Entscheidungen von rot (Epilog von Schatten des Lichts) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Epilog von Schatten des Lichts Entscheidungen Teil 1 Sechs Jahre später: Die Zeitungen berichteten noch lange Zeit später von dem mysteriösen Phänomen, das sich an jenem Morgen abgespielt hatte, bis man sich darauf geeinigt hatte, dass die Vorkommnisse auf eine astronomische beziehungsweise physikalische Erscheinung zurückzuführen sei, obwohl noch lange weitere Theorien gesponnen wurden. Vieles hatte sich in jenen Jahren verändert. Seiji war seit jenem Vorfall nicht wieder zu erkennen gewesen. Man hatte ihn zusammengekauert am Straßenrand gefunden, während er unzusammenhängende Wörter stammelte und die Hände schützend über seinen Kopf hielt. Er hatte sich nie wieder erholt und musste in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen werden, die seitdem keine Besserung feststellen konnte. Selbst sein Vater konnte bei seinen unzähligen Besuchen, bis zu seinem Tod im letzten Frühjahr nicht zu ihm vordringen. Dieser hatte sich noch vor der Geburt seiner Enkelin zur Ruhe gesetzt und mit dem Erlös der Firma versucht seine Fehler wieder gut zu machen. Ob er sich damit tatsächlich von seiner Schuld freikaufen konnte, oder es gerecht war, dass er als alter Mann in seinem Bett starb, sei dahingestellt. Zumindest hatte er es mit Erfolg bewerkstelligt gewisse Dinge ins rechte Licht zu rücken. Besonders eines von Zutomu Wakabashis neuen Projekten erhielt seine persönliche Unterstützung. Das das er in die Hände seiner Tochter gelegt hatte. Mit dem ,Hikari-Institut' versuchte Misa zusammen mit Kojiro den verkauften Kindern eine Chance auf ein Leben ohne Angst und Missbrauch zu bieten. Das abgelegene Heim hatte einen sicheren Ort weit außerhalb der Städte gefunden, indem die Kinder erstmals zur Ruhe kommen sollten, um die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Die Ausnahmegenehmigung dieses Institut mit professioneller Betreuung und integrierter Schule in einem neuen Naturschutzpark zu errichten, erhielten sie unmittelbar durch den Wildhüter Kurauchi Kasuragi, der sich bei diversen Behörden für sie verbürgte. Dieser hatte sofort begeistert mit seiner Frau der Idee zugestimmt. Was einer leichten Untertreibung entspricht. Denn Saoko war mit den Worten: "Ich wusste es!", beinahe wie ein Schneekönig im Kreis herumgesprungen, als die beiden unerwartet mit einem kleinen Bündel in den Händen vor ihrer Tür standen. Mittels der noch immer einflussreichen Beziehungen Zutomus hatten sie es sogar geschaffte das die Anklage gegen Kojiro, wegen Mangels an Beweisen, fallengelassen wurde. So wurde der Gerechtigkeit auf diese recht unkonventionelle Weise doch noch genüge getan. Selbst wenn dies mit eher unlauteren Mitteln geschah und man die Polizei Rojukuus als bestechlich bezeichnen kann, hatte es in diesem Fall doch seinen Zweck erfüllt. Selbst Misa, die nicht länger an der Vergangenheit festhalten wollte, versuchte sich mit ihrem Vater zu arrangieren und erlaubte ihm zumindest eine kleine Rolle in ihrem neuen Leben. Vor allem aber auch Kontakt zu seiner Enkelin, zu der er eine Zuneigung entwickelt hatte, wie sie es ihm nie zugetraut hätte und sie beinahe eifersüchtig werden ließ. So konnte man wenigstens über die letzten Jahre seines Daseins behaupten, er habe ein vorbildliches Leben geführt und würde zumindest in der Erinnerung