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Die Diener der Dunkelheit

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Die Stadt im Schatten

Hallo, das hier ist eine etwas überarbeitete Version meiner allerersten Fanfiction, die ich jetzt langsam beenden werde. Kommentare und Kritik werden immer noch gerne angenommen und ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen.
 

Disclaimer: Slayers und seine Charaktere gehören nicht mir und ich verdiene kein Geld hiermit.
 


 

Die Diener der Dunkelheit
 

Kapitel 1 Die Stadt im Schatten
 

Sie begann den Schatten zu spüren, in dem Moment, als sie die Stadt betrat.

"Mazoku", murmelte Filia.

"Haben sie etwas gesagt?" Der fahrende Händler, der sie auf seinem Karren mitgenommen hatte, hatte sich zu ihr umgedreht.

Filia lächelte "Nein, Entschuldigung, ich habe nur mit mir selbst geredet."

Sie wandte sich wieder dem Häusermeer zu und konzentrierte sich. Etwas war da, aber es ließ sich nicht fassen, ganz wie ein allumfassender Schleier, der alles durchdrang und nicht berühren ließ. Ein Schleier, der uns langsam erstickt, dachte Filia, ganz langsam.

Auf der Hauptstrasse trennte sie sich, sich bedankend, von ihrem Begleiter und machte sich auf den Weg in Richtung des berühmten Töpfermarktes wegen dem sie diese Reise angetreten hatte.

Er war ohne Zweifel herausragend, doch Filia musste sich trotzdem eingestehen, dass er nicht der einzige Grund für ihren Besuch war, denn als sie noch zu Hause zwischen den verschiedenen Märkten zu wählen gehabt hatte, hatte sie ihre Wahl aufgrund eines ganz anderen Gerüchts getroffen.

In Heltaun sei schwarze Magie am Werk, hieß es seit einiger Zeit in Magierkreisen und das hatte ihre Neugier, wie auch ihr Pflichtgefühl als ehemalige Drachenpriesterin, geweckt.

Aus dem was sie aufgeschnappt hatte, ließ sich schließen, dass die ansässigen Magier ziemlich ratlos waren, was mit ihrer Stadt geschah, nur das etwas geschah wussten sie. Doch wenn die Menschen anscheinend nicht mehr weiter wussten, musste das für eine Ryuzoku nicht unbedingt dasselbe heißen, schloss Filia damals.

So war sie hier her gekommen und als sie am Nachmittag schließlich kein Stück Ton mehr sehen konnte, verließ sie den Markt und hatte längst beschlossen, wo sie mit ihrer Suche beginnen würde.

Der Palast des Fürsten wirkte groß und mächtig. Er lag im Zentrum der Stadt und seine sandsteinfarbenen Mauern überthronten, die Dächer um ihn herum um ein vielfaches. Es bereitete Filia demnach nicht besonders viel Mühe ihn zu finden.

Sie lehnte sich im Schatten einer nahen Kaverne an die Wand und betrachtete die großen Fenster. Sie waren allesamt leer, große rußigverfärbte Schlünde, die noch immer von dem Feuer kündeten, welches vor Monaten in seinem Inneren gewütet hatte.

Wenn sie dem Getratsch der Markthändler Glauben schenkte, so hatte der gesamte Palast lichterloh in Flammen gestanden und alles in ihm war verbrannt. Der Hausherr und Fürst in der Stadt hatte den Palast daraufhin sperren lassen und bis jetzt nicht wieder bewohnbar gemacht.

Ein perfektes Versteck.

Filia runzelte die Stirn. Sie wünschte sich Lina in ihre Nähe, aber sie war allein.

Bis jetzt.

"Nanu, Filia, welch freudige Überraschung", ertönte eine fröhliche Stimme hinter ihr.

Mit einer unguten Ahnung drehte sie sich um und erblickte Xellos, lässig an die Wand gelehnt und mit seinem üblichen Grinsen auf dem Gesicht.

"Du!" Sagte sie und spürte unvermittelt, wie alle Überraschtheit von Wut weggewischt wurde. "Was passiert hier in dieser Stadt? Du hast etwas damit zu tun, sag mir sofort was es ist!"

"Nur mal langsam, Filia." Xellos hob abwehrend die Hände. "Ich bin nur hier um etwas Urlaub in dieser herrlichen Stadt zu machen und wollte dir, einer alten Bekannten, einen Besuch abstatten."

"Das ist nicht witzig", gab Filia böse zurück.

"Sei bloß vorsichtig", meinte Xellos vergnügt "Dieser Stadtteil ist mehrere hundert Jahre alt. Es wäre wirklich zu schade, wenn du ihn jetzt dem Erdboden gleich machen würdest."

"Namagomi!!" Mit rekordverdächtiger Schnelligkeit griff Filia nach ihrer Keule und schlug mit aller Kraft zu.

WAM!

Die Wand vor Filia stürzte mit einem ohrenbetäubenden Lärm zusammen, gefolgt von den zwei Stockwerken, die sie getragen hatte. Filia blickte betäubt auf die Ruinen der Kaverne vor ihr, besann sich kurz darauf und floh mit einer von Lina antrainierten Schnelligkeit vom Schauplatz.

Von Xellos war keine Spur mehr zu sehen.
 

***
 

Xellos beobachtete Filias davon hetzenden Energieabdruck noch für einen Moment auf der Astral Plane und sog ihre zerstörerischen Emotionen auf. Dann teleportierte er in den Palast zurück und erschien an der Seite seiner Meisterin.

"Nun, meinst du, du hast dein Pensum an Spaß für heute gehabt?" fragte Zeras Metallium ohne von den Energiemustern auf dem Boden vor ihr aufzublicken.

"Man kann nie genug Ärger verbreiten", meinte Xellos und öffnete ein unheilkündendes Auge.

Zeras grinste. "Ohne Zweifel. Aber jetzt wäre ich erfreut, wenn du dich wieder deiner Arbeit widmen würdest. Wir werden heute fertig werden."

Xellos blickte sie gespannt an. "Schon? Haben wir alles geprüft?"

"Das sollte ich dich fragen. Aber ich erkenne keinen Fehler, abgesehen von dieser dummen Reststrahlung, die wir nicht unterdrücken konnten. Diese Kaverne wird wie ein Vorbote sein."

Xellos grinste "Noch mehr Ärger heute. Wir werden ein Festmahl halten."

Zeras sah ernst in seine Richtung "Hast du die Wächter überprüft? Sind die Menschen noch ahnungslos?"

Er neigte leicht den Kopf "Alles läuft nach Plan."
 

***
 

Die zwei Wachen vor dem Haupteingang wirkten weder bedrohlich noch unfreundlich. Trotzdem blieb Filia vorsichtig, als sie sich ihnen näherte.

"Guten Tag", sagte Filia mit ihrem unschuldigsten Lächeln "Ich bin auf einer Studienreise und untersuche altertümliche Palastbauten. Ich würde mich gerne umsehen."

"Tut mir leid", antwortete ihr der Soldat sofort "Zivilisten haben keinen Zutritt."

Filia tat erstaunt. "Aber warum denn? Normalerweise ist doch zumindest die untere Empfangshalle für jedermann zugänglich und es besteht keine Einsturzgefahr mehr."

"Tut uns leid", wiederholte der zweite Wachmann "Aber die neusten Befehle besagen, dass niemand mehr Zutritt erhält."

"Nun, wenn das so ist." Filia lächelte wieder und wandte sich zum gehen. Sie war sich jetzt sicher auf der richtigen Spur zu sein.

Wie kam sie nur in das Gebäude? Hilfe würde sie wohl kaum erhalten, sie kannte hier niemand dem sie vertrauen konnte. Also musste sie Xellos allein an was auch immer er vorhatte hindern. Fast hätte Filia laut losgelacht, als ihr die Absurdheit ihres Gedankens klar wurde, aber kurz darauf wollte sie sich lieber nicht mehr mit diesem Problem befassen.

Eins nach dem anderen. Der Palast hatte mehrere Hintertüren. Alle waren bewacht. Aber einer der Eingänge lag an einer Hintergasse und die Soldaten waren keine Magier.

Filia ging auf die beiden zu als niemand sonst sie sehen konnte und murmelte leise "Sleeping."

Sie sackten zusammen und sie öffnete die Tür, während sie hoffte, dass kein magisch begabtes Wesen und kein Schutzbann die minimale Anwendung von Magie bemerkt hatte. Filia fiel Xellos wieder ein -und begann sich ernsthaft zu fragen, ob sie verrückt war.
 

***
 

"Eine wirklich erstaunliche Ryuzoku.", sagte Zeras entspannt, während sie die letzten Linien im zweiten Stock nachzog "Wie kann man nur so naiv sein?"

"Nun, sie ist ein Ryuzoku, das erklärt doch einiges.", meinte Xellos, der gedanklich gerade die anderen Posten überprüfte und die Sicherheitsnetze wieder in Ordnung brachte "Was soll ich mit ihr machen?"

"Du machst überhaupt nichts mit ihr, sondern überprüfst die äußeren Pentagramme. Wir haben hier genug niedere Mazoku, die auf der faulen Haut liegen."

"Jawohl, Meister." Sagte Xellos und verschwand.

Zeras Geist glitt durch die Astral Plane. "Du", sagte sie und in den Gewölben schreckte ein Mazoku auf. "Ich habe einen Auftrag für dich."
 

***
 

Filia spähte in die Eingangshalle. Sie hätte Teleportieren müssen um sie unbemerkt zu durchqueren, aber das traute sie sich nicht.

Außerdem hatte sie etwas Interessantes entdeckt.

Der geflieste Sandsteinboden in der Halle enthielt Shouki. Filia konzentrierte sich und zwang ihre Augen mühsam aus Magiersicht zu sehen. Blasse Zeichen wurden sichtbar. Sie bedeckten den ganzen Boden und formten ein riesiges Pentagramm. Es waren Formeln, wie Mazoku sie nutzten.

Filia hob den Blick und erblickte sie überall, an Wänden, Decken und Säulen, Skulpturen und Kronleuchtern; blasse, dunkle Zeichen, nekromantisch und unheilbringend.

Sie schluckte.

Die Magiesicht rettete ihr das Leben, als sie sah wie einige Zeichen zu glühen begannen, an der Stelle von der eine Sekunde später ein eiskalter Feuerstoß auf sie zu raste. Die Warnung reichte um zur Seite zu hechten, hektisch einen heiligen Spruch zu murmeln und in die Richtung zu werfen, aus der der Feuerstoß gekommen war.

Ein Mazoku erschien in ihrem Sichtfeld, als ihn das goldene Netz erwischte und sichtbar machte. Er war so groß wie Filia, hatte blaue lederne Haut mit großen Schwingen und das Aussehen eines besonders buckeligen Wasserspeiers. Filia war nicht begeistert.

Genauso wie der Mazoku "Dieser kleine Trick wird dir auch nicht weiterhelfen", knurrte er, "ich krieg dich."

Filia war nicht nach Antworten zu Mute und sie rannte los. Ihr war nicht entgangen, was für ein großes Loch der Feuerstoß des Mazoku in der Wand hinterlassen hatte. Und in der Wand des nächsten Raums. Und des Darauffolgenden.

Der Mazoku folgte ihr. Filia schlug einen Haken und fühlte, wie sie kalte Flammen streiften. Kaltes Feuer war sehr gefährlich für Drachen. Trotzdem war Filia nicht verzweifelt. Sie hatte Angst, aber sie musste nicht zum erstenmal kämpfen und ihr war nicht entgangen, dass der Mazoku noch immer sichtbar war und sich zudem nicht teleportierte. Sie hatte eine Chance.

Wenn sie nur nicht aus einer Sackgasse gekommen wäre. Filia fluchte, als sie sah, dass sie wieder direkt aus dem Gebäude rausrennen würde. Noch einmal kam sie hier garantiert nicht rein, was hieß, dass sie dringend einen Plan brauchte.

'Na gut', dachte Filia 'darauf wird er zwar garantiert nicht reinfallen, aber zumindest hab ich es versucht.'

Sie warf einen Blick zurück und sah, wie der Mazoku hinter ihr herflog. Filia ließ den Mazoku so dicht wie möglich aufschließen, als die Tür auch schon heran war. Sie ließ sich fallen, stieß die Tür auf, und bremste mit Händen und Füßen ihre Schlitterfahrt, während sie spürte wie der Mazoku mit einen Affenzahn über sie hinwegflog. Seine Krallen streiften ihren Rücken und sie schrie auf vor Schmerz.

Trotzdem sprang sie sofort auf und lief zurück, schmiss die Tür zu und sprach ein Siegel darüber aus. Sie hatte gerade die Halle erreicht, als der Mazoku auch schon wieder da war und sie sich ein weiteres Mal zur Seite schmeißen musste.

"Na toll", schrie sie wütend "Weißt du eigentlich, wie viele blaue Flecken ich wegen dir schon habe?"

Der Mazoku hielt zornig an. "Wie wär's wenn du dann einfach mal stehen bleibst anstatt dauernd wegzurennen. Du wirst dieses Gebäude so oder so nicht mehr lebend verlassen."

"Ach ja?" fragte Filia spöttisch, während sie fieberhaft nach einem Ausweg suchte "Ich werde mich ganz bestimmt nicht von einem zu groß geratenen Wasserspeier umbringen lassen."

"Du glaubst doch nicht, dass ich hier alleine bin?" fragte der Mazoku selbstgefällig "In diesem Gebäude sind noch haufenweise Kollegen von mir, die dich sofort überwältigen können."

"Ach, und warum bist dann nur du hier?"

Er warf sich in die Brust. "Weil ich den Auftrag bekommen habe dich umzubringen. Schließlich bin ich der Beste für diesen Job. Klug, stark, verlässlich, bescheiden..."

Filia starrte ihn an. Und witterte eine Chance. "Wirklich? Dann wäre es wohl eine wirkliche Beleidigung für dich, wenn jemand dir helfen würde. Schließlich wärst du dann doch nicht so stark."

Der Mazoku sah kurzzeitig verwirrt aus, dann nickte er. "Ganz genau, ich brauche keine Hilfe."

"Und niemand kümmert sich sonst um uns, wenn du mich durch die Gegend jagst?"

"Warum sollten sie?"

Filia hatte inzwischen ihre Rückenwunde geheilt und dankte Ceiphied für ihre robuste Drachenhaut.

Der Mazoku machte sich angriffsbereit. Seine Konturen begannen zu verschwimmen.

"Du brauchst doch nicht etwa deine Unsichtbarkeit um mich zu besiegen?", fragte Filia verzweifelt "Hast du etwa Angst es so mit mir aufzunehmen?"

Der Mazoku hielt inne. "Nein, das brauche ich nicht.", sagte er und gewann wieder an Festigkeit "Übrigens, was ist ein Wasserspeier?"

"Ein Wasserspeier?!"

"Ist das ein furchterregendes, mächtiges Wesen?"

"Du hast es erfasst", seufzte Filia und beschloss wieder loszurennen. Nach zehn Sekunden schlug sie einen Haken, während der übliche Feuerstoß heran sauste. Sehr einfallsreich. Sie bog in einen Korridor zur Treppe hin ab und freute sich fast, so eine einfache Freilaufkarte für den Palast gefunden zu haben.
 

***

Zehn Minuten später wusste Filia, dass der gesamte Palast mit Pentagrammen überseht war und das sich der Wasserspeier hier im Inneren nicht mehr traute, die Wände mit ihnen zu zerstören.

Das machte es sehr einfach ihm auszuweichen. Sie musste einfach nur ab und zu abrupt stehen bleiben, sich außer Reichweite flüchten und schon sauste der Mazoku an ihr vorbei und würde panisch versuchen nirgendwo dagegen zu krachen.

Sehr praktisch.

Aber im letzten Stock fand ihre Hetzjagd ein jähes Ende. Filia sah den Mazoku hinter sich her rennen, sah wie er die Flügel spannte und dann wie sich plötzlich seine Augen weiteten.

Sie sah nach vorne und erblickte eine Frau, schlank und zierlich, das Gesicht von Schatten verhüllt. Doch ihre Augen glühten in der Schwärze und erinnerten Filia an die eines Wolfs, der zum Sprung ansetzte. Sie stand mitten im Gang und würde nicht ausweichen.

Sofort versuchte Filia anzuhalten, stolperte und fiel schmerzhaft auf den harten Steinboden.

Der Mazoku hielt neben ihr.

"Meister", sagte er zitternd.

Filia blickte auf.

Die Frau war wunderschön und blickte sie freundlich an."Du wirst jetzt sterben." Sagte sie sanft.

Filia stand wie erstarrt als die Frau die Hand hob, sie hatte nicht mal Zeit die Augen zu schließen schon zuckte ein Blitz auf - und der Mazoku neben ihr ging in Flammen auf.

"Dummheit muss bestraft werden." Sagte die Frau gelassen und wandte sich dann an Filia "Das war beeindruckend, aber auch lästig."

Sie trat geschmeidig näher und betrachtete Filia interessiert. "Du bist mir nicht ganz unbekannt, kleiner Drachen. Leider habe ich gerade keine Zeit, mich näher mit dir zu befassen. Und ich kann es auch nicht dulden, dass du mein Langzeitprojekt gefährdest, indem du weiter so unvorsichtig durch die Gegend rennst. Daher..."

Sie schnippte anmutig mit den Fingern und Filia spürte, wie sich schwere Fesseln um sie legten. Sie sank langsam zu Boden und als sie mit dem Kopf die Steinfliesen berührte konnte sie schließlich keinen Finger mehr rühren.

Aber die Erkenntnis, wer vor ihr stand, hatte sie sowieso schon gelähmt. Als Zeras aus den Schatten in das Licht eines der bodenlangen Fenster, die den breiten Flur schmückten, getreten war, hatte Filia in den sanftbraunen, anmutigen Gesichtszügen eine der Erscheinungsformen von Greater Beast erkannt.

Sie war vor die Füße eines Mazoku Lords gefallen. Filia fühlte sich in diesem Moment sehr dumm. Welcher Teufel hatte sie eigentlich geritten so unvorsichtig in dieses Gebäude einzudringen?

'Xellos....', dachte Filia 'ich bin so an ihn gewöhnt gewesen, dass ich vergessen habe, welche Gefahr seine Anwesenheit bedeutet. Auf der Reise mit Lina war er kein richtiger Feind gewesen.'

"Ich werde dir die Ehre zuteil lassen der Auferstehung meiner neuen Bastion beizuwohnen." Sagte Zeras gerade. "Es wird eine prächtige Festung, obwohl sie so lange von Menschen verseucht wurde. Pass gut auf, das hier wird womöglich das letzte, was du zu sehen kriegst."

Mit diesen Worten trat sie neben Filia und teleportierte sie beide in den Saal, in den der Gang mündete, auf dem sie sich eben noch befunden hatten. Er schien fast das gesamte Stockwerk zu beanspruchen; ein riesiger, glühender Festsaal.

Glühend, denn diesmal benötigte Filia keine Magie, um die Pentagramme zu erkennen, die den Boden bedeckten.

Keine Fesseln hielten sie mehr, sondern eine halbkugelförmige Barriere, in der sie sich aufrichten konnte und verfolgte, wie Juu-ou Zeras in die Mitte des dunklen Platzes trat, die Augen schloss und ebenso zu leuchten begann wie die mit Shouki durchtränkte Magie des Palastes.

Ein vielstimmiges, erwartungsvolles Raunen erhob sich um sie und Filia bemerkte mit einem Mal, dass sie nicht der einzige Zuschauer war.

An den Wänden entlang und zumeist tief in deren Schatten zurückgezogen standen dunkle Gestalten, nach Filias Dafürhalten ohne Zweifel Mazoku. Begierig blickten ihre vielgestaltigen, glitzernden Augen auf ihre Herrin im Zentrum des Geschehnisses.

Unweigerlich fasziniert folgte Filia ihren Blicken und betrachtete den Mazoku Lord, welcher vollkommen ruhig dastand. Wie eine Puppe schien Zeras, aus bronzenem Porzellan, bewegungslos und fast zerbrechlich, obgleich Filia in ihrem Geist die unglaubliche Stärke spürte, mit der Zeras sie fast erdrückte und die mit jeder Sekunde zu wachsen schien.

"Es beginnt", sagte eine Stimme direkt neben ihr.

Filia drehte aufgeschreckt den Kopf und erblickte einen menschenähnlichen Mazoku mit gezackten Narben auf den Wangenknochen.

Er sah sie nicht an, sondern betrachtete stattdessen Zeras ohne auch nur einmal zu zwinkern.

"Du musst dir die Astral Side ansehen, sonst verpasst du das Beste", fügte er leise hinzu.

Filia starrte ihn einen Moment lang an, dann konzentrierte sie sich ohne nachzudenken und unter großer Anstrengung auf die Dimension der Astral Plane und erhaschte einen kurzen Blick auf einen riesigen Wolf in eiserner Rüstung, welcher sich furchterregend aufrichtete und zu einem Brüllen anzusetzen schien. Entsetzt keuchte sie auf und ihre Sicht verschwamm und zeigte wieder die zur Säule erstarrte Zeras.

Kurz darauf ging ein Schwall dunkler Magie von Zeras aus, plötzlich wie ein Wellenbruch, erreichte Filia und tauchte ihre Welt in ein schmerzerfülltes Chaos. Ihr schwanden die Sinne.
 


 


 

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Glossar
 

Shouki:

Shouki ist das japanische Wort für Miasma.

Ursprünglich dachte ich, dass das zwei verschiedene Sachen sind, aber da hatte ich wohl was falsch verstanden, sonst hätte ich gleich das Wort Miasma benutzt. Ich denke, ich werde die beiden Wörter in nächster Zukunft in der gesamten Geschichte austauschen, damit das Ganze verständlicher wird. Das wird ein Spaß…

Miasma in der Slayers-Welt bezeichnet böse Energie. Sie entsteht aus negativen Emotionen, wie Hass oder Schmerz. Mazoku, wie Xellos, bestehen einzig aus Miasma. Je stärker der Mazoku, aus desto mehr Miasma besteht er. Das ist der Grund, warum Mazoku negative Emotionen mögen und sie ‚essen‘: Es vergrößert ihren Miasma-Pool. Wenn ein Mazoku angreift, dann greift er mit Miasma an, und wenn er einen neuen Mazoku erschafft, dann trennt er einen kleinen Teil seines eigenen Miasmas von sich ab und dieser bildet eine eigene Persönlichkeit.
 

Mazoku:

Das Wort Mazoku bezeichnet die Wesen, zu denen Xellos und Zeras gehören. Sie sind eine Art Dämon, deren Ziel es ist, die Welt zu zerstören.

Mazoku bestehen aus Miasma. Sie leben eigentlich auf der Astral Side, aber sie können ein Abbild von sich in die physische Welt, in der Menschen und Drachen leben, projizieren und durch dieses dort handeln.
 

Ryuzoku:

Ryuzoku ist der Überbegriff für Golden Dragons, Ancient Dragons und alle anderen intelligenten Drachenarten in der Slayers-Welt. Sie dienen normalerweise den Shinzoku.
 

Shinzoku:

Sie sind die direkten Gegenspieler der Mazoku. Das Ziel dieser ‚Götter‘ ist es demnach die Welt vor der Zerstörung durch die Mazoku zu bewahren. Ceiphied und Dragon Lords, wie der Wasserdrachenkönig, sind Shinzoku. Viele Ryuzoku dienen den Shinzoku und erbauen Tempel zu deren Ehren, um deren Macht zu stärken.
 

Astral Side/Astral Plane:

Die Astral Side oder Astral Plane ist der Ort an dem Mazoku existieren. Will man einen Mazoku verletzen, dann muss man seinen ‚richtigen‘ Körper auf der Astral Side angreifen, z.B. durch Magie.

"Für das Leben dieser Menschen"

Kapitel 2 "Für das Leben dieser Menschen"
 

Xellos sah für einen Moment auf, als ihn die erste Welle von Zeras Shouki erreichte.

Es begann...

Umsichtig verließ er das Pentagramm, in welchem er gestanden hatte und trat an die Brüstung des hohen Wehrwalls. Dunkle Wolken zogen mit ungeheurer Schnelligkeit über Heltaun auf und tauchten die Welt vor ihm von einem Moment zum anderen in Finsternis.

Mit einer leichten Neugier glitt er in die Astral Plane und bewunderte das Muster aus schwarzmagischen Formeln, welches sich in sanften Wellen auftürmend bis zum strahlenden Zentrum, das Zeras bildete, hinzog. Wie eine Zeltkuppel überspannte es die Stadt.

Wirklich, viel Arbeit war es gewesen, doch sie würde sich letztendlich auszahlen. Der Pulsschlag, der vom Zentrum ausging, aktivierte das Netz nach und nach und ließ es tief in die alten Mauerwerke der Höllenstadt vordringen, bis die alten Siegel wieder erwachten.

Xellos gestattete sich ein zufriedenes Grinsen, dann wandte er sich wieder ab und setzte seinen Weg auf der Außenmauer Heltauns fort. Er würde bis zur Vollendung die äußersten Mauern schützen und Niemand erlauben einzudringen, der seine Meisterin stören könnte.
 

***
 

Filia erwachte mit schrecklichen Kopfschmerzen.

Zerschlagen hockte sie sich auf dem kalten Steinboden auf, die Augen noch fest geschlossen und verzweifelt wünschend, dass all jene Erinnerungen, welche einen bestimmten, Mazoku Lord betrafen, einem sehr bösen Traum entsprungen waren.

Sie öffnete vorsichtig die Augen, als das schmerzende Hintergrundrauschen in ihrer Wahrnehmung einfach nicht verschwinden wollte, und es machte zuerst kaum einen Unterschied, da es inzwischen Nacht geworden war und nur schwaches Dämmerlicht die Sicht auf den Boden vor ihr erhellte.

Unheil ahnend hob sie den Kopf und stieß einen sehr unryuzokuhaften Fluch aus, als sie Zeras drohende Gestalt vor sich aufragen sah in einem Meer aus Pentagrammen.

,Ich muss hier raus!' dachte sie bestimmt und richtete sich auf, um die bläulich schimmernde Kugel zu untersuchen, die sie immer noch gefangen hielt. Vorsichtig streckte sie eine Hand nach der transparenten Wandung aus und zuckte sofort zurück, als ein scharfer Schmerz durch ihre Fingerspitzen zog. Sinnlos, ihr Teleport war hier drin nutzlos und was passierte, wenn sie rohe Gewalt anwenden würde, wollte sie sich besser nicht ausmalen.

Es grenzte ohnehin schon an ein Wunder, dass sie noch nicht tot war und langsam machte sich ein Gefühl der Unwirklichkeit in Filia breit, dass sie alle Vorsicht fahren lassen ließ. So fing sie zum Beispiel an laut vor sich hin zu denken.

"Also gut", sagte sie ruhig "Was geht hier eigentlich vor? Dieser ganze Palast wurde anscheinend mit Beschwörungszeichen überseht, die Mazoku wollen also etwas sehr kraftaufwendiges... erstehen lassen. Eine Festung wurde erwähnt; aber man kann doch keine Festung beschwören! Oh, und Zeras ist hier, das ist auch seltsam. Greater Beast ist hier..." Filia schloss die Augen als der Schmerz in ihrem Hinterkopf weiter zunahm. Zeras war noch nie persönlich zu irgendetwas anwesend gewesen, nicht mal zu Dark Stars Vernichtung. Das war sehr schlecht...

Plötzlich drangen Schreie an ihr Ohr. Gehetzt blickte sie um sich und als ihr Blick das hohe Fenster fand, sprang ihr mit einem Mal das Antlitz einer verwüsteten Stadt entgegen. Risse begannen sich gerade im Boden tief unter ihnen auf den Straßen aufzutun, klaffende Spalten deren Tiefen so finster waren, wie der von tintenschwarzen Wolken überzogene Himmel. Erste Häuser begannen vor ihren Augen zusammenzusacken wie Kartenhäuser.

"Was passiert hier?" entfuhr es ihr entsetzt "Wird die Stadt vernichtet?"

Gelächter ertönte aus den Schatten. Filia zuckte zusammen, als sie der Mazoku gewahr wurde, die sich noch immer im Saal um sie aufhielten.

"Dumme Fragen von einem dummen Wesen." Erklang eine vernichtende Stimme aus dem Halbdunkel hinter ihr. "Wird die Stadt vernichtet? Wahrscheinlich, natürlich, aber was kümmert uns das. Was dafür entsteht ist viel wichtiger als eine erbärmliche Menschenstadt. Ihm solltest du deine Aufmerksamkeit schenken."

"Was geschieht mit den Menschen dort unten?" fragte sie zitternd "Lasst ihr sie alle sterben?"

"Lass das dich nicht beunruhigen", drang eine sanfte Stimme von der Seite "Sei froh, dass du hier bist. Du hättest leicht dort unten sein können, wo fliehen schon vollkommen unmöglich geworden ist, aber du bist hier in Sicherheit und Meisterin Zeras scheint dich nicht töten zu wollen. Genieß dieses einmalige Schauspiel, Ryuzoku. Was kümmern dich Menschen, dein Volk sieht ebenso auf sie herab, wie wir es tun. Sie sind unwichtig."

"Sie sind Leben", sagte Filia leise, während heiße Nadeln in ihren Kopf zu stechen schienen und Donnergrollen ihre Ohren füllte "Millionenfaches Leben. Für das Leben dieser Menschen bin ich doch erst hergekommen. Ich werde sie retten."

Doch niemand antwortete mehr.

Hastig drehte Filia den Kopf und erblickte Juu-ous zartes Gesicht. Sie blinzelte. Ihre langen Wimpern hoben sich ganz langsam und der Wolf, der in den letzten Stunden umhergestreift war, unruhig mit dem Schwanz schlagend und auf Beute lauernd, machte sich zum Sprung bereit.

Zeras schlug die Augen auf, ein Grollen entwich ihrer Kehle und Filia flog krachend zu Boden, als ein Beben den Palast und die ganze Stadt zu schütteln begann.

Sie starrte auf den Mazoku Lord und sah, wie sich ihr Gesicht vor Anstrengung verzog, während ein blaues Flackern für einen Sekundenbruchteil vor Filia auftauchte. Mühsam löste sie sich von dem unheimlichen Geschehnis und sah auf ihr Gefängnis. Die Barriere wurde kaum merklich instabil. Anscheinend benötigte Zeras, welche sie hier festgesetzt hatte, all ihr Shouki für was auch immer sie gerade veranstaltete. Und ihr anderer nebensächlicher Zauber wurde angreifbar.

Filia sah auf die Zeichen die den Boden vor ihr bedeckten. Der Mazoku, welcher sie gejagt hatte, hatte nicht gewagt sie zu zerstören. Was wenn sie eine dieser Hauptlinien....

Dunkel wurde Filia bewusst, dass sie eine Entscheidung treffen musste.

Sie konnte zusehen und nichts tun und vielleicht würde sie dann irgendwie ungeschoren davonkommen. Und Menschen würden sterben...

Das war nicht akzeptabel. Also musste sie handeln und zwar am besten bevor dieser Ort nur noch von einem Ruinenfeld umgeben wurde.

Vorsichtig hockte sich Filia ganz an den Rand ihres Gefängnisses, direkt neben ein paar sehr wichtig aussehende Zeichen. Niemand beachtete sie, aller Augen waren auf Zeras gerichtet. Leise begann Filia einen heiligen Gegenfluch zu murmeln und stoppte vor dem letzten Wort, die flache Handfläche nur noch Millimeter von dem blauen Flirren entfernt.

'Komm schon Zeras', dachte sie inständig 'benutz deine ganze Kraft für diesen Zauber, achte gar nicht auf mich dummen Drachen.'

Und dann, als hätte sie Filia gehört, bäumte sich die Wölfin auf und die Zeichen erstrahlten in der ganzen Stadt, wie tausend schwarze Kerzen. Die Mazoku hielten den Atem an, Zeras begann die Arme in einem komplizierten Bogen zusammenzuführen, die Halbkugel flackerte wie eine ersterbende Flamme und Filia sprach das letzte Wort und berührte das Feuer.

Ein heißer Schmerz floss durch ihre Hand, als ihr Gefängnis zerbrach, aber sie nahm sich keine Zeit darauf zu achten. Von der Angst getrieben, dass die Mazoku sie bemerken könnten, hechtete Filia auf das gleißende Pentagramm vor ihr zu und legte all ihre Kraft in einen Zauber, der das ganze Gebilde mitsamt dem Boden geradewegs zertrümmerte.

Ein Haufen Geröllbrocken flog ihr um die Ohren und dann brach unvermittelt die Hölle los, als Zeras zu schreien begann.

Das Gespinst aus schwarz glühenden Fäden, welches Zeras in den letzten Minuten um sich gewoben hatte, machte sich mit einem Mal selbstständig und sprang blitzschnell aus seiner Form. Die Fäden wanden sich wie lebende Schlangen, brachen auseinander und eine peitschte Zeras mitten ins Gesicht und hinterließ einen roten Striemen auf ihrem makellosen Gesicht.

Sie taumelte aus ihrer stundenlang aufrecht erhaltenen Position und schrie auf, nicht wegen dem Peitschenschlag, sondern weil sie die Kontrolle verlor über ihr sorgsam gewebtes Netz. Ein riesenhafter Teil des Gebildes war plötzlich in Chaos verfallen, als eine der Hauptverbindungslinien buchstäblich aus ihrer Wahrnehmung gesprengt wurde.

Der Überraschungsschrei wurde zu Enttäuschung und Wut bis Zeras herzhaft zu fluchen begann, während sie die Kontrolle vollständig fahren ließ. Die wenigen Mazoku, welche mit ihr an diesem Ort geweilt hatten, zogen sich fluchtartig zurück. Der durch und durch von nun außer Kontrolle geratenem Shouki durchzogene Palast erzitterte und begann langsam abzusacken, während ganze Böden durch krachten.

Filia blieb sitzen, wo sie war. Benommen blickte sie durch den schimmernden Trümmerstaub zu dem hohen Fenster in ihrer Nähe, als die Fliesen vor ihr hell wurden von Sonnenlicht. Die Wolken draußen hatten sich verzogen, der Himmel trug ein sanftes blau und die Schreie der Menschen waren zu Jubel geworden.
 


 

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So, das war also das zweite Kapitel. Ich hatte eine halbe Ewigkeit für diese Einleitung gebraucht, aber jetzt wird es endlich interessanter.

Was das Kapitel selbst angeht, hoffe ich, dass die Handlung verständlich war. Ich habe die Bilder in denen sich das alles abspielt so deutlich vor Augen, wenn ich am schreibe bin, dass ich teilweise einfach vergesse Details zu erwähnen. Als Zusammenfassung: Zeras wollte einen mächtigen Zauber durchführen und Filia hat die ganze Sache hopsgehen lassen. Das ist eigentlich alles, was passiert ist.

Nun denn, bis zum nächsten Kapitel.

Der Zorn der Wölfin

Kapitel 3 Der Zorn der Wölfin
 

Geschafft!

Erleichtert verfolgte Filia, wie das Shouki um sie langsam wieder entwich und verschwand.

Ein scharfer Schmerz zog durch ihre rechte Hand, aber sie war sich sicher, ansonsten in Ordnung zu sein und fähig, den Palast zu verlassen bevor die Decke über ihr einstürzte. Was nach dem Knarren zu urteilen nicht mehr lange dauern würde.

"Das wirst du bezahlen!" ertönte plötzlich eine kalte Stimme hinter ihr und ließ sie erstarren.

Mühsam drehte Filia den Kopf und erblickte Zeras Metallium, die aus den dunklen Schwaden des Trümmerstaubs auf sie zugeschritten kam, bleich vor Wut und mit einem mörderischen Glanz in den Augen. Mit jedem ihrer Schritte schien eine unbarmherzige Kälte näher nach Filia zu greifen und ihr wurde schlecht vor Angst.

Sie hatte Zeras Plan zunichte gemacht, was auch immer er genau gewesen war. Sie hatte ein Vorhaben verhindert, dass so wichtig gewesen war, dass Greater Beast persönlich dazu anwesend gewesen war. Plötzlich wurde sich Filia mit der Grausamkeit des Unabänderlichen bewusst, dass sie ihr Todesurteil gefällt hatte.

Taub und starr vor Angst blickte sie Zeras entgegen.

"Wie konntest du es nur wagen dich hier einzumischen? Ich werde Monate brauchen um den Schaden wieder zu beheben, den du verursacht hast!" sagte Zeras mit vor Wut zitternder Stimme.

Sie griff nach Filias Schulter und riss sie in die Höhe vor ihr Gesicht.

"Nun lass mich überlegen...", sagte sie und Filia war ihr so nahe, dass sie ihre messerscharfen Zähne sehen konnte. Ein heftiger Schmerz durchzuckte sie, als sich Zeras lange Fingernägel in ihre rechte Schulter bohrten, wie Dolche. Ihr Arm wurde taub vor Schmerz.

"Was ist die schlimmste Strafe, die ich mir für eine Ryuzoku wie dich aussuchen kann?" Die Stimme kam von unendlich weit her.

Durch einen Schleier von Schmerz, der inzwischen ihren ganzen Körper ausfüllte, sah Filia Zeras kalte, lilafarbene Augen; und hinter ihr aus dem Schatten Xellos auftauchende Gestalt mit glühenden, grausamen Augen und Gleichgültigkeit im Blick.

"Ah, ja...", sagte Zeras und ihr Mund verzog sich zu einem Lächeln.

"Ich weiß."

Und dann war Filias Körper nicht mehr gefühllos, sondern schrie vor Schmerz. Eine Macht floss durch Zeras Hand in sie so dunkel und grausam wie nichts, was sie kannte. Es brannte in ihren Adern, unter ihrer Haut, in ihren Knochen, ihrer Seele und riss alles mit sich, was gut gewesen war.

Und schließlich spürte sie durch ihre Schreie und ihre Qual und die Dunkelheit hindurch, die sie zu verschlingen drohte, wie sie etwas verließ, etwas, dass sie zudem machte, was sie war und nichts zurückließ, außer einer Schwärze, die sich breit machte und sie nie mehr verlassen würde.

Eine Ewigkeit schien zu vergehen, dann ließ Zeras sie los und sie fiel zu Boden. Durch einen dunklen Schleier sah sie Zeras hohe Gestalt über sich aufragen, das Gesicht noch immer bleich und zornig und grausam, aber auch ruhiger und zufrieden mit ihrem Werk. Lange blickte sie auf ihr Opfer nieder bis ihre Züge gleichgültig wurden und sie verschwand und Filia allein ließ in der Kälte.

Langsam versuchte Filia sich zu bewegen und kauerte sich schließlich auf dem von Geröll übersäten Boden zusammen. Jede Sekunde, jeder Atemzug brachte ihr neue Schmerzen. Dumpf registrierte sie, dass sie noch lebte und versuchte sich mit aller Kraft auf einen Heilzauber zu konzentrieren.

Es klappte - und sie schrie erneut vor Schmerz und Verzweiflung.

Die Magie, welche sie gerufen hatte, war nicht heilig, sondern schwarz wie die Nacht und verbrannte sie weiter, jetzt sogar noch schneller, während das Leben aus ihr wich. Sie wusste, dass sie in dieser Qual sterben würde und ließ es schwarz um sie werden, während Bilder vor ihr aufstiegen, von Jiras und Grabos, und einem kleinen Drachenei...

"Filia"

Eine Stimme zerriss die Schleier und Filia sah Xellos vor sich knien, die Hände auf ihren tauben Schultern und das Gesicht dicht vor ihrem.

"Filia", sagte er eindringlich und mehr in ihrem Geist als mit Worten "Ich kann dich noch retten und vor dem Tod bewahren, wenn du willst. Aber dafür musst du mir deine Seele öffnen. Filia, hör mir zu!"

Sie verstand kaum noch, was er sagte, in der Müdigkeit, die sie umfing und Ruhe versprach, und doch spürte sie irgendwo in sich noch einen letzten Funken Überlebenswille. Und weil sie nichts mehr zu verlieren hatte, öffnete sie ihren Geist und Dunkelheit umfing sie erneut.
 

***
 

Gespannt betrachtete Xellos die Magie, die Filias Körper durchdrang und nun wie ein offenes Buch vor ihm lag. Seine Meisterin hatte ihr ein bemerkenswertes Chaos hinterlassen, welches er beim besten Willen nicht beheben konnte. Was er auch gar nicht wollte. Schließlich war Xellos nicht so lebensmüde, die Bestrafung, die Zeras verhängt hatte, einfach zu revidieren.

Aber es gab ja auch noch andere Wege.... Filia würde gewiss gestraft bleiben und unfähig solch ein Desaster zu wiederholen. Doch wenn er Glück hatte, würde die tatsächlich unterhaltsamste Ryuzoku, die ihm je begegnet war, noch etwas länger leben und womöglich ließe sich zum Schluss auch noch ein Nutzen aus der ganzen Sache ziehen.

Langsam und vorsichtig begann Xellos mit der Rettung der Ryuzoku, während sich ein wohlbekanntes Grinsen auf sein Gesicht stahl. Das zumindest wäre dann auch in Greater Beasts Sinne...
 

***
 

Würde ein außenstehender Beobachter die Szene im Palast betrachten - was sich aufgrund diverser herabfallender Decken als schwierig herausstellen könnte, vorausgesetzt man möchte das Ganze überleben - so würde er zwei Gestalten erkennen, kniend zwischen Trümmern und Staub, umhüllt von einem Schutzschild. Der eine hätte die Handflächen auf die Schultern der anderen gekrümmten Gestalt gelegt, während beide ein schwarzes Nebelfeld umhüllte. Kleine Blitze zuckten immer heftiger um sie auf, wie ein Miniaturgewitter.

Und zwischen den Blitzen und dem phosphorzierenden Licht des Schildes und dem Staub, der auf sie niederprasselte, wäre ein Glühen zu erkennen, von katzenhaften, violetten Augen, unmenschlich und furchteinflößend.

Und wäre der Beobachter ein Magier so hätte er vielleicht eine graue, verblassende Aura erkannt, die langsam wieder erstarkte, in der ein letzter goldener Hauch starb und die immer schwärzer wurde wie die Nacht und die andere Aura die sie umschloss. Und schließlich, als beide Auren keine Farbnuance mehr trennte (und unser mysteriöser Beobachter sicher längst erschlagen wurde) schlossen sich die Mazokuaugen und die Gestalten verschwanden, während der Ort, den sie verließen, von Trümmern bedeckt wurde.
 

***

Zeras Metallium war gerade damit beschäftigt in ihrer Heimstatt eine Unmenge von Wein hinunterzukippen, als Xellos vor ihr erschien. Missgelaunt und wütend blickte sie ihm entgegen.

"Ich hoffe, du hast eine gute Erklärung für dein Verhalten, Xellos."

"Es ist ein Experiment, Meister", antwortete er nachdem er sich verbeugt hatte "Ich war der Meinung die Ryuzoku könnte noch nützlich für uns sein."

Zeras steckte sich mit missbilligender Miene eine Zigarette an "Ach ja? Einige scheinen zwar der Meinung zu sein, dass es von Vorteil wäre einen Diener aus den Reihen der Gegner zu haben, aber ich kann nicht sehen, was Valgaav Gaav genützt hätte. Was soll ich mit einem Drachen anfangen?"

"Valgaav wurde von Gaav zum Mazoku gemacht", begann Xellos sachlich "Er konnte als Drachen keinen Nutzen mehr bringen, sondern nur durch die unheilvolle Mischung aus Mazoku- und Ancientmagie. Mit Filia ist das anders, ich habe sie nicht erst getötet."

"Sie war dazu bestimmt zu sterben. Von mir!"

Vorsichtig begegnete Xellos dem erneut aufwallenden Zorn in Zeras Stimme "Nun, mit ihrer neuen Existenz ist sie vielleicht noch mehr gestraft, als wenn sie gestorben wäre."

Juu-ou blickte ihn einen Moment lang forschend an, dann lachte sie plötzlich auf und Xellos entspannte sich innerlich. Im nu hatte sie sich erneut ein Glas Wein eingeschenkt.

"Wir werden sehen. Du wirst mir später ausführlich deinen hoffentlich guten Plan erklären. Fürs erste darfst du dein Spielzeug behalten. Sieh jetzt zu, dass es dir nicht doch noch wegstirbt!"

"Sehr wohl Meister."

Nicht aus Barmherzigkeit

Kapitel 4 Nicht aus Barmherzigkeit
 

Es war ganz still als Filia erwachte.

Ihr war als hätte sie eine Ewigkeit geschlafen, nur um noch erschöpfter als zuvor zurückzukehren. Ihr Kopf enthielt ein gewaltiges, gedämpftes Chaos und ihre Erinnerung lag im Nebel. Etwas war passiert, natürlich sonst wäre sie schließlich nicht hier, an diesem fremden Ort, aber was es war, wollte ihr einfach nicht klar werden. Die Erkenntnis lief vor ihr davon wie ein scheues Tier und ließ ihr nur die Ahnung, dass ihr das, was sie erfahren wollte, nicht besonders gefallen würde.

Sie lag in einem Bett in einem kargen Raum mit weiß getünchten Wänden und einer flackernden Kerze am Boden, die ihr Licht spendete und deren aschfarbene Rauchschwaden Muster in die Luft zeichneten.

Filia richtete sich mit einiger Mühe auf und taumelte aus dem friedlichen Raum in einen langen von hohen Fenstern gesäumten Korridor. Ihre Beine waren schwach und ihr Körper war steif und tat weh, so als hätte sie ihn wochenlang nicht bewegt. Wie im Traum lief sie den hellen Flur entlang und eine gewundene Marmortreppe hinauf, nicht auf den Weg achtend und in Gedanken versunken.

Schließlich erreichte sie das Ende der vielen Stufen und trat ins Freie auf eine weite, das gesamte Dach umfassende Terrasse. Weißer Kalkstein lag wie ein wellenloses Meer zu ihren Füßen, nur gelegentlich unterbrochen von anderen Treppenaufgängen und von breiten Mauern begrenzt.

Sie trat an den Rand und lehnte sich weit über die Brüstung, während der starke Höhenwind ihr die Haare um den Kopf schlug. Ihr Gesicht wurde taub vom kalten, nach Meer duftenden Wind und ihre nackten Füße brannten auf der von der Sonne heißen Steinfläche.

Sie befand sich hoch über der Erde. Weit unter ihr erstreckten sich ein Teppich aus grünen Hügelwiesen und im Norden, Osten und Südwesten glänzten die Kronen großer Kiefernwälder. In der Ferne konnte sie das Meer erkennen.

Die eisige Kälte half ihr ihre Gedanken zu ordnen, welche die ganze Zeit über so zäh wie Honig in ihrem Kopf geflossen waren. Sie dachte stirnrunzelnd daran, dass sie eigentlich Angst haben müsste, da sie weder wusste wo sie sich befand, noch was sie tun sollte, noch was überhaupt geschehen war. Alles was blieb waren Schmerzen in jeder Faser ihres Körpers und der dumpfe Verdacht, dass die Zeit bevor ihre Erinnerung zurückkam wie eine Gnadenfrist verstrich.

Außerdem war dieser Ort nicht nur fremd, sondern auch seltsam. Er war von einer Aura umgeben, die Filias geschwächte Sinne noch kaum erfassen konnten, die ihr aber höchst bedrohlich erschien.

"Guten Morgen, Filia."

Filia drehte sich um und erblickte Xellos und mit einem Mal kam ihre gesamte Erinnerung zurück. Ihre Knie knickten ein und sie fiel auf den Boden. Zitternd blickte sie auf.

"Was hast du mit mir gemacht?"

"Nun, ich denke, ich habe dir das Leben gerettet", sagte Xellos trocken. "Und du tätest gut daran, es nicht gleich wieder unnötig zu strapazieren."

Filia starrte ihn weiterhin an, unfähig sich zu bewegen.

"Und wie hast du das gemacht?"

"Das ist ein Geheimnis."

Das war eindeutig zu viel für sie und sie brach in Tränen aus.

"Aber, aber", meinte Xellos besorgt. "Du musst dich zusammenreißen, schließlich müssen wir gleich vor meine Meisterin treten." Er kniete sich neben sie, während Filia erschrocken den Kopf hob.

"Zu Greater Beast?"

"Ganz genau."

"Wieso, was soll das Ganze hier? Will sie mich etwa noch einmal foltern?"

"Nein", sagte Xellos beruhigend und zog sie vorsichtig wieder auf die Beine. "Aber sie will dich sehen, wozu sie auch allen Grund hat, schließlich wohnst du nun schon seit mehr als drei Wochen in ihrem Palast."

Filia starrte ihn an.

"Ach das habe ich auch nicht erwähnt? Nun gut, dann willkommen auf Wolf Pack Island, Filia, dem Zuhause von Greater Beast Zeras und ihrem Gefolge, zu dem auch meine Wenigkeit zählt. Es gibt noch vieles zu erklären, aber zuerst musst du Zeras gegenübertreten, von ihr hängt alles ab. Sei mutig."

Und mit diesen letzten Worten strich er ihr die Tränen aus dem Gesicht und teleportierte beide in einen dunklen Saal.

Er hatte keine Fenster, nur einige lange Spalten in der Decke, die alles in schummriges Licht tauchten. Hohe Säulen stützten ihn und er war mit Wandteppichen drapiert. An einem Ende, dort wo das meiste Licht versammelt war, befand sich ein Podium mit einem breiten, hohen Marmorstuhl und in ihm saß zurückgelehnt, mit geschlossenen Augen, die Person, die Filia am meisten fürchtete.

"Komm näher", sagte Zeras, doch Filia konnte sich nicht rühren.

Xellos gab ihr einen Stoß und sie stolperte vorwärts. Mit jedem Schritt, den sie tat, kam sie einer Panik näher.

"Halt", sagte Zeras ruhig, als sie nur noch wenige Schritte entfernt war und öffnete die Augen.

"Hast du Schmerzen?", fragte sie sanft.

Filia begann zu zittern und die Stimme versagte ihr.

"Du hast es verdient, weißt du?" fuhr Zeras ruhig fort. "Du hast mir wirklich sehr viel Ärger bereitet, obwohl du nur ein schwacher Drache bist. Wenn es nach mir gegangen wäre, wärst du jetzt tot, aber mein Diener hatte eine andere Idee." Sie warf einen Blick hinter Filia auf Xellos. "Ich bin kein Spielverderber, ich will es auf einen Versuch ankommen lassen, wo du nun schon mal überlebt hast. Deswegen wirst du heute Abend offiziell in meine Dienste treten."

Filia erstarrte.

"In Eure Dienste treten? Was soll das heißen?", fragte sie fassungslos und vergaß für den Augenblick ihre Angst.

"Das heißt", sagte Zeras gedehnt "dass ich niemanden aus Barmherzigkeit sein Leben schenke. Ich habe Xellos gestattet dich zu retten, damit du mir nützlich bist. Er meint, dass wir deine Fähigkeiten gebrauchen könnten und wenn das stimmt, bin ich es zufrieden, dass du als meine Dienerin weiterlebst. So und nicht anders."

"Ich werde niemals einem Mazoku dienen", sagte Filia wütend ohne Nachzudenken.

"Gut, dann bring ich dich halt um", fauchte Zeras. "Das hatte ich ja sowieso vor. Hör zu, Drachenmädchen, du hast die Wahl. Heute Abend wirst du in diesem Saal erscheinen und mir entweder die Treue schwören oder auf der Stelle getötet werden und glaube mir, ich mache nur einmal Kompromisse. Überleg es dir und geh jetzt. Sofort!"

Ein knurren entwich ihrer Kehle und Filia, die den rüstungsbewehrten Wolf wieder vor sich sah, drehte sich hastig um und rannte weg. Sie erreichte eine große, zweiflügelige Tür am Ende des Saales und floh, während ihre Angst immer stärker zurückkehrte.

Zeras blickte Xellos wütend an, der näher getreten war und sich verbeugte.

"Und, glaubst du immer noch, dass dein Plan funktionieren wird? Am Ende hast du drei Wochen für nichts vergeudet, wenn dieser sture Drache sich heute Abend zum Märtyrer erklärt."

"Nun, im Endeffekt ist es immer schwer jemandes Handlungen vorherzusagen", sagte Xellos weise. "Aber ich denke, wenn sie sich ihre Lage erst klar gemacht hat, besteht immer noch genug Hoffnung, dass Filia ihre Meinung ändert."

"Wahrscheinlich hast du recht", sagte Zeras seufzend. "Aber wenn sie wirklich hier bleibt, will ich, dass diese Unverschämtheit verschwindet. So was kann sich hier niemand erlauben." Sie winkte müde mit der Hand. "Du kannst jetzt gehen. Ich für meinen Teil brauche jetzt erst mal ein gutes Glas Wein."

Xellos verbeugte sich und teleportierte hinaus.

'Es wäre wirklich zu Schade, wenn all die Arbeit umsonst gewesen wäre', dachte er und suchte gleichzeitig nach Filias Präsenz. Da war sie schon, ein Wirrwarr an Emotionen, die einem Leuchtfeuer gleich in seiner Wahrnehmung auftauchten. 'Nun, da scheint ja wirklich noch nichts entschieden', dachte er, während er wieder sprang um der Entscheidung etwas nachzuhelfen.

Er fand Filia zusammengekauert in einer Ecke im Palast sitzend, die Hände um die Beine geschlungen und die Stirn auf den Knien.

"Nun, Filia, was sagst du?" fragte Xellos freundlich.

"Was soll ich schon sagen", antwortete Filia dumpf. "Ich kann keinem Mazoku dienen, das ist völlig ausgeschlossen. Selbst wenn ich sonst..."

"Aber, aber", sagte Xellos mahnend. "Ich weiß ja nicht, was du dir darunter vorstellst Zeras zu dienen, doch sie wird dir wohl kaum Aufträge erteilen, die du nicht auch erfüllen kannst. Unser Leben besteht auch nicht nur aus Kämpfen und Blutvergießen, schließlich sind unsere Kriege so ziemlich festgefahren. Mein letzter wichtiger Auftrag war die Dark Star Angelegenheit."

"Und das, wobei ich euch gestört habe", flüsterte Filia.

"Und das", bestätigte Xellos und betrachtete sie. "Du solltest er dir wirklich noch mal überlegen", sagte er und teleportierte wieder von dannen.

Filia starrte auf den Boden.

Nicht nur Blutvergießen und Kampf... viel blieb dann doch nicht mehr übrig. Die Mazoku standen gegen alles, an das sie glaubte. Aber an was genau sie glaubte, wusste sie seit ihrem Austritt aus dem Feuerdrachentempel selbst nicht mehr genau. Alle Grenzen waren verwischt.

'Es gibt nicht nur Schwarz und Weiß', dachte Filia grimmig. 'Aber hier ist Weißes gewiss sehr dünn gesät.'

Wenn sie sich weigerte, würde Zeras sie töten. Filia erinnerte sich daran, wie es gewesen war, als Zeras auf sie zutrat, kochend vor Wut, und sie sich sicher war nun zu sterben.

'Ich will nicht', dachte Filia. 'Solange ich noch einen anderen Weg sehe, will ich nicht sterben. Niemand muss sich schämen, der um sein Überleben kämpft.' Aber wenn sie nun Zeras Dienerin wäre und sie ihr schreckliche Befehle geben würde, wenn sie töten müsste... Filia schloss die Augen und versuchte herauszufinden, wie weit sie gehen würde.
 

***

Als Filia den nun fackelbeleuchteten Saal erneut betrat, war er bevölkert von Mazoku. Sie standen an beiden Seiten im Schatten und ließen nur den Mittelgang frei. Dieser allein war erleuchtet, so dass Filia nur funkelnde Augen und das Aufblitzen von Zähnen erkennen konnte, während sie sich selbst wie im Rampenlicht fühlte, als sie nach vorne trat.

Zeras saß wieder auf ihrem Thron, diesmal flankiert von einem ganzen Rudel Wölfe, die sich zu ihren Füßen rekelten. Sie blickte Filia erwartungsvoll entgegen. Xellos konnte sie nicht entdecken, aber er hatte ihr gesagt, was sie tun musste.

Drei Schritte vom Podium entfernt ließ sie sich auf ein Knie sinken und beugte den Kopf.

"Filia Ul Copt" sagte Zeras. Ihre Stimme war leise und doch so klar, dass sie im ganzen Raum zu hören war. Alle Mazoku, die vorher getuschelt hatten, wurden umgehend still.

"Bist du gewillt in meine Dienste zu treten?"

Filia hob langsam den Kopf. "Ja." Dann nahm sie ihren ganzen Mut zusammen und sprach noch bevor Zeras weiterreden konnte. "Ich werde euch dienen, doch zuvor muss ich etwas erklären." Sie stand langsam auf und blickte in die Runde "Ich weiß nicht, warum Ihr mir dieses Amt gestatten wollt und was demnach Eure Aufgaben für mich sein werden, aber es gibt eine Sache, die ich trotz aller Loyalität niemals werde tun können. Ich werde niemals einen Ryuzoku töten. Ich werde nie ein unschuldiges Wesen töten können, ob Mensch oder Drache oder sonst jemand. Wenn ihr das von mir verlangt, werdet ihr mich töten müssen. Ansonsten stehe ich zu euren Diensten."

Zeras blickte Filia unbewegt an, doch innerlich war sie schon wieder am ausrasten. Zum dritten Mal nur wegen diesem Drachen. Sie schien nicht ganz zu verstehen, worum es hier ging. Kein Mazoku würde es wagen, sich bei ihr irgendwelche Sonderrechte, was ihre Befehlsgewalt anging, herauszunehmen. Mazoku waren loyal und treu bis in den Tod, auf die eine oder andere Weise. Aber ein Ryuzoku würde nie ein Mazoku sein können...

Zeras spürte Filias Emotionen und sie wusste, dass Filia Angst hatte. Sie hatte furchtbare Angst, aber trotzdem war das nicht alles. Sie war auch entschlossen bei ihrem Vorsatz zu bleiben, trotz allem war sie noch nicht gebrochen und hatte sich diese Überzeugung bewahrt. Zeras fühlte Filias Entschlossenheit und sie gab schließlich den Ausschlag.

"Mutig gesprochen", sagte sie leise. "Ich werde es darauf ankommen lassen. Aber bist du nun bereit in meine Dienste zu treten?"

"Ja."

Zeras trat vor Filia und legte ihr eine Hand auf die Stirn.

"Dann soll es so sein", sagte sie und ließ etwas von sich auf Filia überspringen, einen winzigsten Funken ihrer Kraft, der sich mit Filias Aura mischte und sie zeichnete, wie es die Magie, die sie schon vorher in sie gegeben hatte, nicht getan hatte.

Ein dunkles Flackern war zu sehen, dann trat Zeras zurück und Filia hob den Kopf. Sie blickte ihrer neuen Meisterin in die Augen, welche funkelten wie die Nacht.

Eine neue Dienerin war in Greater Beasts Kreis getreten.
 


 

*************************

Dramatik, Dramatik!

Auf solche Enden steh ich, also macht euch darauf gefasst, das öfters zu erleben. Meine Charaktere tendieren dazu mit der Zeit etwas heroisch zu werden. Ich denk mal, es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass Filia auf den Gedanken kommen könnte sich den Mazoku anzuschließen, aber was soll's. Mazoku sollten schließlich gebührend terrorisiert werden...

Wolf Pack Island

Kapitel 5 Wolf Pack Island
 

Plötzlich schien der Palast eine Menge Mazoku zu beherbergen. Filia hatte auf ihrer ersten Wanderung durch die labyrinthartigen Gänge keine einzige Gestalt entdeckt, doch als sie nun am nächsten Morgen hinter Xellos herschritt, schienen sie an jeder Ecke aufzutauchen.

"Sie hatten den Befehl bis zum Abend außerhalb deiner Reichweite zu bleiben", erklärte Xellos auf ihre verwirrte Miene hin, als sie gerade eine weitere Treppe hinabstiegen. "Normalerweise geht es hier aber zu wie jetzt. Die Residenzen der Mazoku Lords beherbergen immer die größte Anzahl Mazoku auf einem Fleck, vorausgesetzt der betreffende Lord lebt noch. Hier ist es auch am sichersten zusammenzutreffen, da Zeras keine Angriffe dulden würde."

"Warum kann ich sie nicht spüren?", fragte Filia leise.

"Ich nehme an, weil du im Moment nicht fähig bist Magie zu benutzen", meinte Xellos leichthin.

Filia blieb erschrocken stehen. "Das habe ich noch gar nicht bemerkt."

"Du wirst wohl zu sehr durch andere Ereignisse abgelenkt worden sein", sagte Xellos grinsend. "Und nun komm weiter, sonst dauert dieser Rundgang noch eine Ewigkeit."

Er zog Filia mit sich und sie folgte widerwillig.

Im Laufe des Vormittags durchstreiften sie die riesigen Ausmaße von Zeras Palast und Festung bis sich Filia ohne Hilfe zurechtfinden konnte. Im Grunde bestand das Gebäude fast vollständig aus solchen kargen Wohnräumen, wie das in dem Filia erwacht war. Sie konnten von den Mazoku nach Belieben genutzt werden, was hieß, dass sie zumeist leer standen, da Mazoku weder Schlaf benötigten noch sonst wie auf Privatsphäre angewiesen waren. Der wohl wichtigste Raum war Zeras Empfangssaal, an den sich einige kleinere Versammlungsräume anschlossen, sowie Zeras Privaträume, die einen beträchtlichen Teil des Palastes ausmachten.

"Wofür braucht sie so viel Platz?" fragte Filia verdutzt.

"Für nichts besonderes, es ist einfach angemessen für einen Mazoku Lord", sagte Xellos leichthin. "Und es geht dich nichts an. Das einzige, was du wissen musst, ist, dass ihre Räume für dich tabu sind, solange du nicht eingeladen wirst."

"Das denke ich mir", sagte Filia. "Und wo sind deine Räume?"

"Das ist ein Geheimnis."

Filia rollte die Augen.

Schließlich erreichten sie ein Tor und als sie hindurchtraten, erblickte Filia einen verschlungenen Pfad, der zwischen grünen Grashügeln sanft nach unten führte.

Sie drehte sich um und blickte die hohe Palastwand entlang. Von außen wirkte sie noch größer und Filia musste den Kopf weit in den Nacken legen, um das Dach auszumachen.

"Die Festung wurde am höchsten Punkt der Wolf Pack Island errichtet", erklärte Xellos gerade. "Außer ihr gibt es hier nur noch ein einziges Gebäude. Das ist unser nächstes Ziel."

Er führte sie nach links, weg von dem Pfad und quer durch die Wiesen. Sie folgten den Hügelkämmen bis sie die Ausläufer eines lichten Kiefernwaldes erreichten. Nachdem sie ihn weiter nach Osten hin durchwandert und wieder freies Land erreicht hatten, erblickte Filia ein breites, flaches Gebäude aus verwittertem Stein in den Wiesen, hinter denen sich die steil abfallende Küste und das Meer anschlossen.

Xellos schritt zielstrebig auf das einzig sichtbare Tor im Mauerwerk zu, öffnete und bedeutete Filia ins Innere zu sehen.

Es gab keine Trennwände und keinen gezimmerten Boden, nur einen einzigen niedrigen Raum ohne jeden Einrichtungsgegenstand, ausgelegt mit Stroh und Flechtwerk unter dem noch hier und da nackter Stein und Gras hervorlugten. Außerdem roch es stark nach Hund.

"Dies ist das Heim von Meisterin Zeras Wölfen, welche die Abgeschiedenheit bevorzugen", sage Xellos, der noch immer an der Schwelle stand. "Natürlich besuchen sie Meisterin Zeras täglich und verbringen viel Zeit im Palast, aber so sehr wie sie unsere Meisterin lieben, lieben sie auch die Einsamkeit. Mazoku außerhalb ihres Rudels empfinden sie als lästig. Deswegen hat ihnen Zeras diesen Ort errichtet und geschenkt. Es wäre natürlich unhöflich, ihn ohne der Wölfe Erlaubnis zu betreten."

"Wo sind sie denn alle?" fragte Filia verwundert. "Wenn das hier ihr Lieblingsort ist, müssten wir doch welchen begegnet sein." 'Nicht, dass ich nicht auch darauf verzichten könnte', fügte sie in Gedanken hinzu.

"Oh, aber wir sind ihnen begegnet", sagte Xellos, der sie vergnügt beobachtete. "Sie sind uns sogar entgegen gekommen und haben uns im Kiefernwald begrüßt. Danach wurden wir den ganzen Weg hierher eskortiert." Er blickte auf einen Punkt hinter Filia und sie drehte sich um mit einem flauen Gefühl im Magen.

Im Schatten der Kiefern, die sie soeben verlassen hatten, standen Wölfe, mindestens zehn an der Zahl, grau und braun und schwarz wie normale Wölfe, aber mit Augen, die von Innen glühten von Klugheit wie von Grausamkeit.

Wieder bekam Filia angst, obwohl sie gedacht hatte nach Zeras Zorn könnte sie nichts mehr erschrecken, doch die Wölfe beachteten sie kaum, streiften ihre Gestalt und blickten Xellos an.

Nach einigen Augenblicken wandten sie sich wieder ab, verschwanden erneut im Wald, legten sich in die Wiesen oder trotteten direkt an Xellos und Filia vorbei in die Höhle, während sie sie allesamt einheitlich ignorierten.

Filia stand wie erstarrt, doch Xellos zuckte nur die Achseln. "Wir sind eingeladen zu bleiben."

Er nahm sie am Arm, teleportierte beide auf das niedrige Dach der Wolfshöhle und setzte sich. Filia tat es ihm nach und ließ sich auf die verwitterten Steine sinken.

Die junge Mittagssonne erwärmte ihr Gesicht und ihre Hände und ein leichter Ostwind brachte den Geruch nach dem nahen Meer. 'Eigentlich ist es ein schöner Ort', dachte Filia, während sie den Blick schweifen ließ um ihn dann wieder Xellos zuzukehren, der sie nachdenklich betrachtete.

"Das hier war der letzte Ort, den ich dir zu zeigen hatte", begann er schließlich. "Dir sind nun alle Wege auf Wolf Pack Island bekannt, die du kennen musst, und es wird nun Zeit, dass du auch in deine Rechte und Pflichten als Dienerin Zeras Metalliums eingewiesen wirst." Er machte eine Pause und als er wieder sprach, war zumindest seine Stimme feierlich und ernst.

"Gestern Nacht, im Vollmond des fünften Monats, bist du offiziell in die Dienste des Mazoku Lords Zeras Metallium getreten, eine Bindung, die du nicht lossagen kannst, ohne von Zeras Hand den Tod zu erleiden. Du unterstehst jetzt unseren Gesetzen, bist somit zum Gehorsam deinem Mazoku Lord und dem über uns thronenden Dark Lord Red Ruby Eye Shabranigdo verpflichtet.

Nun, was du wissen solltest ist, dass die Mazoku aus Meisterin Zeras Gefolge Frieden untereinander halten müssen, ebenso wie wir unter normalen Umständen mit dem Gefolge anderer Mazoku Lords, also Dynast Grausherras und Deep Sea Dolphins, ernste Kämpfe meiden müssen. Herrenlose Mazoku dagegen sind fast so etwas wie Freiwild. Weswegen es auch kaum welche gibt.

Auch hat Meisterin Zeras verboten, dass ihre Diener ohne ihr Wissen größere Zerstörung anrichten, vor allem nicht auf ihrer sorgsam gehegten Insel. Ansonsten ist es uns freigestellt zu tun was immer uns beliebt, bis wir einen Auftrag erhalten, den wir ohne Widerrede zu befolgen haben. Du darfst niemals einen Befehl unserer Meisterin missachten. Das ist ein Tabu.

Zeras hat nun sogleich einen Befehl für dich, den ich dir überbringen soll."

Xellos legte eine bedeutungsvolle Pause ein und Filia hielt den Atem an in Erwartung eines ohne Zweifel blutrünstigen Auftrags, der sie auf die Probe stellen sollte.

"Dein Befehl besagt, dass du Wolf Pack Island nicht verlassen darfst bis Meisterin Zeras dir eine anderslautende Anweisung gibt", sagte Xellos schlicht und Filia krachte ungläubig auf den Boden.

"Das ist alles?" fragte sie schwach.

"Das ist alles." Xellos grinste fröhlich auf ihre resignierte Gestalt herunter und erhob sich dann.

"Ach eine Bitte hätte ich selbst noch", sagte er dann plötzlich, drehte sich noch einmal um und blickte etwas gequält auf die entnervte Filia. "Wenn Meisterin Zeras dir irgendwann wirklich einen Auftrag erteilen sollte, tu uns bitte beiden einen Gefallen und widersprich ihr nicht noch einmal, sonst sind wir beide dran. Sie wird einen Wutanfall kriegen, dich ohne viel Federlesen umbringen und mich zur Schnecke machen, weil ich ihre Zeit vergeudet habe, womit sie leider vollkommen Recht hätte. Also bitte..."

Xellos wollte sich gerade abwenden, da fand Filia ihre Stimme wieder.

"Warte, Xellos! Hast du nicht etwas vergessen?" fragte sie.

Er blickte sie fragend an.

"Du hast mir jetzt vielleicht alles gesagt, was ich deiner Meinung nach wissen muss", sagte Filia leise. "Aber du hast mir immer noch nicht meine alte Frage beantwortet. Also, was hast du mit mir gemacht? Was hat Zeras mit mir gemacht? Ich bin es leid deine Andeutungen und gleichzeitigen Ausflüchte zu hören. Seit ich hier an diesem schrecklichen Ort aufgewacht bin, fühlt sich mein ganzer Körper völlig fremd an. Es ist mir vollkommen unmöglich Magie zu benutzten oder auch nur wahrzunehmen und das einzige, an das ich mich erinnern kann ist dieser furchtbare Schmerz. Und jetzt kommst du, erzählst mir diesen ganzen Mazoku-Kram und tust so, als wäre alles vollkommen in Ordnung. Ich habe genug, ich muss endlich wissen, was passiert ist und zwar sofort!"

Filia war, während sie sprach, immer lauter geworden und zugleich noch verzweifelter. Seit dem letzten Tag, hatte sie wie unter einer Betäubung gestanden und gehandelt. Ihr war, als fühlte und erkannte sie alles nur durch eine dicke Watteschicht hindurch, doch jetzt begann sich diese aufzulösen und Filia hatte Angst davor, was sie tun würde, wenn sie nichts mehr vor der Wahrheit schützte.

Xellos sah sie durchdringend an, doch dann setzte er sich wieder mit einem Seufzer zurück, so als würde er gegen besseres Wissen handeln.

"Also gut, du willst es ja nicht anders", sagte er ruhig. "Aber beklag dich später ja nicht bei mir. Nun lass mich überlegen, wo fange ich an? Du weißt, dass du Meisterin Zeras in diesem Palast sehr wütend gemacht hast und eigentlich wollte sie dich töten. Dazu hat sie ihr Shouki in deinen Körper fließen lassen, welches die Drachenmagie deines Ryuzokukörpers angegriffen und zerstört hat. Es hat dann deren Platz eingenommen und hätte dich normalerweise von innen her langsam absterben lassen." Xellos sprach so sachlich und emotionslos, als würde über das Wetter reden. "Aber so weit ist es nicht gekommen. Vorher habe ich nach Meisterin Zeras Fortgang dafür gesorgt, dass dich ihr Shouki nicht mehr als Feind betrachtet. Ich habe es durch meine eigene Kraft so auf deinen Körper abgestimmt, dass es, ohne Schaden anzurichten, verweilt. Danach habe ich dich nach Wolf Pack Island gebracht und nach besagten drei Wochen bist du wieder zu Bewusstsein gekommen. Das Shouki ist allerdings noch immer in deinem Körper und ich kann es nicht zurücknehmen. Deswegen fühlst du dich anders an, weil du von Shouki erfüllt bist und du kannst keine Magie benutzen, weil sie einfach nicht da ist. Nun, und dass das Shouki deinem Körper wehtut, ist vielleicht nicht so verwunderlich für dich", fügte er spöttisch hinzu.

"Werde ich nie mehr Magie rufen können?" fragte Filia nach.

"Nein, nach einiger Zeit wirst du automatisch wieder Verbindung zu Astral Plane erhalten", sagte Xellos. "Aber ich vermag nicht zu sagen, ob deine spezielle Ryuzokumagie auch zurückkehren wird. Womöglich hat die Mazoku-Energie sie vollständig zerstört und du wirst auf einige spezielle Fähigkeiten verzichten müssen."

"Meine Drachenform."

"Zum Beispiel diese", meinte Xellos gelassen. "Oder auch diese erstaunlichen Energiestrahlen, mit denen du so gerne Städte platt gemacht hast, denke ich mal."

"Aber ich bin ein Drache", sagte Filia verzweifelt. "Wieso habe ich diese Menschenform behalten? Sie hätte verschwinden müssen."

"Ich habe mich nie sonderlich für die physische Beschaffenheit der Ryuzoku interessiert, aber wahrscheinlich seid ihr doch mehr mit eurer Menschengestalt verbunden als ihr denkt. Immerhin ist das eine sehr besondere Verwandlung. Du hast halt Pech gehabt in dieser Form stecken zu bleiben."

Filia sah Xellos zweifelnd an, antwortete aber nicht. Sie hatte das Gefühl, wenn sie auch nur ein weiteres Wort sprechen würde, müsste sie wieder losheulen und das kam überhaupt nicht in Frage. Sie war schon genug gedemütigt.

Xellos betrachtete sie entspannt, innerlich begeistert über die negativen Emotionen, die Filia seit gestern nahezu ununterbrochen lieferte. Trotzdem hoffte er, dass sie sich doch bald mit ihrem neuen Schicksal abfand, bevor sie wieder einen Nervenzusammenbruch hatte.

"Hör zu", sagte er schließlich. "Mach dir erst mal keine Gedanken mehr darüber. Du kannst sowieso nicht ändern, was geschehen ist, also ruh dich am besten einfach aus und genieß dein Leben hier. Ich denke du wirst sehen, dass es gar nicht so schlecht ist."

Er hatte etwas Falsches gesagt. Xellos war so überrascht, dass er dem Faustschlag nicht auswich, den Filia mitten in sein Gesicht pflanzte.

"So, ich soll mich also nicht aufregen?" fauchte sie mit funkelnden Eckzähnen und baute sich vor Xellos auf, die Hände in die Seiten gestemmt und mit einem wütenden Glanz in den Augen.

"Ich soll mir keine Gedanken machen? Keine Gedanken darüber, dass du mich fast zum Mazoku gemacht hast? Was fällt dir eigentlich ein, mich so auszutricksen, du Abschaum von einem Mazoku? Und überhaupt, WO ZUR HÖLLE IST MEINE KEULE?"

