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Götterträne

Die Zeit der Dämonen und Magie
von

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Das Tagebuch der Legende

Zwar wurde gesagt, dass Überlieferungen existieren. Doch natürlich sind solch alte Dokumente nie lückenlos. Es sind tatsächlich nur sehr wenig Schriften erhalten geblieben, doch scheint ihr Autor schon zu Lebzeiten sehr viel wert auf sie gelegt zu haben, denn sie erzählen wunderbarerweise die wichtigsten Stationen unserer Geschichte.

Unter all diesen Dokumenten aber fallen auch seltene, früh datierte Tagebucheinträge auf. Und da die Geschichte, über die ihr, werter Leser, etwas zu erfahren wünscht, eng mit dem Schicksal dieses Mannes verwoben ist, soll auch unsere Reise in der Zeit der Legenden mit dem frühesten Tagebucheintrag beginnen. So lest denn nun die ersten, verschlungenen Zeilen eines Tagebuchs, dass geradewegs aus einer Legende zu euch spricht:
 

Monat der Blüte, zwanzigstes Jahr, Erster Tag.

Ich beginne heute dieses Buch mit meinen Erfahrungen zu füllen, nun, da ich mich zu meiner Reise; nein... Meinem Feldzug entschlossen habe. Vielleicht berichtet es schon bald von heroischen Taten und epischen Schlachten. Doch zunächst soll eine Erzählung der Vergangenen Ereignisse den Anfang machen. Jener Ereignisse, die mich veranlassten, diesen Kreuzzug zu beginnen. So beginnt nun dieses Buch über meine Siege mit dem Verlust meines Vaters.

Ich wuchs in einem kleinen Dorf im Königreich Inkanta auf. Wir waren eine kleine Gemeinde von vielleicht fünfzig Seelen. Ich war der einzige Sohn einer der Bauernfamilien und musste schon früh helfen, Regenfälle über dem kargen Land zu beschwören, um fruchtbaren Acker zu erschaffen. Es war ein gutes, wenn auch einfaches Leben.

Doch auch unser Dorf wurde von den Dämonen nicht verschont, immer wieder mussten wir zu den Schwertern unseres Waffenschmiedes greifen. Die geschickteren von uns, und ich bin stolz mich dazu zu zählen, waren sogar in der Lage, einige Dämonen allein durch Anwendung von Magie aufzuhalten.

So gefroren einige meiner Gegner zur Not einfach zu einer bizarren Statue oder wurden von einem gewaltigen, aus dem Nichts kommenden Windstoß gegen einen dicken Baum geschleudert.

Doch obwohl wir diesen gottlosen Wesen so überlegen waren, griffen sie uns doch wieder und wieder an. Und obschon wir sie immer wieder vernichtend schlugen, mussten doch auch wir Verluste hinnehmen. Immer wieder erschütterte der Tod eines Kameraden unsere kleine Gemeinde.

Und doch, dass mein Vater durch die Klinge, den Fangzahn oder die Hand eines Dämonen den Tod finden sollte – oh! Ihr Götter! – hätte ich nie erwartet.

Er war nicht der beste Kämpfer des Dorfes, doch wusste sich mein alter Herr doch stets seiner Haut zu wehren und er war noch aus jedem Duell mit einem dieser Biester als Sieger hervor gegangen. Und selbst ein kräftigerer Mann wäre der Heimtücke der Dämonen zum Opfer gefallen, die sie zu Beginn jener verhängnisvollen Schlacht anwendeten:

Wie aus dem nichts tauchten sie auf unseren Feldern auf und Umringten jene, die sich ihnen allein gegenüber sahen. Ich sah mit von Tränen der Wut und Trauer über meine Machtlosigkeit meinem Vater in die Augen, bevor ich mich umwendete, um Alarm zu schlagen, denn auch ich war allein und hatte ein ähnliches Schicksal wie mein Vater zu fürchten. Und während ich noch mit meinem Gewissen rang, tönten meines Vaters letzte Worte über den Acker: „Flieh, du Narr!“

Als wir alle uns bis zur Position der ersten Opfer vorgekämpft hatten, sahen wir ein schreckliches Schauspiel, das mit Worten niemals zu beschreiben ist. Die Dämonen quälten ihre Opfer, ließen sie Schmerzen ertragen, die ich nicht einmal diesen Teufelswesen selbst wünschen würde. Und dann, als sich selbst mein tapferer Vater vor Schmerz heiser geschrieen hatte, gaben sie ihren Opfer ihr verfluchtes Blut zu trinken. Leblos sackte jeder einzelne nach dem ersten Tropfen in den Armen der Dämonen zusammen.

Doch bevor wir sie erreichen und auch nur einen Leichnam zurückerobern konnten, flohen sie über die weiten Ebenen. An diesem Tag beklagten wir beinahe zwanzig Opfer und ich merkte, dass es mit meinem friedlichen Leben nun vorbei war. Ich werde Dämonen jagen gehen und so viele von ihnen für die Leiden meines Vaters büßen lassen. Und wenn ich erst in der Armee des Königs bin, werde ich dazu genug Gelegenheit haben.
 

Monat der Winde, einundzwanzigstes Jahr, achtzehnter Tag.

Habe die Ausbildung hinter mich gebracht. Mein Schwert dürstet seit über einem Jahr nach Dämonenblut. Endlich kann ich den Durst stillen.

Ich bin zum Anführer einer Patrouille ernannt worden, deren Route im weiten Umkreis der Stadt verläuft. Morgen brechen wir auf. Zehn Tage später werden wir dann das Ziel erreichen: Duradil, der große Außenposten, die Wachfeste Ronderlors. Ronderlor... die Hauptstadt unseres Reiches... etwas so großes zu beschützen und noch dazu meinen Vater zu rächen erfüllt mich mit Stolz.
 

Monat der fallenden Blätter, zweiundzwanzigstes Jahr, fünfter Tag.

Er Kam in der Nacht. Er streifte durch die Nacht, seine lange, braune Robe verdeckte alles bis auf das Gesicht. Es lag zwar auch im Schatten seiner Kapuze, doch im Licht des Feuers konnten wir seine tiefen Falten und das ergraute Haar erkennen- eindeutig war dies ein sehr alter Mensch. Er sagte, die Sterne hätten ihn geführt. Aus Höflichkeit und Respekt vor seinem Alter ließ ich ihn an unser Feuer treten.

Er setzte sich dankend zu uns, ich bat ihm eine Keule des Huhns an, das ich mir über dem Feuer gebraten hatte. Wir aßen still, während sich meine Männer schlafen legten, ich würde die erste Wache übernehmen. Der Alte schien nicht müde zu sein und bald waren wir die einzigen, die noch aufrecht saßen.

