Indian Tale von Kerimaya ================================================================================ Kapitel 1: Nacht im Dschungel ----------------------------- Er stand stocksteif. Das Mondlicht wirkte fahl und verwandelte tagsüber lebendige Bäume in bleiche Knochen. Er stand vor ihm, nicht weit entfernt und sah sie an. Sein Herz lief schnell, wie ein gejagter Hase und er würde auch gejagt werden - sehr bald, dessen war er sich sicher. Der Tiger senkte den mächtigen Kopf. Lauerstellung, war das nicht die Lauerstellung, bevor die gestreiften Raubkatzen auf ihre Beute lossprangen? Joshua wusste es nicht mehr, und verfluchte sich im stillen, den Geschichten und Artikeln, die ihm seine Arbeitskollegin vor seiner Reise gegeben hatte, nicht mehr Beachtung geschenkt zu haben. Allerdings hätte es auch keinen Unterschied gemacht, wenn er es getan hätte. Er würde jetzt sterben, sterben in diesem Dschungel, wo keiner etwas von ihm wusste, wo er nur als Beute galt, sterben... Dumpfes Grollen zerriss die Luft und ein Blitz folgte ihm. Joshua stieß einen Schrei aus und riss den Kopf in die Höhe. Über ihm war der Himmel dunkel und er begann seine Schleusen zu öffnen, als hätte er es eilig - der Monsun forderte seine alte Herrschaft ein. Der Regen wurde zu einem dichten Schleier, nahm Joshua jede Sicht. Der junge Brite wusste nicht, ob das jetzt Segen oder Fluch war. Er konnte den Tiger nicht mehr genau erkennen, hoffte aber inbrünstig, dass es dem Raubtier nicht anders mit ihm ging. Der Biologe in der Gruppe, hatte Joshua erzählt, dass Raubtiere bei regen die Witterung verlören. Das Wasser würde jegliche Gerüche verwaschen und den Katzen so die Orientierung nehmen. Noch immer erstarrt stand der junge Brite mitten im Dschungel und wagte es nicht, sich zu bewegen. Seine Sinne waren hier fast gänzlich ausgeschaltete und ließen ihn kläglich im Stich. Joshua hielt den Atem an und lauschte, aber alles, was er hörte, war der Regen. Die Bestie schien verschwunden zu sein, verscheucht von den Wassermassen. Joshua gestatte es sich, wieder zu atmen und schob vorsichtig die Träger seines Wolfskin Rucksacks wieder nach oben. Er atmetet noch zwei - dreimal tief durch und machte einige Schritte nach vorn. Als nichts geschah, sah der junge Mann sich noch einmal um, schulterte den schweren Rucksack und ging weiter. Ein Fauchen erklang, wie heißer Dampf und in diesem Moment schoss der orangefarbene Schatten aus seinem versteck. Joshua schlug die Augen auf. Er war desorientiert; etwas stimmte nicht mit ihm. Aus Gewohnheit wollte er sich aufsetzen, aber als er sich bewegte, schoss rotes Feuer durch seine Schulter und er schrie auf. Eine große Hand legte sich auf seine Brust und drückte ihn zurück auf den Rücken. Joshua blinzelte. Die Gestalt, zu der die Hand gehörte, sah ihn ernst an. Der junge Engländer hatte sie zuerst für eine Frau gehalten, da langes schwarzes Haar fast ihr gesamtes Gesicht verdeckte, aber als er seinen Blick tiefer wandern ließ, wurde ihm sein Irrtum bewusst. Der Körper war eindeutig männlich - Joshua sah, dass nur eine braune Lederhose seinen "Gastgeber" bedeckte. Zwei schwarze Augen musterten ihn, allerdings mehr besorgt als neugierig. "Du darfst dich nicht bewegen. Dein Glück, dass die Kratzer nicht tief sind." Joshua blinzelte noch einmal. Die Stimme war tief und rau, fast ein wenig kratzend. Es brauchte ein Weile, bis der benommene Mann den Sinn der Worte verstand. Er sah an sich herab und blickte auf ein Stück gelbes Tuch, dass ihm als verband um den nackten Brustkorb geschlungen worden war. Er runzelte die Stirn. "Was genau ist passiert? Ich kann mich nur an den Regen erinnern und an..." Zum Ende hin war Joshua immer leiser geworden, bis er schließlich ganz verstummte. Sein Gegenüber nickte knapp und legte seine Hand auf die eigenen Schulter, an die Stelle, an der Joshua die Striemen fühlte. "Er hat dich von der Seite angefallen, aber nur gestreift. Ich sagte, du hattest Glück und das stimmt Einem Tiger auf der Jagd, kann man als Mensch nur selten etwas entgegensetzen." Der Fremde stand auf und drehte sich um. Er ging auf ein Feuer zu, dass sich in der Mitte des Raumes befand. Joshua schluckte und korrigierte sich in Gedanken selbst. kein Raum. Vielmehr eine Höhle, die sich in den Felsen schmiegte. Sie war flach, aber erstreckte sich weit nach hinten. Das Feuer erhellte nicht einmal die Hälfte des Gebäudes. Im Gegenteil; die wenigen Flammen warfen nur flackernde Schatten an die Felswände, die dadurch lebendig schienen. Bilder zuckten hin und her und Joshua fürchtete schon Fieber zu haben. Es schien für ihn, als würden die Zeichnungen sich tatsächlich vom Felsen lösen und jeden Moment um ihn herumtanzen. Er rieb sich über die Augen und versuchte, genaueres zu erkennen. Aber mehr als vierbeinige Gestalten waren in dem unruhigen Zwielicht nicht zu erkennen. Der fremde kam zurück, in seiner Hand eine Tonschüssel. "Hunger?" Joshua sah erst ihn und dann den Inhalt der Schüssel an, nickte. Der hochgewachsenen Mann stellte den Napf neben dem Lager aus Decken und - wie Joshua überrascht feststellte - Fellen ab und kniete sich hin. Geschickt stützte er den Engländer, damit der sich mit einem Minimum an Schmerzen und genug Flüchen aufsetzen konnte. Als er endlich mit dem Rücken gegen die Felswand lehnte, zitterte Joshua. Er fühlte sich schwach. "War ich lange bewusstlos?" Sein Gegenüber lächelte kurz. "Einen Tag - aber du hattest Fieber. Daher die Schwäche." Joshua nickte und fuhr sich mit der Zunge über die aufgesprungenen Lippen. Fast sofort wurde ihm eine weitere Schüssel gereicht, diesmal mit klarem Wasser getränkt. "Langsam trinken", mahnte ihn die tiefe Stimme. Einen Augenblick lang, fragte er sich, woher der Inder so gut Englisch kannte, aber dann wurde der Durst wesentlich drängender und er setzte die Schale an die Lippen. Hastig trank er und hustete die Hälfte, gleich wieder aus. Der Fremde lächelte und reichte Joshua ein Tuch. "Ist mein Englisch so schlecht geworden, Inghiliz?" Der verletzte Mann hustete weiter und wischte die Sauerei von seinem Kinn. "'Tschuldigung", nuschelte er. "Aber ich war..." Er atmete tief durch. Der Geruch der Suppe in dem Napf war sehr einladend - und prompt meldete sich Joshuas Magen. Die zweite Schale wurde ihm gereicht, aber bevor er sie an die Lippen setzte, sah er seinen Gastgeber an. "Ich bin ihnen sehr dankbar für das alles. Sobald ich wieder in der Nähe eines Telefons bin und meine Universität verständigt habe, kann ich mich bei ihnen angemessen revangieren, Mister..." Der dunkle Mann schüttelte nur den Kopf. "Das besprechen wir alles später, Engländer. Jetzt iss erst was du brauchst um wieder zu Kraft zu kommen. Und dann reden wir." Nach der Mahlzeit ging es Joshua wesentlich besser. Er fuhr sich mit der hand über den Mund und leckte sich wieder über die Lippen. Das war gut gewesen und genau das, was er gebraucht hatte. Jetzt saß er satt und bequem zurechtgebettet auf seinem Krankenlager und sah dem Fremden dabei zu, wie er die Schalen auswusch. "Sie haben mir immer