"Also wirklich", stöhnte Xellos und rieb sich das Gesicht. "Dieser Argumentation konnte ich jetzt überhaupt nicht folgen. Nicht, dass das jemals de Fall gewesen wäre... "

"Ah, NAMAGOMI!" wütend stürzte sich Filia auf Xellos, der schleunigst und aufs höchste erfreut die Flucht ergriff. 'Es scheint so', dachte er, während er munter durch das Rudel verdutzter Wölfe hindurch teleportierte, eine randalierende Filia nach sich ziehend 'dass mein Spielzeugdrachen sich schneller erholt, als ich dachte.'
 

***
 

Erschöpft ließ sich Filia ins hohe Gras fallen. Sie wusste nicht mehr, wie lange sie hinter Xellos hergerannt war bis er endgültig die Flucht ergriffen hatte. Dieser Namagomi! Ließ sie von einem Ende der Insel zum anderen joggen und ihre geliebte Keule hatte sie trotzdem nicht zurück!

Ihr war schwindelig von der Rennerei und die Sonne stach ihr grell und heiß in die Augen. Filia setzte sich auf um ihr Gesicht zu beschatten, zog die Beine an den Körper und dachte darüber nach, was sie jetzt machen sollte.

Ihre einzige Anweisung lautete auf der Insel zu bleiben. Nun, sie hätte sowieso nicht gewusst, wie sie ohne ihre Drachenform von einer Insel fliehen sollte, deren einzigen Bewohner garantiert nicht auf Boote angewiesen waren.

In den Palast, der sich in ihrem Rücken erhob, wollte sie erst mal nicht zurück, dort wimmelte es ja nur so von Mazoku, die sie zudem anstarrten, wie einen exotischen Vogel. Doch die Landschaft um sie war dagegen größtenteils verlassen und mutete fast idyllisch, wenn auch wild, an. Man konnte gar nicht glauben, dass diese schönen Wälder und Wiesen zu einem Hauptquartier der Mazoku gehörten.

Filia richtete sich wieder auf und blickte über das grüne Meer der Wiesen hinweg direkt auf einige Wölfe, die es sich in ihrer Nähe gemütlich gemacht hatten und sie durchdringend anstarrten. Sie hatte sie erst jetzt bemerkt und erstarrte erschreckt.

Ihr wurde mulmig zumute als sie daran dachte wie ungestüm sie die Wölfe fast über den Haufen gerannt hatte, als sie Xellos gefolgt war. Dumm, dass er jetzt nicht mehr da war, denn irgendwie hätte sie sich mit dem mächtigen Mazoku an ihrer Seite sicherer gefühlt.

Die Wölfe starrten sie unverwandt an, regungslos wie Statuen. Sie schienen sie schon die ganze Zeit über beobachtet zu haben und weckten in Filia unwillkürlich das Gefühl, auch noch den winzigsten Funken von Furcht in ihren Augen aufzuspüren. Fast meinte sie ein Knurren zu hören.

Vorsichtig, die Wölfe nicht aus den Augen lassend, trat Filia den Rückzug an, erst langsam rückwertslaufend um die gefährlichen Wesen nicht aus den Augen zu lassen, dann sich umdrehend und rennend bis sie weit weg war, ohne sich umzusehen.
 

***
 

Fast schon amüsiert blickte Zeras auf Xellos nieder.

"Und so läuft das wirklich immer?"

"Abgesehen davon, dass ihr Morgenstern fehlte", bestätigte Xellos.

"Delikatessen."

"In der Tat."

"Nun gut!" Zeras stemmte entschlossen die Hände in die Hüften und sah Xellos herrisch an. "Bist du nun fertig mit der Ryuzoku? Wieder verfügbar für meine Aufträge, deine eigentlichen Aufgaben?"

Xellos verbeugte sich galant.

"Was Ihr wünscht, Meister."

"Gut, dann wirst du sofort abreisen", sage Zeras bestimmt und warf schwungvoll den Kopf zurück. "Wir müssen Informationen einholen nach diesem Desaster. Du wirst die Höllenstadt besuchen, dich über die dortige Lage informieren und dann weiter unsere anderen Spuren verfolgen. Ich fürchte wir werden nun doch alles einzeln zusammenklauben müssen, aber was soll's. Brich sofort auf."

"Sehr wohl", sagte Xellos und war erleichtert über die gute Gelegenheit um Zeras wieder mit seinen Entscheidungen zu versöhnen.

Mit einer letzten Verbeugung glitt er in die Astral Plane und machte sich auf die Reise.

Die Generalin aus Eis

Kapitel 6 Die Generalin aus Eis
 

Ein Blick auf Heltaun sagte Xellos, dass hier erst mal nichts zu holen war.

Die Stadt lag in hellstem Sonnenschein und Fröhlichkeit lag in der Luft, da der bedrückende Schatten, der so lange über der Stadt gehangen hatte, verschwunden war.

Auf der Astral Side dagegen war Heltaun noch immer ein einziges Chaos. Xellos bemerkte mit einem leichten Anflug von Bewunderung, dass Filia ganze Arbeit geleistet hatte.

Gemütlich schlenderte er die Straßen entlang und ließ sich schließlich mit einer Tasse Tee bewaffnet in einem Cafe am Marktplatz nieder. Eigentlich hätte er wieder abreisen sollen, da nichts weiter zu überprüfen war und die Arbeit von drei Wochen verpasster Spionagetätigkeit vor ihm lag, aber er hatte noch etwas anderes auf der Astral Plane bemerkt.

Durch eine belebte Straße, an eifrigen Passanten vorbei, kam eine Frau die Straße herauf und setzte sich ohne ihre Zeit mit einer Begrüßung zu verschwenden an Xellos Tisch. Ihre eisblauen Augen fixierten Xellos, als ob sie ihn festnageln wollte.

"Einen schlechten Tag, Bestienpriester. Hast du endlich wieder Zeit gefunden der restlichen Welt auf die Nerven zu gehen?"

Jemand schien hier eindeutig schlechte Laune zu haben.

Xellos lehnte sich lässig zurück und grinste sein Gegenüber ungestört an, als hätte er ihre Beleidigung gar nicht wahrgenommen.

"Lange nicht gesehen, Sherra", sagte er freundlich. "Was für ein erstaunlicher Zufall dich hier zu treffen. Du überraschst mich immer wieder. Vor allem erstaunlich finde ich, dass du es anscheinend geschafft hast innerhalb einer Zeitspanne von nur 800 Jahren die Verwendung von Ironie zu verstehen."

"Bring mich nicht dazu dieses Cafe in die Luft zu jagen, du erbärmliche Nervensäge von einem Mazoku."

Xellos Grinsen wurde breiter.

"Na also, das ist die Sherra, die ich kenne. Immer zu rohen Drohungen aufgelegt."

Die Mazoku sah einen Moment tatsächlich so aus, als wolle sie den Kaffeetisch in die Luft jagen, fing sich dann aber wieder und setzte eine gleichgültige Miene auf.

"Du hast dich ebenfalls nicht verändert", sagte sie ruhig. "Ich bin im Übrigen hier, um mich über die Lage in der ehemaligen Höllenstadt ins Bilde zu setzen, nachdem ihr ganz offensichtlich ein paar Pannen hattet. Die ganze Astral Side hat gezittert."

"Wir haben euch einen Boten mit allen wichtigen Informationen geschickt", sagte Xellos, der Sherra kein Wort glaubte. Für einfache Informationsbestätigung hätte sich Dynast auch einen anderen Deppen suchen können.

"Meister Grausherra informiert sich gerne mit eigenen Mitteln", erwiderte Sherra ungerührt. "Wir waren übrigens sehr erstaunt, dass nicht du uns diese Nachrichten überbracht hast, sondern nur ein unwissender Mazoku der mittleren Stufe."

"Nun, wie ihr wisst war ich verhindert", sagte Xellos trocken. 'Schließlich bist du höchstpersönlich auf Wolf Pack Island aufgetaucht, nur um den Grund dafür zu erfahren', fügte er in Gedanken hinzu.

"Ja, ich weiß", sagte Sherra. "Du spielst also nicht mehr Krankenpfleger?"

"Das ist nicht mehr nötig."

Sherra starrte Xellos forschend an, aber dieser hob nur gemütlich seine Tasse und trank in aller Ruhe seinen Tee, während er Sherra weiterhin anlächelte.

"Herrlicher Tag, nicht wahr? Es muss toll gewesen sein, tagelang in dieser vor Freude singenden Stadt auf meine Ankunft zu harren ohne die Erlaubnis auch nur einen kleinen Menschen zu foltern!"

"Wie fühlt man sich eigentlich, wenn man für das Scheitern eines so zeitaufwendigen Plans verantwortlich ist?" fragte Sherra spöttisch zurück. "Der Drache wäre längst tot, wenn du nicht einen Narren an ihr gefressen hättest. Meisterin Zeras muss wirklich sehr nachsichtig mit dir sein."

Xellos blickte böse zurück. "Nun, ich hab nun mal eine Meisterin, die mich leiden kann."

Die Zuckerschale vor Xellos zersprang und überrieselte ihn mit einem feinen, weißen Zuckerstaub, während sich messerscharfe Porzellanscherben in seine Haut bohrten.

"Ich muss gehen", sagte Sherra und stand auf.

Xellos erwiderte nichts und blickte der mächtigen Mazoku ungerührt nach bis sie in der Menge verschwand. Es schien ganz so, als sei Dynast an Filia interessiert.

Xellos fragte sich, wo der Mazoku Lord seine beiden Priester hingeschickt haben mochte, wenn er eine so stümperhafte Lügnerin wie die Generalin Sherra zu ihm schickte.

Nachdenklich zog er einen Splitter aus seiner Hand, die sofort verheilte. Eine Zuckerdose. Eigentlich war sie viel zu wütend gewesen...

Xellos Gefühl wurde nicht getrogen als plötzlich ein tornadoartiger Windstoß aufkam, die Stühle umstieß und ihn unter einem Sonnenschirm begrub. Das klang eher nach Sherra.
 

***
 

Vom Weiten betrachtet sahen die Wölfe fast friedlich aus.

Der Tag war heiß und sie dösten weithin sichtbar im hohen Gras, dass sich von der steil abfallenden Küste bis zum lichten Kiefernwald, in dem sich Filia versteckte, erstreckte.

Einige Tage waren vergangen, in welchen sie mit keiner Menschenseele gesprochen hatte und die Zeit war reif für drastische Maßnahmen.

Entschlossen trat sie aus den Schatten und die Wölfe wandten die Köpfe. Eine Eskorte von weiteren vier Tieren trat links und rechts neben ihr aus dem Unterholz und begleitete sie auf ihrem Weg. Filia erschreckte das nicht, sie hatte damit gerechnet.

Auf Wolf Pack Island war man nicht unbeobachtet.

Vor einem Wolf blieb sie stehen. Er lag träge im Wildgras, groß, mit zerfurchtem, von Kämpfen gezeichnetem, grauen Fell und einer breiten Narbe über einem der halb geschlossenen Augen.

Filia beugte leicht den Kopf.

"Würdet Ihr mir erlauben mit Eurem Rudel zu rasten?" fragte sie höflich.

Der Wolf machte keine Anstalten sich zu bewegen, doch öffnete er eines seiner Augen einen Spalt weiter und betrachtete Filia, die den Blick angespannt erwiderte.

Ein leises Grollen entwich seiner Kehle, rau und schwingend.

Filias Eskorte löste sich auf und trottete davon, während sie sich nochmals verbeugte und sich dann ein wenig vom Rudelführer entfernt mitten unter eine Gruppe junger Wolfsweibchen setzte.

Sie ließ sich auf den Rücken fallen und streckte sich weit, schloss die Augen und lauschte dem Rascheln des Grases unter Pfoten und dem leisen Stoßen großer Tierleiber. Die Luft roch vertraut nach Hund.

Filia hatte sich entschlossen keine Angst mehr zu haben. Sie stand unter Zeras Schutz wie alle anderen hier auch und sie brauchte Gesellschaft, wenn sie hier nicht verrückt werden wollte. Die Wölfe waren gefährlich mit messerscharfen Zähnen und Krallen, aber sie waren stumm und spotteten nicht und ließen Drachen Drachen sein. Sie waren ein Rudel wie auch Drachen zu Zeiten und Xellos konnte sie leiden.

Und irgendwie hatte sie das Gefühl, dass Xellos, so wenig sie ihn auch leiden mochte, doch von all den Mazoku derjenige war, den sie am besten ertrug.
 

***
 

Filia beobachtete zwei Wölfe, die sich spielerisch angriffen. Na ja. Das, was für Bestienwölfe spielerisch hieß. Filia konnte sich gut vorstellen, was ein Heerführer an ihnen hatte.

Der alte Wolf stellte ein Ohr auf. Filia sah es aus den Augenwinkeln und war sich sicher, dass Besuch eintraf. Suchend blickte sie um sich und als ihr Blick die Wolfshöhle traf, saß plötzlich von einem Moment zum anderen eine junge Frau auf dem niedrigen Dach.

Sie trug eine elegante, militärische Uniform, hatte einen langen, strengen, nachtschwarzen Pferdeschwanz und eisblaue Augen. Etwas war an ihr, das Filia den Atem anhalten ließ und vielleicht war es ein Blick in die Zukunft.

Sherra blickte auf das Drachenmädchen nieder, dass doch kaum zweihundert Jahre jünger war als sie, schlank und mittelgroß wie sie selbst und sonst doch das genaue Gegenteil.

Ihr goldfarbenes Haar wehte offen um ihr Gesicht, wie sie es bei so vielen Golden Dragons gesehen hatte, ihre Augen waren blau wie ihre, doch sie waren himmelblau. Das rosafarbene, zerschlissene Kleid ließ Sherra spöttisch den Mund verziehen und fast gleichzeitig ärgerte sie sich, dass ihr das niedere Wesen eine Gefühlsregung entlockt hatte. Nichts war an ihr, was Sherra schrecken konnte und trotzdem, unerklärlicher Weise, spürte sie einen Gegner vor sich stehen.

"Wie lautet dein Name?" fragte sie brüsk.

Die Ryuzoku antwortete ruhig. "Filia." Sie blickte Sherra fasziniert an, doch Furcht konnte die Mazoku nicht erspüren und es verwirrte sie kaum.

"Seid ihr Sherra?" fragte sie nach einer Weile.

"Ja", antwortete Sherra. "Sag, Filia, weißt du, warum du hier bist?"

"Nun, ich soll Zeras dienen", sagte sie unsicher. "Im Moment habe ich aber keinen Auftrag."

"Warum sollte ein Mazoku Lord eine Ryuzoku als Diener haben wollen?" fragte Sherra spöttisch.

"Das weiß ich nicht, dass musst du sie schon selbst fragen, Sherra", antwortete Filia gleichgültig, doch Sherras Augen verengten sich.

"Pass auf", sagte sie gefährlich. "Ich bin eine Generalin Dynast Gausherras. Ein niederer Diener und noch dazu Ryuzoku wie du spricht mich mit höflicher an, wenn er weiß, was gut für ihn ist."

Filias Augen weiteten sich für einen Moment.

"Wie Ihr wollt, Sherra", antwortete sie dann gleichmütig und Sherra musste ihre Wut beherrschen, als ihr nicht mehr als leichtes Erschrecken entgegenschlug.

"Du kennst Xellos schon länger?" fragte sie mühsam beherrscht.

"Ja, eine Weile", sagte Filia, die aufgrund des plötzlichen Themenwechsels leicht verwirrt schien. "Ich... war mit einer Gruppe auf Reisen, der auch er sich anschloss. Unaufgefordert", fügte sie finster hinzu.

Sherra nickte.

Natürlich kannte sie die Geschichte um Dark Star.

"Weißt du, warum er sich so sehr für dich interessiert?"

"Nein, ich weiß nur, dass er es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, andere, unbescholtene Leute zu terrorisieren", sagte sie plötzlich missgelaunt.

Sherra warf unwirsch ihren langen Zopf zurück und fragte sich, warum sie dieser Drachen nur so aufregte. Es juckte sie in ihren Fingern, diese unverschämte Sicherheit aus ihren Zügen verschwinden zu lassen, es reizte sie wirklich. Nur ein kleiner Schrecken...

Askura knurrte.

Sherra wurde sich ihrer vielen Zuhörer wieder gewahr und hielt an sich. Sie nickte dem Rudelführer telepathisch zu und erhob sich.

Noch einmal betrachtete sie die Ryuzoku, deren Augen zu funkeln schienen. Obwohl sie blau waren, wie der Himmel über ihr, schienen Flammen in ihnen zu tanzen.

"Auf Wiedersehen, Filia", sagte sie freundlich. "Auf das wir uns in ereignisreicheren Zeiten wieder sehen."

Jetzt endlich spürte sie einen Schwall leiser Angst, den sie genüsslich aufsog.

"Auf Wiedersehen", sagte Filia leise.

Sherra lächelte sie an, ganz ohne Freundlichkeit, suchte die Astral Plane und ging.

Filia blickte auf den leeren, sonnenbeschienen Flecken, den Sherra besetzt hatte, und spürte durch und durch, dass nur Zeras Schutz sie vor der grausamen Mazoku bewahrt hatte.
 

***
 

Das Licht war hell und strahlend weiß.

Zu einer kleinen Kugel geformt erleuchtete es Filias Gesicht und ihre Handflächen, die zitterten vor Anstrengung. Dann erlosch es unvermittelt und ließ sie wieder in Dunkelheit zurück. Erschöpft ließ sie ihre Hände sinken, faltete sie in ihrem Schoß und sah blinzelnd über die nächtliche Landschaft. Es war schon tiefste Nacht, die Sterne funkelten über den Wildwiesen und Filia war hundemüde, doch gleichzeitig hellwach vor Freude.

Magie...

Sie konnte wieder Magie beschwören, so wie Xellos es vorausgesagt hatte. Wenn Filia sich konzentrierte, konnte sie ihre Verbindung zur Astral Plane wieder schwach spüren, trotz des verwirrenden Shoukis.

Es war zwar anstrengend und tat ihr seltsam weh, aber Filia wusste seitdem der Lichtzauber zwischen ihren Händen erblüht war, dass sie wieder weiße und heilige Magie, wenn auch wahrscheinlich nur eingeschränkt, würde nutzen können. Und was das bedeutete...

'Es bedeutet, dass ich kein Mazoku bin', dachte Filia nun endlich mit Gewissheit. 'Xellos hat mich nicht zu einem Mazoku gemacht, sonst hätte ich nie unbeschadet diese Magie rufen können. Ich bin immer noch eine Ryuzoku auf irgendeine Weise.'

Ihre größte Angst war unbegründet gewesen. Erleichtert und befreit ließ sich Filia auf den Rücken ins Gras fallen und sah zu den Sternen hinauf.
 


 

*********************

Hallo. Es folgen ein paar Anmerkungen die Story betreffend....
 

Zuerst aber...... ich muss zugeben, irgendwie ist diese Geschichte arg seltsam geworden, aber ich habe immer noch die Hoffnung, dass es besser wird. Also, Danke an alle, die bis hierher gelesen haben und gebt bloß nicht auf.....
 

Etwas zu Zeras:

Meistens wird sie in den Fanfics ja Xellas oder auch Zellas buchstabiert, aber ich finde das gibt immer ein totales Durcheinander, wenn Xellos gleich in der nähe geschrieben wird und man die Wörter nur an einem a oder o unterscheiden kann.

Ich musste, dann öfters zweimal nachlesen, wer jetzt eigentlich was macht. Deswegen habe ich zur Vermeidung dessen ,Zeras' gewählt, was ja auch eine mögliche Übersetzung in unser Alphabet sein könnte.
 

Mazoku der höheren mittleren Stufe u.s.w. :

In einer hoffentlich vertrauenswürdigen Quelle habe ich gelesen, dass die Mazoku in High-Level-Mazoku (Mazoku Lords, Priester und Generäle), Middle-Class-Mazoku (wohl die meisten anderen) und Low-Level-Mazoku (Mazoku, die mit einem anderen Wesen verschmolzen sind um in die physische Welt wechseln zu können) eingeteilt sind.

Da ich diese Einteilung unheimlich praktisch finde, wollte ich sie in meine FF übernehmen um Mazoku besser beschreiben zu können, aber ich war mir nicht sicher, ob die Charaktere selbst diese Begriffe verwenden würden.

Deswegen sagen sie jetzt Mazoku der mittleren Stufe u.s.w. Und da mit Middle-Class-Mazoku eine ganze Menge gemeint sind, habe ich das Ganze noch mit höhere mittlere Stufe, niedrige mittlere Stufe und ähnliches erweitert.

Kann sein, dass ich es auch nur noch komplizierter gemacht habe, aber ich denke, auf lange Sicht ist es so praktischer....

Am Besten sagt mir jemand Bescheid, wenn ich bei dieser Sache etwas falsch verstanden habe.

[Anmerkung, ein paar Jahre später: lol, alte Anmerkungen von sich zu lesen, ist ja fast so schlimm wie alte Kapitel zu lesen. Ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr, wieso ich diese Einteilung so wichtig fand, aber da sie in den späteren Kapiteln gar nicht mehr vorkommt, könnt ihr diese Erklärung getrost wieder vergessen.]
 

Nun, die Einleitung, von ,Die Diener der Dunkelheit' ist mit diesem Kapitel endgültig zu Ende und ich wünsche euch viel Spaß mit dem Hauptteil.

Alte Freunde

Kapitel 7 Alte Freunde
 

Xellos brauchte einen ganzen Monat, dann war er sich sicher, dass er nichts mehr finden würde und beschloss nach Wolf Pack Island zurückzukehren.

Er war gespannt, wie sein 'Experiment' gediehen war und hoffte Filia noch in einem Stück vorzufinden.

So glitt Xellos, neugierig wie selten bei seiner Heimkehr, aus der Astral Plane hoch über Wolf Pack Island und blickte erwartungsvoll auf die schroffe Insel.

Greater Beast Zeras Palast lag fast in der Mitte des Eilands. Im Norden der Insel erhob sich ein dichter Kiefernwald bis direkt an die Küste. Nach Nordosten hin wurde der Wald von einer breiten Schneise durchbrochen, um dann wieder die ganze Länge hin weiterzugehen, doch diesmal lag hinter dem Wald ganz im Osten noch die weite Wiese mit der Wolfshöhle, deren Gräser steil zur Küste abbrachen.

Der Süden war eine weite Landschaft aus Wildgrashügeln, deren Grün gut einen Meter hoch schoss und die in sanften Wellen zur flachen Küste mit ihrem kurzen Strand ausliefen. Der Südwesten schließlich trug nur einen lichten Kiefernwald und der Nordwesten war wiederum ein weites grünes Meer.

Alles war in eine Greater Beasts Wesen wiederspiegelnde, eigene Wildheit getaucht.

Xellos suchte Zeras Präsenz auf der Astral Plane, teleportierte und fand sich auf der Dachterrasse wieder. Zeras sah ihn direkt an und er war sich sicher, dass sie ihn schon, als er noch oben in der Luft gewesen war, beobachtet hatte.

"Nun, traust du dich auch mal wieder in meine Nähe?" begrüßte sie ihn spöttisch. "Ein Monat, in dem ich nur ein paar knappe Nachrichten von dir erhalten habe. So sauer bin ich nun auch wieder nicht gewesen."

Xellos grinste sie fröhlich an.

"Entschuldigt, Meister, aber ich wollte sicher gehen, nichts zu übersehen. Leider konnte ich keine neuen Erkenntnisse erhalten."

Zeras zog kritisch die Brauen zusammen. "Das ist schlecht. Natürlich ist die ganze Sache von Anfang an auf vagen Vermutungen aufgebaut worden, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass diese Geschichte folgenlos bleibt."

"Na ja", sagte Xellos vorsichtig. "Bis jetzt ist ja eigentlich noch gar nichts passiert. Das einzige, was uns fehlt, sind Informationen."

"Und ein ganzer Haufen Mazoku", sagte Zeras düster.

Xellos zuckte die Schultern und wartete.

"Nun gut." Zeras wandte sich ab, lehnte sich an die niedrige Brüstung und betrachtete die Wälder tief unter ihr. Sie seufzte leise. "Dann bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als zu warten bis unser Gegner den ersten Schritt macht. Aber zumindest werden wir die Augen offen halten."

Xellos trat neben sie und setzte sich im Schneidersitz auf den Mauerrand.

"Haben denn Meister Grausherra und Meisterin Dolphin auch nichts erfahren?"

"Nein, warum sollten sie, wenn selbst du auf ganzer Linie versagst?", antwortete Zeras mürrisch und Xellos ließ überrascht das Grinsen von seinem Gesicht verschwinden. Von wegen nicht mehr sauer...

"Wie dem auch sei", meinte Zeras und wandte ihm den Kopf zu. "Wir werden ein paar Diener abstellen und an Orten stationieren, die von Interesse für diese Mazoku sein könnten. Wenn sie dann auftauchen, wissen wir sofort Bescheid. Da kommt übrigens auch dein Drache ins Spiel."

Xellos öffnete überrascht die Augen.

"Filia?" Er dachte einen Moment nach, dann erhellte sich seine Miene. "Ach so, ja, das wäre gar nicht so schlecht. Aber wie geht es ihr überhaupt? Hat sie sich genug erholt?" fragte er neugierig.

"Nun, besonders glücklich scheint sie nicht zu sein", sagte Zeras, die eindeutig zufrieden mit dieser Tatsache klang. "Aber sie scheint doch mehr Rückgrat zu haben, als ich dachte. Physisch ist sie einsatzbereit und der Rest ist mir eigentlich ziemlich egal. Hör zu, ich bespreche mit dir noch die Einzelheiten und dann leitest du alles für mich in die Wege.

Wenn unser Warnnetz dann aufgebaut ist können wir uns endlich wieder anderen Dingen widmen. Die Shinzoku müssen in Schach gehalten werden und überhaupt haben wir ewig nicht mehr nach Meister Shabranigdos Seelensplittern gesucht."

Xellos betrachtete seine Meisterin besorgt. "Uns geht es im Moment wohl wirklich nicht besonders gut?"

Zeras zuckte die Schultern. "Die Ryuzoku sind auch nicht besser dran. Und so lange die Shinzoku nicht auf den Gedanken kommen, uns den Krieg zu erklären, mache ich mir keine allzu großen Sorgen. Lass uns jetzt lieber unser derzeitiges Problem in Angriff nehmen, dann sehen wir weiter."
 

***
 

Xellos fand Filia bei Askuras Rudel, dort wo er sie zuletzt verlassen hatte.

Sie zuckte zusammen, als er direkt neben ihr im Gras auftauchte und sie grinsend musterte.

"Hallo Filia. Lange nicht gesehen."

"Xellos", keuchte Filia entsetzt. "Was fällt dir ein, mich so zu erschrecken? Wo warst du überhaupt die ganze Zeit?"

"Das ist ein Geheimnis."

Ihr Blick verfinsterte sich. "Ja, schon klar. Dann sag mir lieber, warum du so plötzlich wieder hier auftauchst, nachdem du einfach abgehauen bist."

"Aber, aber", sagte Xellos fröhlich. "Hast du mich etwa vermisst? Ich bin gerührt."

"Hör auf mich auf den Arm zu nehmen!" fauchte Filia böse. "Wenn du nichts besseres zu sagen hast, kannst du auch gleich wieder gehen. Bitte, ich komme auch allein zurecht."

Xellos erwiderte nichts und sah Filia überrascht an. Sie schien unheimlich gereizt. Das war zwar nichts besonders Ungewöhnliches in seiner Gegenwart, aber trotzdem war es seltsam, dass Filia nach außen so schroff reagierte, während er bei seiner Ankunft sogar zuerst freudige Emotionen gespürt hatte. Er war sich sicher, dass sie nicht wollte, dass er ging.

"Du bist wohl sauer, weil du hier ohne mich ganz alleine warst?" fragte er und spürte mit Genugtuung, dass er mal wieder voll ins Schwarze traf.

"Nun, zumindest leisten mir die Wölfe etwas Gesellschaft", sagte Filia leise und wandte sich ab. Xellos ließ den Blick über das große Rudel streifen, das die Ohren gespannt spitzte.

"Tja, so wie es aussieht, wirst du in nächster Zeit wieder mehr Gesellschaft haben, ziemlich nervenaufreibende wahrscheinlich", sagte er und Filia sah ihn überrascht an. "Meisterin Zeras hat einen Auftrag für dich. Du sollst dich der Gruppe um Lina Inverse anschließen und uns unterrichten, sollte sie mit verdächtigen Mazoku in Kontakt kommen, vor allem wenn diese sie angreifen sollten. Dein Auftrag und deine neue Anstellung sollten dabei, wenn möglich, geheim gehalten werden."

Filia war total verblüfft. "Ich soll mit Lina zusammen reisen? Wieso, was ist mit ihr?"

"Nichts, wir wollen sie nur überwachen."

Filia sah ihn skeptisch an und Xellos war sich sicher, dass sie ihm das nicht abkaufte, aber er schwieg und grinste sie weiter provozierend an.

"Und woran erkenne ich einen verdächtigen Mazoku?"

"Daran, dass er weder Meisterin Zeras, noch Meister Grausherra, noch Meisterin Dolphin dient", sagte Xellos prompt.

Filia starrte ihn an. "Aha. Und wie soll ich das bitte erkennen. Soll ich den Mazoku etwa fragen?"

"Nun, das wäre die einfachste Möglichkeit", meinte Xellos, während ihn Filia ungläubig ansah. "Da du selbst einem Mazoku Lord dienst, müssten sie dir normalerweise Auskunft geben. Deine Dienerschaft lässt sich im Übrigen von Mazoku erkennen", fügte er hinzu und runzelte dann nachdenklich die Stirn. "Aber eigentlich dürfte es sowieso keinen Grund geben warum sich ein Diener dieser Mazoku Lords der Gruppe nähern sollte. Am Besten du benachrichtigst uns auch bei solchen Mazoku, wenn sie keine ordentliche Erklärung für ihr Erscheinen haben."

"Na gut. Und wie soll ich euch benachrichtigen?"

"Durch einen Boten", sagte Xellos und dachte einen Befehl. Sofort erhob sich auf Askuras Antwort hin ein junger Wolf aus dem Rudel und trottete zu Filia. Er hatte braunes, dichtes Fell und kluge, grüne Augen.

"Dies ist Kesharo. Er wird dich von nun an begleiten und wenn nötig als Bote dienen."

"Oh, na gut", sagte Filia, etwas eingeschüchtert aufgrund des gefährlichen Tieres. Sie streckte vorsichtig die Hand nach ihm aus und Kesharo stieß kurz seine Stirn zur Begrüßung dagegen.

"Du brichst also sofort auf", sagte Xellos ruhig. "Aber vorher hab ich noch etwas für dich. Ein Geschenk."

Er begann umständlich in seiner Tragetasche zu kramen, während er Filias mühsam unterdrückte Neugier aufsteigen spürte. Sie sah ihm misstrauisch zu.

"Ich bin mir eigentlich sicher, dass ich das in nicht allzu ferner Zukunft bereuen werde, aber...", murmelte er heiter und wurde schließlich fündig. "Voilá!"

Filia blickte verdutzt auf eine Keule, die Xellos in den ausgestreckten Händen präsentierte und die ihrer alten zum verwechseln ähnlich sah. Freudig und misstrauisch zugleich nahm sie sie entgegen und wog sie bedächtig in den Händen.

"Ist da irgendein Zauber dran? Um mich zu überwachen oder so?" fragte sie düster.

"Nein", sagte Xellos schlicht. "Ich dachte nur, dass du ohne dein Mordwerkzeug nicht so ganz komplett bist und da du mich deswegen ja schon durch halb Wolf Pack Island gejagt hast..." Er zuckte die Schultern.

"Mmh", sagte Filia abwesend und wog die schwere Keule in der Hand.

Wam!

Von einem Moment zum Anderen verschaffte Filia Xellos einen Freiflug gegen die Mauer der Wolfshöhle.

Sie strahlte ihn an. "Danke, die funktioniert super! Also wollen wir jetzt aufbrechen?"
 

***
 

"Ähm, Xellos, wie kommen wir überhaupt von hier weg?" fragte Filia kurze Zeit später etwas verwirrt, während sie ratlos zu der fernen Küste und dem sich endlos dahin streckenden Meer blickte.

Sie hatte keine Erinnerung mehr daran, wie sie nach Wolf Pack Island gekommen war. Wie Mazoku reisten war ihr immer ein Rätsel geblieben. Zu Fuß gehen schied schon mal aus...

Xellos neben ihr grinste mal wieder. "Was denkst du denn, wie wir hier wegkommen werden?"

"Tja", Filia sah zweifelnd auf den Mazoku. "Irgendwie durch die Astral Plane vermutlich."

"Ganz genau", sagte Xellos fröhlich, legte seinen Arm um sie und zog sie fest zu sich.

"Was zur - " Filia wollte gerade mit einer gepfefferten Ohrfeige reagieren, aber sie konnte sich beim besten Willen nicht losreißen.

"Ich empfehle, die Augen zu schließen", sagte Xellos rücksichtsvoll, dann teleportierte er sie von einem Moment zum anderen auf die Astral Side.

Ryuzokupriester benutzten die Astral Plane um mit einem sekundenschnellen Schritt auf dieser einige Meter zu teleportierten, aber Xellos riss Filia weg von der Oberfläche und komplett in das Chaos hinein.

Im Herzen der Astral Plane reisten sie weiter und Filia verlor fast sofort die Orientierung. Oben und unten waren vertauscht und Farben rauschten in einem Wirbelsturm an ihr vorbei. Filias Ohren rauschten und sie hatte das Gefühl durch ein Labyrinth zu laufen von dem sich fast alles ihrer Wahrnehmung entzog.

Hätte sie Xellos nicht festgehalten, sie wäre hoffnungslos verloren gewesen.

Ihr Körper schien ihr mit einem Mal viel zu fest und tatsächlich zu sein in dieser unwirklichen Welt, was leider nichts daran änderte, dass sich ihr Inneres verknotete und wand. Alles war reines Chaos in ihrem Kopf und wurde mit jedem Moment verrückter bis plötzlich ein Vorhang zur Seite glitt, fast unmerklich ihr Gesicht streifte und sie wieder in die Wirklichkeit entließ.

Und dann stand Filia wieder auf festem Boden in einer echten Welt, an einem sanft ansteigenden Sandstrand. Möwen kreischten in der Nähe und das Meer rauschte stürmisch.

Xellos ließ Filia los und sie taumelte ein paar Schritte vorwärts bevor ihre Knie nachgaben und sie sich in den Sand sinken ließ. In ihrem Kopf drehte sich ein Karussell und der Kartenverkäufer schrie ihr die Ohren taub. 'Nie wieder', dachte Filia bevor sie sich erbrach.

Durch ihre geschlossenen Augen und ihre pochenden Ohren hindurch hörte sie Xellos fröhliche Stimme hinter sich.

"Ich denke, wenn wir in diesem Tempo weiterreisen, sind wir vor Sonnenuntergang da."
 

***
 

Unschlüssig stand Filia in der Nähe des Wirtshauses und sah den gehetzt wirkenden Bediensteten zu, die dabei waren ganze Wagenladungen an Essen durch den Kücheneingang zu befördern. Es war sonnenklar, wer hier zu Gast war.

Kesharo neben ihr schlug unruhig mit dem Schwanz auf den Boden und sie kraulte ihm abwesend den Kopf.

Xellos hatte sie beide ein kurzes Stück von der Stadt entfernt abgesetzt. Bevor er gegangen war, hatte er sich noch mal umgedreht.

"Ach Filia, kannst du eigentlich wieder Magie gebrauchen?"

"Na ja, einfache weiße und heilige Magie funktioniert wieder einigermaßen, aber die richtige heilige Magie macht mir einige Schwierigkeiten. Was die Drachenfähigkeiten angeht, ist es wohl so wie du gesagt hast."

"Gut, dann kannst du dich ja verteidigen."

"Was hättest du denn gemacht, wenn ich es nicht gekonnt hätte?"

"Dich trotzdem hier abgesetzt."

Filia hatte ihm einen bösen Blick zugeworfen und hätte ihm am liebsten noch eins mit der Keule verpasst, aber Xellos brachte sich schon grinsend außerhalb ihrer Reichweite.

"Denk dir eine Erklärung für Kesharo aus", hatte er noch gesagt und war dann ohne ein weiteres Wort abgehauen. Typisch Namagomi eben.

Filia seufzte leise, nahm dann einen tiefen Atemzug und ihren ganzen Mut zusammen und betrat das Wirtshaus.

Ihr bot sich das übliche, Wirtsleute zur Verzweiflung treibende Bild der Futter spachtelnden Lina und Gourry und zu ihrer Überraschung und Freude sah sie auch Amelia und Zelgadis.

Amelia entdeckte sie zuerst.

"Filia!"

Freudenstrahlend rannte sie auf Filia zu und umarmte sie, während der Rest überrascht aufblickte und sie dann jeder auf seine Weise begrüßte.

"Filia, wasch maschst du den hier? Hey Gourry, dasch is mein Eschen!"

"Filiawer?"

"Gourry! Scho vergeschlich kamm man nisch schein!"

"Hallo Filia, lange nicht gesehen."

"Oh, ist das aber ein großer Hund!"

"Ich hab gesagt, das is mein Eschen. FIREBALL!"

WOMM!
 

***
 

"Also, warum bist du hier?"

Das Essen war beendet, die Rauchschwaden hatten sich verzogen und Filia und die anderen hatten es sich um einen der nicht verkohlten Tische bequem gemacht. Kesharo hatte sich friedlich zu Filias Füßen zusammengerollt, erntete aber trotzdem eine Menge misstrauischer Blicke.

Lina beobachtete Filia genau. Als diese so plötzlich in dem terrorisierten Gasthof aufgetaucht war, hatte Lina zweimal hingucken müssen um sie zu erkennen.

Ihre Kleidung war sehr abgetragen, sie war blass, wie nach einer langen Krankheit, und fiel magerer, als Lina sie in Erinnerung hatte.

"Ich habe euch gesucht", antwortete Filia gerade auf Linas Frage. "Wisst ihr, es war etwas langweilig ohne euch und ich würde wirklich gerne wieder eine Weile mit euch reisen."

Was war nur mit ihr los?

"So ist es Zel und Amelia wohl auch gegangen.", fügte die Ryuzoku unsicher hinzu als Lina sie weiterhin anstarrte.

"Kann man wohl sagen", sagte Amelia begeistert und strahlte Filia an. Sie war so froh, ihre alte Reisegefährtin wiederzusehen, dass sie deren ungewöhnliches Auftreten einfach übersah. "Im Palast gab es nichts Interessantes zu tun und ich musste einfach wieder Lina begleiten um neuen Schurken das Handwerk zu legen. Und Zelgadis müssen wir schließlich auch noch helfen."

"Ja, ja, herzlichen Dank auch", murrte Zelgadis und fuhr an Filia gewandt fort. "Glaub bloß nicht, dass ich auch freiwillig hier bin. Wir sind uns nur zufällig wieder über den Weg gelaufen und seitdem wurde ich mitgeschleift."

"Du kannst gern wieder verschwinden, wenn wir dich so nerven", sagte Lina erbost und sah nun wiederum Zelgadis finster an, den das nicht im Geringsten störte.

"Aber Lina, wir können Zelgadis doch nicht im Stich lassen", sagte Amelia entrüstet.

"Wenn ihm das lieber ist."

"Jetzt fängt diese Diskussion schon wieder an", stöhnte Zelgadis.

Filia lächelte leicht.

"Was ist eigentlich mit Valgaav?" fragte Lina plötzlich, die sich nicht ablenken lassen wollte, und würgte damit eine neuaufkommende Gerechtigkeitstirade von Seiten Amelias ab. "Kümmerst du dich etwa nicht mehr um ihn?"

"Ich... ach wisst ihr, er ist ja sowieso noch ein Ei und bei Jiras und Grabos ist er genauso gut aufgehoben, wie bei mir", sagte Filia und wurde leicht rot, während sie schuldbewusst daran dachte, dass sie im letzten Monat so gut wie gar keinen Gedanken mehr an die Drei verschwendet hatte.

Lina sah sie misstrauisch an. "Aha. Und du willst jetzt also doch lieber weiter durch die Gegend ziehen, als einen geordneten Töpferladen hochzuziehen, wie du es geplant hattest? Und hast es sogar geschafft uns hier ausfindig zu machen?"

"Ja, euch zu finden war noch nie besonders schwer. Man muss einfach nur der Spur verwüsteter Gaststätten folgen", erwiderte Filia ungerührt.

"Wo hast du dieses bemerkenswerte Haustier her?" fragte Zelgadis plötzlich, der Linas Misstrauen bemerkt hatte und Filia nun ebenfalls genauer in Augenschein nahm. "Das ist kein Hund, das ist ein Wolf."

Amelia zuckte erschrocken zurück.

"Ich hab ihn halb verhungert auf der Straße gefunden. Nachdem ich ihn geheilt hatte, ist er mir einfach gefolgt, keine Ahnung warum. Aber er ist sehr lieb und zahm." Filia war klar, dass ihr diese Geschichte höchstens Gourry und Amelia, welche schon kleine Sternchen in den Augen hatte, abkauften, aber sie war so oder so schon unglaubwürdig und solange sie nur mit der Gruppe weiterreisen konnte, war ihr das auch ziemlich egal geworden.

Leider schien sie sich mit jedem Satz nur noch tiefer in die Sache reinzureiten. Lina und Zelgadis sahen so aus, als wollten sie sie mit ihren Blicken regelrecht durchbohren. Nervös knetete Filia ihre Hände.

'Bitte, lass es mich nicht vermasseln! Ich kann doch Zeras nicht erzählen, dass ich ihrem Auftrag nicht Folge leisten kann...'

"Lieb und zahm?" fragte Lina skeptisch "Filia, jetzt mal ehrlich..."

"Geht es dir nicht gut, Filia?" meldete sich mit einem Mal Gourry zu Wort, sodass sich alle Köpfe zu ihm umwanden. Er hatte noch gar nichts gesagt, sondern nur nachdenklich auf Filia geblickt, die auch für ihn völlig anders aussah.

Freundlich blickte er sie an "Du siehst viel blasser aus als früher. Ist irgendwas passiert?"

Filia starrte ihn an. Die Frage traf sie völlig unvorbereitet und sie spürte plötzlich entsetzt, wie ihr ein dicker Kloß im Hals aufstieg. Hastig versuchte sie sich am weinen zu hindern und sah angespannt auf die Tischplatte, als wäre sie das interessanteste auf der Welt.

Die anderen waren still geworden.

"Also gut!" sagte Lina plötzlich laut und stieß enthusiastisch eine Faust in die Luft. "Willkommen zurück im Team Filia, morgen legen wir gleich wieder richtig los! Aber jetzt bin ich müde, also, gute Nacht allerseits!" Bestimmt schritt sie den Weg zu den Zimmern entlang.

Die Gruppe blickte ihr verdutzt nach, dann zuckte Zelgadis mit den Achseln, trank seinen Kaffee aus und verabschiedete sich ebenfalls. Amelia sah auf Filia, die immer noch mit sich kämpfen musste, um nicht die Fassung zu verlieren.

"Filia..." begann sie sanft.

"Nun, ich... ich werde dann auch mal gehen. Es war eine anstrengende Reise, wisst ihr...", zittrig erhob Filia sich und floh erleichtert und verzweifelt zugleich von dem Tisch.
 

***
 

Zelgadis fing Lina auf dem Flur ab und schob sie in sein Zimmer. Umsichtig versicherte er sich, dass sie nicht abgehört wurden, dann drehte er sich um, lehnte sich mit verschränkten Armen an die Tür und sah sie ernst an.

"Diese ganze Sache ist so faul, dass sie bis nach Sairaag stinkt", sagte er bestimmt.

"Das musst du mir nicht erzählen", erwiderte Lina finster. "Mir war schon von dem Moment an, da Filia vor uns aufgetaucht ist, klar, dass da was nicht stimmt. Zel, sie sieht ja völlig fertig aus!"

Lina rieb sich genervt den Kopf. Sie war aufgewühlt.

"Tut mir leid", sagte Zelgadis vorsichtig. Im Grunde war er fast genauso verwirrt wie Lina, aber es würde ganz bestimmt nichts bringen, wenn er sich das auch noch anmerken ließe. "Aber das ist einfach so seltsam. Filia verheimlicht uns etwas, sie hat einen Grund, warum sie uns gesucht hat und sie will ihn uns nicht sagen."

"Gesucht und gefunden. Wie hat sie das überhaupt geschafft? Wir sind doch nicht in einer großen Stadt, in der das irgendwie wahrscheinlich wäre, sondern in diesem nichtssagenden Kaff."

"Das wundert mich jetzt nicht, schließlich ist sie eine Ryuzoku", sagte Zelgadis und durchquerte nachdenklich das Zimmer. "Und verschreckte Gastwirte nach uns zu befragen, könnte wirklich kein so schlechter Weg sein, um dich zu finden..."

"Zel..."

"Lina, da seid ihr ja!"

Die Tür schwang auf und Amelia schritt mit Gourry im Schlepptau in den Raum. Sie wandte sich besorgt an Zelgadis. "Redet ihr über Filia?"

"Exakt", sagte dieser und lief gehetzt an ihr vorbei. "Macht gefälligst die Tür zu, sonst hören sie oder ihre liebliche Begleitung uns noch."

"Glaubst du wirklich, dass es ein Wolf ist?" fragte Amelia besorgt.

"Allerdings", sagte Zelgadis düster. "Das ist nie und nimmer ein normales Tier. Habt ihr seine Augen gesehen? Die haben geleuchtet wie Kerzen und sie waren viel zu klug. Ich wette, der versteht jedes Wort, dass wir reden."

"Um das zu groß geratene Wollknäuel mach ich mir keine sorgen, aber was Filia vorhat möchte ich wissen", mischte sich Lina energisch ein "Warum ist sie hier? Will sie uns vielleicht für irgendwas benutzen?"

"Ach Quatsch, Filia ist doch nicht Xellos", sagte Amelia entrüstet.

"Außerdem hätte sie dann doch irgendwas in der Richtung sagen müssen", warf Zelgadis nachdenklich ein. "Nein, aber warum will sie uns dann nicht sagen, warum sie hier ist. Ob irgendwas passiert ist, in das sie uns nicht mit reinziehen will?"

"Ja, genau, vielleicht will sie uns nur schützen", sagte Amelia erleichtert.

"Ja klar, sie will uns nicht in Gefahr bringen, sucht uns aber ohne jeden Grund auf. Unheimlich logisch." Sagte Lina sarkastisch.

"Vielleicht..." sagte Zelgadis nachdenklich "vielleicht liegt es gar nicht an ihr. Vielleicht hat ihr jemand gesagt, dass sie uns von etwas bestimmten nicht erzählen soll."

"Das wäre möglich, aber es erklärt trotzdem nicht warum sie hier ist."

Zel seufzte. "Tja, ich habe keine Ahnung. Ich meine, alles was wir wissen ist, dass Filia in unsere Nähe wollte ohne uns den Grund zu nennen, dass sie aussieht, als hätte ihr jemand übel mitgespielt und dass sie obendrein noch von so einem komischen Wolf begleitet wird. Also, was sollen wir tun?"

"Wieso tun?" fragte Gourry verwirrt. "Wollten wir nicht weiter nach einem Heilmittel für Zel suchen?"

"Er meint was wir wegen Filia tun sollen, Idiot", fauchte Lina gereizt. "Aber ich fürchte die Antwort ist einfach. Erst einmal gar nichts."

Die anderen sahen sie verblüfft an. Sie waren es eher gewohnt, dass Lina sofortige Pläne, um etwas in die Luft zu jagen, bekannt gab. Doch sie verschränkte nur die Arme vor der Brust, als ob ihr kalt wäre und sah besorgt in die Runde.

"Ich weiß nicht weswegen, Filia hier ist, aber was ich weiß ist, dass es ihr schlecht geht. Sie sieht schrecklich fertig aus. Wir können sie jetzt nicht im Stich lassen, egal was für eine Gefahr wir damit heraufbeschwören. Also werden wir einfach mit ihr weiterreisen und uns um sie kümmern und währenddessen versuchen von ihr zu erfahren, weswegen sie wirklich hier ist."

"Lina, das ist wirklich eine gute Idee", sagte Amelia fröhlich.

"Du hast wohl recht, sie braucht wirklich unsere Hilfe", sagte Zelgadis resigniert.

"Also bleibt doch alles beim alten und Filia reist jetzt mit uns weiter", stellte Gourry fest und war froh darüber, dass er das Wichtigste wohl mitbekommen hatte.

"Ja so sieht es aus", sagte Lina müde und wandte sich zum gehen. "Gut, jetzt wo das geklärt ist lasst uns schlafen gehen. Ich habe das Gefühl, dass wir die Ruhe noch gut gebrauchen können."

Verlorenes Schaf

Und ein neues Kapitel ist im Anmarsch.
 

Aber zuerst möchte ich mich für die lieben Kommis bedanken, die ihr geschrieben habt. Die haben mich riesig gefreut und dazu gebracht doch noch weiter zu schreiben.

Gut zu erfahren, dass jemand diese Geschichte liest...
 

Leider kann in den nächsten Wochen erst mal nicht weiterschreiben, weil ich fürs Abi lernen muss, aber danach geht es hoffentlich weiter.
 

Und nun, Vorhang auf für Kapitel 8:
 

Kapitel 8 Verlorenes Schaf
 

"Ich kann und werde nicht aufgeben. Niemals." Sagte Zelgadis bestimmt.

"Aber wenn die Suche nun dein ganzes Leben dauern würde?" sagte Filia stirnrunzelnd. "Dann hast du vielleicht irgendwann deine Heilung gefunden, aber dein ganzes Leben mit der Suche danach verschwendet."

"Das wäre keine Verschwendung. Ein Leben mit dieser Steinhaut wäre es." Erwiderte Zelgadis und sah finster auf seine Hand hinunter, die unter den weißen Handschuhen grau und grünlichen Stein barg.

Filia schüttelte resigniert den Kopf. Die Diskussion zog sich schon Ewigkeiten hin, aber das einzige, was sie daraus bekam, waren Kopfschmerzen.

Zelgadis schnitt Filia laut das Wort ab, bevor sie weiter auf ihn einreden konnte. "Du verstehst das nicht. So eine Form zu haben ist die Hölle!"

Filia schwieg daraufhin und starrte missmutig auf ihre eigene weiße Hand, die leicht grün schimmerte vom Filter der Blattkronen über ihr. ,Du hast ja keine Ahnung, wie gut ich dich verstehe', dachte sie. ,Wenigstens bist du vor einem Mazokuanteil verschont geblieben.'

Nachdenklich lief sie weiter und streifte Kesharo, der beständig neben ihr her trottete. Der Rest der Gruppe schwieg, ob nun aus Müdigkeit oder der jahrelangen Erfahrung, dass es sinnlos war mit Zelgadis über seine fanatische Suche nach einer Heilung für seinen Chimären-Fluch zu diskutieren, wusste sie nicht.

Sie waren schon den ganzen Tag unterwegs, die ganze Woche genauer gesagt, in welcher sie sich nach Filias dafürhalten immer weiter von jeglicher Zivilisation entfernten und alle Zeit mit wandern oder essen zubrachten. Sie fand es herrlich friedlich. Trotzdem war es ihr ein Rätsel warum sie die Ausläufer des riesigen Waldes betreten hatten, von dem sie vorher von einem Hang aus gesehen hatten, dass er sich bis zum Horizont hinstreckte und selbst die höchsten Berggipfel mit einem tiefgrünen Teppich überzog.

Er war dicht und urwaldlich und die Hitze der Nachmittagssonne wurde von seinem dichten Blätterdach verschluckt, sodass nur dumpfes, blattgrünes Licht zu ihnen gelangte und den dunklen Boden vor ihnen hell sprenkelte. Die Luft war hier modrig und frisch zugleich und alle Geräusche wie wattegedämpft.

"Dein Leben sollte noch einen anderen Sinn haben als der Hoffnung auf Heilung nachzujagen", begann Filia wieder. "Ich meine, du musst doch vor Rezos Eingreifen auch irgendwelche anderen Wünsche gehabt haben."

"Oh ja, ich wollte stärker werden", sagte Zelgadis missgelaunt. "Ein großer Schwertkämpfer wollte ich werden, diese verdammte Besessenheit hat mich ja erst in das Desaster reingeritten. Nun immerhin", ein freudloses Lachen entwich ihm. "Stärker bin ich tatsächlich geworden, da kann ich mich nicht beklagen."

Filia sag ihn traurig an, das war es nicht worauf sie hinauswollte. Sie war sich bewusst, dass Lina, Gourry und Amelia zwar nicht in ihre Richtung sahen, aber wohl doch die ganze Zeit über gespannt zuhörten. Okay, Gourry war vielleicht tatsächlich nur mit der Bertachtung der wilden Natur um sie her beschäftigt aber Amelia blickte viel zu angespannt auf den schmalen Trampelpfad vor ihr.

"Zel", sagte Filia vorsichtig. "ich will nur, dass du dich nicht zu sehr in dieses Vorhaben verrennst. Weißt du, als Ryuzoku kenne ich mich sehr gut mit Heilmagie aus, aber ein Zauber um Chimären wieder zurückzuverwandeln wurde während meiner ganzen Ausbildung nicht erwähnt. Wenn es nun keinen gibt..."

"Bei allem Respekt, Filia", sagte Zelgadis ruhig "Wir wissen, dass die Feuerdrachen nicht die gelehrtesten Golden Dragons in der Heilmagie waren."

Filia sah ihn verblüfft an, während Lina, die ein paar Äste zur Seite gebogen hatte um ein besonders dichtes Gestrüpp zu durchqueren, die Zweige hektisch losließ, sodass sie Gourry mitten im Gesicht erwischten, und sich umdrehte. Wütend funkelte sie Zel an.

"Aua, Lina, das musste doch nicht sein", sagte Gourry und rieb sich das Gesicht, aber Lina achtete nicht darauf.

"Zel, Filia lasst es jetzt gut sein, das führt doch sowieso zu nichts", sagte sie genervt.

"Was meinst du damit?" fragte Filia an Zelgadis gewandt und ignorierte Lina einfach.

Zel zuckte nur die Achseln. "Das auch du nicht alles über Heilmagie weißt. Ich werde schon einen Weg finden."

"Die wirklichen Spezialisten auf dem Gebiet der Heilung sind tatsächlich die Diener Rangorts, des Erddrachenkönigs", sagte Filia stirnrunzelnd. "Aber mit denen hatte ich kaum zu tun... Halt." Sie blieb plötzlich stehen, als ihr ein schlimmer Verdacht kam. Schlimm für sie in ihrer jetzigen Form.

"Das hier ist ein Urwald, ein sehr erdverbundener Ort. Hier gibt es doch nicht etwa einen Erdtempel der Ryuzoku?"

Ihr Blick wanderte zu Lina, die ihn jetzt ungerührt erwiderte. "Doch, genauso ist es. Wir haben vor ungefähr einem Monat davon erfahren und uns auf den Weg hierher gemacht. Nach unseren Informationen soll es ein kleiner Nebentempel von ihnen oder so was in der Art sein."

"Warum habt ihr mir nicht vorher davon erzählt?" fragte Filia verzweifelt.

Lina zuckte die Schultern. "Ich dachte nicht, dass du es so wichtig finden könntest. Es ist doch wahrscheinlich eher erfreulich für dich andere Ryuzoku wiederzusehen, Freunde sozusagen."

Filia spürte wieder, wie das Misstrauen der anderen wie eine Welle über ihr zusammenschlug, wie schon am Tag ihrer Ankunft, und sie riss sich zusammen und setzte eine undurchdringliche Miene auf.

"Ja, du hast recht, es wird schön sein wieder andere Drachen zu sehen", sage sie freundlich. "Ich war nur überrascht eben."

Sie ging wieder weiter. Lina seufzte leise, erwiderte jedoch nichts, sondern fing an mit Gourry zu diskutieren und lang und breit zu erklären, dass sie überhaupt nichts dafür konnte, wenn ihm dauernd Zweige ins Gesicht schlugen.

Filias Gedanken rasten. Zu den Ryuzoku zu gehen war gefährlich. Womöglich bemerkten sie diese veränderte Aura, die Xellos erwähnt hatte, und außerdem wohnte Shouki in ihrem Körper, welches die Sicherheitssensoren in Ryuzokutempeln erkennen konnten. Ein Stoß an ihrem Bein entlang ließ sie aufschrecken. Kesharo trottete dicht neben ihr wie ein Schatten und schlug unruhig mit dem Schwanz. Wenn sie auch mit allem anderen durchkam, Kesharo würde man als das erkennen, was er war, das Geschöpf eines Mazokus.

Die grünen Augen leuchteten klug in der Dunkelheit. 'Sollen wir Xellos warnen?', dachte sie intensiv und starrte den Wolf an. 'Wir brauchen Instruktionen, nicht wahr? Und du musst verschwinden bevor die Ryuzoku dich entdecken.' Der braune Wolf winselte leicht und... zwinkerte? Filia sah ihn etwas verblüfft an. 'In Ordnung', dachte sie ruhig 'Geh. Ich denk mir schon eine Ausrede für dich aus.

Das braune Raubtier wandte sich ab und wollte anscheinend tatsächlich im Dickicht verschwinden, als plötzlich ein Ruf ertönte und strahlend helles Licht um die Gruppe aufflammte. Kesharo heulte auf und sprang zurück, Lina fluchte laut und Filia schloss geblendet die Augen.

Als sie wieder die Hände von den Augen nahm, musste sie zu ihrem Entsetzen feststellen, dass ihre Gruppe von einem weißgrellen Bannkreis aus am Boden verlaufenden Lichtbahnen umgeben wurden. Kesharo war zurückgesprungen und hatte sich wieder dicht an ihre Beine gedrückt, zitternd und mit geschlossenen Augen.

"Was zur Hölle war das?" hörte sie Lina neben sich fragen. Ihre Freunde waren unverletzt geblieben, aber Amelia war anscheinend kopfüber zu Boden gekracht und bekam gerade wieder von Zelgadis aufgeholfen.

"Ich würde sagen wir stehen mitten in einem Bannkreis", sagte dieser gerade.

"Genau, das hier ist ein Ryuzokusiegel", sagte Filia und versuchte die Angst aus ihrer Stimme zu verbannen. "Es ist nicht weiter gefährlich, sondern wird nur benutzt um Feinde einzusperren." 'Vor allem Mazoku', fügte sie in Gedanken hinzu. 'Und für diese kann das sehr wohl gefährlich werden.'

"Du scheinst dich ja sehr gut auszukennen", ertönte eine Stimme vor ihr.

Durch den schimmernden Lichtkreis sah sie einen Ryuzoku auf sie zutreten, dessen weißen Umhang die erdbraunen Streifen der Priester des Erddrachenkönigs zierten. Er hatte braune Augen und erste graue Strähnen durchzogen sein Haar und seinen Bart.

Er betrachtete Filia näher und ein Anflug von Erstaunen strich über sein Gesicht.

"Ihr seid eine Ryuzoku", sagte er überrascht, wenn auch nicht minder ernst als zuvor. "Das hatten wir gar nicht wahrgenommen." Forschend glitt sein Blick über ihre Gestalt.

"Was soll diese unfreundliche Begrüßung?" fragte Lina und ersparte Filia somit glücklicherweise die fällige Antwort. "Warum wurden wir angegriffen, obwohl wir gar nichts getan haben?"

"Das sind nur Vorsichtsmaßnahmen, die wir gegen jedwede Eindringlinge ergreifen", erwiderte der alte Drachen streng. "Eure Gruppe hält schon seit Tagen direkt auf unseren Tempel zu, das haben mehrere Späher bestätigt, und es ist nicht im Geringsten klar, ob ihr friedliche Absichten hegt."

"Ach und deswegen müsst ihr erst dieses Feuerwerk veranstalten? Bei Menschen mit schwachen Nerven kann so was ganz schön böse ausgehen."

"Menschen mit schwachen Nerven durchwandern ganz bestimmt nicht diesen wilden Wald", sagte der Ryuzoku trocken und ein wenig irritiert.

Lina schien im Moment nicht im Geringsten gewillt ein vernünftiges Gespräch zu beginnen, weswegen sich Amelia schnell den Staub vom Umhang klopfte und vortrat.

"Bitte, Herr Drache", sagte sie ruhig und vertrauensvoll. "Mein Name ist Amelia wil Tesla Saillune und ich komme aus dem Königreich, dass die weiße Magie vertritt. Ich versichere euch, dass wir keine bösen Absichten haben. Wir sind hier um euch zu bitten, dass ihr unserem Freund Zelgadis helft seinen Chimären-Fluch loszuwerden."

Sie zeigte auf Zelgadis neben ihr der nun ebenfalls vortrat. "Ich bitte euch mir zu helfen", sagte er sehr förmlich.

Der Priester sah ihn und alle anderen prüfend an, während weitere Ryuzoku aus den Bäumen auf sie zutraten. Sein Blick verweilte sehr lange auf Filia, die ihn ruhig erwiderte und alle Furcht aus ihren Gedanken verbannte. Das hier war nicht Zeras, nur ein Priester, der sie niemals so bestrafen würde wie Zeras es konnte und so sah sie fest in seine alten Augen bis er seufzte und sich abwandte.

"Wir werden euch das letzte Stück des Weges eskortieren", sagte er und sprach ein Wort, dass den Bannkreis zum erlöschen brachte. Dankbar folgten sie den Ryuzoku, die sich um sie gruppierten und neugierig hinüber spähten.

Nach einem weiteren einstündigen Fußmarsch schimmerte weißer verwitterter Stein durch das Blattwerk vor ihnen und dann standen sie vor einem niedrigen, langgestreckten, alten Tempel. Das Blätterdach der Bäume überragte ihn noch und schützte ihn davor, aus der Luft erkannt zu werden.

Sie betraten den sauberen Hauptflur und Filia fühlte sich unwillkürlich und sehnsuchtsvoll an den Feuerdrachentempel erinnert, als sie den hell erleuchteten Gang entlang schritten, und trotzdem, trotz aller Geborgenheit, die sie hier fühlte, nagte in ihr unbarmherzig das Bewusstsein sich in die Höhle des Löwen begeben zu haben.
 

***
 

Müde und fertig mit der Welt ließ sich Filia auf das weiche Bett fallen. Genauso wie im Feuerdrachentempel. Die Erinnerung tat schrecklich weh und das aus mehr als einem Grund, wegen der Ancient Dragons, die sie ausgerottet hatten, der vielen Feuerdrachen, die nun selbst nicht mehr waren und ihr selbst, die sie nicht mehr das war, was sie sein sollte.

Der Tempelrat hatte entschieden, dass sie bleiben konnten und dass sie Zelgadis alle Hilfe zur Verfügung stellen würden, die er brauchte. Na, die würde er auch nötig haben.

Und sie selbst war morgen in aller Frühe zu einem weiteren Gespräch eingeladen, dass man ihr nach den Strapazen heute nicht mehr zumuten wollte. Auch das war nicht ungewöhnlich, stellte doch jeder Ryuzoku von außerhalb eine willkommene Abwechslung dar. Auch in ihrem alten Tempel hatten sie immer gespannt den Neuigkeiten der fremden Priester gelauscht.

Alles in allem hätte es wohl schlimmer kommen können, auch wenn sie sehr wohl die kurzzeitige Verwirrung auf einigen Gesichtern erkannt hatte. Sie konnte nur hoffen, dass sie nicht zu viele Sicherheitssiegel gesprengt hatte.

Geräusche vom Boden ließen sie aufschrecken. Sie setzte sich auf und erkannte einen braunen Wolf, der fröhlich das neue Zimmer beschnüffelte und ihr fiel siedend heiß wieder ein, wen sie in all der Aufregung vergessen hatte. Kesharo war die ganze Zeit in ihrer Nähe gewesen, da er nicht mehr fliehen konnte, und kein Ryuzoku hatte etwas bemerkt. Aber warum?

Sie kniete sich neben ihn auf den Boden und er drehte sich schwanzwedelnd um und ließ sich genüsslich die Ohren kraulen. Irgendwie sah er jetzt viel mehr nach einem Hund aus, kaum mehr wie ein Wolf. Filia blickte in seine Augen und das Leuchten war verschwunden und die Klugheit gegangen und grüne Tieraugen sahen sie treu an.

Stirnrunzelnd sah Filia auf ihren stummen Gefährten und erinnerte sich wieder wie er sich zitternd an sie gedrückt hatte in dem Bannkreis und dann ganz plötzlich ruhig geworden war und fröhlich und unbeschwert neben ihr her gesprungen war. Sie hatte es kaum war genommen.

"Deine Kräfte und deine wahre Natur sind versiegelt", sagte sie ruhig in seine gespitzten Ohren. Das war die einzige Erklärung. Typisch von Xellos ihr nicht zu sagen, dass diese Wölfe wenn nötig ihre Mazokunatur verbergen konnte, wenn auch um den Preis ihres wachen Bewusstseins. Kesharo würde ihr nicht mehr helfen können bis sie diesen Tempel wieder verließen, da war sie sich sicher.

Na gut, damit hatte sie ein Problem weniger. Vielleicht würde ihre Ausstrahlung allein auch nicht so auffallen, schließlich war sie immer noch auch ein wenig Ryuzoku und wenn sie Glück hatte, würden sie alle den Tempel wieder unbeschadet verlassen.

Filia seufzte leise. Glück hatte sie in letzter Zeit nur sehr selten gehabt.
 

***
 

"Es ist wirklich schrecklich was mit deinem Tempel geschehen ist", sagte der Älteste zu Filia am nächsten Morgen "So viele Tote. Sie mögen ehrenvoll gestorben sein, aber ich wünschte das Opfer wäre doch nicht so groß gewesen."

"Ich danke Ihnen für Ihre Anteilnahme", sagte Filia höflich. "Es war wirklich sehr schlimm."

Sie saß zusammen mit den Ratsmitgliedern in einem gemütlichen sonnendurchfluteten Raum, durch dessen Fenster man tatsächlich ein kleines Stück blauen Himmels in den Dachkronen erkennen konnte. Es war noch früh und sie hatte sich gemütlich in einem bequemen Sessel zurückgelehnt, während eine Tasse Tee vor ihr auf einem kleinen Tisch dampfte.

Der Rat bestand in diesem kleinen Tempel aus fünf Ryuzoku. Dem Hauptmann der Wachen, der sie zuvor im Wald aufgelesen hatte und welcher Menaros hieß, den zwei obersten Priestern, dem obersten Heiler und dem Tempelältesten, der alt genug war um den gesamten Kouma Sensou miterlebt zu haben.

"Und Sie waren damals kein Mitglied des Tempels mehr?" fragte der ältere der beiden Priester nach, welcher Filia auf unangenehme Weise an den Ältesten ihres früheren Tempels erinnerte.

"Ganz genau", sagte Filia und versuchte bei der Wahl ihrer nächsten Worte nicht zu aufsässig zu wirken. "Ich hatte damals gerade von der Ausrottung der Ancient Dragons durch unser Volk erfahren und konnte es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren. Deswegen verließ ich den Tempel."

"Wegen diesem alten Vergehen?" fragte der Priester stirnrunzelnd. "Vergeben Sie mir, aber wenn wir alle wegen dieser Geschichte aus den Tempeln austreten würden, hätten die Mazoku ziemlich leichtes Spiel mit uns. Das kann nicht Ihr Wunsch sein."

"Nein, natürlich nicht", erwiderte Filia entrüstet und registrierte unterschwellig, dass sie mittlerweile Übung darin bekam nicht mehr Rot zu werden. 'Ich werde die perfekte Lügnerin', dachte sie sarkastisch und sagte laut. "Es hat auch noch viel mehr daran gelegen, wie der Älteste unseres Tempels mit diesem Vergehen umging. Ich erfuhr dadurch nicht von ihm, sondern von anderen und als ich ihn darauf ansprach, zeigte er nicht die geringste Reue, sondern empfand alles was geschehen war als vollkommen gerechtfertigt. Ich konnte nicht in einem Tempel leben, der so blind für die eigenen Fehler war."

Daraufhin herrschte erst mal Schweigen und Filia bis sich auf die Zunge. Na toll, es war allem Anschein nach einfach unmöglich in dieser Sache nicht anklagend zu wirken.

Der oberste Heiler räusperte sich. "Ich muss leider zugeben, dass auch bei uns nicht besonders viel über die Ancient Dragons geredet wird, vor allem nicht mit jungen unbescholtenen Drachen, aber ich denke wir können Ihre Beweggründe verstehen. Trotzdem muss ich meinem Kollegen Recht geben, dass ein Austritt aus dem Tempel nicht der beste Weg ist."

"Wahrscheinlich haben Sie Recht", sagte Filia unterwürfig, die keine Lust hatte den genaueren Ablauf aller Geschehnisse von damals aufzuführen, unter anderem die Tatsache, dass der Älteste sie ohne zu Zögern für seine Ideale geopfert hätte, wie er auch alle anderen geopfert hatte.

Der andere oberste Priester, welcher eine Priesterin war, lächelte Filia freundlich an. "Nun, Sie können es sich ja immer noch einmal überlegen", sagte sie gnädig. "Ich bin sicher unser Tempel würde Sie mit Freuden wieder aufnehmen, wenn Sie sich nach einer Gemeinschaft zurücksehnen. Jeder verdient eine zweite Chance."

"Ja, du wärst sicher ein Gewinn", sagte der Älteste und besänftigte Filia damit wieder, da sein Lächeln echt war und das in ihr aufkommende Gefühl dämpfte, wie ein Verbrecher begnadigt zu werden. Sie lächelte zurück und fragte sich gleichzeitig warum, der alte Hauptmann der wortlos neben ihm saß, sie so mit seinem Blick durchbohrte.

Das Gespräch ging weiter und Filia kam nicht darum herum auch den Rest der Geschichte um Dark Star zu erzählen. Zumindest die ungefähre Geschichte. Die Ryuzoku waren sehr interessiert und schienen ihr auch Glauben zu schenken, da ihre Erzählung offenbar mit den Berichten ihrer Späher übereinstimmte. Ihr wurde bewusst, dass es ihre Pflicht gewesen wäre, die restlichen Ryuzoku schon viel früher zu informieren.

Es wurde noch eine Menge unangenehmerer Worte gewechselt und Filia war froh wenigstens verschwiegen zu haben, dass der Mazoku, der sie begleitet und Dark Star vernichtet hatte, niemand geringeres als der verhasste Xellos war. Sie war bei diesen Drachen auch so schon unten durch und Xellos Name hätte dem ganzen wahrscheinlich noch die Krone aufgesetzt.

Schließlich wurde sie doch noch entlassen. Sie verabschiedete sich höflich mit den vorzüglichen Manieren einer jahrelangen Tempelpriesterin und ging, wohl wissend, dass dies nicht das letzte Gespräch war, das sie würde überstehen müssen.

"Ich bin mir sicher, das Shouki geht von ihr aus", sagte Menaros, sobald sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte und Filia außer Hörweite war.

"Ganz meine Meinung", sagte der Priester zustimmend. "Sie ist es, auf die unsere Sensoren ansprechen; ihr habt von Anfang an Recht gehabt, Menaros. Es war gut, dass ihr sie hierher gebracht habt."

"Aber es ist seltsam", sagte die Priesterin stirnrunzelnd. "Da ist zwar Shouki um sie, aber sie ist trotzdem eindeutig eine Ryuzoku, so was ist mir nie untergekommen. Was machen wir mit ihr?"

"Nun wir werden sie beobachten", sagte der Priester. "Erst mal sonst nichts. Nur wenn sie aufbrechen will, müssen wir sie irgendwie daran hindern, sie darf den Tempel nicht verlassen."

"Und was ist mit ihren Begleitern?"

"Der Hund, die Menschen und diese Chimäre? Sie haben kein Shouki an sich und sie scheinen tatsächlich nur nach einer Heilung zu suchen. Ich würde sie zwar auch erst einmal nicht gehen lassen, aber ansonsten ist es unsere Pflicht ihnen alle erdenkliche Hilfe zukommen zu lassen, auch wenn ich im Moment eher bezweifle, dass wir ihm helfen können."

"Lasst das meine Sorge sein", warf der Heiler ein.

"Es ist wirklich schrecklich", sagte der Älteste traurig. "So ein junges und liebes Kind. Ich kann nicht glauben, dass dieses Shouki um sie ihre Schuld ist."

"Von wegen lieb", sagte die Priesterin aufgebracht. "Sie ist aufsässig und hat keinen Respekt vor den Opfern, die wir alle über Jahrhunderte hinweg gebracht haben um diese Welt zu schützen. Ich hoffe bloß, wir können sie von den jungen, beeinflussbaren Ryuzoku fernhalten."

"Hätte sie wirklich zu uns gestanden, hätte sie uns von dem Shouki erzählen müssen, aber sie hat kein einziges Wort darüber verloren", sagte der Priester streng. "Nein, wir sollten auf der Hut vor ihr sein. Ich fürchte fast, dieses Schaf haben wir verloren."
 

***
 

Als Filia die Tür zu ihrem Raum öffnete, sprang ihr Kesharo freudig entgegen und leckte ihr Gesicht, das sie lachen musste. Sie hatte es für besser befunden ihn während der Befragung zurückzulassen um nicht doch noch die Aufmerksamkeit auf ihn zu lenken.

Nun machten sie sich zusammen auf den Weg zur Tempelbibliothek. Zelgadis hatte Glück gehabt, da sie wohl relativ groß sein sollte. In einem Korridor stieß sie auf den obersten Heiler, der sie freundlich begrüßte.

"Ich bin ebenfalls auf dem Weg zu Ihren Freunden und werde alles in meiner Macht stehende tun um ihnen zu helfen."

Die Bibliothek war ein lang gestreckter heller Raum aus weißgelbem Stein, dessen Stützpfeiler in die Form von Bäumen gemeißelt waren und er war voller dicht aneinander stehender Regale mit Büchern auf jedem freien Platz. Genau der richtige Geruch nach Pergament und Tinte hing in der Luft.

Sie fanden die Gruppe an einem niedrigen Tisch, der unter dem Gewicht der Bücherstapel ächzte, und alle waren vertieft in die staubigen Bände. Sie begrüßten sie fröhlich und auch ein bisschen erleichtert und Filia und der Heiler setzten sich zu ihnen und halfen so gut sie konnten. Der Heiler war wirklich viel gelehrter in der Heilmagie als alle Ryuzoku, die Filia je gekannt hatte. Trotzdem kannte er keinen Spruch für Zelgadis, aber er wusste in welchen Büchern sie suchen konnten und Filia und Amelia hörten interessiert seinen Ausführungen über weiße und heilige Magie zu. Sein Name war Elaros und er war noch ungewöhnlich jung für sein hohes Amt.

