Black & Blue von Hinarika ================================================================================ Kapitel 1: Break down --------------------- „Hinata!“ Die vertraute Stimme lässt sie nicht nur inne halten, sondern treibt auch eine altbekannte Hitze in die Wangen, die ihre Haut bereits in bekennendem Rot verfärbt, bevor sie sich zu ihm umdreht. „Naruto-kun.“ Das breite Grinsen auf seinen Lippen treibt ihren Herzschlag in die Höhe, gefühlt ein Stückchen mehr mit jedem Meter, den er sich ihr nähert. „Hast du gerade etwas vor?“ „N-Nein, ich war nur auf dem Weg nach Hause.“ Aber einmal mehr in Erwartung der steten Vorwürfe ihres Vaters, hat sie es nicht eilig dort hinzukommen. Naruto kratzt sich in alter Angewohnheit am Hinterkopf und die Tatsache, dass seine alleinige Aufmerksamkeit auf ihr liegt, macht es ihr schwer sich auf seine Worte zu konzentrieren. „Hast du vielleicht Lust etwas essen zu gehen? Ich war gerade auf dem Weg zu Ichiraku.“ Sie kann sich im Nachhinein nicht mehr daran erinnern zugesagt zu haben, aber die Wörter sind zweifellos alles andere als flüssig über ihre Lippen gekommen. Sie verbringt den Abend damit seinen Geschichten zuzuhören und sich noch ein wenig mehr in ihn zu verlieben. . . . Die Maschinen um ihn herum bezeugen stumm, wie knapp er heute mit dem Leben davongekommen ist. Sogar Tsunade ist mit Tränen in den Augen aus dem Raum gekommen und Sakura hat sich mit der gebrochenen Begründung entschuldigt, dass sie eine Dusche und frische Kleidung braucht. Es war wirklich sein Blut an ihrem Oberteil. Ihre Freunde und selbst ihre ehemaligen Senseis geben sich die Klinke in die Hand, aber keiner von ihnen scheint es zu ertragen seinen Zustand länger als ein paar Minuten mitanzusehen. Nur sie sitzt erstarrt neben seinem Bett und regt sich in der ganzen Aufregung um sie herum kaum. Die Tatsache, dass er nicht gleich aufwachen und sie angrinsen wird, registriert vielleicht in ihrem Kopf, aber noch lange nicht in dem Gefühlschaos, das sich unter ihrer regungslosen Fassade verbirgt. Sie hat ihre Hand vorsichtig in seine geschoben und sein Puls unter ihren Fingerspitzen ist das Einzige, was sie ein wenig beruhigt. Es ist der alleinige Hinweis, der ihr stetig versichert, dass er noch hier ist. Denn die blasse Gestalt, umgeben von all dem Weiß des Krankenzimmers, hat nichts mit dem lebhaften Mann gemeinsam, in den sie sich vor langer Zeit verliebt hat. Aber sie weiß auch, dass man sich auf nichts so sehr verlassen kann, wie auf seine Versprechen und er hat ihr versprochen, zu ihr zurückzukommen. Als sie einen Moment allein mit ihm ist, erhebt sie sich und drückt ihre Lippen sanft und vorsichtig gegen seine Stirn. „Ich warte auf dich.“ . . . Vier Wochen später Hinata öffnet eine der Seitentüren zum Hyuuga-Anwesen und unterdrückt ein Gähnen. Es waren vier harte Wochen, ohne die geringste Veränderung in Narutos Gesundheitszustand. Sie und Sakura haben mehr oder minder einen Schichtplan aufgestellt und eine von ihnen ist immer an seiner Seite. Meistens saßen sie jedoch zu zweit in dem kleinen Raum, von dem sie mittlerweile jeden Zentimeter blind rekonstruieren könnte. Sie hat zu Beginn nicht gedacht, dass es möglich sein könnte, aber ihre Angst um ihn ist mit jedem Tag, der ohne eine Besserung verstrichen ist, noch ein wenig mehr gewachsen. Es sollte