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Neverending Story

von

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Kapitel 7
 

Fest entschlossen endlich mit seinem Leben abzuschließen, hockte Alfred an seinem Schreibtisch. Er wollte sich nicht umbringen, tot war er ja schon, aber er wollte Patrick und alles damit verbundene hinter sich lassen. Er lebte jetzt hier auf dem Schloss, bei Herbert, bei Sarah, bei dem Grafen und allen anderen Schlossbewohnern.
 

Alles was ihn an sein früheres Leben erinnerte, verstaute Alfred in der untersten Schublade des Schreibtisches. Nur Professor Korn konnte er da leider nicht rein stecken. Patrick war Vergangenheit und hatte in seinem neuen Leben nichts mehr zu suchen, also Schluss mit dem Geheule! Jetzt begann ein neuer Abschnitt seines Daseins, die Ewigkeit.
 

Der junge Wissenschaftler stand auf und machte sich daran die Sachen zu erledigen, die er vorhatte in dieser Nacht zu tun. Als erstes musste er Herbert klipp und klar sagen, das er nur Freundschaft für ihn empfand und das da nie mehr sein wird. Dann, was ganz wichtig war, musste Alfred herausfinden was Korn hier wollte. Außerdem beschäftigte Alfred wer Rikarda, die Vampirin die auf einmal da war, war. Und! Er musste Blut trinken, das hatte er Herbert versprochen.
 

So führte Alfreds erster Weg direkt in die Küche des großen Schlosses und an den Kühlschrank, wo er sich eine Blutkonserve rausnahm. "Augen zu und durch!", sagte Alfred zu sich selber, schloss die Augen und trank das Zeug. "Mmh. Gar nicht schlecht", bemerkte er erstaunt, als er einen Schluck getrunken hatte.
 

Herbert saß einmal mehr auf der Mauer und dachte an Alfred und wie sie vor zwei Nächten hier gesessen haben. Es war so schön gewesen. Seufzend erhob er sich wieder und ging zurück zum Schloss. Sein Weg führte ihn geradewegs in die Bibliothek, wo er sich einen gerade erst gekauften und noch nicht gelesenen Gedichtband schnappte und sich damit auf einem der Sessel fallen ließ. Mal sehen was so alles drin stand. Vielleicht kam ihm ja auch eine Idee für das Gedicht was er Alfred zum Geburtstag schenken wollte. Hoffentlich hatten Magda und Marrek recht und es gefiel Alfred.
 

Mit einem leisen Seufzen schlug er die erste Seite auf und und wandte sich den Gedichten zu, doch mit den Gedanken blieb er bei Alfred. Wenn er doch nur eine Möglichkeit hätte ihm zu zeigen, wie sehr er ihn liebte, doch es schien keine zu geben, zumindest fiel ihm keine ein. Er würde einfach alles für Alfred tun. Wirklich alles, selbst wenn er ihn niemals für sich gewinnen konnte. Herbert gab es auf weiter lesen zu wollen. Es brachte ja doch nichts. Halt Moment, eine Sekunde, gerade kam ihm eine Idee, wenigstens einen Teil seiner Gefühle näher bringen konnte.
 

Schnell warf er das Buch auf den Tisch, sprang auf und rannte in sein Zimmer, wo er sich zunächst mal an den Schreibtisch setzte und sein Notizbuch, sowie auch einen Bleistift aus einer Schublade kramte. Endlich war ihm eine Idee für ein Gedicht gekommen. Schnell kritzelte er die Zeilen auf eine Seite, abschreiben konnte er es ja auch noch später.
 

Somit war die erste Aufgabe erledigt. Er hatte freiwillig Blut getrunken, ohne zu murren. Stolz ging Alfred auf die Suche nach Herbert und lief prompt der Schwarzhaarigen Vampirin über den Weg. "Guten Morgen", grüßte er sie freundlich und lächelte, jedoch vergaß er das Lächeln ganz, als Rikarda immer weiter auf ihn zukam. Was wollte sie von ihm? Einen kleinen Schritt nach dem anderen ging Alfred immer weiter zurück. "Guten Abend Alfred und jetzt bleib mal stehen. Du hast da was!", sagte sie nun endlich etwas, woraufhin der Blondschopf stehen blieb. Sanft wischte Riki ihm den Rest Blut aus dem Mundwinkel.
 

