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World of Faerûn - 5. Staffel

Ghosts Of Apocalypse
von

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Folge 83: Die Eiskönigin

Nach dem Sieg über Jordan, den Herrn des Wassers, setzten Kyren und ihre Gefährten wieder Kurs nach Shaan. Manch einer wie Baram war froh endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Wie immer ging Decan voraus und er war nicht gerade zimperlich mit seinem Tempo. Obwohl man schon zwei der Elementarmächte gebannt hatte, schien er zu spüren, das ihnen etwas Unheilvolles bevor stand. Sein Ziel war Raurin, eine lebensfeindliche Staubwüste, einem Ort zu dem es wohl noch Wochen dauern würde bis man ihn erreichte.

Nachdenklich sah Kyren auf die Brosche in ihrer Hand, sich fragend wie etwas so Kleines solch ein Chaos in der Welt hervorrufen konnte. Sie erschrak aus ihren Gedanken als Shane sie auf einmal ansprach. „Sag mal, wenn es diesem Dido möglich war mittels seiner Teleportspruchrolle zur Elfenhauptstadt zurück zu kehren, wäre es dann nicht auch möglich das wir über eine ähnliche Schriftrolle nach Raurin gelangen?“, fragte er. Kyren steckte die Brosche wieder weg und überlegte kurz. „Ja, theoretisch schon. Das Problem ist nur, das eine solche Schriftrolle nur am Zielort geschaffen werden kann. Nur von dort können die Koordinaten in die Schriftrolle eingeprägt werden.“, antwortete sie leicht zögerlich, worauf sich Salina einschaltete. „Ah, das heißt also dieser Elf konnte deshalb nach Amn zurück, weil die Schriftrolle dort geschaffen wurde?“, hakte sie nach. „Genau …“, erwiderte die junge Magierin nickend und verfiel sogleich in Gedanken. Sie fragte sich wie Dido wohl an eine Schriftrolle aus der Elfenhauptstadt gekommen war. Nur wenige Elfen erhielten dieses Privileg. Nichts desto trotz war sein Angebot ihrer Mutter zu berichten was vorgefallen war hilfreich, denn nur zu ungern hätte sie ihre Eltern in Ungewissheit über ihren Verbleib gelassen. Was Kyren in diesen Tagen noch nicht wusste war, dass sie ihn nicht das letzte Mal auf ihrer Reise begegnen würde, denn Atrix van Vorten, der hinter dieser Maskerade steckte, würde eine Gelegenheit finden um zurück zu kehren.
 

Seit dem Sieg über Jordan war es ruhig um die Abenteuergruppe geworden, so dass sich Kyren an einem Abend bemühte mit Shane ins Gespräch zu kommen. Er hatte die letzte Zeit nur sehr wenig oder gar nicht geschlafen. Meist saß er etwas Abseits der Gruppe und hielt Wache, wenn die anderen am Lagerfeuer schliefen. Eine innere Stimme sagte ihr dass irgendetwas mit ihm nicht stimmte, das ihm irgendetwas keine Ruhe ließ. Vorsichtig, fast ängstlich sprach sie ihn an, wenn gleich er lediglich verwundert darüber reagierte das sie noch auf war. Dennoch war er von ihrer Gesellschaft nicht abgeneigt, worauf sie sich neben ihm nieder ließ. Er merkte dass sie etwas sagen wollte, doch ihr Blick war so traurig, das er es für angebracht hielt, ihr zuvor zu kommen. „Alles in Ordnung, Kyren? Du … siehst so traurig aus.“, sagte er leicht besorgt. Einen Moment blickte sie tief in seine Augen, doch schließlich wendete sich ihr Blick ab zu ihren Händen, die sie brav auf ihre Schenkel legte. Sie hob ihre Hände leicht an und musterte sie so sehr das sie sogar etwas zu zittern begann. „Siehst du das, Shane? Diese Hände können die schwersten Wunden heilen, aber nicht dein gebrochenes Herz. Ist das nicht ungerecht?“, sprach sie mit betrübten Unterton. Shane schrak leicht auf. Nun war er es, der etwas sagen wollte, aber kein Wort hervor brachte. Es erschien ihn schon fast unheimlich das sie in ihm lesen konnte, wie in einem Buch. Allerdings war ihr auch aufgefallen das sein Verhalten sich erst seit dem Aufeinandertreffen mit Leath so entwickelt hatte. „Alexandra war der wichtigste Halbelf in deinem Leben. Nicht einmal ich vermag nachzuempfinden was es bedeutet eine solche Person gleich zwei Mal auf solch grausame Art zu verlieren.“, fuhr die Elfin fort, stetig auf ihre Hände blickend. „Kyren …“, setzte er an, aber mehr wusste er auch nicht zu erwidern. „Dein Schmerz muss unerträglich sein und dennoch schaffst du es ein einigermaßen normales Leben zu führen. Das bewundere ich so an dir.“, ergänzte sie stattdessen. Ihr letzter Satz ließ ihr etwas Röte in die Wangen steigen, aber die Dunkelheit verbarg diese Färbung.

