Mary und Sue von 1810 ("200 Karotaler" WB von Mae Einsendung) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Das Stimmengewirr hatte sich, wie gewohnt, schlagartig gelegt, als der sprechende Hut mit der Einteilung der neuen Schüler begann. Nur das gelegentliche Jubeln der einzelnen Haustische unterbrach die Stille in der Großen Halle. Als sich der letzte Erstklässler an den Tisch der applaudierenden Slytherins gesetzt hatte, erhob sich Dumbledore und erstickte damit jedes Gespräch im Keim. Er räusperte sich leicht, als er die Schüler lächelnd anblickte und dann sein Gesicht dem Vorraum zuwandte, in dem die Erstklässler gerade noch gewartet hatten. "Ich möchte euch mitteilen, dass die Deutsche Schule für Hexerei und Zauberei, Walpurg, ab dem heutigen Tag eine brillante Schülerin verloren und wir eine gewonnen haben. Auf eigenen Wunsch wurde sie nach Hogwarts verlegt." Bei dieser Erklärung entbrannte sofort ein Stimmengewirr. Noch niemand hatte solch einen Wechsel erlebt- schon aus dem Grund, dass es für einen Internatsschüler keinen Unterschied machte, ob seine Eltern in der Zwischenzeit rund um den Globus zogen und ein Schulwechsel aus diesem Grund eigentlich vollkommen überflüssig war. Mit einem erneuten Räuspern brachte Dumbledore die vielen Gesprächsrunden, die sich gegenseitig zu übertönen versuchten, zum verstummen. "Wir werden auch bei ihr die Hilfe unseres treuen, sprechenden Hutes bedürfen. Hier ist sie nun also...", Dumbledore holte tief Luft und schien einen kurzen Blick auf einen unsichtbaren Notizzettel zu werfen, "... Margareth Arogany Ricardia-Yvonne Sue." Ein einzelner Schüler wagte den Versuch, Dumbledore Applaus zu zollen, da dieser es geschafft hatte, einen solchen Namen ohne das geringste Stocken auszusprechen, wurde allerdings von Professor McGonagalls strengem Blick sofort fixiert und ließ seine Hände peinlich berührt in den Schoß sinken. Ein goldener Schein brach aus dem Vorraum hervor und eine gewaltige Gestalt trabte in die große Halle. Das Wesen hätte wie ein Löwe gewirkt, mit seinen vier großen, majestätischen Tatzen, seiner fülligen Mähne dem gewaltigen Brüllen und dem kräftigen Körper, wären da nicht einige sehr un-löwische Punkte an ihm gewesen: Es hatte zwei mächtige, fein gefiederte Flügel, keinen Schwanz an dem Körperende, an dem ein normaler Löwe eigentlich durchaus berechtigt gewesen wäre, einen Schwanz zu haben, und es glänzte golden. Außerdem hatte es dort, wo es schon beschlossen hatte, keinen Schwanz zu haben, ein zweites Maul. Und auf seinem Rücken ritt eine zierliche Gestalt, was auch nicht so ganz zu dem monströsen Anblick passen wollte. In ihrer Hand hielt die junge Hexe einen langen Zauberstab, der sich in dem Moment in einem seltsam komplizierten Schlenker über ihren Kopf hob, als das Wesen den Stuhl erreichte, auf dem der Sprechende Hut residierte. Sofort verschwand das Wesen ins Nichts, was auch gänzlich dagegen sprach, dass es ein Löwe hätte sein können. Obwohl natürlich auch ein Löwe in dieser Art hätte verschwinden können - Magie war ja keine Hexerei. Allerdings schien das Schwingen des Stabes nur eine Art Befehl an das Wesen zu sein, dass es zu verschwinden hatte. Mit einem konventionellen Zauber hatte das genauso viel zu tun wie ein Eiswürfel mit der Antarktis. Margareth Arogany Ricardia- Yvonne Sue, die plötzlich in der Luft schwebte, landete direkt neben dem Stuhl, griff nach dem Hut, setzte sich und stülpte den Hut über. Das letzte was sie sah, bevor die Krempe des Hutes ihr die Sicht nahm, war eine äußerst verdutzte Menschenmenge. "Ohhh... was haben wir denn da?", Piepste sofort eine Stimme in ihrem Kopf. Eine zweite Stimme schaltete sich ein. "Du hast es schon wieder getan, Mary." Die erste Stimme hätte sich verwirrt umgesehen, als eine dritte Stimme im Kopf des Mädchens ertönte, allerdings waren Stimmen, die aus dem Inneren eines Hutes kamen, nicht gerade dazu befähigt sich in irgendeiner Form umzusehen. Die dritte Stimme verkündete: "Ich weiß... aber du solltest mich kennen- immer wenn ich unter Druck gerate muss ich eine kleine Showeinlage abhalten." "KLEIN?! Du beschwörst eine CHIMERA und nennst das KLEIN?!", Fauchte die zweite Stimme. "Ähm... Hallo?", Versuchte sich die erste, extrem verwirrte, Stimme, die des Sprechenden Hutes, ins Gespräch einzuschalten. Gleichzeitig sammelte er empört die Fakten. Dieser widerspenstige Kopf verstieß gegen die Regeln. Es hatte immer nur einer zu sprechen während der Einteilung in die jeweiligen Häuser. Und das war- verdammt nochmal- die Stimme des Hutes selbst. "Weißt du wie nervig es ist, immer den Mist zu ertragen den du verzapfst?! Was hast du dir bloß dabei gedacht, als du dich heute wieder so aufgetakelt hast?", Fuhr die zweite Stimme fort, die erste komplett ignorierend. "ICH WÜRDE GERNE RUHE HABEN WÄHREND ICH ARBEITE", die erste Stimme klang wirklich sauer. "Herr Hut, könnten sie wohl so freundlich sein, mich in Gryffindor hinein zu sortieren? Ich habe gehört dort gibt es nicht nur intelligente und hübsche, sondern auch mutige Schülerinnen und Schüler. Ich glaube das wäre das richtige Haus für so eine Talentierte