Graf von Krolock hatte sich an diesem Tag einmal mehr ins Kaminzimmer verzogen um seine Ruhe zu haben. Das Strickzeug hatte er gut in einem Geheimgang zwischen Kaminzimmer und Gruft verstaut. Ein Gang, den nicht mal Herbert kannte. Und der Graf hoffte, dass es auch so bleiben würde.
 

"Puh", seufzte der junge Assistenzwissenschaftler als Rikarda ihn endlich freigab. Irgendwie machte ihm diese Vampirin Angst. Warum konnte er allerdings auch nicht sagen. Kurz sah er Rikarda, die mit wehendem Umhang davon lief, hinterher ehe er weiter nach dem Grafensohn suchte. Zaghaft klopfte Alfred an die Tür zu Herberts Zimmer. Als er ein "Ja" vernahm trat er vorsichtig ein.
 

"Herbert, ich muss dir was sagen", meinte Alfred ganz leise, schloss die Tür hinter sich und sah zu Herbert, der ihn fragend ansah. Das Gedicht hatte er schnell unter den Block geschoben, denn noch sollte Alfred es ja nicht lesen. "Ja, also", begann der Lockenkopf, "Ich... ähm... ich liebe dich nicht Herbert. Und das... das tut mir auch leid... aber ich kann es halt nicht erzwingen. Verstehst du? Können wir nicht vielleicht Freunde sein? Nur Freunde?" Erwartungsvoll sah Alfred den Grafensohn an. Was würde er jetzt sagen?
 

"Das muss dir nicht leid tun...", entgegnete Herbert leicht traurig. "Wo keine Gefühle sind, da sind eben keine Gefühle und erzwingen kann und will ich es ja auch nicht. Aber lass dir eins gesagt sein. Ich werde nicht aufgeben, solange ich dich liebe, werde ich auch dafür kämpfen. Aber vielleicht komme ich ja irgendwann von dir los. Und dann sind wir Freunde, so wie jetzt auch. Nur ohne Liebe. Ohne diese Art von Liebe!", fügte Herbert noch ehrlich hinzu. Das war zwar nicht ganz das was Alfred hatte hören wollen, aber es war wenigstens schon mal etwas. Seufzend und ohne ein weiteres Wort verließ Alfred das Zimmer.
 

Was stand doch gleich als nächstes auf seiner Liste? Gedanklich streichte er schon mal die erfüllten Punkte, Blut trinken und Herbert ab. Blieb ja nur noch mehr über Rikarda herausfinden und ganz besonders wichtig in Erfahrung bringen was Professor Korn hier wollte. Aber was sollte er zuerst machen? Am besten wäre es wohl wenn er mit Korn anfangen würde, ja genau.

Alfred marschierte nun durch alle Gänge um das Zimmer zu finden in dem sich der Professor aufhielt. Was bei Weitem nicht einfach war, bei so vielen Gängen und Zimmern wie es hier gab.
 

"Feeheelix!" Ich habe dir doch gesagt, du sollst deine Kuscheltiere hier nicht einfach rumliegen lassen", jammerte Cassandra von Krolock, die soeben das Vergnügen hatte über eine Stoffschildkröte zu stolpern und nun der Länge nach auf dem Boden lag. "Und das schon so früh am Abend. Na jetzt bin ich wenigstens wach", sagte sie während sie sich aufrappelte. "Tschuldigung", nuschelte der kleine Felix, der in der Küchentür stand und sah Cass entschuldigend an. "Schon gut", lächelte diese und wuschelte Felix im Vorrübergehen durchs braune Haar. Dem Jungen konnte man aber auch wirklich nicht böse sein.
 

Verdammt, wie viele Türen und Zimmer hatte dieses Schloss eigentlich? Alfred war schon nahe dran diesen Punkt von seiner Liste zu streichen oder einfach einen neuen Punkt auf die Liste zu bringen. Schloss erkunden, damit war er dann wenigstens bald durch. Hier gab es anscheinend mehr zu entdecken als Alfred jemals gedacht hätte.
 