Shane begann ein wenig zu Schmunzeln, wohl auch weil er sich geehrt fühlte. Er fragte sich warum er nicht öfters an solch einen schönen Abend mit Kyren zusammen saß, sei es um nur mit ihr zu reden oder ihre angenehme Gesellschaft zu genießen. Manchmal wenn er zu ihr blickte, sah er noch das kleine, unschuldige Elfenmädchen das sie einst war. Mittlerweile war sie schon reifer geworden in der Art zu Denken, Dinge zu sehen oder auch im Umgang mit der Magie. In den letzten Jahren hatte sie sich zu einem starken, selbstbewussten Mädchen entwickelt, das seinen Schutz kaum mehr nötig hatte. Doch je mehr er über sie nachdachte, desto mehr erinnerte er sich auch an die Dinge, die ihn nicht schlafen ließen. Bilder und Visionen quälten ihn Nacht für Nacht, Träume in denen seine Hände im Blut Unschuldiger getränkt waren. Er kannte diese Träume, hatte er sie doch schon einmal erlebt. Obwohl er den Grund für diese Träume kannte, lehnte er sie ab. Immer wieder schallten die Worte eines ihm vertrauten Egos wie ein Echo durch sein inneres Ohr. „Wir haben einen Deal.“, tönte die Stimme, gegen die er Nacht für Nacht Schlachten schlug. „Kyren … ich habe ein ungutes Gefühl. Wir mögen so viele solcher Schlachten schon gewonnen haben, aber irgendetwas sagt mir, dass dieses Mal alles anders kommen wird.“, gab er schließlich auf ihre schmeichelhafte Bemerkung zurück. Kyrens Augen weiteten sich leicht, denn sie merkte wie ernst es ihm war.
 

Die Temperaturen in dieser Gegend waren stets außerordentlich angenehm, was auch nicht weiter verwunderlich war, streifte man doch durch die südlichen Gefilde des Kontinents. Umso überraschter war Kyren das ihr am nächsten Tag eine Schneeflocke auf die Nase fiel.

Verwundert schaute sie in den Himmel, doch dort war kein Anzeichen von Schneefall zu sehen. Das Rätsel um die Herkunft der Schneeflocke war jedoch schnell gelöst, denn einige Meter vor ihr hatte Decan eine Erhebung erreicht, von wo aus man in ein Nahe gelegenes Tal sehen konnte. Dort lag ein kleines Dorf, vollkommen in Schnee gehüllt, eingebettet in eine wunderschöne, wenn gleich unnatürliche Winterlandschaft. Es war nur verhältnismäßig wenig Areal vom Schnee betroffen. Lediglich das Dorf und dessen nähere Umgebung, sowie ein angrenzender Berg waren durch den Schnee bedeckt. Die weiße Pracht lag teils Meterhoch getürmt und nur die Wege waren frei geschaufelt. In den Häusern des Dorfes brannte noch Licht und Rauch stieg aus den Schornsteinen. Tatsächlich schienen dort noch Menschen zu leben.
 