Am Nachmittag fiel Filia ein Buch über den Kouma Sensou in einem der Regale auf und sie holte es heraus und verkroch sich damit an einen Tisch in der Ecke. Es war unheimlich dick und sehr, sehr alt, gerade mal zehn Jahre nach Ende des Krieges geschrieben, was sehr ungewöhnlich war. Demnach hatte der Autor auch einen sehr genauen Bericht über die damaligen Geschehnisse abgeben können, so genau, wie es Filia nie zuvor gelesen hatte, nicht mal Ansatzweise. Unwillkürlich fasste sie Zuneigung zu dem Schreiber, der so viel unparteiischer war als sie es von den Ryuzoku kannte, der sehr gefühlvoll und lebhaft schrieb über alles was sie damals gedacht hatten und der sehr gelitten hatte.

Er war bei dem Angriff auf Xellos dabei gewesen, in den hinteren Reihen, und damals hatten die Ryuzoku Xellos noch kaum gekannt. Er existierte noch nicht sehr lange, denn er war für den Kouma Sensou geschaffen worden. Alle Priester und Generäle traten in diesen Zeiten zum ersten Mal auf und obwohl man wusste, dass sie stark waren und die Mazoku Lords auf dem Schlachtfeld vertraten, hatten sie doch noch keine rechte Vorstellung von ihrer Macht.

Xellos müheloser Angriff war ein unglaublicher Schock gewesen und der Schreiber war mit den wenigen Überlebenden der letzten Angriffswelle geflüchtet um von dem Grauen zu berichten. Alles war so lebhaft und Xellos so genau beschrieben, dass Filia ihn wiedererkannte und doch nicht kannte. Ihr wurde klar, dass sie ihn nie bei einem richtigen Kampf erlebt hatte. Außer mit Valgaav vielleicht, aber ihr war klar, dass Xellos noch wesentlich grausamer sein konnte. Und trotzdem, die Taten, die anderen Mazoku in dieser Zeit zugeschrieben wurden, waren zwar nicht so direkt gegen das Volk der Golden Dragons, sondern zum Beispiel gegen Menschen und Einzelne gerichtet, klangen aber in Filias Ohren noch wesentlich schlimmer.

"Da seid ihr ja!" Elaros war zu ihr getreten und blickte über ihre Schulter auf die alten Zeilen. "Oh, ihr habt einen unserer ganz besonderen Schätze gefunden, die Oberpriester haben ihn wohl doch nicht gut genug vergraben." Er lächelte leicht.

Filia sah ihn begeistert an. "So ein ausführliches Buch über den Kouma Sensou habe ich noch nie gesehen. Es ist toll."

"Nun, das wird den Ältesten bestimmt freuen", sagte Elaros freundlich, wenn auch etwas erschreckt über dieses Interesse an alten Bluttaten.

"Der Älteste?" fragte Filia verwirrt.

"Ja, er hat dieses Buch geschrieben. Das ist auch womöglich der einzige Grund, warum es noch offen in den Regalen stehen darf, es ist doch etwas irreführend in manchen Teilen."

Ein strenger Blick traf sie. Filia stellte das Buch zurück ins Regal, da sie wusste, dass man sie indirekt aufforderte es nicht weiterzulesen, aber sie würde es sich zu einer anderen Zeit noch einmal ansehen.

Als sie es am nächsten Tag ohne die wachsamen Augen des Heilers suchte, konnte sie es nirgendwo mehr finden.

Von Essen, Chören...

Und endlich geht es weiter. ^^ Hoffentlich gefällt euch dieses etwas sinnlose Kapitel.

Mich für meinen Teil hat es streckenweise fast in den Wahnsinn getrieben. Erst war es zu kurz, jetzt ist es viel zu lang (ich musste es sogar zweiteilen) und dazu noch total schräg. Eigentlich sollte es ja lustig sein, aber vielleicht habe ich mit dem ganzen Kram etwas übertrieben.

Da die Lernerei erstmal vorbei ist werde ich jetzt versuchen nicht noch mal monatelang für die Fortsetzung zu brauchen und wünsche euch viel Spaß beim lesen.
 

Kapitel 9 Von Essen, Chören und Dämonen Teil 1
 

Ein jeder Drachentempel ist anders.

Filia wusste das, seitdem sie ein Kind war und die Abgesandten und Delegationen anderer Tempel erlebt hatte, die zuweilen den Weg in den Feuerdrachentempel gefunden hatten. Sie alle waren Golden Dragons und so manchen Wesenzug hatten sie gemeinsam, wie ihr Pflichtbewusstsein, ihre hohen Wertevorstellungen, Gemeinschaftssinn, Hilfsbereitschaft und ein wenig Arroganz und Ignoranz, wie Xellos zweifellos hinzugefügt hätte.

Aber trotzdem waren diese Fremden immer ein wenig anders gewesen, jeder auf seine Art, denn die Tempelgemeinschaften lebten weit voneinander entfernt und alle waren autark und hatten ihre eigene Organisation, eigene Prioritäten und eine andere Geschichte. Ein Gesandter des Luftdrachenkönigs hatte Filia einmal erzählt, dass es bei ihnen einen Ausspruch gab, nachdem jedem der vier Tempelkasten der Golden Dragons Eigenschaften je nach dem Element, dem sie angehörten, zugesprochen wurden.

Damals hatte Filia an ein flackerndes, sprunghaftes Feuer und an ihren greisen Ältestenrat gedacht und diese Vorstellung sehr schnell wieder verworfen, doch nun im Erdtempel kamen ihr die Worte unwillkürlich wieder zu Bewusstsein.

Ruhe lag in dessen Fluren und Festigkeit durchtränkte seine Mauern. Der Tempel schien mit dem uralten Wald, der ihn wie eine schützende Hülle umgab, gewachsen und alt geworden zu sein, hatte mit ihm gelitten und gefeiert und seinen Atemrhythmus angenommen. Das Element der Erde war unveränderlich, beständig durch die Jahrhunderte, und hätte sie nicht die ganze Zeit wie auf Kohlen gesessen, hätte sich Filia hier wahrscheinlich geborgen gefühlt, während drei Wochen wie im Flug vergingen.

Drei ruhige Wochen waren es gewesen, in denen sie die Tempelbibliothek erfolglos von morgens bis abends durchforstet hatten, nur unterbrochen von einer etwas lauteren Diskussion zwischen Lina und Zelgadis, in der es um Leuteschinderei, nutzlose Pausen und ein paar Fireballs gegangen war.

Das einzig tragische daran war, dass Elaros ihnen aus Angst um seine Bücher beinahe Bibliotheksverbot gegeben hatte. Nach einigem guten Zureden, hatte er schließlich beschlossen nur Lina des Saales zu verweisen und nachdem sie am nächsten Tag ihre neue Freizeit auf die Tempelküche verwandt hatte, hatte er seine Entscheidung sehr schnell wieder revidiert.

„Besser hier unter Aufsicht, als losgelassen in unserem Tempel.“ Eine recht weise Devise, wie Filia fand. Leider ging sie gerade den Bach hinunter...

...und Filia duckte sich um dem Buch, das elegant über ihren Kopf in Richtung Zelgadis flog, die Bahn frei zu machen.

„Jetzt reicht es Lina“, fauchte er aufgebracht, während Gourry und Amelia Filias Vorbild folgten.

Diese duckte sich vorsichtshalber noch etwas weiter, bis sie fast unter dem papierbeladenen Tisch vor ihr verschwand und blätterte eine weitere Seite um. Wann hatte sie jemals so viel in so kurzer Zeit gelesen?

Bücher über Bücher, Seite um Seite über heilige Magie und weiße Magie, Geschichten und Sagen, Heilungen und Flüche, interessant und langweilig und viel zu viel auf einmal. Nach so viel Lesen blieben nur noch die Kopfschmerzen im Gedächtnis zurück.

Filia gähnte, während Lina neben ihr begann, einen Fireball zu beschwören.

„Nicht in der Bibliothek“, donnerte Elaros und stellte sich zwischen die Streithähne.

Amelia sah Filia mitleidsvoll an, während sie schon mal vorsichtshalber eine Wasserbeschwörung murmelte. „Weißt du“, begann sie und rümpfte die Nase über den sich ausbreitenden Rauchgeruch „vielleicht hat Lina doch recht und wir sollten wirklich nicht andauernd die Nächte in der Bibliothek durchmachen.“

„Ja wisst ihr, wenn wir alle und vor allem ein Drache wie Filia schon so müde sind...“, sagte Gourry nachdenklich.

„...und gereizt...“, fügte Amelia halblaut hinzu, während sie Papierfetzen aus ihren Haaren zupfte.

„...müsste Zelgadis eigentlich längst umgefallen sein.“

Die anderen beiden nickten zustimmend, denn schließlich hatte Zelgadis seit ihrer Ankunft vor gut einer Woche die Bibliothek tatsächlich nur um auf die Toilette zu gehen verlassen und auch das hätte er durch den Verzicht auf Trinken vermieden, hätte dies nicht akute Schwindelanfälle zur Folge gehabt.

„Mein Geheimnis lautet Kaffee“, informierte ihn Zel gerade düster, während das ihn umgebende Schutzschild langsam wieder verblasste. „Literweise Kaffee. Und du“, fuhr er wütend an Lina gewandt fort „kannst genauso gut von hier verschwinden, wenn du meinst die Bücher jetzt eher ankokeln als sie lesen zu müssen.“

Lina verließ die Bibliothek tatsächlich, wutschnaubend, und schleifte Amelia, Filia und Gourry geradewegs mit um ihnen zu erklären, dass sie sich den restlichen Tag frei nehmen und auf Leben und Tod entspannen sollten. Natürlich ging es ihr darum Zelgadis zu ärgern, der sich nun erst mal allein durch die vielen Bücher lesen musste.

Trotzdem, niemand wagte es diesen Rat auszuschlagen und Filia beschloss sich erstmal nach der ganzen monotonen Leserei außerhalb des Tempels die Füße zu vertreten. Und während sie nun allein durch die hellen Flure des Tempels wanderte, an ihrem ersten freien Tag seit drei Wochen, begann sie unwillkürlich wieder über ihre Lage nachzudenken.

Ein oder zwei Wochen waren das Minimum, welches sie noch für die umfassende Heilmagielektüre des Erdtempels aufwenden mussten und Filia fragte sich von Mal zu Mal banger, ob man sie dann gehen ließ oder ob man sie am Tag ihrer Abreise zurückhalten würde.

Die Ryuzoku hatten ihr gegenüber nie etwas angedeutet, aber sie wurde das Gefühl nicht los, dass sie etwas ahnten. Ob Xellos wusste, wo sie war? Oder ob die starken Abwehrschilde, die jeden Ryuzokutempel umgaben, ihre Präsenz vor ihm verbargen? Wenn ja suchte er sie dann oder hatte er vielleicht noch nicht mal nachgesehen, ob bei seiner Mitdienerin noch alles nach Plan lief? Vielleicht verließ er sich ja voll und ganz auf den Wolf, den er ihr mitgegeben hatte und der vor ihren Augen fröhlich seinen eigenen Schwanz jagte.

Vor allem aber fragte sich Filia, ob sie, wenn hier in dieser Schlangengrube noch etwas schief laufen sollte, sich ganz allein aus dem Schlammassel würde befreien müssen.

Ihr graute bei dem Gedanken, denn was bei allen Göttern sollte sie tun, wenn sie die Ryuzoku wirklich nicht gehen ließen? Sich mit Gewalt befreien gegen ihr eigenes Volk? Das kam überhaupt nicht in Frage. Andererseits war sie auch nicht besonders erpicht darauf, womöglich am Schluss von Zeras persönlich abgeholt zu werden.

Blieb noch zum Schluss die Frage zu klären, wie sie sich mit ihren stark eingeschränkten Angriffsfähigkeiten überhaupt gegen irgendetwas verteidigen oder durchsetzen sollte.

Aber trotz allem; es war schön wieder Zuhause zu sein.

Und während Filia eine alte Treppenflucht nach der anderen hinab stieg, der Tempelpforte entgegen, hörte sie laute Ryuzokustimmen in den Gängen, vermischt mit Gelächter, und sah die alten Schutzzeichen an den Fensterrahmen und Gebete an Ceiphied rauschten in einem steten Murmeln durch die Flure. Fast so wie früher, als ihr behütetes Leben noch einfach und unkompliziert war. Mit einem Mal guter Laune sprang Filia drei Stufen auf einmal nehmend hinab. Fast hätte sie dabei einen plötzlich vor ihr auftauchenden Ryuzoku über den Haufen gerannt, der ihr erschreckt aus dem Weg springen musste.

Erst starrte er ihr überrumpelt nach, doch dann sah er ihr fröhliches Gesicht und ging kopfschüttelnd und etwas missbilligend weiter. Typisch für die Drachen hier sich nicht weiter aufzuregen.

Alle schienen hier den Dingen ihren Lauf zu lassen und Sicherheit darin zu finden, dass ihre Aufgabe und ihre Überzeugungen fest und unumstößlich in ihnen ruhten.

Vielleicht stimmte ja doch etwas daran, dass jedes Volk der Golden Dragons seinem Element ähnlich geworden war. Sie waren so wenige geworden, so verstreut und abgeschieden und sie wussten einfach viel zu wenig voneinander.

Doch das Ziel die Welt zu beschützen und der Kampfeswille gegen die Mazoku hielten sie zusammen seit über tausend Jahren.
 

***
 

Hmmm, wie war das noch mal gewesen?

Drei friedliche Wochen sollten in der Slayers-Gruppe vergangen sein. Drei ganze Wochen. Tja, eine weitere zu erwarten, wäre wohl mehr als unverschämt gewesen...
 

***
 

Linas Gereiztheit verebbte, während sie durch die Gänge lief, und machten Vorfreude Platz. Schließlich hatte sie eine sehr genaue Vorstellung davon, wie sie ihre Freizeit verbringen würde.

Sie schlug den Weg ein, den sie auch damals gegangen war, als Elaros sie aus der Bibliothek geworfen hatte, immer ihrer Nase nach, genau auf die große Zentralküche des Tempels zu.

Plötzlich tauchte ein Schild vor ihr auf. Vorsicht für Menschen kein Durchgang

Lina zog die Brauen hoch. Was für ein Unsinn...

Einen Gang weiter zweigte eine Treppe Richtung Küche ab und ein Schild war hier mitten über den Schacht gespannt.

Kein Zugang, Treppe baufällig

'Wofür gibt es ‚Levitation’?', dachte Lina und stieg über die Absperrung.

Ihr Weg war nun zunehmend mit Warnschildern gespickt.

Vorsicht, kein Durchgang, Vorsicht, Einsturzgefahr, Weitergehen verboten, Weitergehen wirklich verboten, Das ist kein Scherz, Kein Durchgang...

Schließlich erreichte Lina die Küchentür. Sie war verschlossen, obwohl es laut von innen rumorte, und ein großes Plakat war über seine ganze Länge gespannt. Große, rote Lettern zierten das Leinentuch.

Hau endlich ab!
 

***
 

Gourry lief in völliger Planlosigkeit durch den Tempel, als er das Klirren von Schwertern vernahm.

Er folgte dem Geräusch bis zu einem Seitenausgang im Erdgeschoss, der auf einen platt getrampelten, erdenen Übungsplatz hinausführte. Dieser war von dicht an dicht stehenden Bäumen umgeben, deren weit ausladendes Blattwerk sich über ihm bog, den Himmel verdeckte und alles in dunkelgrüne Schatten tauchte. Nur die Schwerter, der hier übenden Ryuzoku, blitzten dann und wann in einem verirrten Sonnenstrahl auf.

Sie waren in die weißbraune Uniform der Wachen des Erdtempels gekleidet und allem Anschein nach die gleichen Krieger, die Menaros unterstanden und sie zum Tempel eskortiert hatten.

Gourry sah ihnen eine zeitlang vom Eingang aus beim Üben zu, dann schritt er an der Wache, die faul an der Außenwand der Tempelpforte lehnte, vorbei in die Menge.

Die Wache schreckte überrascht aus ihrem Halbschlaf auf und die Ryuzoku wandten ihre Köpfe, sobald ihre Ohren Gourrys Schritte vernahmen. Wachsam und überrascht betrachteten sie den Menschen, der so unbedarft in ihre Mitte trat.

„Hallo“, begann Gourry. „Habt ihr was dagegen, wenn ich mit euch übe?“

Das Misstrauen der Krieger verwandelte sich in Überraschung und sie warfen sich gegenseitig fragende Blicke zu. Im Grunde sprach nichts dagegen, wenn der Mensch gut bewacht in ihrer Mitte weilte. Unschlüssig sahen sie sich an.

Schließlich löste sich ein junger Ryuzoku aus der Menge, trat auf Gourry zu und machte eine einladende Geste.

„Mein Name ist Enrisia.“ Er lächelte leicht. „Sei mein Gegner.“
 

***
 

„Was soll das heißen, ich kann nicht raus?“ fragte Filia ungehalten.

„So habe ich das nicht gesagt“, wandte der Wachposten vor ihr ein und stellte sich vorsichtshalber noch etwas weiter in das hohe Hauptportal des Erdtempels.

Hinter ihm konnte Filia das schattige Dickicht des Waldes erkennen.

„Oh, wenn das so ist“, sagte sie und ging einen Schritt auf ihn zu „dann kann ich ja jetzt weitergehen.“

Sie wollte sich vorbeischieben, aber der junge Ryuzoku blieb tapfer stehen und breitete verzweifelt die Arme aus um ihr den Weg zu versperren.

„Bitte“, sagte er gequält „wir sind nur der Meinung, dass es zu gefährlich für Sie ist allein diesen Teil des Waldes zu durchstreifen. Sie kennen sich nicht aus und könnten sich... verirren“, schloss er lahm und sah so aus, als fände er dieses Argument genauso dumm wie Filia selbst.

„Wer ist wir?“ fragte Filia. „Wer ist der Meinung, ich könnte mich draußen 'verirren'?“ 'Wer ist der Meinung er müsse mich hier einsperren?'

„Nun, Hauptmann Menaros hat...“ begann der Ryuzoku und biss sich gleich darauf auf die Zunge. Er schien unter Filias wütendem Blick immer weiter zu schrumpfen.

„Nun“, sagte Filia zuckersüß und verstärkte ihren Einschüchterungsblick noch um eine Stufe „wie ständen die Dinge denn dann, wenn ich einfach einen Spaziergang um den Tempel machen wollte? Da könnte ich mich bestimmt nicht verlaufen.“

„Entschuldigen Sie.“ Filia wandte den Kopf und sah zwei weitere, ältere Wachen auf sie zukommen und dem Ryuzoku neben ihr schien ein Stein vom Herzen zu fallen.

„Aber es ist wirklich nicht möglich, dass Sie alleine Ausgang bekommen. Zu gefährlich. Aber wenn Sie möchten, werden Sie zwei Wachen bei Ihrem Spaziergang begleiten“, fügte der Wächter ruhig hinzu.

Er sah sie grimmig an und Filia sah feindselig zurück auf die drei Golden Dragons, die wie eine Mauer vor ihr standen.

Ohne ein weiteres Wort wandte sie sich ab und ging. Sie stampfte wieder die Treppen hinauf und die Flure entlang, zurück in die Tiefen des Tempels. Dabei rauchte sie vor Wut und wusste plötzlich wieder ganz genau, warum sie nicht mehr in einem Drachentempel leben wollte.

Voll düsterer Gedanken bog sie in einen ungewöhnlich hellen, sonnenbenetzten Flur ein. Der Ärger wollte sie einfach nicht mehr verlassen.

Wie konnte Menaros es nur wagen? Die ganze Zeit über waren sie fast so etwas wie Gefangene gewesen.

Ein goldenes Aufblitzen lenkte sie ab. Es spiegelte sich für einem Moment in einem verglasten Fenster, durch das fast fortwährend Sonnenlicht drang und Filia blieb davor stehen. Sie öffnete es neugierig und sah hinaus und entdeckte eine Lücke in den Baumkronen über ihr. Der Himmel war blau dahinter.
 

***
 

Das Schwert flog in hohem Bogen durch die Luft und landete sirrend im weichen Gras.

Sofort zog Gourry sein Schwert zurück und steckte es wieder in die Scheide. Er lächelte freundlich zu Enrisia hinab, der ihn schweratmend und perplex vom Boden aus ansah. Dann lächelte auch er.

„Das war ein guter Kampf“, sagte er und ließ sich bereitwillig von Gourry aufhelfen, während die Ryuzoku um sie klatschten.

Die Kämpfer gaben sich die Hand, dann ertönte ein begeisterter Ruf, dem sie die Köpfe zuwandten.

„Gourry, das war wunderbar“, sagte Amelia fröhlich und rannte auf den Kampfplatz zu. Sie wirkte noch aufgekratzter als sonst und schlug Gourry enthusiastisch auf die Schulter.

„Alles mit der Kraft der Gerechtigkeit!“

„Ihr seid wirklich ein begabter Schwertkämpfer.“ Stimmte Enrisia zu.

Die umstehenden Ryuzoku nickten zustimmend.

„Könntet ihr uns vielleicht ein paar Tipps geben?“ fragte ein anderer Ryuzoku unter noch mehr zustimmenden Rufen.

„Ja, erklärt uns euer Geheimnis.“

„Ähm“, sagte Gourry verwirrt und rieb sich die Stirn. „Geheimnis?“

„Aber das ist doch ganz offensichtlich“, sagte Amelia und alle Blicke wandten sich ihr zu. „Gourry kämpft mit der Kraft der Gerechtigkeit.“

„Wie jetzt?“ kam es verwirrt zurück.

„Passt auf“, sagte Amelia verschwörerisch. „Ich erklär es euch.“
 

***
 

Für einen Moment herrschte Totenstille, nachdem Lina an die Tür geklopft hatte.

Dann öffnete sie sich einen spaltbreit und eine Ryuzoku zwängte sich mit angstvoll geweiteten Augen hinaus und schlug die Tür wieder schnell vor Linas Nase zu.

„Ah, Frau Inverse“, begann sie vorsichtig. „Es ist eine Weile her.“

„Tag auch“, sagte Lina und wollte sich an ihr vorbeizwängen, aber die Ryuzoku hielt sie zurück.

„Wir haben noch keine Essenszeit“, sagte sie atemlos.

„Ja, ich weiß“, sagte Lina gut gelaunt. „Ich will mir auch nur einen kleinen Zwischenimbiss genehmigen.“

„Verzeiht“, sagte ihr Gegenüber panisch. „Aber der Tempelrat fand Ihren letzten Zwischenimbiss etwas zu ausgedehnt.“

Lina dachte nach. Ihr letzter Zwischenimbiss? Erinnerungen an leckeres Essen, ein paar Schreie und von Panik geplagte Küchenhilfen klopften vage an ihr Bewusstsein. Da war etwas mit einem Fireball, einem winzig kleinen... Lina zuckte verständnislos mit den Schultern.

Die Geräusche hinter der Tür waren inzwischen verstummt und sie schob sich endgültig an der Ryuzoku vorbei in einen weiten, niedrigen Raum, der verführerisch duftete.

Er war vollkommen leer, sowohl was Ryuzoku anbelangte, als auch...

„Wo ist das Essen?“ fragte Lina verblüfft.

„Nun“, sagte der Drache neben ihr kleinlaut. „Wir haben es evakuiert...“
 

***
 

„Und los geht’s“, sagte Amelia und stieß eine Faust in die Luft „Gerechtigkeit!“

Die Ryuzoku starrten sie an.

„Ihr müsst es mir nachmachen“, sagte Amelia. „Das Geschick eines Kämpfers wächst nämlich mit seinem Herzen. Seine Kraft entsteht durch das Gute, für das er eintritt. Wenn ihr mit voller Seele für Gerechtigkeit kämpft, wird nichts euch aufhalten können.“

Die Sterne in ihren Augen nahmen Tellergröße an.

„Ihr werdet unbesiegbar sein!“

Die Ryuzoku unter ihr tauschten besorgte Blicke. Armes Menschenwesen...

„Also“, sagte Amelia. „Und jetzt alle zusammen. Gerechtigkeit!“

„Ähm“, sagte ein Ryuzoku vorsichtig und hob fragend die Hand. „Müssen wir auch auf einen Baum klettern...?“
 

***
 

Der goldglänzende Drache stieg hoch in die Luft und seine Schwingen erstrahlten im Sonnenlicht. Mühelos, als wäre er nur eine Feder, glitt er über den Horizont, dann legte er plötzlich die Flügel nah an den Körper und ließ sich fallen. Wie ein Stein stürzte er in die Tiefe und dann, kurz vor dem Aufprall, entfaltete er die Schwingen erneut und befreite sich aus dem Sturzflug um wieder an Höhe zu gewinnen, während seine Klauen die Baumwipfel streiften.

Filia konnte ihm ansehen wie viel Freude er bei seinem Spiel hatte und ihr Herz hüpfte mit von der Erinnerung an den starken Wind, der ihre Schuppen streifte und der Sonne, die so warm war dort oben. Sie lehnte sich noch etwas weiter aus dem Fenster des Tempelflurs, um besser durch das Loch im Blätterbaldachin vor ihr zu spähen.

"Gefällt euch der Flug?"

Filia fuhr erschrocken herum und sah auf den Drachen vor ihr. Der Flug hatte sie so fasziniert, dass sie gar nicht bemerkt hatte, wie er neben sie getreten war.

Einen Moment starrten sie sich an, dann verzog sich sein Gesicht zu einem Lachen über ihre verdutzte Miene und plötzlich wirkte er jung, obwohl er doch so alt war.

"Ja sehr, Ältester", sagte sie schließlich respektvoll und warf noch einem Blick aus dem Fenster. Für einem Moment konnte sie ein goldenes Aufblitzen erkennen, als sich der Drache erneut in den Himmel schraubte, wie eine Goldspindel. "Wenn ich ihn so fliegen sehe würde ich am liebsten selbst in die Lüfte steigen." Doch das konnte sie nicht mehr.

"Ganz genauso wie ich", stimmte ihr der Tempelälteste zu. Sein Gesicht war voller Falten und Filia fragte sich, welches von ihnen Lach- und welches wohl Sorgenfalten sein mochten. Wahrscheinlich hatte er von beidem genug. "Bist du oft geflogen, damals als du im Tempel des Feuerdrachenkönigs lebtest?"

"Ja, über die Wüste", sagte Filia. Der Drache war nun aus ihrem Sichtfeld verschwunden, aber sie meinte für einen Moment ein schwaches Leuchten zu sehen.

"Er ist ein Späher", sagte der Älteste und nickte zum Fenster. "Gerade landet er auf unserem Dach um Menaros Bericht zu erstatten. Du solltest das sehen, sie lassen sich bis fast zu den Baumkronen hinab und verwandeln sich dann im Fall in ihre Menschengestalt, um gefahrlos durch das Dickicht zu stürzen. Eine wunderbare Präzisionsarbeit, wenn sie es zum ersten Mal versuchen hat unser Dach fast immer zerbrochene Fugen zu beklagen, weil sie von viel zu weit oben hinunterstürzen." Er fuhr sich nachdenklich durch den Bart. "Hast du vor irgendwann wieder einem Tempel beizutreten?"

"Was?" fragte Filia verwirrt. Sie starrte den Ältesten überrumpelt über den plötzlichen Themenwechsel an.

„Ich frage nur“, sagte der Älteste und sah nachdenklich aus dem Fenster „weil du mir so einsam vorkommt. Wir Drachen leben doch immer in Rudeln zusammen, jemand der so ungebunden und orientierungslos wie du bist, ist uns eigentlich völlig fremd.“

„Ich bin nicht einsam, ich reise mit meinen Freunden“, widersprach Filia freundlich und fragte sich gleichzeitig, wie lange das noch der Fall sein würde. Danach würde ihr wieder nur das Wolfsrudel bleiben.

Aber trotzdem, sie hatte dem Tempelrat schon einmal erklärt, dass sie keinem Tempel mehr beitreten würde und bis jetzt war ihr noch keine Grund eingefallen, ihre Meinung zu ändern.

„Die Mazoku befinden sich in Bewegung“, fuhr der Älteste in Gedanken versunken fort, als hätte er sie nicht gehört. „Sie tauchen überall auf und verschwinden wieder, als würden sie etwas suchen, als würden sie etwas vorbereiten.“

Filia starrte ihn verblüfft an. War das wirklich so? Wenn ja, dann sollte sie doch eigentlich etwas davon mitbekommen haben, sie hatte schließlich über einen Monat direkt an der Quelle aller Mazokuentscheidungen verbracht. Andererseits, hatte Xellos sie sehr bedacht abgeschirmt.

„Manches erinnert mich an den Vorabend des Kouma Sensou.“

„Ein neuer Krieg?“ fragte Filia alarmiert. „Das kann ich nicht glauben.“

„Wer weiß?“ Der Älteste schüttelte nachdenklich den Kopf. „Aber wenn es so kommt, wirst du Schutz brauchen und die Ryuzoku werden die Kraft jedes einzelnen ausgebildeten Priesters brauchen. Vor allem von einem, der wie du schon einmal die Welt außerhalb des Tempels gesehen hat.

Vielleicht ist es jetzt noch zu früh, aber wenn die Zeiten dunkler werden, wird das, was dich aus dem Tempel gejagt hat, unwichtig sein im Gegensatz zu der Gefahr.“

Filias Blick verhärtete sich plötzlich. „Das glaube ich nicht“, sagte sie und versuchte die Bilder zu verjagen, die sich in ihrer Erinnerung zu regen begannen, von Blut und Speeren und toten Drachen.

Der Älteste wandte den Blick vom Fenster und sah sie endlich wieder an und mit einem Mal, als sie sein trauriges, verstehendes Gesicht sah, wusste Filia, dass er die gleichen Erinnerungen wie sie haben musste, nur um ein tausendfaches schlimmer.

Ihr Blick verdunkelte sich und ihre Antwort tat ihr leid. „Der Kouma Sensou muss schlimm gewesen sein", sagte sie plötzlich.

„Es war schrecklich, es war Krieg“, sagte der Älteste leichthin. „Aber ich weiß, wofür ich ihn gefochten habe, auch ohne Pathos, und das macht es mir erträglich.“

„Ihr seid Xellos in diesem Krieg begegnet, nicht wahr?“ fragte Filia ohne nachzudenken und biss sich gleich darauf auf die Lippen. Warum stellte sie solch eine Frage?

Der Älteste schien mehr verblüfft als verärgert. „Mir scheint, du hast ein Buch in der Bibliothek gefunden“, bemerkte er nachsichtig und fuhr dann gleichgültig fort. „Ich sah den Bestienpriester Xellos nur von weitem und das war auch genug. Und mein Glück.“ Mit einem Mal stieß er sich vom Fensterrahmen ab und wandte sich zum gehen. „Aber die Vergangenheit ist nicht wichtig, nur die Zukunft zählt. Denk daran, Filia, wenn einmal Not über die Welt hereinbrechen wird, werden die Ryuzoku zusammenstehen und zusammen stark sein und du wirst bei ihnen sein. Schließlich wurden wir für diesen Kampf geboren, es ist unsere Bestimmung, unsere von den Shinzoku auferlegte Gnade.“

Als er an ihr vorbeiging, wünschte sich Filia, ihm einfach folgen zu können, ohne Bedenken, ohne irgendetwas, das sie hinderte.

Noch halb in dem Gedanken versunken hörte sie seine letzten Worte, bevor er um die Ecke verschwand. „Und unsere einzige Chance.“
 

***
 

„Gerechtigkeit!“

„Gut so“, sagte Amelia begeistert. „Und noch mal!“

„Gerechtigkeit!“ riefen die Ryuzoku im Chor und stießen eine Faust in die Luft.

Gourry stand fröhlich neben Enrisia und exerzierte mit ihm zu Amelias Kommando. Es machte Spaß, irgendwie, auch wenn er den Sinn der ganzen Aktion noch nicht ergründet hatte.

Wie waren sie eigentlich hierzu gekommen? Gourry hatte es vergessen, aber das beunruhigte ihn nicht sonderlich.

Er stieß eine Faust in die Luft.

„Gerechtigkeit!“
 

***
 

Lina hatte Hunger.

Na ja, eigentlich nicht, eigentlich speicherte ihr Körper nach jedem Essen genug Reserven um ein Rhinozeros damit zu versorgen, aber das hinderte ihn nicht daran darauf hinzuweisen, dass es nicht schlecht wäre, wenn sie auch zwei Rhinozerosse versorgen könnten.

Also sagen wir Lina hatte Appetit.

Außerdem hatte Lina vor ein paar Minuten in einer Küche gestanden, die bar jeglicher Lebensmittel war. Evakuiert vor ihr.

Also sagen wir, dass Lina Appetit hatte (oder Hunger) und wütend war.

Die Zeichen standen nicht schlimmer als vor einem Erdbeben, während sie durch die Gänge pirschte.
 

***
 

„GERECHTIGKEIT!“
 

***
 

Ein aufgelöster Ryuzoku erschien im Tor zum Übungsplatz, gerade als Amelia die Reihen der Übenden entlang schritt. Sie entdeckte ihn als erstes.

„Immer schön weiter machen“, rief sie fröhlich und rannte dann auf den Neuankömmling zu, dessen Verzweiflung inzwischen totaler Verwirrung Platz machen wollte bei dem Schauspiel, das sich ihm gerade bot.

Gourry und Enrisia warfen sich einen Blick zu und folgten Amelia dann.

„Was ist denn mit dir passiert?“ fragte sie und klopfte dem Ryuzoku mitfühlend auf die Schulter.

Er sah sie terrorisiert an. „Es ist schrecklich!“ stieß er schließlich hervor.

„Was ist schrecklich?“ fragte Enrisia alarmiert.

„Erinnert ihr euch noch an den Tag von vor einer Woche, als das Abendessen ausfallen musste, weil unsere Hauptküche total verwüstet war?“ Sie nickten und der Ryuzoku holte bedeutungsschwer Luft bevor er fortfuhr. „Nun das gleiche steht uns wieder bevor nur um ein vielfaches Schlimmer. Wir werden nämlich verfolgt. Und zwar von jemanden, der unsere ganzen Essensvorräte dezimieren wird, wenn sie uns findet. Und unsere Küche wird sie wahrscheinlich dazu noch in die Luft jagen.“ Er brach verzweifelt ab und seine Schultern zuckten.

„Das ist ja wirklich schrecklich“, rief Gourry aus, der dabei hauptsächlich an sein nächstes Abendessen dachte, das bedroht war. Enrisia währenddessen verstand nicht viel mehr als Bahnhof.

„Ich glaube kaum, dass...“, begann er skeptisch und brach dann ab, als er sich an ein paar andere beunruhigenden Dinge erinnerte. „Wer soll das sein, der euch bedroht?“ fragte er scharf.

„Ihren richtigen Namen kenne ich gar nicht“, antwortete der Ryuzoku aufgeregt. „Aber ich kann euch sagen, welchen Namen wir ihr in Küchenkreisen gegeben haben. Wir nennen sie nur noch...“ er senkte bedeutungsvoll die Stimme und seine drei Zuhörer beugten sich gespannt nach vorne um keines seiner nächsten Worte zu verpassen

„... das flachbrüstige Vielfraßungeheuer!“

"..."

Das war nicht unbedingt der furchterregendste Name der Weltgeschichte und dementsprechend ratlos sahen die Umstehenden den Erzähler auch an.

Dann wurde Amelia leider alles ganz klar.

„Keine Sorge“, rief sie enthusiastisch aus und warf sich in Pose. „Wir werden dir helfen.“

Der Ryuzoku blickte hoffnungsvoll auf. „Ach ja?“

„Ryuzoku!“ schrie Amelia an die Krieger gewandt mit einer solchen Lautstärke, dass sie tatsächlich inne hielten und ihre Trainerin anblickten. „Eine Gefahr ist aufgekommen, bei deren Bekämpfung ihr euren Glauben an die Gerechtigkeit auf die Probe stellen könnt. Dieser Ryuzoku hier“, und sie deutete auf den besorgten Koch „hat uns von einem flachbrüstigen Vielfraßungeheuer erzählt, dass in diesem Tempel sein Unwesen treibt. Folgt mir, damit wir es bekämpfen können, im Namen der...“

„GERECHTIGKEIT!“

Und damit stürmten sie mit der Unaufhaltsamkeit einer Lawine alle zusammen los, immer Amelia hinterher, die schon den Eingang zum Tempel passiert hatte.

„Ach übrigens“, schrie Amelia dem entsetzten Koch, den sie am Handgelenk mit sich schleifte, über den Lärm ins Ohr. „Wir sollten euch und das Küchenpersonal an einem sicheren Ort verstecken bis wir das Vielfraßungeheuer besiegt haben.“

„Hm?“ fragte der Ryuzoku verwirrt und kniff sich in die Wange. Keine Reaktion. Als nächstes sollte er es vielleicht mit einer Ohrfeige versuchen...

„Wir verstecken euch irgendwo, wo es euch nicht vermuten würde“, half Amelia nach. „Das wäre zum Beispiel ein Ort, an dem es sich sonst selbst oft aufhält und and dem es euch deswegen nicht vermuten würde. Fällt euch so ein Platz ein?“

Der Ryuzoku dachte daraufhin einen Moment lang ratlos nach. Dann leuchteten seine Augen auf und er klatschte begeistert in die Hände.

„Das ist es!“
 

***
 

Zelgadis war an diesem Nachmittag ungewöhnlich gut gelaunt, denn er hatte seine Ruhe.

Einzig Elaros leistete ihm wieder in der Bibliothek Gesellschaft, alle anderen schienen kreuz und quer im Tempel verstreut und gingen ihm seltsamerweise für einen ungewöhnlich langen Zeitraum schon nicht mehr auf die Nerven.

Diese Zeit musste genutzt werden und Zelgadis war entschlossen sie intensiv zu nutzen, bevor ihn die natürliche unheilvolle Eigendynamik um Linas Gruppe wieder einholen würde. Viel Zeit blieb ihm nicht mehr.
 

***
 

Zwei einsame Gestalten waren auf der zertrampelten Erde vor dem Tempel zurückgeblieben.

Völlig überrumpelt von dem plötzlichen Ausbruch ihrer Kameraden sahen sie ihren schnell verschwindenden Umrissen nach, während Erde und Sand aufwirbelten und ihnen die Sicht versperrten. Sie blinzelten einige Sekunden verblüfft in die Staubflocken. Stille hatte sich über den Platz gesenkt.

Dann, als sich ihre Gedanken langsam wieder der Gegenwart annäherten, wandten sie die Köpfe und sahen sich in den sich langsam wieder senkenden Schwaden an.

„Weißt du“, sagte Gourry nachdenklich und kratzte sich am Kopf. „Irgendetwas kommt mir an dem Namen bekannt vor, aber ich komme einfach nicht drauf.“

„Hm“, Enrisia blickte seinen Menschenfreund besorgt und ernst an. „Ich denke, ich sollte Hauptmann Menaros von diesen Geschehnissen unterrichten“, sagte er und sah nach oben auf die Fenster der Tempelmauer.

„Bitte, geh du unserer Truppe nach und pass auf sie auf." Er lächlete leicht. "Ob mit oder ohne Gerechtigkeit, ich wäre mir dann sicher, dass ihnen nichts geschehen kann.“
 

***
 

Und der Tempel erzitterte unter einem gewaltigen Sturm, der eindrucksvoll bewies, was Gehirnwäsche so alles anstellen konnte.

„GERECHTIGKEIT!!“
 

************

Logik ist nicht unbedingt die Stärke dieses Kapitels. Und zudem ist es auch noch verdammt kitschig geworden.

Stand Filias Heimattempel eigentlich in der Wüste?

Ich hoffe es mal, es ist schon eine Weile her seit ich den Anime zum letzten mal gesehen habe.

Na ja, Fortsetzung folgt...

...und Dämonen

Nun, das mit dem schnell Schreiben hat ja leider doch nicht geklappt. Es war doch noch eine Menge zu korrigieren und umzuschreiben gewesen.

Aber irgendwann geht es immer weiter und ich wünsche viel Vergnügen.^^
 

Kapitel 10 Von Essen, Chören und Dämonen Teil 2
 

Als die Tür zur Bibliothek mit Karacho aufflog und sich eine beträchtliche Anzahl Ryuzoku in den schattigen Raum ergoss, beladen mit allen möglichen Arten von Gepäck, fragte sich Zelgadis nur noch, was er in seinem vorigen Leben eigentlich alles getan haben konnte, dass die Götter so sauer auf ihn waren.

„Ich nehme nicht an, dass ihr diese Drachen angefordert habt uns bei unseren Nachforschungen zu helfen?“ sagte er an Elaros gewandt, der stumm und überwältigt den Kopf schüttelte.

Eine fröhliche Stimme, ließ seine Überlegungen über den Verursacher dieses sich langsam ausbreitenden Chaos in konkrete Richtungen schwenken. „Hallo, Zelgadis.“ Amelia strahlte ihn an, so als wäre alles in bester Ordnung, was aus ihrer Sicht wahrscheinlich auch noch stimmte.

„Amelia“, sagte Zelgadis freundlich. „Was geht hier vor?“

„Unsere Truppe musste das Hauptquartier des Küchenpersonals in die Bibliothek verlegen um sie vor dem Vielfraßungeheuer zu beschützen. Hier wird es sie anscheinend nicht vermuten und sobald wir alle untergebracht haben, werden wir von hier aus unseren Kampf aufnehmen.“

„Kampf? Gegen ein Vielfraßungeheuer?“

„Ganz genau, hast du denn noch nicht gemerkt, dass es den ganzen Tempel unsicher macht? Aber keine Sorge, Zelgadis, wir haben alles im Griff und werden es im Nu besiegen.“

„Genau“, rief ein Drachenkrieger dazwischen und stieß enthusiastisch eine Faust in die Luft. „Mit der Kraft der...“

„GERECHTIGKEIT!“ Selbst das Küchenpersonal machte schon mit.

Zelgadis verstand eigentlich nur Bahnhof, aber ein paar beunruhigende Dinge kamen ihm leider doch zu Bewusstsein.

„Amelia“, sagte er ehrlich erschrocken, während er dem kurz vor einem Herzinfarkt stehenden Elaros beruhigend auf den Rücken klopfte. „Was hast du nur getan?“
 

***
 

Filia begegnete Menaros, als er gerade das gemütliche Besprechungszimmer des Tempelrats verlassen wollte, ganz vertieft in ein Gespräch mit der obersten Priesterin.

„...kann mir das auch nicht erklären, Menaros, aber es ist hier, eindeutig...“

„Und ihr könnt es wirklich nicht lokalisieren?“

„Nein noch nicht, aber vielleicht sollten wir Filia frag...“

Die Priesterin biss sich mitten im Satz auf die Lippen und starrte Filia an. Menaros fuhr herum und Filia ließ feindselig den Blick zwischen den Beiden hin und her wandern, ohne auch nur das geringste Begrüßungswort zu äußern. Sie wusste, das war unhöflich, aber im Moment war sie zu wütend, wegen der Abfuhr, die sie an der Tempelpforte erhalten hatte. Das Gespräch mit dem Ältesten lag ihr noch schwer im Magen und außerdem hatte man über sie geredet.

Es gab keinen Grund höflich zu sein.

„Ich muss jetzt gehen“, sagte die Priesterin und warf Filia einen beunruhigten Blick zu. „Vielleicht sehe ich Sie ja mal zur Abendandacht. Einen schönen Tag wünsche ich Ihnen.“

Mit einem Nicken an Menaros verabschiedete sie sich und verschwand hinter der nächsten Flurbiegung.

Menaros musterte Filia. Er spürte das wenige Shouki um ihren Körper, wieder mal, und war befremdet davon. Aber nichts Zerstörerisches ging davon aus und zu seiner Verwirrung blieb es in Filias Körper, wie eine fasrige aus ihrem Inneren kommende Wolke, und war nur ganz nah an ihr zu spüren.

„Warum starrt Ihr mich an?“ Filias Stimme klang sogar schroffer als sie beabsichtigt hatte. „Und was solltet Ihr mich fragen?“

„Nichts“, sagte Menaros und zog missbilligend die Brauen zusammen. „Noch ist es nichts. Und was führt Sie hier her, Filia? Warum sind Sie nicht in der Bibliothek?“

„Wir haben uns heute frei genommen.“ Filia störte sein strenger Blick und sie wurde immer gereizter. Ihr Kopf tat weh, als summte ein Bienenschwarm darin, und zu viele Gedanken überschlugen sich in ihrem Geist. „Und ich möchte mich beschweren.“

„Beschweren?“ Menaros sprach weiter bevor sie antworten konnte. „Ach ja, der Vorfall am Haupttor, ich hatte es schon fast vergessen... Filia, Sie müssen wissen, dass es niemanden gestattet ist ohne triftigen Grund den Tempel zu verlassen. Aus Sicherheitsgründen.“

Die Antwort war so offen und einfach, dass es Filia für einen Moment die Sprache verschlug. Sie hatte sich so sehr deswegen aufgeregt, dass sie eine ganze Flut an Beschuldigungen auf der Zunge hatte um sie Menaros entgegen zu werfen, aber diese einfache Antwort, ließ sie sich dumm und kindisch fühlen.

„Hättet Ihr uns, dass nicht vorher sagen können?“ murrte sie „Ich war total überrumpelt.“

„Ich werde daran denken, wenn wir das nächste Mal Besuch kriegen.“ Das war Ironie, denn dieser Tempel bekam fast nie Besuch. Menaros Stimme klang nicht wirklich spöttisch dabei, aber sie hatte etwas Endgültiges an sich, dass der Stimme des Ältesten aus dem Feuerdrachentempel glich.

Filia forschte in Menaros Gesicht und als sie den strengen und gleichmütigen Ausdruck darin sah, da hatte sie das Gefühl mit dem Rücken vor Xellos zu stehen, unsanft an seinen Körper gedrückt und mit seinem Stab an ihre Kehle gepresst. Und der Älteste stand vor ihr und sagte er ließe sich nicht erpressen und kein Schmerz über ihren Verlust lag in seinen Augen und nicht das geringste Bedauern.

Dann fiel ihr etwas ein.

„Der Wachposten hatte sich aber nicht benommen, als wäre das eine allgemeine Regel.“ Wut stieg endgültig in ihr auf. „Sie betraf mich, und meine Freunde, und Sie haben es angeordnet.“

„So wichtig ist es nicht“, Menaros seufzte. „Ich will nur die Kontrolle hier behalten und ihr seid ein Sicherheitsrisiko, wenn ich nicht über euren Aufenthaltsort Bescheid weiß.“

Also waren sie doch Gefangene.

„Jetzt reicht es“, Filias Eckzähne blitzten auf und ihre Wangen wurden rot vor Ärger. „Macht es euch gar nichts aus mich anzulügen? Warum müsst ihr so selbstgerecht sein?!“

„Sei nicht so unverschämt“, gab Menaros wütend zurück. „Ich habe keine Zeit für diesen Unsinn. Und du wirst dir jemand anderen suchen an dem du deine Wut auslässt.“

Er war Krieger und kein Diplomat, der widerspenstige Gäste beschwichtigen musste und wollte gerade kopfschüttelnd an Filia vorbeigehen, aber sie vertrat ihm kurz entschlossen den Weg.

„Was wolltet ihr mich fragen?“ fauchte Filia trotzig. Sie wusste, sie war schon die ganze Zeit viel zu unhöflich vor den hochgestellten Ryuzoku und sie wusste, dass sie sich Ärger einhandelte, aber es war ihr gleich, denn sie war gereizt und verwirrt von allem, was ihr jetzt schon passiert war, und Menaros sah so sehr wie der Älteste aus und er hatte nie begriffen, was er getan hatte.

„Was wolltet ihr mich fragen?“

Menaros blieb tatsächlich stehen, direkt neben ihr, und wandte sich wieder um und Zorn lag in seinen Augen.

„Also gut“, sagte er langsam und wählte seine nächsten Worte mit Bedacht. „Was weißt du über Mazoku?“

Filia sah ihn verständnislos an. „Was?“

„Weißt du etwas über die Mazoku? Etwas, dass wir wissen sollten?“

„Nein“, sagte Filia bevor sie auch nur nachdachte „nichts.“

„Vergiss nicht, dass die Macht von Mazoku gefährlich ist, egal wie verlockend“, fuhr Menaros leise fort und streifte mit seinem Geist noch einmal ihr schwaches Shouki. Nein, das war nicht die Quelle... Sein Zorn war aber schon wieder verraucht und Besorgnis und leichtem Ärger gewichen. „Menschen vergessen das oft...“

„Übertreibt ihr nicht?“ fragte Filia verwirrt, ohne zu wissen, worauf er hinaus wollte, und dachte an Linas schwarze Magie, die ihnen so oft geholfen hatte. Dann sah sie Xellos Bild vor sich auftauchen und hörte seinen Lieblingssatz in ihrem Kopf. „Mazoku sind sowieso ein einziges Rätsel.“

„Oh nein, sind sie nicht“, sagte Menaros leichthin. „Ihre Beweggründe sind einfach. Sie leben um die Welt zu zerstören, all ihr Streben dient nur diesem einen Zweck. Und wir müssen sie deswegen vernichten, auch das ist einfach. Also, seid ihr euch sicher mit Eurer Antw...“

Menaros hielt inne und sah aufgebracht auf den Gang. Eben hatte noch Filia neben ihm gestanden, aber jetzt war sie fort. Sie hatte sich umgedreht, noch während er sprach, und hatte ihn eilig und ohne ein Wort verlassen.
 

***
 

Gourry lief mal wieder ziemlich planlos durch den Tempel. Zwar wusste er, dass er eigentlich Amelia und die Truppen suchen sollte, nur war ihm aufgefallen, dass er leider keine Ahnung hatte, wo sie eigentlich hingerannt waren.

So lief er mal wieder auf gut Glück durch die Gegend und war sehr überrascht, als ihm Lina entgegenkam, zielstrebig und wütend.

„Hallo Lina, was machst du denn hier?“ fragte er und änderte ganz automatisch die Richtung um wieder wie gewohnt hinter ihrem rotbraunen Haarschopf herzugehen.

„Das“, bemerkte Lina kopfschüttelnd „könnte ich dich auch fragen. Aber ich nehme mal an, du hast dich einfach wieder verlaufen.“

Gourry dachte einen Moment lang nach. „Stimmt.“ Er sah sie unbekümmert an. „Also, was machst du hier?“

„Ich bin auf der Suche“, sagte Lina düster. „Nach Essen. Einem kleinem Zwischenimbiss besser gesagt. Mit sehr vielen Beinen.“

„Wir gehen etwas essen?“ fragte Gourry begeistert. „Das wird aber auch höchste Zeit.“

Lina dachte einen Augenblick über diese neue Bedrohung nach und beschloss dann, dass Gourry doch eher eine willkommene Verstärkung darstellen würde.

„Geht es zur Küche nicht anderswo lang?“

Lina seufzte. „War ja klar, dass du den Weg kennst. Aber ein Ryuzoku hat mir freundlicherweise mitgeteilt, dass sich das Essen jetzt in der Bibliothek befindet.“ Die arme betreffende Person hatte Linas Frage nach einer großen in Bewegung geratenen Ryuzokumenge ganz unbedarft beantwortet.

„In der Bibliothek?“ fragte Gourry verwirrt.

„Frag bloß nicht nach“, warnte Lina, die das Gefühl hatte langsam ernsthafte Kopfschmerzen zu bekommen. „Dann kannst du nämlich gleich wieder die Flucht ergreifen.“

„Das glaube ich eher nicht“, antwortete Gourry. „Schließlich bist du gerade ziemlich wütend und unaufmerksam. Da kann ich als dein Beschützer kaum wieder einfach abhauen. Das wäre unverantwortlich von mir.“

Lina starrte ihn kopfschüttelnd an. „Weißt du, wenn du so einen Schwachsinn daherredest, kann man ganz vergessen, wie wütend man eigentlich ist.“

Das und der seltsame Klang ihrer Stimme ergaben nun überhaupt keinen Sinn für Gourry, aber den Sinn zu finden konnte er ja auch Lina überlassen. Sie schritten ein paar Minuten lang einträchtig nebeneinander her, dann ertönte ein lautes Grollen, gefolgt von einem Zweiten, dass sich harmonisch mit dem ersten verband.

Ihre Mägen knurrten.

„Wir sollten wirklich bald was zu essen finden...“
 

***
 

Amelias Truppe war gerade damit beschäftigt eine aus einem Fangnetz bestehende Falle hinter der Tür zu befestigen, als schon wieder ein atemloser Ryuzoku zu ihnen stürzte. Er gehörte der Küchenfraktion an und hatte eigentlich zwei Flure weiter Wache gehalten.

"Sie hält direkt auf uns zu", verkündete er schwer atmend.

"Schon wieder", fügte ein anderer Ryuzoku hinzu- "Wie hat sie uns so schnell gefunden?"

"Alle auf ihre Plätze", rief Amelia alarmiert und begann sich mit den anderen hinter einer aus mehreren Regalen bestehenden Barrikade zurückzuziehen.

Zelgadis sah dem hektischen Treiben aus dem Hintergrund aus zu, während er den kalten Umschlag wechselte. Elaros hatte sich für die Ohnmacht entschieden, als das erste Regal umgewandelt und seiner Bücher entleert wurde. Kurz fragte sich Zel, ob das nicht die beste Alternative wäre.

Dann schenkte er sich neuen Kaffee ein.
 

***
 

„Sieht eigentlich ganz harmlos aus“, bemerkte Lina nachdenklich, während sie die geschlossene Bibliothekstür betrachtete. Zu harmlos.

„Sieht für mich genauso aus, wie vor ein paar Stunden als wir hier weggegangen sind“, sagte Gourry hilfreich. „Lina, warum sind wir noch mal hier?“

„Essen, Gourry.“

„Ach so, ich erinnere mich." Wunder, oh Wunder "Und warum sind wir überhaupt in diesem Tempel?“

„....“

„Lina?“

„Weißt du was Gourry?“ sagte Lina freundlich. „Zerbrich dir darüber einfach erst mal nicht den Kopf. Im Moment solltest du dich darauf konzentrieren durch diese Tür zu gehen und raus zu finden, was uns dahinter erwartet. Also, nur Mut“, sie schlug ihm auf die Schulter und schubste ihn damit nach vorne. „Du bildest die Vorhut.“

„Hey“, sagte Gourry aufgebracht. „Du benutzt mich schon wieder um die Drecksarbeit zu machen.“

„Ich verrat dir etwas Gourry. Beschützer machen immer die Drecksarbeit. Und du wolltest doch mein Beschützer sein, oder?“

„Schon gut, schon gut“, murmelte Gourry. „Ich geh ja schon...“

Er öffnete vorsichtig die Tür und trat hindurch, wachsam darauf gespannt, was ihn erwartete.
 

***
 

„Hauptmann Menaros.“

Menaros drehte sich um, noch immer leicht verärgert von seinem Gespräch mit der gefährlichen Ryuzoku, und sah ein junges Mitglied seiner Krieger auf ihn zukommen. Er erinnerte sich schwach an den wachsamen Drachen.

„Enrisia?“

„Ich habe euch schon im ganzen Tempel gesucht“, sagte er beunruhigt. „Ist etwas passiert?“

Menaros musterte die klugen Augen vor ihm. „Wieso diese Frage, spürst du etwas?“

Enrisias Augen verdüsterten sich. „Shouki.“

Menaros seufzte, plötzlich erschöpft. „Anscheinend spüren wir alle das selbe.“ Endlich hatte er wieder ein Wesen vor sich, von dem er wusste, dass es loyal auf ihrer Seite stand. „Die obersten Priester sind schon seit Tagen besorgt. Sie meinen, einiges mehr an Shouki hier zu spüren, als gut für uns wäre. Wir sollten alle die Augen offen halten.“

Enrisia nickte nachdenklich, dann besann er sich auf seine Aufgabe. „Ich habe euch gesucht um euch über das Aufbrechen, der zweiten Wachgruppe zu unterrichten. Sie sind im Tempel unterwegs, weil die Menschen anscheinend ein wenig Chaos angerichtet haben.“

„Was?“ fragte Menaros stirnrunzelnd. „Das fehlte uns gerade noch.“

„Ich glaube nicht, dass sie wirklich Ärger machen wollen“, fuhr Enrisia sanft fort. „Sie sind nur etwas überenthusiastisch und scheinen sich hier zu langweilen.“

„Trotzdem kann ich jetzt keine weiteren Ablenkungen gebrauchen“, sagte Menaros streng. „Komm lass uns nach ihnen sehen. Dem Lärm dürften wir leicht folgen können...“

Er ging zielstrebig den hellen Gang zu einer der zahlreichen Treppenfluchten entlang und Enrisia wandte sich um, um ihm zu folgen. Doch dann blieb er überrascht stehen.

Ein Teil von ihm sah Menaros vor sich zielstrebig in dem dunklen Schacht verschwinden, doch ein anderer Teil versuchte die Präsenz zu erhaschen, die ihn eben gestreift hatte. War das Shouki gewesen?

Enrisia schloss die Augen, suchte seine Magie und schickte all seine auf Mazokujagd getrimmten Sinne auf die Suche, nach der starken Ballung an Shouki, die er wie viele andere Ryuzoku schon seit Tagen spürte, aber nie hatte fassen können.

„Ich weiß, dass du hier bist“, sagte er ruhig und drehte sich um.

Der Gang vor ihm war leer und schwach versprenkeltes Sonnenlicht floss ihm sanft und vertraut entgegen. Mit einem Mal wünschte er sich seine Kameraden her oder Menaros oder auch Gourry, den er bewunderte für sein Geschick und seine Offenheit, doch er war allein.

Und dann in Sekundenschnelle, mit all seinem Geschick und all seinem Mut, griff er an...
 

***
 

Die Spannung war fast unerträglich, als Gourry schließlich über die Türschwelle trat.

Danach lief er als allererstes Gefahr von Amelias gut vorbereiteten Fireball gegrillt zu werden. Glücklicherweise erkannte sie ihn noch rechtzeitig und brach die Beschwörung ab und so wurde er lediglich unter dem dickmaschigen Fangnetz begraben, das beim Öffnen der Tür von der Decke fiel. Und unter den fünf Ryuzoku, die sich mit einem Schlachtruf auf ihn geworfen hatten.

Gourry wollte sie nicht verletzen und so blieb ihm keine andere Wahl als sich die Luft aus den Lungen quetschen zu lassen.

„Stopp!“ rief Amelia hektisch, während die Tür wieder hinter ihnen ins Schloss fiel. Die nächsten Minuten verbrachte sie erst einmal damit den überrumpelten Gourry und die Ryuzoku wieder aus den Netzmaschen zu befreien. Zelgadis prustete derweil in seinen Kaffee.

„Gourry, wo kommst du denn her?“ rief Amelia, während sie ihm wieder auf die Beine half. „Wir hatten uns schon gewundert, wo du abgeblieben bist.“

„Na, ja“, sagte Gourry etwas ratlos und blickte in die Runde. Er freute sich die vielen bekannten Gesichter wieder zusehen. Schließlich hatte er versprochen auf sie alle aufzupassen.

Einer der Drachen, die sich mit ihm im Netz verfangen hatten und der ihm fast alle Luft aus den Rippen gequetscht hatte, klopfte ihm lachend auf die Schulter. „Wir dachten schon das Vielfraßungeheuer stände vor der Tür.“

Gourry schlug sich mit einer Faust in die flache Hand, als ihm ein Licht aufging. "Das war es", sagte er begeistert. "Wir wollten den Tempel vor dem Vielfraßungeheuer beschützen."

Der ganze Raum war für einen Moment sprachlos über so viel Vergesslichkeit.

"Aber dass wir deswegen extra in den Tempel gekommen sind..." fuhr Gourry nachdenklich fort. „Na ja, auf jeden Fall habe ich es bis jetzt nicht gesehen“, bemerkte er noch harmlos.

„Ich gehe am besten noch mal nachsehen“, sagte einer der Köche und schob sich an allen vorbei zur Tür. Gourry trat währenddessen in den hinteren Teil der Bibliothek und als der Ryuzoku draußen schließlich auf Lina traf, machte er leider den Fehler sich nicht besonders taktvoll zu verhalten.

Dreißig Sekunden später als gerade das größte Chaos vor der Tür wieder beseitigt worden war, kam er schwarz und verkohlt zurück und bemerkte schlicht: „Ich glaube sie ist da.“ Dann beschloss er ohnmächtig zu werden.

Einen Moment lang herrschte verblüfftes Schweigen und dann ging es rund.

„Das flachbrüstige Vielfraßungeheuer ist da“, rief Amelia begeistert und Zelgadis verschluckte sich an seinem Kaffee.

„Warte mal...“ Seine Augen weiteten sich erschreckt. „Hast du gerade flachbrüstig gesagt...?“

„Zum Angriff!“

„Amelia, warte!“ rief Zelgadis hektisch, aber sie begann schon zur Tür zu stürmen und seine Stimme ging in einem neuerlichen Schlachtruf unter.

„Oh nein“, murmelte Zelgadis. Er bekam langsam eine ziemlich genaue Vorstellung davon, was los sein könnte, aber leider war es eindeutig zu spät um die Lawine, die vor ihm in Fahrt gekommen war, noch aufzuhalten. Mit einem sehr schlechten Gefühl in der Magengegend zerrte er an Gourrys Hand und deutete bestimmt nach hinten. „Lass uns um Himmels willen in Deckung gehen!“

Nun ging zwar alles sehr schnell, aber um das Geschehende zu verstehen ist eine kleine Bestandsaufnahme nötig. Amelia und Gourry hatten ca. zwanzig Ryuzoku auf dem Übungsplatz angetroffen und mitgeschleppt. Diese stürmten im Moment ohne eine wirkliche Ahnung, was sie vorhatten, den Flur entlang. Der Gang bot drei Ryuzoku nebeneinander Platz und auch als der Vorhut schließlich auffiel, dass sie gleich einen ihrer Gäste über den Haufen rennen würden, konnten sie nicht mehr bremsen, denn ihre Hintermänner, die von all dem nichts mitbekamen, schoben sie unaufhaltsam vorwärts. Die Wände dröhnten von ihren Schritten.

Dem gegenüber stand Lina Inverse, ziemlich allein und ziemlich wütend. Zwanzig Drachen auf einmal waren auch für sie kein Klacks zumal sie die armen Irren nicht pulverisieren wollte und sich Wohl oder Übel in einem Gebäude befand. Rückzug wäre gut gewesen. Andererseits... sie war wirklich wütend.

Also begann sie ein paar kurze Zeilen zu murmeln und dann...

„Bomb Sprid!“

Eine kleine Lichtkugel, einem Feuerball nicht unähnlich, schoss aus Linas Händen auf ihre Angreifer zu. Sie explodierte sobald sie den ersten Ryuzoku berührte und ließ die ersten beiden Reihen mit Getöse zu Boden stürzen. Der Rest allerdings stolperte schwungvoll von ihrem Tempo getragen über die plötzlichen Hindernisse und flog und rutschten Lina entgegen, wie lebende Geschosse. So war das nicht geplant gewesen.

„Jetzt reicht es aber“, rief sie, als sie zur Seite sprang um einen vorbeischlitternden Ryuzoku Platz zu machen. „Dale Brand!“

Der Boden um sie explodierte, Steinbrocken wurden aus dem Boden gerissen und noch mehr unglückliche Ryuzoku in Linas Umkreis flogen durch die Gegend.

Amelia, die die Nachhut bildete, merkte inzwischen, dass vorne nicht alles nach Plan lief und beschloss sofort einzugreifen. Unter dem Lärm der Explosion und einem Hagel kleiner Steinsplitter, zitierte sie ebenfalls ein paar Zeilen für einen so weit abgeschwächten Spruch, dass sie ihn auch mit einer Reihe Ryuzoku zwischen sich und ihrem Ziel gebrauchen konnte.

„Elmekia Lance“

Eine Lanze aus blauer Energie fegte geradewegs über die terrorisierten Ryuzoku auf Lina zu und warf sie mehr aus Schreck als sonst etwas zu Boden. Natürlich gefährdete sie der abgeschwächte Astralzauber nicht aber er erschreckte sie ziemlich und sie beschloss, dass Flucht vielleicht doch keine so schlechte Idee war bis sie wusste, was hier eigentlich los war.

Sie entschloss sich noch für ein letztes Ablenkungsmanöver. „Lightning“ rief sie um ihre Gegner zu blenden und verschwinden zu können und schloss die Augen.

Zur gleichen Zeit schrie Amelia aus einem ähnlichen Grund genau dasselbe und die beiden sehr stark dosierten Zauber entfalteten ihre Wirkung zur gleichen Zeit.

Alle Umrisse und Schemen versanken in reinem, brennendem Weiß.

Unaufhörlich fluchend kniff Lina die Augen so fest wie möglich zusammen und legte die Hände über ihr Gesicht, während der Rest der Ryuzoku unter gequälten Schmerzensschreien hin und überall dagegen krachte. Ein Kopf stieß unsanft gegen Linas Schulter und ihr Gefluche wandelte sich in die Worte für einen neuen Zauber während sie inzwischen nicht mehr auf hundertachtzig sondern auf dreihundertsechzig war.

Amelia war ebenfalls hingefallen und rieb sich das schmerzende Gesicht, während ihre Augen in Sturzbächen tränten. Das grellweiße Licht schien sich direkt in ihren Hinterkopf gebrannt zu haben und war so stark, dass es selbst durch ihre vorgehaltenen Hände drang. Für einen Moment klangen nur Schmerzenschreie durch die Luft und den Staub, dann - seit Beginn der Schlägerei mochte gerade mal eine Minute vergangen sein - begann das Licht langsam wieder abzuschwächen, das wilde Wirrwarr aus Ryuzokuarmen und Beinen am Boden begann sich vorsichtig wieder zu entknoten und der, aus den durch ‚Dale Brand’ hochgejagten Trümmern resultierende Staub, begann sich langsam zu senken.

Alles in allem war ein herrliches Chaos dabei sichtbar zu werden.

„Was in Ceiphieds Namen geht hier vor?“

Eine wütende Stimme durchschnitt den Lärm und die Schärfe darin brachte alle fast sofort zum verstummen. Lina brach ihre Beschwörung ab. Sie nahm die Hände von den Augen und blinzelte durch die Staubschwaden auf die zornige Gestalt, die in die Mitte des Durcheinanders getreten war.

„Wer ist hierfür verantwortlich?“ fragte Menaros schneidend und sah sie direkt an. „Ward, Ihr das Lina? Oder vielleicht Ihr, Amelia?“ fügte er hinzu und wandte sich nach der anderen Seite um.

„Amelia?“ fragte Lina.

„Lina?“ fragte Amelia gleichzeitig, dann richteten sie sich beide wieder auf und blickten sich über ihre am Boden liegenden Opfer hinweg verblüfft an.

„Was machst du denn hier?“ Sie sprachen schon wieder gleichzeitig und Lina begann das Ganze allmählich ziemlich zu nerven.

„Amelia“, begann sie ruhig „ich...“

„Das ist sie!“ Eine neuerliche panische Stimme unterbrach sie und Lina blickte hinter Amelia, die sich überrascht umwandte.

Hinter dem Türrahmen der Bibliothek wagten sich langsam Zelgadis und Gourry hervor und weiter vor ihnen stand der Koch, der Amelia zu Hilfe geholt hatte und deutete mit zitterndem Finger auf Lina.

"Wer?" fragten Amelia, Lina, Gourry und selbst Menaros gleichzeitig. Zelgadis schloss nur verzweifelt die Augen.

"Das flachbrüstige Vielfraßungeheuer!"

Einen Moment herrschte Totenstille. Dann...

"Redest du von mir?" fragte Lina mit zusammengebissenen Zähnen.

„Ihr habt Lina gemeint?“ fragte Amelia völlig bestürzt.

In diesem Moment beschlossen ein paar eingerostete Rädchen in Gourrys Kopf mit perfektem schlechtem Timing einzurasten.

„Aber natürlich“, sagte er triumphierend. „Darauf hätten wir eigentlich auch gleich kommen können.“

Er übersah Zelgadis und Amelias heftig und verzweifelt gestikulierte Zeichen, während Lina ihm mordlüstern ihren Kopf zuwandte.

„Ich meine, flachbrüstig war das Stichwort. Bei welcher anderen Person würde einem schon dieses Wort als erstes zur Beschreibung einfallen?“

„…Darkness from twilight, crimson from blood that flows…”

„Er hat das ganz bestimmt nicht so gemeint, Lina“, sagte Amelia panisch an die unheimlich glühende Magierin gewandt. „Wir alle wissen, dass du nicht flachbrüstig bist...“

„...buried in the flow of time...“

„Amelia, so machst du es auch nicht besser”, sagte Zelgadis streng und sah dann wütend auf Lina. „Wirklich Lina, mach deswegen doch keinen solchen Aufstand.“

„...in Thy great name, I pledge myself to darkness...”

„...Wir sind schließlich Gäste hier...“

„...Those who oppose us shall be destroyed…”

Dann fiel ihm auf, was Lina da sagte. „Lina, wir befinden uns in einem Gebäude!“

“…by the power you and I posses…”

„In Deckung!”

WUMM!

Die Decke über Lina brach mit einem gewaltigen Krachen zusammen und sie konnte gerade noch aus dem Weg hechten, bevor sie unter den Trümmern begraben worden wäre.

Die Ryuzoku um sie riefen verstört durcheinander und Staub verwehrte ihr die Sicht, aber sie meinte trotzdem einen schwarzen Schatten vor sich zu erkennen. Er war mit der Decke aus dem oberen Stockwerk nach unten gefallen und seine Augen glühten in den Schwaden. Für einen Moment wandten sie sich hektisch in jede Richtung, dann begann der gesamte Umriss des Schattens zu glühen und er kam schnell und direkt auf Lina zu, weg von den Haufen an Ryuzoku auf der entgegen gesetzten Seite.

Lina war nicht im Geringsten daran interessiert ihn vorbeizulassen.

„Diem Wind!” rief sie und sprang gleichzeitig wieder auf die Füße. Um Linas Körper sammelt sich Wind, der den heranrasenden Schatten kurzzeitig aus der Bahn warf und zudem allen Staub wegwehte, der ihr noch die Sicht verwehrt hatte.

Nun konnte Lina eine pechschwarze Gestalt erkennen, in dessen schmalen Gesicht einzig seine Augen strahlend weiß glühen. Sie besaßen weder eine Iris noch Pupillen und hätten sie einem Menschen gehört, so wäre dieser blind gewesen.

'Ein Mazoku also', dachte Lina nicht im Geringsten begeistert, während der Mazoku einen Ball aus Energie in seiner Hand zu sammeln begann und gegen den Wind ankämpfte. Ein goldenes Netzt klebte in Fetzen an seinem Körper und zerfiel nach und nach, während die Konturen seiner Gestalt verblassten. Es mussten die Überreste eines Sichtbarkeitsbanns sein, den Lina seltsamerweise noch nie gesehen hatte.

In dem Moment als er das gesammelte Shouki nach ihr warf, hatte Lina die Beschwörung für ihren nächsten Zauber beendet. „Flare Arrow!“ Die Feuerlanzen und der Shoukiball trafen sich in der Luft und explodierten und die Druckwelle warf Lina den Flur entlang gegen die hintere Wand.

Sie blieb einen Moment überrascht in den Trümmern liegen und stöhnte leise. In der Wand hinter ihr zeichneten sich kleine Risse ab. Verzweifelt versuchte ihre Gedanken für einen neuen Spruch zusammen zu kriegen, aber sie wusste, die Zeit war viel zu knapp bevor der Mazoku sie erreichen würde.

Der Mazoku wollte gerade endgültig auf ihre am Boden hockende Gestalt zurasen als Zelgadis Stimme ertönte. „Astral Break!“ Der Mazoku schrie und Lina sah verschwommen seine gekrümmte Gestalt und Zelgadis Umriss dahinter, doch dann brach der Schrei ab und eine erneute Druckwelle raste heran.

Ein Schutzschild flammte hinter dem Mazoku auf als sich Zelgadis duckte und Lina rollte sich zur Seite und aus dem Weg. Noch etwas benommen richtete sie sich langsam wieder auf und überlegte schnell wie sie den Mazoku am besten aufhalten konnte.

Er musste verdammt stark sein, wenn er einen Astral Break einfach so abstreifen konnte, aber mit Lina, Gourry, Amelia und Zelgadis um ihn war er trotzdem umzingelt. Das schien ihm auch aufgefallen zu sein, denn er machte anscheinend Anstalten sich noch ein Stockwerk tiefer zu sprengen. Lina versuchte sich auf einen neuen Zauber zu konzentrieren, als sie eine Hand schroff zur Seite stieß.

„Aus dem Weg“, sagte die oberste Priesterin des Erdtempels gebieterisch, schritt vor Lina und streckte die Hand aus. Hinter dem Mazoku sah Lina in diesem Moment Menaros neben Zelgadis treten. Seine Lippen bewegten sich so als murmelte er denselben Spruch, den auch die Priesterin angestimmt hatte.

Es krachte erneut, als der Mazoku mehr Tempelwände in die Luft jagte, die Decke knirschte bedrohlich und dann schrien Menaros und die Priesterin gleichzeitig ein fremdes Wort.

Weißes Licht gleißte aus beiden Richtungen auf, überflutete den Flur, traf sich um den Mazoku und umschlang seine Gestalt unbarmherzig. Er bäumte sich auf und Linas Trommelfelle zitterten als er weiteres Shouki freisetzte. Das Licht erzitterte unter seinem Ansturm, aber da waren nicht nur zwei Ryuzoku, die es aufrechterhielten. Lina erkannte plötzlich, das auch links und rechts hinter den Wänden ebenfalls Ryuzoku Position bezogen haben mussten, und sie schlossen den Kreis gemeinsam von den Seiten und oben und unten bis der Mazoku von einer Kugel eingeschlossen war und sie ihn unter schrillem Geschrei in den Trümmern des Tempels auf den Boden drückte.
 

***
 

Die Explosion, als der Mazoku durch die Decke brach, war so laut gewesen, dass sie den ganzen Tempel erschüttert hatte. Filia zuckte zusammen bei dem Donnern und rannte sofort los in die Richtung des Lärms. Sie hatte das schreckliche Gefühl, etwas lange Überfälliges wäre eingetroffen, und Angst schnürte ihr die Kehle zu.

Die Flure vor ihr waren plötzlich überfüllt von Ryuzoku, die aufgeschreckt durcheinander redeten, Filia entgegenkamen oder entschlossen den gleichen Weg wie sie einschlugen.

Mit der Explosion hatte Filia begonnen eine starke Ansammlung von Shouki zu spüren, völlig fremd in einem Drachentempel, und sie folgte ihr zielsicher, auch wenn sie auf ihrem Weg wieder schwächer zu werden schien und der Lärm verebbte.