Er musste sich wohl verlaufen haben. Diesen Raum kannte er nicht, und er war sich auch gar nicht sicher, ob er ihn überhaupt kennen wollte. Skeptisch sah er sich um. All diese Geräte kannte er nur aus Büchern über das Mittelalter. Nie hätte er gedacht das es sowas heute noch gab. Eigentlich wollte Alfred flüchten, doch dieser Raum hatte etwas faszinierendes, etwas das ihn magisch anzog.
 

Also betrat er den Raum nun ganz, betrachtete sich die Geräte genauer. Dies hier schien tatsächlich eine Folterkammer zu sein. Mit allem drum und dran. An der Wand weiter hinten hingen die seltsamsten Gerätschaften, die Alfred noch nie gesehen hatte, mal ganz abgesehen von der Peitsche, oder oder war es eine Gerte? Eigentlich auch egal, Alfred hatte diese Dinge noch nie auseinander halten können.
 

Vorsichtig strich er mit zwei Fingern über die Streckbank. "Interessant, nicht wahr?", fragte jemand hinter ihm. Erschrocken wirbelte Alfred herum. "Raphael? Musst du mich so erschrecken?", wollte Alfred wissen. "Ich bin schon eine ganze Weile in deiner Nähe, du hättest mich also durchaus schon längst entdecken können. Du bist seltsam", stellte der ältere Vampir fest. "Ich hatte eher gedacht, dass dich alles was mit Schmerzen zu tun hat eher abschreckt. Aber statt sofort zu flüchten siehst du dir den Raum genauer an." Alfred trat verlegen von einem Fuß auf den anderen, sagte jedoch nichts dazu. Irgendwie hatte Raphael ja auch recht. "Wird dieser Raum eigentlich noch benutzt?", stellte der junge Assistenzwissenschaftler eine Frage, damit er nichts zu Raphis Aussage sagen brauchte.
 

Professor Korn schlich sich unterdessen in das Zimmer von Alfred und sah sich dort ein wenig um. Mal sehen was es hier so interessantes zu entdecken gab. Im Kleiderschrank war schon mal nichts das seine Neugierde weckte und auch das Badezimmer schien nichts abenteuerliches zu beinhalten. Angst davor erwischt zu werden beim Stöbern hatte Korn nicht. Denn wenn man Angst hatte, konnte man sicher sein, das jemand einen entdecken wird. So wie bei Einbrüchen. Schließt man ab wird eingebrochen, schließt man nicht ab, wird nicht eingebrochen. Aber das war eine Wissenschaft für sich.
 

"Sag bloß der Herr interessiert sich für Folter", gab Raphi grinsend zurück. Er wollte das Thema eigentlich nicht unbedingt beenden, "Um auf deine Frage zurück zukommen, ja dieser Raum wird noch benutzt", Raphael machte eine Pause, weil Alfred ihn mehr als nur geschockt ansah. Ein kleines Grinsen huschte über das Gesicht des Blonden und er redete weiter. "Wie du sicher schon bemerkt hast gibt es in diesem Raum auch Gegenstände, die nicht unbedingt in eine Folterkammer gehören. Zumindest nicht dann, wenn es in diesem Raum nicht auch um was anderes gehen würde."
 

Alfred sah Raphael fragend an. Nur langsam konnte er die Informationen verarbeiten und schluckte einmal kräftig. "Du meinst dieser Raum wird auch für... perverse Spielchen genutzt?", wollte er leise wissen und sein Gesicht nahm einen gesunden Rotton an. Raphi lachte auf. "Pervers? Nun ich denke nicht das es so pervers ist. Eher eine Möglichkeit vor der Langweile des Alltags zu fliehen und etwas Neues auszuprobieren, Du wirst schon noch merken, dass es allemal besser ist vor Lust wahnsinnig zu werden, als vor Langeweile", erklärte der Größere. Alfred hob nur fragend eine Augenbraue. Das wollte er sich nun wirklich nicht genauer vorstellen und mehr darüber wissen wollte er eigentlich schon mal gar nicht. Gedankenverloren betrachtete er die weiteren Geräte in diesem Raum. Irgendwie fand er es schon faszinierend was damals in diesen Räumen alles passierte.
 