Bibbernd stapfte man in das Thal hinunter, denn für solch einen Wetterumschwung war man nicht passend gekleidet gewesen. Gerade Salina und Kyren rieben sich eifrig die Arme, die durch ihre Tracht die Kälte direkt an den Beinen zu spüren bekamen. Es gab keine Schänke oder Taverne im Dorf, kein Rathaus oder einen anderen öffentlichen Platz. Hier lebten nur einfache Bauern und Landwirte. So entschloss man sich das erstbeste Gebäude aufzusuchen um dort den Phänomen auf dem Grund zu gehen. „Vielleicht hat es was mit einen Elementargeist zu tun.“, mutmaßte Salina.

Decan wirkte nicht sonderlich begeistert vom Unterfangen sich im Dorf umzusehen und ließ sich auf einen Schneehügel am Wegesrand nieder, während die anderen Kyren zum Haus eines Bewohners folgten. Freundlich und dezent klopfte die junge Elfin an die Tür des Hauses. Einen Moment lang tat sich nichts, bis ihnen schließlich ein alter Mann öffnete. Sein graues Haar und sein faltiges Gesicht ließen erkennen dass er schon viele Jahre alt war. In seinen Händen hielt er eine Schaufel in drohender Haltung, für den Fall das es sich bei den Besuchern um Banditen handelte. Misstrauisch musterte er die Gruppe die sich vor seiner Tür versammelt hatte. „Wer seid ihr? Was wollt ihr?“, fragte er mit bäriger Stimme. Kyren wich kurz mit ihrem Gesicht zurück, nicht nur wegen des drohendes Tones und der Schaufel, sondern auch weil der alte Herr kräftig nach Whisky aus dem Mund roch. „Eh, wir sind eigentlich nur auf der Durchreise. Uns ist aufgefallen das bei euch überall Schnee liegt und …“, erwiderte sie zögerlich, doch da unterbrach sie der alte Mann schon. „Ah, ihr wollt wissen wieso in so einem gottverdammten Ort wie diesem Schnee liegt, während ein paar Meilen weiter die Pflanzen und Früchte erblühen? Pah, ihr seid nicht die ersten die das fragen und glaubt mir, wenn ich euch sage, dass es euch auch nicht interessieren sollte, wenn euch euer Leben lieb ist.“, sprach er unfreundlich dazwischen. Ohne das die Abenteurer eine Chance erhielten weiter nachzufragen schlug ihnen der alte Mann die Tür vor der Nase zu, was eine kleine Schneeschicht vom Dach riss, die sich direkt auf ihnen niederließ.

Barams Augen verengten sich genervt, denn auf Grund seiner Größe stand er nun Hüfttief im Schnee und Kyren war in seinen Augen Schuld. „Ja, wunderbar. Das hat uns ja sehr weiter geholfen.“, murmelte er kritisch in seinen Bart hinein. Kommentarlos stapfte Shane aus dem Schnee hinaus, denn besonders angenehm war die kalte Dusche für keinen der vier gewesen. Lediglich Decan war verschont geblieben, da er sich nicht bemüht hatte ihnen zum Haus des alten Mannes zu folgen. Er hatte das Missgeschick kommentarlos hingenommen und starrte stattdessen voller Ungeduld auf Kyren und die anderen, auf das es endlich weiter gehen konnte.

Ein junger Mann in einem weißen Wintermantel war auf die Gruppe aufmerksam geworden und brachte unverhofft Aufklärung in den Fall. „Ihr seid nicht von hier, nicht wahr?“, rief er den Abenteurern vom Weg zu. Auch wenn der erste Versuch etwas Licht ins Dunkel zu bringen gescheitert war, erwies sich der junge Herr als äußerst hilfsbereit, lud die Gruppe sogar zu einem wärmenden Tee in seine bescheidene Holzfällerhütte ein.
 

Sein Heim war schlicht eingerichtet, aber es fehlte ihm an nichts wesentlichen. Ein wärmender Kamin, gab den Reisenden erst einmal Gelegenheit sich vom Kälteschock zu erholen, während er seine Geschichte vortrug.

„Ihr seid also Abenteurer? Lange her dass sich zum letzten Mal welche in dieses Dorf verirrt haben. Nun ja, dafür haben die letzten es auch nie wieder verlassen.“, erzählte er leicht scherzend, was seine Gäste verwundert aufhorchen ließ. „Aber wo bleiben meine Manieren? Hallo erst mal. Mein Name ist Falk.“, ergänzte er rasch und bot seine Hand zum Gruße an, worauf man sich nach und nach vorstellte.