Als sie schließlich den Korridor zur Bibliothek einbog war weit vor ihr hinter einem großen Chaos aus Trümmern alles mit Ryuzoku überfüllt. Vor den Trümmern jedoch standen nur ein paar wenige Gestalten zusammen und unter ihnen konnte Filia Gourry erkennen. Sie trat neben seine kniende Gestalt. Über sich konnte sie drei Stockwerke nach oben sehen, denen allen die Decke fehlte, und vor ihr zwischen den Trümmern lag ein toter Ryuzoku.

Er schien noch sehr jung zu sein, vielleicht so alt wie Filia selbst, und man hatte ihm die Augen geschlossen. Sie blickte zu Gourry, der nachdenklich auf den leblosen Körper sah. Sie konnte seinen Blick nicht deuten.

„Was ist passiert?“ fragte sie mit zugeschnürter Kehle.

Gourry wandte den Kopf und schien sie erst jetzt zu bemerken. „Ein Mazoku ist vor uns durch die Decke gebrochen. Enrisia ist mit ihm gefallen, er hatte ihn wohl da oben aufgeschreckt. Aber ich glaube, er war schon tot bevor er aufschlug. Wir haben ihn eben erst bemerkt.“

„Enrisia?“ fragte Filia leise. „Ist das sein Name?“

Gourry nickte ernst und dann lächelte sie an. "Ich bin froh, dass dir nichts passiert ist, Filia.“

Filias Augen brannten.

„Gourry“, murmelte Filia. „Ich...“

Ein Schrei ertönte aus der Ryuzokumenge vor ihnen, aber er gehörte keinem Drachen und keinen Menschen. Filia blickte verstört auf.

„Wir sollten langsam vorgehen“, sagte ein Ryuzoku neben Filia grimmig. „Das Verhör scheint langsam Fortschritte zu machen.“ Genugtuung schwang in seiner Stimme mit und ein Hass, der Filia angst machte.

Es war ein Hass, der diesen ganzen Ort erfüllte und den alle Ryuzoku einstimmig zu fühlen schienen in diesem Moment.

Filia stand auf, legte Gourry kurz die Hand auf die Schulter und schritt nach vorne. Sie schob sich unnachgiebig durch die Menge bis sich vor ihr eine freie Fläche auftat, an deren Rand schräg vor Filia die fünf Mitglieder des Tempelrats zusammen standen.

Vor ihnen gleißte ein Pentagramm, über dem sich eine halbkugelförmige Lichtkuppel erhob und in deren Zentrum erhob sich gerade ein Mazoku langsam und verkrümmt wieder vom Boden.

Er war pechschwarz und seine ehemals menschlichen Formen waren verschwommen und verzerrt, denn ihn verließ die Kraft um seine Form aufrecht zu erhalten. Seine Augen jedoch glühten noch immer weiß und grausam.

„Ich werde meine Frage nun noch einmal wiederholen“, hörte Filia Menaros Stimme. Sie war sehr leise und sehr scharf und voller Groll. „Warum bist du in unseren Tempel eingedrungen?“

Der Mazoku sah ihn wortlos an und seine Miene schien sich in Spott zu verziehen.

Menaros hob eine Hand und der Mazoku fiel wieder zu Boden diesmal ohne einen Laut.

„Wer hat dich geschickt?“ fuhr er fort. „Wie bist du hier eingedrungen? Wie lange bist du schon hier?“ Bei jeder seiner Fragen ließ er den Mazoku erneut einen Schwall Schmerz erfahren bis er reglos am Boden lag.

Erst zögerlich richtete er sich wieder auf und fixierte Menaros wieder mit seinen Augen, die ihm das Versprechen gaben ihn umzubringen, sollte er je frei kommen.

„Spar dir deine Mühe Ryuzokudreck“, zischte er leise. Seine Stimme war dunkel und krächzend, als würde er Rauch einatmen und sein Mund war ein schwarzer Schlund, als er sprach, mit Zähnen wie Kohleklumpen. „Ich werde dir nicht antworten. Die Strafe, die mich dann erwarten würde, wäre viel größer als deine es je sein könnte.“

„Ist das so?“ fragte Menaros noch genauso ruhig wie vorher.

Neben ihm regte sich der hohe Priester des Tempels mit vor Wut geballten Händen. „Wenn du nicht antwortest“, fauchte er zitternd. „Werden wir dich töten!“

„Aber das werdet ihr doch sowieso“, sagte der Mazoku gleichgültig und streifte ihn verachtend mit einem Blick. Seine Augen wanderten ruhelos zwischen den Ratsmitgliedern hin und her und verloren sich in der Menge hinter ihnen. Und dann erblickten sie Filia.

Filia starrte in die weißen Augen, die wie gleißendes Höllenfeuer glühten, und sie hielten ihren Blick fest und wandten sich nicht ab. Der Mazoku sah sie an, fasziniert, während er sprach. „Ja, vielleicht werdet ihr mich töten, wenn ihr nicht zögert und eure Chance vertut, wie so oft. Dann ist das wohl mein Schicksal und meine Strafe, weil ich versagt habe. Aber vielleicht“, sagte er und sein Mund verzog sich zu einem frohen Lächeln, das alles Glück verbrannte. „Vielleicht wird mich ja auch meine Meisterin retten.“

Er sah Filia noch immer an und sie sah in seinen Augen, die sie gefangen hatten, dass er wusste, seit er sie erblickt hatte, dass sie dem gleichen Herrn dienten. Er sah sie an wie eine Verbündete und verbrannte sie damit.

„Meisterin?“ fragte Menaros alarmiert.

Seine Stimme klang laut in der Stille und Filia riss sich von den Augen los und sah ihn an. Er blickte zurück, starrte sie an, und ein ungeheurer Verdacht lag in seinen Augen. Stimmengewirr brandete plötzlich auf, als Filia fühlte wie sich immer mehr Augenpaare auf sie richteten, selbst als der Mazoku seine Augen schon wieder abwandte und gleichgültig zu Boden blickte.

Ihre Wangen wurden heiß und sie konnte sich nicht bewegen. Erstarrt sah sie Menaros an mit brennenden Wangen, bis jemand an ihrem Ärmel zog.

„Komm mit“, flüsterte Lina leise neben Filia. „Wir sollten von hier verschwinden.“

Stürmischer Besuch

Ach ja,

lange, lange ist es her
 

Es gibt ein neues Kapitel nach über einem Jahr! Ich hatte ein paar Probleme mit meinem Handlungsstrang, der erstaunliche Lücken hatte, und nicht sonderlich viel Zeit.

Jetzt sieht es eigentlich ganz gut aus bis ich zur nächsten Lücke komme…

Viel Spaß beim Lesen.
 

Kapitel 11 Stürmischer Besuch
 

Nachdem sie sich unter lauter vorwurfsvollen Blicken verzogen hatten, hielt die Slayerstruppe Kriegsrat.

Sie suchten sich dazu etwas entfernt ein leer stehendes Gästezimmer und kaum fiel die Tür ins Schloss, da sie auch alle gleich durcheinander redeten.

Man konnte nur hoffen, dass niemand sie belauschte...

„So ein blöder Mist!“ Lina trat enthusiastisch gegen eine von Laken verhängte Kommode und stieß danach einen Schmerzensschrei aus. Die nächste halbe Minute verbrachte sie damit, auf einem Bein und mit vor Wut glühendem Gesicht durch die Gegend zu hüpfen.

Filia sah ihr aus dem Schatten aus zu. Sie hatte sich gegen eine Wand gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt, und sah sehr blass aus. Ihre Wangen brannten noch immer.

„Was ist da eben eigentlich passiert?“ fragte Gourry besorgt.

„Und wie konnte so was passieren?“ fügte Zelgadis hinzu.

„Habt ihr bemerkt, wie die uns angesehen haben?“ sagte Amelia über dem Lärm. „Das war unheimlich.“

Filia schauderte, als sie an die anklagenden Blicke zurückdachte.

„Wundert dich das etwa?“ fragte Zelgadis kopfschüttelnd. „Bei einem Mazoku, einem Toten, einer verwüsteten Bibliothek und einer terrorisierten Küche seit unserer Ankunft, wäre ich aber auch misstrauisch geworden.“

Amelia schüttelte seufzend den Kopf und ließ sich auf ein Bettgestell mit einer unbezogenen Matratze darauf plumpsen. Neben ihr saß Lina, hatte ihren Stiefel ausgezogen und pustete gegen ihren schmerzenden Zeh.

Eigentlich eine völlig sinnlose Handlung, denn schließlich tat ihr der restliche Körper von ihren diversen Stürzen fast genauso stark weh.

Sie dachte an den Mazoku und verwünschte ihn und dann dachte sie an das Schutzsiegel, in dem er sich in diesem Moment befand. Vor gerade mal drei Wochen waren sie in der gleichen Art von Bann gefangen worden, Lina hatte die Energiemuster wiedererkannt. Und wenn sie daran dachte, dass ihr Angreifer darin fast zu Tode gefoltert wurde, drehte sich ihr der Magen um. Am liebsten würde sie Menaros erwürgen. Und Filia gleich mit ihm.

„Von wegen nicht gefährlich.“

Neben ihr drehten sich die Diskussionen im Kreis. Woher kam der Mazoku so plötzlich aus dem Nichts? Was wollte er hier? Wovon hatte er geredet und war er eigentlich lebensmüde hier einzubrechen?

Sie hörte noch einen Moment lang Amelia, Zelgadis und Gourry zu, bevor sie Kopfschmerzen zu bekommen begann.

Dann wandte sie sich mit einem Mal um und blickte Filia an und ein unbeugsamer Ausdruck trat in ihre Augen. Sie hatte genug davon rücksichtsvoll zu sein.

„Filia“, sagte Lina streng. „Was meinst du hat das alles zu bedeuten?“

Filia mied verwirrt ihren stechenden Blick.

„Ich weiß nicht...“, murmelte sie leise.

„Vielleicht sollte ich es anders formulieren“, sagte Lina. „Was hast du mit all dem zu tun? Was zur Hölle ist los mit dir? Du benimmst dich schon so komisch seit du wieder zu uns gestoßen bist. Ich will jetzt endlich wissen, was los ist, und ich will wissen, was du getrieben hast, dass wir plötzlich von Ryuzoku eingesperrt werden und Mazoku von der Decke fallen.“

Lina war immer lauter geworden, während sie sprach und kochte regelrecht vor Wut, als sie endete und Filia mit ihren Blicken geradezu durchbohrte.

Filia hatte sich vor dem Moment gefürchtet, da ihre Freunde sie direkt fragen würden, was passiert war, und sie mied jetzt ihren Blick und verschränkte besorgt ihre Fingerspitzen. „Es tut mir leid, Lina, aber das kann ich euch nicht sagen. Es... ich würde euch damit in viel zu große Gefahr bringen. Bitte, das will ich einfach nicht riskieren.“

„Wir stehen kurz davor verhaftet zu werden“ bemerkte Lina. 'Oder zumindest du stehst kurz davor'. „Meinst du nicht, das ist Gefahr genug?“

„Das sind nur Ryuzoku, das kann man gar nicht vergleichen“, murmelte Filia und dachte an Zeras kalte Krallen. Wenigstens waren sie hier nicht in Lebensgefahr. Das hoffte sie zumindest.

„Das heißt also“, fiel Zelgadis ihr ins Wort „es geht hier um etwas oder jemanden, der schlimmer ist als Ryuzoku. Nun, da gibt es ja noch Einiges...“

„Das ist Ansichtssache“ murmelte Lina.

„...Mazoku zum Beispiel?“ Es war nicht unbedingt auf Beweise begründet, aber die Angst, die kurzzeitig in Filias Augen aufgeblitzt war, hatte Zelgadis auf den Gedanken gebracht, dass es kaum etwas anderes sein konnte. Aber warum war Filia nur so verstört, obwohl sie selbst vor Dark Star Nerven bewiesen hatte?

Filia schwieg mit roten Wangen.

„Aha“, sagte Lina triumphierend „Mazoku! Der Tag wird wirklich immer besser. Aber“, fuhr sie fort, während sich ihre Miene unwillkürlich verdüsterte „es ist ja nicht gerade so als, ob wir noch nie mit denen zu tun gehabt hätten. Warum sagst du uns also nicht, wo du da rein geraten bist, Filia?“

'Weil ich mich schuldig fühle!' schrie es in Filias Gedanken. 'Weil ihr mir nicht helfen könnt, weil ihr niemals mit Zeras zu tun haben sollt.'

„Wir haben Dark Star besiegt. Und Chaos Dragon Gaav und Hellmaster Phibrizo haben wir eindeutig überlebt. Außerdem beherrsche ich das Laguna Blade. Es ist einfach lächerlich, uns nichts zu sagen, nur weil Mazoku hinter dir her sind.“

Lina versuchte so viel Überzeugungskraft wie möglich in ihre Worte zu packen, auch wenn Zelgadis Worte ihren Magen dazu gebracht hatten, einen Temperatursturz in Richtung Kühlschrank mitzumachen. Wenn es etwas gab, was sie nicht leiden konnte, dann war es Ärger mit Mazoku. Was hatte sie der Welt eigentlich angetan, dass sie es immer wieder mit denen zu tun bekam?

Lina hatte schon genug von ihrem Glück aufbrauchen müssen um das ganze Chaos zu überstehen, das sie hinter sich hatte, und auf mehr davon konnte sie sehr gut verzichten.

„Es sind aber nicht einfach nur Mazoku“, sagte Filia leise und sah langsam auf. Sie war nun ebenfalls wütend. „Das ist zehnmal komplizierter und je weniger ihr davon wisst, desto besser für euch.“

Der Tag an dem Lina mit ihrer und Xellos Hilfe Dark Star in die Schranken gewiesen hatte, war ihr bei Linas Worten wieder lebhaft vor Augen getreten, aber mit ihm auch die Gewissheit, dass weder Galeria noch Gorn Nova noch in ihrer Reichweite waren um etwas gegen Zeras unternehmen zu können.

Sie wollte nicht Linas Gesicht sehen müssen, wenn sie ihr sagte, dass ihr Gegner dieses Mal Xellos sein würde, wollte sie Filia mit Gewalt aus ihrer misslichen Lage befreien.

„Ich kann dir nur so viel sagen“, fuhr Filia fort „dass ich wirklich keine Ahnung habe, was dieser Mazoku hier zu suchen hat. Ich habe ihn nie zuvor gesehen und ich weiß nicht zu wem er gehört...“

...gehört. Filia fiel es siedend heiß wieder ein. Sei musste Zeras Bericht erstatten. Der Mazoku war genau die Art von unerwartetem Zwischenfall, den Xellos erwähnt hatte. Anscheinend konnte sie sich jetzt über noch etwas Gedanken machen.

„Wunderbar“, sagte Zelgadis. „Das heißt also im Klartext, dass wir nicht den geringsten Schimmer davon haben, was heute passiert ist. Wir sind genauso schlau wie vorher.“

„Aber wir werden heute erfahren, warum Filia ständig so aussieht als stände sie unaufhörlich vor einem Nervenzusammenbruch“, fügte Lina unbarmherzig hinzu. „Du wirst diesmal nicht darum herum kommen auszupacken. Also?“

„Ich kann nicht!“ stieß Filia hervor, die langsam richtig verzweifelt wurde. Sie sah Lina nicht mehr, nur noch ein Wolf stand vor ihren Augen, der auf sie lauerte. „Bitte, Lina, ihr könnt mir nicht helfen. Ich darf es euch nicht sagen und ich will auch nicht, denn dann geratet ihr in Gefahr. Ich... ich habe einen Fehler gemacht oder vielleicht auch nicht, jedenfalls muss ich jetzt dafür gerade stehen. Und ihr könnt nichts gegen das ausrichten, mit dem ich es zu tun habe, das geht einfach nicht, das ist unmöglich."

Filia zitterte, als sie innehielt, aber als sie es wagte den Blick wieder auf die anderen zu heften wäre sie vor Frustration fast umgekippt.

Amelia und Zelgadis gähnten, Gourry trug seine ich-habe-mal-wieder-gar-nichts-verstanden-aber-Lina-wird-es-mir-bestimmt-nochmal-erklären Miene zur Schau und Lina selbst rollte genervt die Augen.

Sie trommelte ungeduldig mit einem Fuß auf den Boden und starrte sie unbeeindruckt an.

„So kommen wir nicht weiter“, bemerkte Lina gereizt. „Wie wäre es, wenn du uns jetzt endlich sagst, wen wir für dich in den Hintern treten müssen, damit wir es hinter uns bringen können?“ Ihre Stimme nahm einen gefährlichen Unterton an „Niemand führt Lina Inverse an der Nase herum und du hast jetzt lange genug Tragödie gespielt...“

Filia hatte das Gefühl gegen eine Wand geredet zu haben.

„Filia...“, sagte Zelgadis angespannt. „Falls du es noch nicht gemerkt hast, Lina sucht schon den ganzen Tag eine Möglichkeit alles um sie her in die Luft zu jagen. Sag ihr einfach, was los ist. Bitte, ich habe keinen Nerv mehr dafür noch einen Dragon Slave verhindern zu müssen, einer reicht mir völlig.“

Die Vorstellung Zelgadis hätte es lieber mit Xellos und Zeras gemeinsam zu tun, als Lina von ihrer Zerstörungswut abzuhalten, drängte sich Filia unwillkürlich auf. Und wahrscheinlich war das auch noch wahr.

Sie atmete einmal tief durch und zwang die Furcht aus ihren Gedanken zurück.Ob ihnen zusammen ein weiterer Kampf gegen übermächtige Mazoku bevorstand? Nun gut, warum eigentlich nicht?

„Also gut“, sagte sie schließlich und machte sich bereit alles auf eine Karte zu setzen. „Es ist so, ich...“

„Da seid ihr ja!“

Die Köpfe der Gruppe flogen herum und sie sahen Elaros, blass aber sehr lebendig in der Tür stehen. Lina hätte ihn am liebsten gleich mit erwürgt. Sie war so nah dran gewesen.

„Man hat nach euch gesucht. Ihr könnt doch nicht einfach verschwinden, nach allem...“ Er schüttelte aufgekratzt und fast entschuldigend den Kopf „Der Tempelrat hat beschlossen euch unter Zimmerarrest zu setzen. Bitte folgt mir.“

„Was?“ Linas Zerstörungswut-Barometer schien fast sichtbar nach oben zu springen. „Zimmerarrest? Was soll das heißen?“

„Hier herrscht im Moment das reinste Chaos“, sagte Elaros entschuldigend. „Bis alles wieder geregelt ist, soll weitere Unruhe vermieden werden...“

„Ach, und deswegen werden wir jetzt einfach eingesperrt?“ Lina verschränkte die Arme. „Ohne dass wir etwas getan haben.“

„Dieses Thema würde ich jetzt nicht ausweiten“, bemerkte Zelgadis kopfschüttelnd und sah auf Amelia, die ihn unschuldig anlächelte. Bis jetzt wagte sie es noch nicht wieder, ihr Lieblingswort in den Mund zu nehmen. Das war wohl gut für einige Nerven, aber er fragte sich insgeheim, wie lange Amelia das noch aushalten sollte.

„Bitte verkompliziert die Lage einfach nicht. Und denkt nicht, dass ich mich über diese Entscheidung freuen würde, schließlich kenne ich euch besser als die meisten hier.“ Elaros machte eine einladende Geste zur Tür. „Nach euch.“

Die anderen sahen sich an. Es wäre noch vieles zu besprechen gewesen.

Trotzdem, machten sie sich murrend, aber relativ friedlich auf den Weg. Der Tag war sowieso zu lang gewesen, um sich noch mehr aufzuregen. Und Elaros zu schicken, der ihnen in den letzten Wochen so hilfsbereit bei ihrer Bücherdurchsuchung zur Seite gestanden hatte, war auch kein schlechter Schachzug gewesen.

Auf ihrem Weg den Flur entlang begegneten sie ungewöhnlich vielen Ryuzoku. An jeder Kreuzung standen sie in Trauben zusammen und redeten eifrig aufeinander ein. Der ganze Tempel schien noch auf den Beinen zu sein, obwohl es langsam spät wurde.

„Was passiert jetzt eigentlich?“ fragte Amelia besorgt, als sie eine weitere grimmig dreinschauende Gruppe passierten. „Hier scheint noch einiges los gewesen zu sein.“

„Wir müssen das Chaos aufräumen“, sagte Elaros. „Die Decken abstützen, den Schutt wegräumen. Und die ganze Zeit wird diskutiert über diesen Mazoku, woher er kam, über Gefahren, Verräter, darüber warum unsere Schutzsiegel versagt haben... Und eine Trauerfeier müssen wir auch noch anberaumen.“

Sie hielten an um eine Gruppe passieren zu lassen, die mit Säcken, Flaschen, Kisten und einer Bratpfanne beladen vorbeischlurfte und möglichst unauffällig auszusehen versuchte.

„Ach ja, und die Küche zieht auch mal wieder um“, bemerkte Elaros sarkastisch.

Ein lautes Grollen ließ ihn zusammenzucken.

„Elaros“, sagte Lina fröhlich, während sie sich den Magen rieb. „Ich versichere dir in einer halben Stunde sind wir auf unseren Zimmern, aber vorher müssen wir noch einen lebenswichtigen Abstecher machen. Es ist ja schon längst Zeit fürs Abendessen.“

Sie war schon halb den Gang entlang, als Elaros sie wieder einholte. „Halt, Lina. Ich kann dich vielleicht nicht aufhalten, aber begleiten muss ich dich schon. Euch allein gehen zu lassen wäre wirklich unverantwortlich. Wir haben nämlich tatsächlich heute schon genug Ärger gehabt...“
 

***
 

Greater Beast Zeras lungerte in ihren Gemächern auf Wolf Pack Island herum und dachte an nichts besonders Böses, als zwei Besucher in ihren Machtbereich hereinschneiten.

Für einen Moment blieb sie einfach nur perplex sitzen. Dann zuckten ihre Finger verdächtig und sie richtete sie sich schnell und gereizt auf und trat in einen privaten Besprechungsraum, den sie schon lange nicht mehr benutzt hatte.

„Was zur Hölle?“ murmelte sie gereizt.

„Zeras!“ Die weite Flügeltür vor ihr sprang auf und eine schmale, hoch gewachsene Frau trat ein, mit einer undeutbar freundlichen Miene in ihrem blassen Gesicht. Sie lief als wäre der Boden unter ihren Füßen unwichtig und ihr Haar flatterte und lag still, als wäre die Meeresbrise nicht daran beteiligt.

„Wir haben uns lange nicht mehr gesehen.“

„Ja“, sagte Zeras langsam und ließ ihren Blick von der aufreizend höflichen Person vor ihr zu dem zweiten Besucher pendeln. Ein unscheinbarer, sehr attraktiver Mann mit einer Haltung, einem Gebaren und einer Miene aus uneinnehmbarer Kälte, der im Übrigen genauso genervt dreiblickte, wie sie selbst wahrscheinlich auch. Nur schien er schon seit einer etwas längeren Weile leiden zu müssen.

Zeras räusperte sich.

„Willkommen auf Wolf Pack Island, liebe Dolphin und Grausherra. Wie schön, dass ihr euch eingeladen habt.“

„Guten Tag, Zeras“, antwortete Grauscherra neutral.

Zeras schenkte ihm einen bitterbösen Blick. „Was in Shabranigdos Namen macht ihr hier?!“

Sie hatte die beiden Mazoku Lords schon seit Jahren nicht mehr gesehen und sie wusste keinen Grund, warum sie diesen Zustand hätten ändern sollen.

„Wir haben wichtige Neuigkeiten“, verkündete Dolphin gelassen.

„Ach ja?“ fragte Zeras, die noch immer sauer war. „Warum habt ihr mir dann nicht wenigstens einen Boten geschickt um eure Ankunft anzukündigen?“

'Oder um mir gleich die Neuigkeiten zu übermitteln und mich dann in Ruhe zu lassen.'

„Reg dich nicht auf“, sagte Grausherra. „Es ist vielleicht wirklich wichtig.“

Er trat in ihre Nähe und ließ sich langsam in einen der brokatverzierten Sessel nieder, die lose im Raum verteilt standen. Dolphin tat es ihm gleich und ließ sich mit im Schoss zusammengelegten Händen zurücksinken, während sie den Blick durch den Raum wandern ließ.

Von Krallen zerrissene, bemalte Tapeten, die einzigen auf ganz Wolf Pack Island, bunte Teppiche und längliche Fenster bildeten hier einen Kontrast zu allen anderen Zimmern des Palastes.

Der Raum war nicht groß, aber geräumig und Zeras dachte an eine der wenigen Male, da alle fünf Mazoku Lords zusammen hier gesessen und sich besprochen hatten. Das erste Mal waren sie alle noch sehr jung gewesen. 'Unerfahrene Dummköpfe', dachte sie spöttisch und dann dachte sie an das eine Mal, da alles mit einem großen Geschrei und einer spontanen Zimmerrenovierung geendet hatte. Konferenzen mit Mazoku Lords hielten wirklich allerlei Überraschungen bereit.

Zeras runzelte die Stirn. 'Na, das kann ja wieder heiter werden.'

„Wir haben einen gefunden“, sagte Dolphin in diesem Moment.

Zeras wurde daraufhin still. Ein Gedanke durchzuckte sie: Endlich... Jeder Muskel in ihrem Körper spannte sich an und sie grub ihre Krallen in den schönen Rahmen des Fensters, neben dem sie stand.

„Einen Einzigen“, fuhr Dolphin fort. „Und er war schon tot.“ Sie seufzte. Ihre zarten Finger strichen ihren blassblauen Seidenrock glatt. Zeras stechende Augen folgten ihr und jedem ihrer Wimpernschläge. „Da ist nichts, was wir noch von ihm erfahren können, nichts was wir aus seiner Leiche schließen könnten.“

„Aber?“ fragte Zeras gespannt.

„Der Standort“, sagte Dolphin. „Mein Diener hat ihn vor den Toren der alten verseuchten Bergfestung gefunden. Schau nicht so ungläubig“, fügte sie hinzu, als Zeras sie weiterhin anstarrte. „Wir wissen auch nicht, was er da zu suchen hatte, aber er lag wirklich direkt vor ihren Toren. Inzwischen hat sich das Shouki natürlich längst verflüchtigt.“

Ihr Blick verdunkelte sich.

Sie wandte den Kopf leicht zur Seite, als habe sie vergessen weiter zu sprechen, und begann sich unvermittelt in den Anblick einer gebleichten und ebenfalls zerrissenen Samtgardine zu vertiefen. Kein Funken Sonnenlicht spiegelte sich in ihren Augen.

„Aber die Festung“ sagte Zeras langsam. „Wir sind schon seit Ewigkeiten nicht mehr dort gewesen. Da gibt es doch rein gar nichts Interessantes, nur ein verrücktes nutzloses Gemäuer.“

„Vielleicht war es auch Zufall“, sagte Dolphin achselzuckend. „Oder wohl eher nicht.“

Zeras fühlte sich verblüfft und ihre Gedanken sprangen durcheinander wie ein Wirbelsturm. Alle ihre Theorien, die sie in den letzten Monaten angestellt hatte, lösten sich vor ihren Augen in Luft auf und ließen sie ohne jeden Plan zurück.

Umgehend schickte sie eine mentale Botschaft an einen ihrer Boten. Ihr lieber Xellos musste unbedingt hiervon erfahren. Sachen, die keinen Sinn ergaben waren ja schon immer sein Aufgabenfeld gewesen. Und mal sehen, was er daraus machen konnte.

„Dolphin fand diesen Fund so wichtig“, bemerkte Grausherra gerade „dass sie direkt zu mir gekommen ist. Und mich... nun, überzeugt hat, sie zu dir zu begleiten.“

Er selbst war eindeutig mehr genervt als aufgeregt. Den beschuldigenden Blick, den er Dolphin zuwarf, schien diese kaum zu bemerken.

„Um es gleich zu sagen, ich gebe schon zu, dass es zumindest eine Spur ist, aber allem Anschein nach wird sie sich unweigerlich im Sand verlaufen. Und im Übrigen“, fügte er noch stirnrunzelnd hinzu. „Ich bezweifle wirklich, dass diese ganze Angelegenheit überhaupt so wichtig ist. Womöglich verschwenden einige von uns sehr kostbare Zeit. Und streuen zudem unnötige Ungewissheiten.“

Er warf Zeras einen Blick dabei zu, aber sie ging nicht darauf ein. Sollte er doch noch ein wenig schmoren, dachte sie böse.

Die Langeweile und noch mehr der Verweis in seiner Stimme missfielen ihr sehr.

Sie hatte sich inzwischen auf den halb zersplitterten Fenstersims hinter sich gesetzt und betrachtete weiterhin ihre unerwarteten Gäste. Die Sonne wärmte ihren schmalen Rücken und ihr Körper warf einen langen Schatten in den düsteren Raum.

„Das ist aber Schade“, sagte sie gedehnt. Ein spöttisches Knurren vibrierte in ihrer Kehle mit. „Dass du dem Verschwinden von über zehn höherrangigen Mazoku keine große Bedeutung beimisst.“

Dynast sah sie wütend an.

„Ganz zu schweigen von dem Rest...“

„Einer meiner Diener ist schon längst auf dem Weg zur Festung“, sagte Grausherra verärgert und seine schön geschwungenen Augen fixierten Zeras böse. „Er wird helfen sich der Sache anzunehmen. Ich bin nicht nachlässig Zeras. Aber“, und er erhob sich nachdrücklich, während er sprach. „Ich meine noch immer, dass es trotz allem unsere erste Pflicht ist, nach Red Ruby Eyes Wiedergeburten zu suchen. Das und nichts anderes.“

Sein Blick pendelte von einer Mazoku zur anderen, während er sprach, und selbst Dolphin hatte nun einen wütenden Zug um den Mundwinkel. Zeras Augen sprühten Funken und sie hatte sich weit vorgebeugt.

Was fiel ihm ein sie in ihrem eigenen Domizil belehren zu wollen?

Und dachte er etwa, sie und Dolphin würden ihre anderen Pflichten vernachlässigen?

Das war so was von unverschämt.

„Womöglich“, fuhr Dynast unbeirrt fort „verliert unser Dark Lord etwas von seiner Kraft, wenn seine Seele zu lange zerteilt und in Menschen eingeschlossen ist. Die Zeit arbeitet gegen uns, aber für die Shinzoku. Ein paar Verluste unter Dienern“, er schnaubte abfällig „sind nebensächlich dagegen.“

„Du redest völlig am Thema vorbei“, sagte Dolphin freundlich. Sie hatte sich nicht erhoben und kaum gerührt und nur ihre blassen Finger wirkten ein wenig verkrampft.

„Du vergisst, dass wir nicht wissen, warum sie verschwunden sind. Möglicherweise steht eine große Gefahr für uns dahinter. Es wäre leichtsinnig, sie zu missachten.“

„Ach ja?“ erwiderte Grauscherra grimmig. „Meiner Meinung nach hat ein Shinzoku sie umgebracht. Das ist natürlich und vollkommen wahrscheinlich und enthüllt uns keine Gefahr, die wir nicht schon kennen.“

„Alle?“ fragte Zeras ungläubig. „Ohne, dass wir was davon gemerkt hätten? Das glaubst du doch wohl selber nicht. Und überhaupt, wie passt das zu Dolphins Bericht? Wie sollte dann plötzlich einer von ihnen zur Bergfestung kommen, wo ihn dein Shinzoku doch schon längst umgebracht hat?“

„Es ist sinnlos“, erwiderte Grausherra „mit euch lässt sich nicht reden.“

'Mit dir, aber auch nicht', dachten Zeras und Dolphin gleichermaßen genervt.

„Ihr habt meinen Diener, der sich an euren Nachforschungen beteiligen wird. Den Rest lege ich in eure Hände.“

Grausherra nickte kurz den beiden Damen zu und wandte sich zum gehen. Er hatte von Anfang an nicht herkommen wollen und ergriff nun die erste sich bietende Möglichkeit wieder zu gehen.

Dolphin hob sanft eine Hand zum Abschied und Zeras stieß sich ein wenig von ihrer Fensterlehne ab und nickte ihm hoch aufgerichtet zu, während er sich umwandte und den Raum und kurz darauf die Insel verließ.

Greaster Beast seufzte kurz, stützte die Ellbogen auf den zerkratzten Fenstersims hinter sich und sah müde aus dem Fenster. Die Dämmerung brach nun herein und die Wildvögel waren schon fast ganz verstummt.

'Zumindest sind wir uns diesmal relativ einig gewesen', dachte sie gedankenverloren.

'Keine demolierten Möbelstücke diesmal, die auf meine Wiese hinunter krachen...'

Aber sie konnten ja auch nicht so weiter machen, bevor sie noch weniger wurden.

Hinter ihr kuschelte Dolphin sich verträumt in ihre weichen Sesselpolster und zog schläfrig die Beine an.

'Das ist Dolphin', dachte Zeras und lauschte dem Geräusch von raschelndem Stoff und knarrenden Polsterfedern. 'Sobald es Streit gibt, stellt sie sich einfach taub. Und ihr Geist geht ich weiß nicht wohin...'

Tja, so hatte sie Dynast wohl auch aus seiner Burg raus schleifen können. Sie hörte ja einfach nicht zu, wenn ihr jemand widersprach.

„Warum ist dir die Festung so wichtig“, fragte Zeras unvermittelt und ritzte mit ihren Krallen nachdenklich ein paar neue Furchen in das Simsgestein, auf das sie sich stützte „dass du persönlich zu uns gekommen bist?“

Es raschelte wieder hinter ihr. Zeras spürte, wie Dolphin sie musterte, aber sie wandte sich nicht um, sondern vertiefte sich darin ihre Nägel tiefer über den Rahmen zu ziehen. Ein schrilles Geräusch, so als würde sie eine Schiefertafel entlangfahren, sang durch die drückende Stille in dem verwüsteten Raum.

„Nicht der Standort“, murmelte Dolphin undeutlich. „Der Mazoku.“

„Was meinst du?“, fragte Zeras leicht verwirrt. „Was ist mit ihm?“

„Tot...“, sagte Dolphin leise und vergrub das Gesicht in den Armen. Ihr blaues Haar fiel wie ein Schleier vor ihr Gesicht und ihren Körper hinab. Ihre Stimme war ein Flüstern. „So grausig ruiniert.“

Zeras wandte sich um. Sie sah Dolphin im Schatten sitzen und sie müde hinter ihren Armen her anstarren mit Augen, die schillerten wie Wasser im Licht. Ein trotziger Zug lag um ihren Mund.

„Ich kenne nur die Berichte, Zeras“, sagte sie leise. „Aber es war nicht schön.“

Zeras starrte Deep Sea verblüfft an. Was war nur wieder in sie gefahren?

„Dolphin, du bist echt nicht normal.“

Deep Sea hob entrüstet den Kopf.

„Natürlich nicht“, erwiderte sie würdevoll. „Ich bin ein Mazoku Lord.“

Zeras zog die Brauen hoch.

„Aber auch Mazoku Lords haben bestimmte Maßstäbe“, sagte sie gedehnt und schritt geschmeidig auf sie zu. „Für ein für uns normales Verhalten.“ Sie bewegte vage die Hände. „Irgendwelche.“

„Ist das so?“, fragte Dolphin und erhob sich unvermittelt vor ihr und plötzlich war sie wieder so stolz und unnahbar und mächtig wie Zeras selbst. „Nun, dann scheinen wir doch nicht so frei zu sein wie wir denken, Zeras. Dann sind auch wir mächtigen Mazoku in Fesseln gelegt“, und in den Spott ihrer Stimme mischte sich Trauer, Bitterkeit und Mitleid, als sie weitersprach.

„Vielleicht spürst du sie nicht, Zeras, aber sie sind da. Und zerreißen uns lieber als brechen zu wollen.“

Verräter

Kapitel 12 Verräter
 

Es war schon spät in der Nacht und Filia konnte nicht schlafen. Während Mondschein blass und weiß in ihr bewachtes Zimmer im Erdtempel fiel, tat ihr der Kopf weh und ihre Gedanken verliefen sich in Sackgassen.

Was sollte sie nur tun?

Dieser fremde Mazoku, Filia wusste nicht, wer er war und wer ihn geschickt hatte, aber er hatte sie in Schwierigkeiten gebracht. Er hatte sie angestarrt, hatte zu ihr gesprochen, als hätte er gewusst, dass sie dem gleichen Herrn dienten und dieses Wissen, das in seinen Augen stand, schien wie ein Funke auf die Ryuzoku übergesprungen zu sein.

Die dachten jetzt wahrscheinlich, sie sei die Herrin des Mazokus, den sie in ihrem ganzen Leben noch nicht gesehen hatte, und überlegten sich, wie sie sie am besten verhören konnten. Und selbst wenn sie noch mal Glück hatte und niemand handelte, so blieb doch der Verdacht, dass der Mazoku wegen ihr gekommen war, in Filias Gedanken. Wegen wem denn sonst?

'Dann trage ich Mitschuld an dem Kampf und den Toten', dachte Filia. Und dabei hatte sie noch nicht mal selbst etwas getan.

Sie zitterte leicht.

Das also waren die Konsequenzen, wenn man von der Gnade eines Mazokus lebte. Was hatte sie sich nur dabei gedacht? Nun, nichts natürlich, sie hatte Angst gehabt, aber die Erkenntnis um all das, was ihre Entscheidung bedeutete, ließ sich nun nicht mehr verscheuchen, wurde deutlicher, drang von allen Seiten auf sie ein und ließ den bittersten Nachgeschmack zurück.

Verräter...

Mit einem Ruck setzte sich Filia auf.

Sie stellte die Füße auf den Boden neben Kesharos Ohren, der neben ihrem Bett schlief. Die Ohren des Wolfes zuckten, er öffnete die Augen und streckte sich gähnend. Müde rieb er den Kopf an ihr Bein und winselte leicht.

Folgsam trottete er ihr nach als sie zum Fenster schritt.

Filia hatte kurz mit dem Gedanken gespielt, sich Menaros und den anderen Drachen anzuvertrauen, es dann aber sofort wieder verworfen. Von Ryuzoku sollte sie in dieser Angelegenheit lieber erst gar keine Gnade erhoffen.

Deswegen beugte sie sich jetzt zu Kesharo hinab, der den Rocksaum ihres Kleides beschnüffelte.

Sie packte den Wolf mit beiden Armen, hob ihn hoch und setzte ihn auf den schmalen Fenstersims. In Stein gemeißelte Ranken bildeten seinen Rahmen und es war weit und hoch, um so viel schwaches Waldlicht wie nur möglich einzufangen.

Auf ein paar steinerne Blütenkelche gestützt kletterte Filia nach draußen und scannte weit auf dem schmalen Sims hinausgelehnt ihre Umgebung nach Wachen ab. Unter ihr ging es gute zwei Stockwerke in die Tiefe.

Filia versicherte sich zuerst, dass sie unbeobachtet war, dann griff sie in die zwei Schutz- und Warnzauber, die sie um den Tempel her in den letzten Stunden aufgespürt hatte, und bereitete sich darauf vor für ein paar Sekunden möglichst unbemerkt eine Lücke darin zu schaffen.

Schließlich, als sie alle Vorbereitungen getroffen hatte, packte sie das Nackenfell des Wolfes neben sich und stürzte sich mit ihm in die Tiefe. Spurlos durchstießen sie die Schutzschilde und schlugen im nächsten Moment nahezu ungebremst auf dem Waldboden auf.

Ein dumpfer Schmerz erfasste Filias linke Körperseite, während sie sich so gut es ging abzurollen versuchte. Ein unterdrücktes Jaulen drang an ihr Ohr und ihr wurde kurzzeitig schwarz vor Augen. Einige Sekunden vergingen, dann kam sie langsam wieder zu sich und setzte sich auf um sich die Bescherung ansehen.

Sie hatte ihre gesamte Konzentration für die Umgehung des Schutzschilds benötigt und sich bei dem Fall in die Tiefe ganz auf die Widerstandskraft ihres Drachenkörpers und die des Mazokus verlassen.

Blaue Flecken und ein paar tiefe, blutende Schnitte an ihrer Hand und am Arm auf der Seite mit der sie zuerst aufgeschlagen war, waren ihr Preis dafür. Kesharo war völlig unverletzt, trotz seines vorwurfsvollen Winselns.

Er leckte ihr das Blut von den Fingern.

Filia hatte Angst. Nicht vor den Ryuzoku, sondern vor sich selbst, denn sie hatte sich mit den Mazoku verbündet. Gerade ein paar Wochen waren hier vergangen und schon hatte sie zwei Mazoku in diesen heiligen Tempel gelockt, der doch im Grunde die Werte verteidigte, an die auch sie noch glaubte, wenn auch aus einem anderen Blickwinkel. Die Werte, für die sie gekämpft hatte.

Mazoku standen für Zerstörung. Sie verbreiteten Leid und Schmerz und sie wollten die Welt vernichten, egal was sie auch taten, dies war ihr eigentliches Ziel. Und indem Filia Zeras diente, half sie dabei, denn egal wie sie es drehte und wand Zeras würde sie für ihre Zwecke benutzten, würde einen Vorteil ziehen aus allem, was sie Filia befahl. Mit jedem Befehl, den Filia ausführte half sie ihr, gerade jetzt auf diesem Auftrag nutzte sie ihr, gerade jetzt verriet sie das Leben und wurde zu den Verrätern, von denen die Ryuzoku heute gesprochen hatten.

'Es muss aufhören', dachte Filia. 'Und zwar bald.'

Sie musste Zeras darum bitten ihren Auftrag abbrechen zu dürfen, um nicht noch mehr Unglück heraufzubeschwören.

Filia streckte die gesunde Hand aus, strich durch Kesharos Fell und zog ihn sanft mit sich hinaus in den Wald.

„Komm, es wird Zeit für dich zu gehen.“

Der Wolf gähnte und trottete dann folgsam hinter seiner Herrin her, über den verlassenen Platz und in das Dickicht dahinter. Bald klangen ihre Schritte gedämpft und der Tempel war aus ihrem Sichtfeld verschwunden. Müde dachte Filia daran, dass alles viel zu glatt lief, aber sie hatte kein Interesse daran diesen Gedanken zu Ende zu führen. Sie wollte ja auch nicht lange weg, nur ihren Boten wollte sie losschicken um Hilfe zu bekommen oder was auch immer. Und wenn sie sich beeilte würde sie schon wieder im Tempel sein, bevor jemand ihr Fehlen bemerkte.

Leise begann sie die Zeilen für einen Heilzauber zu zitieren, während sie tiefer im Wald verschwand.
 

***
 

Die Uhr tickt langsam und unnachgiebig und eisige Augen blicken erwartungsvoll in die Nacht.
 

.....

„Jemand hat den Tempel verlassen.“

.....

„Was machst du hier so spät?“

.....

„Hier, das Siegel hinter der Tempelmauer wurde gesprengt, wer war das?“

.....

„Entschuldige, Lina, aber... Ich wollte eben zu Filia. Sie ist weg.“

.....

„Ruf die Bereitschaftswache zusammen, wir werden das untersuchen und diesmal wird man uns nicht überraschen.“

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„Ich dachte, die Zeit zerrinnt uns unter den Fingern.“

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„Der Mazoku ist noch da und in Ketten, aber er ist unruhig...“

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„Weck die anderen. Wir müssen sie finden!“

.....

„Ist das... Blut?“

.....
 

Bald ist es so weit.
 

***
 

Einige hundert Meter vom Tempel entfernt zerrte etwas an Filias Ärmel.

Sie blieb stehen und warf einen aufmerksamen Blick auf ihre Umgebung. Dieser Teil des Waldes war etwas lichter, als der, aus dem sie gekommen war, denn die hohen Laubbäume, die hier vorherrschend waren, standen weiter auseinander als üblich.

Wie verbogene Pfähle brachen sie aus dem Gras und lagen sie im Schatten so hatten sie Gesichter. Die niedrigsten Äste waren Arme und sie reckten sich Filia sehnend entgegen und schaukelten im Wind.

Vereinzeltes Sternenlicht brach durch das lichte Blätterdach und malte Lichtpfützen in die düstere Szenerie. Durch das Licht konnte Filia recht weit sehen, einige Meter schon, und alles war still um sie. Fast friedlich und ein wenig zeitlos, wie in einem Traum.

Sie kniete sich neben Kesharo, der noch immer ihren Ärmelsaum im Maul hatte, legte eine Hand unter sein Kinn und hob vorsichtig seinen Kopf. Sein Fell war warm und kitzelte an ihren Fingerspitzen und so nah sie ihm war, spürte sie seinen heißen Tieratem auf ihrem Arm und roch noch ihr eigenes Blut.

Es war so düster, dass seine grünen Augen ganz dunkel zu sein schienen, aber sie versuchte trotzdem den Ausdruck darin zu erraten. War es Verspieltheit oder Grausamkeit? Als ein dunkles Gefühl in ihr wach wurde, wusste sie, dass man diese Augen wieder fürchten konnte und etwas in ihr atmete erleichtert auf.

„Endlich“, stieß Filia hervor. „Das wurde höchste Zeit.“

Sie beobachtete, wie Zeras Wolf unruhig von einer Pfote auf die andere trat und sich heftig zu schütteln begann, so als wäre er triefendnass und wolle das Wasser aus seinem Pelz schleudern. Wahrscheinlich war es das Vergessen, dass er abschüttelte, während er langsam erwachte. Er knurrte unterschwellig und seine Ohren zuckten nervös und orientierungslos, während Filia wie ein Wasserfall zu reden begann.

„Du bist verwirrt. Aber so ist das wohl, wenn man aufwacht. Weißt du was geschehen ist in den letzten Wochen? Ja? Gut.

Du musst jetzt nämlich los. Erzähl Xellos von dem Mazoku. Sag ihm, was hier passiert ist.“ Ein Ruck durchlief den Körper des Wolfes, während sie sprach und sie wusste, sobald sie ihn losließ würde er ihr den Rücken kehren und sich auf den Weg machen. Er war jetzt schon unruhig und sie auch, denn eine Präsenz lauerte in ihrem Hinterkopf.

Sie sah den Wolf eindringlich an und betete, dass er sie verstand. „Und sag Xellos, dass er etwas tun soll. Mir wird das hier alles langsam zu viel...“

In diesem Moment erkannte sie die Präsenz.

„Zur Seite!“ schrie Filia und warf sich blitzschnell gegen Kesharos Flanke.

Sie stürzten beide zu Boden und in eben diesem Moment raste etwas über sie hinweg. Es streifte flüchtig Filias Rücken und sie fühlte Wärme und ein leichtes unangenehmes Prickeln, aber Kesharo heulte auf vor Qual.

„Vorsicht“, murmelte Filia benommen von dem plötzlichen Sturz. „Die Magie... ist heilig.“ Ihr wurde schlecht. Noch während sie gefallen war, war ihr klar geworden, dass sie das eben nicht hätte tun dürfen. Aber es war schon zu spät gewesen.

Noch im Gras liegend sah Filia den Wolf davon springen, halb rennend halb humpelnd, getragen von dem Schwung, den sie ihm durch ihren Stoß gegeben hatte. Er schlug unablässig Haken, während drei weitere Geschosse um ihn her explodierten und über ein viertes machte er einen gewaltigen Satz hinweg. Sein Körper bog sich im Sprung und noch bevor seine Pfoten den Boden wieder berührten, war er verschwunden.

Er hatte die Astral Plane erreicht und die Chancen, dass er nun entkommen würde, standen jetzt sehr gut.

Nach einer kurzen Pause detonierte eine weitere Salve Geschosse auf dem imaginären Weg, den der nun unsichtbare Wolf nehmen musste, um ihn vielleicht doch noch zu erwischen, während Filia sich auf Hände und Knie stützte und den Kopf drehte.

Fünf Detonationen hatte es gegeben als sie hingefallen war, fünf weitere zischten jetzt über ihren Kopf hinweg und so waren es auch fünf Ryuzoku, die etwa zehn Meter entfernt am Rande ihres Sichtfelds Position bezogen hatten. Sie standen in zwei Reihen und die drei Hinteren waren Mitglieder der Wachtruppe des Tempels.

Filia konnte fast nur ihre grauen Silhouetten erkennen, doch auf die beiden Ryuzoku vor ihnen fiel ein wenig Mondlicht und erhellte ihre Gesichter. Filia wünschte fast, es wäre nicht so gewesen, denn einer von ihnen war Menaros.

In seinem Gesicht stand blanke Wut geschrieben.

„Verräter!“

Menaros Stimme klang genauso hart, wie bei dem Verhör, dass er dem Mazoku zuteil hatte werden lassen. „Filia Ul Copt, du hast einem Mazoku zur Flucht verholfen. Hiermit bist du verhaftet!“

Der fünfte Ryuzoku war der Älteste.

Er sah Filia auf eine Weise an, bei der sie im Boden versinken wollte vor Scham. Niemals, niemals würde sie ihm oder sich erklären können, warum sie das hier tat und sie alle verriet, ihr Volk verriet. Warum sie ihr Leben verriet.

Ihr wurde schrecklich kalt.

„Ergib dich freiwillig.“ Menaros Stimme drang aus der Ferne zu ihr, wie aus einer anderen Welt.

„Nein“, murmelte Filia unwillkürlich, aber doch laut genug, dass man sie verstand. 'Es ist zu spät...'

Ihr Blick kehrte zu Menaros zurück, als ihr Instinkt sie warnte.

Er hob die Hand und machte damit zuerst eine Geste nach links und dann nach rechts, wie ein Straßenpolizist, der eine Kreuzung dirigiert. Dann hob er die Hand hoch über den Kopf. Als sie niedersauste wie ein Schwerthieb, war dies das Startsignal.

Die drei Krieger hinter ihm stürmten los mit gezogenen Schwertern. Filia sah sie kommen und hatte schon halb ihren Spruch zitiert. Sie wich dem ersten Schlag und einem Drachenatem aus, zog mit einer Hand ihre Keule hervor, schlug dem zweiten Angreifer noch geduckt gegen die Kniescheibe, das es krachte und wusste der Schwerthieb des dritten Angreifers würde treffen.

„Dale Brand!“, schrie sie.

Sie kannte den Zauber von Lina.

Selbst hatte sie ihn nie gelernt, weil er auf bloßer, zielloser Zerstörung basierte. Aber Lina hatte ihn so oft vor ihren Augen angewandt, dass er Filia leicht von der Hand ging, obwohl sie ihn nun zum ersten Mal selbst zitierte.

Der Boden um sie explodierte, Gras und Steinsplitter stoben um sie auf, die unversehrt im Zentrum stand, und die Ryuzoku wurden in die Luft gerissen. Der Ryuzoku, dessen Knie sie verletzt hatte, besaß nicht mehr genug Konzentration, um seinen Flug zu korrigieren, und knallte mit voller Wucht gegen einen Baumstamm. Er sank besinnungslos daran herab.

Die anderen beiden fingen sich ab und landeten ein paar Meter entfernt.

Filia spürte Magie und hechtete zur Seite. Sekunden später schlug dort, wo sie gestanden hatte, etwas ein und es war viel zu stark. Filia fuhr der Schreck in die Glieder. So was konnte töten. Der Druck, der bei der Detonation entstand erfasste sie. Sie war dem Geschoss noch viel zu nah gewesen und die Wucht der Explosion warf sie zu Boden inmitten rauchender, aufgewühlter Erde.

Mühevoll versuchte sie ihren nächsten Spruch zu Ende zu zitieren. Es sollte 'Lighting' sein. Sie musste ihre Gegner ablenken und schnellstens fliehen, denn schon spürte sie, wie sie ihr Magielimit erreichte. Es war noch immer zum heulen erbärmlich.

„Gray Bomb!“

Die Stimme gehörte einem Ryuzoku und die Umgebung war perfekt.

Gray Bomb war geschaffen für offenen Boden. Er jagte ihn in die Luft, wo der Zauberer es wollte, und die drei Schwertkämpfer waren weit genug entfernt, um nicht in den Radius um Filia zu kommen. Sie befand sich genau im Mittelpunkt, als der Zauber des Ältesten seine Wirkung entfaltete.

Die Erde um sie, unter ihr und überall explodierte und Stein und Holzsplitter flogen gegen sie wie Geschosse. Sie schlitzten Filias Haut auf, übersäten sie mit Schrammen und die ausgelöste Druckwelle wirbelte sie zehn Meter hoch in die Luft. Sie krachte zurück in einer Fontäne aus Splittern und lag da wie betäubt.

'Trotzdem, ich hab Glück gehabt', dachte Filia unbeteiligt. 'Bei einem solch alten Meister des Erdschamanismus hätte 'Gray Bomb' wesentlich stärker sein können. Wenigstens bringt er das nicht mehr über sich...'

Mit allem Willen stieß sie sich noch einmal vom Boden auf die Knie gegen die Schmerzen in all ihren Knochen, die ihre Gedanken trübten, und sah nach vorne nur um die zwei Schwerkämpfer von vorhin auf sich zu rennen zu sehen. Sie versuchte auf die Füße zu kommen, schwankte hilflos und sah dann erleichtert wie der Vorderste seine Klinge senkte und den Schwertknauf vordrehte um sie niederschlagen zu können.

Zumindest töten wollte man sie doch noch nicht.

Der Knauf sauste nieder, ohne dass sie etwas tun konnte, und ein Klingen schnitt laut in ihr Trommelfell.

Der Schwertknauf flog weg und mit ihm das ganze Schwert und sein Besitzer gleich dazu. Er knallte gegen einen Baum, nicht weit entfernt von seinem zuerst besiegten Kameraden und leistete ihm Gesellschaft in seiner Bewusstlosigkeit mit einem verwunderten Ausdruck auf dem Gesicht.

Filia sah gerade noch rechtzeitig hin, um zu sehen, wie der letzte Ryuzoku entwaffnet wurde und sich zurück zu Menaros rettete, der mit stoischer Ruhe einen Schutzschild hielt, in welchen gleich drei Angriffszauber hintereinander einschlugen.

Dann fühlte sie sich hochgerissen und im nächsten Moment rannte sie zwischen Lina und Gourry weg von den Ryuzoku in die Schatten hinein. Die Szenerie stob nur so an ihr vorbei und gleich darauf schälten sich Amelias und Zelgadis Gestalten vor ihnen aus der Schwärze und sie stoppten abrupt.

Filia sog verwirrt und ohne einen Plan die Luft ein.

Dass ihre Freunde hier waren um ihr zu helfen machte sie froh und unglücklich zugleich, denn nun saßen sie alle zusammen in der Klemme.

„Wir können da hinten nicht weiter“, rief Zelgadis Lina zu, kaum dass er sie erkannte. „Auf der anderen Seite sind ebenfalls ein paar Drachen.“

Wie zur Bestätigung riss ein pfeilschnelles Zischen durch die Luft. Sie duckten sich in Sekunden und als Filia sich umdrehte, hatten drei riesige, Speere aus Erde den Baum direkt hinter ihr gespalten. Ein Zittern durchlief die zwei Stammhälften und sie fielen gleichzeitig laut und knarrend um.

„Ach herrje“, bemerkte in diesem Moment eine spöttische Stimme direkt über Filia.

„Was für ein Aufruhr.“

Überrascht sah sie nach oben und das Herz blieb ihr fast stehen.

Ein Mazoku schwebte über ihr und er war schwärzer als die Nacht. Seine weißen Augen gleißten grausam und seine verwaschenen Konturen gewannen ganz langsam ihre Festigkeit zurück.

„Du?“ schrie sie und ihre Stimme überschlug sich fast. „Du warst doch gefangen. Du müsstest im Tempel sein!“

Der Mazoku lachte wild und beugte sich dann zu ihr hinab. „Deswegen bin ich hier“, flüsterte er ihr zu. „Um dir zu danken.“ Filia sah wie Amelia hinter ihm ihnen mit offenem Mund zusah. Der Mazoku kam ihr so nah, dass sie am liebsten zurückgewichen wäre. „Alle wehrhaften Ryzoku jagen dich. Meine Meisterin konnte mich ohne Aufwand befreien. Vielen Dank.“

Und er lachte sie an. Nicht fröhlich sondern hässlich und schon halb verrückt. Filia trat angewidert von ihm zurück.

„Ich habe dir nicht geholfen“, zischte Filia hasserfüllt. „nie im Leben.“ Der Mazoku lachte noch immer. „Und niemals mehr“, fauchte sie ihn böse an „niemals mehr werde ich diesem räudigen Wolf helfen, der sich meine Meisterin nennt! Die Shinzoku werden sie zerreißen, noch ehe wir Frieden über diese Welt gebracht haben.“

Der Mazoku hörte auf zu lachen. „Dafür“, sagte er ruhig und sah mit neuer Verachtung auf sie hinab „wird man dich töten.“

Ein Erdspeer schoss von der Seite auf ihn zu und durchbohrte seine Brust. Er schrie überrascht auf und wurde gegen einen Baum genagelt, während Schwärze um die Bruchstelle her aufstob. Filia bekam es kaum mit, denn im gleichen Moment stieß sie jemand heftig zur Seite. Sie fiel Kopfüber zu Boden.

„Dug Break!“

Erdsplitter rieselten herab und Lina sah kopfschüttelnd auf die blinzelnde Filia herab. „Mit dir ist heute echt nichts anzufangen“, sagte sie, während der letzte Speer vor ihr verging. Den Mazoku hatte sie nicht bemerkt. „Bist du in Ordnung?“

Filia nickte und stand auf. Aus den Augenwinkeln sah sie wie sich der Mazoku durch den Baum an dem er hing sinken ließ und auf der anderen Seite heil und unversehrt herauskam. Er wirkte nur noch etwas verwirrt.

'Astralwesen', dachte Filia resigniert, während die anderen in der kurzen, auf die Speere erfolgten Kampfpause wieder zu ihnen rannten.

„Okay.“ Linas Stimme klang mitgenommen, aber entschlossen durch das Chaos. „Zel und Filia bauen einen Schutzschild um uns auf, Amelia und ich kümmern uns um Ray Wing. Wir hauen mit voller Geschwindigkeit ab. Sofort!

Filia wollte Lina gerade beibringen, dass sie einen Schutzzauber gerade beim besten Willen nicht auf die Reihe kriegen würde, als sie die Entfesselung einer gewaltigen, heiligen Kraft spürte. Und mit dem Spüren dieser Kraft kehrte die Erinnerung an etwas zurück, das sie aufs sträflichste vernachlässigt hatte.

Sie sah wieder Menaros zornige Gestalt vor sich, ganz zu Beginn des Kampfes, und seine Hand die nach links und nach rechts zeigte. Und dann dachte sie an die Ryuzoku, die sie langsam von allen Seiten anzugreifen schienen und an einen Zauber, der eine Spezialität dieses Tempels zu sein schien und den einzigen Nachteil hatte, dass man sein Opfer erst umzingeln musste, bevor die Falle zuschnappen konnte.

„Zu spät.“ Sagte sie ruhig.

Dann verstummte sie, legte still den Kopf in den Nacken und sah hinauf in den Himmel zwischen zwei Baumkronen. Das samtene Schwarz und das glitzernde Weiß der Sterne wurden schnell verdeckt von einem weißen Schleier, einer hohen, gebogenen Wand, die um sie empor spross und näher kam. Die Barriere, die sie schon einmal gefangen hatte, vereinigte ihr Dach über ihnen, zog sich zusammen und brach wie eine riesige Welle über sie herein.

Der Mazoku neben ihr schrie.

Filias Freunde riefen etwas, aber sie hörte sie nicht mehr, denn Schmerz fiel auch über sie herein. Das Siegel war diesmal anders, es war aktiviert, genauso wie bei dem Mazokuverhör, und Filia erkannte mit ungemeiner Furcht, dass das Shouki in ihrem Körper verrückt zu spielen begann.

Sie keuchte und schrie dann leise auf vor Schmerz. Sie biss sich auf die Lippen, aber es wurde immer schlimmer, und sie hatte die Ahnung, dass ihr jetzt mehr passieren konnte als eine einfache gnädige Ohnmacht.

Ihr Blick verschwamm, ihre Adern brannten und dann zog sich das Siegel für seine endgültige Form zusammen und sie schloss die tränenden Augen.

WAMM!

In ihren Ohren krachte es laut und der Schmerz verschwand. Sie hatte das Gefühl, taub geworden zu sein, aber gleich darauf füllte ein Rauschen ihre Ohren. Dann ein Vibrieren, die Luft um sie vibrierte vor Magie. Ein Schutzschild?

„Oh nein, bitte!“ sagte Lina voll Inbrunst. Sie klang bis zum Abwinken entnervt „Alles nur das nicht!“

Filia öffnete die Augen.

Ein Schutzschild umschloss sie und ihre Freunde. Es vibrierte leicht und brachte die Luft zum schwingen und es war zum Glück nicht das weiße Siegel, das sie kannten. Die Frage war nur, ob diese Alternative besser war, denn dieser Schutzschild war schwarz.

Ein paar Angriffszauber und fauchende Drachenatem prallten darauf, aber sie richteten eben soviel Schaden an wie Mücken auf einer Windschutzscheibe.

Filia sah auf den Urheber des Schildes und wünschte sich, jemand würde ihr eine Ohrfeige verpassen, damit sie wusste, dass sie nicht träumte.

„Alle Achtung, Filia“, sagte Xellos augenzwinkernd. „Ein besseres Chaos hätte selbst ich nicht hinbekommen.“

Vor langer Zeit

Reisen durch die Astral Plane.

Heimat der Mazoku, von diesen geliebt und von Filia aufs tiefste gehasst, auch wenn sie diesmal die Augen fest geschlossen hielt. Ganz gleich wie sehr sie sich während ihres Priesterstudiums abgemüht hatte, die Beschaffenheit dieser Ebene zu erfassen und für sich zu nutzen, sobald Xellos sie von der Oberfläche wegriss war sie hilflos wie ein neugeborenes Drachenkind, verloren in kompletten Chaos.

Tausend Dinge schienen sich um sie abzuspielen, die Filia nicht fähig war wahrzunehmen und das ärgerte sie ungemein, denn sie hatte das Gefühl taub zu sein, obwohl ihre Ohren schmerzten von seltsamen Geräuschen, und blind zu bleiben, selbst wenn sie die Augen öffnen würde.

Sie hoffte inständig, dass Xellos sie hier nicht verlieren würde, auch wenn er sie hier fast ängstigte, denn das immense Shouki aus dem er bestand, war in seiner natürlichen Umgebung viel deutlicher. So viel weniger menschlich... Furcht lag in diesen Gedanken und Filia versuchte ihn zu ignorieren, so wie sie so ziemlich alles im Moment zu ignorieren versuchte.

Hätte Filia gewusst, was eine Achterbahnfahrt im Dunkeln war, so hätte sie das Gefühl ihrer Reise vielleicht damit verglichen, auch wenn es gänzlich unzulänglich war, oder mit einer schnellen, lichtgeschwindigkeitschnellen Karussellfahrt (auf einer Achterbahn natürlich).

Ihre Sinne waren gleichzeitig betäubt und wach als sie im Fahrtwind noch einmal nach Xellos Shouki tastete, voll von Angst, und als sie es spürte und nichts anderes, keinen warmen Lebensfunken, wie er in jedem anderen Wesen lebte, sondern nur die Dunkelheit an der man Mazoku meilenweit erkennen konnte, eine Wolke aus Shouki, die sie gefangen hielt, als sie das spürte, da fürchtete sie sich.

Wem oder was diente sie eigentlich? Dem Bösen an sich? Aber sie hatte sich geschworen nicht noch einmal daran zu denken. Und dann konnte sie gar nicht mher denken, als alles sich um sie drehte, schneller und schneller und dann...

Ein kalter Windzug weckte sie.

Er streifte ihr Gesicht, wie eine eisige Zunge, rau und ein wenig schmerzhaft auf ihrer weichen Haut, und riss ihre Sinne aus warmer Schwärze. Helles Licht drang durch ihre Augenlider und sie schaukelte ein wenig, so als würde sie sich bewegen.

Filia blinzelte schläfrig und grelles Sonnenlicht, das von weißem Schnee tausendfach reflektiert wurde, blendete sie.

Vor ihrem Blick erstreckten sich hohe Bergketten auf jeder Seite und bis zum Horizont. Ihre Spitzen wurden entweder von schweren Wolken verdeckt oder von Schneehauben gekrönt und lagen eingebettet in einen kaltblauen Himmel unter einer weißen Sonnenscheibe.

Sie schien sich ebenfalls auf einem Bergpass zu befinden. Die Talsohlen, die tief unter ihr liegen mussten, waren gänzlich verdeckt von tief hängenden Nebelwolken, sodass die Bergkuppen um sie Inseln glichen in einem weißfasrigen Meer.

Alles war ruhig, wie zu ewiger Schönheit erstarrt, bis auf den leise jaulenden Wind und das Geräusch von Xellos einsinkenden Fußstapfen, während er durch die knöcheltiefe Schneedecke watete.

Er neigte den Kopf und sah auf die Ryuzoku in seinen Armen, deren Lebensgeister sich endlich wieder zu regen schienen. Das wurde auch Zeit, denn er würde sie bald brauchen.

Zumindest hoffte er, wo sie schon nun mal dabei war, dass sie ihm mit ihrer Ryuzokumagie auch eine Hilfe sein würde und sie zusammen dieses uralte Geheimnis endlich würden lüften können, das sich schon so lange in den Bergen verschanzt hatte.

Nachdenklich, sich schon jetzt seine Worte für spätere Erklärungen zurechtlegend, betrachtete er seine Schutzbefohlene. Sie blinzelte verschlafen ins Sonnenlicht und ein erneuter Windstoß blies ihr die golden schimmernden Haare aus dem Gesicht.

„Wo sind wir?“ fragte sie schlaftrunken und rieb sich die geröteten Augen, während sie noch immer darüber nachgrübelte, warum sie das Gefühl hatte hin und her zu schaukeln. Ihr war warm.

„Auf einem Berghang im Katendogebirge“, sagte Xellos. „Du hast vielleicht schon davon gehört, es liegt auf dem gleichen Kontinent wie dein Feuerdrachentempel.“

„Es ist aber doch sehr weit entfernt“, murmelte Filia leise und hielt sich dann matt die Hand vor den Mund, während sie verschlafen gähnte. Die stechende Hitze der Sonnenstrahlen und die schmerzende Kälte des Windes ließen ihren Kopf schwirren. Ihre Gedanken waren noch alles andere als klar und trotzdem bemühte sie sich, sich daran zu erinnern, was zuvor geschehen war.

Ja richtig, Xellos hatte sie gerettet. Eine Ungeheuerlichkeit.

Im Urwald des Erdtempels hatte er das schreckliche Ryuzokusiegel, das sie zu töten gedroht hatte, gesprengt und sie dann zügig davon teleportiert bis zu diesem Ort. So sehr hatte er sich beeilt wieder abzuhauen, Lina hatte noch nicht mal Zeit gehabt, Xellos wütend eine runterzuhauen.

Filia hoffte, es ging ihr gut...

„Der Mazoku aus dem Tempel“, wagte sie Xellos zu fragen. „Weißt du, wo er jetzt ist? Warum bloß hat er die Ryuzoku angegriffen?“

„Nun ja“, sagte Xellos bedächtig. „Der Mazoku ist tot. Das Ryuzokusiegel hatte ihn schon umgebracht, noch bevor ich eingegriffen habe. Sein Shouki war in Sekunden verbrannt.“ Er klang nicht besonders traurig darüber. „Und was die Gründe für sein Handeln und Auftauchen betrifft, so ist das leider ein Geheimnis.“

Und auch das schien ihm kein Stückchen Leid zu tun.

Erleichtert sah Filia zur Sonne hinauf, die sie grell blendete und ihr Tränen in die Augen trieb. Sie rannen kühl und salzig an ihren Wangen hinab.

Zeras würde sie nicht töten.

Noch nicht. Ein weiteres Mal war sie dem Tod wie um Haaresbreite entwischt.

„Sag mal“, fragte Filia kurz darauf. „Wie schnell sind wir denn nur gereist? Der ganze Ozean hat doch zwischen uns gelegen und nach dem Sonnenstand ist es gerade erst Morgen geworden. Nur zehn Stunden?“

„Zwei Tage um genau zu sein“, bemerkte Xellos daraufhin vergnügt und veranlasste Filia so dazu, schockiert von den fernen Schneeketten, auf denen ihr Blick geruht hatte, aufzusehen.

„Du hast die meiste Zeit verschlafen. Oder“, fügte er auf ihre verwirrte Miene hinzu „vielleicht warst du auch einfach bewusstlos. Ich musste mich beeilen, da konnte ich nicht so sehr auf mein Gepäck achten.“

„Gepäck?“ rief Filia empört. Dann ging ihr endlich ein Licht auf. „Lass mich runter!“
 

***
 

„Zufrieden?“

„Hmpf“, Filia betrachtete Xellos mit einem bitterbösen Blick, der halb von den um sie wirbelnden Schneeflocken verdeckt wurde.

Es hatte vor kurzem stark zu schneien angefangen und dicke weiße Wolken über ihnen versprachen nicht so schnell ihre Schleusen zu schließen.

Vorsichtig ging sie ein paar Schritte. Ihre Füße schienen sie zu tragen und ihre Lebensgeister erwachten wieder.

Gerade wollte sie voller Vorfreude nach ihrem Morgenstern greifen, da packte Xellos blitzschnell ihre Hand und zog sie zu sich auf einen halb verschneiten Pfad.

Ein Bergziegenpfad war es und tatsächlich lebte hier oben auch nichts Intelligenteres mehr als diese Tiere und hatte es auch früher nie hier gegeben, außer halt den Mazoku, und das war ja auch Ansichtssache.

Verstimmt stolperte Filia hinter Xellos her.

Der Wind blies ihnen einen Miniaturschneesturm ins Gesicht und sie zog sich fröstelnd und störrisch den Schmerz in ihren Gliedern ignorierend den Mantel enger um die Schultern.

Alles um sie wurde zu wirbelndem Weiß.

„Warum sind wir eigentlich hier?“ fragte sie gereizt.

„Weil unser Bestimmungsort ganz in der Nähe liegt“, sagte Xellos auskunftsfreudig.

„Ach ja? Seit wann haben wir einen Bestimmungsort? Und warum sind wir dort nicht direkt hin teleportiert?“

„Zu gefährlich. Ich war schon ewig nicht mehr an diesem Ort und weiß nicht, was uns erwartet, wenn ich da einfach mitten rein platzen würde.“ 'Vor allem nicht nach dem, was dort vor kurzem geschehen ist', fügte er in Gedanken hinzu. Nein wirklich, es war besser, sich langsam an diesen Ort heranzutasten.

'Hat er Angst?' fragte sich Filia. Bloß nicht, alles konnte passieren, so lange Xellos nur die Nerven und sein dämliches Grinsen auf dem Gesicht behielt. Tat er das nämlich nicht, konnte das echten Ärger bedeuten.

'Und durch diesen dämlichen Schneesturm muss ich jetzt auch noch waten', dachte sie wütend und heizte sich mal wieder nach Filia-Art selbst von innen auf.

„Mach dir nichts draus“, schreckte Xellos sie auf, so als hätte er ihr Gedanken gelesen. „Folg mir diesmal einfach. Und dann, werde ich dir als Entschädigung eine Geschichte erzählen.“

Filia sah ihn überrascht an. „Eine Geschichte?“

Forschend blickte sie in sein Gesicht, doch er beachtete sie gar nicht. Beständig zog er sie mit sich durch den Schnee und dann verlor sich Filias Denken in Ferne und Vergangenheit, als er zu sprechen begann.
 

***
 

„Vor langer, langer Zeit fochten der Dark Lord der Mazoku und der Drachengott der Shinzoku einen Kampf um Leben und Tod, einen Kampf um das Schicksal der Welt, aus. Red Ruby Eye Shabranigdo und Flare Dragon Ceiphied. Ihr Kampf dauerte Jahrhunderte.

Doch am Ende besiegte Ceiphied Shabranigdo. Der Dark Lord dieser Welt unterlag, doch um ihn endgültig zu töten reichte des Drachengottes Kraft nicht mehr aus. Stattdessen teilte Ceiphied Shabranigdos Seele in sieben Teile und versiegelte sie. Er versiegelte sie in schwachen Menschenseelen, dazu verdammt über die Jahrtausende immer wieder neu geboren zu werden und wieder zu vergehen, in einem Gefängnis aus Menschlichkeit.

Ceiphied aber starb. Bevor ihn seine Kraft verließ schuf er die vier Shinzoku dieser Welt, Wächter der vier Himmelsrichtungen und der vier Elemente. Er ließ die Welt und seine Aufgabe in ihrer Obhut zurück. Und so entstanden die vier Drachenkönige.

Shabranigdo wiederum hatte aus seinem Shouki fünf Mazoku Lords geboren, bevor Ceiphied ihn zerriss. Sie würden den Kampf gegen Ceiphieds Nachkommen an seiner Stelle fortführen. Und dann schließlich mussten der Drachengott und der Dark Lord unsere Welt verlassen.

Fürs Erste. Wer weiß wann sie zurückkommen...“

„Ich kenne diese Geschichte Xellos. So ähnlich wird sie auch den Ryuzoku erzählt und selbst die Menschen kennen sie.“

„Ich weiß. Sei nicht so ungeduldig, Filia. Schließlich muss ich irgendwo anfangen.

Also, wie gesagt, als die Mazoku Lords in die Welt eintraten, erkannten sie das neue Gleichgewicht zwischen ihnen und den Shinzoku und lange Zeit gingen sie ihnen aus dem Weg. Die Zeit schien ihnen noch nicht reif.

Unsere Meister durchwanderten in dieser frühen Zeit die Welt und stellten fest, dass Shabranigdo ihnen etwas hinterlassen hatte.

Ein Ort, tief verborgen in den Bergen des Westkontinents, der Shabrangidos Zeichen trug.

Doch der Zugang war ihnen versperrt, denn er war schon lange vorher versiegelt worden.

Was immer Red Ruby Eye geschaffen haben mochte, der Drachengott hatte es längst gebannt. Sein Zeichen lag darüber, verbarg es vor den Augen der Mazoku Lords und war so mächtig, dass sie es nicht einmal mit vereinigten Kräften brechen konnten.

Und auch die Shinzoku, die, wie wir wissen, später das gleiche versuchten, scheiterten.

Ceiphieds Siegel blieb unumstößlich.

Deswegen verließen die Mazoku Lords das Katendogebirge wieder, gingen ihrer Aufgabe nach und das Erbe Shabranigdos blieb lange Zeit vergessen.“
 

***
 

„Blieb es vergessen bis heute?“

„Nein, nicht bis heute“, sagte Xellos und reichte Filia die Hand um ihr über eine steile Stelle hinweg zu helfen. Vor ihnen stieg der Hang stark an und sie versanken fast bis zu den Hüften in Schnee, der daran hinab gesackt war.

„Wir sind später noch einmal hergekommen und dann haben wir gesehen, was sich damals vor unseren Augen verbarg.“

Er zog sie das letzte Stück nach oben aus dem tiefen Schnee hinaus und auf die Spitze des Hangs.