Herbert von Krolock war auf dem Weg in die Küche, wobei er extra den Weg durchs Schloss nahm, bei dem er an Alfreds Zimmer vorbei musste. Es interessierte ihn einfach, was sein Traumprinz gerade machte. Traumprinz, Herbert seufzte, wie sollte er es bloß schaffen, das Alfred sich in ihn verliebte? Freunde sein, ja das wollte Alfred, aber der Silberhaarige wollte mehr und er würde alles dafür tun. Dem Jungen erotische Träume schicken ging allerdings zu weit. Was hatten sich Raphael und Magda nur dabei gedacht?
 

Endlich hatte Herbert Alfreds Zimmer erreicht. Nur wunderte es ihn, das Alfred seine Zimmertür sperrangelweit offen stehen ließ. Vielleicht erwartete er ihn schon mit aufreizenden Sachen auf dem Bett liegend? Als sich der hochgewachsene bei diesem Gedanken erwischte, gab er sich gedanklich gleich eine Ohrfeige. Aber schön wäre es schon. Und gleich die nächste Ohrfeige.
 

Langsam betrat Herbert Alfreds Zimmer und sah sich um. Leider kein Alfred, der...... am Schreibtisch saß. Dafür aber ein komischer Professor der am Schreibtisch saß, ein Buch in der Hand hielt und las. Bei näherem hinsehen erkannte der Vampir, das es ein Tagebuch war, Alfreds. "Sollten sie nicht wissen, das man nicht in fremden Tagebüchern liest? ", fragte Herbert und hatte damit den Professor Korn so erschrocken, das er zusammen zuckte und das Buch zuschlug. "Nun. Da haben sie Recht. Allerdings besagt der berühmte Satz von Eckhard von Grafel genau das Gegenteil und wenn sie Herbert von Krolock sind, dann wäre es für sie nur von Gutem, sich diesen Satz zu Nutze zu machen und dieses Tagebuch zu lesen. Hier stehen sehr interessante Dinge drin", erklärte Herr Korn dem silberhaarigen Vampir und sah diesem direkt in die Augen. Angst hatte er keine.
 

Interessieren würde es Herbert ja schon, was sein Liebling so schrieb aber deshalb würde er sich keines Satzes von irgendeinem komischen Typen bedienen. Was redete der Professor da eigentlich für einen Müll vor sich hin? "Es wundert mich wirklich sehr was aus Alfred geworden ist. Früher war er ein Mensch, heute ist er ein Vampir. Was mich jedoch noch mehr wundert ist die Tatsache, das der sonst so anständige Junge hier perverses Zeug schreibt. Ich zitiere...", redete der Professor munter vor sich hin, wurde jedoch bald schon von Herbert unterbrochen: "Halten sie die Klappe. Ich möchte nichts mehr hören. Und nun rate ich ihnen das Schloss so schnell es geht zu verlassen. Ansonsten weiß ich nicht ob ich mich so lange beherrschen kann. Da sie ja nun wissen, was wir sind." Der Professor räusperte sich nur, dachte jedoch nicht im geringsten daran den Raum zu verlassen, oder ganz zu verschwinden wofür er vom Sohn des Grafen ein gefauchtes "Raus!" erntete.
 

Mittlerweile hatten die zwei ihr Gespräch, wenn man es denn so nennen konnte, beendet und waren auf dem Weg nach oben. Raphael ging voraus und Alfred folgte ihm. Es dauerte nicht lange und schon hatten sie die Welt oberhalb der Erde erreicht. Alfred war froh mal wieder was anderes zu sehen als die düsteren Kellergewölbe. "Danke", wandte sich der junge Blondschopf an den schon einige Jahre älteren ebenfalls blonden, der nun lächelnd ein "Kein Problem." erwiderte. Dann ging Alfred weiter, er wollte in sein Zimmer.
 