seiner Enkelin Satomi, als liebenswerter Mensch mit seltsam buschigen Augenbrauen, die sich beim Sprechen oder Lesen der Zeitung wie Fühler bewegten, bestehen bleiben. "Ich habe doch gesagt wir kommen zu spät. Aber du..." "Hach,...was sind schon zwei Stunden. Außerdem erwarten sie bestimmt schon, dass wir zu spät kommen. Wir kommen immer zu spät. Na komm schon." Mufflig ließ sich Takeru in die Arme ziehen und sich mit einem Kuss versöhnen. Währenddessen lugte hinter einem Baum versteckt ein kleines Mädchen hervor und musterte die beiden mit regem Interesse, bis Kira die Augen öffnete und den kleinen Beobachter entdeckte. Verlegen deutete er mit dem Kopf Takeru an hinter sich zu sehen, als das Mädchen sich auch schon vorsichtig von ihrem Versteck löste und sie mit großen Augen anblickte. "Dürft ihr das denn? Du bist ja gar kein Mädchen. Auch wenn du mit den langen Haaren wie eins aussiehst." Feuerrot geworden stammelte Kira etwas vor sich hin, während sich Takeru das Lachen nicht mehr verkneifen konnte und sich dafür einen Stoß mit dem Ellbogen einfing. "Das ist nicht lustig! Ich sehe überhaupt nicht... nicht ,weibisch' aus. Ich finde mich sogar richtig männlich. Siehst du das? Das sind meine Muskeln. Ich bin durch und durch ein Mann!" Dabei schob er sich die Ärmel des T-Shirts hoch und spannte seine Muskeln an, um seine Aussage zu bekräftigen, was die Kleine nur mit einem Achselzucken zur Kenntnis nahm. "Ich finde du siehst trotzdem aus wie eine Frau." Damit verschwand sie auch schon wieder und hinterließ einen am Boden zerstörten Kira und einen sich vor Lachen den Bauch haltenden Takeru zurück. Beleidigt ließ sich Kira weiterziehen, bis das aus Holz gebaute Haus inmitten einer Lichtung zum Vorschein kam, um das unzählige anderen Kinder herumschwirrten, die die beiden entweder mit einem neugierigen Blick, oder mit freudigen Zurufen bedachten. Den plötzlichen Ansturm, einiger alt bekannter Kinder und Jugendlicher, die schon längere Zeit in diesem Heim wohnten, hinter sich gelassen, empfing sie erstmals die Hausbesitzerin Frau Kasuragi des kleineren Seitenhauses in dem das Personal wohnte, während sich in einem unbeobachteten Moment jemand von hinten an sie heranschlich. Wie ein Indianer hatte sich ein kleines Mädchen angepirscht, bis es hinter einem Busch hervorsprang und dabei mit einem lauten Schrei Takerus Rücken in Beschlag nahm. Kurz vor einem Herzinfarkt stehend, taumelt dieser nach seinem Gleichgewicht suchend nach vor, ehe Kira dem kleinen Balg lachend zuzwinkerte und sie seinem Freund letztendlich gnädigerweise abnahm. "Gut gemacht.", flüsterte er dem kleinen Blondschopf noch ins Ohr, bevor er sie wieder auf den Boden setzte. "Satomi, musst du mich immer so erschrecken? Wieso immer ich. Wieso nicht auch mal Kira... Warum grinst du eigentlich so blöd?" Schulterzuckend lächelte dieser nur unwissend und steckte dem Mädchen, wie immer einen Schokoriegel hinter ihrem Rücken zu. "Wenn ich's nicht besser wüsste, würde ich behaupten, du hast sie auf mich angesetzt." "Ich?" Den entsetzt schockierten Ausdruck aufgrund seiner böswilligen Vermutung in seinem Gesicht zu halten, war schwerer, als es aussah. Aber Übung macht bekanntlich den Meister. Misstrauisch blickte Takeru seitlich auf Satomi, die wie ein kleines Unschuldlamm an einem Schokoriegel nuckelte, den sie gerade weiß Gott wo her hatte. "Ach komm schon Kojiro. Nur