Vor ihnen traten nun die Berge zur Seite und gaben den Blick frei über einen gewaltigen Abgrund hinweg, gefüllt mit dichtem Nebel, wie ein Wolkensee. Darüber war die Sicht klar und reichte bis weit nach hinten auf die andere Seite des Tals.

„Sieh“, sagte Xellos. „Dort liegt unser Ziel.“

Die einsame Festung

Kapitel 14 Die einsame Festung
 

An einem Tag gegen Sonnenaufgang rekelte Zeras sich auf ihrem Thron in ihrer Audienzhalle. Sie hatte ihn mit kuscheligen Pelzen von Wölfen ausgelegt, die sie aufgeregt hatten, und hegte die Absicht den ganzen Tag dort zu bleiben.

Es war sowieso noch zu düster um sich sonnen zu können und nachdem Grausherra und Dolphin sie kurz zuvor ja geradezu überfallen hatten, wollte sie keinen Fuß mehr vor ihre Torschwelle setzen.

So döste sie zufrieden vor sich hin bis ihre halb geschlossenen Lider plötzlich aufschnappten.

Ein abgerissener Wolf humpelte hechelnd ihren Thronsaal entlang und sackte ein paar Meter vor ihr auf dem Boden zusammen.

Vage erinnerte Zeras sich, dass dieser bestimmte Wolf einen Auftrag gehabt hatte.

„Du… warst mit dem Drachen unterwegs“, riet sie schließlich und hob den Kopf von ihrer Armlehne.

Gott, wie hatte sie versucht diese Dienerin aus ihren Gedanken zu schmeißen. Aber sie fragte ihn trotzdem.

„Wo ist sie denn abgeblieben?“ Ihre Brauen hoben sich etwas.

Auf Wolf Pack Island war es wirklich sehr ruhig an diesem Tag.

Die Wölfe schliefen noch, die lauten Mazoku waren nicht anwesend und Zeras fest entschlossen rein gar nichts zu tun. Und so konnten sich ihre restlichen Diener zufrieden ihr anschließen.

Doch nun, in der nächsten Sekunde, hätte ganz Wolf Pack Island geschworen Xellos sei zurückgekehrt…

„IST ER DENN NOCH ZU RETTEN?!“
 

***
 

Xellos saß in der Patsche.

Und er empfand das umso schmerzlicher, da er kurz zuvor noch in Hochstimmung gewesen war.

Zeras Nachricht hatte ihn erreicht gehabt und da hatte er gewusst, dass sie endlich eine Spur gefunden hatten. Irgendwie hatte er immer geahnt, dass so etwas geschehen musste. Einmal musste ihr Gegner schließlich einen weiteren Schritt aus seiner bequemen Heimlichkeit heraus machen. Ein Schritt, der ihn auf seine Fährte brachte.

Xellos war sich sicher, dass es einen Gegner gab. Das alles konnte kein… Unfall sein. Manchmal meinte er, die Gefahr schon in seinem Nacken zu spüren, wie sie hinter ihm lauerte. Er war sich sicher, er würde ihn erkennen, wenn er ihn sah. Dann würde der Spaß beginnen.

Gewalt. Tod.

Xellos hielt die mörderische Vorfreude mühsam im Zaum. Noch nicht. Jetzt noch nicht. ‚Bleib noch eine Weile zivilisiert, Xellos‘, mahnte er sie streng. ‚Schließlich bist du kein dummer Lesser Demon; benutz deinen Verstand, deine Geduld.‘

Sein Hochgefühl wurde gedämpft, als ihn Kesharo abfing. Die wertvollste Gabe von Greater Beasts Wölfen war ihre Fähigkeit Wesen über weite Entfernung hinweg auf der Astral Plane wittern zu können und genau das hatte Kesharo getan gehabt.

Als er ihn endlich einholte versetzten seine offensichtlichen Verletzungen und Erschöpfung Xellos Gedanken abrupt ins Chaos.

Konnte dieser dämliche Drache denn überhaupt nicht mehr auf sich selbst aufpassen? Und war er denn selbst überhaupt noch zurechnungsfähig, wenn er Filia bei Lina ablud und dann nicht mal erwartete, dass irgendwas gewaltig schief laufen würde? Nun er hatte seine Rechnung jedenfalls eiskalt serviert bekommen.

Und von diesem Moment an, da er sich gezwungen sah, einen Umweg über den Erdtempel zu machen, hatte er sich in einem Dilemma befunden, dass ihn immer noch bis in seine Gegenwart hinein verfolgte.

Denn er hatte Filia fortholen müssen von den Götterdienern und diesem ganzen Wespennest und hatte sie auch nicht allein lassen können. Wer wusste schon, auf welche Gedanken sie oder andere noch kommen könnten. Der Wolf, der sich seine Wunden leckte, konnte sie jedenfalls fürs erste nicht mehr babysitten.

‚Beeil dich!‘ Schneidend hallte Zeras Order in seinem Kopf nach. ‚Geh sofort und halt nicht an. Lüfte dieses… Geheimnis.‘

Kein Umweg war ihm mehr erlaubt. Und wohl oder übel, er musste Filia mitnehmen und hoffen, dass Zeras guter Laune sein würde, wenn sie hiervon erfuhr.

Warum nur hatte er sie gerettet? Schon jetzt liefen die Dinge schief und er hätte es sich von Anfang an denken können. Also warum? Er wusste die Antwort nicht mehr.

Alles, was ihm noch blieb, war sich auf die Gegenwart zu konzentrieren und sein Bestes daraus zu machen.

Deshalb streckte Xellos im schneebedeckten Gebirge nun auch theatralisch eine Hand aus. „Willkommen auf Shabranigdos Festung“, eröffnete er Filia fröhlich.

„Shabranigdos was?!“ rief sie entsetzt.
 

***
 

Viel sah sie nicht aus der Ferne. Doch die Tatsache, dass sie überhaupt etwas sah, hieß im Gegenzug wohl, dass Ceiphied schon versagt hatte. Und dieser Ort war nicht mehr versiegelt.

Denn sie war da; direkt vor Filias Nase.

An den Felsen geduckt, wie ein in die Enge getriebenes Tier, unscheinbar und wie aus dem Felsen selbst gehauen, so lag die Festung am Gebirgshang.

Sie war klein.

Ihr Tor war niedrig und ihre Mauern nur ein Stockwerk hoch; man konnte fast über sie hinwegsehen. Sie lag direkt am Abgrund, umfasste jedoch nicht viel Fläche an dem schmalen Hang und überhaupt…

„Es sieht viel mehr wie ein Arena aus“, sagte Filia nachdenklich.

Sie stand in der Mitte des runden Platzes, der das gesamte Innere des Gebäudes ausmachte. Über ihr wölbte sich der kalte Himmel, unter ihr war der Boden mit gesplitterten Mosaikfliesen bedeckt, wo sie diese unter einer dünnen Schneedecke hervor lugen sah. Hinter sich konnte sie die Spur ihrer Fußstapfen sich deutlich abzeichnen sehen.

Von den Mauern um sie zogen sich hohe Stufen hinab, wie bei einer Tribüne. Welche Wettkämpfe waren hier wohl schon ausgetragen worden?

„Eine ganze Märchenstunde hast du mir über diesen Ort gehalten“, fauchte sie Xellos gerade an, der vor ihr über die unberührte Schneedecke schlenderte. „Und dann wirfst du mir das an den Kopf. Einfach so. ‚Shabranigos Festung‘ von allen Namen!“

Filias Eingeweide wurden zu Eis, bei der bloßen Vorstellung daran, für was dieser Name stand. Namagomi!

„Märchenstunde, ganz genau“, stimmte Xellos ihr zu und grinste sie für einen Moment über seine Schulter hinweg an.

„Ich habe dich mit einer Geschichte belohnt, Filia; locker, leicht und spannend. Davon dass du ein Dossier mit den wichtigen Informationen über diese Mission erhältst, war nie die Rede.“

„Du bist so tot“, fauchte Filia und ihre spitzen Zähne blitzten für einen Moment auf.

„Und du bist mal wieder ein Paradebeispiel ryuzokuhafter Diplomatie, Filia“, flötete Xellos, während er stehen blieb. „Die paar hundert Jahre Ausbildung im Tempel scheinen bei dir wirklich was gebracht zu haben.“

Bevor Filia zu einer angemessenen Reaktion ausholen konnte, zog Xellos mit seinem Priesterstab einen weiten, unregelmäßigen Kreis in den weichen Schnee, dessen Zentrum er selbst bildete. Gewaltsame Energie schoss sofort von den Rändern nach oben und Filia trat hastig zurück. Ihre Augen wurden schmal.

„Filia, sei so lieb“, fuhr Xellos unbekümmert fort. „Und sag mir was für eine Aura, diese Festung für dich hat.“

Seltsam, dass er fragte. Filia hatte es schon gemerkt und es war der Grund für ihre Gereiztheit.

In gewisser Weise war dieser Ort fast wie der Palast in Heltaun: Shouki überall. Und Pentagramme unter dem Schnee. Sie funkelten in der Astral Plane. Fast nachlässig hatte Filia in diese geblickt, ohne einen Gedanken an das wie zu verschwenden. Auch jetzt noch nicht.

Denn etwas an diesem Shouki war furchteinflößend, noch viel furchteinflößender als sonst. Nicht brutaler, nicht blutrünstiger… etwas war falsch. Etwas war so seltsam, so absolut verdreht daran, dass es Filia in alle Knochen fuhr.

„Diese Aura“, sagte sie flach. „Sie ähnelt mir.“

„Und warum ist das wohl so?“, sinnierte Xellos unbekümmert, während die Energiewand wieder in den Kreis zurückfiel und fahl dort leuchtete. „Denk dran, dieser Ort wurde von Shabranigdo errichtet und von Ceiphied gebannt. Was ist danach wohl passiert. So viel mächtige Shinzoku- und Mazokumagie nebeneinander verträgt sich nicht auf ewig.“

„Sie zersetzt sich gegenseitig“, flüsterte Filia.

„Wie Säure“, fügte Xellos hinzu. „Und das eine fällt in das andere hinein.“

Verseucht… Filia schloss die Augen. Sie hörte, wie Xellos weitersprach.

„Mazoku- und Shinzokumagie sind hier so sehr vermischt, dass niemand mehr erkennen kann, wofür sie früher gut gewesen waren. Zwar hat das Ceiphieds Schutzschild zum Einstürzen gebracht, aber gleichzeitig lässt es auch jeden Versuch etwas damit anzufangen abperlen, wie Wachstuch das Wasser. Deswegen ist dieser Ort verlassen geblieben.“

Wenn sich schwarze und heilige Magie längerfristig gegenseitig zersetzten, fragte Filia sich, würde das dann auch mit ihr geschehen? Xellos hatte gesagt, er hätte Zeras Magie in ihr gezähmt. Aber würde das nach dem, was sie eben gehört hatte, denn ausreichen? Und was würde mit ihr geschehen, wenn nicht? Filia wurde es flau im Magen.

Während sie zusehends in Selbstmitleid versank, hob Xellos missmutig seinen Priesterstab. Mit einem wütenden Klack ließ er ihn wieder auf den gepflasterten Hof aufschlagen. Nichts… Egal wie viel Energie er aufwandte, das Chaos unter seinen Füßen blieb bei seiner Standardreaktion der letzten tausend Jahre auf äußere Einflussnahme. Nämlich gar keiner.

Dummerweise war die Aura des Mazokus, der hier gestorben sein sollte, auch schon längst nicht mehr wahrzunehmen, sondern mit all seinem Sein in der Astral Plane zerflossen, sodass diese Spur ebenfalls erkaltet war.

‚Wenn ich so zu Meisterin Zeras zurückkehre‘, dachte Xellos, während er Filia beobachtete, die sich ein wenig von ihm entfernt hatte und die Tribüne an einer Seite der Mauer emporzusteigen begann ‚dann werden wir das beide bereuen.‘

Während er noch grübelte, hatte Filia das Ende der Stufen erreicht und mit diesem eine atemberaubende Aussicht.

Filia konnte wieder den mit Wolken verhangenen Talkessel sehen, über den sie an diesem Morgen geblickt und die Festung in der Ferne ausgemacht hatte. Jetzt befand sie sich auf der anderen Seite und sah über die hohe Brüstung der Festung hinweg zurück zu den schneebedeckten Gletschern, über die sie hergekommen waren.

Sie lehnte sich auf die Brüstung, die sie vom Abgrund trennte. Der Schnee war beißend kalt an ihren baren Ellbogen. Die Steine darunter jedoch waren merkwürdig warm. Sie schienen… zu atmen. Sie dachte einen Herzschlag zu hören; ein Atem in ihrem Nacken, nur ein Schlag…; dann war das Gefühl weg.

„Kaum zu glauben, dass ausgerechnet in diesem Gebirge ein Ort liegt, der Shabranigdos Festung heißt“, bemerkte sie düster, als Xellos schließlich zu ihr trat. „Du weißt doch, dass dieses Gebiet auch von Ryuzoku besiedelt wird?“

„Soweit ich weiß, sind sie aber nie hier oben gewesen.“ Xellos zuckte die Schultern. „Wir wissen, dass einige kleinere Gruppen im unteren Teil des Gebirges ansässig sind. Ihre Kapellen bilden einen losen Ring um diesen Ort, was verständlich ist. Schließlich kennen die Shinzoku die Festung seit Ewigkeiten. Sie haben ihre Diener als Bewacher hierher gelotst, auch wenn den Ryuzoku das selbst nicht bewusst ist.“

Er teleportierte auf die breite Brüstung hinauf, und sah selbstzufrieden in den Talkessel hinaus. „Meister Shabrangido ist so machtvoll“, sagte er böse „dass sie es nicht wagen diesen Ort ungeschützt zu lassen.“

‚Und Ceiphieds Macht ist genauso groß‘, dachte Filia für sich und lehnte sich vor. ‚Aber mir ist es recht, wenn du das vergisst. Und das auch ich ein Teil davon bin.‘

Als hätte er ihre Gedanken gehört, drehte Xellos sich um und sah ihren ablehnenden Blick. Und seine Mundwinkel zogen sich nach oben in einem freudlosen, zustimmenden Grinsen.

„Manche Dinge ändern sich nicht“, stellte er mit harten Augen fest. „Denn alles ändert sich ständig und doch ändert sich nichts. Wir beide sind alt genug, um das zu wissen.“

„Meinst du wir werden irgendwann kämpfen?“ fragte Filia ihn und blickte in sein nahes Gesicht auf. „Gegeneinander?“

Von nahen sahen seine Augen wirklich angsteinflößend aus. Wie… Tiefe, ein Abgrund; nichts… Wie die Schwärze, in die man in einem Albtraum fällt und niemals aus ihr erwacht. Einmal würde sie da sein.

Eine Weile gelang es ihr diesen Blick fest zu halten und sanft darin zu versinken und keiner von beiden rührte sich in der Kälte des langsam vergehenden Tages.

Dann, mit einem Mal schloss Xellos die Lider und wie auch jedes Mal zuvor war es, als wäre die Spannung weggefallen, versunken in einer vagen Erinnerung.

„Du hast Meisterin Zeras Treue geschworen, Filia“, erinnerte er sie und wedelte vorwurfsvoll mit einem Finger vor ihrer Nase. „Du solltest mich so etwas wirklich nicht fragen.“

Sie zwang sich mühsam nicht der Bewegung direkt vor ihren Augen zu folgen, bevor sie noch zu schielen begann. Es war eine so xelloshafte Geste, unglaublich irritierend.

Er war weit zu ihr hinab gebeugt, packte nun ihr Handgelenk und zog sie zu sich die Brüstung hinauf. Der Schwung ließ sie taumeln und dann hielt sie den Atem an; unter ihr fiel die Außenmauer steil nach unten und der Außenhang brach mit ihr ab. Es ging so tief hinab, dass sie nach einer Weile nur noch Nebel erkennen konnte.

„Wie weit geht es da hinunter Xellos?!“ fragte sie alarmiert und wedelte immer noch mit einem Arm um ihr Gleichgewicht wiederzuerlangen. Den anderen hielt Xellos zwar noch fest, aber das erhöhte ihr Sicherheitsgefühl nicht im Geringsten. Wer wusste schon, was für Scherze ihm einfielen.

„Weit“, sagte er fröhlich und ließ sie los. „Bis ins Tal. Da lebten auch mal Ryuzoku. Aber weil hier immer Nebel ist, sind sie beim Fliegen dauernd gegen die Felsen geflogen. Bis sie auf unserer Höhe waren, haben sie dann immer schon so viele Sterne gesehen, dass sie die Festung nie entdeckt haben. Schließlich haben sie aufgegeben und sind ein paar Täler weitergezogen. Arme, kurzsichtige Viecher.“

Filias Puls ging im Eiltempo hoch und durch ihre zusammengebissenen Zähne drang der Ansatz eines Knurrens.

Xellos grinste sie unschuldig an.

„Aber, aber, Filia“, sagte er gutmütig und hob abwehrend die Hände. „Zieh jetzt keine falschen Schlüsse. Deine Kurzsichtigkeit ist schließlich ganz anderer Natur und wird kaum etwas damit zu tun ha…“

„Langsam reicht es mir heute!“ fauchte Filia und machte Anstalten Xellos von der Brüstung zu schmeißen. „Du legst es ja schon seit ich aufgewacht bin nur darauf an, mich zum ausrasten zu bringen, du widerlicher…“

„Das stimmt nicht“, erwiderte Xellos zog ihre Hände nach unten und hielt ihr den Mund mit einem einzigen erhobenen Zeigefinger zu. Er beugte sich tief zu ihr herab. „Ich lege es nicht seitdem du aufgewacht bist darauf an. Ich lege es ununterbrochen darauf an, seitdem wir uns zum ersten Mal begegnet sind. Zum allerersten Mal.“

Und sie riss sich los…
 

***
 

Als ihre Wangen so zu glühen begannen, dass der beißende Wind alleine nicht mehr dafür verantwortlich sein konnte, wusste Xellos wieder, warum er sie eigentlich gerettet hatte.

Um ihre Wut zu spüren, immer wieder, und ihr chaotisches Leben bis ins unermessliche zu ruinieren.

Das war ihm alles und nichts wert und genau so viel war er zu zahlen bereit. Er mochte Wetten. Und er wettete im Stillen mit ihr und mit seinen Gegnern, dass sie nützlich sein würde und der Spaß den Ärger überbieten und er gewinnen und dass das Kämpfen beginnen würde. Bald.

Auch mit ihr? Ihre Augen in diesem Moment hatten ihn überrascht, denn sie hatten ihm gesagt, dass auch sie wusste, dass ihrer beider Zeit nur aufgeschoben war. Ein Moment des Stillstands war der Luxus, den er sich leistete, obwohl er wusste wie vergänglich sie war, selbst als Drache. Bis es wieder Zeit war, da Shinzoku, Ryuzoku und Mazoku so miteinander umgingen, wie sie es immer schon getan hatten. Dann konnte niemand mehr ausweichen, sie würden sich alle stellen. Wenn ihre Völker kämpfen würden.

„Aber noch ist es nicht soweit“, sagte er, während er Filias Keulenschlag aus dem Weg teleportierte. „Noch ist es Zeit.

Bis wir kämpfen müssen.“
 

********
 

Hm, hallo. Ich weiß, es ist schon sehr lange her, seit ich zuletzt ein neues Kapitel gepostet hatte. Das hat hauptsächlich daran gelegen, dass ich wirklich nicht sehr gut darin war, einen stimmigen Plot zu konstruieren.

Aber ich wollte diese Geschichte wirklich beenden, denn ich mag es selbst nicht, wenn ich eine Fanfiction lese, von der ich nie das Ende erfahre, und außerdem gefällt mir das Grundkonzept dieser Geschichte noch immer.

Also geht es weiter und es wird auch kein Jahr mehr dauern bis das nächste Kapitel da ist. Ich bin mir nicht sicher, ob überhaupt noch jemand nach so vielen Jahren noch an der Geschichte interessiert ist, aber na ja, vielleicht will ja doch noch jemand wissen, wie es weitergeht. Jetzt findet ihr es jedenfalls heraus.

Ceelia

Irgendwann brach die Nacht herein.

Filia gab ihre sinnlose Jagd auf Xellos auf und rollte sich auf einer der Stufen der Tribüne zusammen, nachdem sie zuvor den Schnee darauf mit einem Feuer-Zauber weggedampft hatte. Bald schlief sie tief und fest.

Xellos saß derweil wach auf der Brüstung. Für eine Weile lauschte er Filias Atem und dem Puls ihrer Lebensenergie bis er sicher war, dass sie nicht erfrieren würde. Wahrscheinlich, dachte er sarkastisch, hatte er noch Glück damit, keinen Menschen sondern einen robusten Drachen an seinem Rockzipfel durch die Gegend schleifen zu müssen.

Alles konnte immer noch schlimmer kommen. Er hoffte nur, dass er nicht persönlich den Beweis dazu antreten musste.

Der Mond schien hell und gab dem ihn fahl reflektierenden Schnee einen geisterhaften Schimmer. Wenn Xellos jetzt auf Filia blickte, sah sie fast wie ein Gespenst aus. Ihr Gesicht war blass und ihr Haar fast ganz weiß.

Xellos wandte den Blick ab und sah in die Finsternis des Talkessels hinaus. Schwärze umfing ihn tröstlich. Er hatte nichts gefunden und morgen mussten sie wieder nach Wolf Pack Island abreisen.

Was würde dann mit Filia geschehen, die doch in ihrem Auftrag versagt hatte und sich an einem Ort befand, an dem sie gar nicht sein durfte?

Würde er sie töten müssen?

Er wollte es eigentlich nicht, doch das spielte keine Rolle, wenn Zeras ihm den Befehl erteilte. Eine für diesen Gedankengang ungewohnte Frustration stieg in ihm auf und er verbat seinen Gedanken sofort weiter in diese Richtung zu schweifen.

Er konnte nichts ändern, er konnte sich nur winden und nach Umwegen suchen und sich schließlich in sein Schicksal fügen. So wie es auch Filia letztlich tat.

Noch einmal blickte er fast gegen seinen Willen auf sie hinab. Da glaubte er, eine Frau zu sehen, die sich über sie beugte, so nah, dass ihre Gesichter sich fast berührten. Sie schien irgendwie nicht ganz greifbar zu sein und hatte keinerlei Aura, die er ausmachen konnte, was ihm gewöhnlich nur bei ruhelosen Geistern passierte, die schon fast ganz losgelöst waren von dieser und jeder anderen Welt. Aber er hatte das bestimmte Gefühl, dass sie etwas anderes war.

Im nächsten Moment war sie weg.

Xellos sah auf die einsam und friedlich schlafende Filia und dachte, dass er vermutlich Wahnvorstellungen bekam. Der Drache war schuld ganz offensichtlich; es war verrückt, dass er sie nicht loswerden konnte.
 

***
 

Filia träumte.

Sie war wieder im Erdtempel in einem Flur, dessen Fensterbögen mit Blattmustern verziert waren. Weil sie barfuß war, spürte sie Nässe den Steinboden unter ihr glitschig machen, doch weil es auch hier Nacht war, konnte sie nicht erkennen, was diese war oder woher sie kam.

‚Vielleicht hat jemand etwas verschüttet‘, dachte sie. ‚Oder hat der Wind Regen herein geweht?‘

Vorsichtig ging sie den Weg entlang und versuchte nicht auszurutschen. Vielleicht konnte sie Lina und die anderen finden und sehen wie es ihnen ging. Obwohl, wahrscheinlich waren sie schon nicht mehr hier.

Jemand kam ihr entgegen. Sie hört Schritte und blieb vorsichtig stehen und drückte sich in eine Seite des Gangs.

Ein Ryuzoku bog um eine Ecke des Flures. Eine Hand voll Flammen beleuchtete sein blasses Gesicht und Filias Magen verkrampfte sich. Ihr wurde kalt. Es war Enrisia, der Ryuzoku, der gestorben war durch den Mazoku, den sie hergelockt hatte. Ihr wurde schlecht und ihre Augen weiteten sich. Der Tote drehte sich zu ihr herum und blickte sie stumm an, musterte sie freudlos und Filia begann zu zittern.

Langsam hob der Drache die Hand, in der die Flammen zischten, und ab diesem Moment schälten sich für Filia Farben aus der grauen Nacht und entsetzt merkte sie, dass der Boden vor ihr rot war, rot vor Blut. Sie sah an sich hinab und sah sich in einer Blutlache stehen mit rot verschmierten Füßen.

Enrisia sah sie weiterhin verachtungsvoll an, doch dann zischten die Flammen in seiner Hand auf und verloschen ganz. Mit ihrem letzten Glimmen verschwand auch die letzte Kontur um sie her und es wurde stockdunkel um Filia. Geschockt stand sie in der Schwärze und konnte an nichts anderes denken, als an ihre weiterhin feuchten und verklebten Fußsohlen.

‚Verräter.‘

Sie wollte die Stimme nicht hören, aber diese scherte sich nicht um sie.

‚Verräter‘, schrie es stattdessen in ihrem Kopf. ‚Verräter, Verräter, Verräter!‘

‚Was sollte ich denn sonst tun?‘ schrie sie lautlos zurück. ‚Ich will noch nicht sterben.‘

‚Selbstsüchtiger, rücksichtsloser Verräter!‘

„Filia!“

Sie schreckte hoch.

Neben ihr kniete Xellos, die Arme auf ihren Schultern, und sah fast besorgt aus. Es war Morgen, die Sonne kroch grell über die Bergwipfel und Filia war verschwitzt und fühlte sich sehr elend.

„Lass los!“ fuhr sie Xellos an und sprang auf. Sie lief umher um wieder warm zu werden und versuchte nicht mehr zu zittern. Die ganze Zeit über fühlte sie Xellos Augen auf sich ruhen.

„Warum hast du mich geweckt?“ fragte sie schließlich ruhiger, sah ihn aber nicht an. „Ich könnte wetten, du hast meinen Albtraum genossen.“

Er schwieg einen Moment, seufzte dann.

„Du machst dich selbst krank“, sagte er schließlich. „Das können wir uns jetzt nicht erlauben…“

„Das mache ich überhaupt nicht!“ schrie Filia wütend und wollte auf ihn losgehen.

Xellos wich zurück und hob beschwichtigend eine Hand. „Schon gut, schon gut, ich sag ja schon nichts mehr.“ Er bekam das unbestimmte Gefühl, dass er wenn schon nicht alles schlimmer, so doch auf jeden Fall nichts besser für Filia machen konnte und er beschloss sich dann besser wieder um seine eigenen Probleme zu kümmern.

„Mal davon abgesehen“, wechselte er das Thema. „Kannst du die Festung untersuchen? Mit deiner heiligen Magie? Ceipheeds Schild liegt immer noch darin und versperrt mir völlig die Sicht. Ich glaube zwar nicht, dass du helfen kannst – immerhin waren die Shinzoku auch hier und haben nicht mehr als wir gefunden – aber trotzdem, wer weiß. Danach reisen wir ab.“

Er klang fast niedergeschlagen.

Filia fragte sich, was ihm denn das Leben so schwer zu machen schien. Er war schließlich nicht in die Dienste des Feindes gepresst worden und musste sich nicht mit Albträumen herumschlagen und nervenden, selbstgerechten Mazoku. Da konnte ja wenigstens er sich mit seiner schlechten Laune auch zusammenreißen.

Xellos fühlte ihre Gereiztheit und hob fragend eine Braue.

„Ist das ein Befehl?“, fragte Filia ihn giftig.

Xellos fand, dass sie ihm das Ganze manchmal wirklich zu einfach machte. „Ganz genau“ erwiderte er süßlich.

Sie verzog das Gesicht, ging aber in die Hocke, legte eine Hand auf den Boden vor sich und schloss die Augen. Nach einer Weile öffnete sie diese wieder und ein seltsamer Ausdruck lag darin.

„Was hast du?“ fragte Xellos neugierig.

Sie schwieg unruhig. Schließlich seufzte sie tief.

„Xellos, ich…“

Sie kam nicht dazu ihren Satz zu beenden, denn der Festungsboden glühte plötzlich auf. Helle Ranken schossen aus ihm empor, zischten direkt auf sie zu… und waren plötzlich vorbei.

Xellos schrie auf.

Die dicken Fäden hatten auf ihn gezielt und klebten nun an seiner Form, wurden mehr und mehr bis sie ihn fast völlig verdeckten. Wie erstarrt sah Filia zu.

Plötzlich spürte sie Xellos Aura überstark, sie lud die Atmospähre auf und ließ die Luft um Filia unheilvoll surren. Ihr eigenes Shouki reagierte darauf und drehte ihr den Magen um.

„Ach, das bringt doch nichts“, sagte eine fröhliche Stimme direkt neben ihr. „Das hat der andere auch schon versucht. Keine Sorge, Filia, ich hab ihn, wie einen Fisch im Netz!“

Ganz langsam wandte Filia sich um.

Neben ihr auf der Stufe der Arena, saß eine Frau, fast noch ein Mädchen, die nicht ganz real zu sein schien. Sie war fast transparent und wenn Filia sich konzentrierte, konnte sie die Stufen durch ihren Körper hindurch sehen. Sie trug ein dünnes, dem Wetter spottendes Sommerkleid, hatte blonde Locken und lange, puppenhafte Wimpern. Ihre blauen Augen waren… pupillenlos.

‚Mazoku‘, dachte Filia.

In diesem Moment erreichte sie eine Energiewelle aus Xellos Richtung, die sie in die Felswand hinter sich presste. Filia stöhnte auf vor Schmerz.

Die Mazoku neben ihr klatschte begeistert in die Hände. „Du bist wirklich ein Drache!“ eröffnete sie Filia begeistert. „Ich bin noch nie einem Drachen begegnet. Allerdings“, sie neigte lauschend den Kopf. „Ein ganz normaler Drache bist du nicht.“

„Na herzlichen Dank auch“, fauchte Filia sie an bevor sie sich beherrschen konnte.

Dieses zierliche Wesen sah so abgrundtief harmlos aus, dass sie auch ohne den gefangenen Mazoku vor sich sogleich das schlimmste vermutet hätte.

„Wer bist du?“ verlangte sie wütend. „Und was in Ceipheeds Namen hast du mit Xellos angestellt?“

Die Frau lächelte süß.

„Ich bin Ceelia“, sagte sie lieb. „Und während ich warte vernichte ich ihn, den Mazoku, den du Xellos nennst. In Ceipheeds Namen, wirklich.“ Sie lachte auf und für einen Moment nur, sah sie kein bisschen jung mehr aus.

Eine weitere Energiewelle traf sie beide und schlug Filia in die Wand. Sie schmeckte Blut auf ihren Lippen. Ceelia verzog das Gesicht, doch sie hatte sich nicht vom Fleck gerührt.

Filia sprang auf und wollte auf Xellos zu rennen, da packte Ceelia ihr Handgelenk.

„Geh dort nicht hin“, sagte sie eindringlich. „Er ist böse und du dienst den Göttern. Du hast nichts mit ihm zu tun. Verschwinde von diesem Ort.“

„Ich diene keinen Göttern mehr“, fauchte Filia wütend.

Ceelia hob die Augenbrauen. „Es ist doch nicht so“ sagte sie. „Als ob du eine Wahl dabei hättest.“

Ihre Hand war ganz real. Ihr Griff war fest und ein Puls schlug beständig unter ihrer Haut. Ein Atem, ein Herzschlag; und dann war da noch etwas: Wärme und Sonnenstrahlen auf ihrer steinernen Haut, wunderbare Sonnenstrahlen… und ein wütend ausschlagender Mazoku.

Mit aller Gewalt riss sich Filia los und rannte zu Xellos hin.

Die Luft um ihn drückte sie nieder. Ihre Augen tränten und sie bekam Zahnschmerzen. Xellos sammelte Energie. Sie spürte Panik in sich hochkommen.

Endlich erreichte sie ihn und riss an der Magie, die an seinem Astralkörper klebte. Die Ranken waren angenehm warm und stachen nur ein wenig in Filias Shouki. Sie ringelten sich fest um ihre Finger, wie kleine Schlangen, glitten ihre Arme hinauf und ihre gespaltenen Zungen züngelten über ihre Haut und kitzelten sie.

Hunderte gleichklingende Herzschläge erfüllten ihre Ohren und drangen durch ihre Haut, vereinten sich zu einem einzigen, tiefen Herzschlag, der ihrem nahezukommen versuchte.

Eine riesige Boa wand sich um Filias Hals und ihr Kopf hob sich auf ihre Augenhöhe. Zwei glänzende Perlen starrten sie hypnotisierend an. Die Schlange wiegte leicht den Kopf und ihre Zunge schoss hervor und streifte ihre Nase.

Es war so schwer sich zu bewegen.

Mit einem Mal packten sie zwei Hände von hinten schmerzhaft an den Schultern und drehten sie grob zu Xellos herum.

Seine Augen funkelten böse.

„Verschwinde hier!“ fuhr er sie an.

„Ich will dir helfen du Idiot!“ brüllte sie zurück.

„Ich werde dieses verdammte Siegel sprengen“ fauchte er. „Du kommst um wenn du hier bleibst. Verschwinde! Ich brauche deine Hilfe nicht.“

Er stieß sie weit von sich weg und wurde dann von den Schlangen überrollt. Geschockt starrte Filia auf das Schauspiel bis ihre Sinne praktisch aufschrien.

Sie teleportierte blind davon. Im gleichen Moment, da sie so weit von der Festung entfernt wieder erschien, wie sie es nur fertig gebracht hatte, gab es dort eine Explosion. Sie wurde in den Schnee geschleudert und blieb dort erst mal liegen. Ihre Ohren dröhnten und sie konnte die blauen Flecken vor ihrem geistigen Auge am ganzen Körper geradezu aufblühen sehen.

Dann, sobald ihr Gleichgewichtssinn einigermaßen zurückgekehrt war, rappelte Filia sich auf und rannte in die Arena zurück. Ein Wirrwarr an aufgesprengtem und zertrümmertem Stein empfing sie. Die Energiewelle hatte den Boden vom Schnee befreit, aber gleichzeitig auch das Mosaikmuster fast völlig weggepustet. Splitter lagen überall und an der einen Seite war die Steintribüne in sich zusammengefallen. Die gesamte Außenwand war an dieser Stelle um mehrere Meter zusammengesackt. Staub und Puderschnee wirbelten noch durch die Luft.

Von Ceelia war keine Spur mehr zu sehen.

„Wow“, sagte Filia. „Hoffentlich ist Shabranigdo nicht nachtragend.“

Es kam ihr vor wie ein Wunder, dass sie nicht stärker verletzt worden war.

„Xellos, was sollen wir jetzt tun?“ fragte sie und drehte sich zu der Stelle um, an der sie seine Aura spürte. „Du hast es total vergeigt und Meisterin Zeras wird uns bestimmt…“

Die Worte versiegten ihr, als sie Xellos sah und merkte, dass er sich nicht rührte. Seine physische Form lag zwar keine zwei Meter von ihr entfernt und war unversehrt genug, dass sein wahrer Körper in der Astral Plane nicht stark verletzt sein konnte, aber er schien tatsächlich bewusstlos zu sein.

Nur… Mazoku wurden nicht bewusstlos.

Das war ein Ding der Unmöglichkeit, etwas was genauso wie das Einschlafen, Träumen oder Hunger haben nur den lebendigen Wesen passieren konnte.

Aber Xellos rührte sich nicht und Filia bekam eine Gänsehaut.

„Hey“, fauchte sie verängstigt. „Versuch nicht mich auf den Arm zu nehmen. Kein Mensch braucht jetzt deine Späße. Xellos!“

„Vergiss es lieber mit dem. Wenn wir Glück haben ist er auf alle Ewigkeit kalt gestellt.“

Filias Atem stockte. Ihr Körper wurde steif, ihre Augen weiteten sich erschrocken.

‚Ich kenne diese Stimme‘, dachte sie und riss den Kopf herum.

Vor ihr am Rand des Trümmerfeldes stand die Generalin Sherra, die eindeutig gute Laune hatte.

„Auf jeden Fall“, sagte sie fröhlich. „Wird er nicht mehr zu sich kommen bis du nicht längst genauso da liegst.“

Die Barriere

„Endlich“, rief Sherra aus „sind wir zwei ganz ungestört.“

Bei diesen Worten bekam Filia langsam wirklich Panik. Verzweifelt mühte sie sich ihre Gedanken wieder zum funktionieren zu bringen. Schließlich überstürzten sie sich.

Warum nur war Sherra hier? Wo kam sie her und vor allem was hatte sie vor? Filia wurde es flau im Magen.

„Weißt du“, plauderte Sherra weiter. „Ich wollte schon eine ganze Weile etwas ausprobieren“, und dann gab sie ihr Spiel auf und lächelte grausam. „Wehr dich!“

Ein bläulicher Energieball sammelte sich abrupt in Sherras nach oben gedrehter Handfläche und Filia hechtete zur Seite. Sekunden später detonierte der Platz, an dem sie sich eben noch befunden hatte.

Filia nahm sich nicht die Zeit sich umzudrehen, sie rannte ohne Unterbrechung weiter. Sie musste fliehen. Hinter ihr explodierte der schon arg mitgenommene Boden erneut; es war gerade so als würde sie eine Fahne an Detonationen hinter sich herziehen.

‚Man sollte meinen sie hätte etwas mehr Respekt vor Shabranigdos Festung‘, dachte Filia und sprintete auf das offene Halbbogentor in der Außenmauer zu, das den Ausgang markierte.

Plötzlich materialisierte Sherra direkt unter dem Torbogen, ein blankes Schwert in der Hand.

„Schlechte Idee“, tadelte sie. „Weglaufen gilt nicht!“

Filia musste ausweichen, wollte sie nicht mit Sherra zusammenstoßen, doch stattdessen rannte sie nur noch schneller, direkt auf sie zu. Sherras Augen weiteten sich überrascht, sie hob ihr Schwert beidhändig hoch über den Kopf und dann… teleportierte Filia. Sie tauchte noch im Tor der Festung hinter Sherra wieder auf, doch da traf sie abrupt die flache Seite von Sherras Schwert direkt im Magen. Die Generalin war ihr hinterher teleportiert.

Atemlos brach Filia zu Sherras Füßen zusammen.

„Oh nein, nicht so“, fauchte Sherra. „Du sollst gegen mich kämpfen! Ich möchte wissen, was das für eine Kraft ist, die so wertvoll ist, dass sie Xellos dazu bringt dich am Leben zu lassen. Du wirst sie mir zeigen. Steh sofort auf und wehr dich!“

Filia sah durch einen Schleier aus Schmerz hindurch, wie sich erneut blaue Blitze in Sherras Handfläche sammelten und war sich sicher, dass sie sterben würde, sollte Sherra sie treffen. Sie nahm alle Kraft zusammen und teleportierte erneut.

Sie erschien direkt vor Xellos regloser Gestalt und schüttelte ihn.

„Xellos, verdammt noch mal, wach auf!“ schrie sie und gab ihm eine Ohrfeige. Doch er rührte sich nicht.

„So langsam strapazierst du meine Geduld“, sagte Sherra nah hinter ihr.

‚Und ich habe jetzt genug‘, dachte Filia wütend.

Sie war schon jetzt wieder ausgelaugt. Nach so langer Zeit gleich zweimal zu teleportieren, hatte ihr zu viel abverlangt. Auch hatte sie weder Zeit noch Kraft um einen heiligen Zauber zu wirken, aber das war ihr alles egal.

Sie sprang auf, griff unter ihren Rock, zog ihre Keule hervor und beschrieb einen weiten, brutalen Bogen damit. Klirrend traf sie auf Sherras Schwert und plötzlich sah Filia sich Sherras grinsenden Gesicht nur noch ein paar Zentimeter entfernt durch ihre gekreuzten Waffen gegenüber, so nah, dass sie wusste, dass es Absicht war.

„Soll das ein Scherz sein?“ zischte Sherra.

Dann gab sie plötzlich wieder all ihre Kraft hinter den Schwertarm und stieß Filia von sich. Sie wurde im hohen Bogen in die Luft geschleudert und landete schmerzhaft im Schnee.

Noch halb betäubt vom Aufprall versuchte Filia wieder auf die Beine zu kommen.

Verzweiflung stieg in ihr auf.

Ihre einzige Waffe konnte einem Astral Wesen wie Sherra nichts anhaben. Sie war ausgelaugt, ihre mühsam zurückgewonnene Kraft war fort. Sie hatte keine Möglichkeit Sherra zu verletzen.

‚Ich brauche Kraft‘, dachte Filia verzweifelt. ‚Ist mir egal woher, ich brauche…‘

Sie stutzte.

Sherra schritt auf sie zu mit erhobenem Schwert. Filia stand schwankend auf und griff tief in sich hinein, zog etwas aus sich heraus und wand es um ihre Keule. Dann wirbelte sie herum und schlug mit aller Kraft zu, einen schwarzen Schweif hinter sich herziehend.

Sherra war so überrascht, dass sie es zuließ, dass ihr Schwert von Filias Keule zur Seite geschlagen wurde, und dann traf Filia sie direkt im Gesicht und die Mazoku wurde zu Boden geschleudert.

Keuchend blieb Filia über ihr stehen und starrte auf sie hinab. Sie hatte mehr Kraft verbraucht, als gut war. Unmöglich konnte sie noch fliehen.

Sherra regte sich wieder und richtete sich dann ruhig auf.

„Das“, sagte sie, während sie sich bedächtig den Schnee von der Uniform klopfte „war unverschämt.“

Sie starrte Filia eine Weile lang an und Filia starrte zurück.

„Verstehe ich das richtig?“ fragte Sherra dann langsam. „Du hast deine Waffe mit Shouki ummantelt? So wie es Anwender von schamanistischer Magie mit der ihren tun?“ mit einem Ruck stieß sie die Spitze ihres Schwertes in den Schnee vor sich. „Woher hast du es?“

Kälte kroch Filias Beine hinauf. Ihre Zähne klapperten.

Sie sah, wie sich Sherras Augen plötzlich weiteten.

„Ah so ist das“, sagte sie schließlich. „Diese Kraft kommt von Meisterin Zeras. Und was dich gegen sie stärkt, das kommt von Xellos“, fuhr sie nachdenklich fort. „Also versucht Xellos sich das gleiche zunutze zu machen wie Gaav vor ihm. Nur deine Drachenkraft ist kein Überbleibsel, die schwarze Magie ist der Untermieter. Du bleibst Ryuzoku und bist so viel leichter zu kontrollieren, als ein zum Mazoku gemachter Drache.“

Sie schnaubte mit einem Ton, der wie eine Mischung aus Lachen und Entrüstung klang.

„Was für ein extravagantes Spielzeug du doch bist. Nur Xellos käme auf den Gedanken, so viel Zeit auf dich zu verswenden.“

Sie löste ihre Hand vom Schwertgriff und ließ es mit der Spitze nach unten im Schnee stecken. Dann schritt sie langsam auf Filia zu und diese wollte zurückweichen, doch sie musste zu ihrem Entsetzen feststellen, dass sie es nicht konnte.

Sie sah nach unten. Eis, so durchsichtig wie Glas, war an ihren Stiefeln hinaufgekrochen und hatte sie festgefroren. Als sie die Spur des Eises mit ihren Augen zurückverfolgte, sah sie, dass diese von Sherras Schwert ausging. Wie eine glänzende Ranke war das Eis von ihm her über den Schnee zu ihr gekrochen.

„Was geschieht mit mir?“ stieß sie ängstlich hervor.

Sherra lächelte kalt und antwortete nicht. Sie umrundete Filia gemächlich, so als wäre sie ein Exponat, dass zu studieren sie gekommen war.

Das Eis hatte inzwischen Filias Hüfte erreicht und kroch schnell weiter. Es war schrecklich kalt. Sie musste etwas tun. Sie musste etwas tun.

Noch einmal griff sie nach der Kraft, die ihr als letztes noch verblieben war, und versuchte sie zu greifen, doch es wollte nicht mehr klappen. Sie war schon viel zu schwach.

‚Dieser Idiot‘, dachte Filia, während ihr die Sinne schwanden. ‚Es ist alles seine Schuld.‘

Und dann schrie sie in ihren Gedanken.

‚Xellos, du Idiot! Wach endlich auf!‘
 

***
 

Außerhalb der physischen Welt hielt Ceelia Xellos immer noch umklammert.

Er mochte sich befreit haben, sagte sie sich, aber wenn er sich dessen nicht gewahr werden konnte, lief es doch auf dasselbe hinauf. Dann war es egal, dass sie nun so geschwächt war, dass sie für eine Weile nicht mehr in die physische Welt zurückkehren konnte. Und so spann sie ihren Kokon aus Licht und wartete darauf, dass das Vergessen schließlich einsetzte und mit sich den Wahnsinn brachte, der ihr so bekannt war.

„Du wirst hier bleiben“, versprach sie Xellos und berührte seine Wange mit einer Hand. „Bis du uns folgst oder zerbrichst. Und vielleicht siehst du sie dann ja doch noch wieder“, schnurrte sie ihm aufmunternd zu. „Hier erreicht sie dich nicht. Gib einfach auf, es ist besser so.“

Was für zwei Dummköpfe das doch waren. Sie brachten die natürliche Ordnung durcheinander, obwohl doch nur Leid daraus erwachsen würde. Ja doch, es war wohl das Beste an der Sache, dass sie dem Drachen einen Dienst erweisen konnte, indem sie ihn von ihr weggeholt hatte. Selbst wenn der Drache nun starb, hatte sie ihr noch einen Gefallen getan.

„Wie schön.“

Ceelia lächelte herzlich.

Plötzlich durchbrach etwas ihre wohlige Stille, wie ein Blitzschlag.

Xellos!

Ceelia erstarrte und Xellos riss die Augen auf.

Xellos, du Idiot! Wach endlich auf!

„Oh je.“ Xellos rieb sich den Kopf. „Sie scheint schon ganz schön wütend zu sein. Nichts für ungut, werte Ceelia.“ Er zwinkerte ihr zu. „Aber ich muss gehen.“

Und bevor sie noch Zeit hatte zu reagieren, teleportierte er davon und ließ sie allein im Licht zurück.
 

***
 

Die Szene, die sich Xellos bot, als er wieder in der Arena materialisierte, war ihm alles andere als willkommen. Da war Sherra, die ihn in offenkundiger Wut anstarrte, und Filia, die von Kopf bis Fuß von Eis umschlossen und offenbar kurz davor war das Bewusstsein zu verlieren.

‚Oh, wunderbar‘, dachte Xellos. ‚Noch eine Katastrophe heute.‘

Er schnippte mit dem Finger und Filias Eiskerker zerbrach. Sie fiel schlaff in den Schnee und bewegte sich schwach.

Xellos sah über ihre Gestalt hinweg Sherra an, die trotzig zurückstarrte.

Er erinnerte sich noch sehr gut daran, wie er und Sherra sich das letzte Mal begegnet waren.

Er war einen schmalen, aus hellem Stein gefügten Flur entlang gegangen. Immer wieder waren Muster in dessen Seiten gemeißelt worden, Blätter und Blüten und alte Zeichen für Gesundheit und Glück. Ein paar davon waren zerkratzt und zerbrochen.

Blut war über den Boden geflossen und hatte hier und da die Wände verschmiert. Ein paar Mal musste er über eine der Leichen treten, die verkrümmt im Gang lagen, ausnahmslos mit einem Ausdruck des Horrors im Gesicht, und als er dann um eine Kurve bog, sah Sherra ihm schon entgegen.

Sie hielt ein weiteres Opfer am Kragen gepackt und von der Art und Weise, wie dessen Kopf haltlos hin und her pendelte, wusste Xellos, dass er schon tot war.

Xellos hatte nachsichtig den Kopf geschüttelt, während das Blut seine Schuhsohlen rot zu färben begann.

„Wirklich, Sherra.“ Er grinste dunkel. „Sieh nur, was für eine Sauerei du angerichtet hast. Wer soll das nur wieder in Ordnung bringen?“

Sherra ließ den toten Ryuzoku los und er fiel mit einem Geräusch, das jedem außer einem Mazoku den Magen umgedreht hätte, in sein eigenes Blut. Noch mehr Rot spritzte gegen ihre besudelten Stiefel und Kleidung, doch sie bemerkte es nicht einmal.

„Verschwinde“, fauchte sie ablehnend.

Xellos trat näher.

„Drachentempel sind für uns tabu“, erinnerte er sie gutmütig. „Ich hoffe deswegen für dich, dass du eine gute Ausrede parat hast.“ Er öffnete seine Augen. „Was machst du hier?“

Ein Gefühl beschlich ihn, dass er die Antwort nicht mögen würde.

„Das geht dich gar nichts an.“

Sherra musterte ihre blutroten Handflächen, die so leuchteten, als hätte sie sie in Farbe getaucht. Sie mied es in das kalte Lila zu blicken, das zu Xellos Augen gehörte.

„Was du hier tust, brauche ich ja gar nicht erst zu fragen“, bemerkte sie fast nur, um ihn abzulenken. „Du bist hier um den Drachen rauszuholen.“

„Sie hat nach Hilfe geschickt, das stimmt“, sagte Xellos. „Und du, du bist doch ebenfalls wegen deinem Diener hier? Die Frage ist jetzt nur, wie er hier her gekommen ist.“ Er machte eine Pause. „Wirklich, muss ich etwa doch noch zu dem Schluss kommen, dass er Filia hinterher spioniert hat?“

Sherra sah wütend auf. Sie rang offenbar um eine glaubwürdige Antwort und Xellos musste einfach grinsen.

„Dein Pokerface ist wirklich bewundernswert, Sherra.“

„Ach halt doch die Klappe“, fauchte Sherra mürrisch zurück. „Na gut, dann ist es halt wegen dem Drachen. Der ist ja sowieso deine Schuld.

Warum nehmt ihr ihn auch einfach in unsere Reihen auf, ohne jegliche Erklärung abzugeben? Sie könnte ein Spion oder, wer weiß was, sein, aber Greater Beast schweigt meinen Meister Grausherra an. Es ist nur rechtens, dass wir selbst eine Untersuchung einleiten.“

„Und in welchem geistigen Zustand hätte ich meine Dienerin nach dieser ‚Untersuchung’ wieder zurückbekommen?“ unterbrach Xellos sie interessiert.

Wahrscheinlich hatte nur Filias überraschendes Abtauchen in einen Drachentempel, der wie gesagt mehr oder weniger Tabu für sie war, Sherra davon abgehalten, sie geradewegs zu kidnappen.

Stattdessen hatten die Ryuzoku ihren Diener, der tatsächlich blöd genug gewesen war, Filia auch in einem Drachentempel weiter beschatten zu wollen, entdeckt und Filia hatte Xellos gerufen. Und jetzt hatte er den Salat.

„Sie ist Greater Beasts Untergebene“, sagte Sherra kühl. „Ich hätte sie schon nicht über Gebühr verhört.“

‚Das ist wirklich ein Trost’, dachte Xellos sarkastisch, doch dann lenkte ihn die Entfesselung einer beachtlichen Menge heiliger Magie ab.

„Nun, Sherra“, bemerkte er vorsichtig, nachdem die Mazoku vor ihm zwar merklich zorniger wurde, sich aber nicht bewegte. „Dir ist doch sicher klar, dass dein werter Diener das höchstens noch ein paar Sekunden aushält?“

„Jemand, der gerade mal eine Minute nachdem ich ihn befreit habe schon wieder in die nächste Falle tappt, hat meine Hilfe nicht verdient“, erwiderte Sherra mit mühsam unterdrückter Wut. „Auf so einen Diener kann ich verzichten!“

Und weg war sie.

Genauso wie Xellos, der sich aufmachte Filia zu retten und dabei mit jeder Sekunde wütender über Sherras Unverfrorenheit wurde.

‚Und jetzt ist es doch passiert.‘

Mit diesem ärgerlichen Gedanken kehrte Xellos in die Gegenwart zurück und sah auf die völlig verfrorene Filia hinab.

‚Sie hat Filia direkt unter meiner Nase verhört. Sie hat sie fast umgebracht.‘

Er wusste wirklich nicht mehr, was mit dieser Mazoku los war. Sie musste doch wissen, dass es ihr unglaublich viel Ärger einbringen würde, den Diener eines anderen Mazoku Lords ohne Grund anzugreifen oder gar zu töten. Selbst wenn sie behauptet hätte, dass es ein Unfall war, wäre es nicht ausgeschlossen, dass Dynast selbst sie hart bestraft hätte.

‚Sie muss sie wirklich hassen‘, dachte Xellos verwundert. ‚Aber warum?‘

Er hatte keine Ahnung.

„Reg dich jetzt bloß nicht auf“, fauchte Sherra gerade. „Sie lebt ja schließlich noch. Und du hast das hier lange kommen sehen.“

„Ich kann mich nicht erinnern, dein Eindringen in Meisterin Zeras innere Angelegenheiten in meine nähere Planung aufgenommen zu haben“, bemerkte Xellos beißend.

„Innere Angelegenheiten?“ fragte Sherra ungläubig. „Du nennst dieses Rattennest hier“ sie machte eine umfassende Geste um die Festung „eine innere Angelegenheit?“

„Die Auswahl von Meisterin Zeras Dienern ist eine innere Angelegenheit“, erwiderte Xellos gefährlich ruhig. „Und übrigens Sherra, wo warst du eigentlich als dieses Rattennest, wie du es so schön genannt hast, uns um die Ohren geflogen ist?“

‚Sie ist Filia und mir vom Tempel bis hierher gefolgt‘, dachte er verärgert. ‚Und dann hat sie uns seelenruhig dabei zugesehen, wie Ceelia uns auf der Nase rumgetanzt ist.‘

Er erwartete von einem anderen Mazoku nicht, dass er ihm uneigennützig half, aber das hier war ein gemeinsamer Auftrag gewesen. Selbst wenn Sherra nicht direkt daran arbeitete, rechtfertigte das nicht Xellos Zwangslage für diesen Dreck auszunutzen.

„Oh, tu bloß nicht so, als ob du mir geholfen hättest, wenn du mich in so einer Lage gefunden hättest“, bemerkte Sherra sarkastisch.

„Das tut hier nichts zu Sache“, meinte Xellos kategorisch.

„Sie hat aber recht“, war plötzlich Filias schwache Stimme von unten zu vernehmen. „Du genießt es doch am meisten, anderen dabei zuzusehen, wie sie in Schwierigkeiten kommen.“

„Auf wessen Seite bist du hier eigentlich?“ fragte Xellos sie empört.

Sie grinste schwach.

„Nun, ich habe jedenfalls genug“, sagte Sherra da. „Wir sehen uns, Xellos.“

Und dann war sie weg einfach so und ließ eine erschöpfte Filia und einen vor Entrüstung rauchenden Xellos zurück.

Er spürte ihr auf der Astral Side nach, bis sie ganz verschwunden war. Nur zu gerne wäre er ihr gefolgt, aber was brachte das letztlich schon? Sherra mochte Filia angegriffen haben, aber wenn er sie dafür tötete, würde das seiner Meisterin ernsthaften Ärger mit Grausherra einbringen. Er konnte sich ausrechnen, auf wen ihre eigene Verärgerung dann zurückfallen würde.

Xellos seufzte.

„Was für ein grausiger Tag“, er sah zum klaren Himmel auf. „Ich finde, so langsam haben wir uns eine Pause verdient, meinst du nicht auch?“

Filia antwortete nicht gleich.

Die Wärme kam nur langsam in ihren Körper zurück und erweckte mit ihr die scharfe Wahrnehmung des Schmerzes, der ihr durch alle Knochen ging. Wo Xellos Ringen mit Ceelia ihr noch keine Verletzungen zugefügt hatte, da hatte Sherra das ausgeglichen. Ihre Arme und Beine waren mit Blutergüssen übersät, ihr Gesicht war zerkratzt und ihre Lippen aufgesprungen.

Doch all das wurde in den Hintergrund gedrängt von der tiefen Erleichterung, die sie empfand.

„Xellos“, sagte sie schließlich und stand auf, wobei sie sich an ihm festhalten musste. „Es geht dir gut.“

„Gut?“ Mit einem schiefen Grinsen drehte er seinen Kopf zu ihr um. „So würd ich das nicht grad bezeichnen. Aber ich lebe, immerhin.“

Filia sah zu ihm auf und seufzte, ob aus Erleichterung oder Resignation; Xellos konnte es nicht sagen. Dann straffte sie sich und rote Flecken erschienen auf ihren zuvor blassen Wangen. „Xellos.“

„Ja?“ fragte er vorsichtig.

„Ich verlange eine Erklärung.“

‚Ach herje’, dachte Xellos und trat unauffällig einen Schritt vor ihr zurück. Das hörte sich ganz nach noch mehr Ärger für ihn an. Und da legte Filia auch schon los.

„Was macht diese Mazoku, diese Ceelia hier?“, begann Filia ihn mit Fragen zu bestürmen. „Wer ist sie und warum hat sie uns angegriffen? Und Sherra, warum…“

„Sie ist keine Mazoku“, unterbrach Xellos sie.

Filia stutzte. „Was?“ fragte sie ihn verwirrt.

„Ceelia ist keine Mazoku“, wiederholte Xellos bestimmt. „Wirklich sie ist eher das Gegenteil. Ihre Magie hat mir deshalb so sehr zugesetzt, weil ihre Basis aus heiliger Magie besteht.“

„Aber“, versuchte Filia verdutzt diese Tatsache zu verarbeiten. „Soll das etwa heißen, dass sie am Ende eine Ryuzoku ist? Das hätte ich doch gemerkt.“

Oder etwa nicht?

Xellos zuckte die Schultern.

„Alles was ich weiß ist, dass sie irgendetwas mit der Seite der Shinzoku zu tun haben muss“, meinte er schlicht. „Ob sie jetzt ein Drache oder ein Mensch oder was auch immer ist, es ist jedenfalls ganz und gar nicht gut für uns.“

Filia sah in Xellos Gesicht und meinte fast körperlich seine Bestürzung zu fühlen. Mit einem Mal war ihr klar, dass er das ganze hier gar nicht erwartet hatte. Ceelia und wahrscheinlich Sherra auch hatten ihn genauso überrascht wie sie selbst.

„Meinst du es besteht ein Zusammenhang zwischen ihnen?“ fragte Filia ihn plötzlich. „Zwischen Sherra und Ceelia.“

„Bei Shabrangido“, Xellos wurde blass. „Alles, bloß das nicht. Ich möchte es lieber nur bei den Shinzoku, anstatt den Shinzoku und einem Mazokuverrräter belassen. Freu dich, Filia“, er grinste schwach. „Die Drachenkönige scheinen ein paar gefährliche Tricks für uns Mazoku ausgegraben zu haben. Schade nur, dass du gerade jetzt auf der falschen Seite stehst.“

Filia runzelte die Stirn.

„Ich kann nicht glauben“, sagte sie langsam „dass dies alles ihr Werk ist. Sonst hätten sie diese Art von Magie doch schon viel früher gegen euch eingesetzt. Ich habe nie etwas von einer Technik gehört, mit der man Mazoku auf solch eine Weise binden kann. Außerdem ist da noch etwas…“

Sie verstummte und Xellos sah sie fragend an.

Da musterte Filia ihn abschätzend und dann reckte sie sich zu ihrer vollen Größe auf.

„Ein Tausch“, sagte sie fest. „Du sagst mir endlich, warum wir hier sind und was unser wirklicher Auftrag ist. Der, den du mir schon die ganze Zeit verschweigst, während mir andauernd alles um die Ohren fliegt. Dafür zeige ich dir, was ich meine.“

Xellos hob eine Augenbraue. „So funktioniert das Diener-Meisterverhältnis nicht, Filia.“

Filia schnaubte.

Sie verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte ihn an. „Ich bin heute zweimal völlig unerwartet angegriffen worden“, begann sie gefährlich ruhig „und wäre mehrere Male beinah zu Tode gekommen und habe trotzdem nicht mal den Hauch einer Ahnung, warum ich hier bin oder was ich hier überhaupt mache. Ich will es jetzt wissen Xellos und komm mir nicht mit deinen Ausreden!“ Am Ende ihrer Tirade hatte sich so richtig schön in Rage geredet. Sie holte einmal tief Luft und grinste ihn dann herausfordernd an. „Glaub mir“, lockte sie. „Der Tausch lohnt sich.“

Xellos sah sie belustigt an.

Er versuchte für einen Moment in Filias blassen Gesicht zu lesen, doch alles was er sah und fühlte, waren ein wenig Wut und ihre ganze Entschlossenheit.

Ihm war natürlich so klar wie Filia selbst, dass er sie zwingen konnte ihm zu sagen, was sie wusste und nichts dafür im Gegenzug zu geben brauchte. Andererseits hatte er inzwischen nicht mehr das Gefühl, einen Vorteil zu haben, wenn er Filia alles verschwieg. Dafür waren die Dinge nun wirklich zu kompliziert geworden.

„Na gut“, lenkte er schließlich ein. „Aber da ist nicht sehr viel zu erzählen.

Das ganze hat im Grunde schon vor einiger Zeit angefangen, als eine Gruppe Mazoku einfach verschwunden ist. Bisher ist erst einer von ihnen wieder aufgetaucht und zwar genau hier in der Festung und mausetot noch dazu. Ich soll herausfinden, was es damit auf sich hat.“ Er seufzte. „Zumindest habe ich jetzt eine gute Ahnung, wer für seinen Tod verantwortlich ist. Wenn Ceelia jeden Mazoku, der hier auftaucht, so begrüßt, wie sie uns begrüßt hat, dann kann ich mir schon vorstellen, was sie mit ihm angestellt hat.“

„Sind diese Mazoku denn so wichtig?“ fragte Filia ihn verwirrt.

Xellos schüttelte den Kopf.

„Nein, das nicht. Aber dass wir so gar keine Ahnung haben, was mit ihnen geschehen ist, ist beunruhigend. Es hat… Zeichen gegeben. Meine Meisterin meinte, dass wir dies nicht ignorieren sollten. Und je mehr wir nachforschen, desto seltsamer wird es…“

„Also“, sagte Filia langsam, die noch immer versuchte, sich einen Reim aus dem ganzen zu machen „suchen wir Diener von Meisterin Zeras, die ohne Erlaubnis verschwunden sind?“

„Nein“, Xellos schüttelte den Kopf. „Sie gehören nicht zu Meisterin Zeras.“

„Dann zu Dynast Grausherra?“, fragte Filia ihn nun noch mehr verwirrt. „Oder Deep Sea Dolphin?“

„Auch das nicht.“

Filia starrte ihn aufgebracht an.

„Aber zu irgendjemanden müssen sie doch gehört haben“, sagte sie verzweifelt. „Mazoku entstehen doch nicht einfach so.“

Xellos schüttelte nur den Kopf.

„Es ist Zeit“, unterbrach er sie „für deinen Teil der Abmachung. Also, was ist dir so wichtiges noch eingefallen?“

Filia sah ihn finster an.

Er hatte ihr mal wieder nur die Hälfte von allem erzählt und wahrscheinlich war es der weniger brisante Teil gewesen. Aber wahrscheinlich konnte sie sich schon glücklich schätzen, überhaupt etwas erfahren zu haben.

Schweigend schritt sie an Xellos vorbei und trat in die Mitte der zerstörten Arena. Wie Xellos zuvor zog sie einen Kreis um sich in den Neuschnee, wozu sie ihre Stiefelspitzen benutzte.

Dann klatschte sie unter Xellos verdutztem Blick einmal in die Hände und rief ihre heilige Magie zu sich. Während Xellos dabei zusah, wie Filias Körper zu leuchten begann, spürte er Energie um sich herum aus dem Boden strömen.

Sie würde doch nicht etwa Ceelia wecken?

Doch stattdessen spürte er nun, wie das Siegel aus heiliger Magie, das ihm bisher jeglichen Blick auf die Festung in der Astral Side verwehrt hatte, langsam verging. Es faserte sich auf und verschwand. Natürlich... er selbst hatte Filia darum gebeten sich das Siegel anzuschauen und er erinnerte sich, dass sie ihm etwas hatte sagen wollen. Doch Ceelia hatte sie unterbrochen gehabt.

Filia fiel auf die Knie.

Sie atmete schwer und Schweiß glitzerte auf ihrer Stirn.

„Wenn ich das konnte“, sagte sie zwischen zwei Atemzügen zu dem aus Verblüffung noch immer wie angewurzelt dastehenden Xellos „dann haben es die Shinzoku, von denen du gesagt hast, dass sie früher hier gewesen sind, auch gekonnt. Sie hätten das Siegel jederzeit lösen können und das sie es nicht getan haben, muss einen Grund gehabt haben. Deshalb glaube ich nicht, dass Ceelia auf ihrer Seite steht.“

Xellos schüttelte verblüfft den Kopf.

„Meinst du“, sagte er schließlich „dass es dann so klug war dieses Siegel einfach zu brechen?“

Filia zuckte die Schultern, während sie sich mit dem Stoff ihres Umhangs über die Stirn wischte.

„Welche Wahl hatte ich schon?“ fragte sie ihn. „Außerdem, wenn das hier wirklich so gefährlich wäre, hätten es die Shinzoku doch gleich zerstört, oder etwa nicht?“

Xellos blickte nachdenklich auf den Boden vor sich, doch seine Augen sahen etwas anderes, sahen viel weiter in die Tiefe.

„Vielleicht“, meinte er schließlich „haben sie auch einfach gar nicht gewusst, ob es gefährlich ist oder nicht. Ich glaube nicht, dass irgendjemand etwas hiermit wird anfangen können.“

Von seinen Worten neugierig gemacht ließ Filia ihre Sicht ebenfalls auf die Astral Side gleiten und sah dann überall Magie. Doch ob sie schwarz oder weiß, schamanistisch oder heilig war, konnte sie wirklich nicht sagen.

„Was ist das?“ fragte sie und starrte auf die Masse unter sich, die sich ihrer Wahrnehmung als ein Sumpf aus einer schwarzgolden glitzernden Substanz präsentierte.

„Das“, meinte Xellos mit einem Anflug von Übelkeit „ist wirkliche ganz und gar vermischte Magie. Das was aus Shabranigdos schwarzer und Ceiphieds heiliger Energie geworden ist, nachdem sie irgendwann vor ein paar tausend Jahren zerfallen sind. Niemand wird das noch einmal entwirren können“, er seufzte enttäuscht. „Ich glaube, wir werden wohl niemals herausfinden, wofür dieser Ort geschaffen worden ist.“

„Na ja“, bemerkte Filia. „Wir könnten immer noch Ceelia fragen. Nicht dass ich besonders scharf auf so einen Versuch wäre.“ Fügte sie noch schnell hinzu.

Xellos verzog das Gesicht.

„Wenn wir wirklich Pech haben“, meinte er „bleibt uns vielleicht gar nichts anderes übrig. Allerdings glaube ich immerhin schon einen Ort zu kennen, der hinter dieser Magie liegt. Vielleicht müssen wir gar nicht mehr wissen.“

Filia sah ihn neugierig an.

„Was meinst du damit?“

„Nun, als Ceelia meinen Geist noch gefangen hielt“, erzählte Xellos ihr „da erwachte ich zuerst in der hellen Sphäre, in der sie sich auch zu jenem Zeitpunkt befand. Zu dem Rest meines Körpers zurückzukehren hat dann zwar nur Sekunden gedauert, aber während dieser Reise hatte ich das Gefühl, durch eine sehr seltsame Art von Materie zu gleiten. Jetzt da ich dies hier sehe, denke ich, dass es die vermischte Magie von Göttern und Dämonen war, die ich gespürt habe.“

„Das ist die Art von Magie mit der wir Dark Star besiegt haben“, erinnerte sich Filia. „ Du meinst also, du warst für einen Moment hinter dieser Barriere?“

Xellos nickte düster.

„Ja. Unter uns liegt der Platz, an dem Ceelia Zuhause ist. Und es ist ein trostloser Ort.“

Hinter den Grenzen

Etwas später hatte es zu schneien begonnen und Xellos und Filia hatten sich auf den unversehrten Teil der Tribünen zurückgezogen um sich nach den letzten Geschehnissen zu sammeln und diverse Wunden zu kurieren. Ein dichter Reigen aus weißen Flocken setzte sich in ihr Haar und ihre Kleider und verdeckte die Spuren der Verwüstung, die sie hervorgerufen hatten.

Filia war gerade dabei eine letzte Schramme von sich mit einem Healing-Zauber zu bearbeiten, als Xellos, der mit einer Tasse Tee in der Hand neben ihr saß, den Kopf wandte.

„Wir bekommen Besuch“, sagte er.

Überrascht und ein wenig ängstlich sah Filia auf. Würde man sie schon wieder angreifen? Aber Xellos verhielt sich nicht, als würde er Gefahr erwarten, also musste es etwas anderes sein.

Dermaßen versichert machte sie sich dann auch gar nicht erst die Mühe in der Astral Plane nach den Neuankömmlingen zu suchen, sondern sah nur angestrengt in das wirbelnde Weiß um sie hinaus. Eine Weile veränderte sich nichts, nur das Heulen des Windes wurde stärker.

Aber halt. War das wirklich der Wind? Oder vielmehr ein Jaulen, das melodisch auf und abschwang oder ein raues Gebell.

Filia sprang aufgeregt auf.

Zwei furchterregende Wölfe sprangen durch den Schnee auf sie zu und einen davon erkannte sie gleich. Kesharo stürmte sofort auf sie zu und ehe sich Filia versah hatte er sie umgeschmissen und leckte ihr das Gesicht ab. Sein Schwanz wedelte wie verrückt und schlug ihr gegen die Beine.

Der zweite, größere Wolf schritt geradewegs auf Xellos zu. Sein riesiger Kopf war würdevoll erhoben und seine breiten Narben sahen im Höhenwind, der sein Fell teilte, schrecklicher denn je aus.

Xellos goss gemächlich eine weitere Tasse mit Filias rosa Teekanne voll und hielt sie dem Wolf dann hin.

„Tee?“

Er erntete einen missbilligenden Blick.

Inzwischen hatte es Filia geschafft sich einigermaßen zu befreien und setzte sich lachend auf.

Kesharos Fell war zerzaus und stellenweise verbrannt und blutige Kratzer zogen sich über seine Schnauze. Die Pfoten, mit denen er sie umgeworfen hatte, waren völlig zerschrammt und die Sohlen wund gelaufen. Doch er lebte und die Verwüstung, die sein Äußeres erfahren hatte, schien von seinem Gemüt abzugleiten, wie ein unbeachteter Schatten.

„Du hast es geschafft!“ rief sie aus. „Ich freue mich wirklich dich wieder zu sehen.“

‚Ich freue mich auch dich zu sehen‘, antwortete Kesharo.

Filia erstarrte.

Xellos, der ihre Verblüffung bemerkte, hob überrascht eine Braue. Nun, nun, jetzt schien es doch wirklich noch interessant zu werden.

„Du kannst ja reden“, sagte Filia endlich ein wenig kleinlaut.

‚Aber sicher‘, antwortete Kesharo völlig ungerührt. ‚Ich rede schon mit dir seit wir uns zum ersten Mal begegnet sind. Und jetzt hörst du mich auch‘

Filia hatte diese Tatsache immer noch nicht so ganz verdaut. Ihr Blick wanderte zu Xellos, der sich inzwischen entschieden hatte dem ganzen seine lustige Seite abzugewinnen. Er grinste neckend.

„Was wunderst du dich denn so?“ fragte er sie spöttisch. „Als Ceelia mich noch gefangen hielt, hast du doch auch nach mir gerufen, oder nicht? Das war Telepathie, wie wir Mazoku sie nutzen. Kesharo redet auf dieselbe Weise.“

„Aber“, murmelte Filia „wieso kann ich… und so plötzlich…“

„Ich kann mich irren, aber das wird wohl an den diversen Extremsituationen liegen, die wir heute schon durchlaufen haben“ vermutete Xellos. „Du wirst wohl eine latente Fähigkeit, die dir das Shouki in deinem Körper verleiht, freigesetzt haben. Oder vielleicht gewöhnst du dich auch einfach an die Mazoku-Magie in dir“, zog er sie dann auf.

Filia streckte ihm die Zunge raus.

Sie musste zugeben, sie hatte nichts dagegen, wenn ihr dieses Malheur von Zeras auch mal ein paar Vorteile anstatt immer nur Nachteile verschaffte, aber etwas unheimlich war es ihr schon.

„Nun, wo die Dinge nun sind wie sie sind“, fuhr Xellos redselig fort und machte eine Geste zu dem großen Wolf hin „darf ich dir wohl Askura vorstellen. Er ist eines von Greater Beasts ältesten Geschöpfen. Viel älter als ich. Er gebietet über die Wölfe Wolf Pack Islands.“

Askura schnaubte.

‚Irgendwann, Xellos‘, knurrte er ‚wirst du deine Zunge verschlucken, wenn dir sie vorher niemand zusammenknotet. Ich kenne Filia schon und sie kennt mich. Wenn du ein Theater veranstalten willst, dann halte mich dort gefälligst heraus. Wir sind schließlich nicht zum Spaß hier.‘

Er fing an Filia sympathisch zu werden.

„Weswegen seid ihr denn hier?“ fragte sie Kesharo neugierig.

‚Ich bin hier um Filia verdammt noch mal von Shabranigdos Festung wegzuholen‘, sagte Kesharo fröhlich. Es war nicht schwer Zeras wörtliches Zitat aus seinen Worten herauszuhören und Xellos und Filia zuckten gleichermaßen zusammen. ‚Wir reisen zusammen nach Wolf Pack Island ab‘, verkündete ihr der Wolf und legte ihr den Kopf in den Schoß, damit sie ihn besser kraulen konnte.

‚Und ich werde Xellos eskortieren‘, verkündete Askura ruhig. ‚An einen anderen Ort.‘

Xellos runzelte die Stirn.

„Wir sind aber noch nicht hier fertig“, sagte er Askura besorgt. „Wir haben Ergebnisse. Na gut“, korrigierte er, als er Filias ungläubige Miene bemerkte. „Vielleicht keine Ergebnisse direkt, aber wir haben etwas rausgefunden.“

„Ich würde ja sagen, das etwas hat uns gefunden“, meinte Filia trocken. „Aber Xellos hat recht. Wir wollten eigentlich wieder zur Festung zurück, sobald ich mich geheilt habe, und doch noch einmal nach Ceelia suchen.“

Sie verzog das Gesicht. Es waren nicht grade verlockende Aussichten, weder für Xellos noch für sie, aber wie so oft hatten sie eigentlich keine Wahl.