Während er die Gänge entlang ging überlegte er, welche der Aufgaben, die er sich für die heutige Nacht gestellt hatte schon vollendet waren und welche noch übrig blieben. Eigentlich war er schon müde, das kleine Abenteuer im Keller hatte ihn schon ganz schön angestrengt. Im Kopf zählte er die Dinge auf, die noch zu erledigen waren, ein bisschen mehr über Rikarda herausfinden und erforschen was Professor Korn hier wollte. Letzterer rannte gerade wie ein aufgescheuchtes Huhn an ihm vorbei und rief dabei immer wieder Dinge wie "Idiot, Spinner, nur Verrückte hier!". Alfred sah dem älteren Herrn noch nach bis er hinter der nächsten Ecke verschwunden war. Stimmt, normal war dieses Schloss ganz sicher nicht.
 

Herbert verfolgte den Professor des Spaßes halber. "Verrücktes Pack? Pah... Wenn hier einer verrückt ist, dann ja wohl sie", rief er ihm nach und kam dann auf einmal zum Stehen, da ein junger, blonder, sehr gut aussehender Mann vor ihm stand. Sich seine Kleidung und seine Frisur richtend, meinte er grinsend: „Jede Nacht eine gute Tat. Den sind wir bald los.“ „Wieso, was ist denn?“, wollte Alfred, eine Augenbraue fragend hochziehend, wissen. Fragte gleichzeitig aber auch: „Wer ist eigentlich Rikarda genau?“ Aus neugierigen Augen und durstig nach Wissen sah der junge Assistenzwissenschaftler den größeren an. „Soll ich dir ein wenig über sie erzählen? Dann gehen wir aber ins Kaminzimmer und irgendwo müssten wir auch noch Fotoalben haben“, erwiderte Herbert auf Alfreds Frage, die erste Frage ließ er außer acht. Der Lockenkopf nickte und zusammen gingen die beiden ins Kaminzimmer, vorher jedoch suchte Herbert noch in allen möglichen Räumlichkeiten nach den Fotoalben.
 

Vorerst musste Alfred wohl alleine in dem gemütlichen Zimmer sitzen aber wirklich stören tat es ihn auch nicht. Im Gegenteil, so konnte er sich wenigstens ein paar Minuten entspannen und verträumt das lodernde Kaminfeuer betrachten. Der junge Blondschopf blendete seine gesamte Umwelt aus, es gab nur noch das Knistern des Feuers und ihn, keinen störenden Gedanken und auch keine störenden Leute, keine zickende Sarah, keinen ewig meckernden Chagal und keine Vampire die ihn unbedingt mit Herbert verkuppeln wollten. Allerdings schreckte er im nächsten Moment auch schon auf als ihm auffiel, dass er an eben diesen gerade vermisste. Oh nein, was wenn er sich doch noch mal verlieben würde? Und das wo er sich doch geschworen hatte, sich nie wieder zu verlieben und schon gar nicht in einen Mann.
 

Seufzend sah Alfred sich um. Wo blieb der große Blonde bloß? Wahrscheinlich waren die Fotoalben schon längst unter dicken Staubschichten vergraben, weil sie schon so lange nicht mehr angesehen worden waren. Allein der Gedanke, wie Herbert im Dreck hockte und nach den Büchern suchend über den Boden robbte und immer wieder fluchte das seine Klamotten ja jetzt ganz dreckig sind, ließ den jungen Assistenzwissenschaftler leise lachen.
 

Wieder sah er in das Feuer. Seine Gedanken schweiften zu Patrick und es sammelten sich kleine Tränchen in seine Augen. Nein, auf keinen Fall wollte er wieder jemanden verlieren, den er liebte. Und um das zu vermeiden, würde er sich eben nicht mehr verlieben. So einfach war das.
 

„Ich hab sie... gefunden“, keuchte Herbert von Krolock hinter einem Stapel Fotoalben, die er auf dem Arm trug. Er wusste nicht genau wie viele es waren, schließlich hatte er sie nicht gezählt, aber schätzen tat er, dass es mindestens zehn Stück sein mussten. Der Hochgewachsene trug die Alben zu einem kleinen Tischchen und ließ sie dann dort drauf plumpsen, so dass der Tisch kurz nachzugeben drohte.
 