„Also, was geht hier vor?!“, fragte Baram mit knurriger Stimme als die Formalitäten geklärt waren. „Oh ja, natürlich. Wie ihr ja sehen könnt, ist die Lage hier alles andere als normal. Das Ganze ist eine lange, lange, tragische Geschichte. Vor vielen Jahren gab es hier im Dorf eine junge Frau namens Reisha. Man sagt sie war wunderschön und von allen begehrt, doch wohl auch sehr Eitel. Als sie ihr geliebter Mann in den Krieg zog versprach sie auf ihn zu warten und das er sie in genau derselben Schönheit wieder treffen würde, wie an dem Tag an dem er fort ging. Aber ihr Mann kehrte nie wieder. Sie wurde Wahnsinnig und begann aus allen möglichen Kräutern Mixturen zu machen, die sie noch schöner und ihre Haut jung halten sollte, für den Tag an dem ihr Mann wieder kehren würde. Auf ewig ließ sich die Zeit so jedoch nicht besiegen. Deshalb nahm sie ein Zauberbuch zur Hilfe. Darin gab es eine Passage die ihre ewige Jugend und somit auch ewige Schönheit versprach. Sie hatte nicht viel besonders Ahnung von Magie und so kam alles anders. Tatsächlich behielt sie ihre Jugend und ihre Schönheit, aber ihr Körper und ihr Herz vereisten gerade zu wortwörtlich. Der Zauber misslang und fortan konnte sie ihre Jugend nur unter Minus Temperaturen erhalten. Deshalb schuf sie sich mittels eines Artefakts in einer Höhle, dort im Berg, ihr eisiges Gefängnis, wo sie für immer in Schönheit und Jugend wahren würde, bis ihr Mann eines Tages wieder kehren würde.“, erzählte er zurück und schilderte die ersten Details. Nachdenklich sah Kyren aus dem Fenster, von wo aus man den angesprochenen Berg sehen konnte, der früher einst eine Miene gewesen zu sein schien.

„Eine Zeit lang war alles gut.“, fuhr Falk fort, bevor er seine Erzählung zur Vollendung führte. „Doch eines Tages kamen Abenteurer. Sie waren Schurken und hatten von ihrer Schönheit gehört. Wahrscheinlich waren sie Lüstlinge die dachten eine wehrlose Frau Vorzutreffen. Kein einziger ist je wieder gekehrt und Reisha war so wütend über die Störung das sie das Dorf mit Schneefall bestrafte. Das war vor zwanzig Jahren, wenn ich nicht irre. Seither sind Fremde hier nicht sonderlich willkommen.“, erklärte er, in nachdenklicher Haltung verharrend. „Soll das heißen der Schnee liegt schon seit zwanzig Jahren hier?“, fragte Salina ungläubig, was den Mann ein kurzes Lachen entlockte. „Aber nein, das hier ist der Grund warum hier so viel Schnee liegt.“, erwiderte er und reichte der Elfin ein Stück Papier aus seiner Hosentasche. Gemeinsam warf man einen Blick darauf und las was dort geschrieben stand.

„Wenn fünf Fremde die weiße Pracht beschmutzen und der letzte Schnee gefallen, werde ich kommen um mir die Schönheit der Eiskönigin zu nehmen. Gezeichnet: der Weiße Falke!“, las man synchron vor. Lediglich Decan hatte sich nicht weiter um die Geschichte und die Botschaft gekümmert. Gedankenversunken starrte er zum Gipfel des Berges, wo der Eingang zur Höhle lag.

„Der Weiße Falke?!“, gab Baram laut von sich. „Endlich werde ich Gelegenheit haben meinen Ruf wieder her zu stellen und mich an diesem gemeinen Dieb zu rächen.“, fuhr er aufgeregt fort. „Wenn du soweit kommst …“, mahnte Decan mit Blick nach draußen, wo er eine weiße Frau, vom Wind getragen hinab fliegen sah.