‚Wer auch immer diese Ceelia ist, sie spielt jetzt keine Rolle mehr für dich‘ sagte Askura ihr. ‚Die große Wölfin war sehr wütend, als sie erfahren hat, dass Xellos dich hierher gebracht hat, und sie will, dass du gehst. Dieser Ort mag den Shinzoku bekannt sein, aber Ryuzoku kennen ihn nicht. Du hast hier nichts zu suchen. Und was Xellos angeht‘ fuhr er fort und schenkte dem Mazoku einen zurechtweisenden Blick ‚so duldet unser Reiseziel keinen Aufschub. Solange du deine Nachforschungen hier auch aufschieben kannst, sind sie fürs erste aufs Eis gelegt.“

„Verstehe.“ Xellos neigte den Kopf. „Befehl bleibt Befehl.“

Filia nickte resigniert.

Es gefiel ihr zwar nicht, Ceelia hier oben unbewacht zurückzulassen, aber es sah ganz so aus, als hätten sie mal wieder keine Wahl. Sie fragte sich, ob Xellos Aufträge wohl immer so für ihn abliefen und ihn in so einen engen Handlungsraum zwängten. Es hatte nie danach ausgesehen.

„Wie soll ich den Rückweg schaffen?“ fragte sie. „Wir müssen über den Ozean…“

‚Wir gehen durch die Astral Plane‘, erklärte ihr Kesharo. ‚Ich kann dich dort nicht so tragen wie Xellos, aber ich kann dir den Weg erleichtern und dich führen. Den Rest musst du selbst schaffen. Aber dafür bist du ja jetzt auch ein bisschen Mazoku geworden.‘

Filia verzog das Gesicht.

„Ich bin sicher, dass du einen Heidenspaß haben wirst“, sagte Xellos feixend und dachte an die Male, da Filia schon so mit ihm gereist war. „Wie gut, dass du nichts gegessen hast, nicht wahr?“

Filia schenkte ihm einen bitterbösen Blick und er grinste noch breiter.

‚Kesharo, Filia‘ bellte Askura. ‚Ihr habt euch genug ausgeruht. Geht.‘

Kesharo sprang sofort auf und Filia folgte ihm aufgeschreckt.

‚Kesharo bringt dich in die Astral Side‘, befahl Askura Filia. ‚Wenn ihr da seid, schau nur seinen Astralkörper an, folge ihm und lass ihn nicht aus den Augen. Lass ihn nicht los. Er würde dich zwar wiederfinden, solltest du ihn verlieren, aber die Erfahrung wäre nicht angenehm für dich.‘

Filia nickte und schluckte.

Kesharo stakste schwanzwedelnd um sie herum und bellte dabei aufgeregt. Er leckte ihre verkrampfte Hand. Mit der anderen packte sie Kesharos Nackenfell.

Der Wolf bellte laut und Filia spürte, wie sich die Muskeln in seinem schlanken Körper anspannten, dann sprang er los. Filia hatte noch nicht mal Zeit sich nach Xellos umzusehen, sie musste all ihre Konzentration darauf verwenden mit Kesharo Schritt zu halten, während er sie mit sich riss.

Sie wurden immer schneller, der Schnee stieb um sie in Kaskaden auf und dann bellte Kesharo ‚Jetzt!‘ und sie sprangen beide und waren plötzlich in einer Welt, in der es kein oben und kein unten mehr gab.
 

***
 

‚Diese jungen Dinger.‘ Askura schüttelte sich missbilligend. ‚Sie meinen, sie hätten alle Zeit der Welt und vergessen, wie ungeduldig unsere Meisterin sein kann.‘

„Was wird jetzt mit Filia geschehen?“ fragte ihn Xellos.

Askura schwieg und sah ihn abschätzend an.

„Sie ist meine Investition“, verteidigte Xellos sich fast trotzig. „Ich habe sie in Meisterin Zeras Dienste gebracht, da habe ich natürlich ein Interesse daran, was…“

‚Ich weiß‘, unterbrach ihn Askura. ‚Du bist zu redselig heute, Xellos. Aber ich kann dir die Antwort auf deine Frage nicht geben.

Nur so viel, vor kurzem war ein Spion von uns am Dragon’s Peak und jetzt wissen wir, dass bei den Ryuzoku ein großer Krach herrscht…‘

„Ach ja?“, fragte Xellos überrascht.

‚… wegen einer gewissen Ryuzoku, die einen Mazoku nahe eines Tempels herbei gerufen haben soll. Du kannst dir sicher am besten denken, worum es hier geht.‘

Xellos legte den Kopf in die Hände. „Auch das noch.“

‚Die Ryuzoku werden wohl kaum einen Krieg mit uns wegen einem einzelnen Drachen anfangen, geschweige denn der Shinzoku. Aber trotzdem werden sie sich fragen, was unsere Meisterin und du mit ihr vorhaben.‘ Askura ließ ihn jetzt nicht aus den Augen. ‚Was hast du vor, Xellos?‘

„Das“, sagte er ruhig „ist ein Geheimnis.“

Ein Grollen drang aus Askuras Kehle.

„Und dabei bleibt es“, sagte Xellos nun ganz nüchtern. „Sag Askura, wohin schickt mich unsere Meisterin?“
 

***
 

Als sie den Rand des Ozeans erreichten, legten sie eine Rast ein.

Filia stand auf den Klippen, die hier zur Meerküste unter ihr abbrachen und sah auf das Wasser hinaus. Der Wind schlug ihr das Haar ums Gesicht und die Gerüche von Salz und Tang stiegen ihr in die Nase und vertrieben ihr die Übelkeit.

Ein Stück hinter ihr lag Kesharo im Gras und döste vor sich hin.

Wie leicht es jetzt doch wäre zu verschwinden und Xellos und Zeras und alles hinter sich zu lassen. Hinab zu steigen in die Welt und sich für immer vor den Mazoku zu verbergen. Sie wusste jedoch, zum Schluss würde Xellos sie finden.

Doch welch ein schöner Traum die Freiheit doch war und träumte sie ihn auch nur für einen Augenblick.

Entlang der Klippen befand sich ein Pfad und sie hatte vor einer Weile einen Wanderer bemerkt, der in einiger Entfernung über diesen Weg auf sie zukam. Nun hatte er sie erreicht, verließ den Pfad und trat neben sie.

„Eine schöne Aussicht“, stellte er kurz darauf fest.

„Ja“, sagte Filia. „Wunderschön.“

„Ich weiß nicht wie es Euch geht, aber mich lässt sie an die Freiheit denken“, sagte er ganz unvermittelt.

Filia erschrak etwas, weil er ihre Gedanken erraten zu haben schien und wandte den Kopf um den Fremden zu studieren. Der Mann trug einen Reisemantel und einen weiten, zerrissenen Hut unter den er sein langes Haar gesteckt hatte. Der Ansatz in seinem Nacken trug einen dunklen Blondton, fast braun, aber nicht ganz. Auf eine seltsam unbestimmte Art und Weise kam er ihr fast bekannt vor. Doch gleichzeitig war sie sich sicher, ihn nie zuvor gesehen zu haben.

Sie versuchte seine Aura zu erfassen, aber an der Oberfläche war er ein ganz gewöhnlicher Mensch. Doch irgendetwas in seiner Haltung oder der Spannung in der Luft sagte ihr, dass es ganz sicher nur die Oberfläche war.

Vorsichtshalber suchte Filia nach Kesharos Aura, aber er schien eingeschlafen. Sie traute sich nicht, ihn telepathisch zu rufen.

Der Fremde sah sie bedauernd an.

„Aber wer ist schon wirklich frei?“ fragte er, ohne wirklich eine Antwort zu erwarten. „Du und ich, wir sind es jedenfalls beide nicht, wenn auch auf verschiedene Weisen.“

Filia starrte ihn an. Sie hatte keine Ahnung wovon er redete, aber langsam bekam sie ein ungutes Gefühl bei dieser ganzen Sache. Kesharo schlief viel zu fest.

„Wer seid ihr?“ fragte sie ihn.

Ihr Gegenüber antwortete nicht. Stattdessen fasste er sie bei den Schultern und küsste ihre Stirn. Seine Lippen schienen zu brennen und für einen Moment hatte sie das Gefühl in Flammen zu stehen und schloss vor Schreck die Augen. So schnell wie die Empfindung aufgekommen war, versiegte sie auch wieder und als Filia die Augen aufschlug, war der Mann weg.

Kesharo hockte vor ihr und betrachtete sie aufmerksam mit zur Seite gelegtem Kopf und heraushängender Zunge.

‚Was ist los?‘ fragte er sie.

Filia seufzte. „Ich habe keine Ahnung“, gestand sie ihm. „Wie immer. Aber ich bin froh, dass es vorbei ist.“

Kesharo drehte verwirrt seine Ohren mal in die eine und dann in die andere Richtung. Schließlich rappelte er sich auf und rieb seine Flanke tröstlich an ihr Bein. Durch ihren dünnen Rock hindurch spürte sie seine Körperhitze.

„Lass uns gehen“, seufzte Filia. „Ich fühle mich nicht sicher hier. Vielleicht vergeht das ja, wenn wir Wolf Pack Island erreichen.“

Kesharo jaulte auf und sie machten sich auf den Weg.
 

***
 

Erneut erhob sich die Kuppel aus Licht, aus dunklem Licht, über der Stadt, so hoch, als wolle sie den Himmel berühren. Und zerreißen.

Doch wichtig war nicht die Kuppel, wusste Xellos, wichtig war, was darunter lag. Die Kuppel tief in der Erde, die sich wie ein fein gesponnenes Netz um alles gelegt hatte. Um alles, was in der Tiefe verborgen lag, an einem Ort so weit unter ihnen, dass es heiß war dort. Heiß wie in der Hölle.

Der Boden brach auf. Alles, was auf ihm gestanden hatte, versank in seiner Tiefe. Rauch zog durch die Straßen und dämpfte die Schreie in ihren Gassen.

Xellos befand sich inmitten des Untergangs und genoss das Schauspiel, das sich ihm bot. Er wachte über den Wolf mit weit geöffneten Augen, in denen die Erwartung flackerte. Lange hatten sie warten müssen und die Neugierde hatte ihn zuweilen fast um den Verstand gebracht.

Denn das, was er nun sehen würde, war vor seiner Zeit versunken und nur Meisterin Zeras Erzählungen hatten ihm ein Bild gemalt. Doch nun spürte er in der heraufsteigenden Hitze die alte Kraft dieser Zeit und er wünschte sich, er wäre schon damals dabei gewesen. Wie lange war es nun schon her?

Xellos sah in das schöne Gesicht seiner Meisterin. Das Gesicht, in dem ein Auge vernarbt war, immer schon, in dem messerscharfe Zähne blitzten und graues Fell rauschte. Es war grausam und wild und ohne Menschlichkeit und vertraut und stark und Xellos fand es wunderschön.

Er spürte Greater Beasts Macht, als sie den Bogen zusammenführte, und ein Puls schlug in seinem Körper, als die Pentagramme erglühten und zum Leben erwachten

Das Netz zog sich zusammen. Wie ein Fischer, der seinen Fang einbringt, zog der Wolf daran. Xellos hielt den Atem an. Die Fische, die langsam nach oben wuchsen, waren Gemäuer aus uraltem Stein, unschmelzbar und unverwüstlich, so als hätten sie nur darauf gewartet, wieder zu erstehen.
 

***
 

Nach Wolf Pack Island zurückzukehren war wie einen lange vergessenen Traum wieder zu finden. Kein besonders schöner Traum, dachte Filia, aber sie musste zugeben, dass es doch auch kein Albtraum war.

Dafür waren Wiesen und Wälder zu schön, die Sonne zu heiß und das Meer zu blau. Der Duft nach Kiefern füllte ihren Körper bis in die Zehenspitzen.

„Ich kann Zeras nicht spüren“, sagte sie schließlich „und überhaupt nur wenige Mazoku. Verstehst du das, Kesharo?“

‚Nein.’ Kesharos Ohren drehten sich verwirrt in verschiedene Richtungen. ‚Etwas war los. Sie haben die Insel verlassen.’

Nach kurzem Zögern teleportierten sie schließlich direkt in Zeras Audienzsaal mit den Licht einlassenden Spalten in der Decke und den zerschlissenen Wandbehängen. Die Luft war ein wenig muffig und der Geruch nach Wolf allgegenwärtig.

Ein paar wenige Wölfe lungerten hier noch in den schattigen Ecken. Ihre Emotionen echoten in Filia ein Bild der Langeweile und Frustration.

Kesharo trottete auf sie zu und jaulte laut zur Begrüßung, woraufhin auch der Rest zu einem Konzert ansetzte. Filia sah dem Geheul und Balgen aus sicherer Entfernung zu, bis sich Kesharo wieder zu ihr umdrehte. Erst dann kam sie näher und setzte sich zu dem kleinen Teil des Rudels. Während ein paar Wölfe sie zur Begrüßung höflich beschnüffelten, ließ sich Kesharo neben ihr nieder und kratzte sich ausgiebig hinter einem Ohr.

‚Zeras ist verreist‘, bemerkte er dabei. ‚Es ist unklar, wann sie zurückkommt. Und niemand‘, fügte er düster hinzu ‚will mir verraten, wo sie ist.‘

‚Natürlich nicht‘, neckte ein beiges Weibchen, das Filia gerade umrundete und dabei fachmännisch inspizierte. ‚Wieso sollte man das auch einem Wolf erzählen, der seine Zeit damit vertut einem Drachen hinterher zu scharwenzeln?‘

Kesharo seufzte. ‚Ich bin verdammt und degradiert.‘

„Was soll ich jetzt tun?“ fragte Filia ihn und streckte vorsichtig eine Hand nach dem Weibchen aus, das sich seiner Bemerkung zum Trotz genüsslich kraulen ließ.

‚Warten‘ schnurrte sie. ‚So wie alle Unglücklichen hier. Irgendwann sind Zeras oder ein neuer Auftrag da. Bis dahin kannst du mich etwas weiter rechts kraulen… ja, genau da.‘

Sie schloss wohlig die Augen.

Während Filia ihre Finger durch ihr Fell gleiten ließ und ihr zusah, wie sie langsam einschlief, glitten ihr die Gedanken davon.

Etwas Schlimmes war passiert, sie spürte es, oder etwas Großes. Wann sonst ging Zeras schon weg und nahm so viele ihres Gefolges mit? Filia wollte die Antwort eigentlich gar nicht wissen, denn sie fürchtete sich vor der Zukunft und fühlte sich allein gelassen. Wie sollte sie es nur mit all diesen Mazoku aufnehmen, wenn die Zeit gekommen war? Würde ihr niemand zur Seite stehen?

Irgendetwas kam ins Rollen und blieb dann immer wieder stehen. Doch die Mazoku gaben nicht nach und Filia fürchtete um den Rest. Sie wünschte, sie könnte die Zusammenhänge verstehen, anstatt nur bis zur nächsten Ecke zu blicken.

Sie wünschte sie könnte sie sehen… die Grenze. Die Grenze, die sie erkennen musste, bevor sie ganz und gar eingewickelt war. Bevor sie taub war für das Gefühl von Gut und Böse und Mitleid. Und irgendwann in einem Albtraum erwachte, in dem sie den Ausgang verpasst hatte, wie auch immer dieser geformt sein mochte.

Wo war diese Grenze? Xellos versteckte und verwischte sie und Zeras zerrte sie darüber. Und Filia fürchtete sich davor.

Ihre Augen wurden ihr so schwer wie ihre Gedanken. Den Kopf im Fell des Wolfes vergraben, schlief sie ein.

Als sie wieder erwachte, waren die Wölfe fort. Der ganze Thronsaal war verlassen und wirkte geisterhaft im Mondlicht, das durch die Decke vom Himmel herab fiel. Es war so still, dass man das Fallen einer Stecknadel auf den zerkratzten Steinen hätte hören können.

Für einen Moment hatte Filia das Gefühl, ganz allein auf der Welt zu sein.

Doch dann wurde sie der dunklen Aura gewahr, die die dämmrige Halle ausfüllte. Sie drückte so schwer auf Filias Sinne, als wolle sie sie ersticken.

Sie wandte den Kopf und sah auf.

Kaum zwei Meter von ihr entfernt lehnte eine Gestalt an einem Pfeiler und betrachtete sie träge.

„Xellos“, Filia gähnte. „Du bist zurück.“

„Natürlich“, er lachte. „Meisterin Zeras hat mich mit Freuden weiter gescheucht.“

Von seinen Worten aufgeschreckt setzte Filia sich gerader auf. „Hast du etwa Ärger gekriegt?“

„Nein.“ Er stieß sich von dem Pfeiler ab und schlenderte durch die vom Mondlicht durchbrochene Dunkelheit auf sie zu. „Dafür war sie viel zu gut gelaunt gewesen.“

Er hatte Filia erreicht und streckte ihr eine Hand entgegen.

„Ich soll dich abholen“, sagte er.

Filia gähnte noch einmal. „Es ist mitten in der Nacht, Xellos“, beschwerte sie sich, ergriff seine Hand aber trotzdem.

Sie wurde mit so viel Schwung hochgezogen, dass sie gegen ihn stieß. Sie schwankten beide einen Moment, bis sie ihr Gleichgewicht wiedergefunden hatten.

Xellos packte Filias Schultern um sich zu stützen. Sie spürte seinen Atem auf ihrer Stirn.

Er lachte wieder.

„Verzeih, ich bin wohl betrunken.“

„Betrunken?“ rief Filia. „Von was?“ Fragend sah sie auf und da fühlte sie das Leid, das er getrunken hatte. Es füllte ihr eigenes Shouki und gemeinsam mit dem Brennen, das sie seit dem Stirnkuss erfüllte, machte es ihren Kopf schwer.

„Au.“ Sie schlug eine Hand vor die Stirn. „Hör auf damit, ich bin doch kein Mazoku. Halt dein Shouki gefälligst in deinem Körper.“

Doch seine Aura blieb so drückend wie zuvor. Stattdessen schob sich eine Hand unter die ihre und berührte ihre Stirn. Sie war angenehm kühl. Filia hob überrascht den Kopf um Xellos anzusehen. Seine Hand wanderte entlang einer Seite, streifte ihre Schläfe und hielt schließlich ihre Wange umschlossen.

Fasziniert sah Filia ihn an. Sie war sich gar nicht mehr sicher, ob sie wach war oder ob sie träumte. Jedenfalls verstand sie nicht, was hier gerade geschah. Gleichzeitig hatte sie das Gefühl, dass die Antwort hierauf viel wichtiger war, als alle anderen Fragen, die sich heute gestellt hatte.

Lange sah Xellos sie an mit einem Blick, den sie nicht deuten konnte.

Erst als sie seine Stimme hörte, konnte sie deutlich das Bedauern darin hören und vielleicht noch etwas anderes, aber sicher war sie sich da nicht.

„Komm“, sagte Xellos müde und ließ den Arm sinken um nach Filias Hand zu fassen. „Lass uns aufbrechen.“
 


 

***********

Hm, ich kann nicht gerade sagen, dass ich mit dem Ende dieses Kapitels besonders zufrieden bin. Aber ich glaube auch nicht, dass ich was Besseres hinbekommen hätte, wenn ich noch länger gewartet hätte.

Endlich sprechen die Wölfe! Das ist eine der wenigen Sachen, die ich von Anfang an so geplant hatte und an der sich nicht viel geändert hat. Ich mag meine zwei Wölfe immer noch :)

Die Höllenstadt

Sie versuchte sich zu erinnern, warum sie gekämpft hatte. Warum sie hier war, allein. Um jemanden zu retten? Am Ende sah sie, dass es nur eine Illusion gewesen war. Sie war dahingesiecht und nun zerrissen und ließ nur Filia allein zurück mit all ihren Wünschen und hoffnungsleeren Träumen.

„Du konntest es nicht ändern“, sagte Xellos ruhig. „Es war von Anfang an so vorgesehen.“

Filia wandte ihm ihr tränenverschmiertes Gesicht zu.

„Ich hasse dich“, sagte sie heftig.

Er fasste ihre Hand und zog sie mit sich weiter in ihren Albtraum hinein.

Zusammen schritten sie durch die zerstörten Straßen von Heltaun. Tiefe Schluchten versperrten ihnen mehr als einmal den Weg und sie mussten darüber hinweg teleportieren. Die Häuser auf beiden Seiten der Straßen waren eingestürzt oder regelrecht versunken und hatten nur Ruinen zurückgelassen. Der Geruch von verwesendem Körpern drehte Filia den Magen um.

Und in der Mitte der Stadt, dort wo der alte Palast gestanden hatte, in dem Filias Albtraum vor Monaten begonnen hatte, erhob sich nun ein anderer, riesiger Palast aus ziegelroten Stein. Hohe Zinnen schmückten ihn und groteske Wasserspeier saßen auf seinen Traufen und über seinem massiven Eisentor. Xellos teleportierte sie kurzerhand durch diese letzte Barriere hindurch, sodass sie direkt in der großen Eingangshalle des alten Palastes ankamen.

Sie war sehr dunkel, denn die einzigen Fenster rührten von schmalen Mauerritzen knapp unter der fernen Decke. Rote und schwarze Schatten umschlossen sie von allen Seiten.

„Es war alles umsonst, oder?“ fragte Filia Xellos, während er sie die Treppenfluchten hinaufführte. „Das ich das Siegel gebrochen und Meisterin Zeras Wut auf mich geladen habe, das war alles umsonst. Am Ende konnte ich niemanden retten.“

„Damals“, sagte Xellos „hast du das nun mal nicht wissen können. Dass dieser Ort uns wichtig genug war, um es noch einmal zu versuchen. Und unseren Zeitplan hast du sehr gut durcheinander gebracht.“

Es war wahr, sie hatte einfach das getan, was sie in jenem Moment für das richtige gehalten hatte, doch trotzdem…

„Trotzdem sind sie alle gestorben“, sagte Filia traurig.

„Ein geringer Preis, wie ich finde.“

Filia sah erschrocken auf, als sie diese Stimme hörte. Sie hatten das Dach des Palastes endlich erreicht und dort eine Flut von blutroten Steinen vor ihr stand Zeras in all ihrer Lieblichkeit.

„Es ist lange her.“ Ihre Meisterin lächelte. „Kleiner Drache.“

Filia stand vor Schreck da wie gelähmt, bis Xellos sie leicht in den Rücken stieß. Sie stolperte weiter auf die Person zu, der sie am allerwenigsten gegenüberstehen wollte. Einige Schritte vor Zeras packte Xellos Filias Umhang und sie blieb stehen und brachte eine wackelige Verbeugung zustande.

„Meisterin Zeras“, sagte sie zittrig.

Zeras besah sie amüsiert. „Wie ich höre, hast du dich ganz schön herumgetrieben, seit wir uns das letzte Mal sahen“, bemerkte sie gedehnt. „In einem Drachentempel, auf unseres verehrten Red Ruby Eye Shabranigdos Festung“, fast simultan zuckten Xellos und Filia zusammen. „Wirklich erstaunlich“, sie lächelte wieder und eine Gänsehaut kroch Filias Rückgrat hinab. „Und jetzt bist du hier, endlich einmal da, wo du sein solltest.“

Filia starrte sie an, wie ein Tier, das in der Falle saß. Noch immer lächelnd wandte Zeras sich ab, ging auf den Rand des Daches zu und stützte die Ellbogen auf dessen Brüstung auf.

„Hat Xellos dir gesagt, warum du hier bist?“ hörte Filia sie fragen.

Sie schüttelte den Kopf. Zeras konnte das nicht sehen, aber Filia war so durch den Wind, dass sie nicht daran dachte. „Nein“, sagte sie. „Er hat mal wieder gar nichts gesagt.“

Fast automatisch warf sie ihm einen bösen Blick zu und erblickte zu ihrer Bestürzung seine angespannte Miene.

„Dann pass jetzt besser auf“, bemerkte Zeras, während sie auf die Stadt hinaus blickte „bevor ich wieder das Gefühl bekomme, dass ihr zwei mich nicht ganz verstanden habt. Xellos ist hier um das Kellergewölbe dieses Palastes zu inspizieren und du wirst ihm dabei Gesellschaft leisten. Aber zunächst werdet ihr unsere Gäste begrüßen.“

„Gäste?“ fragte Xellos verwirrt.

Filia sah von Zeras Rücken in sein überraschtes Gesicht. Er ging an Filia vorbei neben Zeras und spähte nach draußen. Dann hellte sich seine Miene plötzlich auf.

„Oh ja, natürlich“, rief er aus, seine Sorgen vergessend. „Filia, geh doch bitte schon mal vor. Sie werden bald vor dem Haupttor eintreffen, du kannst es von Innen leicht öffnen.“

Filia zögerte und starrte auf Zeras.

„Eine ausgezeichnete Idee“, sagte diese da. „Geh und mach dich nützlich.“

Filia verbeugte noch einmal und machte sich dann so schnell wie möglich aus dem Staub.

Xellos sah ihr feixend nach.

„Sag mir Xellos“ sagte Zeras da freundlich. „Wieso du so lange dafür gebraucht hast, um wieder hier aufzutauchen.“

Das Grinsen verging Xellos etwas.

„Filia ist müde“, gestand er ihr vorsichtig. „Ich wollte es nicht schon wieder übertreiben.“

„Ach ja?“ fragte Zeras. „Erspar mir diesen Unsinn, Xellos. Ich war es so Leid zu warten, dass ich mit Askura vorgegangen bin. Weißt du eigentlich, was ich davon halte, deine Arbeit für dich zu machen?“ Xellos zuckte zusammen. Der Stein, an den Zeras sich lehnte, bekam Risse und bröckelte ab. „Noch eine Sackgasse“, fauchte Zeras. „Wenn ihre Anwesenheit auch nichts auslöst, bleibt uns nur noch dieser Geist, den ihr zwei aufgescheucht habt. Und der war wahrscheinlich schon immer dort und nicht erst, seitdem sie verschwunden sind.“

„Wo ist Askura jetzt?“ fragte Xellos sie vorsichtig.

„Er sucht noch immer“, sagte Zeras düster. „Geh. Leistet ihm Gesellschaft.“
 

***
 

Filia beeilte sich, die vielen Stufen wieder nach unten zu steigen und so viel Distanz wie möglich zwischen sich und Zeras zu bringen. Sie konnte einfach nicht anders, sie hatte Angst vor ihr. Immerzu musste sie daran denken, was sie aus ihr gemacht hatte.

Gleichzeitig wuchs ihr Ärger auf Xellos. Er hatte ihr mal wieder gar nichts gesagt, um sie auf irgendetwas hier vorzubereiten. Weder auf Heltaun noch auf Zeras. Und was war das jetzt wieder für eine bescheuerte Anweisung, irgendwelche Gäste zu begrüßen? Waren hier nicht schon genug Mazoku versammelt? Filia konnte ihre Anwesenheit überall in diesem Gebäude spüren. Sie mochten sich ihr vielleicht nicht zeigen, aber sie wusste trotzdem ganz genau, dass sie da waren.

Als sie das Erdgeschoss endlich wieder erreicht hatte, besah sie sich das große Tor. Es wurde von einem schweren Eisenriegel verschlossen, aber für einen Drachen war es kein Problem dieses überdimensionale Ding hochzuheben. Sie stemmte sich dagegen und mit einem metallenen Knall klappte der Riegel um. Filia strich sich den Schweiß von der Stirn. Ihr war immer noch nicht ganz klar, warum das überhaupt nötig gewesen sein sollte. Sie war ja schließlich auch durch das Tor hindurch teleportiert ohne einer Barriere begegnet zu sein.

Auf einmal meinte sie, etwas von hinter dem Tor zu hören. Jemand näherte sich. Filia trat nahe an das Tor heran, zögerte kurz und presste dann ihr Ohr gegen das kalte Eisen. Jetzt konnte sie streitende Stimmen ausmachen. Ihre Augen weiteten sich.

„Ich weiß gar nicht, was du hast, es läuft doch alles prima.“

„Diese Stadt ist völlig verwüstet. Ich habe kein gutes Gefühl dabei, hier bei helllichtem Tage einfach rumzuspazieren.“

„Aber wir machen es doch immer so. Außerdem hat man uns jetzt sowieso schon entdeckt, da macht es keinen Sinn mehr sich Sorgen zu machen.“

„Mal abgesehen davon, wie sollen wir in diesen Palast rein kommen?“

„Tja, wir können es ja erst einmal mit einer Fireball versuchen und wenn das nicht reicht, nehm ich einfach einen Dragon Slave und…“

Filia fand, dass es an der Zeit war aufzumachen, bevor sie geröstet wurde. Sie atmete einmal tief durch und stemmte sich dann gegen die Torflügel. Langsam öffneten sie sich und schwangen, als Filia sie los ließ, unter lautem Knirschen und Knarren bis ungefähr zur Hälfte des Weges auf.

Filia trat aus dem dunklen Inneren des Palastes nach draußen und lächelte die Besucher an, die sie mit offenen Mündern anstarrten.

„Lina, Gourry“, sagte sie betont freundlich. „Willkommen. Wie schön es doch ist, euch wiederzusehen.“

Für ein paar lange Sekunden erhielt sie keinerlei Reaktion.

Schließlich löste sich Lina aus ihrer Starre.

„Filia“, sagte sie ebenso fröhlich wie Filia. „Ja, wie schön dich wiederzusehen…“

Und mit einem Mal fand sich Filia in einem Schwitzkasten wieder, der ihr professionell die Luft abdrückte.

„Von wegen schön“, hörte sie Lina über sich fauchen. „Was zum Teufel machst du hier? Wo warst du überhaupt die ganze Zeit? ‚Willkommen‘, am A…“

„Lina“, rief Gourry besorgt. „Filia bekommt keine Luft mehr.“

„Na und?“ fauchte Lina, ließ Filia aber los.

Während sie dem Drachen dabei zusah, wie sie wieder zu Atem kam, versuchte sie ihre Gedanken zu ordnen. Ihr brannten so viele Fragen auf der Zunge, dass sie sie am liebsten alle auf einmal herausgeschrien hätte. Was war mit dieser Stadt passiert, in der nicht ein Stein mehr auf dem anderen stand? Was hatte Filia hier zu suchen? Wohin war sie verschwunden gewesen? Doch es gab etwas in ihrer Prioritätenliste, das noch viel dringender noch viel beunruhigender in den Vordergrund ihrer Sorgen trat.

„Filia“, fragte Lina unheilschwanger. „Was hast du mit Xellos zu schaffen?“

Filia blinzelte.

„Er hat dich im Erdtempel geschnappt“, sagte Lina ungeduldig. „Nur dich. Es sah so aus, als wäre er nur wegen dir gekommen. Dieser Mazoku, der dort aufgetaucht ist, die Sachen, die du uns nicht sagen wolltest… haben die etwas mit Xellos zu tun?“

„Seid ihr gut von dem Erdtempel weggekommen?“, fragte Filia zurück, während sie versuchte sich eine Antwort auf Linas Frage zurechtzulegen, die nicht sie, sondern nur Xellos in Teufels Küche brachte.

„Du meinst, nachdem ihr uns mit einem Haufen übelgelaunter Drachen habt sitzen lassen?“ fragte Lina beißend und Filia begann zu schwitzen.

„Wir waren schon ein wenig in Bedrängnis“, bemerkte Gourry gelassen „bis Lina dann die Geduld verloren und einen Dragon Slave auf alles losgelassen hat, was sich bewegt hat. Danach hatten wir keine Probleme mehr.“

Filia starrte Lina an. „Warum hab ich mir eigentlich um euch Sorgen gemacht?“ fragte sie. „Steht der Tempel überhaupt noch?“

„Ich hab in eine andere Richtung gezielt“, sagte Lina tatsächlich entrüstet darüber, dass Filia ihr sowas zutraute. Gourry wirkte nicht entrüstet. „Die einzige längerfristige Veränderung ist eine neue Einflugsschneise im Wald direkt vor ihrer Haustür. Und jetzt lenk gefälligst nicht weiter vom Thema ab. Was hast du mit Xellos zu tun?“

„Tja“, begann sie vorsichtig und dann kam ihr ein bitterböser Einfall. „Fragt ihn das doch am besten selber“, riet sie plötzlich schadenfroh. „Wenn mich nicht alles täuscht belauscht er uns gerade.“

‚Na, na‘, sagte da eine Stimme in ihrem Kopf. ‚Das ist aber nicht sehr nett, mit dem Finger auf andere zu zeigen.‘

‚Komm her und hilf mir‘, gab sie ungerührt zurück ‚wenn du nicht gleich noch für die Zerstörung eines weiteren Gebäudes von euch verantwortlich sein willst. Lina sieht schon ziemlich geladen aus.‘

‚Erpresser‘, murrte Xellos und dann hörte sie seine höfliche Stimme mit einem Mal von hinter sich.

„Da Filia sich allein offensichtlich überfordert fühlt“, er seufzte „stehe ich ihr doch gerne bei. Lina, Gourry, willkommen.“

Die kleine Magierin vor ihm lief umgehend rot an. Das wurde ja immer besser. Erst Filia, dann Xellos und beide taten sie so, als würden sie sich hier beim Picknick befinden. Im nächsten Moment hatte sie Xellos in dem gleichen unangenehmen Griff gepackt, dem Filia zuvor ausgesetzt gewesen war.

„Wenn noch irgendwer hier mich willkommen heißt“, fauchte sie „garantiere ich für gar nichts mehr. Xellos!“ Der Mazoku zuckte tatsächlich zusammen, obwohl Filia die unbestimmte Ahnung empfand, dass er sich in Wahrheit ganz gut amüsierte. „Das ist ja eine tolle Show, die du uns da vor ein paar Wochen abgeliefert hast. Du wirst mir jetzt sofort erklären, warum du so an Filia klebst.“

„Die Frage ist doch, wer klebt an wem“, bemerkte Xellos trocken.

„Was?“ rief Filia empört. „Glaub ja nicht, du könntest auch nur für einen Moment so tun, als ob ich das alles freiwillig machen würde.“

„Du hast eingewilligt.“

„Das ist nicht dasselbe!“

„Worum geht es hier eigentlich?“ brüllte Lina dazwischen.

Xellos und Filia verstummten.

„Was“, sagte Lina sehr langsam und bedrohlich „ist mit euch beiden los? Was ist zwischen euch beiden passiert?“

Filia hielt vorsichtshalber den Mund und sah aus den Augenwinkeln zu Xellos hinüber.

‚Was dürfen wir ihnen eigentlich sagen?‘

‚Ach‘, Xellos klang sarkastisch. ‚Scheren wir uns plötzlich wieder um so was?‘

Währenddessen fragte er sich selbst, welche Befehle Zeras eigentlich in dieser Richtung gegeben hatte. Er war wirklich nicht scharf darauf, Lina auf die Nase zu binden, was sie und er mit Filia angestellt hatten. Er war sich nämlich nicht sicher, wie sie auf solche Neuigkeiten reagieren würde.

Andererseits kam sie ihm gerade recht, um ihm mal wieder die Arbeit abzunehmen. Nur würde Lina wahrscheinlich gar nichts machen, wenn sie nicht wenigstens ein paar Antworten bekäme.

Also atmete er einmal mental tief durch und dann erzählte er ihnen in groben Zügen, was passiert war seid er und Filia sich zum ersten Mal in der Höllenstadt begegnet waren, wobei er ihnen ungefähr so viele Informationen gab, wie sie auch Filia bekannt waren. Sie würde ihnen ja sowieso alles erzählen, was er ausließ.

Lina verzog keine Miene, während Xellos redete. Als er geendet hatte ging sie schnurstracks auf ihn los und gab ihm eine Kopfnuss, die ihn zu Boden gehen ließ.

„Du Blödmann“, sagte sie. „Warum hast du Filia da nicht heraus gehalten?“

„Wie denn?“, Xellos rieb sich den Kopf. „Ich hab ihr an dem Tag doch nur Hallo sagen wollen. Meine Meisterin hat entschieden sie zu bestrafen, nicht ich.“

„Du hättest es gar nicht erst so weit kommen lassen sollen“, sagte Lina streng. „Warum hast du sie nicht davon abgehalten dieses Gebäude zu betreten? Warum hast du sie überhaupt in der Stadt gelassen, wenn du wusstest, dass gleich sowas hier“, sie zeigte auf die Trümmer hinter sich „passieren würde?“

„Ich bezweifle, dass sie einfach gegangen wäre, wenn ich ihr das empfohlen hätte“, erwiderte Xellos trocken. „Es war doch klar, dass sie gerade wegen der dunklen Aura der Stadt überhaupt erst hergekommen war. Sie hätte so oder so etwas zu tun versucht, sobald es losgegangen wäre, das konnte ich nicht ändern.“

Um ehrlich zu sein war er erleichtert gewesen, als seine Meisterin Filia gefangen und in ein Siegel gesperrt hatte. Er hatte gewusst, dass sie es hauptsächlich nur aus Neugier getan hatte und Filia wäre sicher gewesen in dem Siegel. Sie hätte dort nichts tun können, was sie in Gefahr gebracht hätte. Zumindest hatte er das geglaubt.

„Ich hätte einfach niemals gedacht, dass Filia ein Siegel meiner Meisterin würde sprengen können“, fügte er noch hinzu.

„Oh Mann.“ Lina rieb sich den Kopf. „Was für ein Schlamassel.“ Jetzt hätte sie es fast doch lieber gehabt, dass die beiden sie weiter angelogen hätten.

„Sagt mal“, mischte sich Filia da ein. „Wo sind eigentlich Amelia und Zelgadis abgeblieben?“

„Wahrscheinlich in Sairuun“, antwortete Gourry ihr. „Nachdem wir den Erddrachentempel verlassen hatten, haben wir uns getrennt um in verschiedenen Richtungen nach dir zu suchen. Amelia wollte bei der Magiergilde in Sairuun nachfragen, ob etwas Ungewöhnliches bei den Mazoku im Gange sein könnte. Wir haben uns ja nach eurem Auftritt gedacht, dass ihr beide zusammen in etwas verwickelt seid.“

„Währenddessen haben Gourry und ich aber von der dunklen Aura erfahren“, fuhr Lina fort „die diese Stadt befallen haben sollte. Und auch von dem Gerücht, dass ein Drache vor ein paar Monaten hier gewesen ist.“

Unangenehm überrascht sah Xellos Filia an. „Ich dachte du wärst inkognito unterwegs gewesen?“

Filia wurde rot. „Du weißt doch, mein Drachenschwanz…“

Xellos rollte die Augen.

„Und dann sind uns die Flüchtlinge entgegengekommen und wir haben uns noch mehr beeilt und jetzt sind wir hier“, endete Gourry.

„Genau“, sagte Lina. „Und wo du doch so kooperativ heute bist wirst du uns gefälligst sagen, was hier los ist.“

Xellos sah sie fragend an.

„Tu nicht so“, sagte Lina. „Es ist doch klar, dass du uns nie hierher hättest kommen lassen, wenn es dir nicht irgendeinen Vorteil verschaffen würde. Und am Ende heißt das immer, dass wir die Drecksarbeit für dich machen. Aber ich denke gar nicht daran, hier irgendetwas zu tun, bevor ich nicht wirklich weiß, was los ist. Du hast uns jetzt die Sache mit Filia und eurem letzten Auftrag erklärt, aber wie ich dich kenne, ist das doch nur die Spitze des Eisbergs.

Also“, sie tappte mit den Anzeichen höchster Ungeduld mit einem Fuß auf dem Boden. „Spuck es aus. Was ist das hier für ein Ort?“

Xellos seufzte. Das hatte man davon, wenn man mit dem Erklären anfing, es hörte einfach nie mehr auf. Er hätte doch besser lügen sollen.

„Nun es ist eine Residenz“, gab er schließlich doch Auskunft „die Hellmaster Phibrizo erbaut hat. Sie war seine Basis bis zum Ausbruch des Kouma Sensou, dem Wiederauferstehungskrieg für den Herrn der Finsternis. Als der Krieg seine letzte Phase erreichte, versiegelte Phibrizo diesen Ort hier weit unter der Erde.

Dann zog er in die Desert of Destruction und errichtete seinen Teil der Barriere dort, um den Wasserdrachenkönig von den anderen Shinzoku zu isolieren. Die Barriere trennte dann ja auch, wie ihr wisst, euren Teil der Welt von allem anderen hier, bis Phibrizo zerstört wurde.

Diese Residenz jedoch“, fuhr Xellos weiter fort „gab noch lange Zeit nach ihrer Versiegelung eine magische Aura ab, welche menschliche Magier anzog. Obwohl sie gewusst haben mussten, dass die Aura aus Shouki bestand, versuchten sie ihren Ursprung zu erkunden. Sie fanden ihn freilich nie, aber mit der Zeit versammelten sich immer mehr Menschen hier und eine Siedlung entstand. Später, als die Aura schon lange in der Erde versunken war, wurde die Stadt daraus, die ihr gekannt habt und die wir Mazoku die Höllenstadt nannten.“

„Hm“, Lina wirkte nachdenklich. „Von dieser Legende habe ich noch nie etwas gehört.“

„Tja“, meinte Xellos unbekümmert. „Manchmal kann das Gedächtnis der Menschen wirklich außerordentlich kurzlebig sein.“

„Bist du dir sicher, dass ihr da nicht etwas nachgeholfen habt?“ fragte Filia ihn bissig und dachte an all die Dokumente, die der Mazoku schon verbrannt haben sollte.

„Dies ist der letzte Ort“, überging Xellos ihre Frage „der mit Phibrizos Magie durchtränkt ist. Wenn man etwas sucht, was zu ihm gehört, dann verstärkt dieser Ort die Sinne des Suchenden.“

Suchen? Plötzlich meinte Filia zu verstehen.

„Die verschwunden Mazoku“, sagte sie. „Sind das etwa Diener Phibrizos gewesen?“

Xellos Blick verdunkelte sich. „Als Phibrizo starb, hatte er noch eine kleine Gruppe an Dienern unter sich. Sie waren nicht stark genug um ihm bei seinem letzten Plan zu assistieren, deswegen hielt er sie ganz heraus. Nachdem er nicht mehr war, gingen wir davon aus, dass sie zu einem der verbleibenden Mazoku Lord gehen und um Aufnahme in dessen Dienste bitten würden.“

‚Denn herrenlose Mazoku sind Freiwild‘, hörte Filia Xellos Worte in ihrem Kopf nachklingen, die er vor langer Zeit zu ihr gesagt hatte.

„Aber sie kamen nie“, fuhr Xellos fort. „Meisterin Zeras dachte erst, dass sie anstatt zu ihr zu Deep Sea oder Dynast gegangen wären. Aber schließlich stellte sich heraus, dass sie niemanden aufgesucht hatten und niemand sie gesehen hatte. Da wurde beschlossen ihren Verbleib ausfindig zu machen und von da an wurden die Dinge nur seltsamer und beunruhigender, so dass wir schließlich beschlossen, die besondere Aura der Höllenstadt zu nutzen.“

‚Und dann bin ich mitten in ihre Suchaktion reingeplatzt’, dachte Filia düster.

Währenddessen versuchte Lina diese ganzen beunruhigenden Fakten in ihrem Kopf zusammenzubringen. Was am Anfang noch wie eine simple, wenn auch übervorsichtig begangene Suchaktion angemutet hatte, war mit dem Auftreten von Ceelia eindeutig in etwas weitaus Bedrohlicheres entgleist. Die wichtigste Frage fehlte allerdings noch…

„Und was sollen wir bei dieser Sache tun?“ fragte Lina Xellos. „Wobei sollen wir dir helfen?“

„Ich möchte, dass ihr mit mir das Heiligste von Phibrizos Residenz erkundet“, sagte Xellos schlicht. „Die unteren Gewölbe, in welchen das meiste seiner Macht aufgenommen wurde. Dort sind nämlich tatsächlich Spuren gefunden worden. Jemand war dort gewesen.“

Filia sah erschrocken auf.

„Genau“, sagte Xellos. „Wir dachten, wir kriegen raus wo sie sind, wenn wir die Residenz aktivieren. Aber anscheinend waren sie hier gewesen. Es macht Sinn. Dies ist ein sehr sicherer Ort und nur Diener Phibrizos könnten überhaupt einen Weg gekannt haben, ihn in seinem versiegelten Zustand zu betreten. Die Spur scheint sich allerdings zu verlaufen. Aber da können wir uns nur sicher sein, wenn wir sie uns selbst angesehen haben.“

„Na worauf warten wir dann noch?“ fragte Lina enthusiastisch. „Auf geht’s.“

Die anderen starrten sie an.

„Sag mal, Lina“, sprach Gourry aus, was alle dachten. „Seit wann bist du so begeistert davon, Xellos bei einer Sache zu helfen?“

„Na wir können ihn doch nicht alleine diese Mazoku suchen lassen“, sagte Lina noch immer verdächtig begeistert. „Diese Sache klingt ziemlich mysteriös. Wir sollten besser so früh wie möglich herausfinden, ob sie eine Gefahr für unsere Welt bedeutet.“ Sie deutete nach vorne. „Und dafür werden wir jetzt dieses unheimlich abgelegene, alte Relikt durchforsten, nach dem schon viele Magier vor uns erfolglos gesucht haben.“

Filia zog eine Leidensmiene. „Lina“, jammerte sie. „Du kannst doch jetzt nicht nur an Grabräuberei denken. Dieser Ort ist bestimmt gefährlich.“

„Das ist bei Schatzsuchen immer so.“ Lina machte eine wegwerfende Handbewegung.

„Lina“, sagte Xellos. „Ich würde es begrüßen, wenn du darauf verzichtest, Phibrizos Hinterlassenschaft auszurauben. Und dann noch so offen…“

„Keine Sorge, Xellos“, versicherte Lina gut gelaunt. „Ich werde zu gegebenem Zeitpunkt ganz diskret sein.“

Langsam fragte sich Xellos, ob es so eine gute Idee gewesen war, Lina überhaupt nur zum Tor hereinzulassen. Aber nach den Geschehnissen auf Shabranigdos Festung hatte er das Gefühl, dass ein paar helfende Hände nicht schaden konnten. Vor allem wenn es gegen unbekannte Anwender heiliger Magie ging. Auch hatte er nicht vergessen, wer Ceelia zuerst auf der Festung hervorgelockt hatte. Ceelia hatte in der Nacht nur Augen für Filia gehabt, bevor er sie dann am Morgen durch seine Nachforschungen auf sich aufmerksam gemacht hatte.

Er drehte sich um und führte Lina, Gourry und Filia in einen Korridor, der von der Eingangshalle abzweigte. Nach mehreren Biegungen erreichten sie schließlich eine schmale Steintreppe mit einem hohen Geländer.

„Seid vorsichtig“, warnte er, als sie den Abstieg begannen. „Phibrizo hatte die Fähigkeit die Lebenskristalle von Lebewesen zu sich zu beschwören, indem er sie aus der Dimension rief, in der sie existierten. Diese Fähigkeit die natürlichen Grenzen dieser Welt zu durchbrechen hat sich mit seiner Macht im Gewölbe festgesetzt und die Dimensionen hier unten leicht verschoben. Wer unvorsichtig ist kann hier unten leicht verloren gehen.“

„Und das sagst du uns jetzt?“ fragte Filia empört.

„Was hätte es dir denn gebracht, wenn du es vorher gewusst hättest?“ fragte Xellos sie unschuldig.

Filia funkelte ihn an.

Plötzlich stieß ihr Fuß auf festen Boden, wo sie Luft erwartet hatte. Sie sah sich um und merkte, dass sie das Ende der Treppe erreicht hatte.

Vor ihr erstreckte sich ein weiter Korridor, der an den Ecken seltsam gebogen schien, so als würden die Wände die Decke erreichen und dann doch wieder nicht. Doch was dann dazwischen lag, erschloss sich Filia nicht.

„Dieser Ort ist komisch“, sagte Lina vorsichtig. „Sehr komisch.“

„Es fühlt sich so an, als ob hier mehrere Räume in einem Raum wären“, bemerkte Gourry. „Was immer das auch bedeutet.“

„Ihr spürt tatsächlich die Gegenwart anderer Räume“ bestätigte Xellos. „Oder besser gesagt, Dimensionen.“

„Meinst du die Astral Plane?“ fragte Filia und überlegte, ob sie ihre Umgebung wohl besser wahrnehmen würde, wenn sie ihre Sicht änderte.

„Vielleicht wie die Astral Plane, vielleicht auch noch viel mehr als das“, sagte Xellos. „Ich weiß es wirklich nicht. Vielleicht ist auch diese Magie zu lange allein gelassen worden.“

Lina trat neugierig ein paar Schritte in den Korridor hinein, um sich die Sache aus der Nähe zu betrachten. Aber das, was sie sah, blieb so vage, als würde sie noch immer einige Meter entfernt davon stehen. Sie streckte eine Hand aus und berührte die Wand vor sich. Sie schien völlig normal, gerade und fest zu sein.

Sie zuckte die Schultern. „Also gut Xellos. Wo habt ihr diese Spuren denn gefunden?“

Sie sah zurück. Xellos hatte sich nicht vom Fuß der Treppe wegbewegt.

Filia, die neben ihm stand, meinte seine Anspannung wahrzunehmen. Irgendetwas war nicht in Ordnung.

Nicht schon wieder, dachte sie.

‚Xellos‘, fragte sie dann still. ‚Was ist los?‘

‚Askura?‘ rief Xellos in diesem Moment in Gedanken.

Wie ein Echo spürte Filia seine Frage durch den seltsam verdrehten Raum hallen, der hier die Astral Side darstellte. Doch kein Laut kam zurück.

Sie starrte Xellos überrascht an. ‚Ich wusste nicht, dass Askura hier ist.‘

‚Er sollte uns hier abholen‘, antwortete Xellos ‚und uns zu den Spuren führen, die er und Meisterin Zeras hier gefunden haben.‘

Er schwieg wieder.

‚Lina und Gourry werden unruhig‘, meinte Filia schließlich.

Die beiden starrten Filia und vor allem Xellos an. Das war kein Wunder, denn der Mazoku wirkte nicht sehr oft ratlos.

Xellos nahm sich zusammen. Er hatte schließlich einen Ruf zu wahren.

„Folgt mir“, sagte er und ging an Lina vorbei und den Korridor entlang.

„Oh ja, alles klar“, sagte Lina sarkastisch. „Wir werden das eben einfach ignorieren und folgen dir völlig beruhigt.“

‚Weißt du also wo wir lang müssen?‘ fragte Filia ihn.

‚Die ungefähre Richtung kenne ich‘, sagte Xellos. ‚Danach müssen wir suchen.‘

Die Korridore und Räume, durch die sie kamen, erinnerten Filia an den Palast auf Wolf Pack Island. Auch hier sah alles so aus, als wäre es nur da, weil Gebäude nun einmal aus Räumen bestanden und nicht, weil etwa jemand sie zum darin wohnen benötigen würde. Es war eine einsame Szenerie in einer wie von der Welt losgelöst wirkenden Atmosphäre. Filia spürte einige Meter über sich das Shouki von Mazoku, ohne Zweifel weitere Diener von Zeras, doch hier unten waren sie völlig allein. Kein Tageslicht drang zu ihnen herein und stattdessen schienen die Wände selbst einen dumpfen Schein hinter ihrer blutroten Fassade abzugeben.

Nach einer Weile drang eine viel nähere Wahrnehmung in Filias geöffnete Sinne. Konzentrierte Spuren Mazokuenergie begannen den Boden vor ihr zu durchziehen. Sie meinte fast sehen zu können, wie die Energie langsam in den Boden der Residenz zu sinken begann und nach und nach von ihr absorbiert wurde.

„Wir sind da“, sagte sie.

Wie zur Bestätigung hielt Xellos in diesem Moment an. Er zog seine Sinne aus der physischen Welt zurück und begann sich ganz auf die Astral Plane und das Shouki um sich zu konzentrieren.

„Oh Mann“, seufzte Lina neben Filia. „Hier ist ja rein gar nichts zu holen.“

Filia zuckte die Schultern.

„Wenn ich du wäre, wäre ich nicht so scharf darauf hier etwas zu finden.“

Während die beiden sich stritten, versank Xellos Geist tiefer und tiefer in den Winkeln und Falten der Astral Side. Hier war es so chaotisch, dass selbst ein Mazoku, ein natürlicher Bewohner dieses Ortes, Gefahr lief sich zu verirren. Die vielen Schichten an Energie und Shouki begannen Xellos zu verwirren. Wirklich, dachte er, wollte ein Astral Wesen sich verstecken, dann war dieser Ort perfekt dafür. Phibrizos Diener waren aufgrund der Verschiebungen, die sich an Orten auftaten, die der Mazoku Lord länger bewohnte, wesentlich gewandter darin sich in einem solchen Chaos zurechtzufinden, als andere Mazoku, die nicht daran gewöhnt waren. Würde er sie überhaupt finden, wenn sie nicht gefunden werden wollten? Aber warum sollten sie das?

Während er immer tiefer in die Astral Side fiel und den Spuren der Mazoku folgte, die hier gewesen waren, weckte plötzlich etwas seine Aufmerksamkeit. Da war eine Falte, hinter der sich etwas verbarg, das anders war, als es sein sollte. Etwas das keiner Gesetzmäßigkeit zu unterliegen schien. Vorsichtig näherte Xello sich und fand einen… Riss.

‚Schau einer an‘, dachte Xellos. ‚Wohin führt dieser Ort?‘

Plötzlich meinte er, etwas hinter diesem Riss wahrzunehmen. Etwas, das näher kam. Angespannt blickte Xellos darauf und sah sich plötzlich Auge in Auge mit…

„Hey, wo ist Xellos eigentlich hin?“ rief Lina plötzlich und wurde so von ihrem Gezeter mit Filia abgelenkt. Der Mazoku war fort.

„Er ist eben im Boden versunken“, meinte Gourry gelassen, der zugesehen hatte, wie der Mazoku vom Boden verschluckt wurde, so als würde er aus Treibsand bestehen.

„Er ist abgehauen?“ rief Lina empört.

„Nein“, sagte Filia und verschränkte die Arme. „Ich kann seine Anwesenheit hier noch spüren. Er ist nur sehr tief in die Astral Plane vorgedrungen. Er folgt den Spuren die hier sind.“

„Welche Spuren?“ fragte Lina verwirrt.

„Shouki von den Mazoku, die hier waren“, erklärte Filia.

„Wow, Filia“, meinte Gourry bewundernd. „Du kennst dich ja ganz schön aus.“

Filia sah ihn düster an. „Das kommt von dem, was Meisterin Zeras mit mir gemacht hat. Ich kann Dinge, die mit der Astral Plane zu tun haben, viel deutlicher wahrnehmen als früher. Ich selbst bin jetzt damit verbunden mit den Vor- und Nachteilen, die das hat.“

„Tja, dann solltest du die Vorteile besser gut nutzen“, bemerkte Lina.

Filia starrte sie an.

„Das ist mein ernst“, meinte Lina. „Wenn du dich zierst und nicht alles nutzt, was dir zur Verfügung steht, um dich unter diesen ganzen Mazoku zur Wehr zu setzen, dann gehst du hier unter, Filia. Und wir werden dir wahrscheinlich nicht helfen können.“ Denn Xellos und Zeras waren zu stark und zu schlau um leicht um einen Sieg gebracht zu werden.

Filia runzelte die Stirn und öffnete den Mund um zu antworten, doch plötzlich spürte sie etwas, das rasend schnell auf sie zukam.

„In Deckung“, rief sie und hechtete Lina mit sich ziehend zur Seite. Ein lauter Krach durchzog den Raum und als Filia sich umdrehte, sah sie etwas großes Graues auf sich zu springen.

Jemand rannte von der Seite her auf es zu und es änderte seine Richtung und sprang zur Seite.

„Ich lenke es ab“, rief Gourry ihnen zu und rannte dann hinter dem Wesen her.

Lina und Filia richteten sich langsam auf.

„Verdammt“, fluchte Lina und streckte dann eine Hand vor sich aus, bevor sie einen Spruch zu zitieren begann. „Oh, source of all power, light which burns beyond crimson…“

Plötzlich tauchte Xellos vor ihnen auf. „Filia“, verkündete er fröhlich. „Ich habe Askura gefunden.“

„Ist das alles, was dir jetzt einfällt?“ fauchte Filia.

Dann registrierte sie seine Worte plötzlich und starrte auf das Wesen, das gerade Gourrys Schwerthieb auswich. Es sprang zur Seite und blieb dann für einen Moment stehen und da erkannte Filia den Wolf.

„Let thy power gather in my hand. Fireba…“

„Halt“, rief Filia und hing sich an Linas Arm, sodass der Feuerball abgelenkt wurde und in die Wand neben ihnen krachte. „Das ist Askura.“

„Oh ist ja toll, dass das Ding, das uns umbringen will, auch einen Namen hat“, fauchte Lina außer sich darüber, dass ihr Zauber unterbrochen worden war.

„Askura gehört zu Meisterin Zeras“, fauchte Filia zurück. „Er ist nicht unser Feind.“

„Dafür versucht er aber ganz schön verbissen uns umzubringen.“

Filia schüttelte den Kopf. „Xellos was ist mit ihm los?“ rief sie.

Xellos zog die Brauen zusammen. „Ich weiß nicht genau. Aber sein Shouki ist seltsam, es ist… durcheinander oder verdreht… Ich glaube nicht, dass er uns in diesem Zustand erkennt oder verstehen kann.“

Ein kalter Schauer breitete sich in ihm aus. Was konnte einem Mazoku so etwas antun?

„Was auch immer mit ihm los ist, wenn er so weiter macht bringt er Gourry um“, fauchte Lina. „Tut etwas, ihr zwei, oder ich tue es und dann werde ich keine Rücksicht auf das Leben dieses Viehs nehmen.“

Xellos warf ihr einen Blick zu und teleportierte dann direkt vor Askura hin.

„Askura, das reicht“, rief er. „Meisterin Zeras wird nicht erfreut sein, wenn wir so ein Chaos hier anrichte…“ Weiter kam er nicht, denn Askura sprang zähnefletschend auf ihn zu.

Xellos konnte gerade noch teleportieren, doch das war ein Fehler, denn Askura krachte mit voller Wucht in die Wand, die sich hinter Xellos befunden hatte. Der Aufprall war so heftig, dass die Wand und die Decke, die sie gestützt hatten nachgaben und auf sie alle herabzufallen begannen. Filia stieß Lina nach hinten weg aus der Gefahrenzone, als auch über ihnen die Steine sich zu lösen begannen, und wollte hinterher sprinten, als ein Brocken sie am Kopf traf und sie der Länge nach hinschlug. Das Krachen der herunterstürzenden Trümmer klang ihr noch in den Ohren, als ihr schwarz vor Augen wurde.

Rahbas

Sie konnte nur ein paar Sekunden lang ohnmächtig gewesen sein, doch als sie die Augen wieder öffnete, fand Filia sich in einer höchst alarmierenden Lage wieder. Sie schwebte ein paar Meter über dem Boden in den Armen eines fremden…

…Mazoku? Oder irrte sie sich wieder, so wie schon bei Ceelia?

Er wirkte hager in seiner schwarzen Tunika und den ebenfalls schwarzen Hosen, mit dunklem Haar und pupillenlosen Augen, die Filia ebenso interessiert musterten, wie sie ihn.

„Du siehst vertraut aus“, bemerkte er und beugte sich so nah herab, dass sie schon ihre Privatsphäre gefährdet sah. „Sehr vertraut.“

„Hey“, rief Lina von unten herauf. „Lass sie runter!“

Der Mazoku sah abschätzend nach unten. ‚Oh nein‘ dachte Filia, in der eine nur halb verarbeitete Erinnerung hochkam. ‚Nicht schon wieder!‘ Doch da schwebte er schon langsam mit ihr herab.

„Wie heißt du?“ fragte er, während er Filia vorsichtig vor Lina absetzte.

„Filia“, antwortete sie, als ihre Füße halt fanden. Sie richtete sich auf. „Das gibt eindeutig Pluspunkte.“

„Oh bitte“, ließ sich da Xellos vernehmen. „Du kannst doch nicht immer noch sauer deswegen sein. Val hat es sicher längst vergessen.“

„Aber erst in seinem nächsten Leben“, fauchte Filia. Sie wandte sich zu ihrem Retter um. War dies etwa einer der verschwundenen Mazoku, die sie suchen sollten?

Sie wollte ihn gerade fragen, als ein Grollen hinter ihr ertönte. Filia wirbelte herum und sah, wie der Trümmerhaufen, der einmal eine Wand gewesen war, in Bewegung geriet und dann sprang Askura daraus hervor und direkt auf sie zu.

Erschrocken stand Filia einfach da, doch plötzlich wurde Askuras Sprung abrupt unterbrochen, so als hätte ihn etwas von hinten gepackt und zurückgezogen, und er krachte einen Meter von Filia entfernt zu Boden. Sie starrte ihn verblüfft an, während er sich aufrichtete und auf sie zuzustürmen versuchte, wobei er keinen Zentimeter vorwärts kam. Dann wanderte ihr Blick hinter ihn und sie erkannte einen Dolch, der aufrecht dort im Boden steckte, wo Askura aus den Trümmern hervorgebrochen war.

„Ah, zum Glück hat das geklappt“, seufzte Lina neben ihr und da wurde Filia klar, dass der Dolch nicht nur im Steinboden, sondern auch in Askuras Schatten steckte und ihn festnagelte. Er hinderte seinen Besitzer daran, sich fortzubewegen. Und Lina, die den dafür nötigen Zauber beherrschte, hatte den Dolch geworfen.

Askura knurrte und grub seine Krallen tief in den Stein, während er die Lefzen hochzog.

Es war erschreckend für Filia diesen riesigen und sonst doch so beherrschten Wolf so außer sich zu erleben. Er schien geradezu wahnsinnig geworden zu sein und nichts und niemanden zu erkennen, noch nicht einmal Xellos.

Unwillkürlich streckte sie ihre Sinne nach dem Wolf aus. Seine Präsenz auf der Astral Side war ganz deutlich, doch anders als sie es gewohnt war. Das Shouki, das Askuras Dämonenanteil ausmachte, wirkte völlig in Aufruhr und ohne jegliche Ordnung. Es war erschreckend und doch…

Vorsichtig trat Filia einen Schritt nach vorn auf Askura zu.

„Filia“, sagte Xellos scharf und tauchte neben Askura auf. Der Wolf wollte sich auf ihn stürzen, doch Xellos packte blitzschnell seine Schnauze mit einem Arm und drückte ihn zu Boden.

„Was soll ich jetzt bloß mit dir machen?“ fragte er ihn resigniert, bevor er sich wieder Filia zuwandte. „Geh hinüber zu Lina, Filia. Aber komm Askura nicht zu nahe. Ich weiß nicht, was mit ihm los ist.“

„Vielleicht kann ich helfen“, Filia tat einen weiteren Schritt nach vorn. „Ich…“

„Nein“, sagte Xellos. „Ich mache das. Halt dich aus dieser Sache raus.“ Er warf einen unruhigen Blick hinter Filia. „Geh einfach zu…“

„Hör auf damit“, fauchte Filia. „Es ist genau das gleiche wie auf dieser blöden Festung. Du sagst mir ich soll mich raushalten und kurz darauf jagen Ceelia und du alles in die Luft.“

„Du wärst draufgegangen, wenn ich dich nicht weggeschickt hätte“, entgegnete Xellos entrüstet.

„Ich hätte sie beruhigen können…!“ fauchte Filia zurück.

„Das hättest du nich…“

„Xellos“, schnitt Lina beiden den Satz ab. „Wenn Filia glaubt, dass sie diesem verrückten Wolf helfen kann, dann lass sie das um Himmels Willen tun. Wofür hast du sie denn überhaupt zu deiner Dienerin gemacht, wenn du sie nicht mal das machen lässt?“

Xellos starrte sie verwirrt an. Zu der Entrüstung, die Filias Worte entfacht hatten, gesellte sich der gleiche Trotz, den er zuvor schon bei seinem Gespräch mit Askura verspürt hatte. „Ich…“

Bevor er noch etwas tun konnte, kniete sich Filia schon neben ihn und direkt vor Askura hin. Er beobachtete sie genau, als sie eine Hand in dem Fell zwischen Askuras Ohren vergrub. Ganz deutlich nahmen sie beide das Zittern war, das durch seinen angespannten Körper lief, während er gegen Xellos Griff ankämpfte. Auch Lina und Gourry näherten sich vorsichtig und Lina hockte sich neben Filia. Vorsichtig gesellte Xellos seinen Geist zu Filia auf der Astral Plane.

„Alles ist so durcheinander“, sagte sie. „So als ob die Energie, die seinen Astralkörper und seinen Geist ausmacht, ihre Form verloren hätte und wirklich nur zu einer bloßen Ansammlung von Shouki wird.“

„Hätte er keinen physischen Körper, wäre das sicher schon passiert“, sagte Xellos düster. „Jedenfalls kann ihm da niemand mehr helfen, nicht bei so einem Chaos. Wenn er sein Shouki nicht selbst wieder ordnet, dann…“

„Kann er sich denn selbst ordnen’?“ fragte Lina neugierig.

„Das solltest du doch wissen“, erwiderte Xellos. „Mazoku halten ihre Form, ihre Gestalt und ihren Geist zusammen, indem sie sich immer auf ihre Identität und ihr Wesen konzentrieren. Je stärker das Selbstvertrauen, desto stärker der Zusammenhalt. Zweifeln wir an uns zerfallen wir. Nur das Askuras Zerfall nichts mit Zweifeln zu tun hat. Ich glaube auch nicht, dass das Zerstören des Dämons das eigentliche Ziel ist, vielmehr…“

„Kontrolle“, sagte Filia. „Jemand benutzt ihn für etwas.“ Gerade als sie es sagte, kroch ein Schauer ihren Rücken hinab.

„Um sich wieder neu zu ordnen, falls das überhaupt noch möglich ist“, fuhr Xellos düster fort „müsste er sich wieder seiner Identität bewusst werden. Im Moment kann er keinen einzigen klaren Gedanken fassen, aber wenn wir das ändern könnten“, er hielt inne und dann. „Vielleicht durch eine…“

„…Erinnerung?“

Filia wirbelte herum. Sie hatte ihn ganz vergessen, den fremden Mazoku, der aufgetaucht war und soeben Xellos Satz beendet hatte. Doch als sie ihn erschrocken und ein wenig verärgert darüber, dass sie ihn so übersehen hatte, betrachtete, merkte sie, dass sie damit wohl alleine war. Xellos neben ihr hatte sich kein Stück bewegt, und in seiner nahen Aura, die noch immer ein bisschen mit ihrer verbunden war, spürte sie keinerlei Überraschung. Genauso wenig wie bei Gourry, der sich nicht zu ihnen gehockt hatte, sondern die ganze Zeit neben Lina stand und anscheinend nur diesen Mazoku beobachtet hatte.

Während Lina sich nun ebenfalls umwandte, spürte Filia Feindseligkeit in Xellos aufkeimen, unterdrückt und doch so stark, dass sie das bestimmte Gefühl hatte, er hätte sich schon von Anfang an auf diesen Mazoku gestürzt, wenn er nicht Askura im Zaum halten müsste.

Der fremde Mazoku klatschte in die Hände. „Bravo. Ihr versteht ja ziemlich schnell. Ich bin bald fast beeindruckt von dem, was aus allem hier geworden ist.“

„Wer bist du?“ fragte Xellos ihn erstaunlich ruhig.

„Ich?“ Der Mazoku amüsierte sich anscheinend prächtig. „Ich bin Rahbas.“

Xellos konnte mit dem Namen - zumindest nahm er an, dass es ein Name war - nichts anfangen. Er hatte ihn nie gehört und verband nichts damit. Trotzdem war er sich sicher ihn endlich gefunden zu haben. Seinen Gegner. Das Wesen vor ihm schrie nach Gefahr und nicht nur das.

Alles an Rahbas, seine Sprache, sein Verhalten, die Art wie er Filia ansah, all das ließ eine ungekannte Antipathie und einen dumpfen Warnschrei in Xellos aufkeimen.

Xellos trickste und betrog, er spielte jede Rolle, wenn sie ihn nur an sein Ziel brachte und machte die verrücktesten Sachen ohne auch nur den Anflug von Scham oder Bedenken. Doch alles, was er tat, diente einem Zweck und nie, niemals, dass dachte er zumindest, hatte er die Kontrolle über sich verloren. Und so sah er mit aller Klarheit, dass Rahbas dies völlig abging, dass er am Rande des Wahnsinns stand.

Was ihn aber am meisten sorgte war, dass Rahbas gesamte Aufmerksamkeit auf Filia gerichtet zu sein schien.

Bevor er noch etwas tun konnte, öffnete Rahbas den Mund und sagte:

„Greif an.“

Und plötzlich bäumte sich Askura auf und der überraschte Xellos konnte ihn gerade noch einmal im Sprung zu Boden drücken bevor er sich auf Filia gestürzt hätte. Er stieß mit ihr zusammen und Filia stürzte schnell, halb auf den Füßen und noch halb auf den Knien, von Askura weg.

Sie fiel hin und schlug mit dem Kopf auf den Boden.

„Au“, jammerte sie und setzte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf.

„Oh, Verzeihung“, sagte da Rahbas Stimme direkt über ihr. Sie sah auf und musste feststellen, dass sie ihm direkt vor die Füße gefallen war. „Das war doch etwas grob von mir“, meinte er noch und blickte dann an ihr vorbei und direkt in Xellos Gesicht.

„Sie“, sagte er bösartig „kommt mit mir.“

Er packte sie und Filia schrie vor Schreck auf, doch plötzlich war ihr Schrei wie abgehackt. Sie waren verschwunden.

„Nein“, fauchte Xellos und verschwand ebenfalls, hetzte ihnen hinterher in die auf dem Kopf stehende Astral Plane.

In der Astral Side hielt Rahbas Filias Handgelenk so fest, dass sie meinte, blaue Flecken zu bekommen, während sie fielen und fielen. Filia glaubte nicht, dass sie sich jemals zuvor so tief in der Astral Side befunden hatte und ihr wurde schrecklich übel. Eine seltsame Mischung aus Rauschen und Klingeln füllte ihre Ohren und ihre Augen tränten.

„Wer bist du?“ fragte sie Rahbas, der sie anstarrte. „Warum hast du das mit Askura gemacht?“

„Das tut jetzt nichts zu Sache“, sagte der Mazoku und dann trat ein lauernder Ausdruck in sein Gesicht. „So, so, du kennst also Ceelia.“

Filias Augen weiteten sich.

„Und du warst auf unserer Festung“, fuhr er fort und packte sie noch fester, sodass Filia aufschrie. „Wo ist sie?“ fragte Rahbas eindringlich. „Wo befindet sich meine Festung?“

„Deine?“ fragte Filia entsetzt. „Aber du bist doch nicht…“ Nein, das konnte nicht sein.

„Ceelia, dieses Miststück, hat sie versteckt“, fauchte er und redete sich in Rage. „Seine Aura, die ich bis in jeden Winkel dieser verfluchten Welt hätte spüren sollen; sie hat sie einfach eingesponnen, dieses Biest. Aber du weißt, wo sie ist.“

Er sah sie eindringlich an.

Filia biss sich auf die Lippen und schwieg.

Plötzlich spürte sie, wie etwas an dem Shouki in ihr zog, daran zu drehen und zu reißen versuchte. Unwillkürlich zog sie alle schwarze Magie in sich fest zusammen und rief stattdessen heilige Magie in ihre Adern und an ihre Oberfläche. Da riss das, was sich an ihr festgeheftet hatte plötzlich ab, und schnappte heftig zurück.

Vor Überraschung ließ Rahbas sie los.

„So nicht“, fauchte Filia.

Rahbas schrie zornig auf und wollte sie wieder packen, doch da legte sich von hinter Filia ein Arm um ihre Taille und zog sie weg aus Rahbas Reichweite heraus.

„Das reicht“, zischte Xellos ihn über Filias Schulter hinweg an.

In dem Moment als Rahbas Xellos wahrnahm, fühlte Filia wieder, wie er die schwarzen Kletten nach ihm warf und sofort ließ sie ihre Magie um sich und Xellos fließen, woraufhin dieser zusammenzuckte und sie fast wieder losgelassen hätte.

„Filia, was soll das?“

„Ich schütze uns“, sagte Filia grimmig. „Vor dem was er mit Askura gemacht hat. Und mit den Mazoku, die wir suchen.“

Gerade als sie dies sagte, tat sich unter ihnen ein Raum auf, der in der chaotischen Astral Side unnatürlich geordnet schien. Sie fielen in diesen Ort, der wie das Innere eines Kristalls wirkte. Überall und rundherum reflektierten die hellen Wände auf Xellos und Filia zurück und es schien für einen Moment keinen Ausgang zu geben, wohin man sich auch wandte. Für einen Augenblick machte sich Panik in Filia breit, doch dann entdeckte sie wieder den Riss in der Gleichmäßigkeit über sich, durch den sie hereingekommen waren.

„Mir sind hier tatsächlich ein paar Wesen begegnet“, plauderte Rahbas vor ihnen „die sich aus Furcht versteckten. Nichts haben sie verstanden, aber ihr“, sagte er grinsend. „Ihr könntet es vielleicht verstehen.“

Plötzlich schoss er auf sie beide zu und Xellos wich mit Filia schnell zur Seite aus, doch sie waren gar nicht sein Ziel. Rahbas raste an ihnen vorbei und war plötzlich durch den Riss im Kristall verschwunden.

Xellos hielt inne. Er war sich nicht sicher, ob es so schlau war Rahbas mit Filia im Schlepptau zu verfolgen. Rahbas war anscheinend mächtig genug, um Askura überwältigen zu können und das ließ Xellos auf der Hut sein.

Noch während er nachdachte ging plötzlich ein ohrenbetäubendes Krachen durch den Kristall.

„Verflucht“, fauchte Xellos entsetzt. „Er will uns hier einsperren.“

Auch Filia blickte nun nach oben und sah, dass das Zittern seinen Ausgang bei dem Riss im Kristall nahm, durch den sie hereingekommen waren.

Sie flogen so schnell sie konnten wieder auf den Ausgang zu, der immer stärker vibrierte und sich zu verschieben begann. Gerade als Filia klar wurde, dass sie ihn nie rechtzeitig erreichen würden, hörte das Zittern plötzlich auf. Xellos und Filia schossen durch die Öffnung hindurch und wurden immer schneller und schneller bis es einen lauten Knall gab und sie plötzlich auf dem festen Boden der Residenz aufschlugen. Sie waren in die physische Welt zurückgelangt.

„Wa… was ist passiert?“ fragte Filia schwach, während sich in ihrem Kopf immer noch alles zu drehen schien.

„Jemand hat eingegriffen“, sagte Xellos neben ihr.

Filia sah sich um. Neben ihr erhob sich gerade Xellos und stellte sich halb vor Filia hin. Sie linste an seinem Bein vorbei und sah als nächstes Askura auf dem Boden liegen, in einem Siegel gefesselt, dass ihr vage bekannt vorkam. Sie befanden sich wieder im Keller der Residenz, aber es war ein anderer Teil, als der in dem sie sich zuvor aufgehalten hatten. Einige Meter hinter Askura konnte Filia Rahbas erkennen, der verstimmt aussah. Und dazwischen war Zeras.