„Welches möchtest du zuerst?“, fragte Herbert an Alfred gewandt und erklärte ihm kurz, welche Bilder in welchem Album waren. Als er seine Erklärung beendete, sah er den äußerst hübschen und niedlich dreinschauenden Alfred an. Nein, er durfte jetzt nicht über den Blondschopf herfallen. Er hatte sich ja vorgenommen, es etwas langsamer mit Alfred anzugehen. Trotzdem, der ehemalige Assistenzwissenschaftler sah einfach zum Anknabbern aus, wie er da saß.
 

Alfred hatte noch gar nicht gemerkt, dass Herbert wieder da war. Zu weit war er schon wieder in seinen Träumereien versunken. Mühevoll hielt er die Tränen zurück. Er durfte jetzt nicht weinen, zumindest wollte er es nicht, Herbert konnte schließlich jeden Moment wieder kommen und Alfred wollte ihm keinen Grund für irgendwelche Annäherungsversuche geben. Zu spät bemerkte er das der Andere längst wieder da war und ihn besorgt musterte. „Alfred, geht es dir nicht gut?“ fragte Herbert ihn sanft.
 

Es dauerte einen kleinen Moment bis der Angesprochene die Worte überhaupt realisiert hatte. „Nein, ich meine ja, doch es geht mir gut“, kam es nicht sehr überzeugend von Alfred. Herbert schaute, wenn es überhaupt noch ging, noch besorgter drein und Alfred kam sich zusehends mieser vor. Plötzlich stand Herbert auf und kam auf ihn zu. Zwei starke Arme schlangen sich um seinen Körper und zogen ihn leicht an sich. Auch wenn Alfred sich gerne dagegen gewährt hätte. Er konnte es einfach nicht, es fühlte sich unerklärlicherweise einfach zu gut an. Herbert sagte nichts und hielt ihn nur. Er hoffte, dass Alfred von selber anfangen würde zu reden.
 

„Das ging ja gerade nochmal gut“ murmelte Professor Korn erleichtert als er das rettende Kaminzimmer erreicht hatte und nun fürs erste vor Herbert in Sicherheit war. 'Vampire sind wirklich gemeingefährlich', stellte Korn im Stillen fest und beschloss, dass er so schnell wie möglich Verstärkung brauchte. Er zückte Stift und Papier aus seiner Tasche und schrieb schnellstens einen Brief an seine Kollegen in Königsberg. Auch Professor Abronsius sollte als Verstärkung herkommen und helfen, das Unheil zu vernichten.
 

Der Brief war fertig geschrieben, nur wie sollte er jetzt nach Königsberg gelangen, einen Postweg gab es ja leider nicht, zumindest nicht von diesem Schloss aus.
 

„Ah, sie kommen gerade richtig! Können sie mir vielleicht einen Gefallen tun? Der Brief muss heute noch nach Königsberg. Hören sie, es ist wirklich sehr dringend und wichtig!“, redete der Professor auf den jungen Mann vor sich ein, auch wenn er keine Ahnung hatte, wer dieser Mann war, aber er war sich sicher, das er ihm helfen konnte. Leise grummelnd nahm Joshua den Brief entgegen, rief nach einer Fledermaus und schickte diese mit dem Brief auf nach Königsberg. Er wusste ja nicht, was er tat und damit anrichtete.
 

Breda war es mittlerweile doch recht langweilig geworden und so beschloss er mal wieder seine Schwester anzurufen. Wenn er gewusst hätte, was gerade in seinem Schloss vor sich ging, so hätte er sich um die auftretenden Schwierigkeiten gekümmert. Da er aber dachte, dass alles in Ordnung ist, griff er nach dem etwas veralteten Telefon und wählte die Nummer seiner Schwester. Doch statt dieser meldete sich jemand anderes. „Kein Anschluss unter dieser Nummer“, erklärte ihm eine Frau am anderen Ende. „Hören Sie, ich will mit meiner Schwester sprechen, Sie heißt Cass...“ „Kein Anschluss unter dieser Nummer.“ Schon wieder. Was sollte das? Dem Grafen war das ein Rätsel. Er legte den Hörer etwas heftiger als nötig wieder auf. Was sollte das? Wollte man ihn, den Grafen, etwa zum Narren halten? Das würde er sich nicht bieten lassen. Grummelig starrte er das Telefon an. Sollte er es vielleicht doch noch mal versuchen?
 