nichts geben, was ihn so lange in diesem Zustand festhalten kann und die Tatsache, dass sogar Tsunade dem ratlos gegenüberzustehen scheint, verursacht eine konstante Sorge, die wie ein bleiernes Gefühl in ihrem Bauch liegt. Es waren vier Wochen, in denen sie kaum zuhause war und so kommentarlos, wie ihr Vater dies bisher hingenommen hat, hätte sie wissen müssen, dass ihr bald eine Konfrontation bevorstehen würde. Wobei diese bei ihrem Vater in der Regel vorbei ist, bevor sie begonnen hat, da er einen Befehl gibt und sie zu gehorchen hat. Wie in diesem Moment, als er ihr in den Weg tritt, als sie sich nur eine Dusche und ein paar Stunden Schlaf wünscht. „Ich erwarte dich in zehn Minuten zum Training.“ Er wartet nicht einmal ihr zustimmendes Nicken ab, bevor er ihr den Rücken zukehrt. Sie ist in der denkbar schlechtesten Ausgangslage für ein Training mit ihrem Vater. Selbst wenn sie das Krankenhaus körperlich verlässt, bleiben ihre Gedanken immer dort hängen. Außerdem fühlt sie sich seit einigen Tagen generell erschöpft und abgeschlagen und hat das ungute Gefühl, dass sie sich im Krankenhaus etwas eingefangen hat. Sie verdrängt den Gedanken, sobald er ihr kommt, denn krank könnte sie nicht bei Naruto sein. Sie betritt den Trainingsplatz abgelenkt, auch wenn sie unbewusst dankbar registriert, dass sich keine Zuschauer um den Innenhof des Anwesens versammelt haben. Sie findet sich gegenüber ihrem Vater in der Mitte ein und verneigt sich vor dem Clanoberhaupt. Obwohl sie mit ziemlicher Sicherheit annimmt, dass diese Trainingseinheit einmal mehr mit einer Demütigung für sie enden wird, nimmt sie Haltung an und aktiviert zeitgleich mit ihrem Vater ihr Bluterbe. Aber statt auf das Clanoberhaupt und seine Bewegungen, richtet sich ihre Aufmerksamkeit plötzlich auf sich selbst und ihren eigenen Körper. Denn eine Sache ist anders, als sonst. Ganz anders. Sie findet etwas in sich selbst, das zuvor noch nicht da war. Als sie erkennt, was es ist, bewegt sich ihr ganzer Körper mit dem Keuchen, das ihren Lippen entflieht. Dieses Mal hat ihr Verstand Schwierigkeiten dazu aufzuschließen, was sie sieht, während ihr Herz ihre neue Realität pochend annimmt. Eine Bewegung außerhalb ihres Körpers zieht ihre Aufmerksamkeit zurück nach außen und ihr Verstand meldet alarmierend, dass ihr Vater dasselbe gesehen haben muss wie sie, aber die Warnung geht in dem Chaos in ihrem Kopf unter. Nur ihre Arme schließen sich instinktiv um ihren Unterleib, während er sich ihr nähert. Sie ist die Verachtung in seinen Augen gewohnt, wenn er sie ansieht, deshalb beunruhigt sie diese Tatsache allein nicht. Außerdem hat sie immer noch Schwierigkeiten sich überhaupt ausreichend auf ihn zu konzentrieren und sie registriert die Bedeutung seiner Worte nur verzögert. „Sobald das Herz eines Embryos zu schlagen beginnt, werden auch seine Chakrasignaturen sichtbar.“ Ihre Hand ruht immer noch fassungslos auf ihrem Unterleib und ihre Augen richten sich erneut auf die winzigen Chakrasturkturen, die ihr innewohnen. Deshalb sieht sie den Schlag ihres Vaters nur aus dem Augenwinkel kommen, Millisekunden bevor sein Handrücken ihre Wange trifft, ohne eine Chance noch auszuweichen. Die Heftigkeit des Schlages lässt sie zwei Schritte zur Seite stolpern, bevor sie ihr Gleichgewicht zurückerlangt. „Wer?