Zauberin wie mich.", Meinte die dritte Stimme, die die zweite total ignorierte. "DU TUST ES SCHON WIEDER", brüllte die zweite Stimme, während die erste einen Moment dumm guckte. Das heißt, sie hätte dumm geguckt, hätte sie Augen gehabt, aus denen sie hätte gucken können. Doch dann ergriff sie die Partei der zweiten Stimme: "ICH ENTSCHEIDE WOHIN DU KOMMST! WAS ERLAUBST DU DIR, MIR MEINEN JOB STREITIG ZU MACHEN?!" Auf einmal war es still im vorher so lauten Kopf. Dann fragten die zweite und die dritte Stimme im Chor: "Na... dann sag uns doch endlich in welches Haus wir kommen! Wir warten!" Säuerlich verfiel der Hut in ein grübeln und analysierte den Kopf der jungen Hexe. Er versuchte krampfhaft, die offensichtliche multiple Persönlichkeit zu ignorieren und konzentrierte sich auf ihre Vorlieben, ihre Ängste und ihre Abneigungen. Er versagte in dieser Hinsicht total, da er bei jedem der drei Punkte an den Eigenschaften der jeweils anderen Persönlichkeit scheiterte. "... Das einzige was ihr beide gemeinsam habt, ist euer Mut. Also gehört ihr wohl nach GRYFFINDOR!" Das letzte Wort schrie der Hut in die Halle, froh, seinen Job erfüllt zu haben und wieder allein gelassen zu werden. Mit einem "sag ich doch" von der dritten Stimme verabschiedete sich der Kopf vom Hut und die junge Hexe begab sich sicheren Schrittes zum johlenden Tisch der Gryffindors. Ein kaum merkbarer Schwenker ihres Zauberstabs genügte, um in der Großen Halle während ihres Weges zu ihren neuen Kameraden den Song einer Muggelband ertönen zulassen: "AND ALONG COMES MARY, MARY! MARY!" Nach ihrem recht spektakulären Auftritt gingen die Gitarren und Schlagzeug Töne schon fast in einer Art Alltäglichkeit unter. Am nächsten Morgen wachte Margareth Sue mit einem unerbittlichen Hungergefühl auf. Sie hätte gestern doch mehr essen sollen als die paar Stangen Sellerie. Noch dazu weil sie natürlich so hatte tun müssen, als äße sie sich, wie jeder andere auch, durch das gewaltige Buffet. Wieder erwachten die beiden Stimmen in ihrem Kopf zum Leben. "Na los, auf zum Schminktischchen! Ich will gut aussehen!", Sagte die eine. Müde und morgenmuffelig grummelte die zweite "Wieso musst du denn immer so perfekt tun? Können wir denn nicht mal einen Tag lang so aussehen wie jedes andere Mädchen auch?" Ohne diesem Einwand einer Antwort würdig zu erachten, begab sich Margareth zu ihrem- eigens für sie bereitgestellten- Schminktisch. Fröhlich summend sinnten beide Persönlichkeiten dem letzten Abend nach. Die eine dachte sehnsüchtig an die Berge an Essen, die durch einen besonders unauffälligen Verschwindezauber vom Nirwana geschluckt worden waren, während die andere gerührt an all die bewundernden Gesichter dachte, als sie die Geschichte ihrer toten Eltern erzählt hatte. Die Geschichte war ergreifend gewesen- voller Spannung und Dramatik, einschließlich einem Kampf mit Lord Voldemort. Tatsächlich hatte Margareth es geschafft, die Geschichte so traurig und bewegend wie nur irgend möglich zu erzählen. Ihr Vater, der momentan in Utah sein neues Buch vorstellte, wäre stolz gewesen angesichts dieser rhetorischen Raffinesse. Aber genau das war das überaus bedeutende Problem an dieser überaus wahren Geschichte: All das war noch nicht geschehen. Sie wusste weder etwas über Voldemorts Aussehen noch hatte er jemals auch nur einen Gedanken an ein Mitglied ihrer Familie verschwendet. "Warum musst du um dich eigentlich immer wieder diesen Wirbel machen? Im Ernst Mary- ich hab keinen Bock mehr NOCHMAL monatelang so eine Show abzuziehen!", Wimmerte die eine Persönlichkeit, während eine Bürste mit der magischen Eigenschaft durch Margareths Haare fuhr, die jedes Haar sich nach einem Mal Kämmen zu einer perfekten, glänzenden und atemberaubenden Frisur formen ließ. "Halt den Mund! Gutes Aussehen und Auftreten sind alles- die Leute sollen doch schließlich merken, wie sehr wir ihnen in Sachen Intellekt und magischem Können voraus sind.", Antwortete die andere Persönlichkeit, Mary, aufgebracht. "Und außerdem, und das solltest du zugeben Sue, genießt du durch mich eine ganze Menge Vorteile!" Sue, die andere Persönlichkeit, hätte Mary jetzt liebend gern so verdutzt angeschaut, dass ein unbeteiligter Betrachter gut vom unvorhergesehenen Eintreten vollständiger Verblödung hätte reden können. Aber es hatte sich bisher als schier unmöglich herausgestellt, einen anderen Teil des eigenen Gehirns verdutzt anzusehen- vor allem wenn der Betrachter auch nur aus Synapsen bestand. "Ich genieße durch DICH", wiederholte Sue, vor Wut bebend, "Vorteile? SPINNST DU?! Wegen dir bin ich auf einer beinahe- Nulldiät, darf nie ein Hüsteln hören lassen, muss jeden Mann verführen, der mir über den Weg läuft und bei jedem Lehrer eine Hausarbeit abgeben, die drei mal detaillierter, Fortgeschrittener oder länger ist als erwartet! Mein Leben ist die Hölle seit du existierst!" Nun war es Mary, die ihrer Mitbewohnerin gerne einen pikierten Blick zugeworfen hätte und bereute, dass man seinem Alter Ego keinen Vogel zeigen konnte. "Du existierst erst, seit ich mir selbst zu Klischeehaft war. Du hast noch nie erfahren was Begriffe wie ,satt' ,unordentlich' oder "unattraktiv" bei dir bedeuten könnten. DU existierst nur, weil ich es satt hatte, hinter meinem Rücken - und du weißt ich höre verdammt gut, was hinter meinem Rücken gesagt wird- Sprüche mitzubekommen wie ,Schon gehört? Wir haben jetzt Unsere eigene Mary Sue' " Sue kicherte, als Mary von diesem Ereignis sprach. "Oh ja, das war einer der schönsten Momente meines Lebens... aber verstößt du damit nicht gegen deinen eigenen Grundvorsatz dass du dich niemals ändern darfst?" Margareth hob, ungeachtet ihres inneren Dialogs, den Zauberstab und murmelte einige Wörter. Sofort verlangsamte sich jede Bewegung um sie herum extrem. Der Sekundenzeiger der Uhr hing über zwei Minuten an der gleichen Stelle, bis er endlich einen Strich weiterwanderte. Einstein hätte gesagt, dass Margareth sich nun schneller bewegte als der Rest der Mädchen im Gryffindor Schlafsaal. Er hätte gesagt, dass die Zeit für jeden anderen ganz normal weiter liefe, aber Margareth selbst die für andere vergangene Zeit als unwahrscheinlich langsam wahrnehme. Margareth allerdings war so ziemlich gleich, was Einstein alles gesagt hätte- zumal er erst einmal die Sache mit der Magie hätte verkraften müssen- denn für sie bedeutete dieser Zauber lediglich: mehr Zeit zum Schminken. Und so verbrachte sie mehr als fünf Minuten der realen Zeit damit, ihren Haaren den perfekten Schwung zu geben, ihre Brüste mit einem selbst geschriebenen Zauber zu vergrößern, ihre Zähne mit "Billiands brillantem Zahnseidenweiß" zu bleichen und ihre Haut mit dem "gesunde Bräune Make-up" von Madame Merkis Make-up Shop zu behandeln. Genervt ließ Sue es geschehen, dass sich Mary einmal mehr so richtig austobte- zwar schmerzten die Brustvergrößerungen höllisch und das Make-up verursachte Hautreizungen, aber an diesem Spleen Marys Kritik zu üben war, als würde man versuchen, die Chinesische Mauer mit einem Streichholz einzureißen. Als Mary endlich zufrieden mit dem Mädchen im Spiegel war, wurde der Zeitzauber wieder aufgehoben und die Uhr tickte auch für Margareth wieder mit gewohnter Schnelligkeit. "Ich frage mich," meldete sich Sue, als sie sich gerade bei der Wahl der Garderobe langweilte, "warum du ein fünftes Mal die Schule wechseln musstest, um dein Klischee loszuwerden, wenn du ihm hier schon wieder voll und ganz entsprichst..." Mary schwieg für den Rest des Vormittages beharrlich. Allerdings merkte Sue, dass intensiv über ihre Worte nachgedacht wurde. Natürlich merkte sie es nur insofern, wie ein Nachbar es anhand von kurzen, verzweifelten Tönen merkt, wenn ein Hausbewohner gerade das Tuba spielen zu erlernen versucht. Das Frühstück war eine Katastrophe- für Sue und auch für Mary. Wie überall, wo sie hinkam, wurde Margareths Name schnell auf die Anfangsbuchstaben ihrer -zugegebenermaßen zahlreichen- Vornamen zusammengekürzt. Und so wurde sie- wie auch an ihren alten Schulen- Mary genannt. Das war natürlich die Katastrophe, die Mary zu ertragen hatte. Sue dagegen litt unter den bewundernden Blicken aller Kerle und Frauen an ihrem Tisch. Und an den drei Stücken Toast, dem Rührei und dem Grossteil der Cornflakes, die vor ihr standen und langsam aber sicher verschwanden- zu Sues Leidwesen nicht in ihrem Magen. Professor McGonagall ging den Haustisch entlang und teilte die Stundenpläne aus. Mary hatte den am engsten gepackten Zeitplan von allen Anwesenden- selbst dieses braunhaarige Mädchen, von dem sie gehört hatte, es sei die ehrgeizigste und klügste Schülerin der Schule, hatte einen verdutzten Blick auf ihren Stundenplan geworfen. Einige schienen von dem bloßen Eifer Marys verängstigt, doch noch sehr viel schlechter fühlte sich Sue beim Anblick des Arbeitspensums, denn eigentlich war sie ein großer Fan des Faulheitsprinzips. Das tolle an diesem Lebensprinzip waren die drei einfachen Regeln: 1. Tue nichts, wozu du nicht Lust hast. 2. Weise andere daraufhin, wenn sie gegen Regel eins verstoßen- aber bloß nicht zu oft! 3. Werde Faul genug um nicht mehr nach der dritten Regel zu fragen. Zum Glück wartete schon die erste Stunde- Zaubertränke- auf sie und beide konnten ihre Probleme im Schulstress vergessen. Mary begab sich mit ihren Mitschülern in die Keller des Schlosses, wo auch schon der berüchtigtste Lehrer der Schule auf sie wartete: Severus Snape- live und in Farbe. Das heißt, er wäre in Farbe gewesen, wenn sein fahles Gesicht nicht zusammen mit seiner Kleidung und seinem Haar so perfekt monochrom gewesen wäre. Sie schenkte ihm ein Lächeln, das für einige Männer schon Einladung genug für ausgiebige Gespräche war und betrat als erste den Kerker. Der Rest der Klasse folgte stillschweigend- teils weil sie noch immer im Bann von Marys magischer Schönheit waren, teils weil sie zu baff vom Gesichtsausdruck Snapes waren. Der Tränkelehrer stand einige Momente lang an der Tür und sah aus, als könnte er sich nicht zwischen Empörung und Entzücken entscheiden, was in einem ziemlich genervten Lächeln endete. Neben Margareth an den Tisch gesellte sich Hermine Granger, das braunhaarige Mädchen, das so brillant sein sollte wie sonst keiner an dieser Schule. Gleich neben ihrem