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Spielen wir Krieg?

von

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Der bröckelige Sand knirschte unter Selphies Stiefeln. Es war nicht warm in dieser Gegend. Sie hatte ständig Gänsehaut. Der Wind blies durch das menschenfeindliche Gestein und die braunen Sträucher rieben den jungen Leuten die Waden wund.

Selphie setzte sich auf das Dach des Galbadia-Lkws und presste die Hände aufs Gesicht, um mit ihrem Schmerz allein zu sein. Trabia. Ihr Zuhause. All diese Gesichter und Gegenstände die ihr so selbstverständlich und lieb waren. Es war nicht zu vergleichen mit Balamb. Balamb war ein Abenteuer, eine fantastische, viel fortgeschrittenere Uni, aber Balamb war ihr noch nicht zu eigen. Sie versuchte krampfhaft es sich zu eigen zu machen, hatte ein Schülerkomitee gegründet, genauso wie in Trabia. In Trabia hat sie tolle Dinge auf die Beine gebracht. Sie sorgte dafür dass der Park unter der kalten Nordluft in neuen Farben erblühte, und ihre Feste erst! Sie war eine Spezialistin gelungener Festnächte.

Was war mit den beiden Kindern, Osla und Osmir, die sich nachts in ihr Quartier schlichen, damit sie ihnen Kunststücke mit dem Nunchaku vorführte oder sie mit Heilmagie kitzelte? Der Basketballplatz, den sie mehr zum Fang-den-Eisball-Spiel mit dem Nunchaku genutzt hatte, als zum Basketball. Und der kleine Brunnen mit dem Glasperlenspiel, an dem sie oft mit ihrer besten Freundin Zukunftspläne geschmiedet hatte. Sie hatten nach ihrer Ausbildung zusammen nach Esthar gehen wollen, die Hauptstadt der Technologie. Was war jetzt noch Zukunft. Und Davo? Eigentlich hätte sie nicht mehr an den denken wollen. Er hatte sich aufgeführt wie ein Tyrann, war mit der Instruktorin der 3B fremd gegangen (diese Tussi mit den pinken Haaren!) und hat sich mit ihr auf dem Gang vor versammelter Menge gestritten. Aber Davo tot? Oder Davo querschnittsgelähmt, amputiert, leidend? Unvorstellbar. Ihr Hirn ließ es nicht zu. Trabia war Trabia. Die Raketen würden niemals das Trabia treffen, das in ihrem Kopf wohne.

Dieser egoistische Gedanke beruhigte Selphie ein wenig, und ließ Platz für Wut. Wenn die Raketen schon Trabia verwüsteten, dann sollten sie ihre Nase nicht auch noch auf Balamb richten. Auf ihre phantastische Bühne, selbst designert, und von Cid eigens gesponsert. Er war so begeistert von ihrem Projekt gewesen. Bei allen Chocobos die sie je gefangen hat! Es musste etwas passieren. Squall! Er war so langsam. Seine Augen schienen sich vor Denken fast nach innen zu kehren. Was gab es denn noch abzuwägen? Selphie wollte nicht mehr denken, das schmerzte zu sehr. Lieber wollte sie sich in die Galbadiaklingen werfen.

„Squall, ich gehe in die Geheimbasis, mit zwei anderen Leuten, und mache aus den Raketen Hamsterfutter. Schnell wer kommt mit mir?“

Squall warf einen irritierten Blick zu Quistis hin. Er hatte sich immer noch nicht abgewöhnen können sie als Instruktorin zu betrachten. Immer zuerst ihren kühlblauen Blick einfangen, und dann eine Entscheidung treffen. Kein Wunder dass sich Irvine dauernd über ihn lustig machte. Selphies Vorhaben war suizidär, und wahrscheinlich zwecklos. Er schaute sie an, die nun vor ihm stand und ungeduldig auf- und ab hüpfte. Selphie sah nicht stark aus, die kindlichen Wellen im Haar standen wie Engelsflügel von ihrem Kopf ab. Das viel zu dünne Kleidchen verbarg nur knapp ihrem mageren Körper. In ihren grünen Augen, unter den verschmitzten Augebrauen, blitzten allerdings tausend Donnerwetter. Squall wusste dass Selphie unter ihrer kindisch-euphorischen Hülle eine gnadenlose Kämpferin war. Niemand in seiner Truppe stürzte sich so bedingungslos in den Kampf als sie, stellte so wenig Fragen, blieb so erstaunlich kühl und präzise im Ausführen. Ein wenig so wie er. Als Seed hatte sie sehr viel Potenzial. Er respektierte Selphie. Allerdings, war das ein Grund das Mädchen in so ein hirnrissiges Unternehmen fahren zu lassen? Ausserdem hatte sie keine Führerqualitäten, und wusste kaum präzise Angaben zu machen.