“ In ihrem Kopf dreht sich alles und bevor sie seine Frage begreift, schließen sich seine Hände grob um ihre Schultern und schütteln sie so hart, dass ihre Kiefer krachend aufeinander fallen. „Ich schwöre, wenn du mir nicht augenblicklich sagst von welchem nutzlosen Versager du dich hast schwängern lassen, werde ich mich persönlich um den Bastard in deinem Leib kümmern!“ Er erhebt seine Stimme nicht, aber das macht seine Worte nicht weniger drohend. Das Adrenalin, das seiner Drohung folgt, bringt gestotterte Worte über ihre Lippen. „E-Es ist Na-ruto.“ „Natürlich.“ Er lässt sie los und sie hat wirklich nicht gedacht, dass er sie mit mehr Verachtung ansehen könnte. Wieder etwas, worin sie falsch lag. „Ich werde eine Medic-nin finden, die sich diskret um dieses Problem kümmern wird!“ Hinata blinzelt dreimal, bevor ihr klar wird, was er da sagt. „W-Was-“ „Du wirst Neji heiraten und wir werden nie wieder darüber sprechen!“ Er wendet sich von ihr ab, ohne eine Antwort zu abzuwarten. Natürlich, er erwartet, dass sie gehorcht – wie immer. Das Pochen in ihrer Wange registriert nur dumpf in ihrem Bewusstsein. All ihr Fokus liegt darauf, dazu aufzuschließen, was in den letzten 60 Sekunden passiert ist. Ihre Hände wandern zurück zu ihrem Bauch und sie aktiviert erneut ihr Bluterbe, um ihr Innerstes zu studieren. Kaum sichtbare Linien und ein winziges pochendes Organ. Es ist ein Baby. Ihr Baby. „Naruto-“ Aber sein geflüsterter Name auf ihren Lippen und der Gedanke an ihn, bringen sie schließlich in die Realität zurück. In die Realität, in der die Worte ihres Vaters wie ein Schwert über ihrem Kopf hängen und alles bedrohen, was ihr in dieser Welt noch etwas bedeutet. Dieses Mal zögert sie nicht. Es dauert nur Sekunden, bis ihr klar wird, was sie zu tun hat und ihre Füße tragen sie beinahe automatisch. Es ist, als würde sie sich selbst von einer Position außerhalb ihres eigenen Körpers beobachten, wie sie an die Tür zu den Gemächern ihres Vaters klopft. Auf das herrische „Herein!“ tritt sie über die Schwelle und macht fünf schnelle, gezielte Schritte in den Raum hinein. „Vater, kann ich Euch einen Moment sprechen?“ Sie weiß, der einzige Grund, warum ihr dieses Manöver gelingt ist, dass er nie etwas Derartiges von ihr erwarten würde. Als er sich zu ihr umdreht, hat sie bereits ausgeholt und schlägt ihn mit einem einzigen, gezielten Schlag bewusstlos. Sie fängt ihn, bevor er laut zu Boden fällt und legt ihn ab, um seine Chakrapunkte zu manipulieren und sicher zu gehen, dass er nicht so bald wieder aufwachen wird. Sie hievt ihn auf den Futon in seinem Zimmer und hofft, dass es an diesem Abend niemandes Aufmerksamkeit erregen wird, dass ihr Oberhaupt sein Zimmer nicht mehr verlässt. Ein letzter Blick auf ihn und ihr Magen krampft warnend. Sie stürzt in das angrenzende Badezimmer und fällt gerade noch rechtzeitig auf die Knie, um ihren spärlichen Mageninhalt über der Toilette zu entleeren. Ihr Körper hievt so lange, bis ihr schwindelt, aber sie kämpft sich zurück auf die Beine. Sie hat sich gerade kostbare Stunden gestohlen und sie wird jede Minute davon brauchen. • Kurz darauf im Krankenhaus „Ich kann nicht hier bleiben, Naruto.“ Sie senkt den Kopf und drückt ihre Lippen zärtlich gegen seine Stirn. „Es tut mir so leid.