„Verdammt! Sie hat uns bemerkt!“, rief Shane nervös und eilte zum Fenster. „Sie hält euch sicher für Eindringlinge. Verteidigt euch.“, meinte Falk, der ungewöhnlich gelassen blieb.
 

Ganz so als ob Angriff die beste Verteidigung wäre, liefen die Abenteurer aus dem Haus und stellten sich der weißen Hexe entgegen. Für einen Moment glaubte Kyren noch sie besinnen zu können, doch Reisha schleuderte ihnen eine gewaltige Schneeböe entgegen, die die Abenteurer glatt von den Füßen riss. Noch während man sich aufrichtete, nutzte sie die Gelegenheit zu landen. Sie schrie wie eine Todesfee, wie ein wildes Tier, doch in ihrem Schrei steckte so viel Leid und so viel Verzweiflung, dass Kyren etwas Mitleid bekam.

„Wir wollen Euch nichts tun!“, rief sie mit ruhigen Worten, aber Reisha zeigte sich kaum ansprechbar. Kyren wusste nicht dass ihre Jugendlichkeit ihr zum Verhängnis werden würde. Der sehnsüchtige Blick, mit dem sie die Elfenmagierin musterte, war ihren Gefährten nur wenig geheuer.

„Dein Körper! Gib mir deinen Körper!“, sprach Reisha mit verzerrter Stimme und streckte ihren Arm in Richtung Kyren aus. „Kommt gar nicht in Frage!“, entgegnete ihr Shane und stellte sich schützend vor sie. Es sollte ihm zum Verhängnis werden, denn die Schneehexe war nur wenig von seinem Widerspruch begeistert. „Wie kannst du es wagen, Mann!“, schrie sie empört und beschwörte einen Strudel aus Schnee gegen ihn.

Shane hatte keine Chance. Zwar versuchte er sein Gesicht noch durch seine Arme zu schützen, aber es verhinderte nicht, dass er sich Sekunden später von einem Eisblock umgeben sah.

„Oh nein – Shane!“, rief Kyren besorgt und eilte ihm zu Hilfe. Salina reagierte schnell und spannte ihren Bogen. „Miststück!“, entgegnete sie ihr erzürnt und feuerte einen gezielten Pfeil ab. Obwohl dieser sein Ziel mitten ins Herz traf, erzielte er nicht die erhoffte Wirkung. Reisha platzte wie eine Seifenblase, nur um sich Sekunden später aus herumwirbelnden Schnee wieder zusammen zu setzen. Dennoch reichte der Treffer um sie zum vorzeitigen Rückzug zu bewegen. Reisha hatte gezeigt das sie weit gefährlicher war als angenommen. Dieses Mal war man noch mit einem blauen Auge davon gekommen, doch es war nur eine Frage der Zeit bis sie wieder aus ihrer Höhle kommen würde um auch die anderen zu strafen.
 

Shane war in einer wirklich misslichen Lage, denn sein ganzer Körper, mit Ausnahme seines Kopfes, war von Eis umgeben. Seine Lippen waren blau angelaufen und seine Haut war ungesund bleich. Hektisch versuchte Kyren das Eis mittels Feuermagie von seinem Körper zu schmelzen, während Baram mit seiner Axt versuchte das Eis abzutrennen. Es dauerte nur wenige Minuten, aber selbst wenige Sekunden waren schon viel zu lang gewesen. Bewegungslos fiel Shane aus dem Eisblock heraus. Sein Körper zitterte erheblich, so dass es schon fast an ein Wunder zu grenzen schien das er noch lebte. „Nein! Shane! Das ist alles meine Schuld!“, meinte Kyren, sichtlich besorgt um den Zustand ihres Gefährten. „So kalt …. So kalt.“, bibberte dieser mit leiser Stimme und starren Blick heraus. Schon als sie ihn berührte lief ihr ein eiskalter Schauer über den Rücken. Die Kälte war selbst durch seine Kleidung hindurch zu spüren. „Schnell! Wir brauchen Decken!!! Er erfriert!“, rief die junge Elfin aufgeregt, der kleine Tränen aus den Augen schossen.
 