„Wir müssen Balamb verständigen!“ sagte Quistis, und riss ihn aus seiner Isolation. „Das hat höchste Priorität.“

„Gut, also zwei Gruppen.“ Xell bohrte vor Ungeduld mit der Schuhspitze Löcher in den Boden. Irvine stand rätselhafterweise abseits und schoss wahllos ins Leere. Eine dumme Angewohnheit. Etwas schien ihn zu beschäftigen.

„Squall, tu mich in eine der beiden Gruppen.“ Rinoa sah ihn ernst an.

Es wird aber nicht dasselbe sein! dachte Squall sarkastisch. Oh nein, da werden einige besser davonkommen andere. Die Raketen-Gruppe läuft Todesgefahr auf höchstem Niveau. Rinoa in die Raketenbasis? Es war vielleicht undurchsichtig, aber Rinoa war noch immer die Prinzessin geblieben, die sie in Timber innerhalb der Resistenzgruppe darstellte. Er wich ihren bohrenden Augen aus, weil sie ihm weh taten, in diesem Augenblick.

Er brauchte Quistis in Balamb. Quistis kannte alle Codes, und würde sich bei den Schülern als unentbehrlich aufweisen. Unwillkürlich drängte sich ihm das alberne Diskussionsforum auf, das er auf der Balamb-Homepage gefunden hatte („Die Trèpe ist göttlich, ich würde sie am liebsten heiraten“).

„Xell und Irvine.“ hörte er sich sagen. „Ihr geht mit Selphie.“
 

„So. Und nun? Hast du einen Plan?“

Die Raketenbasis stach gelb und schmutzig aus dem Wüstensand hervor. Hier war es nun um einiges heißer. Die Sonne drückte erbarmungslos auf das blecherne Dach des Wagens, und gleichzeitig auf die Nerven der drei Suchenden. Das Tor der Basis war nur noch ein paar hundert Meter entfernt. Xell zog die Handbremse. Was jetzt? Diese Mission war ziemlich diffus. Selphie sollte endlich mal eine Entscheidung treffen. Statt dessen wühlte sie munter hinten im Wagen herum als wäre sie auf dem Dachboden ihrer Großeltern. Es gefiel ihm nicht unter ihren Befehlen zu stehen. Er beurteilte Selphie als großartige Gesellin, auch wenn sie nie im Leben sein Frauentyp wäre. Dafür war sie weder sanft noch diskret genug. Vor allem aber zweifelte er stark an ihren Fähigkeiten als Führerin. Diese Quatschbase…Er wüsste die Situation hier viel besser anzupacken.

„He Jungs, ich habe etwas Phantastisches gefunden!“ gluckste sie gerade hinten, als würden sie Klamotten sammeln für einen Wohltätigkeitsbazar. „Irvine, fang!“

Jener lag halb betäubt vor Hitze auf den hinteren Sitzen und wurde mit blauem Zeug bedeckt. Er befreite sich und hielt lachend die Galbadia-Uniformen hoch.

„Die wollte ich als kleiner Junge immer tragen. Mein Traum soll sich hier und jetzt erfüllen. Gut gefunden Selphie.“

Selphie kroch schwitzend, mit roten Wangen hervor und wedelte eine Uniform wie eine Flagge vor sich her.