einmal. Du musst es auch nie wieder tun. Biiitttteeeeee." "Du hast ja einen Knall. Komm mir mit dem Ding bloß nicht zu nahe." "Jetzt hab dich doch nicht so. Es tut doch nicht weh. Außerdem sieht es doch richtig süß aus." "Männer tragen nun mal keine süßen Sachen. Ich bin nicht süß. Ich bin... cool." "Ich mag aber viel lieber süße Männer." "Na dann, viel Spaß." Offensichtlich halfen Misas Überredungskünste in diesem Fall nicht. Sie musste wohl zu härteren Mitteln greifen. "Deine Mutter hat ihn extra für dich gestrickt, da kannst du doch nicht.... Da ein fliegendes Einhorn." "Wo?" Schnell nahm sie den lila Flauschpullover mit der daraufgestickten Katze und zog ihn über seinen Kopf. Kojiros Blick sprach Bände, als er sich mit den schlaff nach unten hängenden Ärmeln zu Misa umdrehte und im nächsten Augenblick auch noch das verhaltene Lachen von Kira, Takeru und Saoko hinter sich hörte. "Sieht...sieht ja richtig cool aus." "Ja, ja.... wir wissen gar nicht, was du hast. Ist doch richtig..." "...cool", stimmte Kira seinem Freund losprustend zu, bis Satomi sich zwischen den Beinen der Anwesenden durchzwängte, um selbst zu sehen, was denn so lustig sei. "Hey Papa, den gleichen hab ich auch nur in blau. Der ist von Oma, oder?" Jetzt fühlte er sich erst recht gedemütigt sogar die gleichen Klamotten wie seine kleine Tochter zu tragen. Schnell streifte er das Teil angewidert mit einer einzigen Bewegung über seinem Kopf ab und warf es in die nächste Ecke. "Gefällt er dir nicht? Ich hab doch den gleichen." Ihr Blick war zum Steine erweichen und so suchte er nach der erstbesten Ausrede mit der sich Satomi zufrieden geben würde. "Nein, nein Schatz. Das ist es nicht. Ich hebe ihn mir nur für eine besondere Gelegenheit auf." "Na gut. Dann kannst du ihn ja nächste Woche an meinem Geburtstag anziehen." Mit einer versteinerten Miene lächelte er ihr zu und nickte, bis er sich fluchend umdrehte und Misa alle Krankheiten und Kuschelflauschpullover der Welt an den Hals wünschte. (Im übrigen, wer glaubt der Trick mit dem Einhorn funktioniert nicht, hat ihn bestimmt noch nicht wie meine Freundin mitten in ihrer Geschichteprüfung ausprobiert, um mir etwas in den Ausschnitt zu stopfen. Unsere leidgeplagte Lehrerin schlug daraufhin mehrmals mit dem Kopf gegen die Tischplatte und murmelte etwas von Frühpension, nachdem sie mit einem lauten WO? aus dem Fenster gestarrt hatte.) Den angebrochenen Nachmittag verbrachte man mit Kaffee und Kuchen, bis sich Kira nach einer seiner Vanillezigarillos sehnte und sich auf die Treppe des Hinterausgangs setzte. "Davon bekommt man Krebs." Mit hochgezogener Augenbraue blickte er sich suchend nach demjenigen dem das Stimmchen gehörte um, als er dasselbe kleine Mädchen von vorhin hinter einem der Haselnusssträucher entdeckte. "Sagt wer?" Dabei blickte er sie auffordernd an, bis sie langsam aus ihrem Versteck hervorkrabbelte. "Meine Tante." Nickend zog er ein weiteres Mal an seiner Zigarillo, ehe er sie seufzend auf den Boden fallen ließ und mit dem Schuh die Glut ausdrückte. "Intelligente Frau, deine Tante. Wie heißt du eigentlich?" Doch anstatt einer Antwort blieb sie stumm und setzte sich vor ihm auf den Boden. "Also gut. Dann nenn ich dich einfach... Berta oder Qualle, wegen deinen abstehenden Haaren." Mit einem Schmollmund verschränkte sie die Arme und holte zum nächsten Schlag aus. "Na und? Dafür siehst du aus wie ein