Tisch nahm auch Harry Potter- der berühmte Harry Potter - zusammen mit irgendeinem Loser mit Sommersprossen Platz. Snape hielt eine kleine, einführende Rede, während der er es entschieden vermied, "Miss Sue" in die Augen zu sehen. Danach tippte er mit dem Zauberstab gegen die Tafel und eine- wie Sue fand- recht lange Liste Kauderwelsch erschien. Mary Sue, die Person, sowie Sue, die Persönlichkeit, murmelten: "Ich hätte im Englischunterricht besser aufpassen sollen..." Das veranlasste Hermine zu einem überraschten Seitenblick. "Hast du Probleme mit den Anweisungen?" Margareth nickte und antwortete: "Ich habe Probleme mit den Namen der Zutaten." Hermine lächelte freundlich und deutete mit dem Zauberstab auf Margareths Zutatenfläschchen. Auf jedem einzelnen erschien, in leserlicher Handschrift, die englische Bezeichnung des Inhalts unter der ursprünglichen deutschen Schrift. Mary ließ ein blitzendes Lächeln sehen, bedankte sich und machte sich an die Arbeit. Nach einer halben Stunde spürte sie, wie immer mehr Blicke auf ihr ruhten. Die Klasse hatte bemerkt, dass Marys Trank sich deutlich schneller entwickelte als die der Anderen- der einzige Trank, der nur drei Schritte hinter ihr zurückgeblieben war, war der Hermine Grangers- und ihr stand der Schweiß im Gesicht. Selbst Snape wirkte verblüfft. "Eigentlich dürften Sie nicht so weit vorangekommen sein, wie Sie es offensichtlich sind. Selbst Miss Granger, unsere Alleswisserin, die neben Ihnen arbeitet, hat nicht schritt halten können." "Ich habe bestimmt frischere Zutaten als meine Klassenkammeraden.", antwortete Mary in ihrer bescheidensten Stimme. "Dadurch entfalten sich ihre Effekte schneller, wissen sie?" Snape schwieg einen Moment. Dann setzte er einen seiner grimmigsten Blick auf und sagte mit leiser, gefährlicher Stimme, "Selbst mir wäre es nicht möglich, einen solch komplexen Trank in so kurzer Zeit in ähnlich guter Qualität zusammenzubrauen." Dann, mit einem Mal, wandte er sich mit wehendem Umhang ab und sagte mit einer etwas lauteren Stimme: "50 Punkte für Gryffindor." Und dann setzte er seinen Rundgang fort. Wäre der Lehrer nicht Snape gewesen, hätte diese Bemerkung kaum ein großes Bedürfnis in der Klasse hervorgerufen, wild durcheinander zu reden. Doch es war Snape, der Parteiischste, Gryffindor hassendste Lehrer der Welt, der grade 50 Punkte eben dem Haus gewährt hatte, das er am liebsten leiden sah. Und wäre nicht Snape der Lehrer gewesen, hätte sich dieses unglaubliche Bedürfnis zu reden auch sofort entladen. Es blieb folglich still, aber alle- wirklich alle- Blicke ruhten auf Mary. Sue schrie ihre andere Persönlichkeit übelgelaunt an "WARUM MUSST DU DIESE SHOW IMMER GLEICH AM ERSTEN TAG ABZIEHEN?!" Die Nachricht, dass Mary Sue Hermine Granger schon in der ersten Stunde an Hogwarts ausgebootet hatte, machte so schnell die Runde, dass man sich Fragen musste, ob in den Klassenzimmern überhaupt noch ein anderes Thema besprochen wurde. Hermine dagegen verfolgte Mary die restlich Zeit des Tages und Mary hörte während des Abendessens wie Hermine sich lautstark bei Harry Potter und diesem Konrald Wiesly über sie beschwerte. "Wie kann sie so unglaublich gut sein?", jammerte sie gerade, während der Sommersprossentyp, Konrald, Kartoffelbrei in sich rein schaufelte. "Is' doch ganz klar.", schmatzte dieser vergnügt. "Sie hat die ganzen Lehrbücher auswendig gelernt- wie gewisse andere Personen." Darauf schüttelte Hermine kräftig ihr buschiges Haar. "Das IST es ja gerade! Sie kann teilweise nicht mal genug Englisch, um die einfachsten Arbeitsschritte zu verstehen! Bei Verwandlungen hab ich dann mal gesagt ich wüsste selbst nicht genau was damit gemeint ist... drei Minuten später hat sie die Verwandlung FEHLERFREI durchgeführt- ohne vorher irgendwas zu machen. Sie hat weder geübt noch jemanden gefragt! Ich hatte sie extra beobachtet!" "Sie tut mir leid.", meinte Sue und hätte gerne einen mitfühlendes Gesicht gemacht, wäre da nicht die enorme Schadenfreude Marys: "He he... Die Streber sind immer am meisten genervt und beeindruckt..." Harry ergriff das Wort und Mary beendete sofort jegliche innerliche Konservation. "Kopf hoch, Hermine! Vielleicht hat sie ihre deutschen Bücher auswendig gelernt, eventuell beschreiben die ja die einzelnen Schritte zu den Zaubern besser..." Hermine schnaubte verächtlich. "Du glaubst doch nicht im Ernst, dass so eine Vermutung bei DEN internationalen Zauberer-PISA Noten in IRGENDEINER Weise gerechtfertigt ist, oder?" Marys Teller war leer, und um zu vermeiden, dass Sue in Sachen Essen die Oberhand gewann, musste sie schnellstens verschwinden. "Hey, das ist unfair! Kann ich nicht wenigstens EINMAL satt ins Bett?", heulte sie Mary ins Ohr. "Du weißt genau," antwortete diese, "dass wir leider sofort Fett ansetzen. Und ein Zauber zur Fettabsaugung ist nicht nur gefährlich, sondern er endet meistens auch in einer unheimlichen Sauerei." Die Wochen vergingen und Mary Sue avancierte zum unangefochtenen Star der Schule. So gut wie jeder war in ihren Bann geraten. Lehrer warfen mit Punkten für Gryffindor nur so um sich, bloß weil Mary gerade anwesend