„Ich hätte nie gedacht meine Größe zu finden. XXS. Ich staune. Xell, bedien dich, wir haben keine Zeit zu verlieren.“

Mit einer schnellen Bewegung zog sich Selphie das gelbe Kleidchen über den Kopf. Irvine und Xell waren auf diese Maßnahme nicht vorbereitet, und gaben sich Mühe normal dreinzublicken, aber der Wagen war eng, und Selphies Körper bewegte sich in ihrer Atemsphäre. Xell steckte wie ein Strauß den Kopf in seine Uniform, und begann laut und intensiv über ihre Mission zu reden. Selphie stand sekundenlang in ihrer hautfarbenen Unterwäsche da, und starrte wie hypnotisiert zum Fenster hinaus. Irvine sah sie wie selbstverständlich an. Er streckte seine Hand aus und berührte sie knapp unter dem Nabel.

„Irvy, wir spielen Kriiieg!“ schallte es in seinem Hinterkopf.

Es war wie ein Filmriss als Selphie sich ruckartig bückte und in die Galbadia-Uniform stieg, als wäre nichts geschehen.

„Weiterfahren“.

Wirklich? Die Wache hinter dem Schalter machte sich kaum die Mühe aufzusehen. Ein Radio lief im Hintergrund und spielte einen veralteten Popsong, der mal in allen Bars von Timber und Balamb gespielt wurde. Der Kontrast dieses Liebesliedes zu dem Bild des isolierten Fabrikgeländes wirkte nahezu gespenstisch. So einfach ging das also. Sesam öffne dich! Und das mitten in einer delikaten Mission, während derer sie Raketen auf Institutionen abfeuerten! Spiegelte sich darin Edeas Selbstsicherheit und Arroganz gegenüber allen kleiner Widerstandskräften?

„Wir sind Ameisen.“ murmelte Selphie. „Aber wir stechen. Wir sind rote Ameisen.“

Xell parkte mit nahezu perverser Genauigkeit den Wagen in eine dafür vorgesehene Parklücke. Sie stiegen trotz ihrer Tarnungen vorsichtig aus dem Wagen. Es war weit und breit kein Mensch zu sehen. Der Wüstenwind peitschte einsam über den Asphalt.

„Also…“ Selphie wandte sich pflichtbewusst ihrer Crew zu. Die beiden sahen sie erwartungsvoll an. „Unser Plan lautet…überall hingehen…und alles kaputt machen!“

„Das nenne ich klare Angaben.“ murmelte Xell, musste jedoch gegen seinen Willen vorfreudig schmunzeln. Es vesprach auf jeden Fall zur Sache zu kommen. Bei Squall und Quistis hielt man sich so oft bei Formalitäten auf.

Die drei stürmten siegessicher in das nächstliegende Gebäude. Drinnen boten sich zwei weitere Automatiktüren, die allerdings nur durch einen digitalen Code zu öffnen waren, welchen die drei Anti-helden selbstverständlich nicht besaßen. Gegebenfalls hätte ein kräftiger Fußtritt Xells weiterhelfen können, doch defintiv auch übergroßes Aufsehen erregt.

Die drei standen ratlos, und ein wenig beschämt da, nach den ersten zwei Meter nicht mehr weiter zu wissen. Selphie schossen vor Tränen in die Augen. Ihre Nerven lagen blank, teils aus Panik nicht zur rechten Zeit am rechen Ort zu sein, teils aus Gereiztheit wegen dem kratzigen und stickigen Kostüm.

„Wir müssen da rein!“ rief sie fast hysterisch.

„He Selphie! Ruhig Blut. Ruuuhig, ruhig.“ Irvine wedelte mit einem leuchten Stück Plastik vor ihren Augen herum und gebärdete sich wie immer in langen und überflüssigen Bewegungen. „Kuck mal was Papa im Wagen gefunden hat!“ Er lächelte Selphie an, wie man eine Zeitbombe anlächeln würde, wenn dies verhindern könnte dass sie in die Luft geht. Und doch lag noch mehr in diesem Lächeln. Ein geheimes Einverständnis, das Selphie plötzlich uralt vorkam und merkwürdige Bilder in ihr hervorrief. Dies passierte jedoch irgendwo in den Kellern ihrer Seele, und sie freute sich oben vor allem über den Code den Irvine ihr zusteckte. Sie lächelte dankbar und tippte, ein wenig lässiger, den Code ein.

Die Tür ging auf, wie selbvstverständlich und als hätte sie ungeduldig darauf gewartet. Selphie zog nocheinmal den Ledergürtel fester zu, denn die Uniform rutschte trotz XXS rebellisch an ihr herunter.

