Zerbrochener Spiegel von Technomage (für Tsche) ================================================================================ Vogelscheuchenopferlamm ----------------------- Als ich sie zum ersten Mal traf, war mein Vater noch Chefarzt in einer der großen Kliniken der Stadt. Ich jobbte damals als Nachtwächter in der städtischen Leichenhalle. Eine Arbeit, die meiner Meinung nach nur erfunden wurde, um in Hollywood - Horrorstreifen verwendet zu werden und die Söhne reicher Ärzte dort unterzubringen. Es war nicht so, als ob ich es nötig gehabt hätte zu arbeiten, doch mein alter Herr hatte irgendwann genug davon gehabt, dass ich sein Geld für Alkohol und Drogen hinauswarf. Teure Sportwagen und Klamotten für eine bizarre, aufgetakelte Freundin wären ihm scheinbar lieber gewesen. Auch wenn der Job wohl eher als Abschreckung und Erziehungsmaßnahme gedacht war, genoss ich die stillen Nächte im Pförtnerhaus des großen leeren Trakts und den anhaftenden Leichengeruch. Es brach die Zeit an, in der selbst meine Freunde begannen mich "seltsam" zu nennen. Die Gänge einer Leichenhalle sind so kalt und Furcht einflößend wie Menschen sie in ihren Alpträumen sehen. Ich war so tief im Meskalin versunken, dass ich Teil des Alptraums war. Wie ein Geisteskranker schlich ich durch das Labyrinth der Toten. Erschreckte überarbeitete Pathologen. Das Geschrei aus meinen Kopfhörern kündigte mich meilenweit an wie das Grollen eines Gewitters den Donnergott. Blutige Tränen meiner Kindheit rannen mir über die Wangen, bis ich sie mit den Fingern auffing. Ich malte das Lied des Feuers mit glühenden Blutfingern an die Wände. Die Moiren erschienen, auf einem schwarzen Wagen aus Eiskristallen; ich fiel flehend auf die Knie und lachte, bat um nichts. So ging es Nacht um Nacht bis der Morgen anbrach und ich aus meinem Traum erwachte. In der Nacht, als ich sie traf, folgte ich einem Hundedämon durch den Trakt mit den Obduktionssälen, bellte und sang Lieder über Luzifers Badezimmer, bis er mich abhängte und ich röchelnd wie ein Sterbender vor einer Tür liegen blieb. Das dumpfe Leuchten, das von der Tür ausging und mich anzog, kann ich bis heute nicht genau den Geistern der Illusionen oder etwas weitaus Höherem zuordnen. Broken liebte schon damals Bibelverse über alles. Die Wände, die Decke, der Boden, alles war mit ihnen voll geschrieben. Ich wurde von Haus aus sehr christlich erzogen und auch wenn ich keinen Respekt davor hatte, kannte die Religion doch durch und durch. Aber was ich sah, als ich die Tür aufstieß, überstieg alles Bisherige in meinem Leben, selbst meine dunkelsten Vorstellung. In der Mitte des Saales hatte sie es irgendwie geschafft aus allem, was sie für brennbar erachtete, Feuer zu machen. Es brannte schon mehr als einen Tag, anfangs, wie die Brandspuren verrieten, in Form eines Ankhs, nun nur noch als großes Scheiterhaufen. Das Feuer warf düsteres Licht und tanzende Schatten in den Raum. Die Wände waren von oben bis unten mit blutigen Versen beschrieben, die aussahen wie die Arbeit eines Typographen im vorgeschrittenen Krankheitsstadium. Von der Decke hingen Girlanden aus den Därmen der Ärzte. Sie selbst waren nur noch als Fleischberge auf dem Boden zu vermuten, an denen nichts menschliches mehr war. Das Blut rann von den Operationstischen, den Schränken, war einfach überall. Es klebten Eingeweide an den Wänden, waren mit Operationsbesteck fest gepfählt, hingen an Nähfäden von der Decke. Der Rausch war weggefegt und ich wünschte ihn mir sehnlichst zurück. Die Realität vor meinen Augen überstieg zum ersten Mal in meinem Leben die Wahnvorstellungen und Visionen im meinem Kopf. Irgendwo hatte sie angefangen ein groteskes Gerüst aus Rippen und Wirbelsäulen zu bauen. Gelähmt vor Ekel und Entsetzen lehnte ich in der Tür. Solange bis die Faszination mich übermannte und hineintrieb. Damals fand ich dich blutüberströmt wie ein Neugeborenes. Schlafend. Ich wusste beim ersten Anblick, dass du und niemand sonst es gewesen sein konntest und hatte doch keinen Gedanken daran, dir ein Ende zu setzen. Hätte es vielleicht tun sollen und doch nie tun können. Mit wankenden Schritten bewegte ich mich meinem Schicksal entgegen. Ende des Anfangs . . . wer bis Hierhin durchgehalten hat, ohne dass es ihm zu widerlich wurde, dem kann ich versichern, dass es sich um keine Spladder-Geschichte handelt und es ab hier weniger Massaker und mehr Irrsinn gibt ^_^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)