war. Schnell hatte man ihr Zugang zu den Baderäumen der Vertrauensschüler gewährt außerdem wurde für sie immer besonders aufgekocht- was Sue am meisten ärgerte, da sie noch immer kaum etwas essen durfte und nun auch noch großen Torten Eiscreme und mehreren Dingen in Trüffelsoße widerstehen musste. Doch Marys großes Ziel war noch nicht erreicht. Sie würde wohl drastische Maßnamen ergreifen müssen, denn dieses Ziel war ihr durch ihre- wirkungsvollen- Methoden noch keinen Schritt näher gekommen. Und so beschloss Mary, das erste Mal in ihrem Leben, selbst AKTIV etwas fürs erreichen ihres Ziels zu tun. "Harry...?", sie tippte dem Jungen mit den rabenschwarzen Haaren auf die Schulter. "Ja, was ist Mary?", er klang recht gelangweilt. Fast, als wäre er sich nicht der Ehre bewusst, die ihm zuteil wurde. Er wurde von IHR PERSÖNLICH angesprochen. Mary wusste, dass es Männer gab, die für dieses Privileg gemordet hätten- einige in der näheren Umgebung sahen auch schon danach aus. Allerdings wusste sie auch, dass Harry Potter anders war als andere Männer. "Könntest du mir kurz etwas bei den Hausaufgaben für Verwandlungen helfen? Ich krieg den Text einfach nicht zusammen...", hauchte sie mit ihrer betörendsten Stimme um gleich darauf ihren Charme mit einem perfekten Augenaufschlag spielen zu lassen. "Lass mich nur kurz diese Partie zuende spielen, ja?", meinte Harry, immer noch sichtlich gelangweilt und wandte sich wieder Kon zu. "Er heißt RON und er ist eigentlich nicht so uninteressant wie du meinst!", brüllte Sue in Marys imaginäres Ohr. Mary hatte derweil wesentlich ernsthaftere Probleme. Sie hatte sozusagen eine Seinskrise. Harry Potter- der einzige Kerl auf diesem Planeten, der jemals in der Lage sein würde, ihren Ansprüchen zu genügen, war absolut unbeeindruckt von ihr. Er behandelte sie so, als wäre sie nur eine Mitschülerin! "Du BIST auch nur seine Mitschülerin.", erinnerte Sue sie. Zerknirscht murmelte Mary "Ach, lass nur- ich find schon einen anderen", was lediglich mit einem Nicken quittiert wurde, und fragte Dean Thomas, ob er ihr kurz den Aufsatz schreiben könne. Drei Minuten später waren nur noch vier Geräusche zu hören: Harry und Ron, wie sie ihre Schachfiguren zogen, Hermine die ihre Bücher durchblätterte, Ginny die sich nicht entscheiden konnte, wen sie anfeuern sollte- Ron oder Harry- und das leise Stöhnen von Mary und Dean, die sich auf einer Couch wälzten und sich küssten als gebe es kein Morgen mehr. Alle Anderen hatte jede Art der Bewegung eingestellt- die Mädchen entdeckten gerade ganz neue Seiten an Dean, der auf einmal zum Freund der begehrtesten Frau der Schule geworden war. Die Männer hingegen waren allesamt schockiert, dass Mary jetzt so einfach vergeben sein und dass Dean ihnen etwas voraus haben sollte. Die Frage "Warum er und nicht ich" wurde zu diesem Zeitpunkt sehr oft im stillen gestellt. Und natürlich war da noch dieses fiese kleine Lachen, dass nur Mary hören konnte. Sue lachte sie aus- wie erbärmlich war es doch, aus Frust mit irgendeinen Typen zu knutschen. Mary hatte es schnell geschafft, die Beziehung zu Dean wieder zu beenden- sie hatte ihm sogar das Gefühl eingepflanzt, ER habe mit IHR Schluss gemacht, weil sie ihm nicht gut genug sei. Doch seit diesem Vorfall wurden Marys Versuche, Harry Potters Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, immer ofensichtlicher. Schon bald waren die einzigen an der Schule, die sich nicht für Marys Versessenheit auf Harry interessierten, Hermine, Ron, Ginny und Harry selbst. Die Tatsache, dass Mary vor einer für sie unlösbaren Aufgabe stand- sie selbst wollte sich das nicht eingestehen- erhöhte Sues Spaßfaktor um ein vielfaches. Sie hatte es durch Marys Zustand einmal sogar geschafft satt einzuschlafen, aber Mary glich ihre Unachtsamkeit am Abend sofort mit einer Nulldiät am nächsten Morgen aus. Sie stürzte sich in Arbeit, um dem Beziehungsfrust zu entgehen- sie trat der Gryffindor Quidditch Mannschaft bei und wurde schlagartig zum größten Punktemacher in der Geschichte Hogwarts- dass sie Harry damit nicht sonderlich beeindruckte, wurde glücklicherweise durch die allgemeine Verehrung, die nach einem gewonnenem Spiel besonders groß war, ausgeglichen. Und obwohl niemand es für möglich gehalten hatte- Hermine allen voran- wurde sie sogar NOCH besser in der Schule. Am Berüchtigtsten war ein Satz geworden, mit dem sie in Verwandlungen eine Frage beantwortet hatte: "Der Vorteil der Selbstverwandlung in andere Personen, wobei diese Personen natürlich nicht ausschließlich Menschlich sein müssen, was für eine Rückverwandlung allerdings unglaublich nützlich ist, ist, dass man sich nicht nur vor Gegnern oder unerwünschten Besuchern verbergen kann, sondern auch, und das ist in Friedenszeiten noch wichtiger, weil andere Körper der Muggelwelt besser entsprechen könnten als der eigene, da zum Beispiel Fluchnarben oder andere magische Verletzungen auf einer normalen Straße etwas zu stark auffallen." Professor McGonagall, und auch der Rest der Klasse hatten sie fast zehn Sekunden lang fassungslos angestarrt und selbst Hermine Granger, einst berüchtigt für ihre Atemlose