Er hatte mir direkt gegenüber platz genommen und ich starrte in seine Augen, die den Schein des Feuers reflektierten. „Was tut ihr hier eigentlich?“, sprach ich endlich die Frage aus, die ich mir schon seit unserem Treffen gestellt hatte.

Er lächelte: „Ich sagte doch schon, die Sterne haben mich geführt.“, sagte er mit seiner dunklen, etwas rauen Stimme. „Gut und schön“, erwiderte ich, „doch warum reist ihr allein? Habt ihr keine Angst vor Dämonen?“ „Ich fürchte diese Wesen schon lange nicht mehr.“, antwortete der alte Mann. „Und wieso das?“, ich habe zwar selbst auch keine Angst vor den Dämonen, doch kann nicht jeder glücklich durch ihre Hand sterben, solange er nur zuvor so viele wie nur möglich gerichtet hat. „Nun, ich bin ein Magier.“, antwortete der Alte.

„Ein was?“, ‚Magier’ klang etwas nach hochgestochener Alltäglichkeit. „Ich beherrsche die Magie“ Er spazierte durch eine Gegend, die vor Dämonen nur so wimmelt und nur weil er Magie beherrscht hatte er keine Angst?! War er dem Wahnsinn verfallen? „Nun, jeder beherrscht die Magie.“, erinnerte ich ihn. Der Alte begann zu lachen und schüttelte den Kopf: „Ich spreche doch nicht davon, ein Feuer ohne Zunder zu entfachen oder ein vertrocknetes Feld zu bewässern.“ Er lächelte mich vergnügt an.

Na toll, nur weil er ein oder zwei Dämonen in brand setzen konnte, dachte er, er sei ein großer Held? Ich musste ihm einfach eine Lektion erteilen. „Meint ihr etwas, das mehr in diese Richtung zielt?“ Ich hob einen abgenagten Knochen hoch, sammelte meine Kräfte, fixierte das Feuer zwischen mir und dem Alten und konzentrierte mich auf den Knochen. Erst langsam, dann immer heftiger begann er zu brennen, bis er in einer Stichflamme zu Asche verbrannte.

Schwer atmend sah ich den Alten triumphierend an, doch der lachte nun schallend los. „Ihr habt Talent, mein Sohn! Doch versteht ihr nicht, was Magie wirklich zu tun vermag! Seht her! DAS ist ein leichtes für echte Magier!“, er zeigte auf das Feuer und murmelte „RenFrieGe!“ Das Feuer wurde Himmelblau und erstarrte. Es erstarrte ganz einfach. Jede Bewegung, jede wärme, jedes Licht, jede Natur war aus ihm gewichen. Ich sah sprachlos vom Feuer auf den Alten der mich mit einer Mischung aus Neugier und Belustigung musterte. „Lass mal sehen, ob du das auch wieder zum Brennen kriegst. Schaffst du es, werde ich dich als Magieschüler aufnehmen. Ist das ein Anreiz?“

Das fragte er noch?! Mit solcher Macht wäre ich in der Lage, eine ganze Armee Dämonen mit einem einzigen Fingerschnippen zu erlegen! Was tat ein Mann mit solchen Fähigkeiten in dieser Einöde? Er gehörte aufs Schlachtfeld! Ich konzentrierte mich auf das Feuer, dachte an seine Wärme, seine Hitze. Erinnerte mich an jedes einzelne Feuer, das ich jemals gesehen hatte, stellte mir erst vor, wie es wieder seine Gelbliche Färbung annahm, wie seine Flammen langsam wieder zu züngeln begannen und zwang dem Feuer dann dieses Bild auf.

Und ich schaffte es tatsächlich- dachte ich zumindest, doch ich schaffte es nur, diese kalte Flamme ein wenig zu bewegen, ihre Form ein wenig zu verändern. Dann hauchte der Alte mir etwas zu: „Sagt noch ‚DenZündEnt’ !“ Kaum hatte das Wort meine Lippen verlassen, schoss die Flamme in die Höhe kurz wurde die Lichtung taghell erleuchtet. Einige Männer bewegten sich unruhig, doch sie hatten gelernt, solange zu schlafen, bis man sie nicht weckte.

„Bemerkenswert“, sagte der Magier, während mich meine Erschöpfung zu Boden zog. Ich brauchte einige Sekunden, bevor ich wieder sprechen konnte: „Meintet ihr es ernst? Werdet ihr mich in der Beherrschung solch mächtiger Magie unterweisen?“

Er nickte langsam. „Doch zuvor muss ich euch noch etwas von dieser Welt erzählen. Denn bevor ich euch in die Lehre nehmen kann, muss ich etwas verlangen, dass ihr ohne Vorherige Erklärung nicht verstehen und nicht akzeptieren könnt.“, sagte er eindringlich. Er griff zu einer Tasche, die unter seiner Robe steckte, und beförderte eine Feldflasche zum Vorschein, aus der er sich einen langen Zug gönnte. Er legte seinen Kopf in den Nacken und betrachtete den gestirnten Himmel.

„Was weißt du über die Götter?“, fragte er mich. Eine solche Frage gestellt zu bekommen überraschte mich; jeder Mensch gäbe wohl die gleiche Antwort: „Nun, die Götter sind mächtig, unsterblich, weise- sie sind einfach vollkommen.“ Der Kopf des Alten ruckte nach unten, damit er mir direkt in die Augen sehen konnte. „Glaubst du oder Weißt du das?“, fuhr er mich an. „Du glaubst es nur, gib es zu! Du weißt nicht einmal, ob sie wirklich existieren! Doch eines sage ich dir! Du selbst wirst, sobald du auf dem Weg der Magie wandelst, eines erkennen: zwar existieren die unsterblichen und mächtigen Götter, doch sind nur die allerwenigsten weise.“, ich wollte gerade ‚Blasphemie’, rufen, da schnitt er mir mit einer Handbewegung schon das Wort ab. „Und kein einziger von ihnen ist unfehlbar, mein Sohn.“

„Solch etwas zu sagen ist Gotteslästerung!“, sagte ich entrüstet. Dass ein Gott unfehlbar sei, war so ziemlich das erste, was ich gelernt hatte. Der alte schüttelte nur energisch den Kopf: „Mit Wahrheiten kann man niemandem lästern.“, sagte er nur.