„In fremden Blüten hervorschießende Seeds“, flüsterte sie, und die drei stürmten wie spielfreudig über schmucklose Eisenbrücken.

Die Spielfreude verging allerdings beim Anblick der ersten Wache, die auf eine unheimliche, steife Weise einen Stock tiefer vor einer Tür harrte. Sie stand allein und unbeobachtet, machte jedoch keine Anstalten sich zu kratzen, zu pfeifen, eine Zigarette zu rauchen, mit den Füßen zu scharren, oder sonst irgendeine menschliche Regung von sich zu geben, die Selphie ihrer Echtheit überzeugt hätte. Eigentlich hatte sie gedacht sich in ihrer Galbadia-Uniform wie ein Säugling in der Wiege zu fühlen, doch jetzt fiel ihr ein dass sie über den Verhaltenscode der Söldner nicht die geringste Ahnung hatte.

„Machen wir einen auf ultra-diskret!“ zischte sie den anderen beiden zu.

Einer brav hinter dem anderen, wie eine Entenfamilie, auf leisen Sohlen wandelnd, und den Kopf sogar ein wenig eingezogen, um die Wache ja nicht wegen überflüssiger Gesten aus ihrer Hypnose zu stören, kamen sie fast geräuschlos an ihr vorbei. Einen Augenblick schien es ihnen die Wache sei überhaupt kein Mensch, sondern eine elektronische Spionenscheuche, die nur zum Abschrecken diente. Selphie schrie deswegen fast vor Schreck auf als der vermeintliche Cyborg plötzlich mit unverkennbar menschlicher Genervtheit zu reden anfing:

„Ihr da. Warum geht ihr so komisch? Habt ihr Koliken?“

„Eh, was…Kol…“ Selphie stotterte wie eine Erstklässlerin. Sie fühlte sich extrem beobachtet, noch mehr als Xell und Irvine. Zum ersten Mal in ihrem Leben wünschte sie sich zwanzig Zentimeter höher.

„Geht gefälligst normal, ist denn sowas zum Ansehen? Warum druckst ihr so herum? Tragt ihr Drogen an euch?“

„Nein, Sir, nur Zigaretten.“ sagte Irvine bevor Zell ihn unaufällig hätte rempeln können. „Wir waren eine rauchen, an die frische Luft Sir. Die Luft hier wurde uns dünn.“

„Hm…Ihr wisst dass das nicht erlaubt ist. Na ja, lasst mal. Ich muss das Päckchen jedoch konfiskieren…“

Irvine rückte gespielt enttäuscht seine Javaanse Jongens heraus. Sie durften weiter.

„Wetten dass wir den bei der nächsten Runde los sind.“ flüsterte er. „Die lecken sich hier die Hände nach eine kleinen Prise Nikotin.“

Die Geheimbasis war ein düsteres Fabrikgelände voller trostloser Gitter, Schrauben und Eisenstäben, die wie ein Mandala veralteter Technologie bildeten. Irvine starrte auf Selphies Beine und Arme, und fragte sich ob sie nicht auffallen würden.

Die nächsten Wachen denen sie begegneten beacheteten sie gar nicht. Die Atmosphäre war merkwürdig gespannt, und wies darauf hin dass etwas Ungewöhnliches im Gange war. Selphie beschloss ein wenig unverblümter zu Werke zu gehen. Sie betraten die nächstbeste Tür. Innerlich platzte sie vor Ungeduld. Vor ihnen erstreckte sich ein stark bevölkerter Laderaum, in dem sich mehrere riesige Zylinder in die Höhe streckten. Selphie schenkte ihnen kaum Beachtung. Sie war auf der Suche nach dem entscheidenden, roten Knopf, wie Heinrich von Ofterdingen nach der blauen Blume, wollte den Saal schon als uninteressant abhaken und wieder verlassen, als Xell sie unerwartet am Arm packte.

„Selphie! In diesen Dingern sind die Raketen!“ zischte er.

Die drei standen unschlüssig und unbeholfen herum. Und jetzt? Die unglückstragenden Kanister standen direkt vor ihrer Nase, aber was brachte ihnen das?