Redeweise, blinzelte verwirrt zu Mary herüber. Allerdings half kein Versuch Marys- eine kleine Phase, während der Mary Harry vollständig ignorierte, eingeschlossen- beim Vorankommen ihres großen Ziels. Eines Tages nahm Seamus Harry zur Seite und flüsterte einige sehr eindringlich klingende Worte: "Harry- du weißt, was für Gerüchte über dich im Umlauf sind?" Auf Harrys erhobene Augenbraue hin seufzte Seamus schwer und flüsterte noch eindringlicher: "JA GERÜCHTE. Die Leute fangen an, dich für schwul zu halten" und bevor Harry seinen Protesten Luft machen konnte, fügte Seamus hastig hinzu "Keiner kann sich vorstellen, dass ein Mann, der auf Frauen steht, ernsthaft etwas an unserer blonden Schönheit aussetzen kann.", den letzen Teil des Satzes fügte Seamus fast schon verträumt an, als würde er sich an die schönsten Dinge auf Erden erinnern. "jedenfalls- du weißt dass sie was von dir will? Wenn du nicht mal mit ihr ausgehst, wirst du dich vor Klatschkolumnen in JEDER ART von Magazin nicht mehr retten können. Also ist mein Rat als Freund an dich, ihr schleunigst ein gesundes Maß an Interesse zu zollen." Das sagte er mit sichtlichem Widerwillen, als würde er seinem ärgsten Feind einen Gefallen tun. Doch gleich darauf setzte er, mit freudiger Erregung, hinzu: "Selbst wenn du sie nicht wolltest- du könntest ja mal mit ihr ausgehen... und ihr dann vielleicht sagen, dass ein anderer... ich zum Beispiel, besser zu ihr passen würde! Außerdem solltest du nicht nur mit ihr ausgehen, weil sonst dein Ruf ruiniert wird, sondern auch weil du ihr sonst das Herz brichst. Sag ihr wenigstens was Sache ist." Harry nickte mit undeutbarem Gesichtsausdruck und verschwand mit seinen beiden Freunden im nächsten Geheimgang, von dem Mary weder eine Ahnung hatte, wie man in ihn hineingelangte, noch, wohin er führte. Am nächsten Morgen begrüßte sie Harry, wie üblich, mit ihrem bezauberndstem Lächeln. Doch diesmal hob Harry nicht grüßend die hand, sondern sah sie an. Marys Herz setzte kurz aus, während er ihren Blick erwiderte. Dann fing sie sich wieder und setze endlich- nach so quälend langer Zeit, ihren ausgefeilten Smalltalk mit ihm in Gang, während sie sich ihm direkt gegenüber setzte- Ronald- Sue hatte es geschafft ihr den Namen einzuhämmern- machte ihr sogar gebührend Platz. "Wie geht es dir?", fragte sie und tat seine obligatorische Antwort mit einem gekünstelten Lächeln, das fast echt wirkte, ab. "Ich besuche ja schließlich die selben Stunden wie du- da muss ich ja wissen wie du dich fühlst." Sie warf ihr langes Haar in einer gekonnten Wellenbewegung, die ihr eine Veela nicht besser nachgemacht hätte, nach hinten. Sie redete so gekonnt, dass er ihr immer nur zustimmen konnte, um ihr damit weiteren Spielraum zu gewähren, bis er sie schließlich gezwungenermaßen zu einem gemeinsamen Hogsmadebesuch einlud. Das Date lief perfekt- so wie es sich Mary erträumt hatte, seit sie Harry Potter als große Liebe auserkoren hatte. Gestärkt durch ihren Sieg über seine Ignoranz ihr gegenüber hatte sie auch Sue in eine sehr finstere Ecke ihres Bewusstseins verbannt und schlenderte, in Harrys Arm gehakt, durch leichtes Schneetreiben. Als die beiden schließlich, zum Ende ihres gemeinsamen Ausflugs hin, im "Drei Besen" einkehrten, suchten sie sich einen freien zweier Tisch und setzten sich. Gedankenverloren streichelte Mary Harrys Hand. Dieser sah sie mit einem der verträumten Blicke an, die Männer manchmal benutzten, um zu signalisieren, dass sie in Marys Gegenwart versuchten, wichtige Gedanken zu fassen. Mary lächelte ihn glücklich an, und als Harry ihr Lächeln sah, flüsterte er so leise, dass sie es gerade hören konnte, "ich liebe dich". Er beugte sich über den Tisch und küsste eine Mary Sue, die gerade in den Siebten Himmel Katapultiert worden war. Sie hatte im Verlaufe ihres Lebens viele nette Kerle kennen gelernt und auch viele von ihnen geküsst, doch noch nie hatte sie diese berühmten Schmetterlinge im Bauch gespürt. Sie schloss die Augen und vergaß sich in ihrem Kuss. Doch viel zu schnell trennte Harry seine Lippen wieder von den ihren und wisperte: "Es tut mir leid, doch ich kann mir keine Beziehungen erlauben- Voldemort will mich töten- und alle anderen, die mir zu nahe standen...",er schluckte geräuschvoll und Tränen standen ihm in den Augen. "Ich... es tut mir leid... zwischen uns darf nichts passieren- ich könnte mir nie verzeihen, wenn... wenn ...", er brach ab, winkte entschuldigend mit der einen Hand während er mit der anderen nach einem Taschentuch kramte. Mary indes saß wie versteinert auf ihrem Platz- deswegen hatte er also nicht auf sie reagiert! Er wollte sie nicht in Gefahr bringen und hatte sie deshalb so gut wie möglich ignoriert! Auch Mary standen nun die Tränen in den Augen. Allerdings rührten sie nur halb von der Rührung her, so sehr geliebt zu werden. Es waren auch tränen der Wut, dass sie nichts begriffen hatte. Sie war sauer auf sich und auf ihn. Auf ihn, weil er so verdammt fürsorglich war, auf sich weil sie nicht bemerkt hatte, wie sehr es ihn quälte, nicht mit ihr zu sprechen oder sie verträumt zu beobachten. Dann wischte sie die