„Und die Geschichte der Welt beweist ihre Fehlbarkeit. Seht ihr, alle Lebewesen dieser Welt wurden vom Willen der Götter erschaffen. Und so auch ein besonderes Volk. Die Götter erschufen eine Rasse perfekter Lebewesen: Stark, intelligent, unabhängig und –als besonderes Geschenk- wurde ihnen ein Teil der Göttlichen Macht ins Blut gegeben. Die Magie.“

ich wollte gerade meine Meinung über die Göttlichkeit der Magie kundtun, doch der Magier redete schon weiter: „Zuerst verlief alles wie geplant. Das Volk gedieh prächtig, lebte in einklang mit der Welt, kultivierte den Boden und seinen Geist. Riesige Städte wurden errichtet und immer mehr widmete sich das Volk den Künsten, immer fühlend, dass die Künste nicht das liefern konnten, weswegen sie immer mehr verfeinert wurden.“, der Magier nahm einen weiteren Schluck aus der Feldflasche, „Und dann begriffen die Mitglieder dieses Volkes: Kunst und Kultur hätten einer anderen, fehlerhaften Rasse Perfektion versprochen. Doch was sollte dies einer bereits Perfekten Rasse nützen? So ließen sie die Kultur fallen und widmeten sich einzig und allein ihrem Vergnügen.

Doch die Überreste der Kultur waren dem Volk bei seinen Vergnügungen im Weg. Und so richteten sie sich gegen die Dinge, die sie einst geschaffen hatten. Merke dir, wer die Kultur aufgibt, provoziert eine Veränderung der Gesellschaft. Doch wer Kultur auslöschen will, der provoziert Konflikte. Die einst feinfühligen Wesen gebaren immer mehr charakterliche Fehler aus ihrer Perfektion. Sie stumpften ab, wurden dadurch aggressiver und fanden sich schließlich in einer Anarchistischen Gesellschaft wieder. Schnell zerfiel aller Glanz und alle Schönheit, die sie je geschaffen hatten. Und Als sie ihre Kultur restlos vernichtet hatten, war nicht nur ihr ehemaliger Ruhm vergessen, sondern auch ihr wahrer Name. Denn selbst die Götter hatten diesem Volk schon längst einen neuen Namen gegeben: „Dämonen“ wurden seine Mitglieder nun genannt. Das bedeutet „Die Verkommenen“ in unserer Sprache.“, er hielt inne und ließ das alles auf mich wirken. Ich konnte nicht Glauben, was ich Gehört hatte und musste mich erst einmal Sammeln. Ich wusste, er wollte keine Frage hören, er wollte die Geschichte zuende bringen. Und ich fühlte, dass er gedachte, mir etwas noch unglaublicheres zu sagen hatte.

Er fuhr fort: „dann begangen die Dämonen ihren bis dahin größten Fehler: Da sie nun nichts mehr zu vernichten hatten, Vernichtung aber ihr liebster Zeitvertreib geworden war, begannen sie, das Werk der Götter, diese Welt, zu verwüsten.

Hatten die Götter ihren Fehlschlag bisher Ignorieren können, so mussten sie nun handeln. Doch Götter ziehen nicht selbst in den Krieg. Sie hatten sich geschworen, niemals direkt in den Lauf der Welt einzugreifen und doch mussten sie handeln. Und so schufen sie Lebewesen, die weder so stark noch so zäh waren wie die Dämonen. Doch sie liehen ihnen die selbe magische Macht, verbunden mit der ‚Schwäche’ sich auf andere verlassen zu müssen, um zu überleben.

Wir Menschen sind die Waffe der Götter gegen die Dämonen. Wir Menschen wurden auserwählt, gegen eine perfekte Rasse zu kämpfen. Doch wir waren- und sind immer noch- zu wenige, um allein den Angriffen der Degeneriertesten Dämonen zu widerstehen.

Sie Sind schwach, aber zahlreich. Und so haben uns die Götter mit einer wenige Generationen währenden Magischen Verstärkung versehen, damit wir das Gros der unwürdigsten der Unwürdigen schon während unseres Aufstieges vernichten können. Der Göttliche Auftrag der Menschen ist es, Dämonen zu jagen, und unsere einzige Chance besteht in Zusammenarbeit und starker Magie“, der Magier genehmigte sich einen weiteren Schluck und verstummte, während in mir die Fragen zu brodeln begannen.

Nach einer weile hatte ich meine Gedanken soweit geordnet, dass ich die wichtigsten Fragen stellen konnte: „Ihr sagtet, dass wir Menschen nur für bestimmte Zeit über Magie verfügen, doch wie sollen wir danach gegen die Dämonen antreten, wo doch selbst ihr zugegeben habt, dass wir dazu die Magie benötigen.“

Der Alte antwortete fast augenblicklich, als hätte er diese Frage erahnt. Vielleicht hatte er das sogar: „Nein nein, die Menschen sind von Natur aus zu starker Magie fähig. Doch braucht es von Generation zu Generation mehr Anstrengung und Konzentration, sie zu beschwören. Das Talent zur Magie geht uns verloren, nicht die Magie selbst.“

„Nun gut, das will ich einsehen... Aber, Herr, etwas anderes: Ihr sagtet, wir würden bisher nur gegen den Abschaum der Dämonenwelt kämpfen, soll das heißen, dass die eigentlichen Dämonen um einiges Mächtiger sind?“ „Ja.“, antwortete der Alte. „Ich schätze, dass wir gegen die mächtigsten Dämonen wohl ganze Armeen aufbieten müssen. Eine wahrhaftige Dämonenarmee wäre unbesiegbar. Doch haben sie das Talent zur Harmonie schon längst verloren. Schon wenn zwei Dämonen auf der selben Seite kämpfen, können sie nur noch die hälfte ihrer wahren Zerstörungskraft entfesseln- mit der Anderen müssen sie nämlich ihren Nebenmann davon abhalten, den Partner zu ermorden. Die dümmsten Dämonen aber kämpfen immer noch in Rudeln, und sie Sterben selbst durch die Hand einfacher Bauern. Auch wenn sich das in letzter zeit langsam ändert.“ Wie war das? Bauern die sich nicht länger gegen die Dämonen wehren konnten? Zum ersten mal seit über einem Jahr dachte ich wieder an meine Heimat.

„Nun, das ist nicht weiter überraschend. Die niederen Dämonen sind schon fast ausgerottet. Was jetzt geschieht, dürfte das Ergebnis eines Plans sein, der von einem der höheren Dämonen ersonnen wurde. Und er scheint zu funktionieren. Immer mehr Dörfer haben Probleme mit einer neuen Art Dämon... Die Zahl unserer Magier muss steigen und ich bin einer derjenigen, die Ausgesandt wurden, um besondere Talente zu suchen und nach Ranleda, zum Magierturm zu bringen.“, jetzt sah mich der Magier fest an. „Die Götter haben mir durch die Sterne mitgeteilt, dass ich hier ein besonderes Talent finden würde- und sie haben nicht gelogen. Selbst ohne Ausbildung sind deine magischen Kräfte bemerkenswert... wenn auch nicht so bemerkenswert wie meine es seinerzeit waren.“, fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu.

