nicht an den spitzen Drahtenden hängen zu bleiben. Auf der anderen Seite war direkt hinter dem Zaun ein Hang, so dass diese Seite nur ungefähr halb so hoch war wie die andere. Wie Basti sprang ich das letzte Stück.

RRRRATSCH!!! Plötzlich stand ich oben rum im Freien, nur mein BH war mir treu geblieben. Mein T-Shirt- bzw. das, was davon übrig geblieben war- wehte wie eine Fahne oben an einer dieser verfluchten Drahtspitzen. Hängengeblieben und durchgerissen! Mist!

Jenseits des Zauns stand der eben noch schimpfende Wärter. Bei dem Blick auf meine für ein fast 14 jähriges Mädchen nicht unbedingt zu beklagende Oberweite war er verstummt.

Vor einem geschlossenen Kiosk blieben wir stehen.

„Willst- du- mein T-Shirt? War- doch gar- nicht- so- schlimm, oder? Nur die Striptease- am Ende hätten- nicht sein müssen...“, keuchte Basti grinsend.

„Lass das! Du wurdest schließlich nicht von einem Parkwärter begafft!“, knurrte ich gereizt.

„Schon gut Vicki. Hast ja recht! Ich bin ein blöder Dummschwätzer und du die leidende Maid!“

Ich lachte. Er schaffte es immer, mich aufzuheitern. Trotzdem war es kein besonders tolles Gefühl, von jedem vorbei gehenden männlichen Wesen beglotzt zu werden. War ja auch verständlich, dass frau sich dann unwohl fühlte.

Gerade pfiff mir einer dieser Haudrauftypen in Lederjacke nach und ich bat Basti darum, mir nun doch sein feuchtes T-Shirt zu geben; war schließlich besser, als nur im BH rumzurennen.

„Warum hast du mir eigentlich sofort nen Kuss gegeben, als du mir die Busfahrkarte wieder gegeben hast? Du hast mich doch an dem Tag erst kennen gelernt.“, fragte ich plötzlich.

„Mhm, gute Frage! Naha, ich hatte vorher schon ein Auge auf dich geworfen, glaub ich. Und als du dann mein Foto dabei hattest... na du weißt schon...“ antwortete Basti.

Ich stellte mich dumm. Sollte er es mir ruhig erklären müssen! „Was meinst du? Ich kapier nicht was du willst!“

„Na ich mein, dass du in mich verschossen warst, war dann ja endgültig klar.“

„Moment mal, ENDGÜLTIG? Will er etwa sagen, er hätte sowieso nichts anderes erwartet?! Voll auf Macho?!“

Ähm.., hatte ich das jetzt etwa in meiner Aufregung laut gesagt? Nein, oder? Das durfte ich nicht laut gesagt haben, das durfte ich einfach nicht!

Aber ich hatte! Basti guckte mich entgeistert an: „Was sollte das denn jetzt?“

„Ähm..., ha-hab nur laut vor mich hin gedacht!“ Oh nein! Vom Regen in die Traufe! Das war ja nun wohl das Allerdümmste, was ich hatte sagen können!

„So, das denkst du also von mir! Das ich ein großkotziger Macho bin! Dann scheiß ich drauf!“ Basti drehte sich um.

„Basti!“, rief ich verzweifelt.

„Ich heiße Sebastian, merk dir das!“, rief er über die Schulter zurück und ging. Heulend starrte ich ihm nach.

Ich lag auf meinem Bett. Vom vielen Heulen waren meine Augen ganz glubschig und rot. Ich starrte an die Decke und hoffte, Mama käme rein, um nach mir zu sehen. Ich wollte sie nicht rufen. Aber Mama kam nicht; ich hatte zugeschlossen.

Ich konnte es einfach nicht fassen, wie bescheuert ich gewesen war. Wir kannten uns kaum ein paar Tage, da hatte ich auch schon für die Trennung gesorgt! Wie hatte ich so über Sebastian „denken“ können (er wollte ja nicht mehr, dass ich ihn Basti nannte, also machte ich’s auch nicht).

Plötzlich piepte mein Handy. Ich sprang auf, zog es aus der Tasche und starrte erwartungsvoll auf den Display. Hatte Sebastian mir geschrieben?
 

Hi Vicki, was hatten wir auf? Hab nichts aufgeschrieben außer Mathe. Mail back hdl Janni *Bussi*
 

Na toll! Ich hatte auf ein Wunder gehofft und Janni hatte meine Hoffnung aufs Neue eingeebnet! Seufzend mailte ich ihr, sie solle mich mal aufs Handy anrufen und schickte die Sms auf die Reise.

Wenig später dudelte mein Handy.

„Hallo? Du musst mir helfen, bitte. Ich bin sooo verzweifelt! Ich und Sebastian hatten Streit, weil ich mich voll bescheuert benommen hab! Ich war so doof und hab laut gedacht, was mir durch den Kopf geschossen ist. Aber ich wusste direkt danach, dass ich Unsinn gedacht hab, weil das, was er gesagt hat, nie machomäßig gemeint war; auch wenn’s mir so vorkam!“ Ich ratterte alles in einem Atemzug runter und kam gar nicht auf die Idee, dass Janni nicht verstehen könnte was ich meinte.

„Oh, also, ich weiß jetzt nicht wirklich, was ich sagen soll...“

Moment mal, seit wann hatte Janni eine so tiefe Stimme? Verwirrt guckte ich auf den Display. Da stand nicht „Anruf Jannimausi“, da stand „Anruf Schatz“!

Wen ich unter Schatz gespiechert hatte war ja denkbar.

Zischend atmete ich ein. „Ba- Basti?“

„Vi- Vicki?”

>Er scherzt wieder! Dann ist er vielleicht gar nicht mehr sauer!< dachte ich glücklich.

„Entschuldige, ich dachte du wärst Janni! Basti, ich- es tut mir so leid! Ich wollte das eben eigentlich gar nicht denken, laut sagen erst recht nicht! Ich wollte keinen beschissenen Streit anfangen! Basti- oh, tut mir leid, Sebastian- ich hab mich so blöd benommen, ich bin so froh, dass wir wieder zusammen sind...“

Er unterbrach mich:„Schon gut, ich war auch wütend. Eigentlich hatte ich angerufen, um dich zu bitten, mich künftig in Ruhe zu lassen; ich dachte, du würdest weiter denken, ich wär ein Matschotyp. Da hab ich mich wohl auch getäuscht, was? Und nenn mich lieber wieder Basti.“

Mein Bauch hüpfte vor Glück. Der berühmte Kloß im Magen hatte sich aufgelöst! Ich war happy ohne Ende. Wir quatschten noch eine ganze Weile, bis es plötzlich KLICK machte, und er weg war. Handykarte leer!

Als ich Abends im Bett den Tag noch mal an mir vorbei ziehen lies, spürte ich, als meine Gedanken bei Basti waren, wieder mal die Flügelschläge.

Toll waren sie, diese Schmetterlinge im Bauch!



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