Einige Stunden später brach die Nacht über das kleine Dorf hinein. Falk hatte angeboten Shane bei sich aufzunehmen, damit er wieder auf eine Temperatur kommen konnte, die weniger bedrohlich für seine Gesundheit war. Dennoch beäugte Kyren den tapferen Halbelfen äußerst besorgt, denn obwohl er nun schon vier Decken auf sich liegen hatte, war seine Körpertemperatur so gut wie gar nicht gestiegen. „Sein Körper produziert einfach kaum noch Wärme. Sein Herzschlag ist praktisch kaum noch vorhanden. Er stirbt, wenn uns nicht etwas einfällt.“, analisierte Decan nüchtern, was auch Salina nicht unberührt ließ. „Hast du denn keine Magie die ihm helfen kann?“, fragte sie Kyren mit bitterer Stimme, doch die Elfe konnte nur traurig den Kopf schütteln. Sie konnte nur Wunden heilen und die Magie die sie bereits auf ihn gewirkt hatte, zögerte sein Ableben scheinbar nur um ein paar qualvolle Stunden hinaus. Auch ihre Hände, die sie ineinander verkeilt vor ihren Mund hielt, zitterten aus Sorge um ihren Gefährten. Dort lag nicht nur einfach ein guter Freund, vor ihr lag der Junge den sie liebte und sie konnte nichts tun um ihn zu helfen. Verglichen mit seinem Zustand, war die Verletzung die er durch Leath erlitten hatte, nicht mehr als ein Nadelstich. Immer wieder fragte sie sich, warum es nicht sie statt ihn getroffen hatte. Sie fühlte sich verantwortlich für das was geschehen war, auch wenn ihr niemand die Schuld gab. Es war Falk der noch etwas Hoffnung aufkeimen ließ. Er hatte draußen noch etwas Holz gehackt um seinen Kamin stärker befeuern zu können und kam gerade von draußen herein. „Ich glaube wir müssten ihn schon ins Feuer werfen um ihn wieder fit zu kriegen.“, scherzte er zunächst. „Aber vielleicht sollte sich einer von euch zu ihm legen um ihn ein wenig von eurer Körperwärme zu spenden.“, ergänzte er rasch, als er sah dass sein Scherz nicht besonders gut ankam.

Barams Augen weiteten sich empört als er das hörte. Schnell hob er seine Hände und wich zurück. „Also glaubt ja nicht das ich mich mit einer von diesen Elfenschwuchteln kuschele.“, sagte er und wies sich damit aus dem Kreis der Freiwilligen. Decan schien es ohnehin egal ob Shane lebte oder starb, also blieb die Wahl bei den Damen der Gruppe hängen. Salina zögerte noch einen Moment und wartete ab wie Kyren wohl reagieren würde. Sie versuchte nicht allzu auffällig zu benehmen, doch ihr stand durchaus sichtbar etwas Röte ins Gesicht geschrieben bei den Gedanken Shane ihre Wärme zur Verfügung zu stellen. Salina wagte es schließlich ihren Gedanken auszusprechen, doch ihre Artgenossin widersprach ihr sofort. „Nein, es ist meine Schuld. Ich werde es tun.“, sagte sie mit ernster Stimme und ließ sich kurzerhand bei ihm nieder. Zögerlich und auch noch etwas schüchtern kroch sie unter seine Decken. Immer wieder sagte sie sich das nichts dabei sei, aber im Inneren wusste sie zu wem sie sich da legte. Er war noch immer sehr kalt, so dass sie ihren Körper so fest es nur ging an seinen Rücken presste.

Salina schmunzelte, verkniff sich aber jeden weiteren Kommentar. Ähnlich wie Baram schien sie zu ahnen was in ihr vorging. Letzterer wendete sich leicht angewidert ab und versuchte sich mit anderen Gedanken zu beschäftigen. Wahrscheinlich hätte die ganze Situation auch Shane ein wenig Röte ins Gesicht steigen lassen, aber in seinen Zustand bekam er kaum mit was um ihn herum geschah.

„Es schneit.“, stellte Decan fest als er aus dem Fenster sah. Einige Schneeflocken rieselten zunächst harmonisch vom Himmel, doch die anbrechende Nacht, sollte noch ein großes Unwetter mit sich bringen.
 