„Nun kommen wir zu der Entscheidung, die du treffen musst. Das Studium der Magie verlangt, dass der Studierende sich auf das Beschützen der Menschen und das Bezwingen der Dämonen konzentrieren muss. Als Mitglied einer Armee kämpfst du aber nicht unbedingt nur gegen Dämonen. Es könnte der Tag kommen, an dem du deine Magie gegen deinesgleichen einsetzen sollst. Um dies zu verhindern, darf kein Schüler auf irgend mögliche Weise an ein Königreich gebunden sein. Daher musst du die Armee deines Königs hier und jetzt verlassen, wenn du mein Schüler werden willst.“ Mein herz versetzte mir bei seinen Letzten Worten einen Stich- ich hatte in dieser Armee viel gutes erlebt und konnte den Durst nach Rache immer wieder stillen. Einfach war es auch nicht, meine Männer zu verlassen.

Doch ein Leben, dass es mir möglich machte, Dämonen schneller, besser und quälender zur strecke zu bringen, war einfach zu verlockend. Und die Aussicht, Rache an ebenbürtigen Gegnern zu üben, war sogar noch verlockender.

Morgen früh ernenne ich Negraul zum Anführer und verlasse die Armee. Ich lege mich nun schlafen, mein Meister will beim Tagesanbruch aufbrechen.
 

Monat des ersten Schnees, Zweiundzwanzigstes Jahr, neunter Tag

Wir haben Negraul erreicht. Nie habe ich ein seltsameres Gebäude gesehen: Einige Erker schweben frei in der Luft, Treppen sind nur selten zu finden. Die Feuer schweben in der Luft, Fackeln braucht hier niemand. Die Ebenen um den Turm sind weit und karg. Wer diesen Turm angreifen will, kann nicht auf den Überraschungsmoment hoffen.

Überall in diesem Gebäude liegt der Geruch alten Pergaments in der Luft. Meister Arthas gab mir zwei Tage, um mich von der Reise zu erholen, bevor meine Ausbildung beginnt.
 

Die nächsten Einträge datieren sich erst sehr viel später, oh geschätzter Leser. Um dem Sinn der Zeitlinie treu zu bleiben, sollten wir uns an das nächste Dokument wenden und nun, da wir die Tagebucheinträge verlassen haben, finden wir einen Stoß Blätter vor, der einst etliche Jahre später von Zaphod verfasst wurde. Lasst uns dieses Dokument lesen, um eine Vorstellung alter Magieausbildung zu bekommen, die glücklicherweise nichts zu tun hat mit einer Verteilung der Studenten in vier Häuser und einer sieben Jahre währenden Anwesenheitspflicht, wie es moderne Schulgründe bevorzugen:
 

-Lehrjahre eines sentimentalen Magiers-
 

Dies, oh meine Freunde sind meine Erinnerungen an meine schönste Zeit auf Erden. An eine Zeit, da ich mit verschiedenen Meistern durch die Lande streifen durfte, um mehr über die Magie, die Menschen und die Dämonen zu lernen (und natürlich jeden Dämonen nach den Studien zu vernichten).

Ich bin weder zu einer detaillierten, oder gar lückenlosen Beschreibung nicht mehr fähig, denn wie ein gutes Bier muss der Geist zwar erst reifen, bevor er bereit für sein eigentliches Schicksal ist, doch reift er gar zu lange, so wird er schal und verdirbt sich seine Vorzüge.

Daher kann ich euch, oh geneigter Leser, lediglich von den seltsamsten, einprägsameren Erlebnissen meiner Reisen. Und Sonderbares, bei den Göttern, gab es wirklich allerhand.
 

- Engel-
 

Meister Arthas und ich waren kein Jahr unterwegs gewesen; das weite, fruchtbare Land Leruhys erstreckte sich vor uns. Weite Felder, blühender und prachtvoller, als ich sie je in meiner ganzen Zeit als inkantanischer Bauer gesehen hatte, säumten unseren Weg. Die schwere, heiße Landluft schwirrte vor Insekten, die schwärmend Unterschlupf und Nahrung in den weiten Monokulturen suchten. Das Land war scheinbar weniger vom Krieg mit den Dämonen zerrüttet, als Inkanta:

Die Dörfer sahen alt und friedlich aus, einigen fehlte gar die Waffenschmiede. Auch die Dörfler schienen Dämonen nicht zu fürchten, denn selbst zwei verhüllte Fremde wie wir es waren, wurden sofort freundlich begrüßt.

So merkwürdig ihre Furchtlosigkeit auch war, wirklich erstaunt war ich über ihre Gottesfürchtigkeit- und ich verwende hier bewusst den Singular: denn jeder Tempel war einem einzigen Gott gewidmet und mit einem Kreuz, dessen einer Balken den anderen etwas über der Mitte in der Lotrechten kreuzte, verziert.

Meister Arthas versuchte, mir dies begreiflich zu machen: „Diese Menschen , mein Sohn“, sagte er, ein wenig gequält klingend, „glauben an einen Gott, der allein die Welt beherrscht. Um es begreiflich auszudrücken, sagen sie manchmal, dass all unsere Götter aus diesem einen unsichtbaren entstanden sind und dass sein Wille allein uns alle lenkt.“ Mein Meister schüttelte mit bitterer Mine den Kopf. „Da ist selbst eine Jagd auf Magier wahrscheinlicher, als das Überleben dieses Monotheismus!“, lachte ich und wir zogen guter Dinge weiter.

Der erste Dämon dem wir begegneten, sah fast menschlich aus, abgesehen von den gefiederten Flügeln, die aus seinem Rücken wuchsen. Es war tiefe Nacht und wir hatten uns schon an einem Fluss zur Nachtruhe begeben, da drangen die Geräusche eines Kampfes an unser Ohr. Der Dämon rang mit einem Menschen, den er scheinbar im Schlaf überrascht hatte. Doch bevor wir auch nur in seine Nähe kamen, hatte der Mensch ihn schon niedergerungen. Zwar stand der Dämon sofort wieder auf, doch schien er dem Menschen nur etwas zu sagen, um sich danach in die Lüfte zu erheben.

Verwirrt sah ich dem mächtigen Flügelpaar nach, dessen weiße Federn noch weit entfernt das Mondlicht reflektierten. Hatte gerade ein Dämon eine Niederlage gegenüber einem Menschen eingestanden? Ich hatte Exemplare erlebt, die bis zum Tod von ihrer Überlegenheit sprachen; doch ein Dämon, der freiwillig und ohne zu zögern seine Schwäche einsieht? Das war schon fast eine unerhörte Neuigkeit!