„Danke für ihre Hilfe, darf ich fragen, bei wem ich mich bedanken muss?“, fragte der ältere Mann den Jungen, der ihm gerade geholfen hatte. „Joshua“, antwortete dieser, „und wer sind sie, wenn ich auch fragen darf?“ „Oh, Verzeihung. Ich vergaß mich vorzustellen, Professor Korn aus Königsberg. Wissenschaftler und Vampirforscher“, erwiderte der Angesprochene lächelnd und konnte schon gleich vor dem nächsten Vampir flüchten, der ihn Zähne fletschend ansah und ein gepresstes: „Sie! Sie haben mich reingelegt!“, verlauten ließ. Schlagfertig, wie Korn nun mal war, wusste er sich schnell zu rechtfertigen. „Aber nein! Gewiss nicht. Ich bat sie nur einen Brief für mich zu verschicken, das hat nun wirklich nichts mit reinlegen zu tun.“ Joshua zeigte dem Professor erneut seine spitzen Zähne und stürzte sich auf eben diesen.
 

Doch Alfreds Lippen verließ kein weiteres Wort. Zumindest noch nicht, denn erstmal musste er sich wieder beruhigen. Herbert war verwundert. Seit Alfred wieder hergekommen war mit Sarah, schien er immer mehr zu verzweifeln. Er konnte ja auch nicht ahnen, dass er selbst der Grund dafür war.
 

Beruhigend strich er dem Blondschopf übers Haar. Und es klappte tatsächlich, wenn auch erst nach einer Weile und erst nach dem Herbert angefangen hatte leise zu singen. Alfred kannte keines der Lieder aber er wusste, dass sie aus Herberts Mund einfach unglaublich schön klangen. Und so bemühte er sich alle weiteren Tränen zurück zuhalten, um auch ja nichts von dem zu verpassen, was Herbert sang.
 

Mit einem Lächeln auf den Lippen löste sich der Ältere vom Jüngeren und wurde von eben diesem auch prompt zurück gezogen. „Sing weiter“, bat Alfred leise. Herbert schmunzelte leicht und fragte flüsternd: „ Wollten wir nicht Fotos gucken?“ Der Kleinere der Beiden schmollte ein wenig und sah Herbert auffordernd und trotzig an. Das war es, Alfred hatte es geschafft, dass Herbert los lachte. „Okay okay, du hast gewonnen“, kicherte er und musste sich erstmal beruhigen, ehe er Alfred den Gefallen tat zu singen.
 

Nein, Graf von Krolock hatte es kein weiteres mal versucht. Stattdessen stand er nun in der Küche und wunderte sich, warum eigentlich noch keiner da war. Schließlich war es Zeit für's Frühstück, beziehungsweise Abendbrot. Glaubte er zumindest, denn seine Armbanduhr ging eine Stunde vor, wie er mit einem Blick auf die Uhr in der Küche feststellte. Na wunderbar, also stellte er seine Uhr mal wieder richtig ein. Wenigstens das konnte er, ohne sich dabei zu blamieren. Graf von Krolock beschloss demnächst mal wieder in die Stadt zu fahren um ein paar Besorgungen zu machen. Und so schnappte er sich einen Zettel, was zu schreiben und fing an alles aufzuschreiben, was er so brauchte. Allem voran eine neue Armbanduhr und ein freundlicheres Telefon.
 

Gerade wollte Joshua zubeißen als die schwarzhaarige Vampirin Rikarda dem Professor zur Hilfe kam. „Joshua! Was soll das? Du kannst doch nicht einfach einen Gast beißen“, rief sie erschrocken, zerrte den Vampir weg und bemühte sich ihn zur Ruhe zu bringen. Joshua war jedoch so wütend, das er sich kaum beruhigen ließ und irgendetwas zum Hineinbeißen brauchte, irgendetwas in das er seine Zähne hinein rammen konnte. Rikarda erkannte dies, bedeutete dem Professor schnell den Raum zu verlassen und hielt Joshua ihr Handgelenk hin, dieser verstand schnell und stieß seine Zähne in das Handgelenk der jung gebliebenen Frau.
 