MÄDCHEN!" Autsch! Das kränkt die Männerehre. Nichts desto trotz ließ er sich kein bisschen davon anmerken und grinste sie nur herausfordernd an. "Immer noch besser, als mit Tentakeln am Kopf rumzulaufen." Unbeeindruckt belächelte sie ihn nur. "Du bist ein richtiges MÄÄÄDCHEN!" "Du QUALLE!" Damit stürzte er sie auf die Kleine, die ihm zuvor noch mit einem dünnen Ast des Haselnussstrauchs in die Seite pickte, bis das vor Lachen quiekende Balg atemlos nach Luft schnappte. Kurz nachdem sie sich von der Kitzelattacke erholt hatte streckte sie ihm beleidigt die Zunge raus. "Du bist blöd." "Na und? Du bist noch viel blöderer." "Das Wort gibt es gar nicht!" Überlegen grinsend verschränkte sie ein weiteres Mal die Arme über ihrer Brust, die vor Stolz wie die eines Truthahns anschwoll. "Noch nie davon gehört, dass man Erwachsenen nicht widerspricht und wir immer Recht haben?" Die kleinen nie enden wollenden Sticheleien schienen keinen Schluss zu finden, da jeder der beiden das letzte Wort haben musste. Dabei bemerkten sie nicht, dass sie aus einem der Fenster von Takeru lächelnd beobachtet wurden. "Misa, wer ist eigentlich die Kleine da? Ich hab sie hier noch nie gesehen." Nachdem Misa kurz aus dem Fenster gespäht hatte, holte sie freudestrahlend Kojiro, der noch immer leicht angesäuert an seinem zweiten Stück Versöhnungskuchen knabberte. "Sieh dir das an!" Vollkommen baff drückte er sich gemeinsam mit Misa die Nase an der Fensterscheibe platt. "Das ist doch Riku! Wie hat er denn das geschafft? Sie redet doch sonst nur mit weiblichen Personen." Ungläubig gesellte sich Takeru nun auch noch zu den beiden, um festzustellen, ob es sich auch wirklich um dasselbe Mädchen von vorhin handelte. "Kann ich mir nicht vorstellen. Die Kleine ist ganz bestimmt nicht auf den Mund gefallen. Sie hat uns nachdem wir aus dem Auto gestiegen sind bei einem Kuss erwischt und Kira als Mädchen bezeichnet." Grinsend setzte sich Kojiro wieder auf seinen Stuhl und wandte sich wieder seinem Blaubeerkuchen zu. "Wahrscheinlich ist das der Grund. Sie hält ihn einfach für eine Frau. Ansonsten hätte er sich sicher schon einen Tritt von ihr kassiert, oder sie hätte ihn gebissen." Die Stirn nachdenklich in tiefe Falten gelegt setzte sich nun auch Takeru wieder zu Tisch. "So schlimm?" Wie einer Aufforderung gleichkommend hob Kojiro den Ärmel ein Stück weit an, bis man die Bissspuren an seinem Handgelenk erkennen konnte. "Gleich nachdem wir sie sozusagen freigekauft hatten, hat sie sofort zugebissen, als ich in ihre Nähe gekommen bin. Das ist bisher noch mit jedem passiert, der versucht hat an sie ranzukommen und ihr zu zeigen, dass nicht alle Männer so sind, wie sie sie bisher kennen gelernt hat. Vielleicht schafft Kira aber auch tatsächlich das, was wir bisher nicht konnten. Das wäre schon mal ein großer Fortschritt." Grüblerisch starrte Takeru weiter geistesabwesend auf seinen Kaffeesatz, bis Misa ihn vorsichtig mit der Gabel anstupste und fragend die Augenbrauen nach oben zog. "Hum...was? Oh, Entschuldigung. Ich war wohl mit meinen Gedanken wo anders. Ich...hähäm... Wisst ihr.... Wir haben schon seit längerer Zeit darüber nachgedacht...na ja...ein Kind zu adoptieren. Nur Kira ist sich nicht ganz sicher. Es werden schließlich einige Probleme auftauchen. Schon alleine die Genehmigung ein Kind zu adoptieren. Und dann auch noch zwei Männer als Eltern... Das wird vom Großteil der