„Was für ein Dämon war das denn?!“, fragte ich meinen Meister in einem atemlosen Flüstern. „Das,“, hauchte Meister Arthas, „Das, Zaphod, war ein Engel.“ „Engel?“ „Ja, das sind die ältesten Dämonen auf Erden, jene, die als erste von den Göttern geschaffen wurden. Sie erlebten mit, wie ihre Brüder zum Leben erwachten, Kultur aufbauten und wieder zerstörten. Nur die Engel wollten an dieser Zerstörung eines Glanzes, den sie selbst erschaffen hatten, nicht teilhaben. Sie blieben makellos, während ihre Brüder in die Abgründe der Fehlbarkeit fielen. Die Engel, in der Sprache der Götter heißt das ‚die Ersten’, dienen den Göttern- aber dass ich tatsächlich einen zu Gesicht bekommen würde... “, er seufzte erfreut.

„Dies sind die einzigen Dämonen,“, sagte er, „die wir Leben lassen können und dürfen. Nicht, dass wir sie töten könnten.“ „Was sagt ihr?“, fragte ich überrascht. Hatte ich richtig gehört? Diese Engel sollten mächtiger sein, als wir Magier? Der Meister nickte nur und sah in die Richtung, in der der Engel im Horizont entschwunden war. „Die Magische Kraft dieser Wesen ist unermesslich. Und da sie sich gegenseitig noch Vertrauen schenken, sind ihre Armeen stärker als jede Naturgewalt.“, raunte er in die Nacht.

Wir ließen den Mann, der den Engel niedergerungen hatte, seine Nachtruhe. „Präge dir das Wesen, dass du gesehen hast gut ein, Zaphod.“, flüsterte Meister Arthas, „Diese Wesen sind mächtig. Und sie zu sehen, ist ein besonderes Privileg eines jeden Dieners der Götter.“

Nachdem ich von den Engeln erfahren hatte, konnte ich mir einen Reim darauf machen, warum dieses Land so friedlich war. Ich hatte so das Gefühl, dass es von einem Engel beschützt wurde. Aus diesem Grund war hier aber auch nicht viel Forschungsmaterial zu finden. Zwar wäre die Untersuchung eines Engels eine unglaubliche Erfahrung. Doch war nicht zu erwarten, dass einer von ihnen freiwillig die Untersuchung erdulden würde, zumal diese eine Autopsie mit einschloss.
 

- Jaina -
 

Wir zogen noch Wochen durch die schönen, aber recht faden Felder, Städte und Wälder Leruhys. Und endlich, nachdem wir schon lange der schrecklich penetranten Freundlichkeit und der bedrohlich dauerhaften Friedlichkeit überdrüssig waren, überquerten wir die Grenze nach Enmaniger und entfernten uns ins Landesinnere. Mit jeder Meile, die wir uns von Leruhy entfernten, wurden die Menschen vorsichtiger und sahen uns Fremde immer furchtsamer an. Hier war es zwar noch immer recht friedlich, doch zumindest liefen uns immer wieder mindere Dämonen über den Weg, wir waren wieder in einem Gefilde, dass unserem Vorhaben besser zusagte.

Als wir ein kleines Städtchen durchschritten, deutete Meister Arthas immer wieder auf den Boden vor den Türen, auf den immer wieder ein seltsames Zeichen gezogen worden war.

Dann, bei einer weiteren Tür mit dem Zeichen blieb er stehen. „Hier, sieh nur! Sieh!“, sagte er erregt. Ich beugte mich über das Zeichen und betrachtete es genau. Es war sehr viel feiner gezogen als die anderen. Es strahlte eine Gewisse Harmonie aus: Ein Fünfeckiger Stern, der in einer Bewegung gezogen zu sein schien, bestehend aus fünf genau gleich langen Strichen, in einen Kreis gesetzt. „Ein perfektes Pentagramm!“, rief mein Meister entzückt. Er fuhr begeistert mit dem Finger in der Luft den Stern nach.

„Was ist das, Meister?“ „Das ist eine Rune, ein Buchstabe aus dem Alphabet der Götter.“, erklärte er aufgeregt. „Ihnen liegt eine besonders alte und mächtige Magie zugrunde. Ich habe mich in dieser Kunst versucht, doch scheint man mehr tun zu müssen, als einfach nur die Rune zu zeichnen- ich konnte Runenmagie nie beherrschen... Aber... lass mich sehen...“, er zog aus seiner Robe einen kleinen Kobold, gesperrt in ein Glasgefäß.

Der dumme kleine Dämon hatte versucht, uns vergangene Nacht anzugreifen. Wir untersuchten an ihm gerade die Auswirkungen von Luftmangel, doch er tummelte sich noch recht munter. Der Meister bewegte das Gefäß langsam an das Pentagramm heran, es geschah nichts. Langsam zog er es über den Stern. Da geschah es: Sobald der Dämon sich auch nur mit dem großen Zeh über einer der Linien befand, zuckte er, scheinbar, vor Schmerz zurück. Der meister war unerbittlich und hielt das Gefäß direkt über den Stern. Der Dämon schrie laut los, selbst durch das Dämpfende Glas konnte man das Rufen seiner Todesqualen hören. Nur einen Augenblick später geschah es: Der Dämon hörte auf zu schreien, eine Träne rann aus seinen Augen. Sie verdampfte, noch bevor sie den Boden des Glases berührt hatte: Der Dämon hatte begonnen zu qualmen, spuckte plötzlich Feuer und verging beinahe augenblicklich in einer Stichflamme, die das ganze Glas erfüllte.

„Erstaunlich... Wie du siehst, ist Runenmagie eine unglaublich mächtige Angelegenheit. Pentagramme halten Dämonen, wie du gesehen hast, vom Eintritt in Gebäude Ab. Auf freiem Feld ist man Sicher vor Dämonen, wenn man sich im Fünfeck innerhalb des Sterns befindet.“, sagte er fröhlich. „Selbst ihr habt diese Kunst nicht gemeistert?“, fragte ich und hoffte, er nehme mir diese Frage nicht Übel.

„Nein, das habe ich nie beherrscht“, sagte er, während er sich ächzend erhob. „Aber ich habe vor, es hier zu lernen“, lachte er und klopfte überschwänglich an die Tür.