Gedanken beiseite und sagte mit fester Stimme: "das ist doch egal! Ich werde nicht aus Furcht vor Voldemort den Wunsch aufgeben, eine Beziehung mit dir zu führen! Ich will dich! Und wenn dieser Möchtegern Magier kommt um dich mir wegzunehmen, dann werde ich ihm Zeigen, was wahre Magie überhaupt ist!", ihre Augen funkelten entschlossen und noch nie hatte sie etwas ernster gemeint. Doch Harry hielt den Kopf gesenkt, zwar hatte er aufgehört zu weinen, aber er brachte nur ein sehr schwaches Lächeln zustande. "Du hast ihn nicht gesehen, Mary. Du bist zwar schön, intelligent und mächtig, doch reichst du, genau wie ich, nicht an seine Macht heran.", Harry sprach nun in einem eindringlichen Flüsterton, "Du hast ihn nicht kämpfen sehen, du hast nicht gespürt wie seine bloße Anwesenheit den Raum mit Magie füllt. Du hast nicht seine Stimme gehört...", mit erstickter Stimme brach er ab machte eine Wegwerfbewegung und sagte dann wieder mit fester Stimme "Nein. So will ich keine Beziehung mit dir führen." Er sah sie noch einige Sekunden zärtlich an und verließ das Lokal bald darauf und stampfte im Schneetreiben zurück zur Schule, während im drei Besen Mary aufmunternd von Sue auf die Schulter geklopft worden wäre, hätten die beiden Schultern und Hände gehabt. "Easy come, easy go", murmelte Sue. Sie lief zurück zum Schloss. Und mied den Anblick Harrys, um Marys Schmerz über ihren Verlust nicht noch zu verstärken. Im Schlafsaal angekommen sank Mary das erstemal in ihr Bett, um sich in ihrem Kissen auszuheulen. Und zum erstenmal freute sich Sue nicht, dass es Mary schlecht ging. Die nächsten Tage wagte Mary es nicht, Harry in die Augen zu blicken. Obwohl ihre Noten, ihre Spielstärke im Quidditch und auch ihre Schönheit keine Veränderung erfuhren- das hätte Mary überhaupt nicht verkraftet- merkte jeder, dass die perfekte Schönheit Probleme hatte. Und da fast alle Bewohner des Schlosses im Bann ihrer Perfektion gefangen waren, übertrug sich Marys Traurigkeit auf sie. Keiner wollte sich vorstellen, was so eine atemberaubende Person bedrücken könnte. Und genau dieser Gedanke an ein so niederschmetterndes Erlebnis, dass selbst Mary damit Probleme hatte, war es, der allen anderen Menschen in Hogwarts aufs Gemüt schlug. Keiner hatte den Mumm zu fragen, was sie bedrückte. Hätten sie es gewusst, dann wäre Mary wohl vom Star der Schule zu einem sehr kleinen Sternchen geschrumpft. Momentan hielt nur noch ihre Unantastbarkeit ihr Image der übernatürlichen Hexe aufrecht. Mary verbreitete unfreiwilligen Missmut wohin sie nur ging. Obwohl keiner wusste, warum die eigene Stimmung sofort ein neues Tief erreichte, waren doch alle bereit dazu Marys Trauer aufzunehmen und an ihr teilzuhaben. Mehrere Wochen schien es auf Hogwarts keinen frohen Tag mehr zu geben und Mary, die sich die Fröhlichkeit anderer immer mehr zurück sehnte, vereinsamte immer mehr, da es langsam niemand mehr wagte, in die traurige Gegenwart Marys zu geraten. Eines Abends führte sie im Gemeinschaftsraum ein kraftloses Gespräch mit Sue. "Schon seltsam.", sagte diese ernst, "Du warst früher immer diejenige die für unseren Spaß gesorgt hat. Ich war fürs Trauern da- und ich war ja auch traurig, dass Harry nichts mit uns anfangen wollte... aber ich weiß nicht... ich glaube nicht, dass der Verlust Harrys wirklich das ist was dich so sehr bedrückt." "Oh doch, das kannst du mir glauben! Ich könnte mir nichts vorstellen, was mich auch nur annähernd so runterziehen könnte... außer Liebeskummer...." Mary sank immer tiefer in ihren Sessel und merkte nicht, wie sich der Gemeinschaftsraum langsam leerte. Schließlich erklang ein leichtes Seufzen. "Ganz ehrlich, die Situation VOR dem Date hat mir wesentlich besser gefallen.", war das Harrys Stimme? Sie hatten seit dem Ausflug nach Hogsmade kein Wort mehr miteinander gewechselt... "Mir auch- musstest du gleich SO einen schnulzig-traurigen Unsinn erzählen?", fragte eine zweite Stimme. "Die Vorhersagen Trelawneys waren dagegen schon fast eine Wohltat." Marys Gehirn arbeitete wie wild. Sie hatte Harrys Worte immer und immer wieder gehört- im Traum, aber auch während der Schule... doch auf einmal war es so, als kenne sie nicht einmal mehr sein Gesicht. "Ach komm schon, als hättest du dich nicht während der Show fast Totgelacht!", antwortete eine dritte Stimme. "Na ja, jeder von uns fands lustig- Das Gesicht von dir, Harry, als Seamus dich gebeten hat, auf sie Rücksicht zu nehmen, war unbezahlbar. Dass du DAS Lachen unterdrücken konntest verdient Respekt.", unterbrach die zweite Stimme, bevor die dritte ihre Meinung entschieden weiter kundtat:"Seht es Positiv- Miss Perfekt ist runtergebremst worden. Vielleicht kann sie es jetzt noch einmal ruhiger angehen." "Ich hoffe nur dass sie überhaupt wieder in Fahrt kommt- es ist zwar ganz angenehm, nicht mehr ständig von ihr belagert zu werden, aber die ständige Traurigkeit geht mir auch gehörig auf den senkel- die Frau macht mich langsam echt krank. Wäre die Stimmung hier besser würde ich mir sogar dreimal selbst auf die Schulter klopfen für mein Schauspielerisches Talent und meinen Einfallsreichtum.", es hatte