„Und weiter? Sollen Selphie und ich unsere Namen hineinritzen, mit einem Herzchen drumherum, und beten der Himmel solle sich die Raketen in den blauen Arsch stecken?“ sagte Irvine launisch.

„Ich weise nur darauf hin, du Idiot, da ich als einziger hier die Mission im Hirn sortiert habe.“

„Na komm schon, Kumpel, du bist doch auch besser mit den Fäusten als mit dem Kopf!“ versuchte Irvine einzulenken, um Xell in Anspielung auf seine Kampfkraft zu schmeicheln.

„Ich habe das schriftliche Examen für den Seed bestanden, und kann dir garantieren dass bei uns in Balamb 80 % der Schüler darin durchfallen.“ meinte Xell hinzufügen, als ihnen auffiel dass etwas fehlte. Selphie hatte sich während ihrer Streiterei anderwärts betätigt.

Mit Schrecken sahen sie Selphie mitten in einer lebhaften Diskussion mit zwei Leutnanten. War sie von Sinnen? Sie verstellte nicht einmal ihre mädchenhafte Stimme. Auf Irvines Stirn bildeten sich Schweißperlen. Benahm sie sich so weil er da war (Xell klammerte er aus hoffnungsloser Eitelkeit aus seinen Fantasien aus)? Einer der Leutnante könnte Lunte riechen, sie mit einem Elektroschlag auf den Hinterkopf zu Fall bringen, sie heimlich wegschaffen, schlagen und vergewaltigen lassen (Ohja, man hörte Dunkeles aus den Gefängnissen Galbadias). Er hasste Vergewaltigungen, er war Frauenliebhaber, er wusste nicht wie man eine Frau vergewaltigen lassen konnte. Tränen traten ihm in die Augen. Er wusste nun dass er dieses leichtsinnige Mädchen immer beschützen wollte. Selphie. Sie schien selbst eine Guardian Force zu sein, ein verrücktes, sphärisches Wesen.

Xell trat ihm ziemlich fest auf den Fuß.

„In was für einem Film bist du jetzt?“

Sie brachten sich diskret in die Hörweite von Selphies Gespräch.

„Wir haben Teufel nochmal keine Zeit den Kontrollraum zu besichtigen!“ tönte gerade der Erste der Leutnante. „Die Arbeit hier steht uns bis zum Hals. Heute ist ein besonderer Tag. An besonderen Tagen weigere ich mich wie ein Roboter zu funktionieren. Besondere Tage, verlangen besondere Maßnahmen. He Kleiner! Könntest du nicht an unserer Stelle den Kontrollraum durchnehmen?“

„Ist das nicht unvorsichtig…“ warf der andere gedämpft ein. „Ich denke nicht dass wir das Recht haben…“

„Besondere Tage verlangen besondere Maßnahmen.“ wiederholte der Leutnant, offensichtlich stolz auf seinen Satz. „Kleiner, machst du das für uns…“

„Ja, Sir.“ sagte Selphie übereifrig, drehte sich auf dem Absatz um und verließ innerlich jubelnd, mit Xell und Irvine den Raketenraum.

Nachdem sie verschwunden waren, schwiegen die beiden Leutnante eine Weile, bis der Skeptischere sagte:

„Kaum zu glauben, aber die Armee engagiert wohl neuerdings halbe Kinder.“
 

Die schwere, an den Fingern zedrückte Hand lag zerbrechlich wie ein Vogelnest in Selphies Händen. Der Atem des Mannes ging scheppernd, als litte er an Astma. Sie konnte seine Augen nicht sehen, die schwarze, verdreckte Schutzbrille verdeckte sie. Sein Kinn war mit dunklem Blut verkrustet.

„Warum tut ihr das?“ fragte er schwach.

„Ich will meine Freunde in Balamb retten.“ sagte Selphie.

Eigentlich hätte sie etwas ganz anderes sagen wollen, etwas viel Würdigeres, über politisches Bewusstsein und die Aufgabe der Seeds, doch es fiel ihr nur dieser banale Satz ein.

„Ich bewundere dich.“ sagte der Mann. „Ich will dir helfen. Ich habe übrigens einen kleinen Sohn. Ich hoffe er wird so werden wir du.“

Selphie kämpfte mit einem Schluchzer, der jetzt äusserst unangebracht wäre. Nein, mein Bester, ich hoffe dein Sohn wird nicht so werden wie ich!

