Gedanken zum Online-Verkauf und Katalogisierung von Doujinshi
Was ist das hier?
Mir sind zwei Probleme in Bezug auf die deutsche bzw. deutschsprachige Doujinshi*-Kultur aufgefallen, die sowohl für interessierte Leserinnen und Leser als auch für Autorinnen und Autoren negative Auswirkungen haben: Einerseits die fehlende Übersicht über bereits erschienene oder in naher Zukunft erscheinende Print-Ausgaben, andererseits die mühselige Bestellprozedur und die Bindung an Conventions wenn es um den (Ver)Kauf geht. Beides möchte ich zunächst weiter erläutern, bevor ich meine Lösungsidee präsentiere.
Mangelnde Übersichtlichkeit bei Eigenpublikationen
Erscheint ein Buch auf dem "herkömmlichen" Wege über einen Verlag, so wird es mit einer ISB-Nummer versehen und damit katalogisiert. So bleiben auch über die Lebensdauer des physikalischen Buchs und seiner Auflagen hinweg wichtige Daten zur Publikation erhalten, die in dem Katalog der deutschen Nationalbibliothek gespeichert werden (so sieht beispielsweise ein Datensatz aus). Interessierte Forscher, Journalisten oder Fans haben damit ein mächtiges Werkzeug in der Hand, um einen Überblick über die Szene zu bekommen, Entwicklungen verschiedener Genres nachzuverfolgen oder einfach rumzustöbern. Kurzum: Erscheint ein Buch bei einem Verlag, wird es in einer Datenbank erfasst.
Betreibt man hingegen sogenanntes "self-publishing", also veröffentlicht man sein Werk ohne einen Verlag, dann geht das an der Nationalbibliothek vorbei und wenn die entsprechende Auflage vergriffen ist, wird niemand mehr nachvollziehen können, wie das Werk aussah, wie viele Seiten es hatte, wann es erschien und worum es darin ging. Vor allem bei Kleinstauflagen, wie sie es in der Doujinshi-Szene zu Hauf gibt, passiert das schneller als gedacht.
Was ich mir also wünsche, ist eine Datenbank, in der genau dieselben Informationen gespeichert werden wie in der Nationalbibliothek, nur halt für selbstveröffentlichte Doujinshis hier auf animexx. Es gibt in der Manga-Datenbank tatsächlich schon eine Kategorie für deutsche Mangas im Eigenverlag, allerdings umfasst sie derzeit weniger Publikationen als allein zur letzten Buchmesse erschienen sind. Also muss eine einfache Möglichkeit daher, um den Autorinnen und Autoren das Eintragen in die Datenbank möglichst schmackhaft und so bequem wie möglich zu machen.
Unbequemes Einkaufen von Doujinshi
Kommen wir zum zweiten Problem: Wenn ich einen Doujinshi kaufen möchte, dann bin ich entweder gezwungen zu einer Convention zu fahren auf die auch die Autorin oder der Autor fährt oder ich versuche per Post zu bestellen und den Kauf per ENS abzuwickeln. Abgesehen davon, dass manche Leute tatsächlich zu schüchtern für einen direkten Kontakt per ENS sind, kommen durch alltägliche Verplanungen und Unübersichtlichkeiten schnell Verzögerungen zustande, sodass sich ein selbst organisierter online-Kauf meist länger hinzieht.
Was an dieser Stelle fehlt, ist also sowas wie ein Online-Shop für Doujinshi. Animexx hat bereits einen Webshop, in dem man gedruckte Manga von Kleinverlagen erwerben kann. Doch erstens ist der Shop von Struktur und Übersichtlichkeit her in erster Linie für Merchandise ausgelegt und zweitens fehlt eine Möglichkeit, eine Verknüpfung vom hochgeladenen Doujinshi zum Shop zu erstellen (abgesehen von Links, aber die müssen manuell in die Beschreibung eingetragen werden, hier liegt die Arbeit bei der Künstlerin oder dem Künstler). Ebenfalls eingebaut ist eine Fanprodukte-Kategorie für Doujinshi, diese ist jedoch weder interaktiv - die potenziellen Käufer müssen wieder mit ENS arbeiten - noch gibt es irgendwo eine zentrale Auflistung aller Fanprodukte. Falls man also neues Lesefutter auf diesem Wege suchen möchte, muss man sich durch jeden Doujinshi einzeln durchklicken. Man kann also sagen, dass es auf animexx an einem einfachen Weg fehlt, von zu Hause aus an den gedruckten Doujinshi seiner Wahl zu gelangen.