Gesellschaft nun mal nicht akzeptiert. Vor allem könnte es Schwierigkeiten mit anderen Kindern geben, oder in der Schule auch mit anderen Eltern." Für Misa schien diese Neuigkeit alles andere als überraschend zu sein, da die beiden bei ihren Besuchen hier inmitten der Pampa schon oft gezeigt hatten, dass sie gut mit Kindern umgehen konnten und besonders Takeru, der selbst aus einer Großfamilie stammte, regelrecht in sie vernarrt war. So ergriff sie nur aufmunternd seine Hand und lächelte ihm zu. "Ich bin mir sicher, wenn ihr eines Tages eine Familie gründen wollt, dann werdet ihr auch das schaffen. Ihr habt letztendlich sogar Kiras Vater davon überzeugen können, dass ihr zusammengehört." "Ja, nach drei Jahren Schwerstarbeit und der Unterstützung seiner Mutter. Sonst würden die beiden wahrscheinlich heute noch nicht miteinander reden... Aber ich denke du hast Recht. Wir würden es schon irgendwie schaffen. Fragt sich nur, ob Kira noch mehr Beleidigungen wegen unserer Beziehung in Kauf nimmt. Als Sohn eines berühmten, einflussreichen Mannes trifft es ihn immer ganz besonders schwer. Als die Presse davon Wind bekam, haben sie ihn Wochen lang auf Schritt und Tritt verfolgt. Deswegen überlasse ich ihm die Entscheidung." "Oh wenn ich dich erwische!" Doch anstatt sich der patschnassen Saoko zu ergeben, lief das kleine Mädchen mit den kurzen, blonden Stummelschwänzchen nur lachend weiter, streckte ihr die Zunge heraus und schnitt ihr eine Grimasse, als sie plötzlich gegen jemanden rannte, der sie mit hochgezogener Augenbraue strafend anblickte und sie am Kragen packte. "Wo willst du denn hin? Ich dachte, da wartet eine Badewanne auf dich. Da steht genau dein Name drauf." Zappelnd hing sie wie ein nasser Sack kurz über dem Boden und protestierte lautstark. "Ich will aber nicht! Ich war erst gestern. Du bist sooo gemein, Papa! Lass mich runter! Ich mag dich überhaupt nicht mehr!" Seufzend zog Kojiro sie hoch und warf Saoko einen entschuldigenden Blick zu, bevor er die Kleine schulterte, um sie besser bis ins Bad transportieren zu können. Dort angekommen sperrte er die Tür hinter ihnen zu und zog den Schlüssel ab. "So, entweder du steigst jetzt in die Wanne, oder wir bleiben die ganze Nacht hier." Doch anstatt Anstalten zu machen sich aus den vor Dreck nur so strotzenden Kleider zu schälen setzte sie sich trotzig im Schneidersitz auf den Boden und funkelte ihn böse an. Etwa eine halbe Stunde später, nachdem sich beide nicht vom Fleck bewegt hatten und sich gegenseitig nicht aus den Augen ließen, verließ Kojiro die Geduld. Mit einem Ruck hob er das kleine Bündel hoch und hielt sie vor den Spiegel des Badezimmerschranks. Irgendwie wollte es ihr nicht gelingen ihr eigenes Spiegelbild lange ohne ein Grinsen anzusehen. Besonders nachdem dieses von Schmutz und Grasflecken nur so übersäht war. "Siehst du? Wenn ich dich so rumlaufen lasse, verwechselt man dich vielleicht noch mit einer Klobürste. Und glaub mir, dass wäre nicht besonders schön." Resigniert ließ die Kleine nun die Schultern hängen und öffnete die Knöpfe ihrer Latzhose, die er sofort in die Waschmaschine stopfte, damit sie nicht auf die Idee kam frisch gebadet wieder ihre Lieblingslatzhose anzuziehen, die an den Hosenbeinen voller Schlamm war. "Duuu Papa? Ich hab's nicht so gemeint. Ich hab dich trotzdem lieb." Lächelnd gab er ihr einen Kuss auf die Stirn und warf ihr ihren