Am nächsten Morgen weckten Kyren die ersten warmen Sonnenstrahlen aus ihrem ruhigen Schlaf. Es war ihr gerade so gemütlich zu mute, das sie ihre Augen noch gar nicht wieder öffnen wollte. Noch halb Schlaftrunken war ihr nicht bewusst wo sie sich befand und um wem sich ihr rechter Arm gelegt hatte.

Als sie sich nach und nach erinnerte wie sie in der Nacht zuvor zu Bett gegangen war, realisierte sie auch das jemand neben ihr lag. Vorsichtig wagte sie es ihre Augen zu öffnen, doch das erste was sie sah war nicht Shane, sondern Salina, die grinsend bei ihnen am Boden hockte. „Guten Morgen.“, sagte sie mit erheiterter Stimme, worauf Kyren sichtlich verschämt von ihrer Position wich. „Du siehst süß aus, wenn du schläfst, weißt du das?“, ergänzte die Waldläuferin noch etwas deutlicher grinsend, was ihr nur mehr Röte ins Gesicht trieb.

„Hast du etwa die ganze Nacht …“, setzte sie stotternd an, worauf Salina auf einmal laut zu Lachen anfing. „Nein, ich wollte nur sicher gehen.“, meinte sie schließlich und stand wieder auf. „Sicher gehen?“, fragte ihre jüngere Artgenossin irritiert.

Das Gespräch endete abrupt als sich Baram hinzugesellte und die, nach seiner Ansicht, wichtigeren Dinge vortrug. „Hrr, tut mir ja so schrecklich Leid, wenn ich euer Gebrabbel unterbrechen muss, aber es gibt Wichtigeres zu besprechen.“, sagte er, mit muffligen Unterton. Salina stupste sich scheltend gegen die Stirn und begann leicht verschämt vor sich hin zu lachen. „Ach ja, stimmt ja. Der gute Shane ist nämlich auf dem besten Weg zur Besserung. Scheint so als ob die Therapie geholfen hätte. Aber ...“, berichtete sie, was Kyrens Miene erfreut aufstrahlen ließ. „Wirklich? Das ist ja großartig!“, gab sie glücklich mit Blick auf ihren kranken Gefährten zurück. „Aber dafür gibt es ein anderes Problem.“, ergänzte Baram, weniger berauscht von der guten Stimmung.

„Es hat gestern, geschneit und fünf Fremde befinden sich im Dorf. Das heißt, der Weiße Falke wird kommen, nicht wahr?“, mischte sich Falk fragend ein, der gerade ein paar Brote zum Frühstück für seine Gäste gemacht hatte und diese auf einen Tisch abstellte. „Ay, ganz schön schlau für einen Menschen. Das ist die Gelegenheit für mich.“, stimmte der Zwerg nickend zu. „Du willst doch nicht wirklich zur Eiskönigin?!“, fragte Kyren aufgeregt nach. „So ist es. Und du tätest gut daran, wenn du mich begleitest.“, erwiderte er ernst. Der bis dato schweigend im Fensterbrett sitzende Decan wies Kyren daraufhin auf die Fakten hin. „Er hat Recht. Shane mag zwar nicht mehr im Sterben liegen, aber aufwachen kann er offenbar auch nicht. Wenn du willst das er wieder auf die Beine kommt, solltest du diesen unruhigen Geist dazu überreden das sie ihn wieder herstellt.“, meinte er in typisch nüchternen Ton. Noch einmal sah die junge Elfenmagierin auf Shane nieder und war danach entschlossener als zuvor. „Okay, dann lasst uns aufbrechen!“, sagte sie, voller Tatendrang und griff sich einen Wintermantel vom Kleiderhaken, doch ihre Euphorie wurde schnell gebremst. Auf Ihren Weg bis zur Haustür leisteten ihr nur Baram und Salina Gesellschaft. Verwundert drehte man sich zu Decan um, der unberührt im Fensterbrett saß. „Was ist, Decan? Kommst du?“, fragte Salina. „Ihr habt 3 Stunden, danach ziehe ich weiter.“, gab er kühl zurück.