noch nicht ihren Namen verraten." Der Mann stellte die Schalen in eine kleine Felsnische und drehte sich dann wieder zum Bett um. "Aznat", sagte er und ließ sich geschmeidig neben Joshua nieder. Der nickte. "Mein Name ist Joshua Jenkins." Er fuhr sich mit der hand über die verletzte Schulter. "das Angebot mit der Universität war übrigens ernst gemeint gewesen - ich möchte keine Umstände machen." Der Mann namens Aznat schien fast zu lächeln. Jedenfalls sah Joshua ein deutliches amüsiertes Blitzen in den dunklen Augen. "Ich hatte das fast vergessen", sagte er und lächelte diesmal wirklich. "So höflich und immer darauf bedacht, keine Schulden zu machen." Dann nickte er und deutete mit dem Kinn über Joshua hinweg zum Eingang der Felsbehausung, durch die man jetzt in eine absolut sternenklare Nacht sehen konnte. Der Monsun hatte sich für eine weile zurückgezogen, um neue Kräfte zu sammeln und bald mit noch stärkeren Regengüssen zurückzukehren. "Dort draußen ist es mehr als nur gefährlich, allein herum zu gehen. Hat dir das in der Stadt niemand gesagt?" Joshua rümpfte die Nase. "Ich bin gerade hier, weil es gefährlich ist. Das ist meine Arbeit." Aznat legte den Kopf schief. "Arbeit?" Der Engländer nickte. "Ich wurde herbeordert wegen der Tigervorfälle in letzter zeit." Über Aznats Gesicht huschte ein Schatten. "Bis nach England ist die Nachricht also schon gedrungen?" "Ja - wir wurden von einem Mittler unserer Partneruniversität in Kalkutta bestellt. Ich...ich bin Spezialität für Raubkatzen, vor allem Tiger. Der Bengal Tiger, der hier in den Wäldern lebt interessiert mich besonders und daher wurde ich ausgesucht..." Joshua Stimme wurde nachdenklich als er sich an die chaotische Mitteilung erinnerte. Dekan Bradburry hatte ihn zu sich gerufen und Joshua war bereitwillig losgegangen. Das Büro war immer wieder eine Herausforderung für den jungen Dozenten gewesen. Der Empfangsraum war ordentlich und im typisch britischen Stil gehalten, der an alte Zeiten erinnern sollte. Dunkle Holztäfelung, schwere Vorhänge vor den hohen Fenstern, Möbel und Schreibtisch im viktorianischen Stil. Und wie anders dann das Schreibbüro des Dekans... Joshua hatte schmunzeln müssen, als er sich vorbeugte und durch die offene Tür in das Arbeitszimmer seines Vorgesetzten schaute. Das reinste Chaos. Früher war er einmal zufällig anwesend gewesen, als die neue Haushälterin einen Versuch gewagt hatte, nach dem Empfangsraum auch noch das Schreibbüro sauber zu machen. Dekan Bradburry war daraufhin wie eine Furie dazwischen gesprungen und hatte die verwirrte Frau wieder hinausgeschoben. Dabei hatte er wieder und wieder betont, dass dieser Raum Tabu wäre. "Dekan Bradburry?" Eine kleine Gestalt tauchte hinter einem Stapel Bücher, Holzmasken und seltsamen Waffen auf. "Dekan Bradburry!", wiederholte Joshua, diesmal allerdings lauter. Ein wenig verwundert nahm die gestalt hinter dem Haufen ihre Brille ab, putzte sie und strahlte, nachdem sie durch klare Sicht Joshua erkannte. "Mr. Jenkins! Schön, dass sie da sind. Was führt sie denn zu mir? Sie wissen, ich freue mich immer über ihren Besuch, aber heute ist es etwas stressig, wegen der Auswahl des ausführenden Expeditionsmitglieds und..." Joshua konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. Es gab seinem gutgeschnittenen Gesicht einen sehr jungenhaften Ausdruck, der über sein wahres Alter hinwegtäuschte. "Ich weiß, Dekan. Deswegen hatten sie mich doch herbeordert - erinnern sie sich nicht?" Abermals nahm der Dekan seine Brille ab um sie zu putzen und kam dabei um den Schreibtisch herum. Da er extrem kurzsichtig war, lief er prompt gegen die Ecke des Tisches und stieß einen fluchenden Schmerzenschrei aus. Joshua musste einen Hustanfall vortäuschen, damit der Dekan ihn nicht lachen hören konnte. Doch das war gar nicht nötig. Dekan Bradburry war viel zu sehr damit beschäftigt, durch die Papierhaufen auf seinem Schreibtisch zu wühlen. Einige der bekritzelten und bedruckten Blätter fielen dabei zu Boden. Joshua bückte sich, um sie aufzuheben und wollte sie gerade zurücklegen, als der Dekan ein triumphierendes "Hah!", ausstieß und den Arm hochriss. Leider war ihm dabei Joshuas Kopf im Weg. "Auh..." Der kleinere Mann wedelte mit einer grünen Aktenmappe, während Joshua sich mit der freien Hand über die schmerzende Stirn rieb. "Na, Gott sei dank, hab ich's noch gefunden!", strahlte der Dekan. Der junge Mann wirkte nicht mehr so fröhlich, mehr noch, als sein Chef fortfuhr: "Ich hätte fast das Ticket weggeworfen. Sie haben doch schon alle Impfungen gemacht? Das Wetter in Indien kann einem Mitteleuropäer leicht einige Bazillen schenken." "Impfungen? Bis...bis wann?", brachte Joshua stotternd hervor. "Na heute!" "Was?!" Dekan Bradburry nickte. "Das Memo hätte sie vor Wochen schon erreichen müssen." Joshuas Blick fiel auf einen kleinen Zettel, der an der grünen Mappe hing. Ein gelbes Post- it. Er zog es ab und las es. Darauf stand: "Memo: Jenkins über Impfungen und Teilnahme an Forschungsgruppe unterrichten." Kapitel 2: Nacht im Dschungel ----------------------------- Er stand stocksteif. Das Mondlicht wirkte fahl und verwandelte tagsüber lebendige Bäume in bleiche Knochen. Er stand vor ihm, nicht weit entfernt und sah sie an. Sein Herz lief schnell, wie ein gejagter Hase und er würde auch gejagt werden - sehr bald, dessen war er sich sicher. Der Tiger senkte den mächtigen Kopf. Lauerstellung, war das nicht die Lauerstellung, bevor die gestreiften Raubkatzen auf ihre Beute lossprangen? Joshua wusste es nicht mehr, und verfluchte sich im stillen, den Geschichten und Artikeln, die ihm seine Arbeitskollegin vor seiner Reise gegeben hatte, nicht mehr Beachtung geschenkt zu haben. Allerdings hätte es auch keinen Unterschied gemacht, wenn er es getan hätte. Er würde jetzt sterben, sterben in diesem Dschungel, wo keiner etwas von ihm wusste, wo er nur als Beute galt, sterben... Dumpfes Grollen zerriss die Luft und ein Blitz folgte ihm. Joshua stieß einen Schrei aus und riss den Kopf in die Höhe. Über ihm war der Himmel dunkel und er begann seine Schleusen zu öffnen, als hätte er es eilig - der Monsun forderte seine alte Herrschaft ein. Der Regen wurde zu einem dichten Schleier, nahm Joshua jede Sicht. Der junge Brite wusste nicht, ob das jetzt Segen oder Fluch war. Er konnte den Tiger nicht mehr genau erkennen, hoffte aber inbrünstig, dass es dem Raubtier nicht anders mit ihm ging. Der Biologe in der Gruppe, hatte Joshua erzählt, dass Raubtiere bei regen die Witterung verlören. Das Wasser würde jegliche Gerüche verwaschen und den Katzen so die Orientierung nehmen. Noch immer erstarrt stand der junge Brite mitten im Dschungel und wagte es nicht, sich zu bewegen. Seine Sinne waren hier fast gänzlich ausgeschaltete und ließen ihn kläglich im Stich. Joshua hielt den Atem an und lauschte, aber alles, was er hörte, war der Regen. Die Bestie schien verschwunden zu sein, verscheucht von den Wassermassen. Joshua gestatte es sich, wieder zu atmen und schob vorsichtig die Träger seines Wolfskin Rucksacks wieder nach