Badefrosch, den man auf den Hinterbeinen aufziehen konnte, ins Wasser. "Da bin ich aber froh. Ich komme in einer halben Stunde wieder. Dann will ich meine kleine Prinzessin wieder sauber sehen." Die Tür hinter sich geschlossen, atmete er erleichtert auf, als er aus dem Augenwinkel auch schon Misa um die Ecke spähen sah, bevor sie im nächsten Moment wieder verschwand. "Halt! Sofort stehen bleiben." Auf frischer Tat ertappt blieb sie wie erstarrt stehen, während sich Kojiro mit verschränkten Armen hinter ihr aufbaute. "Warst du nicht heute damit dran, Satomi ins Bad zu schleppen?" Unwissend blickte sie ihn mit großen Augen an und klimperte mit ihren langen Wimpern. "Ach, wirklich?" Obwohl Misa diesen Blick in den letzten Jahren perfektioniert hatte, schien er bei Kojiro keine Wirkung mehr zu zeigen. "Dafür übernimmst du das für ganze restliche Woche und ich werde dir nicht dabei helfen. Du hast dich schon gestern davor gedrückt." Mit schlechtem Gewissen nickte Misa nur und blickte betreten zu Boden. "Aber sie sieht mich so vorwurfsvoll an. Du kannst das doch viel....." "Ich bin mindestens eine halbe Stunde vor ihr auf dem Boden gesessen und sie hat gesagt, dass sie mich ,überhaupt nicht mehr mag'. Ganz zu schweigen davon, wie sie Saoko ausgetrickst hat, als sie versucht hat die Kleine in die Badewanne zu locken. Ihre Kleider haben nur so getrieft. Satomi ist so ein schrecklicher Sturkopf." Grinsend schmiegte sich Misa nun an Kojiro und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. "Tja, du kannst sagen was du willst, aber das hat sie garantiert nicht von mir." Kira war zusammen mit Riku nun bereits seit Stunden spurlos verschwunden und seitdem nicht mehr aufgetaucht. Seit Takeru die beiden vom Fenster aus beobachtet hatte, hatten sie sich nicht mehr blicken lassen. Doch inzwischen war die Sonne schon vom Horizont verschwunden und die Luft wurde kühl, als er plötzlich leise Stimmen vom Schaukelstuhl, der auf der Veranda stand, hörte. "...das ist doch Quatsch. Wieso soll der große Bär wie der große Wagen aussehen. Du nimmst mich nur wieder auf den Arm." "Von mir aus und wo soll deiner Meinung nach der große Bär sein?" "Na, da hinten. Und der große, leuchtende Stern ist sein Auge und da vorn da...hey, du hörst mir überhaupt nicht zu!" "Hmmm..." Kira saß mit dem kleinen Mädchen auf dem Schoss im Schaukelstuhl und wippte langsam hin und her, was bewirkte das seine Augenlieder durch das beruhigende Schaukeln immer schwerer wurden und er kurz davor stand einfach einzuschlafen. Lächelnd lehnte sich Takeru gegen den Türrahmen, während er als stiller Beobachter den beiden zusah. Selbst er hatte es nur nach bestimmten Gelegenheiten geschafft, dass der ansonsten vor Energie nur so strotzende Kira friedlich einschlummerte. Bei diesem herzerweichenden Anblick musste er ihm wohl oder übel verzeihen, dass er sich einfach so aus dem Staub gemacht hatte. Noch immer vor sich hinlächelnd holte er für die beiden eine Decke aus dem Haus und hielt sie dem kleinen Mädchen mit ausgestrecktem Arm hin. Erleichtert atmete er auf, als Riku nachdem sie ihn mit großen Augen gemustert hatte, die Decke zögernd entgegennahm und sie über sich und den inzwischen eingeschlafenen Kira breitete. Die nächsten beiden Tage überließ Takeru seinen Kira noch einmal freimütig der kleinen Riku, die ihm auf Schritt und Tritt folgte und ständig mit ihm durch die Gänge wuselte, bis