„Dass Passwort lautet EDEA….Benutze es…vielleicht ist noch Zeit.“

Der Mann verstummte und sollte nie mehr den Mund aufmachen.

„Danke.“ murmelte Selphie benommen, an seinen erkalteten Ohren vorbei.

Das Computerprogramm schien Ewigkeiten zu brauchen um ein Fenster zu öffnen. Die Raketen waren nicht mehr zu stoppen! Es gab nur noch einen schwachen Trostpreis für die drei. Die Fehler-Warscheinlichkeit aufs Maximum zu steigern. Und den Auto-Destruktionsknopf zu drücken.

„Wir haben zwanzig Minuten Zeit.“ keuchte Selphie. „Kommt Jungs, wir müssen voran.“

Kraft blieb ihnen nicht mehr viel, weder moralisch, noch physisch. Unzählige Galbadia-Soldaten stürzten gemeinsam mit ihnen in Richtung Ausgang, ohne sich die Mühe zu nehmen mit ihnen zu kämpfen. Es war lächerlich, dieses Einverständnis unter Fliehenden.

Als sie auf den Hof hinaustraten, taumelten sie kurz im Sonnenlicht. Sie brauchten eine Weile, bis sich ihre Augen an die gleißende Helle gewöhnt hatten, bis sie das blaue Ungetüm mit sechs kaminartigen Hörner erkannten, das ihnen den Weg in die Wüste hinaus versperrte.

Der Kampf war nicht schwer, jedoch langwierig, und mehrere Aufrufe des Donnervogels waren nötig um das Ding zum Absturz zu bringen. Selphie prügelte vor Wut den davonlaufenden Piloten mit ihrem Nunchaku hinter her.

Die Nerven Irvines, Selphies und Xells, hüpften wie drogierte Elektrone im Kreis. Der Hauptausgang war durch den gigantischen Schrotthaufen barrikadiert. Obwohl sie es schon wussten, hörten sie nicht auf zu suchen. Nirgends ein Loch, keine Klettermöglichkeit, nur Wand, Wand, Wand. Selphie fühlte die Sekunden zwischen ihren Fingern durchschlüpfen. Plötzlich, wie auf ein gemeinsames Einverständnis sanken sie aneinander zu Boden. Xell hieb mit der Faust in den Asphalt als ob er nach unten hin einen Ausweg finden wollte.

„Ich will nicht sterben!“ schrie er in den Himmel hinaus.

Der Wüstenwind pfiff unbekümmert an ihren Ohren vorbei. So würde er auch noch in fünf Minuten pfeifen, wenn von ihnen kein Liedchen mehr zu hören sein wird. Selphie zuckte zusammen bei dem Gedanken. Der immaterielle Wind war so frei, und so identitätslos. Das wäre sie jetzt auch gerne.

„Squall konnte mich nie leiden. Er hat mich deswegen mit euch hergeschickt.“ sagte Irvine weinerlich.

Selphie war zu schwach um zu antworten.

„Nein.“ dachte sie. „Er hat uns nur vertraut. Er hat gedacht wir hätten das Zeug es zu schaffen. Hatten wir nicht…“

Ein unmenschlicher Krach, die Grade die plötzlich auf 100 stiegen, der Boden fuhr ihnen unter den Füßen weg….Selphie wurde schwarz vor den Augen. Sie spürte sich plötzlich getragen, schweben und irgendwo Irvines Stimme. Irvine…

Eine kindliche Lust stieg in ihr auf. Spielen wir Krieg, Irvine?

Dann nichts mehr…



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2006-08-22T15:08:49+00:00 22.08.2006 17:08
ERSTER^^
mich würde mal ganz ehrlich interessieren, wieso du ausgerechnet diese szene hier beschrieben hast. sicherlich ist sie eine fanfic wert und ich finde du hast das ganze recht gut umgesetzt. schon allein weil die, meiner meinung nach, hauptcharas, also squall und rinoa, ja nicht wirklich drin vor kommen.
sehr interessant und ich, als ff-fan, lechze eigentlich nach mehr ;-)also solltest du noch öfters so teile aus den spielen beschreiben, lass es mich wissen ;-P


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