oben. Er atmetet noch zwei - dreimal tief durch und machte einige Schritte nach vorn. Als nichts geschah, sah der junge Mann sich noch einmal um, schulterte den schweren Rucksack und ging weiter. Ein Fauchen erklang, wie heißer Dampf und in diesem Moment schoss der orangefarbene Schatten aus seinem versteck. Joshua schlug die Augen auf. Er war desorientiert; etwas stimmte nicht mit ihm. Aus Gewohnheit wollte er sich aufsetzen, aber als er sich bewegte, schoss rotes Feuer durch seine Schulter und er schrie auf. Eine große Hand legte sich auf seine Brust und drückte ihn zurück auf den Rücken. Joshua blinzelte. Die Gestalt, zu der die Hand gehörte, sah ihn ernst an. Der junge Engländer hatte sie zuerst für eine Frau gehalten, da langes schwarzes Haar fast ihr gesamtes Gesicht verdeckte, aber als er seinen Blick tiefer wandern ließ, wurde ihm sein Irrtum bewusst. Der Körper war eindeutig männlich - Joshua sah, dass nur eine braune Lederhose seinen "Gastgeber" bedeckte. Zwei schwarze Augen musterten ihn, allerdings mehr besorgt als neugierig. "Du darfst dich nicht bewegen. Dein Glück, dass die Kratzer nicht tief sind." Joshua blinzelte noch einmal. Die Stimme war tief und rau, fast ein wenig kratzend. Es brauchte ein Weile, bis der benommene Mann den Sinn der Worte verstand. Er sah an sich herab und blickte auf ein Stück gelbes Tuch, dass ihm als verband um den nackten Brustkorb geschlungen worden war. Er runzelte die Stirn. "Was genau ist passiert? Ich kann mich nur an den Regen erinnern und an..." Zum Ende hin war Joshua immer leiser geworden, bis er schließlich ganz verstummte. Sein Gegenüber nickte knapp und legte seine Hand auf die eigenen Schulter, an die Stelle, an der Joshua die Striemen fühlte. "Er hat dich von der Seite angefallen, aber nur gestreift. Ich sagte, du hattest Glück und das stimmt Einem Tiger auf der Jagd, kann man als Mensch nur selten etwas entgegensetzen." Der Fremde stand auf und drehte sich um. Er ging auf ein Feuer zu, dass sich in der Mitte des Raumes befand. Joshua schluckte und korrigierte sich in Gedanken selbst. kein Raum. Vielmehr eine Höhle, die sich in den Felsen schmiegte. Sie war flach, aber erstreckte sich weit nach hinten. Das Feuer erhellte nicht einmal die Hälfte des Gebäudes. Im Gegenteil; die wenigen Flammen warfen nur flackernde Schatten an die Felswände, die dadurch lebendig schienen. Bilder zuckten hin und her und Joshua fürchtete schon Fieber zu haben. Es schien für ihn, als würden die Zeichnungen sich tatsächlich vom Felsen lösen und jeden Moment um ihn herumtanzen. Er rieb sich über die Augen und versuchte, genaueres zu erkennen. Aber mehr als vierbeinige Gestalten waren in dem unruhigen Zwielicht nicht zu erkennen. Der fremde kam zurück, in seiner Hand eine Tonschüssel. "Hunger?" Joshua sah erst ihn und dann den Inhalt der Schüssel an, nickte. Der hochgewachsenen Mann stellte den Napf neben dem Lager aus Decken und - wie Joshua überrascht feststellte - Fellen ab und kniete sich hin. Geschickt stützte er den Engländer, damit der sich mit einem Minimum an Schmerzen und genug Flüchen aufsetzen konnte. Als er endlich mit dem Rücken gegen die Felswand lehnte, zitterte Joshua. Er fühlte sich schwach. "War ich lange bewusstlos?" Sein Gegenüber lächelte kurz. "Einen Tag - aber du hattest Fieber. Daher die Schwäche." Joshua nickte und fuhr sich mit der Zunge über die aufgesprungenen Lippen. Fast sofort wurde ihm eine weitere Schüssel gereicht, diesmal mit klarem Wasser getränkt. "Langsam trinken", mahnte ihn die tiefe Stimme. Einen Augenblick lang, fragte er sich, woher der Inder so gut Englisch kannte, aber dann wurde der Durst wesentlich drängender und er setzte die Schale an die Lippen. Hastig trank er und hustete die Hälfte, gleich wieder aus. Der Fremde lächelte und reichte Joshua ein Tuch. "Ist mein Englisch so schlecht geworden, Inghiliz?" Der verletzte Mann hustete weiter und wischte die Sauerei von seinem Kinn. "'Tschuldigung", nuschelte er. "Aber ich war..." Er atmete tief durch. Der Geruch der Suppe in dem Napf war sehr einladend - und prompt meldete sich Joshuas Magen. Die zweite Schale wurde ihm gereicht, aber bevor er sie an die Lippen setzte, sah er seinen Gastgeber an. "Ich bin ihnen sehr dankbar für das alles. Sobald ich wieder in der Nähe eines Telefons bin und meine Universität verständigt habe, kann ich mich bei ihnen angemessen revangieren, Mister..." Der dunkle Mann schüttelte nur den Kopf. "Das besprechen wir alles später, Engländer. Jetzt iss erst was du brauchst um wieder zu Kraft zu kommen. Und dann reden wir." Nach der Mahlzeit ging es Joshua wesentlich besser. Er fuhr sich mit der hand über den Mund und leckte sich wieder über die Lippen. Das war gut gewesen und genau das, was er gebraucht hatte. Jetzt saß er satt und bequem zurechtgebettet auf seinem Krankenlager und sah dem Fremden dabei zu, wie er die Schalen auswusch. "Sie haben mir immer noch nicht ihren Namen verraten." Der Mann stellte die Schalen in eine kleine Felsnische und drehte sich dann wieder zum Bett um. "Aznat", sagte er und ließ sich geschmeidig neben Joshua nieder. Der nickte. "Mein Name ist Joshua Jenkins." Er fuhr sich mit der hand über die verletzte Schulter. "das Angebot mit der Universität war übrigens ernst gemeint gewesen - ich möchte keine Umstände machen." Der Mann namens Aznat schien fast zu lächeln. Jedenfalls sah Joshua ein deutliches amüsiertes Blitzen in den dunklen Augen. "Ich hatte das fast vergessen", sagte er und lächelte diesmal wirklich. "So höflich und immer darauf bedacht, keine Schulden zu machen." Dann nickte er und deutete mit dem Kinn über Joshua hinweg zum Eingang der Felsbehausung, durch die man jetzt in eine absolut sternenklare Nacht sehen konnte. Der Monsun hatte sich für eine weile zurückgezogen, um neue Kräfte zu sammeln und bald mit noch stärkeren Regengüssen zurückzukehren. "Dort draußen ist es mehr als nur gefährlich, allein herum zu gehen. Hat dir das in der Stadt niemand gesagt?" Joshua rümpfte die Nase. "Ich bin gerade hier, weil es gefährlich ist. Das ist meine Arbeit." Aznat legte den Kopf schief. "Arbeit?" Der Engländer nickte. "Ich wurde herbeordert wegen der Tigervorfälle in letzter zeit." Über Aznats Gesicht huschte ein Schatten. "Bis nach England ist die Nachricht also schon gedrungen?" "Ja - wir wurden von einem Mittler unserer Partneruniversität in Kalkutta bestellt. Ich...ich bin Spezialität für Raubkatzen, vor allem Tiger. Der Bengal Tiger, der hier in den Wäldern lebt interessiert mich besonders und daher wurde ich ausgesucht..." Joshua Stimme wurde nachdenklich als er sich an die chaotische Mitteilung erinnerte. Dekan Bradburry hatte ihn zu sich gerufen und Joshua war bereitwillig losgegangen. Das Büro war immer wieder eine Herausforderung für den jungen Dozenten gewesen. Der Empfangsraum war ordentlich und im typisch britischen Stil gehalten, der an alte Zeiten erinnern sollte. Dunkle Holztäfelung, schwere Vorhänge vor den hohen Fenstern, Möbel und Schreibtisch im viktorianischen Stil. Und wie anders dann das