“ Sie presst ihren Handrücken fest gegen ihre Lippen, um das Schluchzen zurückzuhalten, das ihren ganzen Körper bereits zittern lässt. Mit einem schweren Atemzug schlingt sie ihren Rucksack über ihre Schultern und strebt das offene Fenster an. Sakura wird jeden Moment zurückkehren und ihr läuft ohnehin die Zeit davon. Deshalb erlaubt sie sich nur noch einen letzten Blick auf ihn, bevor sie die Beine über das Fensterbrett schwingt und springt. Sie landet sicher auf einem nahe gelegenen Dach und bewegt sich schnell und gleichzeitig um Unauffälligkeit bemüht über die Dächer ihres Heimatdorfes. Ihr Bluterbe offenbart ihr jeden einzelnen Wachposten an der südlichen Dorfmauer und sie blinzelt die Tränen in ihren Augenwinkeln fort, um die perfekte Lücke zwischen ihrer Aufmerksamkeit zu finden. Es ist beinahe zu einfach und dauert kaum eine Minute die Mauer zu überwinden und unbemerkt in dem nahegelegenen, dichten Wald zu verschwinden. Aber verborgen in den Schatten der Bäume, hält sie dennoch inne und sieht noch einmal zurück auf ihre Heimat. Der Anblick der Lichter und der vertrauten Formen treiben ihr erneut die Tränen in die Augen, doch sie wischt sie energisch fort. Naruto zurückzulassen, besonders in seinem momentanen Zustand, zerreißt sie beinahe, aber sie hat jetzt mehr zu beschützen, als sich selbst. „Vergib mir.“ Sie verschwindet mit der letzten Silbe ihres Wisperns, das niemand außer ihr hören kann. . . . Am nächsten Morgen im Krankenhaus Sie liest die Notiz in ihrer Hand noch einmal, aber auch beim fünften Mal ergeben die Worte immer noch nicht mehr Sinn. Sakura erwidert Shizunes Gruß abwesend und stößt die vertrauten Türen vor sich ungeachtet der Etikette auf, wie sie es immer tut. Selbst ihrer Lehrmeisterin ist die Sorge um den blonden Chaoten ins Gesicht gezeichnet. Sie hassen die Untätigkeit, zu der sie angesichts seines Zustandes verdammt sind, beide gleichermaßen. Dem ist es wohl zuzuschreiben, dass Tsunade angesichts ihres unangemeldeten Eindringens in ihr Büro nicht einmal eine Augenbraue hebt. „Gibt es etwas Neues?“ Sie hat nicht die Antwort, auf die sie alle hoffen und stellt stattdessen ihre eigene Frage. „Hast du Hinata auf eine Mission geschickt?“ Tsunade runzelt die Stirn. „Keine von euch beiden ist im Moment hier wegzubewegen, also-“ Das hat sie theoretisch schon gewusst, aber die Erklärung wäre ihr dennoch lieber gewesen. Sie streckt ihre Hand aus und Tsunade nimmt die kleine Karte und liest die Worte, die in Hinatas vertrauter Handschrift darauf zu finden sind. Pass auf ihn auf. Auch die Godaime liest die Worte mehrmals, bevor sie verständnislos zu Sakura aufsieht. „Was hat das zu bedeuten?“ Die junge Medic-nin schließt die Augen und wünscht sich zum wiederholten Male, aufzuwachen und festzustellen, dass die letzten Wochen nur ein schlechter Traum waren. „Nichts Gutes.“ . . . Währenddessen im Hyuuga-Anwesen „Ich bitte um Verzeihung, Hiashi-sama, aber wir konnten Hinata-sama nirgendwo finden. Wir haben bereits im ganzen Anwesen nachgesehen.” Der Hyuuga ringt bereits mit einem Zittern, bevor sich der volle Zorn seines Oberhauptes auf ihn richtet. „Dann sucht eben auch außerhalb des Anwesens nach ihr! Wenn es sein muss durchsucht ganz Konoha, aber bringt mir meine Tochter!” „Hai!“ Der Hyuuga verschwindet und Hiashi richtet seinen Blick zurück aus dem Fenster. „Irgendwo muss sie ja sein.“ . . . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)