„Was?! Was soll das?!“, fragte die Waldläuferin böse und stampfte wütend auf ihn zu. „Wir verschwenden hier nur unsere Zeit. Noss wird nicht so gnädig sein darauf zu warten bis ihr endlich bei ihm seid.“, entgegnete er ihr mit kalter Mimik, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Salinas rechte Hand wurde zur Faust, als sie das hörte. Sie war sauer, aber zugleich auch besorgt warum sich Decan stets so abweisend und gleichgültig zu seinen Mitstreitern verhielt. Schließlich drehte sie sich zu Kyren und Baram um. „Geht! Ich werde hier bleiben und auf Decan und Shane aufpassen.“, sagte sie mit ernsten Ton, so dass sogar Decan leicht verwundert über ihre Wortwahl seine Augen einen Moment in ihre Richtung schielen ließ. Glücklicherweise gelang es dem stets gut gelaunten Falk, die angespannte Stimmung zu entschärfen, indem er sich einen Mantel umlegte und sich zu Baram und Kyren gesellte. „Das ist schon okay. Ich werde euch begleiten. Ich kenne da einen guten Geheimeingang.“, meinte er Lächelnd.
 

Falk kannte sich in der Gegend sehr gut aus und brauchte weder Weg noch Karte zur Orientierung. Wie versprochen führte er sie zum Fuß des Berges, wo es Anzeichen für alte Bergmiene gab und der Schnee bereits Meterhoch lag. Kyren zitterte trotz ihrer winterlichen Bekleidung, wogegen Baram sich nicht viel aus der Kälte machte. Der Eingang war vom Schnee verschüttet, aber das bremste den grenzlosen Optimisten nicht. „Hier ist es! Ein alter Mieneneingang. Den Schnee musst du freilich mit einem Feuerzauber weg schmelzen.“, meinte Falk mit Blick auf die Elfin, worauf diese zur Tat schritt.

Er sollte Recht behalten, denn hinter der Schneewand lag tatsächlich eine alte Miene. „Von hier müsst ihr nun alleine weiter. Haltet euch immer rechts, dann werdet ihr irgendwann auf Eis stoßen. Folgt diesem Tunnel und ihr werdet in das innerste des Berges zur Eiskönigin gelangen.“, erklärte er noch mit kurzen Gesten unterlegt.

Noch einmal sahen sich Baram und Kyren an, bevor sie es schließlich wagten in die dunkle Höhle einzudringen. Ein zweifelhaftes Grinsen lag auf Falks Gesicht, noch während die beiden Abenteurer in der Dunkelheit der Mine verschwanden.
 

Salinas Mimik wirkte besorgt als sie Falks Hütte verließ. Decan hatte sich schon vor ihr nach draußen begeben und wartete ungeduldig auf die Rückkehr seiner beiden Begleiter. „Decan, ich mache mir Sorgen um Shane.“, sagte sie mit entsprechender Miene. „Ich denke es geht ihm besser.“, gab er nüchtern zurück, ohne sich ihr zuzuwenden. „Das schon, aber er fängt an in fremden Zungen zu sprechen. Vielleicht solltest du dir das anhören.“, entgegnete sie beunruhigt. Ein Stirnrunzeln lag in Decans Gesicht als er sich daraufhin zu ihr umdrehte. Ohne weiteren Kommentar ging er zurück zum Haus. Ungestüm schlug er die Tür auf und trat an Shane heran, der offensichtlich von Fieber geplagt wurde. Er musste nicht lange warten um zu hören was die Elfin gemeint hatte. Shane sprach im Fieberwahn eine Sprache, die nur sehr wenige Menschen verstanden. Salinas Hoffnung das Decan einer von ihnen wäre, bestätigte sich. Irritiert trat er von Shane zurück und drehte sich zu der an der Tür wartenden Waldläuferin um. „Und? Was sagt er?“, fragte sie gespannt. „Er spricht in der Sprache der Dämonen. Er wiederholt immer wieder ein und denselben Satz: ’Wir haben einen Deal’ …“, antwortete er, was der schönen Elfe beängstigt die Augen weiten ließ.



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