Schreibbüro des Dekans... Joshua hatte schmunzeln müssen, als er sich vorbeugte und durch die offene Tür in das Arbeitszimmer seines Vorgesetzten schaute. Das reinste Chaos. Früher war er einmal zufällig anwesend gewesen, als die neue Haushälterin einen Versuch gewagt hatte, nach dem Empfangsraum auch noch das Schreibbüro sauber zu machen. Dekan Bradburry war daraufhin wie eine Furie dazwischen gesprungen und hatte die verwirrte Frau wieder hinausgeschoben. Dabei hatte er wieder und wieder betont, dass dieser Raum Tabu wäre. "Dekan Bradburry?" Eine kleine Gestalt tauchte hinter einem Stapel Bücher, Holzmasken und seltsamen Waffen auf. "Dekan Bradburry!", wiederholte Joshua, diesmal allerdings lauter. Ein wenig verwundert nahm die gestalt hinter dem Haufen ihre Brille ab, putzte sie und strahlte, nachdem sie durch klare Sicht Joshua erkannte. "Mr. Jenkins! Schön, dass sie da sind. Was führt sie denn zu mir? Sie wissen, ich freue mich immer über ihren Besuch, aber heute ist es etwas stressig, wegen der Auswahl des ausführenden Expeditionsmitglieds und..." Joshua konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. Es gab seinem gutgeschnittenen Gesicht einen sehr jungenhaften Ausdruck, der über sein wahres Alter hinwegtäuschte. "Ich weiß, Dekan. Deswegen hatten sie mich doch herbeordert - erinnern sie sich nicht?" Abermals nahm der Dekan seine Brille ab um sie zu putzen und kam dabei um den Schreibtisch herum. Da er extrem kurzsichtig war, lief er prompt gegen die Ecke des Tisches und stieß einen fluchenden Schmerzenschrei aus. Joshua musste einen Hustanfall vortäuschen, damit der Dekan ihn nicht lachen hören konnte. Doch das war gar nicht nötig. Dekan Bradburry war viel zu sehr damit beschäftigt, durch die Papierhaufen auf seinem Schreibtisch zu wühlen. Einige der bekritzelten und bedruckten Blätter fielen dabei zu Boden. Joshua bückte sich, um sie aufzuheben und wollte sie gerade zurücklegen, als der Dekan ein triumphierendes "Hah!", ausstieß und den Arm hochriss. Leider war ihm dabei Joshuas Kopf im Weg. "Auh..." Der kleinere Mann wedelte mit einer grünen Aktenmappe, während Joshua sich mit der freien Hand über die schmerzende Stirn rieb. "Na, Gott sei dank, hab ich's noch gefunden!", strahlte der Dekan. Der junge Mann wirkte nicht mehr so fröhlich, mehr noch, als sein Chef fortfuhr: "Ich hätte fast das Ticket weggeworfen. Sie haben doch schon alle Impfungen gemacht? Das Wetter in Indien kann einem Mitteleuropäer leicht einige Bazillen schenken." "Impfungen? Bis...bis wann?", brachte Joshua stotternd hervor. "Na heute!" "Was?!" Dekan Bradburry nickte. "Das Memo hätte sie vor Wochen schon erreichen müssen." Joshuas Blick fiel auf einen kleinen Zettel, der an der grünen Mappe hing. Ein gelbes Post- it. Er zog es ab und las es. Darauf stand: "Memo: Jenkins über Impfungen und Teilnahme an Forschungsgruppe unterrichten." Kapitel 3: Im Tempel -------------------- Als seine Gedanken, ins Jetzt zurückkehrten, sah Joshua sich mit Aznats dunklen Augen konfrontiert. "Tiger, also?", fragte er und der Brite nickte. Aznats Augen blitzten abermals auf. Das Thema schien ihn zu interessieren. Joshua wischte sich einen letzten Rest Suppe vom Kinn. "Da du...das du macht dir doch nichts aus?`", unterbrach er sich selbst, da Aznat ohnehin nicht viel von Höflichkeitsfloskeln hielt. Der Mann nickte auch nur und daher fuhr Joshua fort: "Da du ja hier im Wald lebst, müsste dir doch auch schon etwas aufgefallen sein? Ich meine, ganz ungefährlich kann es doch auch nicht sein." Aznat sah wieder hinaus, in Richtung Dschungel. "Der Tiger, wegen dem du hier bist, reißt noch nicht lange Menschen. Und hierher traut er sich nicht." Joshua hob fragend seine Augenbraue. "Nun, Tiger, also alte Tiger reißen hin und wieder Menschen, allerdings nur, wenn sie sonst keine Beute finden. Von solchen Fällen gibt es aber bisher erst zwei dokumentierte Ereignisse und die Tiere wurden recht schnell gefangen und getötet." Er strich sich die langen Ponysträhnen aus den Augen. "Welches Zaubermittel hast du denn gefunden, dass er dich ausgerechnet hier in Ruhe lässt?" Aznat stand auf, nahm eine kleine Lampe vom Borden und entzündete ihren Docht. Mit dem kleinen Licht in der Hand, ging er dann näher an die Felswände heran und beleuchtete sie. Der runde Schein der Flamme, erhellte einen winzigen Teil der sonst so großen Wand, aber jetzt konnte Joshua endlich mehr von den Zeichnungen darauf erkennen. Es waren Tiger. Stilisierte Tiger, die mit den Schwänzten peitschten, die Mäuler mit den gelben Zähnen fauchend aufgerissen. Unwillkürlich lief dem Biologen ein eisiger Schauer über den Rücken, der nichts mit dem Nachtwind zu tun hatte, der sich hereingeschlichen hatte. Obwohl die Wildkatzen auf dem Stein nur aus Farbe bestanden, wirkten sie unwirklich und gleichzeitig lebendig. Joshua versuchte sich einzureden, dass es nur an der flackernden Dochtflamme lag, aber es klang dünn und fadenscheinig. Der Bann brach, als Aznat die Lampe wieder sinken ließ. "Er fürchtet diesen Platz", sagte er schlicht und kam wieder zum Bett. Joshua zog seine Knie an und schlang die Arme darum, wobei er kurz zusammenzuckte, als er die Schulter in einer schmerzhaften Weise bewegte. "Das lässt ja hoffen", meinte er etwas gequält, noch immer verwirrt von den seltsamen Bildern. "Und wie willst du etwas gegen diesen Tiger unternehmen?", fragte Aznat ruhig. Der Engländer schüttelte den Kopf. "Ich werde die Sache anschauen und beurteilen, ob es sich tatsächlich um einen einzelnen Tiger handelt. Sie sind zwar Einzelgänger, aber vielleicht haben sich doch mehrere Zusammengeschlossen. So ein verhalten hat man auch schon beobachtet. Da bisher drei Menschen zum Opfer geworden sind, wird die Lage kritisch, nicht nur für das nahe Dorf. Falls ich den Unterschlupf finde, werde ich den Mittler aus Kalkutta anrufen und er wird sich dann um alles weitere kümmern." Joshua sah auf seine Hände. "Tiger sind in Indien selten geworden - man kann es sich nicht mehr leisten, eine wilde Hetzjagd zu veranstalten." Er seufzte leise. "Tiger sind eigentlich nicht...nicht so. Blutrünstig, meine ich." Der Inder brummte leise, stand dann wieder auf und ging zur Höhlenöffnung. "Du brauchst noch mehr Schlaf, Engländer." "Und was machst du?" Aznat antwortete nicht, ließ sich jedoch am Höhleneingang nieder, die Beine überkreuzt und sah hinaus auf den Dschungel. ******* Am nächsten Morgen, saß Aznat bereits wieder neben dem Bett, als Joshua aufwachte. Die Besorgnis seines Gastgebers erschien dem Briten fast als unheimlich, aber er war trotzdem froh und dankbar. Es war nicht nur die Fürsorge und das versorgen der Wunden gewesen - Joshua wusste, dass er jetzt sicher nicht mehr atmen und sitzen würde können, wenn der Inder nicht gewesen wäre. Wenn ein Bengal Tiger wirklich angriff, hielt ihn sonst kaum etwas zurück. Die mächtigen Raubkatzen hatten keine natürlichen Feinde zu fürchten. Nachdenklich musterte er daher den Inder und fragte sich im stillen, wie der es geschafft hatte, das Raubtier zu verjagen. Der hochgewachsenen