die erste Stimme gesprochen. Mary Schnellte hoch und sah einem Verdutzen Harry Potter, der gerade seinen Mund schloss, ungläubig und mit vor Zorn zitternder Stimme entgegen. "Sogar dein Timing ist perfekt, Mary" grinste Ron sie an, während in Marys Hinterkopf eine penetrante Stimme zu lachen begann, die einfach nicht mehr aufhören wollte. Sue lachte sich krank über die verschiedensten Gefühle, die ihre andere Persönlichkeit gerade durchlitt. Sie lachte sie aus wegen der Scham, hereingelegt worden zu sein, sie lachte über ihre viel zu aufgebauschte Wut, sie lachte über Marys Ungläubigkeit und sie lachte über Marys Versuch, die Sache mit Humor zu nehmen. In Marys Hand indessen lag plötzlich ein langer Zauberstab, den sie langsam auf Harry richtete. "Expelikedabrakullustotalis", schrie sie ihm entgegen. Ein peitschender Knall durchschnitt die wohlige Atmosphäre des Gemeinschaftsraums, das Feuer im Kamin flackerte auf und einige Menschen in Bildern und Postern scharten sich besorgt zusammen, um sich anzusehen was gerade passiert war. Marys Zauberspruch hatte eine Spur der Verwüstung hinterlassen: der Boden zwischen ihr und Harry war gesplittert und ausgebrannt. Die Möbel, die den Weg zu ihm versperrt hatten, waren in zwei hälften geteilt worden und von Harrys Kopf tropfte dickes Blut auf seine Schuhe. Harry rieb sich mit gehobener Augenbraue die Stirn und murmelte etwas von Holzsplitter, fixierte dann Mary mit einem spöttischen Blick und meinte: "Entwaffnen, töten, lächerlich machen oder Ganzkörperklammer. Alles auf einmal endet nur in Chaos." Mary fiel in ein tiefes Schwarzes Loch und gerade als Sue ihren Körper Aufhalten wollte, dies ebenfalls zu fallen- wenn auch auf einen wesentlich näheren, wenn auch schmerzhaft festeren, Boden, zog Mary Sue mit sich in einen dunkeln Abgrund. Mary Sue brach ohnmächtig zusammen. Kurz darauf wurde sie von entschlossenen, aber vorsichtigen Schlägen auf ihre Wange wieder aufgeweckt. Sue blickte sich um. Sie wollte sich nach Mary umsehen, sie spürte ihre langjährige Kameradin nicht mehr. Doch das einzige was sie wahrnahm war, wie ihr Kopf sich bewegte. Sie runzelte die Stirn. Sie hatte noch nie die Stirn gerunzelt! Erschrocken versuchte sie, wie sie es so oft getan hatte, Mary einen kleinen Pieks in die Seite zu erteilen. Doch sie fand keinen wiederstand. Sie durchkämmte ihr ganzes Bewusstsein, suchte in der kleinsten Ecke, fand Erinnerungen und Gefühle, fand Interessen und Abneigungen, doch alles verwaist- ohne Besitzer. Ohne Mary. Da waren Tricks und Kniffe in Sachen "Zaubertränke", eine Partie ihrs Geistes war mit "Verwandlungszauber" markiert, eine andere hatte "Gebrochene Herzen" als Titel. Es gab sogar- und das brachte Sue mitten in ihrer verzweifelten Suche zum Lachen- einen Synapsenabschnitt Namens "Warum ich unwiderstehlich für mich und andere bin". Doch in dem Moment in dem Sue mit dem Lachen anfing, wusste sie es endgültig: Mary war fort und hatte ihr alles vererbt, was sie besessen hatte. Bis auf ihren zwang zur Perfektion. Sie sah zu demjenigen, der sie geweckt hatte auf, und blickte in Harry Potters grüne Augen. Er erhob sich lächelnd und half ihr auf. "Na, Mary? Hast du den Schock überwunden, perfekt zu sein? "Nein...", krächzte Sues Stimme. Es war, als hätte Mary die ganze Zeit über ihre Stimme verstellt gehabt und ihre Kehle wäre den Klang der eigentlichen Stimme nicht mehr gewöhnt. Sie blickte die drei Gryffindors lange an und lächelte dann vorsichtig. "Mary hat es nicht verkraftet. Um genau zu sein ist Mary verschwunden und hat dem kleinen Teil, der ihr schon immer gesagt hat, dass man nicht perfekt sein kann und erstrecht nicht perfekt sein muss um das Leben zu genießen, das Feld geräumt. Insofern hallo- Ich bin Sue." Die drei sahen sich an und dann begann Ron zu sprechen. "Mary... Ich weiß ja dass es fies von uns war, dir so was vorzuspielen- aber wir wussten gar nicht, dass du so sehr darunter leiden würdest..." Harry setzte Rons rede fort: "aber das ist nicht gleich ein Grund, total auszuticken..." Hermine ergänzte ängstlich, als die Stille länger wurde, noch ein "wirklich nicht!" Sue lachte- und auch das war ungewohnt für den Körper. Zum ersten Mal erklang ein volles, vollkommen ernstgemeintes, und von Herzen kommendes Lachen von Mary Sue. Kein gekünsteltes Lachen, das darauf ausgerichtet war, bei anderen etwas zu bewirken, sonder ein Lachen das lediglich den eigenen Geist befreit. Das Trio sah zuerst so aus, als wollte es vor einer Verrückten zurückweichen, überlegten es sich dann aber anderes und ergriffen die Verrückte um sie einmal kräftig durchzuschütteln. Sue verbrachte die Nacht unter Hermines Aufsicht, doch schon bald zeigte sich den dreien, dass Sues Gefasel mehr war als nur das einer Irren. Sie schien recht zu haben- Mary Sue war Geschichte. Ihre Figur geriet zwar etwas aus der Form und ihre Noten sackten auf ein irdisches Niveau zurück, aber insgesamt war sie lebendiger geworden. Und bald war es auch keine Sensation mehr, dass sie Neville Longbottom leidenschaftlich gern die Zunge in den Hals steckte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)