Eine Frauenstimme antwortete: „Kommt nur herein, wenn ihr könnt!“ Wir öffneten die Tür und traten über die Schwelle. Ich folgte Meister Arthas auf dem Fuße und als er auf der Schwelle stehen blieb, um seine Kapuze vom Kopf zu ziehen, trat ich kürzer als geplant und damit versehentlich auf das Pentagramm. Erschreckt hob ich den Fuß sofort wieder, um den Schaden zu begutachten, doch die Rune sah so perfekt aus wie zuvor, sie schien in den Boden gebrannt zu sein.

Meister Arthas trat zur Seite, um auch mir den Zutritt zu ermöglichen und sah sich interessiert in der Stube um. Das Haus hatte nur ein Stockwerk und während ich selbst die Kapuze herunterzog, betrachtete ich interessiert das mit Sicherheit größte Zimmer dieses Hauses. An jeder Wand war eine Tür, zwei schienen in Schlafgemächer zu führen, die zu meiner Linken in eine Küche; die letzte Tür war selbstverständlich der Eingang.

In der Mitte der Stube stand eine Säule, getragen von vier kleineren Säulen, zwischen denen ein großes, gemütliches Feuer brannte Holzscheite waren nicht zu sehen, es musste also ein magisches Feuer sein; Arthas hatte Recht gehabt mit seiner Vermutung, hier hause ein Magier. Um diesen recht bizarren Kamin standen einige Ohrensessel. In jeder Ecke standen Regale. Die einen waren bestellt mit verschiedensten Fläschchen, in denen Unterschiedlichste Flüssigkeiten glitzerten, andere waren mit Büchern vollgestellt und ein Regal bog sich unter dem Gewicht zahlloser Steine. Ich fand diese Stube unglaublich gemütlich.

„Guten Tag“, die Stimme der Frau, die uns hereingebeten hatte, schreckte mich auf. Sie lehnte am Türrahmen und musterte uns eingehend. Ich tat es ihr gleich. Sie selbst sah aus wie eine Magierin: Sie war gewandet in blau und weiß gefärbte Roben, wie sie auch im Turm von Ranleda getragen wurden, die sich sacht an ihre Figur schmiegten. Lange, rote Haare fielen in flammenden Kaskaden ihren Körper herunter. Ihr Gesicht zeigte Jugend und Kraft und es war von besonderer Schönheit. Ich könnte stundenlang fortfahren, die tausend Farbfacetten ihrer braunen, nein- dunkelbraunen- in den Pupillen auf jeden Fall ebenhölzernen- Augen zu beschreiben, daher sage ich es euch kurz, geehrter Leser: Ich war von Anfang an in sie vernarrt. Eine schönere Frau, das wusste ich, konnte es nicht geben.

Sie hatte auch uns eindringlich gemustert und lächelte ein Lächeln, für dass ich gemordet hätte. „Ich grüße euch, ihr Magier des Turms Ranleda. Ich bin Jaina, was kann ich für euch tun?“, fragte sie mit engelsgleicher Stimme und ja, geehrter Leser, mir ist bewusst, dass ich noch immer von ihr schwärme, doch vermögen es verliebte niemals, objektiv die Geliebte zu beschreiben.

Mein Meister verbeugte sich und stellte dabei uns beide vor. Ich konnte meine Augen nicht von ihr nehmen. Dann sah Arthas sich um und fragte höflich: „Ich suche den Runenmeister, der das Pentagramm vor eurer Tür gezogen hat.“ Jaina lachte ein entzückendes Lachen und sagte: „Arthas, der Gedanke, von einem Meister des Magierturms als Runenmeisterin bezeichnet zu werden, erfüllt mich mit stolz.“

Ich war entsetzt, und auch die Züge des Meisters vielen kurz in sich zusammen. Eine solch junge Frau war schon in den Rang eines Meistermagiers aufgestiegen? Arthas wollte es scheinbar noch einmal bestätigt wissen, denn er fragte, ziemlich plump, ob tatsächlich Jaina das Pentagramm vor der Tür gezogen habe.

Jaina schien der Unglauben des Meisters nichts auszumachen, sie war höchstens belustigt. „Natürlich habe ich dieses Pentagramm gezogen, jeder in dieser Stadt zieht eines vor seiner Tür. Doch sagt, was führt einen Meister mit seinem Schüler“, erst als sie meine Person mit einem solch erniedrigenden Rang erwähnte, bemerkte ich, dass ich meinen Blick noch immer nicht von ihren Reizen abgewendet hatte, „in mein Haus?“

„Ich würde vorschlagen, dass wir uns für eine längere Konversation in diese wunderbar bequemaussehenden Sessel begeben“, er deutete zu den Sesseln am Kamin, „natürlich nur“, fügte er hinzu, „wenn ihr nichts dagegen habt, Jaina.“ Jaina strahlte uns an. „Natürlich, natürlich! Ich bin neugierig auf alles, was so weit gereiste Magier mit mir zu besprechen haben.“, sie wies auf die drei nächst gelegenen Sessel und nahm selbst platz.

Arthas und ich taten nahmen den Platz rechts und links von ihr ein. „Ich glaube, ein wenig Verpflegung könnte uns auch nicht schaden,“, lächelte Arthas und wisperte: „NeScheinEr“ Sogleich materialisierte sich ein Tisch zwischen uns, auf dem sich eine Karaffe Wein und drei silberne Trinkkelche befanden.

Jaina machte große Augen, beobachtete Arthas beim einschenken des Weins, als vollbringe er Wunder und fand erst ihre Stimme wieder, als der Wein ihre verführerischen Lippen berührten. Sie machte noch einmal große Augen, nahm einen kräftigen Schluck und sagte schließlich mit hörbarer Fassungslosigkeit: „Und er schmeckt sogar! ich hatte ja schon gehört, dass die Magie der Ranleda Turm Magier wundersame Dinge vollbringen können, doch dass euch ein solches Kunststück... und ein solcher wein,“, mit einem leichten lächeln hob sie das Glas zum Toast, „so einfach gelingen könnte, hätte ich nicht gedacht.“ Zur Beruhigung nahm sie noch einen Schluck zu sich. Eine gemütliche Stille stellte sich ein.

„Ich muss sagen,“, brummte der Meister schließlich, „ich hatte nicht erwartet, dass eine junge Frau wie ihr ein solch guter“, er winkte zur Tür, „Runenmagier seid.“ Jaina sah ein wenig drein: „Nun, wisst ihr, meine Eltern war einst die Runenmeister dieses Städtchens, doch letztes Jahr starben sie an einer schrecklichen Epidemie. Magie vermag viel, doch Krankheiten sind bisher nur von Kräuterkundigen zu heilen...“, verbittert brach sie ab, sie kämpfte offensichtlich mit den Tränen. Ich aber spürte ein neues Gefühl der Verbundenheit mit Jaina, sie hatte, wie ich, ihre Eltern verloren- auch wenn dieses Schicksal sich in letzter Zeit wohl immer mehr Menschen teilten.