Mann war gerade dabei gewesen, weiteres Wasser zu holen und sah genau in dem Augenblick auf, als Joshua ihn so nachdenklich musterte. Der Rothaarige merkte, wie sein Gesicht die Farbe seiner Haare annahm und sah schnell zur Seite. Er war ein wenig überrascht über sich selbst. Dass er ein eindeutiges Faible für Männer hatte, war ihm schon seit längerem klar. In London war er auch oft genug dieser Leidenschaft nachgegangen, aber Schüchtern war er dabei eigentlich nie gewesen. Joshua mochte vielleicht nicht der Paradeschwule sein, der in den Achtzigern auf der Strasse demonstriert hatte, aber gerade im Job hielt er sich über seine Sexualität eher bedeckt. Homosexualität war nicht unbedingt förderlich, wenn man einen Posten an der Akademie anstrebte. Joshua erinnerte sich gut, an seinem Inneren Zwiespalt, was sein Outing anging. Er war damals noch mit Vincent zusammen gewesen, der niemals einen Hehl daraus gemacht hatte, dass er lieber mit Männern ins Bett stieg. Es hatte lange Diskussionen gegeben, zwischen den Beiden, weil Joshua bisher noch niemandem gesagt hatte, dass er schwul ist. "Pussy", hatte Vincent ihn beschimpft und war wütend durch die Wohnung gelaufen, weil Joshua ihn seinen Eltern als "Studienkollegen und guten Freund" vorgestellt hatte. Er war in diesem Augenblick beschämt, wie nie gewesen und hatte Vincent nicht ins Gesicht sehen können. Kurze Zeit später, hatten sie sich getrennt. Aznat reichte ihm wieder die Schale mit dem kühlen Nass und nickte auffordernd. Joshua sah ihn kurz an, nahm dann die Schale und trank. Er seufzte leise, unhörbar als er die Schale wieder absetzte. Homosexualität, egal ob bei Männern oder Frauen, war seines Wissens nach in Indien verpönt. Es wurde als unnatürlich angesehen und so sehr verdammt, dass man nicht einmal darüber sprach. Joshua sollte gar nicht erst anfangen, über die Attraktivität des Mannes neben sich nach zudenken. Allerdings war das einfacher gedacht, als getan... Er schluckte und schloss für einen Moment die Augen, um sich zu sammeln. Aznat zog an dem Verband um Joshuas Körper. "Lass mich nachsehen." Ein wenig steif beugte Joshua sich vor, damit Aznat den Knoten des Stoffes lösen konnte und ihm den Verband abnehmen konnte. Der Inder musterte die drei roten Kratzer, deren Enden bis zu Joshuas Brust reichten. So, wie es brannte, hatte das Raubtier auch noch einen Teil seines Rückens erwischt. Joshua drehte den Kopf zur Seite und sah auf die roten Enden der Kratzer, auf denen etwas Grünes geschmiert war. "Was ist das?" Aznat berührte leicht die aufgeschlitzte Haut und runzelte nachdenklich die Stirn. "Kräuter", sagte er nur und kratzte mit der Fingerkuppe etwas von dem grünen Gemisch herunter. Er achtete nicht auf Joshua, der hin und wieder zusammenzuckte, wenn Aznat so die langsam verheilenden Striemen streifte. Nach einer Weile nahm Aznat ein weiteres Stück Tuch und band es um Joshuas Brust. "Es verheilt gut. In ein oder zwei Tagen ist es verschwunden." Joshua schielte auf den Verband. So schnell also? Für ihn hatte es sich angefühlt, als wäre da wesentlich mehr passiert. Entweder war er neuerdings sehr schmerzempfindlich oder Aznats Kräuter hatten einen unglaublichen Effekt. "Was genau für Kräuter waren das?", fragte er etwas ungläubig. Aznat schüttelte den Kopf. "Ich kenne ihre Namen nicht. Jemand...gab sie mir einmal." Der Inder nahm etwas von der abgekratzten grünen Salbe auf die Hand und hielt sie Joshua hin. Der betrachtete das Klümpchen nachdenklich. "Man schmiert es auf die Haut und es hilft, die Heilung zu unterstützen. Allerdings darf sie nicht länger als einen Tag dort bleiben, sonst wird sie zu Gift." Aznats Erklärung war nicht sehr befriedigend und Joshua schüttelte den Kopf. "Ich würde mir das irgendwann einmal gerne näher ansehen." Der Inder zog seine Hand zurück und schloss sie zur Faust, als würde er fürchten, dass der Mann im Bett ihm das Geheimnis der Salbe stehlen könnte. Er sagte nichts, zu Joshuas Bitte und der Engländer sah betreten zur Seite. Er hatte etwas falsch gemacht, war sich aber nicht ganz sicher, was. Um seine Verlegenheit zu überspielen, stützte er die Hände in die Decken unter ihm und versuchte, aufzustehen. Wortlos schlang sich ein kräftiger Arm um seine Taille, ein weiter legte sich um seine Schultern und Aznat half ihm auch. Es traf Joshua unvorbereitet aber dafür umso stärker: Aznats Duft, eine Mischung aus Wald, Regen und Kräutern hüllte ihn ein, nahm Joshua den Atem. Der Rothaarige japste unabsichtlich, als die schiere Anwesenheit des Mannes ihn derartig aufregte. Aznats besorgter Blick legte sich auf ihn. "Tut dir etwas weh?" Unfähig zu sprechen, schüttelte Joshua nur den Kopf und konzentrierte sich darauf, auf seinen noch wackeligen Beinen zu stehen. Der Arm seines Gastgebers lag dabei noch immer um seine Schulter, für den Fall, dass die zittrigen Stelzen unter Joshua nachgaben, was an dessen Erregung allerdings nichts äderte. Verdammt, fluchte er stumm und mied sorgsam jeden Blick zur Seite. Die bronzene Haut war warm; Joshua spürte es nur allzu genau, da er kein Hemd mehr trug. Muskeln bewegten sich unerwartet geschmeidig darunter, bei jeder Bewegung, die der Inder tat. Joshua war nicht schmächtig aber neben diesem Mann fühlte er sich wie ein zerbrechliches Kind. Es schien ihm kaum Mühe zu machen, seinen Körper zu halten und zu stützen. Joshua schämte sich, als ihm Bilder durch den Kopf schossen, die sehr viel mit Aznat zu tun hatten, während der nur daran interessiert schien, ihm zu helfen. Aznat führte ihn durch den Höhlenraum bis zur Türöffnung, wo Joshua halt machen musste. Der junge Brite stützte sich an den Türrahmen und war froh, dass Aznat ihn losließ. Dass dessen Berührung ihn so aufregte, machte ihn unsicher und befangen. Er hob den Blick und ihm stockte der Atem - Aznats Wirkung auf ihn war für einen Augenblick vergessen. "My Goodness...", stieß er unbewusst hervor und sah Aznat an, der lächelte. "Ich sehe gerne hinaus", sagte der und deutete mit einer knappen Geste auf das Tal vor sich. Joshua konnte nur nicken, während er wieder hinsah. Er stand auf einem kleinen Felsplateau und unter ihm erstreckte sich der weite Dschungel. Etwas entfernt sah man die Lichtung im Dschungel, wo das Dorf stand. Eine winzige Ansammlung von Hütten, zu klein um einen Namen zu haben und unscheinbar gegen die grüne Weite um sich herum. Joshuas Blick reichte weit. Nach seinem überstürzten Aufbruch nach Indien und seinem raschen eintreffen hier, hatte er bisher nicht die zeit gehabt, sich der Schönheit dieses Landes bewusst zu werden. Jetzt traf sie ihn mit aller Macht und er verliebte sich in binnen eines Lidschlags. "Du solltest wieder reingehen - der Wind ist rau hier", holte ihn Aznats tiefe Stimme in die Wirklichkeit zurück. Joshua nickte und stützte sich wieder auf die Schulter des Inders. Kapitel 4: Näherkommen ---------------------- Auch der zweite und dritte Tag bestand für Joshua aus essen und schlafen. Da er sich wieder ans Laufen gewöhnt hatte, erkundetet er selbstständig die Umgebung und