Magda sah ihren neuen Freund an. „Und was sagst du?“, wollte sie wissen. Marrek warf ihr einen kurzen Blick zu. „Hmm ja, ganz nett“, kam dann auch die unvermeidliche Erwiderung. „Ganz nett? Das meinst du jetzt nicht ernst!“, schnaubte Magda ein wenig aufgebracht. Der schon um einige Jahre ältere Vampir schrak auf bei dem Tonfall in dem die junge Frau mit ihm sprach. Schuldbewusst sah er sie nun doch noch mal genauer an. Marrek musterte sie von oben bis unten und noch mal von unten bis oben. „Du siehst klasse aus, Schatz!“, erklärte er, in der Hoffnung, das es das war, was sie hören wollte. „Falsche Antwort, Rosseau“, grummelte sie ihn an. Marrek fragte sich, ob es vielleicht ein sehr schlechtes Zeichen war, das sie ihn bei seinem Nachnamen ansprach. „Oh“, räusperte er sich, „Worum ging es dann eigentlich?“
 

„Zufrieden?“, wollte Herbert von dem blondgelockten Jüngling wissen. Alfred lächelte nur und nickte fröhlich. Ungeniert kuschelte sich der Jüngere an den Älteren. Im Moment dachte er nicht daran, was er gerade tat und das er das vielleicht lieber lassen sollte. Herbert strahlte und hoffte, dass Alfreds Anschmiegsamkeit noch lange anhalten würde.

„Du hast eine so schöne Stimme, kannst du nicht öfter singen?“, fragte Alfred plötzlich leise. Herbert sah ihn an und schmunzelte leicht: „Nur für dich?“ „Nur für mich!“, erwiderte der blonde Lockenkopf verträumt. Für seinen Alfred tat er das, für ihn würde er alles tun. Das hatte er sich geschworen und er würde sich daran halten, da war er sich ganz sicher.
 

„Koukol!“, rief Graf von Krolock durch den dunklen Gang. Es dauert nicht lange und schon kam der bucklige Diener angehumpelt. „Ich habe einen Auftrag für dich!“, erklärte er kurz und drückte ihm etwas in die Klaue. Danach ging er wieder zurück in sein Zimmer. Gedankenverloren setzte er sich an den Schreibtisch und dachte nach, über alles und jeden. Über seinen Sohn, über Alfred, Sarah, ja sogar Chagal tauchte in seinen Gedanken auf. Leise seufzte er. Wie gerne würde er jetzt mit jemandem reden. Doch irgendwie waren im Moment alle entweder mit sich selber beschäftigt oder mit einem Partner. Langsam fragte sich der Graf, ob Sarah wirklich die Richtige für ihn war.
 

Während Professor Korn erneut auf der Flucht war, versuchte Rikarda noch immer Joshua zu beruhigen. „Joshua, was ist passiert? Und was machst du überhaupt hier? Du weißt, dass du ein Verbot hast, das Schloss zu betreten. Wirklich, du kannst froh sein, dass sie dich auf dem Friedhof schlafen lassen“, redete die Schwarzhaarige auf den Vampir ein, der nun auch mal von ihrem Handgelenk abließ. „Rikarda! Das weiß ich doch, das braucht mir hier keiner ständig unter die Nase zu reiben! Dieser Professor wollte, dass ich einen Brief für ihn nach Königsberg schicke und ich habe es gemacht... konnte ich denn ahnen, das er ein Vampirforscher ist?“, verteidigte sich Joshua, der sich mittlerweile wieder beruhigt hatte und sich auf einen Sessel sinken ließ.
 

„Aber er scheint doch ungefährlich zu sein“, erwiderte Riki leicht mit den Schultern zuckend und setzte sich ebenso hin. „Ungefährlich?! Rikarda, er lässt Briefe nach Königsberg verschicken, warum fährt er nicht gleich dahin zurück, wo er herkommt? Ich sag dir, wir sind alle erledigt! Dieser Professor ist alles andere als ungefährlich“, Joshua war von dieser Meinung nicht abzukriegen. Sie mussten fliehen, alle!



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