Eine spontane Analyse
Ich habe mir vor allem über dieses zweite Problem schon länger den Kopf zerbrochen, da ich kein aktiver Con-Besucher bin, aber mich trotzdem sehr für Doujinshi interessiere. Meine Umfrage von neulich (die bereits fast 100 Stimmen enthält), zeigt dass ich mit diesem Problem wohl nicht ganz alleine da stehe:
Ein Dreiviertel der Teilnehmenden würden demnach gerne mit wenig Aufwand ihre Doujinshi online bestellen. Hier gibt es eindeutig einen Markt innerhalb der Szene, der momentan nicht bedient wird.
Des Geckos Lösung
Was brauchen wir also um den Online-Verkauf zu fördern? Ich sage: Jeden nur erdenklichen Komfort. Komfort für Autorinnen und Autoren, beispielsweise:
- ein einziges Ankreuzkästchen in der Doujinshi-Verwaltung, um sofort loszulegen
- Abfrage der wichtigen Daten (Seitenzahl, Format, etc.) mit sinnvollen Voreinstellungen, passend gefüllten Dropdown-Auswahlen und hifreichen Hilfetexten, die Neueinsteiger an die Hand nehmen
- Automatische Verlinkungen zwischen Leseprobe und Verkaufsseite
- Unterstützung von Anthologien mit vielen AutorInnen und Leseproben
- optionale Hinterlegung von Bankdaten zur müheloseren Zahlungsabwicklung
- automatische Vergabe von Transaktionsnummern bei Verkäufen, um Verwendungszwecke bei Überweisungen übersichtlicher zu gestalten
- Automatische Nachfrage zum vor-Ort-Verkauf, wenn man sich für eine Con einträgt (inkl. Hinweis auf der Verkaufsseite)
- eine kleine News-Sektion für schnelle Infos, z.B. nach Art des animexx-Microblogging
- ein Kästchen für die persönliche Startseite zu laufenden Bestellungen, evtl. als Todo-Liste
- eine Vorbesteller-Funktion (verbindlich, aber mit Ablaufdatum) um neue Auflagen planen bzw. kalkulieren zu können
- Bewerungsfunktion um sich vor Zahlungsmuffeln zu schützen.
Das Angebot eines Doujinshi führt dann automatisch zu einem Eintrag in die animexx-Datenbank. Auf der anderen Seite braucht es natürlich auch Komfort für die Kundinnen und Kunden, beispielsweise:
- eine Gesamtübersicht über alle erhältlichen Publikationen, sowohl vom klassischen animexx-Webshop aus zu erreichen als auch von der Doujinshi-Startseite
- eine umfassende Suchfunktion für diesen Bereich
- komfortable und intuitive Kaufabwicklung
- eine Abo-Funktion für Publikationen nach AutorIn
- ein Kästchen für die persönliche Startseite für Bestellübersichten
- regelmäßige ENS-Erinnerung bei offenen Zahlungen
- Bewertungsfunktion für Autorinnen und Autoren
Bei entsprechendem Interesse und Ressourcen könnte man das Ganze sogar noch weiterspinnen und über diese Verkaufsplattform auch Commission-Anfragen abwickeln oder eine minimalistische Version des Crowdfunding für vielversprechende neue Projekte umsetzen.
Wichtig bei dem Ganzen sind natürlich die Zugänglichkeit, die Übersichtlichkeit und die Benutzbarkeit der neuen Funktionen. Menüs und Schaltflächen müssen durchdacht und wohlplatziert sein, damit sich alle zurechtfinden und das Angebot auch genutzt wird. Doch glücklicherweise kann man sich bei der Umsetzung auch an anderen Seiten orientieren, die ein solches Marktplatz-Konzept bereits seit Jahren erfolgreich umsetzen. Am Anfang stand ebay mit seinen großen Listen, den kleinen Shops und der guten Abwicklungsbetreuung. Mittlerweile haben sich vor Allem im Bereich des Kunsthandwerks neuere Plattformen wie Etsy oder Dawanda dazugesellt die nach dem selben Prinzip arbeiten und auch sicherlich von Vielen hier schonmal genutzt wurden.
Animexx mit seinen bereits jetzt sehr sinnvollen Funktionen zur Doujinshi-Veröffentlichung, zur Con-Planung und zum Austausch würde solch ein Marktplatz sicher gut tun, denn die deutsche Manga-Szene ist aktiver denn je, zerstreut sich aber leider sehr zwischen facebook, tumblr und den hiesigen Blogs wenn es um den Verkauf der eigenen Werke geht. Diese Lücke gilt es zu schließen, und ich hoffe, dass mein Lieblings-Netzwerk dabei ein bisschen Inspiration in diesem Artikel findet. Einen Namen für das Kind habe ich auch schon parat: Der Doujinshi-Markt.
*) Das Wort "Doujinshi" schließt eigentlich auch selbstgezeichnete Geschichten zu existierenden Serien bzw. Fandoms mit ein, diesen Bereich möchte ich in meinem Artikel aber ausschließen. Hier geht es ausschließlich um eigene Serien mit eigenen Charakteren.