entdeckte, dass die Felshöhle eigentlich ein Tempel war. Eingelassen in den Fels, so dass man ihn nicht auf den ersten Blick sah. Er ging nie sehr weit, aber das brauchte er auch nicht. Der Dschungel um den Tempel herum zeigte ihm, dem gelernten Biologen, genug interessantes und neues. Aznat war meist bei ihm, gab Joshua aber nicht das Gefühl, bewacht oder eingeschränkt zu sein. Er fühlte sich in der Nähe des Inders wohl, obwohl er mehr und mehr mit seinem aufsteigendem Verlangen zu kämpfen hatte. Es war nicht nur das übliche Anziehen; Aznat sah gut und ansprechend aus, kein Zweifel. Aber da war noch etwas anderes, etwas das Joshua direkt ansprach. Die Nächte gestalteten sich da allerdings schwieriger. Joshua wusste nicht, wann der Inder schlief, aber jedes Mal, wenn er aufwachte, sah er Aznat an der Türöffnung sitzen und hinaus sehen. Joshua selbst schlief meist sehr unruhig, verursacht von träumen, die seine Nachtruhe störten. Tagsüber konnte er dem Verlangen aus dem weg gehen, es unterdrücken, aber dafür brach es in der Nacht umso stärker durch. Er träumte, dass Aznat ihn wieder hielt, doch nicht um ihn zu stützen - seine Berührungen hatten etwas liebkosendes an sich, drückten den Briten fester an sich und ließ seine Hände über den weißen Körper gleiten. Morgens wachte Joshua immer mit einer harten Beule in der Hose auf und versuchte, die Decke solange über seinem Schoss zu behalten, bis die peinliche Angelegenheit abgeklungen war. Am vierten Tag brachte Aznat eine großes, zu einem Beutel gebundenes Tierfell mit. Wasser schwappte heraus, als er sich zu schnell bewegte. Joshua, der noch im Bett lag und gerade erst aufgewacht war, beobachtete, wie der Mann den Wasserbeutel aufhängte. Eine Ecke ließ er dann herunter und fing das herausfließende Wasser mit der üblichen grossen Tonschüssel auf. Er nickte Joshua zu, ging dann wieder zum Eingang und stellte die Schüssel ab. Mit einer raschen Bewegung zog er sich sein Wams über den Kopf und setzte sich, ihm den Rücken halb zugewandt, auf die Schwelle. Sein Hemd lag achtlos neben ihm auf dem Boden. Joshuas Augen folgten den Bewegungen der Hände, die den nackten Körper berührten. Der dunkelhaarige Mann tauchte einen Lappen mit Wasser immer wieder in die Tonschüssel und wischte sich mit damit über den muskulösen Brustkorb. Das lange Haar hatte er zu einem Knoten geschlungen, damit es ihn nicht behinderte und so hatte Joshua freie Sicht auf das Muskelspiel unter der bronzenen Haut. Er biss die Zähne zusammen und zwang sich, den Kopf zur Seite zu drehen. Gut und schön, dass er seit einiger Zeit den Sex vernachlässigt hatte, aber er war sich sicher, dass sein Gastgeber die Neigung zu Männern für krank und pervers halten würde. Das sagte er sich nun seit mittlerweile drei tagen. Joshua jetzt mit einem Ständer in der Hose und gierigen Augen zu sehen, würde dem Engländer wohl sicher keine Sympathien einbringen. Apropos Ständer... Der junge Mann runzelte die Stirn und drehte sich mit einem Ächzen auf die Seite, damit Aznat die verräterische Wölbung unter dem dünnen Laken nicht sehen würde. Er hätte sich gerne wenigstens selbst Erleichterung verschafft, aber mit Aznat im Rücken war das unmöglich. So schloss Joshua die Augen und konzentrierte sich darauf, an alles andere zu denken. Die Geräusche hinter ihm ließen darauf schließen, dass sein Gastgeber sich noch immer wusch. Dann platschte es leise und etwas raschelte. Schließlich kamen Schritte auf ihn zu. Joshua schlug die Augen auf - und keuchte. Direkt vor ihm stand Aznat, vollkommen nackt! Sein Körper glänzte noch immer feucht und auf seinem Gesicht lag ein ruhiger Ausdruck. Er beugte sich vor und wollte Joshua stützen, doch der wich hastig zurück. Aznat hob fragend eine Augenbraue. "Ich will dir helfen, damit du dich auch waschen kannst." Joshua wurde rot. "Ich...danke, geht schon. Das Aufsetzen, meine ich. Und das...das waschen", stammelte er verwirrt und kam sich selten dämlich vor. So ähnlich hatte er sich damals gefühlt, als Alan Collin ihm zwischen die Beine gefasst und grinsend gefragt hatte, ob er ihm doch mal den Schwanz lutschen dürfte. Aber er konnte jetzt nicht sicher sagen, was passieren würde, wenn der nackte Mann ihn berühren würde. Aznat sah noch immer verwirrt aus, doch er zuckte nur mit den Schultern und richtete sich wieder auf. Joshua bemühte sich, unter allen Umständen nicht zwischen seine Beine zu starren. "Dann steh auf und zieh dich aus. Ich hole dir frisches Wasser." Froh und dankbar, dass er eine Möglichkeit bekam, alleine zu sein, nickte der Engländer nur und setzte sich auf. Aznat streifte seine Hose über, nahm die Wasserschüssel und verließ den Tempel. Joshuas Blick folgte ihm und ohne nachzudenken, legte dieser seine Hand locker auf den Oberschenkel. Der Biologe atmete tief ein und ließ sie ungehindert weiter wandern. Ein wenig zittrig knöpfte er seine Khakihose auf und schlüpfte unter die Baumwolle der Boxershorts. Wenn er das wirklich tun wollte, musste er sich beeilen, denn er wusste nicht, wie lange sein Gastgeber fort sein würde. Er war selbst erschrocken darüber, wie hart sein Glied bereits war - Herrgott, solange konnte es doch nun wirklich noch nicht hersein! Er fluchte im Stillen, was ihn aber nicht daran hinderte, seine Erektion zu umfassen und hastig daran zu reiben. Hinter seinen geschlossenen Augenlidern sah er wieder Aznat vor sich, wie sich die Muskeln unter der Haut bewegten, wie perfekt die Gliedmassen zueinander passten. Joshua keuchte, als er wieder das Geschlecht des Inders vor sich sah. Fast haarlos, gerade, nahezu perfekt. Seine Phantasie verselbstständigte sich, als er sich vorstellte, wie es sich aufrichtete, hart und heiß. Aznats Hände, die ihn auf das Bett niederdrückten, seine Beine spreizten, um selbst dazwischen platz zu finden... Draußen waren Schritte zu hören. Joshua zuckte zusammen. Aznats massige Gestalt erschien in der Türöffnung. Joshua biss die Zähne zusammen - er war schon viel zu weit gegangen, war zu kurz vor dem Höhepunkt, um jetzt aufhören zu können. Er wusste, was er da gerade tat, aber die Lust kümmerte sich nicht darum. Aznat sah zum Bett und genau in diesem Augenblick floss weißer Samen über die Hand des Briten. Er keuchte, beschämt, überrascht und starrte Aznat mit weit aufgerissenen Augen an, sein zuckendes Glied unter der Decke noch immer in der Hand. Holy Shit!, schoss es ihm durch den Kopf, aber seine Scham verwandelte sich in Verwirrung, als Aznats Gesicht sich keinesfalls zu einer wütenden Grimasse verzog. Vielmehr kam dieser näher und stellte die Waschschüssel neben dem Bett ab. Dann zog er trotz Joshuas Protest die Decke weg. Der Brite spürte, wie er rot wurde, als er nun so entblößt vor Aznat da saß, aber der schob nur die schützende Hand des jungen Mannes weg und umfasste den Hosenbund. Er zog Hose und Unterhose in einer Bewegung über Joshuas Knöchel und legte sie sorgsam in eine Ecke. Dann setzte er sich neben den verletzten Mann, nahm den Lappen und tunkte ihn in das kalte Wasser. Joshua wusste, dass sein Gesicht dem einer Ampel