sie am Abend Abschied nehmen mussten. Mit großen Kulleraugen folgte sie Kira bis zum Auto, wo sie ein wenig verloren dastand und zusah, wie die beiden ihr Gepäck im Auto verfrachteten. "Kommst du vielleicht...irgendwann mal...wieder?" Aufmunternd stupste sie Kira leicht an und beugte sich zu ihr runter. "Klar. Ich werd doch nicht meine kleine Qualle vergessen. Also, bis dann." Nickend trat sie einen Schritt zurück, damit Kira einsteigen konnte, als ihr Blick auf Takeru fiel, der sich auf der anderen Seite gegen das Autodach gelehnt hatte und die beiden immer mit ein wenig Abstand beobachtete, um Riku nicht zu verschrecken. Vorsichtig stahl sich ein Lächeln über ihr Gesicht, als er ihr zuwinkte, bevor er selbst in das Auto stieg. Während der Heimfahrt konnte er es sich nicht verkneifen, über Kiras sichtlich gute Laune eine Bemerkung fallen zu lassen. "Eigentlich sollte ich ja eifersüchtig sein. Immerhin hast du den ganzen Tag mit deiner neuen Freundin verbracht. Ich sehe es dir genau an, du hast dich in sie verliebt." Selig vor sich hinlächelnd lehnte sich Kira ein wenig seitlich, um seinen Freund besser zu betrachten, der sich auf den Verkehr konzentrierte. "Ich glaube du hast Recht. Ich hätte die Kleine am liebsten sofort miteingepackt. Was hältst du von ihr?" "Sie ist süß. Ich hoffe nur, sie fasst wieder ein klein wenig Vertrauen zu den Männern. Sonst könnte es schwierig werden. Du warst übrigens der erste Mann mit dem sie geredet hat, seitdem sie im Heim ist." Perplex starrte Kira ihn aufgrund dieser Tatsache, die ihm bisher gänzlich unbekannt war, weiter an, ehe er seine Sprache wieder gefunden hatte. "Nicht dein Ernst! Woher..." "Kojiro hat sogar als kleines Souvenir ihren Zahnabdruck an seinem Handgelenk. Vielleicht hat sie dich tatsächlich für eine Frau gehalten." Entgeistert riss Kira die Augen auf und plusterte sich auf. "Ich bin keine von diesen Tunten, die handtaschenschwenkend durch die Einkaufstraßen schlendern und nach neuen Stöckelschuhen Ausschau halten. Außerdem kann ich dich jederzeit auf die Matte legen! Und das meine ich auf zwei Arten." Beschwichtigend hob Takeru kurz die Hände vom Lenkrad, bevor er Kira einen Kuss auf die Fingerknöchel hauchte. "So habe das doch nicht gemeint. Sei nicht gleich so sauer. Ich finde es doch toll, dass du dich so gut mit ihr verstehst. Nur hoffe ich, dass sie sich an den Gedanken gewöhnen kann gleich mit zwei Männern zusammenzuleben. Das sie mich akzeptiert." "Du...du meinst, du willst...", stotterte Kira mit leicht belegter Stimme. "Natürlich nur wenn du willst." Überwältigt fing Kira bei der Vorstellung an mit der Sonne um die Wette zu strahlen. "Sie wird dich lieben. Bestimmt! So wie ich dich." ,Tja, er kann aber manchmal genauso schmalzig reden wie eine Frau aus einem Kitschfilm. Nur das behalt ich besser für mich, wenn ich heute nicht im Auto schlafen will.' So das wäre der erste Teil des Epilogs. Ja, ich weiß.... aber der Epilog hat nur 5 Teile im Gegensatz zu den 29 Teilen von Schatten des Lichts. Und nachdem ich Kira und Takeru so gern mag, habe ich sie im Epilog von der Wichtigkeit Misa und Kojiro gleichgestellt. (Wer sich wundern sollte, warum Kira und Takeru plötzlich ein Paar sind, sollte vielleicht doch besser die Sidestory 'Geständnisse' lesen.) Was Misa vor hat wird im Übrigen im nächsten Teil verraten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)