Die Doujinshi Datenbank sieht wirklich leider noch sehr leer aus. Da gibt es noch einigen Nachholbedarf. Vielleicht haben es auch noch nicht alle mitbekommen, weil nicht jeder regelmäßig die News auf Animexx liest.
Deine Grundidee gefällt mir aber schon mal sehr. Das klingt gut und ich finde es toll, woran du alles gedacht hast.
Eine Umsetzung würde ich jedenfalls begrüßen, gerade mit den Fanproduktseiten nervt es doch ein wenig, dass es da keine Übersicht zu wirklich allen Produkten gibt. Da muss man sich entweder durch die Doujinshi klicken wie du erwähnt hast oder wenn man mal allgemein gucken will, durch die Userprofile wandern und da nachgucken ob sie einen Fanshop haben, was ich auch eher unpraktisch finde.
satirisches Essay über Japanstudium
Niemand hat das recht über mich zu urteilen, solange er/sie mich nicht kennt.
Nobody is perfekt ! Und wenn doch ist es sicherlich nur Schminke oder Silikon!
Sollte wohl Bewertungsfunktion heißen.
Aber ja, ich würde sowas begrüßen! Allein schon, eine Übersicht kaufbarer Dojinshis zu haben wäre super!
Das mit den Anthologien finde ich übrigens auch eine Super Überlegung. Oft ist es da so, dass man sich die Leseproben selbst zusammensuchen muss bzw. hoffen, dass die Zeichner in der Dojinshibeschreibung Leseproben zu anderen Comics aus derselben Anthologie posten.
wie gut du bist, wenn du gut bist,
sondern wie gut du bist, wenn du schlecht bist.“
Martina Navratilova
Bei der Sache mit der Nationalbibliothek muss ich aber korrigieren: Eine ISBN oder ein Verlag haben nichts mit dem Bestand der Nationalbibliothek zu tun. Prinzipiell sind alle(!) Printpublikationen, auch selbstverlegte, dazu laut Gesetz verpflichtet, in Eigenverantwortung zwei Exemplare an die Nationalbibliothek zu schicken. In der Praxis macht das natürlich niemand, was auch an der völlig veralteten Gesetzeslage liegt, die für selbstpublizierte Miniauflagen natürlich alles andere als schmerzfrei sind. Bei digitalen Publikationen kommt die Nationalbibliothek eh nicht mehr hinterher, weswwgen deren Vollständigkeitsanspruch sich auch komplett überlebt hat.
Von daher hast du auf jeden Fall Recht, dass eine selbstorganisierte Katalogisierung Sinn macht. Problem 1 dabei ist, dass es nur eine zwischenzeitliche Lösung ist, sich dabei auf Plattformen wie Animexx zu stützen, da diese derzeit immer stärker an Repräsentanz einbüßt. Nur ein Teil der Doujinshi-Kultur spielt sich hier noch ab, und Doujinshi trifft's dabei noch ganz gut. Ein immer größerer Teil wandert Richtung Facebook/Twitter ab.Es kann gut sein, dass das Online-Portal hier in den nächsten zehn Jahren eingestampft wird, und dann sind auch alle Daten weg. Ein externer Wiki wäre da wohl ein besserer Weg.
Problem 2 ist, dass man, gerade für wissenschaftliche Relevanz, auch alle digitalen Doujinshi mit katalogisieren müsste. Und das ist aktuell schon eine Lebensaufgabe. ^^
+++Leid und Verderben - Webcomic zu DEMON LORD CAMIO! (Ab März bei EMA!)
Es gibt aber noch was zu beachten: sobald Animexx da zumindest als Vermittler involviert ist, sind wir rechtlich dann auch irgendwie mit dabei. Vor allem bei Copyright-Geschichten. Muss man halt klären.
roterKater also dass es Animexx in der jetzigen Form irgendwann nicht mehr geben könnte, halte ich erst mal für ein theoretisches Problem. Einerseits ist es klar, dass das so ist – aber genausogut gibt es viele Gründe, warum es auch andere Angebote nicht mehr geben könnte. Ein "externes Wiki" z.B. ist ja de facto dann auch nur Webspace, der von einer oder weniger Personen verwaltet wird, und wenn die keinen Bock mehr haben, stirbt das Ding. Ich würde sowas wenn möglich immer unter dem Schirm einer (non profit) Organisation laufen lassen.
Tobias/Galileo
> Bei der Sache mit der Nationalbibliothek muss ich aber korrigieren: Eine ISBN oder ein Verlag haben nichts mit dem Bestand der Nationalbibliothek zu tun. Prinzipiell sind alle(!) Printpublikationen, auch selbstverlegte, dazu laut Gesetz verpflichtet, in Eigenverantwortung zwei Exemplare an die Nationalbibliothek zu schicken. In der Praxis macht das natürlich niemand, was auch an der völlig veralteten Gesetzeslage liegt, die für selbstpublizierte Miniauflagen natürlich alles andere als schmerzfrei sind. Bei digitalen Publikationen kommt die Nationalbibliothek eh nicht mehr hinterher, weswwgen deren Vollständigkeitsanspruch sich auch komplett überlebt hat.