gleichen musste und er mied Aznats Blick, als der begann, ihn mit dem feuchten Tuch zu waschen. "Dir scheint es besser zu gehen, Engländer", erklang Aznats tiefe Stimme und Joshua hörte einen deutlich spottenden Unterton heraus. "Ich kann das erklären, verdammt...", murmelte er, aber Aznat schüttelte den Kopf. Joshua sah es aus dem Augenwinkel. "Was willst du erklären?" Joshua wurde noch röter. Das ganze intensivierte sich, als er merkte, wie sein ausgehungerter Körper auf den Duft der von Aznats Haar ausging reagierte. Es war ein herber Geruch, der bekannt war aber doch irgendwie fremd. Die großen Hände, die über Joshuas Beine und seinen Brustkorb glitten taten ihr übriges und er merkte, wie sich zwischen seinen Schenkeln etwas regte. Diesmal war da keine Decke, die ihn vor Blicken schützte und auch Aznat warf einen Blick zu Joshuas Unterleib. Er hob den Kopf und sah den Briten an. Joshua schluckte, als ihn diese schwarzen Augen musterten, mit einem Blick, den er nicht deuten konnte. So erwiderte er ihn nur, hoffte, dass er das richtige tat. Dann keuchte er auf. Aznats Hand, die das Tuch hielt, war über den Bauch zu Joshuas Schoss geglitten, gezielt zu dem halb aufgerichteten Glied. Langsam streichelte die kühle Nässe darüber, während er noch immer den Blick des Engländers gefangen hielt. Der wagte kaum zu atmen, starrte nur hypnotisiert in diese schwarze Dunkelheit, in der man ertrinken konnte, wenn man nicht acht gab. Die Berührung durch diesen Mann schien kaum zu zählen, im Gegensatz zu seinen Augen. Sie bannten Joshua, versprachen Ekstase aber auch ein Geheimnis. Mit einem Ruck riss er sich von Hand und Augen los, stieß Aznats Arm beiseite. Etwas lief ganz entsetzlich schief. Joshua hatte Angst vor diesen Augen aber gleichzeitig schrie alles in ihm, dass er zurückgehen sollte, dass er sich wieder diesen Berührungen hingeben sollte. Er zitterte. "Wovor läufst du fort, Engländer?" Der Angesprochenen schloss die Augen. "Vor dir...vor mir...ist doch auch egal..." Aznats Atem traf ihn heiß im Nacken und augenblicklich zog sich Joshuas Haut zusammen. Die feinen Härchen auf den Armen richteten sich auf. Weiche Lippen berührten sein Ohr. "Ist es das? Ist es dir wirklich egal?" Diese tiefe Stimme, die man mehr mit dem Körper hörte, als nur mit den Ohren... Der Brite seufzte unwillkürlich. Aznats Arm legte sich um seine nackte Taille und die Hand fuhr zielsicher zwischen Joshuas Schenkel. Sie fasste das noch immer halbaufgerichtete Geschlecht und Aznats Mund begann, über Joshuas Hals zu fahren. Der junge Mann konnte ein leises Stöhnen nicht aufhalten, und spürte, wie das Aznat nur anregte. Der Griff um sein Geschlecht war fester geworden und er spürte die Hitze vom Mund des Inders nur allzu deutlich auf seiner Haut. An den Stellen, die er verlassen zurückließ, war die Luft kühler, sehnte sich die warmen Lippen zurück. Joshua gab auf. Zu sehr hatte er sich danach gesehnt, den Inder endlich so nah bei sich zu spüren, dass sein gesamter Körper ihn fühlen konnte. Wie so oft schon in seinen Träumen griff er in das schwarze Haar und der Knoten löste sich. Es fiel weich über die breiten schultern, streichelte nun auch Joshua und er seufzte. Sacht drängten seine Hände Aznats Kopf wieder höher, um ihn endlich küssen zu können, diesen geschickten Mund endlich spüren zu dürfen. Als sie sich das erste mal berührten war es zaghaft. Joshua traute sich noch nicht, seinem Verlangen zu rasch nachzugeben. Aznat besaß diese Zurückhaltung nicht. Er spaltete Joshuas Lippen mit seiner Zunge, leckte über dessen Mundwinkel und legte seine Handfläche um seinen Hinterkopf. Fordernd zog er Joshuas Gesicht so näher zu sich heran, löste sich aber von dessen Mund und bedeckte die blassen Wangen mit Küssen. Der Engländer seufzte leise und schloss die Augen, genoss Aznats Mund, der die Lider küssten. Die Finger des Inders hielten ihn immer noch umfasst, strichen über das Glied, dass jetzt vollkommen aufrecht stand und fordernd in Aznats Hand zuckte. Sacht fuhr der warme, weiche Mund weiter, zurück zu Joshuas Hals. Mit leichtem Druck massierten die langen, schlanke Finger des Inders Joshs Erregung und er fühlte, wie er zum zweiten mal an diesem Tag einem Höhepunkt nahe war. Aznats Geruch reichte schon aus, ihn wahnsinnig zu machen! Alles, woran er jetzt noch denken konnte, war der warme Körper neben ihn, die Hand, in die er sich schmiegte. Joshua drehte den Kopf, umfasste Aznats Schultern um sich nicht zu verlieren. Die Muskeln, die Rundungen seiner Schultern fühlten sich unter Joshuas suchenden Fingern so gut an. So gut... Aznat rutschte wieder höher, bis er gleichauf mit Joshua lag und der Brite spürte den heißen Atem an seiner Wange. Er drehte den Kopf wieder, um Aznats suchendem Mund entgegen zu kommen. In seinem Innern herrschte Aufruhr, aber deutlicher als alles andere, fühlte er, dass jeden Augenblick sein Klimax kommen musste. Es war viel zu früh, zu schnell, aber er konnte einfach nicht mehr warten. Joshua schlang seine Arme vollends um Aznats Schultern und barg sein Gesicht an dessen Brust. Ein heiserer Schrei drang von seinen Lippen, als der Höhepunkt ihn traf und deutlich sichtbar die Hand des Inders netzte. Noch im Nachklang des Orgasmus, stieß Joshuas Härte gegen die kosenden Finger, bis er erschöpft in Aznats Armen dalag. "Lässt du dir jetzt beim waschen helfen?", flüsterte der mit einem Lächeln an Joshuas Wange. Der Engländer lachte. Es klang atemlos. Er strich über den muskulösen Oberarm seines Liebhabers und nickte. "Ja." Kapitel 5: Inghiliz ------------------- In dieser Nacht wollte Aznat sich wieder an seinen Platz am Türeingang setzen, aber Joshua hielt ihn zurück. Sie hatten die Stunden seit dem Morgen zusammen im Bett verbracht, aber Joshua schien noch nicht gesättigt. Er wollte noch nicht von dem Inder ablassen und bereitwillig ließ Aznat sich wieder zurück ziehen. Joshua beugte sich über ihn, als er auf dem Rücken lag und küsste die weichen Lippen, die er den ganzen Tag über schon gekostet hatte. Der Hunger in ihm, nach Aznats Fleisch, nach seinen Küssen, war nur größer geworden, je öfter er ihn befriedigen wollte aber dem Inder musste es wohl ähnlich gehen. Er gab ebenso bereitwillig den Kosungen des Briten nach. "Warum sitzt du jeden Abend an der Tür", fragte Joshua zwischen zwei Küssen. Aznat sah zu ihm auf und strich Joshua einige rote Haarsträhnen aus den Augen. "Ich beobachte", war die leise Antwort. "Was, willst du mir nicht verraten?" Aznat richtete sich auf und drückte nun seinerseits Joshua auf den Rücken. Seidiges, schwarzes Haar hüllte beide wie ein dunkler Vorhang ein. Josh hob eine Hand und fuhr über Aznats Lippen, die seine Fingerkuppen küssten. "Nein", sagte der Inder leise und sah seinen Liebhaber aus sanften dunklen Augen an. Fragend runzelte Joshua die Stirn, aber im Augenblick war ihm nicht nach Fragen. Er wollte etwas anderes und zog daher Aznats Gesicht wieder zu sich herunter... Am morgen wurde Joshuas durch Aznats Hand geweckt, die ihn leicht an der Schulter berührte. "Was ist?" Der Inder kam