Jaina schüttelte die Trauer von sich ab, oder verbarg sie zumindest, und sagte: „Ich denke, nachdem ihr solch ein Interesse an meiner Runenmagie hegen, weiß ich, was ihr mit mir besprechen wollt. Doch ich muss euch eines sagen: So natürlich euch die gesprochene Magie anmutet, so natürlich empfinden wir Menschen in Enmaniger die Runenmagie.

Und bisher hat sich niemand gefunden, der beide Arten der Magie beherrschen konnte. Natürlich muss ich zugeben, dass es bisher nicht viele in diese Länder verschlagen hat, die Gesprochene Magie jemandem von uns hätten beibringen können. Daher würde ich euch bitten, mich in die Lehre zu nehmen. Ich möchte sehen, ob man seinem Schicksal, nur eine der Magiearten zu meistern, entrinnen kann.“

Arthas lachte auf. „Dann lasst uns aber alle das Schicksal fordern!“, rief er überschwänglich. „Ihr bezahlt uns mit Lehren über die Runenmagie für eure Unterweisung in unsere Magie!“

Jaina stimmte zu und bot uns ein Lager in den ehemaligen Gemächern ihrer Eltern an. Wir vergaßen für den Rest des Tages das Studium der Magie und erzählten von unseren Erlebnissen auf der Reise, von den verschiedensten Dämonen, denen wir begegnet waren (als wir ihr von dem Engel erzählten, glänzten ihre Augen) und erzählten uns die Märchen unserer Heimat. Ich war glücklich, längere Zeit mit Jaina verbringen zu können und freute mich, mehr über sie zu erfahren. Den ganzen Abend hoffte ich, an ihr eine Andeutung zu erkennen, dass sie an mir so interessiert war wie ich an ihr.

Ich war erfüllt von, so glaubte ich, glühender Liebe. Heute weiß ich natürlich, dass ich lediglich von einem guten Jahr Enthaltsamkeit und einer Flasche Rotwein erfüllt war, doch so sind die Männer dieser Welt: Sie verwechseln Begehren und Liebe solange, bis sie das erste Mal wirklich lieben. Doch ich will hier nicht über die Liebe schreiben, denn dazu fühle ich mich nicht in der Lage. Selbst ihre bloße Essenz würde mir wie Sand zwischen den Händen in diesen Worten auf Pergament verrinnen. Ich widme mich lieber objektiven Erlebnissen und der Magie. Zumindest in diesem Werk.
 

Am Nächsten Tag sollte der gegenseitige Unterricht beginnen. Meister Arthas überließ es mir, Jaina die Grundlagen zu erklären. Er sagte, er müsse seine geistigen Kräfte sammeln, um bei Jainas Lehrstunden so viel zu behalten wie möglich; er schlief aus.

Doch war ich ihm deshalb keineswegs böse, im Gegenteil, er ermöglichte es mir schon jetzt, Zeit mit Jaina zu verbringen. Ich führte sie ins freie Feld, ein gutes Stück abseits von der Stadt. Es war ein heißer Sommertag, die Sonne brannte unerbittlich auf die karge, felsige Hügellandschaft. Nur ein einzelner Baum reckte sich hier in die Höhe, seine grüne Krone raschelte, die vom lauen Wind umweht wurde, ein wenig. Ich rechtfertigte diese Abgeschiedenheit (vor mir wie vor ihr) damit, dass eine praktische Demonstration im Gelände besser sei; Feuermagie war innerhalb einer Stadt eine recht gefährliche Angelegenheit.

Ich erklärte ihr, dass die Magie, die Arthas und ich praktizierten, auf Konzentration auf die Macht der Natur basierte. „Und wozu sind dann die magischen Worte gut?“, fragte sie verwundert, anscheinend war sie der Vorstellung verfallen, dass diese Art der Magie viele Worte in fremder Sprache erforderten, vielleicht dachte sie sogar, dass man für so gut wie jeden Zauber komplizierte Rituale durchführen musste.

Den Gedanken trieb ich ihr aus, als ich ein Gänseblümchen erst wortlos mit einem Eisblock umgab, dann das Eis schmelzen und die Blume zu Asche verbrennen ließ, um dann aus der Asche eine Neue wachsen zu lassen. Sie konnte ihren Mund vor staunen kaum mehr schließen. Sie ging auf die Blume zu und pflückte sie, entzückt roch sie an der Blüte und seufzte: „Eine Rose!“ Wie war das? Eine Rose? Tatsächlich! Ich hätte mich selbst Ohrfeigen können, es hätte wieder ein Gänseblümchen werden sollen! Die Nähe dieser Frau brachte meine Gedanken auf gefährliche Pfade. „Und weiß ist sie auch noch!“, sie strahlte mich an. „Dass eure Magie selbst Leben erschaffen kann!“, sagte sie begeistert.

Ich wurde rot, sie lobte mich viel zu sehr, ich konnte mich unmöglich noch aufs Lehren konzentrieren. Daher saß ich erst einmal glücklich schweigend auf einem flachen Felsen, der aus einem Hügel herausragte und sah Jaina aufmerksam an. Sie betrachtete noch eine Weile gedankenverloren die Blume, dann sah sie mich herausfordernd an. „Nun, großer Meister, lag ich richtig? Kann eure Magie Leben erschaffen?“ Ich schüttelte eine Phantasie von mir ab, die eine intensive Berührung unserer beiden Lippen beinhaltete (ich sollte diese Vision noch sehr oft haben, daher erinnere ich mich so gut an ihren Inhalt) und räusperte mich- bloß keine verräterischen Bemerkungen! „Nun, dies ist eine schwer zu beantwortende Frage“, versuchte ich Zeit zu schinden, „Als Erstes muss ich euch erklären, dass ihr gerade drei verschiedene Magiearten gesehen habt: Feuer, Wasser- oder auch Eismagie, und Erdmagie. Nicht viele Menschen können mehrere Elementarmagien beherrschen, die meisten beherrschen nur die Luft, eine wichtige, aber nicht sehr mächtige Magie.