Oh, vielen Dank! Wieder was dazu gelernt :)
> Von daher hast du auf jeden Fall Recht, dass eine selbstorganisierte Katalogisierung Sinn macht. Problem 1 dabei ist, dass es nur eine zwischenzeitliche Lösung ist, sich dabei auf Plattformen wie Animexx zu stützen, da diese derzeit immer stärker an Repräsentanz einbüßt. Nur ein Teil der Doujinshi-Kultur spielt sich hier noch ab, und Doujinshi trifft's dabei noch ganz gut. Ein immer größerer Teil wandert Richtung Facebook/Twitter ab.Es kann gut sein, dass das Online-Portal hier in den nächsten zehn Jahren eingestampft wird, und dann sind auch alle Daten weg. Ein externer Wiki wäre da wohl ein besserer Weg.
In der Hinsicht unterstütze ich Galileo, Wikis können auch schnell brach liegen und verwaisen, weil sich (gerade bei so einer hochgradig dezentralen Sache wie einem Wiki) einfach niemand zuständig fühlt. Animexx, vor Allem in der Rolle des Vereins, scheint mir da schon geeigneter als "Schrimherr" eines solchen Archivs.
Es kann übrigens auch gut sein, dass facebook in zehn Jahren wieder in der Versenkung verschwunden ist (myspace lässt grüßen) und animexx als Special Interest-Netzwerk weiterhin irgendwo am Rande bestehen bleibt, gerade im Internet mag sich solche Zukunftsprognosen nur ungern aussprechen.
> Problem 2 ist, dass man, gerade für wissenschaftliche Relevanz, auch alle digitalen Doujinshi mit katalogisieren müsste. Und das ist aktuell schon eine Lebensaufgabe. ^^
Nunja, je mehr desto besser, oder? Ich fände es schonmal toll, wenn überhaupt irgendwelche Doujinshi irgendwo katalogisiert werden.
Galileo:
> Es gibt aber noch was zu beachten: sobald Animexx da zumindest als Vermittler involviert ist, sind wir rechtlich dann auch irgendwie mit dabei. Vor allem bei Copyright-Geschichten. Muss man halt klären.
Wie meinst du das genau mit dem Copyright? Falls es um die Fanart-Problematik geht, könnte man einen zusätzlichen Freischalter-Posten schaffen.
Ich präsentiere: Der Animexx-Feuilleton!
ich denke, was er meint, ist dass bei kommerziellem Verkauf von 'echten' Doujinshis im Sinne von Fancomics zu fremdem urheberrechtlich geschütztem Material eben die "Grenze" der Tolerierung überschritten ist, und der Verein natürlich nicht dafür haftbar gemacht werden möchte, wenn es dann zu Schadensersatzforderungen kommt. Wenn der Verein sich also irgendwie als "Anbieter" der Doujis (gegen Geld) geriert, hängt man da ganz schnell drin.
Leider ist freischalten da nach aktueller Rechtslage eher noch gefährlicher als "nichtstun", denn wenn wenn man bei einem Freischaltsystem etwas vorab überprüft hat, gilt es vor Gericht überwiegend als "zu eigene gemacht" - wpmit die Urheberrechtsverletzung desjenigen, der das Bild/whatever erstellt hat, dann dem Webseitenbetreiber zugerechnet werden kann, weil er es ja aktiv in sein "Portfolio" übernommen hat, durch die Freischaltung.
Jeder Freischaltfehler kann dann gefährlich teuer werden. Ich hatte mal im Praktikum auf Akten zugriff, die entsprechende Rehctsstreitigkeiten um Fotos betrafen, die auf einer sehr bekannten rezepte-seite gelandet waren. selbige seite betrieb ein freichaltsystem und mustse deswegen SELBER zahlen, wenn irgendwelche benutzer der seite fotos aus geschützter quelle hochgeladen hatten. (die fotos stammten von einem food designer...)
Man ist nach dieser rechtsprechung aus der haftung raus, wenn man die sachen ncht überprüft, sondern einfach nur nen reklamieren-button daben pflanzt und die reklamationen halt regelmäßig bearbeitet....
("A man shouldn't die with no understanding of why he's been murdered" - Matthew Stover)
> Wie meinst du das genau mit dem Copyright? Falls es um die Fanart-Problematik geht, könnte man einen zusätzlichen Freischalter-Posten schaffen.
Ich hab ja nicht gesagt, dass es nicht lösbar sei, aber man muss es halt beachten^^
Tobias/Galileo