auf seine Füße. "Steh auf. Ich möchte dir etwas zeigen." Joshua rappelte sich auf und kam auf die Füße. Etwas verlegen bückte er sich nach der Hose, die neben dem Bett lag. Aznat stand bereits an der Türöffnung und nickte Joshua noch einmal auffordernd zu, bevor er begann, an einem schmalen Pfad die Klippe hinter zu steigen. Der Brite beeilte sich, ihm zu folgen, auch wenn er wesentlich langsamer voran kam. Aznat bewegte sich sicher, schien seinen Körper vollkommen unter Kontrolle zu haben. Joshua hatte so eine Art sich zu bewegen bei einigen Profisportlern gesehen, meist Fechter. Jede ihrer Bewegungen war sicher, gezielt und geplant. Aznat vor sich gehen zu sehen, war dem sehr ähnlich. Einige Steine lösten sich unter Joshuas Fuß und er kam ins Straucheln, fing sich aber wieder, bevor er fallen konnte. Sein Liebhaber war schon an seiner Seite und hatte die Arme ausgestreckt, für den Fall, dass Joshua tatsächlich gestolpert wäre und kurz war etwas in seinen Augen aufgetaucht, dass Joshua an eine Täuschung glauben ließ. Es wirkte seltsam bekannt, aber die Gänsehaut auf Joshuas Rücken, ließ ihn ahnen, dass die Erinnerung nicht angenehm war. Nur, woran erinnerte es ihn? Aznats Arm legte sich um Joshuas Schulter und führte ihn. Nach einer Weile hatten sie den Fuß der Klippe erreicht und dichter Dschungel türmte sich vor Joshua auf. Er runzelte die Stirn, aber Aznat ließ ihn los und trat mitten hinein. Nach kurzem Zögern folgte ihm der Engländer und sah erst jetzt, als er dem Inder folgte, dass sich der Pfad von der Klippe weiter schlängelte, direkt durch das dichte Grün hindurch. Joshua ging hindurch und schluckte. Hatte ihn die Aussicht von der Klippe schon beeindruckt, verschlug ihm das hier förmlich die Sprache. Aznat hatte ihn an ein natürliches Felsengebiet geführt, in dass Jahrhunderte lang geduldiger Regen ein Becken gewaschen hatte. Wasser floss auch weiterhin hinein, von einem hohen Wasserfall herab, füllte das Becken immer wieder aufs neue. Joshua musste sich ein Schmunzeln verkneifen. So umsäumt von den blühenden Dschungelpflanzen, erschien der Wasserfall fast zu schön um nicht kitschig zu sein. Das schlug jede Bacardi Werbung aus dem Feld, sagte er sich selbst, konnte aber nicht verhindern, gefangen auf das Wasser zu blicken. Aznat hatte bereits sein Wams ausgezogen und streifte gerade seine Stiefel ab. Joshuas Lächeln wurde breiter. Das rundete das Bild ab - der halbnackte Mann in dieser betörenden Umgebung. Was konnte er sich noch mehr wünschen? Der Brite trat ans Ufer, neben Aznat und musterte seinen gegenüber. Aznat erwiderte den Blick. "Gefällt es dir?" Joshua nickte. "Du lebst schon recht lange hier, wenn du dich so auskennst?" Diesmal war es an Aznat, zu lächeln. Er hatte seine Hose mittlerweile geöffnete und ließ den Bund achtlos fallen, bis der Stoff um seine Knöcheln lag. "Es ist mein Wald", sagte er schlicht und glitt ins Wasser. Joshua runzelte leicht die Stirn, musste aber immer noch grinsen. Aznat mochte etwas exzentrisch sein, aber wer war das nicht, wenn man alleine im Dschungel lebte? Neugier regte sich in dem jungen Mann. Warum lebte Aznat eigentlich so alleine hier? Er könnte leicht den Wald verlassen und als Model arbeiten, wenn gar nichts mehr lief. Joshua rieb sich nachdenklich mit den Fingern über die Lippen. Es gab vieles, was an Aznat ungewöhnlich war, aber bisher hatte Joshua nicht gefragt. Es war seltsam, aber der sonst so neugierige Mann war diesmal einfach nicht dazu gekommen, weiter zu bohren. Er war viel zu sehr gefangen von dem Anblick seines Liebhabers, dessen Duft, seine Berührungen... Joshua schluckte. Das klang schon fast, als wäre er von Aznat abhängig, wie von einer Droge! Er schüttelte den Kopf. So etwas war ihm noch nie bei einem Mann passiert. Nicht einmal nach seinem ersten mal, als sein damaliger Liebhaber ihn grinsend als Süchtling bezeichnet hatte. Joshua war sich durchaus bewusst, dass er sein Sexualleben bisher eher kärglich behandelt hatte. Vor Vincent hatte er nur einen freund und einige One Night Stands gehabt. Die Angst, dabei entdeckt oder verraten zu werden hatte dem jedes mal einen bitteren Beigeschmack verliehen. Als ihn dann auch noch Vincent verlassen hatte, hatte Joshua sich vollkommen zurückgezogen. Er wollte niemanden kennen lernen, aus Angst, ihm und sich wieder wehzutun, weil er einfach nicht zu dem stehen konnte, was er war. Hier im Dschungel fühlte er sich zum ersten mal frei. Vielleicht lag sein verlangen, Aznat ständig berühren zu wollen, darin. Joshua konnte tun, was immer er wollte, ohne sich verstellen zu müssen. Sein Blick fiel auf Aznats Körper, der jetzt Taillentief im Wasser stand. Und ihm viel auch einiges ein, was er jetzt tun wollte... Rasch streifte er seine Sachen ab und stieg ins Wasser. Es war kalt und hörbar schlugen seine Zähne aufeinander. Aznat hörte das und drehte sich um. Er kam zurück ans Ufer und legte seine Hände auf Joshs Hüften. "Kalt?" "Etwas." Aznat lächelte nur und eine Prise Spott lag darin. Er selbst ließ seinen Körper vollkommen ins Wasser gleiten, schwamm geschmeidig einige Züge. Mit deutlichen kräftigen Bewegungen, teilte er das wasser. Joshua biss sich auf die Lippen. Er wollte vor Aznat nicht als Weichei da stehen und folgte ihm, ohne auf die Kälte des Wassers zu achten, dass nun wie tausend nadeln stach. ,Memme', schimpfte Joshua leise mit sich selbst und stieß sich mit den Füßen ab. Wasser schlug über seinem Kopf zusammen und er schwamm gleich wieder an die Oberfläche. Aznat schwamm etwas entfernt. Er teilte das Wasser mit kräftigen Schwimmbewegungen und drehte kurz den Kopf um hinter sich auf Joshua zu sehen. "Ihr habt nicht viel Wasser auf eurer Insel, nicht wahr Inghiliz ?" Joshua schwamm ihm hinterher. Er runzelte dabei leicht die Stirn, während sein Körper sich langsam an das kalte Wasser gewöhnte. Da war etwas, etwas, dass Aznat gerade gesagt hatte.... Joshua folgte dem Inder bis zu einem Felsen, der aus dem Wasser ragte und hielt sich daran fest. Aznat tat es ihm nach, stieß sich dann aber wieder ab und schwamm zurück. Joshua sah ihm zu. Musterte nachdenklich das so typische schwarze Haare des Inders. Inder...Indien...Asien.... Plötzlich hellte sich Joshuas Miene auf, als ihm einfiel, was ihn an Aznats Aussage so beschäftigte. Er hatte an seiner zeit an der Universität auch einige Semester Orientalistik besucht. Sein Professor hatte damals die Entwicklung der orientalischen Sprachen aufzeigen, wie sie sich von den gemeinsamen Ursprüngen des Indogermanischen gelöst hatten. Als Beispiel hatte er das Wort Inghiliz benutzt - das altpersische Wort für Engländer. Natürlich würde heutzutage niemanden mehr so nennen, hatte der Professor damals hinzugefügt und Joshua starrte Aznat wieder hinterher. Warum benutzte der Inder es? Aznat schien den Blick zu spüren, mit dem Joshua ihn musterte und drehte leicht den Kopf. "Du siehst verwirrt aus." "Warum nennst du mich so?" Der Inder antwortetet nicht, tauchte stattdessen unter die Wasseroberfläche Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)