Der Mazoku Lord bedachte Rahbas mit einem gelangweilten Blick, drehte ihm den Rücken zu und beugte sich zu Askura hinab, der sie halbherzig anknurrte.

„Lass den Unsinn“, fuhr Zeras ihn an. „Wenn du dich denn erinnern musst, dann erinnere dich besser an mich. Ich bin deine Erschafferin und ich bin deine Gebieterin. Wenn du das wirklich vergessen hast, töte ich dich hier und jetzt.“

Ihr Gesicht war nur Zentimeter von Askura entfernt, als ihre unnachgiebigen Augen ihn festzunageln schienen. Wie ein Schleier fiel ihr Haar um sie herab.

Da ging ein Zittern durch Askuras Körper und er sackte mit einem Seufzer in sich zusammen.

„Ohnmächtig“, konstatierte Xellos. „Aber zumindest außer Gefahr.“

Seine Erleichterung wusch über Filia hinweg.

Zeras Blick streifte über ihre beiden Diener, Xellos der in einer leichten Verbeugung dastand und Filia die neben ihm kniete, dann wandte sie sich letztlich Rahbas zu.

„Also bist du derjenige“, stellte sie fest „der für das Verschwinden von Phibrizos Dienern verantwortlich ist.“ Askura hatte sich genau in dem Zustand befunden, den auch Dolphin ihr beschrieben hatte.

„Und ihr seid also ein Mazoku Lord“, sagte Rahbas und verbeugte sich ironisch. „Welch eine Ehre.“

„Ich kenne dich nicht“, sagte Zeras. „Deine Aura scheint keinerlei Zeichen eines Mazoku Lords zu tragen und doch bist du nicht fremd. Du bist ein Teil dieser Welt. Wer bist du und was willst du hier?“

Rahbas grinste nur.

„Antworte“, fauchte Zeras.

„Ich muss euch nicht gehorchen“, sagte Rahbas hochmütig. „Und auch keinem anderen Lord. Ich bin Rahbas. Mehr müsst ihr über mich nicht wissen. Doch ich habe ein Angebot für euch.“

„Ein Angebot?“, sagte Zeras misstrauisch. „Von wem?“

„Von mir“, gab Rahbas zurück. „Verbündet euch mit mir. Gemeinsam können die verbliebenen Mazoku Lords und ich die Shinzoku besiegen und vernichten. Ich habe die Macht dazu und nur eine Bedingung: Seht von eurem Plan ab, die Welt, die wir erobern werden, zu zerstören.“

Zeras erstarrte.

„Es ist doch eine Schande“, fuhr Rahbas fort „sich all die Mühe zu machen und dann nichts davon zu haben. Warum machen wir uns die Welt nicht Untertan? Ein Meer aus Angst und Furcht. Wir werden nie hungern, wir werden stärker und stärker sein. Es wäre ein Lohn für die Ewigkeit.“

Sein Gesicht hatte einen verzückten Ausdruck angenommen und wieder sah Xellos den Wahnsinn in ihnen, so wie er ihn auch in seinen Worten hörte. Das, was er da so leichthin vorschlug, war einfach unvorstellbar.

„Ich lehne ab“, sagte Zeras ohne auch nur einen Moment lang nachgedacht zu haben. „Meister Shabranigdo hat uns aufgetragen diese Welt zu zerstören.“

„Shabrangido ist nicht hier“, sagte Rahbas. „Ich für meinen Teil möchte mich auf meinen eigenen Grips verlassen.“

„Und ich habe mein Urteil gefällt“, sprach Zeras da blass vor Wut. „Ich werde dich töten.“

Rahbas lachte laut auf. „So sei es. Dann werde ich halt erst die Kontrolle über euch erlangen, bevor ich mir dann die Shinzoku vornehme.“ Sein Blick wanderte zu Askura, dessen Brustkorb sich langsam hob und senkte. „Ihr werdet mir helfen, ob ihr wollt oder nicht.“

Zeras machte einen Schritt vor, Xellos sprang auf, doch Rahbas war weg. Filia versuchte ihn auf der Astral Side zu erfassen, doch es war so, als wäre er nie da gewesen.

„Er ist schnell“, sagte Zeras mehr zu sich selbst. „In diesem Gewirr kennt er sich zu gut aus. Es war schwer genug euch aus der Dimensionsspalte zu ziehen. Wenn er nur fliehen will, kriege ich ihn nicht.“

Sie drehte sich zu ihren Dienern um.

„Filia, als Rahbas dich in die Astral Plane zog, hatte ich euch kurzzeitig aus den Augen verloren“, sagte Zeras. „Was hat er zu dir gesagt?“

Filia stand auf.

„Er hat mich nach Ceelia gefragt“, sagte sie. „Er kannte sie und will sie finden. Er war wütend auf sie, weil sie Shabrangidos Festung vor ihm versteckt hat. Und er hat sie seine Festung genannt.“

Xellos und Zeras erstarrten.

„War das alles?“ fragte Zeras sie schließlich und Filia nickte.

„Das macht alles keinen Sinn“, murmelte Xellos. „Er ist ganz sicher kein Teil Shabranigdos.“

„Aber er ist aus unserer Welt“, sagte Zeras. „Er könnte alles und nichts sein. Diese Sache wird bedenklich. Und wir placken uns hier ab, während er nichts andres tut als meine Diener zu sabotieren. Es reicht mir jetzt!“ Ihre Stimme war zu einem Grollen geworden.

„Ich werde jetzt zu Grausherra gehen“, verkündete Zeras dann den Empfänger ihres Wutausbruchs. „Dolphin hat ihre Diener schon in der ganzen Welt verstreut, aber Grausherra wird uns jetzt endlich auch helfen. Ich habe es satt in dieser Verschwörung immer alleine da zustehen.“

Während sie Zeras so auf hundertachtzig sah, bekam Filia fast ein wenig Mitleid mit Grausherra. Dann wandte sich Zeras wieder ihr und Xellos zu und Filia war heilfroh, dass sie sich hinter Xellos verstecken konnte.

„Ihr beide“, sagte Zeras zu ihm. „Ihr bleibt hier in der Residenz und wartet auf meine Rückkehr. Wenn ich wieder da bin, werden Grausherra und ich uns auf eine Taktik geeinigt haben und dann machen wir alle zusammen eine schöne Hetzjagd auf diesen verdammten Mazoku.“

Mit einem Knall war sie weg, während Filia noch die Ohren dröhnten.

„Das kann ja was werden“, sagte sie matt.

„Oh ja“, erwiderte Xellos genüsslich.

Filia zog die Brauen hoch. „Sag bloß du freust dich auch noch hierauf.“

„Aber Filia“, sagte Xellos erstaunt. „Wie könnte ich mich denn nicht darüber freuen, es diesem Feind von uns heimzuzahlen?“

Filia seufzte resigniert und dann hörte sie plötzlich eilige Schritte hinter sich über den Steinfußboden trampeln. Als sie sich umblickte, sah sie gerade Lina und Gourry außer Atem und etwas angesengt um die Ecke des Korridors biegen.

„Filia, Xellos“, rief Lina außer Atem. „Da seid ihr ja!“

Xellos drehte sich um.

„Lina“, begrüßte er sie. „Wie schön, dass es euch gut geht.“

„Ja schön, nicht wahr?“ sagte Lina gefährlich freundlich. „Vor allem nachdem du uns mit einem tollwütigen Wolf alleine gelassen hast, den wir noch nicht mal verletzen durften.“

„Tja, was soll ich dazu sagen?“ Xellos lächelte tapfer weiter. „Ich musste nun mal schnell Rahbas hinterher um Filia zu helfen…“

Lina rollte die Augen und kam auf einen gefährlichen Abstand an ihn heran. „Ja natürlich, auf den Arm nehmen kann ich mich auch selbst… ah!“ Sie sprang erschrocken zurück und deutete auf den unbeteiligt daliegenden Askura, den sie plötzlich hinter Xellos erspäht hatte. „Da ist er wieder!“

„Ah ja“, sagte Xellos, froh um die Ablenkung. „Keine Sorge, es geht ihm wieder besser. Wenn er sich etwas ausgeruht hat, sollte er bei bestem Verstand und Gesundheit sein.“

„Was? Wie habt ihr…?“

„Xellos“, unterbrach Filia die beiden plötzlich, denn ihr war siedend heiß etwas eingefallen. „Ich habe nachgedacht und ich glaube, wir müssen sofort zur Festung reisen.“

Xellos blinzelte verwirrt. „Aber uns wurde gerade eben erst befohlen hier zu warten“, sagte er schließlich belehrend. „Wir können nicht weg.“

„Gerade erst?“ fragte Lina dazwischen, während sich ihre Nackenhaare sträubten. „Wer hat euch denn gerade eben etwas befohlen?“

„Es gibt Fragen, Lina“, sagte Xellos freundlich „bei denen es besser ist, wenn man sie einfach nicht stellt.“

„Rahbas hat doch gesagt, dass Ceelia die Festung vor ihm versteckt hatte“, fuhr Filia eindringlich fort. „Aber das einzige was dort gewesen war…“

„…war das Siegel, das du aufgehoben hast“, beendete Xellos ihren Satz, als ihm das auch gerade klar wurde.

„Wenn Rahbas sich in letzter Zeit nur hier unten aufgehalten hat, wo Phibrizos Residenz alles abschirmt, dann hat er es erst jetzt gemerkt. Er kann sie jetzt finden.“

„Nun wenn er sich wirklich an ihr rächen will und einen Weg dazu finden, hat er meinen Segen“, meinte Xellos trocken. „Ich lasse ihm gerne den Vortritt.“

Filia schüttelte den Kopf.

„Ich habe ein schlechtes Gefühl bei dieser Sache. Bitte Xellos“, sie sah ihn flehend an. „Wir müssen zu dieser Festung. Jetzt, bevor er sie findet.“

„Hast du mir nicht zugehört?“ fragte sie Xellos ungeduldig. „Sie hat uns befohlen hier auf sie zu warten.“

„Wenn wir uns beeilen“, sagte Filia schnell „dann sind wir wieder vor ihr zurück. Von hier zum Katendogebirge ist es doch nur ein Katzensprung und sie muss über das Meer reisen.“

„Sie wird auch viel schneller durch die Astral Side reisen, als du es jemals lernen könntest“, erwiderte Xellos. „Und diese Entscheidung“, sagte er warnend „steht auch gar nicht zur Debatte.“

„Aber…“

„Nein.“

„Xellos“, sagte Filia der Verzweiflung nahe. „Ceelia weiß doch wahrscheinlich, wer Rahbas ist. Vielleicht ist sie unsere einzige Chance mehr über ihn zu erfahren.“

Xellos starrte sie an. Er wusste, alles was sie sagte war richtig, aber das spielte doch keine Rolle.

„Bitte“, sagte Filia noch einmal.

Xellos musterte sie von Kopf bis Fuß. Schließlich seufzte er tief.

„Beeilen wir uns“, sagte er, ergriff Filias Hand und dann waren sie auch schon verschwunden.

Der uralte Kampf

Als Flilia und Xellos vor Shabranigdos Festung ankamen, sah alles noch so aus, wie sie es verlassen hatten. Über einem Durcheinander aus gesprengtem Stein türmten sich Schneeberge und Splitter und Geröll lagen überall verstreut.

„Dir ist bewusst, dass sie uns wahrscheinlich wieder angreifen wird?“, warnte Xellos, als sie vor dem Eingang zu der Arena standen.

„Keine Sorge“, erwiderte Filia. „Ich habe einen Plan.“

„Ach ja?“ fragte Xellos milde besorgt.

Aber da fasste Filia schon seine Hand und ließ einen dünnen Faden heiliger Magie von sich über ihre verschlungenen Finger zu Xellos fließen. Dort fächerte sie ihn auf und zog ein dünnes, mattgoldenes Tuch über seine gesamte Astralgestalt.

Xellos hob fragend eine Braue.

„Mir wird langsam schlecht“, bemerkte er und tatsächlich sah seine Haut ein wenig grünlich aus, obwohl das Tuch in der physischen Welt unsichtbar blieb.

„Stell dich nicht so an“, gab Filia ungerührt zurück. „Du weißt doch noch, wie sich Ceelias Magie regelrecht in dir verbissen hatte? Nun, bei mir konnte sie das nicht. Wenn ich also dein Shouki mit einer Barriere aus heiliger Magie überziehe, dann gleitet Ceelia daran ab, so wie auch Rahbas dir nichts hatte antun können, und das Problem ist gelöst.“ Zumindest hoffte sie das.

„Verbissen“, wiederholte Xellos nachdenklich. „Genauso hat auch Rahbas Angriff auf mich funktioniert.“

Sie sahen einander an.

„Tja“, meinte Xellos schließlich. „Wenn wir noch einen Beweis für eine Verbindung zwischen den beiden gebraucht hätten, dann wäre das es gewesen. Lass uns das hier besser hinter uns bringen, bevor mir noch mehr unangenehme Gemeinsamkeiten einfallen.“

„Lass mich nicht los“, warnte Filia. „Oder der Schild bricht.“

Bei ihren letzten Worten hatte sie Xellos schon auf den Mosaikboden hinaus gezogen. Langsam stapften sie auf die Mitte zu und hinterließen tiefe Eindrücke im Schnee. Der Himmel war klar, die Sonne schien und trotzdem war der Wind eisig. Alles wirkte, wie in ewiger Kälte erstarrt. Hoch über ihnen zog ein Falke einsam seine Kreise.

„Willkommen zurück“, sagte plötzlich jemand hinter ihnen und sie wirbelten herum.

Da stand Ceelia und wirkte überaus verstimmt.

„Wie ich sehe, hast du meiner Warnung kein Gehör geschenkt“, bemerkte sie und ließ den Blick auf den verschlungenen Händen der beiden ruhen. „Wirklich, willst du denn so sehr, dass wir Feinde werden?“

„Ceelia“, sagte Filia erleichtert. „Wir müssen mit dir reden.“

„Auch wenn dieser Schutz es mir schwerer macht ihn anzugreifen, wärst du selbst doch noch ein leichtes Ziel“, bemerkte Ceelia ungerührt. „Muss ich dir das jetzt erst beweisen?“

„Es geht um Rahbas“, mischte sich da Xellos ein. „Du weißt…“

Er ließ den Satz verebben, denn noch während er gesprochen hatte, war Ceelias Blick starr geworden und sie war ohne ein weiteres Wort im Boden der Festung versunken, so als hätte der Stein sie geradewegs verschluckt.

„Diese Reaktion war eindeutig“, bemerkte Xellos trocken.

„Komm schon“, sagte Filia und zog ihn mit sich zu der Stelle, auf der Ceelia gerade gestanden hatte. Xellos knallte fast zu Boden, als sie sich abrupt hinzuknien versuchte. Am Ende hockten sie nebeneinander und suchten auf der Astral Side nach einer Spur von Ceelia, um ihr folgen zu können. Leider kam Filia nicht weit, denn ihren Augen zeigte sich die massive Wand aus verseuchter Magie, die sie auch schon beim letzten Mal daran gehindert hatte, mehr über die Festung herauszufinden.

„Und wieder stehen wir vor einer Sackgasse“, sagte sie frustriert.

„Das würde ich nicht so bezeichnen“, bemerkte Xellos neben ihr vergnügt.

Filia wandte sich zu ihm um und sah gerade, wie er seine freie Hand ein Stück weit in den See aus Magie einsinken ließ. Seine Bewegungen waren langsam, so als müsse er gegen einen Widerstand ankämpfen, aber er bahnte sich ganz eindeutig einen Weg.

„Wie machst du das?“ fragte Filia fasziniert.

„Ich glaube, das habe ich dir zu verdanken“, meinte Xellos ruhig. „Schau mal.“

Auf sein Drängen sah Filia noch etwas genauer hin und bemerkte dann, dass die heilige Magie, die sie um Xellos strömen lies, an dessen Hand verflossen war und mit dem Shouki an Xellos Fingerspitzen vermischt. Es hatte ungefähr die gleiche Konsistenz, wie die Magie unter ihnen.

„Wenn wir eine Art Schild um uns errichten und unsere Magie darin vermischen“, meinte Xellos „dann lässt uns die Barriere vielleicht durch.“

„Meinst du, dass das eine so gute Idee wäre?“ fragte Filia zweifelnd. „Das hieße, wir müssten vermischte Magie ganz gezielt benutzen. Ich weiß nicht, ob ich das kontrollieren könnte.“

„Es ist nicht so, als ob wir eine Wahl hätten“, erwiderte Xellos. „Und du musst auch nichts anderes machen, als mir deine Magie zu überantworten. Ich werde mich darum kümmern, sie im Zaum zu halten.“

Er stand wieder auf und zog sie mit sich hoch. Dann legte er einen Arm um ihre Schultern und zog sie in eine leichte Umarmung. Filia schloss die Augen und ließ ihre Magie aus sich und um sie und Xellos fließen, wo sie sich mit seiner eigenen vermischte. Es war kein besonders angenehmes Gefühl, aber es schien zu funktionieren.

„Jetzt“, flüsterte Xellos und dann sackten sie plötzlich nach unten durch den Boden, so als würden sie von Treibsand verschluckt. Mit einem Mal war alles um sie dunkel. Eine Schwärze umschloss sie, von goldenen Schlieren durchzogen, die glitzerten und sich bewegten, wie tausende Schlagen. Sie hatten das Gefühl eine kleine Ewigkeit durch diesen Ozean zu gleiten, dann öffnete sich ein Raum unter ihnen und man konnte wieder etwas sehen.

„Das ist der Ort, an dem ich war, als ich aufwachte“, meinte Xellos fasziniert.

Filia schluckte.

„Mir kommt er auch bekannt vor“, sagte sie, denn was sie vor sich sahen, glich frappierend dem Kristallgefängnis, in das Rahbas sie beide fast eingesperrt hätte. Anstatt einer Kristallstruktur erinnerte das Muster hier mehr an Bienenwaben, aber es war doch ganz eindeutig ein ähnlicher von ihrer normalen Dimension abgekapselter Raum.

‚Ob sie wohl einmal verbunden waren?’, fragte sich Filia plötzlich.

„Warum nur“, sagte da eine traurige Stimme vor ihnen „musstet ihr euch einmischen?“

Vor ihnen schwebte Ceeila in der Mitte der Sphäre und sah Filia anklagend an. Sie erinnerte sich, wie neugierig und erfreut Ceelia bei ihrer letzten Begegnung gewesen war, aber nun war sie sehr ernst.

„Wir müssen etwas wissen“, sprach Filia sie an. „Wir müssen wissen, wer Rahbas ist und was er mit dir zu tun hat. Warum hast du angst vor ihm?“

„Ich fürchte ihn nicht“, sagte Ceelia verbissen. „Er wird mir nämlich gar nichts tun. Er hätte mich schon vor hunderten von Jahren töten können und hat es doch nie getan. Das wäre ihm nicht genug gewesen.“

„Ich weiß nicht, was du vor hast“, sagte Xellos da zu ihr „oder auf wessen Seite du stehst. Aber du wirst uns sagen, was wir wissen wollen, dass garantiere ich dir.“

Filia stieß einen Ellebogen zurück und traf Xellos in den Rippen.

„Benimm dich gefälligst“, fauchte sie. „Oder willst du es uns extra schwer machen etwas zu erfahren?“

„Er ist ein Mazoku“, sagte Ceelia. „Er genießt es mir zu drohen. Aber auch er macht mir keine angst.“

Plötzlich klatschte sie in die Hände und als sie die Handflächen wieder voneinander löste, schoss eine Schlange daraus hervor und direkt auf Xellos Kopf zu. Er wich schnell zur Seite aus, aber die Schlange drehte sich in der Luft und verfolgte ihn. Knapp bevor sie Xellos erreichte, schlug plötzlich ein heller Lichtstrahl in ihre Seite und sie zerstob. Xellos sah auf Filia hinab, die während er geflohen war, einen heiligen Zauber gewirkt hatte.

‚Gemeinsam?‘ fragte er sie.

Er sah sie nicken und dann zogen sie wie auf ein unsichtbares Zeichen hin, die verbundene Magie, die sie als Schild über ihre Körper gezogen hatten, vor sich zusammen und schleuderten sie nach Ceelia.

Ceelia wollte ausweichen, doch Xellos hatte noch einen Trick auf Lager.

Plötzlich zog er an dem Magieball, mit dem er noch verbunden war, und da faltete dieser sich wieder auf und gewann in sekundenschnelle die Netzform zurück, die über ihren Körpern gelegen hatte.

Das Netz fiel auf Ceelia herab und riss sie hinab auf den Grund der Sphäre. Xellos ließ sich mit Filia hinterher fallen und sie landeten am Außenrand der sechseckigen Wabe in der Ceelia lag und zappelte wie ein Fisch auf dem Trockenen.

„Das glaub ich nicht“, jammerte sie entrüstet. „Wie konnte das passieren? Diese Magie, wieso könnt ihr auch…“

„Meine liebste Ceelia.“ Galant beugte Xellos sich zu ihr hinab. „Du wirst hier nicht wegkommen, ehe du ausgepackt hast.“

Er war bester Laune und Ceelia funkelte ihn an.

Filia seufzte resigniert. Xellos hegte wohl einfach einen noch zu großen Groll gegen Ceelia um professionell an die Sache heranzugehen. Immerhin war Ceelia dafür verantwortlich, dass er praktisch ohnmächtig geworden war. Das war schon eine Schande. Filia unterdrückte ein Grinsen.

Sie schob Xellos zur Seite und kniete sich neben Ceelia hin, die es inzwischen geschafft hatte sich aufzusetzen. Allerdings hatte sich das Netz, dass Xellos und Filia geworfen hatten, so sehr mit dem Wabenboden verklebt, dass sie keine noch so kleinen Zipfel davon gelöst bekam. In dieser mächtigen Magie war sie völlig gefangen.

Ceelia blies die Backen auf, warf den Kopf herum und sah demonstrativ von Filia weg.

„Ceelia“, sagte Filia sanft. „Du kannst Rahbas doch gar nicht leiden. Er ist ein Mazoku und du magst Mazoku nicht. Das hast du mir doch selbst gesagt.“ Ceelia zuckte leicht zusammen. „Warum deckst du ihn dann?“ fragte Filia weiter. „Ist das wirklich das, was du willst?“

„Was ich will“, sagte Ceelia ruhig „spielt da überhaupt keine Rolle.“ Sie drehte sich zu ihr herum.

„Na gut“, meinte sie schließlich. „Ich habe ja wirklich nichts für ihn übrig, obwohl ich für ihn kämpfen werde und dann werde ich so weit weg sein, dass du mich nicht mehr erkennst und ihr sicher sterben werdet. Aber wenn du es so sehr wissen möchtest, dann lasse ich dich es verstehen.“

Und dann klatschte sie ganz unvermittelt wieder in die Hände, die aber diesmal leer blieben. Stattdessen begann das Wabenmuster um sie herum weiß aufzuleuchten. Immer wieder erloschen ein paar Waben, während andere zu gleißen begannen. Der Wechsel wurde immer schneller und schneller und dann leuchteten alle Waben auf einmal auf und erfüllten Filias Sichtfeld mit einem makellosen Weiß.

Für einen Moment fühlte sich Filia, als würde sie schweben, als gebe es kein oben und unten mehr, nur noch diese weiße Leere. Doch dann spaltete das Weiße sich mit einem Mal auf und zerbrach in tausend Farben, wie ein Prisma, in das plötzlich Licht fällt.

Sie tauchte ein in ein wirbelndes Meer aus Farben, die zitterten und flatterten wie ein riesiger Vogelschwarm. Ihre mit Xellos verschlungene Hand war ihr einziger fester Punkt, während sie durch dieses vielfarbige Nichts fielen, bis die Farben plötzlich aufrissen und den Blick auf eine weite Szenerie unter einem Gewitterhimmel freigaben. Es blitzte und donnerte im Sekundentakt und auch sonst machte die Landschaft den Eindruck, als befände man sich am Ende der Welt.

Alles schien ohne jegliches Leben zu sein, bis auf zwei mächtige Gestalten in der Ferne. Der eine war ein riesiger Drache mit vier, acht, zwölf paar Flügeln, einem gewaltigen Körper, scharfen Krallen und Zähnen und glänzenden Schuppen, die einer Rüstung glichen. Sein Anblick war Furcht erregend und fantastisch zugleich.

Ihm gegenüber erhob sich ein Ungeheuer, genauso riesig, mit furchtbaren roten Augen, mächtigem Kiefer und Krallen und einer Angst gebietenden Gestalt.

„Shabranigdo“, flüsterte Xellos im gleichen Moment da Filia „Ceiphied“ rief.

Da waren sie, die beiden uralten Kontrahenten.

Plötzlich geschah etwas Seltsames. Shabranigdo öffnete sein riesiges Maul, in dessen Tiefe ein Energieball entstand, doch er zielte nicht auf Ceiphied, sondern hoch in die Luft. Das rote Licht brach aus seinem Schlund hervor und verdichtete sich sofort bis es ein kleiner roter Punkt in der Ferne war. Das rote Glühen erzitterte und dann schoss es plötzlich davon an Shabranigdo und Ceiphied vorbei und in die Welt hinaus.

Ceiphied wandte den Schädel und schickte ihm ein Brüllen nach, das die Luft selbst erzittern ließ, und sie zitterte und zitterte immer mehr, bis sie sich in einem Blitz entlud, der selbst aber nicht verging. Er dehnte sich in die Länge und zog sich dann zusammen zu einem strahlenden Lichtpunkt, der dem roten Glühen nachjagte.

Plötzlich zog sich die Szenerie um Xellos und Filia zusammen und sie wurden nach vorn gezogen. Sie schossen an Ceiphied und Shabranigdo vorbei, die sie nicht beachteten, den beiden Lichtern hinterher, die sich über Ebenen und Berge, über Seen und Ozeane hinweg jagten.

Die Bilderflut versiegte erst, als sie ein Gebirge erreichten, dessen Wipfel mit weißen Hauben gekrönt waren. Auf dem höchsten dieser Bergspitzen stand eine große Frau in einer glänzenden Rüstung. Ihr schwarzes Haar flatterte im Wind und ihr Blick wanderte suchend umher, wie der eines Falken.

Plötzlich verengten sich ihre Augen zu Schlitzen und sie stürzte sich auf ihre Beute herab, die sie erspäht hatte, das rot glühende Wesen weit unter sich. Mit jedem Meter, den sie fiel, wurden seine Konturen deutlicher, seine Gesichtszüge erkennbar und dann konnte man ganz genau Rahbas zum Angriff gekrümmte Gestalt erkennen.

Er sprang auf die Frau in der Rüstung zu und sie begannen einen langen und brutalen Kampf miteinander. Die beiden Kämpfer machten das ganze Gebirge zu ihrer Arena und keiner gewann die Oberhand. Doch schließlich, auf einem nur allzu bekannten Gebirgshang, sauste die Frau ein letztes Mal auf Rahbas hinab und als sie ihn erfasste, ging ein strahlendes Licht von ihr aus und umschloss ihn und sie selbst, bis sie von einer weiten leuchtenden Kuppel umgeben waren. Sie strahlte immer heller, bis sie aufflammte wie ein Blitz und dann plötzlich erlosch und ein unberührt scheinendes Felsplateau zurückließ. Von den beiden Kämpfern jedoch war keine Spur mehr zu sehen.

Für einen Moment war Filia verwirrt, doch dann stürzte ihr das Plateau entgegen und als sie die Höhe erreichte, an der sich die Kuppel befunden hatte, wechselte plötzlich das Bild. Dort wo sich eben noch nur kahler Fels befunden hatte, erschien nun plötzlich die Festung, Shabranigdos Festung, ganz genau so, wie Filia sie bei ihrem ersten Besuch vorgefunden hatte.

Doch sie fielen immer noch, jetzt durch den Boden der Arena hindurch in ein leuchtendes Geflecht, einen vielgestaltigen Kristall, eine riesige Wabe; und in der Mitte dieses Raumes, der tatsächlich ein Gefängnis war, standen die beiden Kämpfer und belauerten sich.

„Warum hast du das getan?“ brüllte Rahbas die Frau in der Rüstung an. „Du hast uns beide hier für immer eingesperrt!“

„Mein Auftrag lautet dich aufzuhalten“, antwortete sie ruhig. „Und wenn ich dich nicht töten kann, dann muss ich dich wenigstens einsperren.“

Rahbas schrie auf und stürzte sich auf sie und ihr Kampf setzte sich fort, Woche um Woche, Jahr um Jahr, bis seine Klaue schließlich ihre Brust durchbohrte. Dunkles Blut breitete sich aus, während sie am Boden lag.

„Glaub nicht“, sagte Rahbas mit einem boshaften Grinsen und drehte die Hand in ihrer Wunde „dass ich dich einfach sterben lasse. So leicht lasse ich dich nicht davon kommen. Ich werde meine Rache dafür haben, dass du mich hier eingesperrt hast. Ceelia.“

Ein Funken Irrsinn schien in seinen glitzernden Augen aufzuleuchten.

Sein Arm begann rot zu glühen und dieses Glühen breitete sich von ihrer Wunde über Ceelias ganzen Körper aus. Ihre Augen, die sich zuerst müde hatten schließen wollen, wurden verwirrt aufgerissen. Aus der Verwirrung wurde Angst, dann Panik und dann mit einem Mal Apathie, während sich ihre Iris von einem dunklen braun in ein helles blau verfärbte. Ihr kurzes Haar wurde lang und hell, so als wäre die Farbe daraus ausgelaufen, ihr Körper wurde zierlicher und ihre Wunde schloss sich.

Schließlich zog Rahbas seine Hand zurück und es erhob sich die Ceelia, der auch Filia und Xellos auf Shabranigdos Festung begegnet waren. Sie sah Rahbas an und dann wandte sie sich um und blickte direkt in Xellos und Filias Augen.

„Rahbas sollte Leid über alle Lebewesen bringen“, erzählte sie mit ihrer sanften, hellen Stimme, die so anders war, als der feste Klang der Frau in der Rüstung, die sie zuvor gewesen war. „Das Leid wollte Shabranigdo trinken und so seine Macht stärken und Ceiphieds Licht schwächen.

Doch Ceiphied erschuf mich, damit ich Rahbas aufhalte, und weil ich ihn nicht töten konnte, sperrte ich ihn stattdessen ein um den Preis meiner eigenen Freiheit.

Und Rahbas besiegte mich schließlich von seiner Wut getrieben in unserem gemeinsamen Gefängnis. Er raubte mir meinen freien Willen und machte mich zu seiner Dienerin.“

Während sie sprach verschwammen ihre und Rahbas Konturen. Sie wurden heller und heller bis nur noch Ceelias helle Augen wie zwei blaue Sterne an einem weißen Himmel leuchteten, um dann ebenfalls zu verglühen. Schließlich ganz von Helligkeit umschlossen, schienen Ceelias Worte von allen Seiten in ihre Ohren zu dringen.

„Aber dann geschah etwas Unvorhergesehenes, etwas das ich nicht erahnen konnte. Eine tiefe Erschütterung ging durch die Astral Plane und beschädigte unser Gefängnis. Es verband sich daraufhin mit einem instabilen Ort in dieser Welt. Rhabas war frei.

Ich, die ich durch das Siegel mit der physischen Welt verbunden war, konnte jedoch immer noch nicht gehen. Aber Rahbas versprach mir, zu dem Siegel in der physischen Welt zu gehen und es zu zerstören, damit ich ihm weiterhin dienen kann.

Jedoch hatte sich diese Welt in all den Jahrtausenden sehr verändert und Rahbas wusste nicht, wo er war und wo er mich suchen sollte. Aber er hatten Glück, denn nahe dem Eingang zu unserer Sphäre hatten sich einige Mazoku versteckt. Sie berieten darüber, welchem von drei Meistern, die sie Mazoku Lords nannten, sie sich anschließen sollten, da ihr eigener besiegt worden war.

Rahbas überwältigte sie und zwang ihnen seinen Willen auf, wie er es schon mit mir getan hatte, damit sie für ihn nach mir suchen. Und so warte ich hier, bis er mich findet. Ob ich will oder nicht, das wird mein Schicksal sein.“

Ihre Stimme wurde leiser. Gleichzeitig wurde die Helligkeit immer intensiver, bis sie sich in ein gleißendes Weiß verwandelt hatte und Filia die Augen schließen musste, um nicht zu erblinden.

Ein Blitz leuchtete hinter ihren Augenliedern auf, so dass lauter dunkle Flecken auf ihrer Netzhaut tanzten. Als das Leuchten wieder abnahm und das Geräusch von Wind und knirschendem Schnee in ihre Ohren zu dringen begann, öffnete sie die Augen.

Sie saß neben Xellos im Schnee in der Mitte der Arena.

Ein wenig Puderschnee fiel vom Himmel auf sie herab und es war niemand zu sehen außer ihnen beiden.

Einen Moment saßen sie still nebeneinander und waren noch ganz überwältigt von den Bildern, die eben auf sie eingeprasselt waren.

Dann sprang Xellos auf und zog Filia mit sich hoch und mit schnellem Schritt aus der Festung heraus.

„Ich muss sofort zur Höllenstadt zurückkehren“, sagte er dabei „und Meisterin Zeras hiervon berichten. Wenn das wahr ist, was wir gesehen haben, dann ist das alles wesentlich gefährlicher als wir dachten.“

„Und was ist mit mir?“ fragte Filia. „Ich muss doch auch mit.“

„Nein“, sagte Xellos entschieden. „Allein bin ich schneller. Außerdem muss jetzt jemand hier bleiben, um Ceelia zu bewachen.“

Sie hatten die Arena inzwischen hinter sich gelassen und hielten zwischen zwei Schneewehen an. Xellos holte tief Luft, bevor er sagte: „Wenn Rahbas direkt von Shabranigdo geschaffen wurde, dann bedeutet das, dass er tatsächlich stärker sein könnte als wir.“

An der Art, wie er es sagte, merkte Filia, dass diese Möglichkeit Xellos bisher noch nie in den Sinn gekommen war.

„Er darf auf keinen Fall auch noch Ceelia befreien. Alleine sind sie schon gefährlich genug, wer weiß, wozu sie gemeinsam fähig sind.“

„Ich bin doch viel zu schwach“, wandte Filia ein „um irgendeine Art von Hindernis für Rahbas darstellen zu können.“

Xellos trat vor sie hin und umschloss fest ihre Schultern. Durch die kleinen Wolken, die von ihrem warmen Atem aufstiegen, sah sie seinen ernsten Blick.

„Du hast aber einen Vorteil“, sagte Xellos eindringlich. „Du bist kein Mazoku. Noch viel besser, du bist eine Ryuzoku. Dir kann diese gefährliche Umpolmagie von Rahbas nichts anhaben, weil du ein ganz und gar physisches Wesen bist. Und da ist noch etwas. Erinnerst du dich, wie ich dir bei unserem ersten Besuch hier von dem Schutzschild erzählt habe, der früher über dieser Festung gestanden hatte; der welcher von Ceiphied stammt?“

Filia nickte.

„Er hatte die Festung vor euch verborgen“, sagte sie.

„Genau und er ist nicht zerstört“, fuhr Xellos fort. „Er ist zusammengefallen und wahrscheinlich nicht mehr richtig intakt, aber vielleicht kannst du ihn trotzdem wieder aufstellen. Vielleicht kannst sogar nur du das machen. Ich denke, dieser Schild könnte Rahbas zumindest aufhalten, bis ich dir Verstärkung schicken kann.“

Durch ihren Umhang hindurch fühlte Filia, wie sich Xellos Druck auf ihren Schultern verstärkte. Wüsste sie es nicht besser, sie hätte gedacht, es bereite ihm Mühe sie hier zurückzulassen. Sie konnte sich ausrechnen, dass sein Plan im besten Fall riskant für sie sein würde, sollte Rahbas hier auftauchen.

Aber was Filia betraf, so ging es hier sowieso nicht mehr um sie. Rahbas wollte die Shinzoku angreifen, er wollte eine Zeit der Dunkelheit über die Welt bringen und das konnte sie nicht zulassen, egal was es für sie bedeuten würde. Zum ersten Mal seit sie Greater Beast Zeras begegnet war, wusste sie wieder genau, was sie tun musste.

„Geh schon“, sie legte eine Hand nachdrücklich über Xellos Finger. „Ich halte die Stellung bis du zurück bist.“

Er nickte erleichtert, lehnte sich dann plötzlich vor und küsste sie ganz unvermittelt. Vor Überraschung hielt Filia vollkommen still, bis er sich wieder von ihr löste. Er sah sie an, ernst und besorgt und völlig hin und her gerissen, und war dann fort und ließ sie allein zurück.

Filias Gesicht war heiß und ihre Gedanken rasten. Sie atmete einmal tief durch, dann drehte sie sich um und ging in die Arena zurück. Sie stieg die Stufen der Seite der Tribüne hinauf, die noch intakt war, und setzte sich auf halber Höhe hin, nachdem sie den Stein unter sich von Schnee befreit hatte. Dann schloss sie die Augen und begann zwischen der verseuchten Magie nach dem Siegel zu suchen, das sie bei ihrem letzten Besuch gelöst hatte, um darin den Teilen zu folgen die mit einem anderen, tief versunkenen Teil von Ceiphieds Macht verbunden waren.
 

***
 

Es dauerte einige Zeit, aber schließlich hatte Filia Ceiphieds Schild um die Festung errichten können. Sie war sich ziemlich sicher, dass er nicht mehr so stark wie ursprünglich war und es kostete sie einiges an Konzentration, ihn aufrecht zu erhalten, aber trotzdem war er von Ceiphieds oder besser gesagt Ceelias Kraft durchzogen. Für einen kurzen Zeitraum, würde er ihr vielleicht Schutz bieten können.

Sie erhob sich von ihrem Sitzplatz auf der Tribüne und stieg die letzten Stufen dort hoch, bis sie die hohe Brüstung erreicht hatte. Sie lehnte sich an eine der Schießscharten und sah hinaus auf den weiten Talkessel, der auch jetzt wieder von Wolkenfeldern verdeckt wurde.

Jetzt da sie nur noch warten konnte, verstrich die Zeit quälend langsam. Wenn sie ihr Zeitgefühl nicht täuschte, müsste Xellos die Höllenstadt inzwischen wieder erreicht haben. Sie hoffte, dass er es schaffen würde, Zeras von der Gefahr, die von Ceelia ausging, zu überzeugen. Diese Aufgabe wollte sie bestimmt nicht mit ihm tauschen. Sie hatten ja schließlich eigentlich darauf gebaut vor Zeras zurück zu sein, aber dafür hatten sie wahrscheinlich zu viel Zeit in Ceelias Traumwelt verpasst.

Wie gut, dass Xellos so gut darin war, sich aus Schwierigkeiten herauszureden. Filia fragte sich, warum er sie wohl geküsst hatte. Sie konnte keine Antwort finden.

Sie sah noch immer in die trübe Landschaft hinaus, als sie ein Heulen durch das Tal jagen hörte und diesmal erkannte sie es sofort.

Aufgeregt sprang sie auf die Brüstungsmauer und sah, wie zwei Wölfe auf dem Hang über der Festung aus der Astral Plane brachen und direkt auf das Festungstor zu rannten. Schnell öffnete sie einen Teil des Schutzschildes für sie, um sie hereinzulassen. Sie teleportierte vor den Eingang und Kesharo sprang ihr wild gegen die Beine und riss sie fast um.

Sie zog die Finger durch sein Fell.

‚Filia, was machst du hier?’ knurrte Askura. ‚Wo ist Xellos?’

„Was meinst du?“ fragte Filia erschrocken. „Hat er euch denn nicht geschickt?“

‚Die Mazoku in der Höllenstadt haben gehört, dass ihr hierher wolltet’, erwiderte Askura eindringlich. ‚Aber ihr hattet keine Befugnis dazu und seid trotzdem gegangen. Warum hat Xellos das gemacht? Die große Wölfin ist furchtbar wütend.’

„Wir mussten etwas herausfinden und das haben wir auch getan“, sagte Filia. „Dieser Ort muss unbedingt bewacht werden…“

‚Du musst zurückkehren’, unterbrach Askura sie. ‚Du hattest keine Erlaubnis von dort wegzugehen.’

„Xellos hätte längst in der Höllenstadt ankommen sollen“, erwiderte Filia. „Er wollte mit Meisterin Zeras reden.“

‚Er ist aber nicht dort angekommen’ mischte sich Kesharo ein. ‚Und jetzt seid ihr beide in großer Gefahr.’

Askura knurrte tief. ‚Ich weiß nicht, was mit Xellos passiert ist‚aber wenn er nicht hier ist, dann haben wir keine Möglichkeit ihn zu finden. Aber du musst sofort zurückkehren. Und wenn dieser Ort bewacht werden muss, dann halten wir hier Wache.’

Kesharo sprang von Filia weg und stieß sie auf das Festungstor zu. ‚Beeil dich!’

Sie drehte sich zu ihnen um.

„Wenn ich gehe bricht der Schutzschild zusammen. Dann seid ihr zwei hier ganz allein.“

‚Lass das unsere Sorge sein’, bellte Askura. ‚Geh.’

Von einem Moment zum anderen kappte Filia ihre Verbindung zur Festung und trat im selben Moment in die Astral Side über.

Mit Askuras Worten noch in ihren Ohren klingend rannte Filia los und hetzte durch die Astral Plane, wie sie es nie zuvor getan oder gewagt hätte. Sie brauchte gerade mal eine Stunde, dann hatte sie die Ausläufer des Gebirges schon fast hinter sich zurückgelassen.

Immer wieder überschlugen sich in ihrem Kopf die gleichen Gedanken in einem erschrockenen Durcheinander. Wo war Xellos? Er hätte die Höllenstadt längst erreichen müssen. Er war so widerwillig von dort weggegangen, dass etwas Einschneidendes passiert sein musste, dass er von sich aus nicht sofort dahin zurückgekehrt war. Würden die Wölfe die Stellung halten können und wie wütend war Zeras wirklich? Und wo in Ceiphieds Namen war Xellos nur abgeblieben?

Diese letzte Frage drehte sich immer wieder und immer wieder in einem Strudel der Furcht in ihr im Kreis und verdrängte sogar die Angst, die ihre waghalsige Reise durch die Astral Plane ihr bescherte.

‚Ich darf mich hier auf keinen Fall verirren’, sorgte sich Filia gerade, als ein heftiger Stoß sie völlig aus dem Gleichgewicht brachte. Die Luft entwich ihren Lungen und sie drehte sich mehrmals unkontrolliert im Kreis, bis sie plötzlich jemand packte und ohne viel Federlesen aus der Astral Plane herausriss. Sie erschien auf einem niedrigen Felsplateau und schlug hart im Geröll unter sich auf.

Verwirrt und unter Schmerzen versuchte sie sich aufzurappeln. Was war nur passiert? Als Filia den Kopf hob, blieb ihr das Herz stehen.

Vor ihr stand Zeras persönlich und sah so wütend aus, wie Filia sie nur einmal zuvor gesehen hatte, nämlich an dem Tag, da Filia Zeras Siegel in der Höllenstadt gesprengt hatte.

Freunde und Feinde

Der Mazoku Lord stapfte auf Filia zu, packte sie an der Schulter und riss sie hoch.

„Das war es dann also, kleiner Drache“, sagte sie. „So halten sich meine Diener nur einmal an meine Befehle.“

Filia biss sich auf die Lippen und versuchte mit aller Macht die Panik im Zaum zuhalten, die sie zu übermannen drohte. Von allem was sie fürchtete, war dies hier das schlimmste. Zeras noch einmal ausgeliefert zu sein.

Und sie konnte sich nicht wehren, sie hatte keine Chance. Warum hatte sie Xellos nur nicht zugehört, als er sich so kategorisch dagegen gestellt hatte, Zeras Befehl zu missachten, egal aus welchem Grund. Sie hatten ein Tabu gebrochen und sie hatte es nicht mal gemerkt. Aber warum hatte Xellos…

„Warum“, fauchte Zeras „habt ihr das gemacht?“

Sie stieß Filia von sich und diese landete hart auf dem Felsen.

„Nein, ich korrigiere“, fügte Zeras da hinzu. „Es ist mir absolut egal, warum du das gemacht hast. Du bist sowieso schon eine einzige Katastrophe. Warum hat Xellos das gemacht? Und wo zur Hölle ist er?“

„Ich weiß es nicht“, sagte Filia mit zitternder Stimme.

„Lüg mich nicht an“ brüllte Zeras. „Alle Mazoku in der Höllenstadt haben mitgekriegt, wie ihr zwei gemeinsam die Residenz verlassen habt. Freiwillig, in vollem Bewusstsein, dass ihr damit meinen Befehl missachtet!“

„Wir wollten längst wieder zurück sein“, sagte Filia und sprach dann sehr schnell. „Wir haben herausgefunden, wer Rahbas ist und woher er kommt. Xellos wollte es euch berichten, aber jetzt ist er verschwunden!“

Noch während sie sprach formte sich ein Energieball in Zeras Hand und Filia schloss fest die Augen, als sie ihn auf sich zurasen sah. Es krachte laut und sie wurde von einer Druckwelle zurückgeschleudert und überschlug sich halb. Als sie mühsam wieder auf die Knie kam und aufsah, erkannte sie, dass der Energieball einen Meter vor ihr explodiert war.

„Verflucht!“ Zeras stapfte mit all ihre angestauten Wut auf dem Felsen unter ihr auf und sofort entstand ein langer Riss im Gestein und das Plateau erzitterte.

„Berichte“, sagte sie dann etwas ruhiger, ließ aber deutlich erkennen, dass sie ihre Wut nur dürftig unterdrückte. „Was ist passiert?“

Zitternd berichtete Filia von den Geschehnissen auf Shabranigdos Festung, von den Dingen, die sie in Ceelias Traumbild gesehen hatten und von Xellos Aufbruch.

Als sie geendet hatte, war Zeras noch genauso wütend wie zuvor.

„Hier ist mein neuer Befehl für dich“, fauchte sie. „Geh zurück zu Shabranigdos Festung und bewache sie. Lass Ceelia auf keinen Fall frei kommen. Wenn Rahbas auftaucht töte ihn, wenn du kannst. Diese Anweisungen gelten auch für Xellos, sollte er sich dazu entschließen, sich wieder blicken zu lassen.“

„Und wenn er…“

„Wenn was ihr herausgefunden habt, wahr ist, habe ich anscheinend einen dringenden Besuch zu machen“, fuhr ihr Zeras ins Wort. „Wir haben weder die Zeit, noch die Möglichkeiten um nach ihm zu suchen, also schlag dir das aus dem Kopf.“

Filia senkte den Blick.

„Ich verstehe, Meister.“

„Und Filia…“

Sie sah sie eindringlich an.

„Bilde dir ja nicht ein, dass euer Ungehorsam hiermit aus der Welt geschafft ist. Wir sprechen uns, wenn das hier vorbei ist.“

Mit dieser letzten Warnung wechselte Zeras in die Astral Plane und verließ das Gebirge in schnellem Tempo. Filia blinzelte. War das nicht…? Sie schüttelte verwirrt den Kopf. Nein, sie hatte keine Zeit für so was, sie musste schnellstmöglich zur Festung zurück.

In der nächsten Sekunde rannte sie durch die Astral Plane den Weg zurückverfolgend, den sie zuvor genommen hatte.

Als sie die Festung endlich wieder erreicht hatte, fand sie zu ihrer Erleichterung alles noch so vor, wie sie es verlassen hatte. Askura und Kesharo lagerten vor den Trümmern der Festung im Schnee und dösten scheinbar vor sich hin, als sie vor ihnen erschien. Da hob Askura den Kopf und reckte sich langsam, während Kesharo aufsprang und mit den Ohren wackelte.

‚Was ist los? Wieso bist du wieder da?’

„Meisterin Zeras hat mich abgefangen und mit neuen Befehlen zurückgeschickt“, erklärte Filia und erzählte dann schnell, was geschehen war.

„Ein Glück, dass hier noch nichts passiert ist“, sagte sie zum Schluss.

‚So würde ich das nicht sagen’, knurrte Askura merklich verstimmt.

„Oh, hör mit diesem elendigen Gewinsel auf“, erklang da eine Stimme, die Filia unwillkürlich zusammenzucken ließ. „Meint ihr etwa, mir macht es Spaß auf diesem Trümmerhaufen festzusitzen?“

‚Bitte nicht schon wieder’, dachte Filia verzweifelt und sah dann über die Köpfe der Wölfe hinweg zur Brüstung der Festung hinauf.

Dort auf den Zinnen stand Sherra und sah kalt auf sie hinab. Ein Lächeln teilte ihre Lippen, als sie Filias Miene studierte.

„Mir scheint du erinnerst dich an mich“, meinte sie so liebenswürdig, dass es Filia eine Gänsehaut über den Rücken jagte.

‚Halt dich bloß zurück, Generalin.’ Askura knurrte tief. ‚Du bist nicht hier um persönliche Rachegelüste zu befriedigen. Wir haben alle den gleichen Auftrag und du wirst mit uns zusammenarbeiten oder ich werde wissen warum.’

„Mit euch Wölfen vielleicht, aber nicht mit ihr“, erwiderte Sherra abschätzig. „Das erkenne ich nicht an.“

‚Dynast Grausherra hat die Generalin hierher geschickt, nachdem unsere Meisterin mit ihm gesprochen hatte’, erzählte Kesharo Filia. ‚Sie hat Verstärkung für die Bekämpfung von Rahbas gefordert. Deshalb wurde die Generalin hierher geschickt um die Spur Ceelias zu verfolgen, von der ihr abgezogen worden ward.’

‚Sie hat sie aber nicht mehr gefunden’, bemerkte Askura ungerührt.

„Ihr beide habt ja auch nicht mal daran gedacht mir zu helfen“, fauchte Sherra ihn an.

‚Wir bewachen, Ceelia, wir suchen sie nicht’, erwiderte der Wolf.

„Ihr bewacht sie, weil sie es euch gesagt hat“, rief Sherra und deutete auf Filia. „Wie kannst du nur so weit sinken?“

‚Ein Welpe wie du, braucht mir nicht zu erzählen, was ich zu tun und zu lassen habe’, erwiderte Askura gefährlich ruhig.

„Ceelia ist nicht auffindbar, weil wir sie in ihrer Sphäre unter der Festung angekettet haben“, erklärte Filia schnell, denn sie hatte das Gefühl, dass die Situation dringend entschärft werden musste. „So kann sie uns nicht mehr angreifen.“

„Wann habt ihr denn die Zeit gehabt das alles zu machen?“ fragte Sherra misstrauisch.

Filia fand nicht, dass es eine so gute Idee wäre, Sherra zusagen, dass sie sich diese Zeit ohne Erlaubnis genommen hatten. Deswegen hielt sie lieber den Mund.

‚Denk daran, dein Befehl lautet uns zu unterstützen, wenn es um Rahbas geht’, knurrte Askura jetzt Sherra wieder an. ‚Das heißt, wenn die große Wölfin will, dass wir diese Festung vor ihm bewachen, dann gilt diese Anweisung auch für dich.’

‚Und das heißt Filia ist jetzt ein Teil deiner direkten Verbündeten’, bellte Kesharo hintendran. ‚Du kannst sie nicht wieder angreifen und damit davonkommen.’

„Hier kann in letzter Zeit jeder mit allem davon kommen“, fauchte Sherra zurück. „Und ich werde verdammt noch mal selbst entscheiden, wer hier zu meinen Verbündeten zählt.“

„Dann wird die Liste aber ziemlich kurz“, murrte Filia, bevor sie ein heftiger Stoß in eine Schneewehe hinter ihr beförderte.

„Du!“ Sherra stand plötzlich direkt über ihr. „Glaub bloß nicht, du kannst jetzt frech werden, weil deine Schoßhündchen hier sind, um auf dich aufzupassen.“ Ein wütendes Knurren hinter ihr ertönte und Filia stellten sich die Nackenhaare auf. Wenn das so weiterging, würden sie noch anfangen sich gegenseitig anzugreifen, während Rahbas jeden Moment hier auftauchen konnte.

„Haltet euch da raus“, fauchte Sherra die Wölfe an, ohne die Augen auch nur einen Moment von Filia zu nehmen. Plötzlich war da wieder dieser Hass in ihren Augen und zog Filia so in ihren Bann, dass sie die beiden Wölfe, die sie schützten, völlig vergaß.

„Wenn mein Meister will, dass ich mich mit Greater Beasts Dienern verbünde von mir aus. Aber das hier ist keine Verbündete von mir. Das ist ein Drache, ein Drache, der sich entschieden hat einem Mazoku zu dienen, nur um sein eigenes erbärmliches Leben zu retten. Sie kennt weder Treue noch Loyalität. Und so jemanden soll ich akzeptieren?“

Sie lachte kalt auf. Finster sah sie auf Filia hinab, bis eine plötzliche Freude ihr Gesicht erhellte.

„Ich freue mich auf den Tag, da Xellos dich fallen lässt, Ryuzoku“, sagte sie glockenhell. „Ich hoffe, du wirst es in seinen Augen sehen, bevor er dich tötet.“

Kälte griff in Filias Herz. Ihre Ohren rasten. Sie konnte ihren Blick einfach nicht von Sherras entzücktem Gesicht wenden.

Sie wollte ihr ins Gesicht sagen, dass sie sich irrte, dass das nie geschehen würde, aber die Worte kamen nicht. Dafür glaubte sie selbst zu wenig daran.

‚Das reicht jetzt’, zerriss Askuras gebieterische Stimme die Stille. ‚Wenn du jetzt nicht sofort mit diesem Unsinn aufhörst, wirst du es mit mir zu tun bekommen. Wir haben hier einen Auftrag zu erfüllen und den torpedierst du gerade, wenn du sie weiter so einschüchterst. Sie muss schließlich diesen Schutzschild wieder für uns errichten.’

„Was für ein Schutzschild?“ fragte Sherra ihn und ließ von Filia ab.

Askura erzählte ihr von Ceelias Schild, den er und Kesharo gesehen hatten, als sie zu Filia auf die Festung kamen.

‚Er ist sehr wirksam gegen Wesen wie uns. Wir werden das noch brauchen.’

Sherra schnaubte ungläubig, ließ Filia aber gewähren, als diese sich aufrichtete und an ihr vorbei zur Festung stolperte.

„Ich kümmere mich darum“, versicherte Filia ihnen und bemühte sich darum, so ruhig und gleichgültig wie möglich zu wirken.

Diesmal musste sie den in seiner Form nun schon vorhandenen Schild nur noch wieder heraufbeschwören und das dauerte nicht lange. Sie setzte sich auf eine der untersten Stufen der Tribüne in der Arena und die Wölfe legten sich neben sie, während sich Sherra demonstrativ ein gutes Stück von ihnen entfernt in den Schnee mitten in der Arena fallen ließ. Die Hände hinter dem Kopf verschränkt starrte sie in den wolkenlosen Himmel empor. Filia fing genauso demonstrativ damit an Kesharo im Nacken zu kraulen, woraufhin dieser sich so entspannt wie nur möglich über ihre Knie drapierte.

Sherra warf ihr einen giftigen Blick zu und Filia starrte säuerlich zurück, bevor sie sich beide wieder darauf besannen sich zu ignorieren.

Filia seufzte innerlich. Wenn das so weiter ging, konnte es noch ein langer Tag werden.

Aber kurz darauf hätte sie sich nichts lieber gewünscht, als nur den ganzen Tag damit zuzubringen, sich mit Sherra allein herumzuschlagen. Denn das, was jetzt auf sie zukam, war noch wesentlich schlimmer.

Sherra war die erste, die etwas bemerkte. Sie setzte sich plötzlich im Schnee auf und lauschte angestrengt auf der Astral Side.

Filia sah neugierig zu ihr hin und begann dann selbst ihre Sinne auszuweiten. Zuerst konnte sie nichts Ungewöhnliches in ihrer Umgebung feststellen, während sie gleichzeitig dabei zusah, wie Sherra aufsprang und im Schnee hin und her zu stapfen begann.

Auch die Wölfe hatten sich inzwischen aufgesetzt und blähten ihre Nüstern.

‚Was ist mit ihm los?’ fragte Kesharo und drehte aufgeregt seine Ohren hin und her.

„Ist er es denn?“ fragte Sherra verwirrt nach.

‚Kein Zweifel möglich’, erwiderte Askura ‚Aber etwas scheint nicht in Ordnung zu sein.’

Filia wollte gerade fragen, was denn nur los war, als sie selbst eine Aura am Rande ihres Wahrnehmungsfeldes wahrnahm. Es war eine Aura, die sie inzwischen wie keine zweite kannte.

„Xellos.“

Filia sprang aufgeregt auf und rannte die Treppen der Tribüne hoch und an den Rand der Brüstung. Sie spähte über den Talkessel unter dem Bergrand hinweg in die Richtung, aus der sie Xellos näher kommen spürte.

„Das wurde aber auch Zeit, du Idiot“, rief sie ihm entgegen, als er über dem Talkessel und auf Höhe der Festungszinnen in der physischen Welt materialisierte.

„Wir haben einen Haufen Ärger am Hals“, rief Filia Xellos zu. „Und das haben wir natürlich nur dir zu verdanken.“

Sie sah wie er in ihre Richtung blickte und dann auf sie zuzufliegen begann. Filia machte sich bereit eine Lücke im Schild für ihn zu öffnen, als jemand ihr Handgelenk packte und fest daran zog.

„Nicht“, sagte Sherra, die plötzlich neben ihr stand, scharf. „Irgendwas ist da nicht in Ordnung.“

„Was soll das heißen nicht in Ordnung?“ fragte Filia verwirrt. „Das ist doch eindeutig Xellos.“

‚Ja, aber etwas an seiner Aura ist seltsam’, mischte sich da Askura ein und trat an ihre andere Seite. ‚Es kommt mir so vor, als müsse ich wissen, was es ist, aber es will mir einfach nicht einfallen.’

„Vergesslichkeit kommt mit dem Alter“, kommentierte Sherra bissig.

Xellos war inzwischen heran und für einen Moment fürchtete Filia, er würde direkt in ihren Schutzschild hineinrasen, aber dann stoppte er abrupt nur wenige Zentimeter von diesem entfernt und starrte sie an.

Gerade als Filia ihre Sinne noch einmal nach ihm ausstrecken wollte, entstand abrupt ein Energieball an der Spitze seines Priesterstabes und er schleuderte ihn direkt in ihren Schild hinein. Die darauf folgende Explosion war so heftig, dass sie den ganzen Schild auf der Astral Side ins schwingen brachte. Die Erschütterung setzte sich geradewegs in Filias Kopf fort und sie taumelte.

„Hey, reiß dich zusammen“, sagte Sherra neben ihr alarmiert und hielt sie fest. Ihre eindringliche Stimme ließ Filia die Zähne zusammenbeißen und aufsehen. Ungläubig starrte sie in Xellos ausdrucksloses Gesicht, der sie gerade angegriffen hatte. Bevor sie noch irgendetwas daran hindern konnte, streckte sie ihre Sinne nach ihm aus in der verzweifelten Hoffnung es mit einer Täuschung, irgendjemand anderem als Xellos zu tun zu haben. Er konnte sie doch nicht angreifen…

Als sie in seiner Aura las, war ihr mit einem Mal alles klar. Sherra und Kesharo hatten das, was sie vor sich sahen, noch nie vorher gesehen und Askura hatte es nicht bewusst erlebt, denn er war selbst ein Opfer gewesen. Aber sie wusste nun verzweifelt genau, was für ein Spiel hier gespielt wurde.

„Rahbas“, rief Filia. „Komm her und zeig dich. Ich weiß, dass du es warst, der das mit Xellos gemacht hat.“

„Wie Schade“, hörte sie da eine bedauernde Stimme von direkt über ihr und sie sprang vor Schreck auf. Sie legte den Kopf in den Nacken und dann sah sie tatsächlich Rahbas weit über ihnen allen und ihrem Schutzschild in der Luft schweben.

Er sah feixend zu ihr hinab.

„Da habe ich so viel Zeit gebraucht, bis ich ihn endlich dazu bringen konnte, dass zu tun, was ich will, nachdem er mir auf meinem Weg hierher in die Arme gelaufen ist, und dann ist es noch nicht mal eine richtige Überraschung für euch.“ Er schüttelte betrübt den Kopf „das nimmt der Sache wirklich jeglichen Reiz.“

„Er hat Xellos unter seine Kontrolle gebracht“, erklärte Filia den anderen schnell. „So wie er auch Askura unter seiner Kontrolle hatte.“

Erst als sie es aussprach, traf sie die ganze Tragweite dieser Tatsache. Xellos war nicht mehr Herr seiner Sinne. Xellos, der so mächtig war. Dass Rahbas ihm seinen Willen aufzwingen konnte, dass er ihn überwältigt haben musste, machte ihn zu einem Furcht erregenden Gegner für Filia.

Und Xellos… wie sollten sie ihn nur wieder aus dieser Sache herausholen?

„Du hast ja einen schönen Weg gefunden, um die Macht meiner lieben Ceelia zu missbrauchen“, sagte Rahbas ihr gerade. „Aber das wird dir nichts nützen. Ceelia ist viel zu mächtig für dich. Wenn wir mit diesem Schild fertig sind, wirst du ihn nicht mehr kontrollieren können.“

Und dann ließ er selbst einen Energieball in seiner Hand entstehen und schleuderte ihn direkt auf sie zu. Noch im Flug verband er sich mit einem zweiten Geschoss, das von Xellos stammen musste und beide schlugen mit voller Wucht in Filias Schutzschild ein.

Der Schild schwang wie eine Glocke und hallte in Filias Kopf nach. Verbissen versuchte sie sich ins Bewusstsein zu rufen, dass es nicht ihre Kraft war, die da angeschlagen wurde, sondern die Macht von Ceelia. Sie musste sie nur zusammen halten, dann würde niemanden etwas geschehen. Aber dieses Wissen änderte nichts daran, dass sich alles um sie zu drehen begonnen hatte.

Ein weiteres Krachen ertönte und ihre Augen begannen zu tränen.

„Hey“, sagte Sherra alarmiert. „Lass diesen Schild bloß nicht einstürzen. Xellos ist viel stärker als wir. Wenn er an uns herankommt, bringt er uns alle um.“

‚Wir müssen ihn dazu bringen, wieder normal zu werden’, sagte Askura eindringlich. ‚Nur mit ihm zusammen können wir es gegen Rahbas aufnehmen.’

‚Und Filia kann das nicht ewig durchhalten’, fügte Kesharo hinzu. ‚Das wird zu viel für sie.’

„Schön“, fauchte Sherra. „Dann versucht doch ihn dazu zu bringen, sich an euch zu erinnern. Man muss doch eine Erinnerung wecken, um den Vorgang rückgängig zu machen, der ihn so durchdrehen lässt, oder? Da haben wir alle schlechte Karten bei ihm.“

‚Filia muss es versuchen’, erwiderte Kesharo. ‚Sie hat die besten Chancen.’

‚Der Welpe hat Recht’, stimmte Askura zu. ‚Sie muss es versuchen.’

Sherra starrte die beiden Wölfe noch ungläubiger an, als Filia. „Ihr seid doch verrückt.“

Dann ging eine neue Welle von Explosionen auf sie nieder und Filia schloss die Augen und kauerte sich auf den Boden nieder.

„Wir müssen auf Verstärkung warten“, hörte sie Sherra sich über ihr streiten.

‚Dafür haben wir keine Zeit’, knurrte Askura zurück. ‚Und wir erwarten auch keine.’

„Dann muss einer von euch Verstärkung anfordern gehen“, fauchte Sherra ihn an. „Wofür seid ihr denn so schnelle Läufer, wenn nicht für so was?“

Die Streiterei und die Explosionen begannen Filias Nerven in Sekundenschnelle aufzuzerren. Alles begann um sie im Chaos zu versinken. Und wessen Schuld war das mal wieder?

„Du Namagomi!“

Mit einem Mal sprang Filia auf und ignorierte mit aller Gewalt, die Erschütterungen, die auf sie einprasselten.

„Mir reicht es jetzt wirklich!“ brüllte sie Xellos an.

Die Explosionen hörten auf, wahrscheinlich weil sie Rahbas zu sehr verwirrt hatte, um weiter zu machen und Xellos… er stutzte. Er starrte sie an.

Plötzlich glaubte Filia, eine Chance zu sehen.

‚Ich muss an ihn herankommen’, dachte sie und packte dann fest ihr fein gewebtes Schildnetz mit ihren Sinnen, während sie sich breitbeinig auf den Festungszinnen aufstellte.

„Idiot. Komm doch, wenn du dich traust“, fauchte sie Xellos herausfordernd an.

Das schien ihn aus seiner Erstarrung zu lösen, denn mit einem Mal beugte er sich vor und sauste wieder auf sie zu.

Gerade als Xellos der Barriere wieder nahe kam und zu stoppen beginnen wollte, ließ Filia den gesamten Schutzschild in das Gemäuer der Festung zurücksinken und sah ihn herausfordernd an. Er erstarrte für einen Moment, dann fing er sich und raste ohne Umschweife auf sie zu.

„Bist du verrückt?“ schrie Sherra sie an. „Zieh sofort diesen blöden Schild wieder hoch. Wir können nicht ohne ihn gegen Xellos kämpfen“

„Ganz meine Meinung“, sagte Filia und dann plötzlich war der Schild wieder da, bevor Rahbas ihn erreicht hatte, aber es war zu spät, Xellos befand sich schon in seinem Inneren und raste auf Filia zu.

Als Xellos schon fast bei ihr angelangt war, sprach sie ein heiliges Wort und alle Macht, die sie im Schild konzentriert hatte, krachte mit einem Mal über der Stelle zusammen, an der Xellos sich befand und fing ihn ein, wie in einem Netz. In ihm gefangen stürzte er zu Boden, während sich Ceelias Magie unnachgiebig an ihm festzog, wie sie es zuvor schon bei ihrem ersten Besuch auf der Festung getan hatte.

Filia teleportierte direkt vor den nun wehrlosen und sich verzweifelt windenden Xellos und packte ihn direkt durch den Schild hindurch an den Schultern.

Sie spürte, wie sich Energie um sie zusammenzog. Er würde jeden Moment wieder versuchen sich frei zu sprengen.

„Du Blödmann“, schrie Filia Xellos an. „Erinnere dich gefälligst an mich. Wir haben keine Zeit für diesen Unsinn, wir haben einen verdammten Auftrag zu erfüllen, also hör damit auf mich anzugreifen.“

„Gib das besser auf“, sagte da Sherra neben ihr. „Und halt ihn da fest. Mit diesem Rahbas nehme ich es dann schon alleine auf.“

‚Wir brauchen Xellos Hilfe’, bellte Kesharo. ‚Filia muss ihn zurückholen. Bei Askura hat es auch funktioniert.’

„So weit ich weiß, ist Askura von Greater Beast selbst zurückgeholt worden“, erwiderte Sherra abschätzig. „und sie ist nicht hier.“

„Wenn ich mit diesem Idioten fertig bin, wird er sich an mich erinnern“, fauchte Filia sie an.

Diese wollte gerade wütend antworten, als sie unterbrochen wurden.

„Danke, sehr liebenswürdig“, sagte Xellos mühsam. „Aber ich kann auf mehr wirklich verzichten.“

„Xellos“, rief Filia und wandte sich zu ihm um. „Du erinnerst dich.“

Er grinste sie an. „Natürlich. Wer könnte schon dieses Gezeter vergessen?“

Mit einem Knall ließ Filia den Schutzschild um ihn zusammenfallen und fiel ihm um den Hals.

„Lass nie wieder so etwas Dummes mit dir geschehen“, murmelte sie dabei.

Xellos packte Filia um die Taille und hob sie mit sich hoch, als er aufstand.

„Seid wann befinde ich mich denn wieder auf Shabranigdos Festung?“ fragte er milde verwirrt.

Sherra stöhnte auf.

„Und Sherra“, fuhr Xellos grinsend fort. „Was für eine freudige Überraschung dich wieder einmal am Ort des Verbrechens anzutreffen. Und Filia ist noch völlig aufgetaut. Wie überaus ungewöhnlich.“

„Mach dir keine Hoffnungen“, sagte Filia düster. „Wir haben im Moment einfach dringendere Probleme.“

In diesem Moment lief ein Zittern durch den Boden unter ihr und schwoll weiter an, bis es zu einem Dröhnen wurde, dass die ganze Festung erzittern ließ. Filia riss den Kopf herum und starrte auf die Mitte der Arena, in welcher Rahbas stand und lachte.

Der Schutzschild war weg, war in sich zusammengefallen, um Xellos zu fangen, und nun konnte er ungehindert genau an dem Ort stehen, den er die ganze Zeit gesucht hatte.

Und bevor Filia oder Xellos oder irgendwer noch etwas tun konnten, hatte Rahbas seine Sinne weit unter die Feste hinab gleiten lassen und nach dem Wesen ausgestreckt, das dort auf ihn wartete.

Sie ergriff seine Hand und ihr Käfig brach und dann stand Ceelia mit einem Mal vor Rahbas in der Mitte der Arena. Sie wirkte so fest und wirklich, wie Filia sie nie zuvor gesehen hatte, denn sie war ungebunden und völlig frei. Genau wie Rahbas, dessen Hand sie noch hielt.

Für einen Moment sahen die beiden einander nur an, dann drehten sie sich wie auf ein unsichtbares Zeichen zu dem Drachen, den Wölfen und den zwei feindlichen Mazoku um, die sie entsetzt anstarrten.

Sie lächelten.

„Jetzt“, sagte Rahbas genüsslich „kann der Spaß endlich beginnen.“
 


 


 

***************
 

Sherra zu schreiben macht Spaß. Egal auf wen sie trifft, sie fängt immer Streit an. Tja, ich hätte nicht gedacht, dass ich das mal schreiben werde aber: Auf in die Endrunde! Die letzten Kapitel folgen bald ;)

Der Angriff

Von einem Moment auf den anderen entstand etwas zwischen Ceelia und Rahbas. Ein instabil hin und her schwankender schwarzer Ball, der von Blitzen durchzogen schien.

„Alle weg hier“, rief Xellos und floh mit Filia im Schlepptau in die Astral Plane. Sie tauchten wieder viele Meter über ihrem vorigen Standort auf und konnten gerade noch die Explosion betrachten, welche die kläglichen Reste, die noch von der Festung übrig gewesen waren, in die Luft sprengte.

„Was war das?“ rief Filia. Eine so große Explosion, die in Sekundenschnelle entstand, war mehr als erschreckend.

„Reine verbundene Magie“, sagte Xellos. „Sie sind anscheinend stark genug miteinander verbunden, dass sie ihre Magie so schnell vermischen können.“

Während er das sagte, entstanden zwei weitere Explosionen und sprengten zwei große Löcher in den Berghang unter ihnen.

„Hoffen wir, dass das nur Sherra ist, die sie da verfolgen“, bemerkte Xellos.

„Aber das ist doch gefährlich“, sagte Filia ohne auf seine letzten Worte einzugehen. „Mit so großen Mengen dieser Magie um sich zu werfen. Was ist wenn sie die Kontrolle verlieren?“

‚Dann fahren wir alle zur Hölle’, antwortete Askura, der plötzlich neben ihnen aus der Astral Side brach. ‚Xellos, wir brauchen einen Plan.’

„Wer ist da unten?“ fragte Xellos, während einige weitere Explosionen auf der Bergrückseite hochgingen.

‚Kesharo’, erwiderte Askura. ‚Ich habe ihm befohlen, sie abzulenken. Er ist von uns allen am schnellsten.’

„Aber sie sind doch viel stärker als er“, sagte Filia erschrocken. „Wenn sie ihn erwischen…“

„Mag sein“, erwiderte Xellos. „Aber er ist am entbehrlichsten von uns.“

Im Angesicht dieser unsentimentalen Mazokulogik verstummte Filia.

„Das ist doch verrückt“, Sherra erschien ein paar Meter über ihnen. „Hier sind ein General und unser stärkster Priester anwesend und alles, was wir tun, ist weglaufen.“

„Hast du einen besseren Vorschlag?“ fragte Xellos sie. „Und sag jetzt bloß nicht Frontalangriff. Die zwei werden nämlich kein Problem damit haben, dieses ganze Gebirge einzuebnen, nur um uns zu erwischen, und wir wissen nicht, ob sie es können oder nicht.“

Sherra starrte ihn an und hielt verbissen den Mund.

„Wir müssen sie aber jetzt aufhalten“, erinnerte Filia ihn. „Wenn wir Rahbas jetzt ziehen lassen, wird er sich jeden starken Mazoku einzeln vornehmen und wir werden ihn nicht rechtzeitig finden oder aufhalten können, um ihn zu stoppen.“

‚Sie sind sehr stark, aber wir haben den Vorteil, dass wir fünf sind und sie nur zwei’, bemerkte Askura. ‚Und die meisten von uns sind sehr schnell.’

„Vermischte Magie kann man nur zu zweit anwenden“, warf Xellos ein.

‚Dann müssen wir sie trennen’, knurrte Askura. ‚Wir drei greifen sie zusammen an, aber so, dass sie nur auf einen von uns auf einmal zielen können. Lasst euch nicht fangen; Rahbas braucht zwar Zeit um jemanden unter seine Kontrolle zu bringen, aber er kann auch so genug Schaden anrichten, wenn er einem zu Nahe kommt. Wenn wir sie getrennt haben, versuchen wir sie zu töten. Los jetzt.’

Mit einem gewaltigen Satz rannte er los und sprang in die Astral Side zurück direkt auf die Explosionen unter ihnen zu.

„Wer hat ihm eigentlich die Befehlsgewalt übertragen?“ fauchte Sherra.

„Vorrecht des Ältesten?“ fragte Xellos sie milde.

Sie blitzte ihn wütend an und verschwand.

Xellos drehte sich zu Filia um.

„Du bleibst hier“, gebot er ihr streng. „Du bist nicht schnell oder stark genug, um gegen sie zu kämpfen. Halt dich außerhalb ihrer Schusslinie.“

„Aber ich kann dir helfen“, protestierte Filia. „Alle Magie, die sie besitzen, ist darauf ausgelegt es euch Mazoku besonders schwer zu machen. Ich kann…“, doch da war Xellos auch schon weg.

Hilflos schwebte Filia in der Luft über dem Berghang und dem Talkessel, in dem sich Wolken türmten, und musste mit ansehen, wie ein Haufen Explosionen unter ihr losgingen. Die Luft wurde erschüttert vom unablässigen Krachen, während ganze Bergseiten unter ihr abbrachen und ins Tal zu schlittern begannen.

Sie konnte nur hoffen, dass wirklich niemand da unten lebte oder er würde von Lawinen begraben werden.