Ich habe die Erd- Wasser- und Feuermagie genutzt, um Asche, Erde und ein wenig Wasser aus Luft und Boden zu einem Blumensamen zu formen. Dann... Dann..“, sie sah mich mit gehobenen Brauen an und dieser Blick, kombiniert mit den kastanienbraunen Augen, nahm meine Gedankenwelt so sehr ein, dass sich kein Gedanke mehr zu Worten formen wollte. „Wollt ihr nur vor mir angeben, dass ihr mehrere Elementarmagien beherrscht?“, fragte sie belustigt, „Oder wollt ihr mir das Wunder hier“, sie winkte mit der Rose, „noch genauer erklären? Ich nehme nicht an, dass jede Rose innerhalb von Sekunden wächst.“

Ich presste die Augen zusammen und schüttelte die Gedanken daran, was ich alles lieber mit dieser Frau täte als reden, beiseite: „Nun... Ich beschleunigte das Wachstum der Blume mit Erd- und Wassermagie; Außerdem hatte ich mir einen Rosensamen vorgestellt, der besonders schnell eine Blume wachsen lässt...“, ich hatte den Faden verloren- eigentlich wollte ich ihr genau erklären, wie ich mich auf das Bild einer Rose konzentriert (dass ich zuerst an ein Gänseblümchen gedacht hatte, wollte ich natürlich verschweigen) und dem Samen dann Energie und Nahrung geliefert hatte. Doch meine Gedanken waren wieder bei Jaina hängen geblieben. Natürlich muss ich, rückblickend, einräumen, dass ich mich schlimmer als ein frühreifer Knabe benahm. doch sollten sich meine werten Leser daran erinnern, dass ich als Bauernsohn und Soldat nun wirklich selten zuvor Gelegenheit hatte, mich den Reizen einer jungen Frau ausgesetzt zu sehen.

Wie auch immer... Wir saßen eine Weile schweigend beieinander, während der Wind der Berge die Sträucher und Grashalme um uns herum in sanften Wellen wogen ließ. Jaina betrachtete gedankenverloren die Rose, an deren Blütenblätter der Wind zerrte. Plötzlich verdunkelte sich ihre Mine vor Schreck.

Sie wandte sich zu ihr um, ein angsterfüllter Blick suchte meine Augen. Mit zitternder Stimme sagte sie: „ihr habt den Anfang des Lebens dieser Rose geschaffen, doch ihr Wachstum nur unterstützt.“ Ich nickte. „Das funktioniert generell mit jedem Leben, oder nicht?“, ihre Stimme überschlug sich, „Ihr... ihr könntet selbst einen Menschen erschaffen?! Dann doch wohl auch Dämonen?!“ Der Gedanke war mir nie gekommen, doch ich war, wie Jaina, sehr beunruhigt von der theoretischen Möglichkeit.

Ein leichter Schauer lief mir über den Rücken, doch ich schüttelte die angst vor der Vorstellung, dass Menschen von Dämonen geschaffen würden, um gegen andere Menschen zu kämpfen, ab und sagte mit zitternder Stimme: „N... Nein, nein!“, ich fürchte bis heute, dass es mehr danach klang, mich selbst zu beruhigen, als Jaina, „Den Ursprung des Lebens einer Pflanze, der Samen, kann man sehen. Man kann ihn studieren und ergründen, um ihn sich schließlich genau genug vor Augen führen zu können, um ihn aus den Elementen erneut schaffen zu können.

Dagegen ist der Ursprung des Lebens eines Menschen nicht nur um einiges Mysteriöser und Komplizierter, doch auch das anwachsen des Körpers ist an den Bauch einer Mutter gebunden. Und hier wissen wiederum nur die Götter, wie sich der Mensch im inneren des Mutterbauches entwickelt. Daher kann kein sterblicher- weder Mensch noch Dämon- einen Menschen auf unnatürlichem Wege schaffen.“, rückblickend ich muss sagen, dass ich ziemlich gut darin war, mir und Jaina den Glauben an künstlich geschaffene Menschen auszutreiben. Und mir fielen immer mehr Argumente gegen diese Vorstellung ein: „Und selbst wenn dies alle gelänge, dann wäre ein Mensch, der so schnell wächst wie diese Rose nicht zum Leben fähig; er hätte nichts gelernt und fände sich in der Welt nicht zurrecht.“, ich hatte mich selbst beruhigt, und blickte sie nun so aufmunternd an, wie ich nur konnte. Sie lächelte und nickte schwach. „Diese Magie kann einem Angst machen.“
 

Die Umgebung veränderte sich langsam, doch wir waren in ein vergnügliches, nur noch am Rande von Magierlehren beherrschtes, Gespräch vertieft. Wir bemerkten nicht, dass die laue Briese zu einem zornigen Sturm auffrischte und dadurch das zuvor noch einschläfernde Rascheln der Baumkrone sich zu ein wilden Toben steigerte. Die weißen Schönwetterwolken, die eben noch den Himmel zierten, bauschten sich zu bedrohlichen Gewitterwolken auf und verdeckten die Sonne. Der Schatten der Wolkenberge senkte sich über uns und mit der Kälte fuhr uns auch endlich die Erkenntnis in die Glieder, dass sich der Sommertag zum Weltuntergang wandelte.

Der Sturm zerrte an unseren Roben und drückte die Grashalme flach auf den harten Grund. Er zerrte auch an dem Baum und an Jainas Rose. Bald waren wir umweht von einem Meer dunkeler Blätter und weißen Blüten, dass zum wütenden Gebrüll der auf der Baumkrone verbliebenen Blätter hin und her wogte. Regen peitschte schon bald auf uns nieder, Kälte und Nässe trieben uns, statt zur Stadt, zum Baum, um wenigstens ein wenig Schutz vor Wind und Regen zu finden. Da zuckten schon die ersten Blitze durch den schwarzen Himmel, gefolgt von einem dumpf grollenden Donner.

Verängstigt sahen wir uns um, solch eine Wetteränderung konnte nur von Magie herbeigeführt worden sein. Und wer immer sie wirkte, er war wohl kaum ein angenehmer Zeitgenosse. Ich entfernte mich ein wenig vom Baum und spähte angestrengt nach einem Dämon oder Menschen, der diesen Sturm auf uns angesetzt hatte.

Nicht weit von mir hörte ich, wie jemand in eine der vielen frischen Pfützen trat. Doch als ich mich zu dem Geräusch umwandte, blickte ich schon in die gespenstischen Augen eines Geistes.

Das jedenfalls war mein erster Gedanke, denn das Gesicht des... Wesens, dass da vor mir stand, war mir vertrauter als kaum ein Anderes. Die schrecklichen Augen glühten in gefährlichem, weder durch Iris noch Pupille unterbrochenem, Rot. Als hätte der widerlich rote Schein nicht schon genügt, wurde das Gesicht von den immer wieder aufzuckenden Blitzen noch schrecklicher beleuchtet; Falten und Gesichtszüge verzerrten das Gesicht in diesem Licht zu einer grässlichen Maske. Und doch gab es keinen Zweifel.

Ich starrte in das Gesicht meines Vaters.



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