Sie versuchte, den Kampf unter sich über die Astral Side zu verfolgen, aber alle Kämpfer wechselten so schnell ihre Standorte, dass sie völlig den Überblick bei all dem Shouki verlor. Nur eine Energie stach unter all dem Chaos hervor und das war Ceelias.

Ihre helle, aber doch getrübte Shinzokumagie stand deutlich in Filias Wahrnehmung, immer begleitet von einer dunklen Macht, die Rahbas sein musste. Im Grunde war Ceelia, wie Askura und Xellos gewesen waren; gefangen von Rahbas Magie. Aber sie war ihm so lange ausgesetzt gewesen, dass es völlig egal war, wie sehr sie sich an ihre Identität erinnerte, sie blieb trotzdem völlig gefangen.

Von solchen trüben Gedanken umgeben folgte Filia den Geschehnissen unter sich.
 

***
 

Als Xellos Rahbas und Ceelia erreichte, nahm er als erstes Kesharos reglose Gestalt wahr, die einige Meter unterhalb des Plateaus der ehemaligen Festung, auf der er herausgekommen war, lag. Von dem Blut und der verdrehten Art wie er da lag zu schließen, hatten ihn ihre beiden Gegner anscheinend schließlich doch noch erwischt. Xellos wunderte das nicht, er hatte ihnen schon mehr Zeit verschafft, als erwartet. Doch jetzt hatten sie einen Kämpfer weniger, der ihnen dabei helfen konnte, Ceelia und Rahabas zu besiegen.

Er hatte Sherras Standort angepeilt gehabt und sie befand sich nicht weit von ihm entfernt und hatte gerade damit angefangen, eine Unmenge an Energiebällen aus allen möglichen Richtungen auf die beiden abzufeuern. Sie schien rechten Gefallen an der Sache gefunden zu haben, aber die Sache hatte einen Haken, denn sowohl Ceelia als auch Rahbas wichen ihr ohne Probleme aus.

‚So geht das nicht’, dachte Xellos und dann ließ er in dem Moment, da Ceelia zwei von Sherras geschossen auswich einen spitzen, schwarzen Kegel auf sie zurasen. Sie wirbelte überrascht herum und wich um Haaresbreite aus, als Askura hinter ihr aus der Astral Side sprang und ihr die Krallen in die Schulter schlug.

Sie schrie auf und heilige Magie begann sie plötzlich einzuhüllen, aber Askura war schon wieder weg gesprungen und tauchte ein Stück entfernt wieder auf, gerade als Rahbas mitbekam, was passiert war.

‚Die Shinzoku ist uns gegenüber die Schwächere von beiden’, rief Askura seinen Mitkämpfern zu. ‚Sie müssen wir uns zuerst vornehmen.’

Bei diesen Worten hielt Rahbas plötzlich unvermittelt an, sodass Ceelia ein paar Meter weiterschlitterte bevor sie überrascht stoppte. Er schleuderte den nächsten Energieball geradewegs in die Geschosse seiner Verfolger und Xellos teleportierte schnell in Deckung, als eine gewaltige Detonation entstand.

Als er zurück teleportierte standen Rahbas und Ceelia noch an derselben Stelle wie zuvor und waren völlig unversehrt. Sherra erschien etwas weiter seitlich von Xellos und sah ungläubig zu den beiden herüber. Der Wolf tauchte weiter weg hinter ihren Gegnern auf, sodass sie eingekreist wurden. Keiner rührte sich, während Rahbas feixend um sich blickte.

„Ihr meint, ihr hättet eine Chance, wenn ihr uns trennt?“ höhnte er schließlich. „Ist das euer toller Plan gegen uns? Ihr seid wirklich zu bemitleiden.“

Ceelia blickte währenddessen suchend unter ihnen umher. Ihr Blick blieb an Xellos hängen und plötzlich lächelte sie.

„Eine fehlt“, sagte sie und Xellos erstarrte.

Rahbas sah verwirrt in die Runde, dann erhellte sich sein Gesicht plötzlich und er grinste.

„Die hole ich mir.“ Und plötzlich war er weg und Ceelia blieb allein vor ihnen zurück. Sie lächelte sie herablassend an.

„Jetzt hast du, was du wolltest“, sprach sie Xellos direkt an. „Bist du jetzt zufrieden?“

Es war ihm als hätte jemand einen Eimer Eiswasser über ihm ausgeleert.

‚Zuerst die Schwachen’, dachte er und wollte Rahbas hinterher teleportieren, als ihn etwas am Knöchel umschlang und zu Boden stürzen ließ. Er blickte sich um und sah Ceelias golden glitzernde Schlangen sich unbarmherzig an seiner Gestalt festziehen. ‚Filia’, dachte er verzweifelt. ‚Hau ab.’

Filia hörte seinen Ruf durch die Astral Plane rasen und horchte je auf. Sie spürte Rahbas mit unglaublicher Schnelligkeit auf sich zukommen und machte sich unverzüglich daran zu flüchten.

Aber sie hatte kaum einen Schritt in die Astral Side gesetzt, da hatte Rahbas sie auch schon eingeholt und an der Schulter gepackt. Er riss sie in die wirkliche Welt zurück. Von dem Schwung, mit dem er sie zurückgerissen hatte, drehte sie sich in der Luft mehrmals um die eigene Achse, während sie unkontrolliert fielen.

Sie befanden sich immer noch hoch in der Luft über den Bergen und fielen geradewegs auf den Talkessel zu, während der Fahrtwind laut in ihren Ohren rauschte.

„Es ist wirklich eine Schande“, sagte Rahbas und beugte sich nah zu ihr herab. „Aber ich habe auch keine Wahl, weißt du? Ich habe lange überlegt in meinem Gefängnis, was Shabranigdo wohl von mir erwarten würde, wenn ich wieder frei bin. Doch letztlich muss ich seinem Auftrag folgen, bis er mir etwas anderes gebietet.“

„Woher willst du wissen, dass die Worte mit denen er dir das befohlen hat, genau meinen, was du nun tust?“ fragte Filia ihn. „Die Welt ist nun anders, das musst du doch sehen…“

Er grinste sie an und da war Filia klar, dass er es sehr wohl sah, dass auch er, wie alle anderen Mazoku, wie Xellos und selbst Sherra, die Befehle, die er bekam, für sich interpretierte. Doch er wollte es so. Er wollte eine Welt der Finsternis und alle in die Verzweiflung tauchen, die er selbst erleiden musste, als er für Ewigkeiten gefangen war.

„Ceelia richtet dir schöne Grüße aus“, sagte Rahbas ihr, während er Shouki in seiner Hand zu sammeln begann. „Wirklich eine Schande, dass du nicht auf sie gehört hast.“

In diesem Moment stieß Filia etwas so heftig in die Seite, dass sie Rahbas Griff entrissen wurde. Sie spürte, wie sie ein kurzes Stück durch die Astral Side gestoßen wurde und als sie wieder in die normale Welt zurückfiel, war alles weiß um sie herum. In Sekunden war sie bis auf die Haut durchnässt.

„Wo…?“ rief Filia, wurde aber unterbrochen.

‚Still’ bellte Askura. ‚Versuch deine Aura zu tarnen, damit er dich nicht so einfach findet.’

Filia verstummte und versuchte sich auf ihre Aura zu konzentrieren. Sie bezweifelte, dass sie sie so weit würde tarnen können, dass es Rahbas von ihrer Spur abbrachte. Aber sie konnte jede Verzögerung brauchen, die sie kriegen konnten, bevor er sie wieder im Visier hatte.

‚Wir fallen noch immer ins Tal’, hörte sie Askuras Astralstimme jetzt ganz nah neben sich. Als er das sagte, verstand Filia plötzlich, dass sie nun direkt durch den See aus Wolken fielen, der sich immerzu im Tal auftürmte.

‚Was sollen wir jetzt tun?’ fragte sie Askura leise.

‚Wir zwei sind für die Ablenkung zuständig’ knurrte Askura. ‚Du kannst Rahbas alleine nicht lange genug aufhalten, um Sherra und Xellos genug Zeit zu verschaffen, es mit Ceelia aufzunehmen. Aber zu zweit haben wir eine Chance.’

Als er das sagte, stieg eine sehr schlechte Vorahnung in Filia auf. Xellos und Ceelia hatten nämlich wirklich keine gute Vergangenheit mit einander.

Fast gleichzeitig drang plötzlich ein lautes Lachen durch das Weiß zu ihnen her.

„Da habt ihr ja genau die richtigen ausgesucht“, höhnte Rahbas erschreckend nah bei ihnen. „Der Drache weiß schon, was Ceelia mit ihnen anstellen kann, und dieser Mazoku, dem sie hinterherläuft, sollte es eigentlich auch wissen. Schließlich liebt es Ceelia fast genauso sehr Mazoku umzubringen, wie sie mich hasst.“

Während Filia wild um sich blickte, knurrte Askura neben ihr laut und dann trat an Stelle dieses Geräusches plötzlich der ohrenbetäubende Knall einer Detonation. Die Druckwelle schleuderte Filia mit doppelter Geschwindigkeit davon im rasenden Tempo dem Boden entgegen.

Mit einem Mal riss die Wolkendecke unter ihr auf und sie konnte das Tal unter sich sehen. Es war ein karger von nur wenig Vegetation bedeckter Ort, dessen eine Seite nun unter einer Lawine begraben war. Aber was Filias Aufmerksamkeit viel mehr fesselte, war der gekrümmte Wolfskörper mit dem brennenden Fell der ungehindert dem Boden entgegen fiel.

„Askura“, schrie sie ihm nach, aber er antwortete nicht.

„Da waren es nur noch drei“, sagte eine gehässige Stimme über ihr.

Filia riss den Kopf herum. Über sich sah sie Rahbas aus den Wolken fallen und im gleichen Tempo wie sie weiter fallen. Er hatte ein triumphierendes Grinsen auf dem Gesicht. Er hatte die ganze Zeit über ganz genau gewusst, wo sie waren.

Aber natürlich hatte er nichts gesagt, sondern nur gelauscht. Denn er wollte sie ja nicht einfach nur töten, er wollte auch mit ihnen spielen. So wie er es mit der ganzen Welt machen würde, wenn sie ihn nicht aufhalten konnten.

„Also“, sagte er leichthin. „Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja…“

Und wieder formte sich in sekundenschnelle ein Energieball in seiner Hand, doch Filia hatte sich schon zuvor auf ihren nächsten Astralsprung konzentriert. Und das Ziel, das sie diesmal wählte, überraschte Rahbas doch genug, um ihr nicht sofort zu folgen.

Filia teleportierte mitten in den Kampf zwischen Xellos, Sherra und Ceelia hinein. Ein Blick genügte ihr um zu sehen, dass das Gefecht bisher recht einseitig verlaufen war.

Xellos saß still auf dem Boden, während mehr und mehr golden glitzernde Schlangen langsam an seinem Körper hoch krochen. Er hatte sich nicht von der Fußfessel befreien können, die Ceelia nach ihm geworfen hatte. Jedoch hatte er sich wenigstens daran erinnert, was bei seinem letzten gewaltsamen Versuch mit diesem Problem fertig zu werden passiert war. Er wusste, dass er nicht ewig still halten konnte, aber er hoffte, dass Sherra Ceelia einmal genug würde ablenken können, dass ihre magische Verbindung zu Xellos Fesseln riss. Nur dann würde er sich ohne zu große Verluste frei sprengen können.

Sherra dagegen war unablässig in Bewegung, denn Ceelia versuchte nun sie ebenfalls zu fangen. Da die Generalin ganz genau wusste, was ihr blühte, wenn Ceelias Magie sie traf, versuchte sie einen guten Abstand zu halten, während sie sie zu attackieren versuchte.

Außerdem versuchte sie sich nicht dazu hinreißen zu lassen, statt Ceelia Xellos zu attackieren, der ihr mit diversen Anfeuerungsrufen gehörig auf die Nerven ging.

„Immer schön in Bewegung bleiben“, feuerte er sie fröhlich an. „Komm schon, so viel schneller als du, ist sie doch jetzt auch nicht.“

Als er einen waghalsigen Ausweichkurs von ihr mit den Worten kommentierte: „Wenn du immer nur im Kreis um sie rum rennst, nützt dir das Hakenschlagen zwischendrin auch nicht viel“, begann das Fortbestehen der Welt langsam in der Priorität hinter dem Drang Xellos zusammenzubrüllen zurückzutreten.

„Jetzt reicht es mir aber langsam“, fauchte Sherra ihn an, während sie im Zickzack teleportierte. „Hör endlich auf, hier einfach nur rum zu sitzen und hilf mir gefälligst mal!“

„Sobald du sie so weit abgelenkt hast, dass ich auch eine Chance dazu habe“, flötete Xellos seelenruhig „werde ich dir mit Freuden zur Seite stehen. Du musst nur mal ein bisschen dafür arbeiten.“

Er sah grade recht interessiert dabei zu, wie Sherras sonst so blasses Gesicht vor Wut Magentarot wurde, als Filia in ihre Mitte platzte und ihn wahrscheinlich vor einer Ohrfeige bewahrte.

Mit einem Blick nahm sie die Situation um sich wahr.

„Das nennt ihr also es mit Ceelia aufnehmen?“ fragte sie ihn ungläubig.

„Filia“, fauchte Xellos, sofort aus seiner vorigen Ruhe gebracht. „Was hast du hier zu suchen?“

„Was ich hier zu suchen habe?“ Filia teleportierte direkt vor Xellos hin und griff ohne zu Zögern in die Fesseln, die ihn zu Boden drückten um ihn am Kragen zu packen. „Erwartest du denn von mir, dass ich allein weiter gegen Rahbas kämpfe?! Ich bin doch nicht lebensmüde!“

„Genau so sieht es aber gerade aus“, meinte Xellos kein bisschen besänftigt.

„Warte mal“, Sherra starrte Filia plötzlich alarmiert an. „Wenn du eben alleine gegen ihn gekämpft hast, wer lenkt ihn dann jetzt a…?“

Ihr blieb keine Zeit mehr ihren Satz zu beenden, denn diesmal traf Ceelia und eine goldene Schlange wand sich fest um Sherras Handgelenk.

„Hab dich“, sang Ceelia fröhlich.

Sherra schrie wütend auf und riss mit aller Kraft an ihrer Fessel, aber mit aller Deutlichkeit konnte man das Band sehen, dass Ceelia mit der Magie verband, die Sherra nun umfing. Je wilder und fester sie zog, desto schneller wanden sich immer mehr golden Stränge um ihre Hand ihren Arm und ihre Schultern hinab.

Filia wandte die Augen abrupt von der Katastrophe vor ihr ab und packte Xellos noch fester. Die ersten Schlangen hatten sich auch um seine Schultern geringelt und züngelten verwirrt um Filias Hände herum.

„Das wird jetzt nicht angenehm für dich“, war die einzige Warnung, die sie ihm gab, bevor sie einen Stoß heiliger Magie direkt durch Xellos hindurch fegen ließ. Xellos schrie überrascht auf. Der Sog riss die Fesseln, die noch immer sehr locker waren, zum Großteil von ihm ab, und sie konnte wieder den Schild errichten mit dem sie ihn schon einmal vor Ceelias Angriffen geschützt hatte.

Kaum dass er sich wieder bewegen konnte, teleportierte Xellos sich und Filia direkt vor Sherra, die es geschafft hatte in kürzester Zeit fast ganz von Ceelias Magie eingehüllt zu werden.

Filia streckte die Hand nach ihr aus um die Fesseln teilen zu können, aber Sherra schlug ihre Hand weg.

„Deine Hilfe brauche ich nicht“, fauchte sie erzürnt.

„Da bin ich ehrlich gesagt anderer Meinung“, bemerkte Xellos ziemlich ungehalten, denn ihnen lief die Zeit davon.

Da bäumte sich Sherra plötzlich mit aller Macht auf und Ceelias Fesseln schlugen so schnell über ihr zusammen, dass Xellos sich und Filia kaum noch in Sicherheit bringen konnte. Aus sicherer Entfernung sahen sie dann, wie der Ort an dem Sherra sich befunden hatte nur noch ein großer goldener Ball aus unzähligen Schlangenkörpern war, die sich hin und her wanden. Plötzlich gab es einen lauten Knall als Ceelia ihre magische Verbindung löste und die letzten ihrer Magiebänder wie Peitschenstränge zu ihr zurückschlugen. Die Kugel selbst zog sich zusammen und krachte dann zu Boden, rollte über das hinweg, was von dem Berghang an der Festung zu dieser Zeit noch übrig war, und krachte mit einer neuerlichen Lawine in das Tal hinab.

„So“, sagte Ceelia, die den Vorgang völlig ruhig verfolgt hatte. „Einmischen wird sie sich nicht mehr können. Und der Rest erledigt sich auch bald von selbst.“

„Und schon waren es nur noch zwei“, klang plötzlich Rahbas Stimme hinter ihr auf, bevor auch sein Körper erschien und er einen Arm um Ceelias Schultern schlang.

„Endlich“, sagte er feixend „können wir uns mit dem Hauptpreis befassen.“

Und er starrte in ungehemmter Vorfreude auf Xellos und Filia hinab.
 


 


 

************

Ich habe jetzt ein Glossar ans Ende des ersten Kapitels angefügt. Das ist zwar ein wenig spät, aber irgendwann musste ich doch mal erklären, warum ich dauernd dieses Wort ‚Shouki‘ in der Geschichte benutzt habe.

Die Diener der Dunkelheit

Filia löste ihre Augen mühsam von der Stelle, an der Sherra in ihrem Gefängnis entschwunden war. Noch immer konnte sie das Krachen der Lawine unter ihnen hören.

Rahbas und Ceelia waren so tödlich und so schnell, dass es ihr in alle Knochen fuhr. Sie war sich inzwischen sicher, dass sie und Xellos nur noch lebten, weil sie wohl von allen Gegnern die interessantesten für ihre Kontrahenten waren. Sie hatte es in Rahbas Augen gesehen und in Ceelias Worten gehört. Sie und Xellos waren ein Spiegelbild von Rahbas und Ceelias eigenem Dilemma; ein Wesen des Lichts und ein Wesen der Dunkelheit durch das Schicksal verdammt zusammen zu kämpfen. Oder zu sterben, eher.

Xellos starrte Rahbas feindselig an. Er fühlte noch immer den gleichen Hass in sich, der ihn bei ihrer ersten Begegnung befallen hatte. Doch Rahbas war ein Gegner, der ihn schon einmal besiegt hatte. Noch immer konnte er seine Krallen fühlen, die sich plötzlich in ihm verhakt hatten, als er von ihm in der Astral Side aufgespürt worden war. Xellos war ihm direkt in die Arme gelaufen und war ihm unterlegen gewesen. Die Krallen in seinem Körper, die sich wie Widerhaken festzogen; der Schmerz, als sein Innerstes nach außen gekehrt, sein Geist unter einen anderen gezwungen wurde. Und jetzt waren sie wieder Gegner und es sah nur noch schlimmer für ihn und Filia aus.

Xellos packte Filias Hand noch fester.

„Askura?“ fragte er sie knapp.

Filia schüttelte verbissen den Kopf.

Xellos Miene verfinsterte sich noch mehr, während Ceelia und Rahbas sie lauernd anstarrten. Jeden Moment würden sie angreifen. Er konnte Filias Furcht spüren.

„Es hilft nichts“, erinnerte Xellos sie sanft. „Unser Auftrag lautet zu kämpfen.“

„Ich weiß“, erwiderte Filia und dann hörte er ihre Astralstimme leise in seinem Geist: ‚Schon einmal haben wir gemeinsam einen der beiden besiegt. Lass uns Feuer mit Feuer bekämpfen.‘

‚Du selbst hast gesagt, wie gefährlich das ist’, konnte es Xellos sich nicht verkneifen, sie zu erinnern.

‚Das ist wahr.’ Still rief Filia ihre Magie zu sich. ‚Also dürfen wir dann halt einfach nicht die Kontrolle verlieren.’

Ohne ein weiteres Wort streckte Xellos seinen Geist nach ihr aus und zog die heilige Magie vorsichtig zu sich heran.

„Da ihr ja so erpicht darauf zu sein scheint, nicht ohne den anderen zu sterben“, durchbrach in diesem Moment Rahbas affektierte Stimme die Stille „werden wir euch diesen Wunsch jetzt erfüllen.“

Er lächelte mild.

Xellos grinste boshaft zurück und warf dann mit aller Kraft den Ball aus vermischter Magie nach den beiden, den er aus seiner und Filias Kraft geformt hatte.

Ceelia und Rahbas schrien überrascht auf, als das Geschoss mitten unter ihnen explodierte, und Xellos wollte schon mit einem zweiten Angriff nachlegen, als plötzlich die Hölle über sie herein brach.

Filia wusste gar nicht, wie ihr geschah, so schnell zog Xellos sie in die Astral Side und damit durch eine nicht enden wollende Serie von Teleportsprüngen, während Explosion um Explosion hinter ihnen losging. Xellos zog Filia fest an sich, um sie nicht zu verlieren, und fasste erneut nach ihrer Kraft.

Kaum hatte er einen Schutzschild aus vermischter Magie um sie beide hochgezogen, da hatten sie ihn auch bitter nötig, denn er konnte einfach nicht schnell genug ausweichen, um Ceelia und Rahbas gleichzeitig zu entgehen. Diese mussten sich zwar immer zusammen fortbewegen, um ihre Magie verbinden zu können, konnten aber sehr wohl getrennt voneinander und zur gleichen Zeit ihre Geschosse abfeuern.

Ein Schlag Magie traf Xellos Schild und er zerbrach und unter der Wucht schrie Filia auf. Sie wurden geradewegs aus der Astral Side gerissen und krachten auf das Plateau zurück. Xellos hörte Filia wimmern.

„Es nützt nichts“, sagte er grimmig, während er sie mehr auf die Füße zog, als das sie selbst stand. „Ich kann so viel Macht wie ich will dazu geben, wenn dein Magielimit erreicht ist, können wir die Kraft zwischen uns nicht mehr verstärken. Und mit schwarzer Magie alleine kann ich weder Rahbas noch Ceelia verletzen. Sie sind ja praktisch immun dagegen.“

Er starrte auf Filia, deren Gesicht blutverschmiert war und die anscheinend noch nicht wieder ganz bei sich war. Wie sehr sie sich auch anstrengen mochte, gegen eine Shinzoku wie Ceelia, war die Magie eines Drachen ein nichts.

Filia stützend drehte Xellos sich um und sah Rahbas entgegen, der provozierend langsam auf sie zugeschritten kam. An seinem Grinsen konnte Xellos ablesen, dass er genauso gut wie er selbst wusste, dass ihre nächste Flucht Xellos und Filias letzte sein würde.

Schützend schob Xellos Filia hinter sich, während er voll Hass und Gewissheit ihrer beiden Tod auf sie zuschreiten sah.
 

***
 

Weit entfernt in der östlichen Wüste des Kontinents hatte sich die Mittagshitze schwer über das wenige Leben dort gelegt. Die Luft flimmerte über dem Sand und verwischte die Linie des Horizonts.

Ein weitläufiges Gebäude hatte sich dort auf einer Düne ausgestreckt. Es wirkte ein wenig verkommen, so als wären seine früheren Bewohner schon vor einiger Zeit von dort weggezogen.

Ein schmaler Mann lehnte in der gigantischen Eingangstür, die so windschief war, dass man glauben musste, sie würde jeden Moment einstürzen. Er hatte seinen staubigen Reisemantel über eine Schulter zurückgeworfen und von seiner gebräunten Hand baumelte ein alter Sonnenhut zu den Reisestiefeln hinab.

Sein braunblondes Haar schwankte unverhüllt in einer schwachen Brise und berührte gelegentlich die Schultern. Die Haarspitzen wanden sich in Flammen aus, die wie ein Feuerkranz um ihn wogten.

Er sah der zierlichen Frau entgegen, die allein durch die tote Wüste vor ihm wanderte.

„Sieh mal einer an“, sagte er leise zu sich selbst. „Die Jägerin hat sich umgeblickt und gemerkt, dass ihr die eigene Beute auf die Fersen gerückt ist. Und jetzt muss sie bis in die Wüste ziehen, die Arme, um jemand zu finden, der ihr Hilfe gewährt.“

Er hob leicht das Kinn.

Die Frau, welche die Hitze so ganz unberührt ließ, hielt nur wenige Meter von ihm entfernt an. Sie neigte leicht den Kopf zur Begrüßung.

„Seid gegrüßt, Drachenkönig.“

Ihre Stimme verriet die gleiche Wachsamkeit, die ihr Gegenüber innehatte. Das Sonnenlicht glänzte auf ihrer bronzenen Haut.

„Seid gegrüßt, Greater Beast“, antwortete ihr Valbazard, der Feuerdrachenkönig.

Zeras wünschte, sie müsste nicht hier sein und das tun, was sie zu tun gedachte. Es war eine reine Schande, aber letztlich hatte sie nicht vor Rahbas auch nur einen Tag länger auf dieser Welt gewähren zu lassen. Und das hieß ihrer Überzeugung nach, dass sie sich mit dem gefährlichen Wesen vor sich befassen musste.

„Ihr wisst ja bereits“, fing sie ganz unvermittelt an „dass im Moment eine Ryuzoku zu meinen Dienern zählt.“

Der Drache hob eine Braue.

„Ach wirklich? Ja, ich denke, da war ein Gerücht…“

Zeras schnaubte innerlich. Dieser alte Drache wollte sie wohl für dumm verkaufen. Sie wusste ganz genau, was er wusste, und das war so ziemlich alles.

„Sie war einmal eure Priesterin und ihr habt eine Verbindung zu ihr. Ich weiß es, ich habe es gesehen.“ Sie hob würdevoll den Kopf. „Ich vergebe euch eure Neugier und eure Einmischung. Ihr wart ja schon immer schlechte Spione.“

Die Augen des Feuerdrachenkönigs tanzten vergnügt über so viel Frechheit. „Ihr vergebt mir meine Einmischung?“

„Unsere gemeinsamen Feinde befinden sich auf der alten Bergfestung, genauso wie der Drache. Ihr müsst die Zerstörung spüren, die sie anrichten.“ Sie fixierte den Drachenkönig fest mit ihren Augen. „Ich will“, forderte sie fest „dass ihr meiner Dienerin etwas von eurer Kraft gebt über diese Verbindung, die ihr seid gestern mit ihr habt. Damit sie gegen diese Wesen kämpfen kann. Dann“, sagte sie zuckersüß „werde ich euch auch vergeben.“

Der Drachenkönig musterte sie nachdenklich. Diese Mazoku, die ihn auf so unverschämte Weise um Hilfe bat, sagte ihm damit mehr, als sie ihm jemals sagen wollte, das wusste er. Für wie verzweifelt sie die Lage doch halten musste, um ihm solch eine Schwäche zu zeigen.

„Weiß Filia von eurem Plan?“ fragte er sie.

„Natürlich nicht.“ Zeras schnaubte entrüstet. „Ich verrate dem kleinen Drachen doch nicht, was ich vorhabe.“

Valbazard schüttelte den Kopf. „Das ist schlecht. Ich kann ihr zwar meine Kraft schicken, aber wenn sie nicht darauf vorbereitet ist, wird das ein großer Schock für ihren Geist und Körper sein. Möglicherweise tötet es sie.“

Zeras zuckte die Schultern.

„Das Risiko gehe ich für sie ein“, erklärte sie ohne mit der Wimper zu zucken. „Eine tote Dienerin, wenn ich sie ausnahmsweise einmal lebend gebrauchen könnte, wäre zwar ein Desaster, aber wenn jetzt nichts geschieht, stirbt sie so oder so.“

‚Und Xellos wahrscheinlich mit ihr’, schoss es ihr durch den Kopf. Der Gedanke machte sie aggressiv, denn ihn konnte sie kaum so leicht ersetzen wie einen kleinen Drachen.

Valbazard löste sich aus dem Schatten des Eingangstores und kam langsam auf sie zugeschritten.

„Ihr habt Recht“, meinte er und lächelte ins Licht. „Sie wird sterben, ob nun heute oder an einem Tag weit in der Zukunft. Ihr dagegen, Greater Beast…“

‚Nebenbei’, dachte Zeras plötzlich sehr auf der Hut. ‚Mich selbst kann ich auch nicht so leicht ersetzen.’

„Shinzoku zerstören Mazoku“, sagte der Drachenkönig und kam weiter näher. „So sind die Regeln dieser Welt.“

„Wenn Ihr noch lange überlegt, werden es letztendlich die Mazoku sein die siegen“, sagte Zeras. „Wenn auch nicht meine eigene Fraktion. Keiner von uns kann jetzt noch rechtzeitig dort eingreifen. Wenn wir jetzt nichts unternehmen werden die beiden zu stark.“

„Dann müsst Ihr mich Euch schnell töten lassen, Greater Beast“, erwiderte er seelenruhig. „Damit ich danach noch genug Zeit haben werde, um ihr zu helfen.“

Zeras sprang einen Satz zurück und landete geduckt im Sand.

„Das könnte dir so passen, du arroganter Ofenheizer“, fauchte sie wütend und ließ ihre Fangzähne wachsen. „Wenn es um den Preis meiner Existenz gehen soll, dann kann die Welt gleich mit versinken.“

Valbazard blieb stehen und hob fragend die Brauen. Dann lachte er plötzlich.

Verwirrt ließ Zeras ihre Zähne wieder schrumpfen. Sie blinzelte.

„Meine Liebe“, sagte Valbazard schmunzelnd. „Das war doch nur ein Scherz gewesen.“

Zeras erstarrte.

„Ich wusste schon, dass Ryuzoku einen erbärmlichen Humor haben“, murmelte sie. „Aber dass Shinzoku ihn noch übertreffen würden…“

„Ich schätze, wir haben wirklich keine Zeit mehr zu verlieren“, sagte der Flare Lord milde. „Doch wenn ich meiner Dienerin geholfen habe, verspreche ich Euch, dass wir wirklich kämpfen werden.“

„Wer ist hier wessen Dienerin?“ fauchte Zeras, als der Feuerdrachenkönig seine Wahrnehmung von seinem jetzigen Standort zu lösen begann, um nach dem Drachen zu suchen.

In dem Moment da sie spürte, wie er seine Kraft auf den Drachen zu übertragen begann, wandte sich Zeras unvermittelt um und rannte so schnell los, wie sie nur konnte. Ihre zwei Beine wurden zu vier, ihre Haarmähne zu einem dicken Fell und der riesige Wolf, der sie auf der Astral Side war, hetzte im Zickzack über die Wüste davon, als nun ein Schatten die Sonne über ihr verbarg.

Der riesige Drache, welcher der Feuerdrachenkönig war, war vor seinem alten Tempel aufgestiegen und öffnete nun sein Maul.

Zeras wich dem Feuerregen um Haaresbreite aus, der um sie hernieder ging. Ein verbrannter Geruch stieg ihr in die Nase, als ihr das Fell versengt wurde. Sie rannte und rannte und rannte in die Astral Side und immer weiter darin hinweg, bis der Furcht erregende Drache endlich hinter ihr zurückgeblieben war.
 

***
 

Mit einem Mal bestand Filias ganzer Körper aus Feuer.

Sie stand in Flammen und verbrannte doch nicht, aber etwas loderte um sie und in ihr, das sie nie zuvor gekannt hatte. Eine Macht so unglaublich, dass sie ihren Verstand zu sprengen drohte.

‚Sterbe ich?’ fragte sie sich. Das letzte was sie noch wahrgenommen hatte, war der schreckliche Schlag, der ihren Schutzschild zerrissen und ihre Magie, die sie in ihn hineingelegt hatte, zerfetzt hatte. Dann hatte sie kaum noch etwas gespürt, alles war in einen undeutlichen Schleier aus Schmerz und Taubheit verwandelt worden.

Doch jetzt fühlte sie sich so lebendig, dass sie dachte, sie würde brennen. Macht füllte sie bis in die letzte Haarspitze. So konnte doch nicht das Sterben sein.

Filia schlug die Augen auf und das erste, was sie sah, war Xellos verwirrtes und fast verängstigtes Gesicht. Doch da musste sie sich irren und jetzt sah sie auch etwas anderes nicht weniger verwirrendes bei ihm; Erleichterung und dann ganz eindeutig Triumph.

Er sagte etwas, aber die lodernden Flammen, die Filia zu hören meinte, waren so laut in ihren Ohren, dass sie ihn nicht verstand. Doch sie sah die Hand, die er nach ihr ausstreckte, und da packte sie zu.

Kaum berührten sich ihre Finger, da verband sich ihre Magie auch schon, so als wäre es das einfachste auf der Welt. Xellos zuckte vor Schmerz zusammen unter der ungewohnten Stärke, doch er dachte nicht daran, sie loszulassen. Dies war Macht. Erfüllt von neuer Entschlossenheit blickte er auf ihrer beiden Gegner zurück.

Sie hatten sich nicht vom Fleck gerührt. Ungläubig und geschockt starrten Rahbas und Ceelia Filia an. Nie hätten sie damit rechnen können, dass das Rad sich so schnell wenden würde. Denn mit einem Drachen oder Shinzoku oder Mazoku alleine wären sie schon fertig geworden. Doch ein Drache und ein Mazoku gemeinsam, die so waren wie Rahbas und Ceelia, wie sie beide nicht erwartet hatten, etwas Vergleichbares zu finden, das war eine ganz andere Sache. Und plötzlich war es gar nicht mehr sicher, ob Ceelia oder Filias, ob Rahbas oder Xellos Kraft stärker als die des anderen war.

Ein Moment des Stillstands verstrich, dann brach umgehend das Chaos los. Xellos ließ einen Ring aus seiner und Filias Magie um ihre verschlungenen Hände rotieren, zur gleichen Zeit da auch Rahbas einen Ball vermischter Magie beschwor. Sofort rasten ihrer beiden Geschosse aufeinander zu und kollidierten auf halber Strecke, doch diesmal floh Xellos nicht. In Sekundenschnelle zog er einen Schutzschild hoch, der ohne Anstrengung hielt, als sie die Druckwelle der Detonation erreichte.

Noch bevor sie ganz verklungen war, zog Xellos Filia vorwärts und teleportierte direkt auf Rahbas und Ceelia zu, die sich ebenfalls nicht fortbewegt hatten. Vor Überraschung wären beide fast nicht mehr rechtzeitig ausgewichen. Xellos jagte Rahbas ein weiteres Geschoss hinterher und dieser konnte sich gerade noch darunter hinweg ducken; was ihm jedoch die Möglichkeit nahm, dem Keulenschlag auszuweichen, den Filia auf ihn gezielt hatte: Es traf ihn mit voller Wucht und er wurde ein paar Meter zurückgeschleudert und krachte in den Fels, während Ceelia ihm hinterher rannte.

Verdutzt stoppte Xellos und sah Filia an.

„Hah“, rief sie aus und verstaute ihr Mordwerkzeug wieder unter ihrem Rock. „Ich weiß, ich weiß, das war nicht sehr effektiv. Aber es hat so gut getan!“

Xellos wollte ihr antworten, doch da bemerkte er eine Bewegung hinter sich. Sofort zog er wieder einen Schutzschild um sich und Filia hoch und fuhr zu Ceelia und Rahbas herum, der sich wieder aufgerichtet hatte. Doch die beiden griffen nicht an, sie flohen.

„Nein!“, rief Xellos und jagte ihnen hinterher. Kreuz und quer durch die Astral Plane folgten er und Filia den beiden. Sie durften sie nicht verlieren. Wo auch immer die Macht herkam, die sich Filia jetzt lieh, sie würde ihr nicht ewig bleiben. Das hier war vielleicht ihre einzige Chance, Rahbas und Ceelia je besiegen zu können.

‚Erinnerst du dich’, hörte er da Filias Stimme ‚an das Siegel damals im Erdtempel, kurz bevor du mich gerettet hast?’

Xellos Gedanken rasten. „Das wäre gefährlich“, wandte er ein.

‚Aber es fängt sie‘, flüsterte sie. ‚Vertrau mir‘, und er ließ es zu, dass sie seine Hand losließ und in der Astral Side verschwand. Plötzlich allein kehrte Xellos in die physische Welt zurück.

Fast sofort tauchten Rabhas und Ceelia wieder vor ihm auf.

„Ist dem Drachen die Puste ausgegangen?“ höhnte Rahbas hoffnungsvoll.

„Das“, erwiderte Xellos seelenruhig „ist ein Geheimnis.“

Rahbas grinste höhnisch, aber Ceelia hatte keine Geduld mehr. In Windenseile ließ sie die Schlangenfesseln von sich auf Xellos zurasen, mit denen sie ihn schon mehr als einmal gefangen hatte. Xellos rief seine Magie zu sich, doch er griff weder an, noch verteidigte er sich. Stattdessen sandte er seine Magie zu beiden Seiten von sich aus und parallel zu Rahbas und Ceelia raste sie davon. Er konnte die nadelspitzen Fangzähne in den aufgerissenen Schlangenmäulern schon einzeln ausmachen, als er spürte, wie seine Magie endlich auf die Filias traf. Sie stand unbemerkt weit hinter Rahbas und Ceelia und ihre Magie hatte, wie auch seine eigene, einen weiten Bogen beschrieben. Nun verbanden sie sich zu einem gleißenden Kreis mit Rahbas und Ceelia in seiner Mitte.

Als die Schlangen den Kreis erreichten zerbarsten sie funkensprühend, während er sich ausdehnente, nach oben und unten, eine Kuppel bildete und noch bevor Rahbas oder Ceelia erfasst hatten, was gerade geschah, waren sie auch schon völlig eingeschlossen. Das Siegel aus Xellos und Filias Magie zog sich zusammen und all seine Kraft auf einmal brach über sie herein.

‚War es genug?‘, hörte Xellos Filia fragen, doch da brachen zwei flackernde Schemen aus dem Licht hervor und flohen in zwei verschiedene Richtungen.

„Sie dürfen uns nicht entkommen“, rief Filia und teleportierte aufgescheucht neben Xellos.

„Fein.“ Xellos rieb sich die Hände. „Du folgst Ceelia“, befahl er ihr „und ich töte Rahbas.“

„Aber“, wandte Filia ein. „Als ihr das letzte Mal gekämpft habt, da hat Rahbas dich besiegt.“

„Gerade deshalb“, erwiderte Xellos grimmig „wird es kein zweites Mal geschehen.“

Und er hetzte los in die Astral Side und Rahbas hinterher. Dieser war im Begriff, das Gebirge zu verlassen, als er bemerkte, dass Xellos ihn diesmal wirklich völlig allein verfolgte. Triumphierend hielt er an und trat mitten in der Luft über dem Talkessel aus der Astral Side. Xellos folgte ihm. Da schwebte seine Beute, nur wenige Meter von ihm entfernt, und sah ihn lauernd an.

„Diesmal“, sagte Rahbas boshaft „werde ich dich so sehr auseinander nehmen, dass du geradewegs wahnsinnig wirst.“

„Danke“, sagte Xellos beißend „aber ich verzichte. Ich sehe ja vor mir, wie erbärmlich das ist, was Wahnsinn aus einem macht.“

Fauchend stürzte sich Rahbas auf ihn, doch Xellos wich nicht aus. Auch nicht, als Rahbas Magie erneut nach ihm griff, sich in ihn hakte und verdrehte. Es tat so sehr weh, dass er aufschreien wollte, aber er zwang sich, Rahbas nur weiterhin so kaltblütig anzustarren, dass es diesen vollends in Rage versetzte.

„Warum wehrt ihr euch nur so sehr gegen mich?“, rief Rahbas wütend. „Ich könnte die Welt in eine Dunkelheit tauchen, die in alle Ewigkeit währt und wir Mazoku wären ihre Herrscher. Begreift ihr das denn nicht?“

Xellos antwortete nicht. Stattdessen ließ er sich mit einem Mal in die Astral Side fallen und packte den Strang von sich selbst, den Rahbas am weitesten in Xellos verhakt hatte. Xellos löste einen Teil von sich und schickte ihn an diesem Haken entlang Rahbas entgegen.

Dann ließ er sein Shouki, sein ganzes Wesen, über alles rollen, was Rahbas an ihn gehängt hatte, und riss es mit purer Willenskraft auseinander. Nur den einen Strang hielt er fest, der ihn noch mit Rahbas verband. Er erreichte Rahbas Astralgestalt und hakte sich in ihm fest,

formte sein Shouki in dieselben Krallen, die Rahbas nach ihm ausgestreckt hatte und Rahbas schrie auf.

Xellos öffnete seine Augen und starrte Rahbas hasserfüllt an.

„Wir, die wir nach Shabranigdo kamen“, sagte er schlicht „wir beherrschen die Dunkelheit nicht. Wir sind ihre Diener.“

Und er riss sich in Rahbas Innerstes hinein, trennte dort den Teil seines Shoukis, der in Rahbas Mitte war, von sich ab und brachte ihn zum explodieren. Die Detonation zerfetzte Rahbas Astralkörper von innen heraus. Von einem Moment auf den anderen verschwand sein Abbild in der physischen Welt, als sein Shouki in der Astral Side verging.
 

***
 

Auf dem verwüsteten Plateau, an dem zuvor Shabrangidos Festung gestanden hatte, erwartete Ceelia Filia. Ein paar Meter von ihr entfernt trat sie aus der Astral Side und blickte sie wachsam an.

Der einstige Berghang war halb abgebrochen und Krater durchzogen den Boden. Der Himmel über ihnen wölbte sich blau.

„Wenn es denn enden soll“, verkündete Ceelia ruhig, während ihr Körper zu glühen begann „dann doch besser dort, wo es auch angefangen hat.“

Das Glühen floss aus ihrer Mitte, flutete die Luft um sie und löste sich von ihrer Gestalt als sich langsam ausweitender Ring. Der Ring begann sich zu drehen, schneller und schneller und es war keine Überraschung, als Filia erkannte, dass er aus einer Myriade sich jagender Schlangen bestand.

Plötzlich öffnete sich der Kreis im selben Moment da alle Schlangen zu einer einzelnen riesigen Boa verschmolzen, die direkt auf Filias Gesicht zuschoss.

Filia duckte sich zur Seite weg, doch die Riesenschlange bog ihren langen Körper und folgte ihr nach und plötzlich musste Filia feststellen, dass sie von allen Seiten von ihrem sich windenden Körper umschlossen war, der sich in Windeseile zuzuziehen begann. Sie floh in die Astral Side, doch die Schlange existierte auch hier.

‚Nutzlos‘, drang Ceelias Stimme zu ihr. ‚Mag ein Shinzoku dir auch Kraft leihen, ich selbst bin eine Shinzoku. Du wirst mich nie besiegen.‘

„Das wollen wir doch mal sehen“, fauchte Filia und dann ließ sie ihre Magie sich in einem langen Faden aus ihren Händen hervor winden. Er wurde länger und länger, wand sich glänzend wie Draht und viel schneller als die Schlange selbst um deren ganzen Körper herum und bevor diese Filia auch nur berührt hatte, war sie ganz in einen Kokon gewebt. Da riss Filia an dem Draht und er zog sich ruckartig zusammen und die Schlange zerstob in alle Himmelsrichtungen.

Erschreckt schrie Ceelia auf und wollte fliehen, doch da war Filia schon heran und packte sie am Handgelenk. Noch nie zuvor hatte sie Ceelia berührt und es erschreckte sie so sehr, wie nichts zuvor an diesem Tag. Denn Ceelias Haut war warm und weich und sie konnte ganz deutlich den Puls spüren, der unter ihrer Haut schlug. Sie lebte, sie war wirklich.

Eine ungeheure Wut machte sich in Filia breit.

„So leicht kommst du mir nicht davon“, fauchte sie Ceelia an und dann ließ sie alle verbliebene Kraft in sich mit einem Ruck durch Ceelias Geist fahren und die Shinzoku schrie auf. Als ihr Schrei verklungen und Filias Kraft vergangen war, fiel die Shinzoku schlaff zu Boden. Sie rührte sich nicht mehr.

Aschfahl sah Filia auf sie hinab. ‚Ich habe sie getötet‘, dachte sie traurig.

Eine Brise wehte ihr um das Gesicht und zum ersten Mal nahm sie das Pochen war, das ihren Kopf erfüllte. Jeder Gedanke schmerzte sie. Sie wünschte, sie könnte glücklicher sein darüber, dass es nun endlich vorbei war.

Plötzlich hielt sie inne. Ceelia regte sich wieder und Filia hielt den Atem an. Ganz langsam setzte Ceelia sich auf, hob mühsam Kopf und blinzelte in Filias Gesicht.

„Mein Kopf ist so leer.“ Sie schüttelte sich, wie ein Hund nach einem Bad. „Mir scheint als sei es Ewigkeiten her, seit es sich so angefühlt hat.“ Verwirrung zeichnete ihr Gesicht. „Ich kenne dich nicht“, sagte sie zu Filia und starrte sie verwundert an „aber ich sehe, dass wir gekämpft haben.“

„Aber“ rief Filia verblüfft aus „weißt du denn nicht wer du bist?“

„Natürlich.“ Sie wirkte fast beleidigt. „Ich bin die Shinzoku Ceelia und mein Lord Ceiphied hat mich mit einem Auftrag erschaffen.“

Und noch während sie das sagte veränderte sie sich: Ihr Haar wurde kürzer und färbte sich schwarz und ihre Gestalt wurde größer, bis sie das gleiche Wesen war, das Filia und Xellos in Ceelias Traumerzählung gesehen hatten.

„Du hast meinen Geist von seiner Verwirrung befreit“, sagte Ceelia und so etwas wie Verstehen entstand in ihren Augen. „Doch auch meine Erinnerungen sind vergangen. Ich weiß nur noch, was Ceiphied mir bei meiner Erschaffung an Wissen mitgegeben hat.“

„Viel Zeit ist seitdem vergangen“, sagte Filia und eine unendliche Erleichterung breitete sich in ihr aus. Sie beugte sich zu Ceelia hinab, die sie bis aufs Blut bekämpft hatte, und streckte ihr die Hand entgegen.

„Es gibt keinen Grund, weswegen ich gegen eine wirkliche Shinzoku kämpfen sollte“, sagte sie, während sie Ceelia auf die Füße half. „Dieser Kampf ist endlich vorbei.“

„Na das ist ja wiedermal typisch“, hörte sie da plötzlich Xellos Stimme hinter sich. Sie drehte sich um und sah ihn auf dem Plateau erscheinen mit gehobenen Brauen und einem vorwurfsvoll erhobenen Zeigefinger. Er sah noch angeschlagener aus, als sie selbst, und Strenge und Neckerei vermischten sich in seiner Stimme. „Wofür bin ich eigentlich dein Vorgesetzter, wenn du nie das machst, was ich sage?“

Lachend wollte Filia ihm gerade eine passende Antwort servieren, da blieb ihr das Herz stehen.

Rahbas erschien direkt hinter Xellos, verschwommen und flackernd, aber der mörderische Ausdruck in seinem Gesicht war umso deutlicher zu erkennen.

Ein spitzer Dorn aus Magie knisterte in seiner Hand. Xellos war schon so geschwächt, er konnte sich nicht mehr wehren. Verzweifelt wollte Filia ihm eine Warnung zurufen, doch es war zu spät. Denn ein heller Pfeil schoss hervor und durchbohrte Rahbas Herz.

Erschrocken fuhr Xellos herum und konnte gerade noch Rahbas überraschtes Gesicht sehen, bevor er nun wirklich und endlich verging.

Hinter ihm stand Ceelia und hatte noch die Hand ausgestreckt.

„Es war meine Pflicht“, sagte sie, als ein Flackern sie zu durchziehen begann. „Jetzt habe ich sie doch noch erfüllt.“

Sie lächelte und dann, mit einem Mal, faserten sich ihre Körperumrisse auf, bis nur noch ein heller Staub zurückblieb, der in den Boden unter ihr sank.

Filia trat neben Xellos und starrte auf die Stelle, an der sich ihre beiden Gegner eben noch befunden hatten.

„Sind sie beide tot?“ fragte sie Xellos zaghaft.

„Rahbas ist tot“, sagte Xellos ruhig. „Diesmal bin ich mir ganz sicher. Aber Ceelia…“ Er schüttelte den Kopf. „Das kannst du vielleicht besser sehen, als ich.“

Konnte sie? Filia schloss die Augen und sandte ihre Sinne in den Stein unter sich, der über so viele Jahre hinweg die einsame Festung getragen hatte. Und ja da war etwas, ein sanftes Leuchten im Gestein, das sich langsam am Berghang verteilte. Es glühte matt in Filias Wahrnehmung. Sie öffnete die Augen und sah nur den Felsen vor sich.

„Ich glaube, sie wird sehr lange schlafen“ sagte sie schließlich. „Vielleicht hundert oder gar tausend Jahre lang. Aber das ist in Ordnung. Wenn sie erwacht, wird sie wieder eine richtige Dienerin der Shinzoku sein, so wie sie es gewollt hat.“

„Und ich nehme an, ich soll mich darüber auch noch freuen“ bemerkte Xellos trocken. Er trat ein paar Schritte vor, bis er neben ihr stand.

„Dann schlafe gut, Ceelia“, wünschte er ihr nachdrücklich. „Aber vor allem, schlafe lang.“
 


 


 

********************

Gute Nacht, Ceelia!

:)

Ach je, das hier zu posten, hat mal wieder viel länger gedauert, als ich es ursprünglich geplant hatte. Umso froher bin ich, dass es nun endlich da ist mit seiner ganzen überkomplizierten Handlung im Gepäck.

Als nächstes kommt schon/endlich das Finale und zwar noch vor Ende dieses Jahres. Versprochen ;)

Der letzte Schatten

Nicht lange nach Rahbas Tod hatte die Kraft des Feuerdrachenkönigs Filia wieder verlassen gehabt. Von aller geborgten Kraft geraubt, war sie sofort in Ohnmacht gefallen. Nachdem Xellos sich versichert hatte, dass ihr nichts Ernsthaftes zugestoßen war, war er ins Tal hinab teleportiert um Sherra zu finden und mit sehr viel Fingerspitzengefühl aus ihrem Käfig zu befreien. Wäre Ceelia noch bei Bewusstsein gewesen, wäre ihm das alleine nie gelungen, aber so hatte Sherra noch einmal Glück gehabt. Sie war so schwach gewesen, als er ihre Fesseln löste, dass sie sich sofort in die Astral Plane zurückziehen musste, um sich dort zu erholen.

Auch Askura hatte Xellos ausfindig gemacht. Der zähe Wolf lebte noch, war aber alles andere als reisetauglich und so musste sich Xellos denn alleine auf den langen Weg zu seiner Meisterin machen, um ihr Bericht zu erstatten.

Als er sie auf Wolf Pack Island in ihrem Thronsaal aufsuchte, saß sie inmitten ihres Wolfsrudels und zupfte an ihrem zur Hälfte versengten Haar herum.

„Ich will kein Wort darüber hören“, fauchte sie, bevor es Xellos auch nur einfallen konnte etwas zu fragen. Er hätte es so oder so nicht gewagt.

Stattdessen berichtete er lang und ausführlich alles, was sich zugetragen hatte, seit er und Filia die Höllenstadt verlassen hatten.

Als er geendet hatte, tippte Zeras nachdenklich mit einem Fuß auf dem mit Pelz ausgelegten Steinboden.

„Da war unser kleiner Drache doch einmal recht nützlich, nicht wahr?“ bemerkte sie verwundert. „Wer hätte das gedacht.“

Xellos wartete angespannt.

„Ich kann nur hoffen“, meinte Zeras weiter „dass ich diese Nützlichkeit nicht noch einmal werde gebrauchen können.“

Der Unterton in ihrer Stimme ließ Xellos das Herz schwer werden.

Langsam strich Zeras einem Wolfsweibchen neben sich über die breite Schnauze und der Stirn entlang.

„Du weißt so gut wie ich“, sagte sie dabei „dass das so nicht weiter geht.“

Xellos schwieg.

„Ich bin es leid, Xellos. Dieses ewige hin und her. Zugegeben, sie hat sich ausgezahlt; mehr als das. Aber sie ist auch viel gefährlicher gewesen, als ich es mir jemals ausgemalt hätte.“ Zeras seufzte leicht. „Letztlich wird sie mir nur Ärger einbringen.“

Xellos hatte es geahnt.

„Ich will“, sagte Zeras langsam „dass du einen Schlussstrich ziehst. Das ist ein Befehl. Mach der Sache ein Ende.“

Xellos senkte den Kopf und verbeugte sich.

„Wie Ihr wünscht, Meister.“
 

***
 

Diesmal tarnte Xellos seine Aura bevor er sich auf die Reise machte und als er ankam, besah er sich die Szenerie zuerst unbemerkt aus der Astral Side.

Er fand Filia im Tal unter der Festung vor dem flachen Erdhaufen kniend, unter dem sie Kesharo begraben hatte.

Ihre Lippen waren fest zusammengepresst und ihre Augen trocken. Doch sie blickten an einen Ort, den Xellos nicht kannte; einer von diesen dunklen oder hellen, fröhlichen oder traurigen Orte, die er niemals verstehen konnte.

Fast tat es ihm Leid darum.

Neben Filia saß Askura und putzte sich das vernarbte Fell.

„Bist du traurig, dass er tot ist?“ hörte Xellos sie ihn fragen.

‚Ich fühle Bedauern’, knurrte der Wolf. ‚Aber ich weiß, dass das nicht dasselbe ist, wie das, was du fühlst.’

Sie blickten einander einen Augenblick an und dann streckte Filia ganz langsam eine Hand aus und legte sie dem Wolf auf die Stirn. Er lehnte sich in die Berührung, als sie ihm über das Stirnfell kraulte. Dann schnaubte er, stand auf und schüttelte sein Fell aus. Filia zog die Hand zurück und sah ihm entspannt dabei zu.

Xellos seufzte traurig und trat dann aus der Astral Side.

Als sie ihn entdeckte richtete Filia sich auf und drehte sich ganz zu Xellos um. Askura aber sah ihn nur kurz an, schnaubte noch einmal, diesmal fast missbilligend, und entfernte sich dann im Trab immer weiter ins Tal hinab, bis er außer Sichtweite war.

„Ist es Zeit zu gehen?“ fragte Filia.

Xellos neigte den Kopf und wich ihrem Blick aus. „So könnte man wohl sagen.“

Filia runzelte die Stirn. Das war nicht die gradlinige Antwort, die sie erwartet hatte und Xellos Stimme hatte einen seltsamen Klang.

„Wir kehren doch nun nach Wolf Pack Island zurück?“ fragte sie nach. „Bis wir einen neuen Auftrag erhalten.“

Xellos antwortete nicht sofort, musterte sie stattdessen mit einem Ausdruck des Bedauerns. Es schien fast so, als könne er sich gar nicht satt sehen an ihr. Jedes Detail ihrer abgezehrten Gestalt sogen seine Augen auf, so als wollten sie sie für alle Ewigkeit festhalten.

Unter diesem so endgültigen Blick begann Filia ganz langsam Angst zu spüren; eine tiefe Furcht, die verstohlen unter ihre Haut kroch, sich in ihr Herz nistete und ihr träge eine Gänsehaut über den Nacken scheuchte.

„Xe…Xellos?“

So langsam, dass es ihr wie eine Unendlichkeit anmutete, hob Xellos beide Augenlider, bis sie völlig offen waren.

In der pupillenlosen Iris sah sie ihn wieder, den alten Bekannten: Die Tiefe, der Abgrund und er winkte ihr zu.

„Was… was ist los, Xellos?“ fragte Filia zittrig. „Schau mich nicht so an. Bitte…“

Als er auf sie zuzuschreiten begann, wollte sie wegrennen, aber ihre Füße gehorchten ihr nicht. Und wohin hätte sie auch rennen können?

„Tut mir leid“, flüsterte er, während er dicht vor ihr zum stehen kam und ihre Schultern packte. „Aber es wird weh tun.“

Sie riss die Augen auf.

Er drückte fest zu und trank ihre Angst. Und dann den Schmerz, danach die Qual… Während sie schrie.

Filia schrie und schrie, es tat so schrecklich weh; sie hatte Albträume davon gehabt, von dem, was Zeras damals getan hatte. Jedes Mal, wenn sie die Wölfin sah, war die Furcht da gewesen, dass sie ihr wieder die Magie ausbrennen und sie dann wirklich sterben lassen würde.

Doch nie hatte sie sich vorgestellt, dass Xellos ihr das antun würde. Er presste sein Shouki rücksichtslos in ihre magischen Adern und ihre Schreie machten ihr die Ohren taub und dann streckte derjenige, der sich hinter Xellos Iris verbarg ihr einladend die Hand entgegen und sie griff dankbar zu.

Sie trat zu der Tiefe, dem Abgrund, und es war so still und der Schmerz vergangen. Und sie fühlte gar nichts mehr.
 

***
 

Lina tauchte unter Gourrys Arm ab, um sich sein Frühstücksei zu schnappen, als sie plötzlich inne hielt. Gourrys Ellbogen, mit dem er sie hatte blocken wollen, sauste für beide unverhofft direkt auf ihren Kopf hinab.

„Au!“ schrie sie und plumpste vom Stuhl.

„Oh je“, sagte Gourry und sah besorgt zu ihr hinab, wie sie sich übel gelaunt an seinem Stuhlbein aufrappelte.

„Von wegen ‚Oh je’“, fauchte Lina zurück und stand wieder auf. „Irgendwas hat mich abgelenkt, vielleicht ist jemand Übles in der Nähe und…“

Sie stoppte. Gourry hatte ihr eine Hand auf die Schulter gelegt und als sie ihn ansah, schüttelte er mit gefurchten Brauen den Kopf.

„Deswegen hab ich das ja gesagt“, erwiderte er ernst. „Niemand ist in der Nähe. Aber dafür ist etwas mit Filia passiert.“

Lina starrte ihn an. Dann ließ sie sich schlaff auf ihren Stuhl zurückfallen.

„Wie ein Déjà-vu“, stöhnte sie. „Weißt du noch? Ein paar Wochen bevor sie zu uns gestoßen und im Erdtempel aufgeflogen ist.“

Gourry nickte. „Ja. Aber diesmal war es noch schlimmer. Das wird etwas mit Xellos zu tun haben.“ Seine Miene wurde noch düsterer. „Und wenn dem so ist, wird er etwas mit mir zu tun haben, sollten wir ihn je wieder sehen.“

Müde rieb sich Lina die Augen. Der Appetit war ihr völlig vergangen.

„Und wenn sie…?“

Ruhig erwiderte Gourry Linas flehenden Blick.

„Es fühlt sich wirklich so an“, antwortete er. „Und seien wir ehrlich, wir haben doch alle befürchtet, dass er ihr irgendwann etwas antut, nachdem wir erfahren haben, dass er sie rekrutiert hat. Im Grunde war es nur eine Frage der Zeit.“

„Sag nicht so etwas“ fauchte Lina. „Lügner. Wenn es wirklich nur eine Frage der Zeit gewesen wäre, dann hätten wir sie nicht dort gelassen. Wir wären ihr nachgelaufen, hätten Xellos und Zeras besiegt, hätten Filia gerettet.“

Mit jedem Wort, das sie sprach, wurde sie verzweifelter.

„Aber wir konnten nicht“, erinnerte Gourry sie traurig. „Niemand weiß, wo Wolf Pack Island liegt und das Katendogebirge haben wir noch nicht mal halbwegs erreicht.“

Eine einzelne Träne rann Linas Wange hinab.

Vorsichtig streckte Gourry die Hand aus und wischte sie fort. „Aber es ist ja nur das. Ein Gefühl“, sagte er sanft.

Verwirrt blinzelte Lina ihn an.

„Lass uns“, fuhr Gourry fort „so schnell wie möglich weiterreisen. Auch wenn wir vielleicht schon zu spät sind. Nur so werden wir Gewissheit haben.“

Und das mussten sie schließlich. Lina starrte Gourry für einen Moment an, dann wischte sie sich gründlich mit dem Ärmel über ihr Gesicht.

„Ja“, sagte sie entschlossen und eine Drohung schwang in ihrer Stimme mit für einen Mazoku, den sie beide kannten.

„Lass uns aufbrechen und sie finden.“
 

***
 

Ein Geist aus den tiefsten Albträumen schwebte zu ihr herauf.

„Rahbas?“ fragte Filia schlaftrunken „Sind wir jetzt beide in der Hölle?“

Sein Bild verblasste stumm in ihrer Wahrnehmung und ließ sie allein in der Schwärze zurück. Es war eine seltsam weiche Schwärze, die sie in der Nase kitzelte. Plötzlich musste Filia niesen und sie schlug die Augen auf.

Sie befand sich in einem hellen Zimmer mit verglasten Fenstern. Jetzt wusste sie, warum sich alles so wohlig anfühlte, denn sie lag dick verpackt in einem Bett. Ihre Umgebung war so normal, dass es wie das Unwirklichste auf der Welt auf sie wirkte.

Sie hatte Schmerzen am ganzen Körper, wie bei einem sehr, sehr starken Muskelkater, und sie fühlte sich schwach.

Vorsichtig setzte sie sich auf.

Auf ihrer Bettdecke neben ihren Füßen lag zusammengerollt Askura und starrte sie geduldig an.

‚Bist du wach für unser letztes Gespräch?’ fragte er sie forschend. ‚Wenn du dies später für einen Traum halten solltest, wäre das sehr ungünstig für uns.’

„Askura“, sagte Filia verwirrt. „Wo bin ich hier?“

‚In einer Menschensiedlung im Katendogebirge’, erklärte ihr Askura geduldig. ‚Wir sind nur ein paar Täler von dem Berg entfernt, auf dem Shabranigdos Festung stand. Xellos hat dich hierher gebracht, damit sich die Menschen um dich kümmern.’

Filia erstarrte.

„Aber“, sagte sie und eine eisige Hand schloss sich um ihr Herz „er hat doch versucht mich zu töten. Warum hat er es doch nicht getan?“

Askura knurrte unwillig.

‚Xellos hat nie vorgehabt dich zu töten’, erwiderte er. ‚Aber es musste eine Entscheidung gefällt werden. Du durftest nicht mehr im Rudel bleiben; die große Wölfin hat Xellos gesagt, dass sie dich nicht mehr will und sie hat ihm befohlen, es für sie zu beenden. Natürlich wollte sie, dass er dich tötet’, Filias Hand verkrampfte sich in dem Laken unter ihr. ‚Aber sie hat es nun mal nicht direkt so gesagt. Also hat Xellos dich auf seine eigene Art aus ihren Diensten entfernt.

Als des Drachenkönigs Kraft in dich gefahren war’, erzählte Askura ihr ‚hat sie fast alles Shouki in dir ausgebrannt. Normalerweise hätte es sich nach einiger Zeit wieder ausgebreitet, aber bevor das passieren konnte hat Xellos die Gelegenheit genutzt um auch die letzten Reste Dämonenmagie aus dir herauszuziehen. Der Schmerz davon hat dich ohnmächtig werden lassen, aber nun ist es vollbracht.’

Er setzte sich auf und wurde ganz förmlich.

‚Alles Shouki, alles was dich an uns band ist fort. Als derjenige, der verantwortlich für dich war, hat Xellos dich von deinem Schwur entbunden. Du bist frei.’

„Frei?“ fragte Filia ihn zitternd.

‚Das ist alles, was ich dir sagen sollte’, Askura erhob sich. ‚Lebe wohl.’

„Warte“, rief Filia eilig. „Warum hat Xellos mir das nicht selbst gesagt?“

Askura gab einen Laut von sich, der wie ein Seufzen klang.

‚Es geschieht schon wieder viel und Xellos wird auf Wolf Pack Island gebraucht. Aber dein Dienst muss heute enden, das hat die große Wölfin befohlen. Nur noch heute, dürfen wir mit dir reden und diesmal gilt das auch für Xellos. Aber heute lässt ihn die große Wölfin nicht mehr fort.’

Ein ganz seltsames Gefühl machte sich in Filia breit. Sie brachte kaum noch ein Wort hervor. Sie dachte an Xellos; daran, wie er ihr die Tränen aus dem Gesicht gewischt hatte, als sie allein auf Wolf Pack Island erwacht war; wie er sie gebeten hatte, ihm ihre Seele zu öffnen, um sie dann zu retten; wie wütend er geworden war, wenn Rahbas sie ansah. Sie dachte an den Kuss und daran, wie sie es nicht einmal wagen konnte, auch nur daran zu denken, was sie in jenem Moment gefühlt hatte.

„Ich verstehe“, schluchzte sie. „Befehl ist Befehl. Da kann man nichts machen. Lebe wohl“, sie lächelte ihn an. „Sag das auch Xellos von mir.“

Der Wolf bellte sie einmal laut zur Bestätigung an und vor Schreck fiel sie fast vom Bett. Er beugte die Hinterbeine, spannte den Körper und sprang hinab. Doch er berührte den Boden nicht mehr; er verschwand und machte sich auf den Weg, heim nach Wolf Pack Island.
 

***
 

‚Und schon wieder werde ich Ärger kriegen’, dachte Xellos angespannt. ‚Zum letzten Mal wegen ihr, aber hoffentlich nicht zu meinem letzten Atemzug.’

Er betrat Zeras Thronsaal.

Wölfe strichen um die Säulen, ihr Fell wurde von Lichtspalten erhellt und dann wieder in Schatten gehüllt; sie jaulten leise als er eintrat.

Zeras lag auf ihrem Thron in lebenden Wölfen und gegerbten Wolfsfellen gleichermaßen vergraben. Ihre Augen waren geschlossen, sie sah aus als schliefe sie und habe dabei einen süßen Traum.

„Xellos“, murmelte sie. „Sie lebt ja immer noch.“

Xellos musste sich zusammennehmen um nicht mitten auf halber Strecke stehen zu bleiben. Woher zur Hölle wusste sie das schon wieder?

„Ich sehe es dir an“, meinte Zeras und diesmal zuckte er zusammen. Sie lachte rau. „Ich spüre es ganz genau. Du bist in dieser Gemütslage, bei der du etwas ausgefressen hast und Angst davor, dass ich dir den Kopf dafür abreise. Wortwörtlich natürlich.“

„Tja also“, begann Xellos und versuchte selbstbewusst zu klingen. „Es ist so, ihr habt ja nur gesagt…“

„Ich weiß, was ich gesagt habe“, unterbrach Zeras ihn schroff. „Und ich will kein Wort mehr davon hören. Ich habe genug von Drachen. Und solange du mich nur niemals mehr wieder etwas von ihr hören lässt, bin ich auch zufrieden. Na Xellos“, sie grinste schläfrig. „Zufrieden?“

‚Zumindest noch am Leben’, dachte Xellos und konnte sein Glück kaum fassen.

„Womit wir uns jetzt wirklich beschäftigen müssen“, verkündete Zeras und schlug die Augen auf „sind Shinzoku.“ Sie setzte sich auf. „Ich glaube, ich habe da einen Bestimmten ganz schön auf mich aufmerksam gemacht. Und auf das Problem, dass wir da hatten.“

Xellos hob eine Augenbraue.

„Ja, ich hatte so eine Ahnung, dass da noch jemand mitgemischt hatte“, bemerkte er und erinnerte sich daran, wie goldenes Licht aus Filia heraus explodiert war.

Lachend verscheuchte Zeras zwei Wölfe aus ihrem Schoß und erhob sich graziös.

„Tatsächlich? Nun, die Sache könnte schon haarig werden, wenn sie nachzuforschen versuchten, wie unsere Gegner uns da so fertig machen konnten. Und überhaupt ist der liebe Feuerdrachenkönig jetzt viel zu wach geworden. Lass uns von nun an“, und sie lächelte Xellos kampfestlustig an „die Augen offen halten.“
 

***
 

Ein paar Tage später stand Filia reisefertig am Rande des Menschendorfes.

Es war so abgelegen und bekam so selten Besuch, dass seine Bewohner sich gerne um Filia gekümmert hatten. Zum Glück hatten sie ihr nicht allzu viele Fragen über ihr plötzliches Auftauchen und den seltsamen, höflichen Mann, der sie hergebracht hatte, gestellt. Filia hatte sich alle Mühe gegeben, sie von solchen Gedanken abzulenken, indem sie ihnen lauter unverfängliche Geschichten von ihren früheren Reisen erzählt hatte.

Sie hatte sich gut erholen können und bedankte und verabschiedete sich jetzt bei den Menschen, die sie aufgenommen hatten.

Schließlich drehte Filia sich um und begann den Bergpfad, der sie irgendwann aus dem Gebirge führen würde, hinab zu wandern. Es würde eine lange und einsame Reise werden, aber zumindest hatte sie diesmal ein Ziel, dass sie sich selbst gewählt hatte. Eins auf das sie sich freute.

„Ich frage mich, ob er schon geschlüpft ist“, dachte sie laut nach, als sie um eine weitere Biegung bog, die das Dorf hinter ihr schon außer Sichtweite brachte.

„Na ja, jetzt werde ich es ja doch noch sehen.“

Vor ihr erstreckte sich das Tal, von der Sonne erhellt, und zwei ferne Gestalten, einer blond und die andere rothaarig, kamen ihr auf der Straße entgegen.
 

***
 

„Na ja“, bemerkte Xellos während er auf dem Felshang über jenem Bergpfad aus der Astral Plane trat. „Solange es niemand mitbekommt…“
 

ENDE
 


 


 

****************************
 

OMG

Es ist fertig! \(^_^)/
 

Nun denn,

im Nachhinein ist diese Geschichte wirklich sehr anders geworden als ursprünglich geplant. (Zum Glück!)

Was mich nicht so freut ist, dass die Charaktere trotz gegenteiliger Bemühungen doch etwas „out of character“ geworden sind. Aber wenigstens habe ich den Handlungsbogen irgendwie retten und in etwas halbwegs Ansehnliches verwandeln können.

Und Filia und Xellos sind jetzt an den beiden Punkten angekommen, an die sie von Anfang an hatten gelangen sollten. Also ist im Grunde doch alles so geworden, wie ursprünglich gewollt, nur der Weg dorthin war ein anderer (oder so ;)

Jedem, der es bis hierhin geschafft hat, danke ich fürs lesen und für die Geduld.

Ich hoffe, es hat euch gefallen.



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Kommentare zu dieser Fanfic (31)
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Von:  MissyRogue
2013-08-24T21:50:09+00:00 24.08.2013 23:50
So, jetzt hab ich die ganze Story an einem Tag durchgelesen.

Daher zu allererst mal ein dickes Lob an dich.

Die Geschichte hat sich flüssig und spannend gelesen. Es gab einen Spannungsbogen, richtige Gegner und eine in sich stimmige Handlung. Und, was ich besonders toll fand, es gab ein Ende.

Es fertig zu schreiben, egal wie viel Zeit teilweise dazwischen liegt, finde ich echt beeindruckend.
Die Charaktere sind in sich stimmig, ihre Handlungen nachvollziehbar und besonders bei der Schilderung um Lina und die anderen Drei hast du extrem Charakterkonform geschrieben. Ich habe mittlerweile einiges an Slayers- Fanfics gelesen und darf sagen, dass die Truppe zum ersten Mal normal war. Also in ihrem jeweiligen Sinne "normal".

Zeras hat mir gefallen und die Art wie du ihr Verhältnis zu ihrem Priester geschildert hast. Tja und was Xellos und Filia betrifft...
Wundervoll.
Meine Lieblingsstelle war bei Sherras Kampf, als Xellos gefesselt dahockte, aber es nicht unterlassen konnte, kluge Ratschläge, oder Provokationen, von sich zu geben. Ich sah ihn direkt vor mir.

Jedenfalls, du hast wirklich super Arbeit geleistet, die zu Lesen mir ein großes Vergnügen war. Dafür sage ich Dankeschön!

LG
Pille
Von:  kawaii_kamy
2009-02-28T00:57:07+00:00 28.02.2009 01:57
Also ich bin Heute...? Also Gestern erst ganz neu in diese FF gestolpert =) worüber ich auch nun total froh bin!Eigentlich wollte ich nur irgendwas lesen wo Xellos drin vorkommt. *.* aber diese Story ist wirklich Hammer! Damit hatte ich nicht im geringsten gerechnet! ^///^
Ich werde sie auf jeden Fall fleißig weiter verfolgen!
Ich hoffe ein neues Kap lässt nicht zu lang auf sich warten. XD'
Salut kawaii_kamy ♥
Von: abgemeldet
2008-11-16T17:49:10+00:00 16.11.2008 18:49
omg!
ich war daran zu glauben, dass es keine guten deutschen slayers-fics gibt.. aber.. hui~ o_o deine FF animiert andere zum weiterschreiben, schon gewusst? ^^ muss meine noch zuende bringen..
ähm.. *hust* was ich eigentlich sagen wolle: mach weiter! >_<
deine Fic ist klasse! und so OOC ist sie gar nicht, wie ich finde. Ich finde es eher nur erstaunlich, dass du so viel über den hintergrund von slayers weißt.. ich vergess das ganze immer. Oder weiß es erst gar nicht. was dieses 'shouki' oder wie es nochmal heißt ist, weiß ich zwar nicht, aber ich glaub, ich kanns mir denken.. irgendwie. ^^°

auf jeden fall: mach weiter! ^^
*in die favos pack*

LG
Ran_Mori1
Von: abgemeldet
2008-10-05T15:49:14+00:00 05.10.2008 17:49
machs doch nicht immer so spannend =)
los, weida!
Von: abgemeldet
2008-09-14T12:16:14+00:00 14.09.2008 14:16
so...und nun her mit dem nächsten Kapi!
Von: abgemeldet
2008-09-14T11:06:03+00:00 14.09.2008 13:06
xDDD
Typisch Amelia, aber das die Drachen sich so einfach beeinflussen lassen? Hm...egal XD
Von: abgemeldet
2008-09-13T21:44:10+00:00 13.09.2008 23:44
>Mazoku sollten schließlich gebührend terrorisiert werden...

boah bist du fies XD Filia auf die armen Mazokus loszulassen (na gut, Amelia wäre schlimmer gewesen =P)
Von: abgemeldet
2008-09-13T19:59:45+00:00 13.09.2008 21:59
*ggg* Xellos hat ein neues Spielzeug xD
Bisher find ichs super ^^
Achte etwas mehr auf die Grammatik und umschreibe mehr Sachen. Die Story scheint gut zu werden ^.~
Von: abgemeldet
2008-07-30T16:01:45+00:00 30.07.2008 18:01
jaaaaaaa geil das hättte ich nich zu träumen gewagt daaaaaankeeeeee XD
*megafreu*Xellos und zeras fan fähnchen* hin und her schwenk
mal an dieser stelle xellos ist doch der coolste!
Von: abgemeldet
2008-07-24T23:13:19+00:00 25.07.2008 01:13
Ah, die Wartezeit hat sich gelohnt~
Es geht doch noch endlich weiter... und hört sogar an einer besonders fiesen Cliffhanger auf, wo Xellos auftaucht - das lässt besonders auf das nächste Kapitel hoffen~ x3


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