When fire and ice collide von -Raven- ================================================================================ Kapitel 15: Burn out -------------------- 15: BURN OUT Auf meinem gewundenen Weg Habe ich keine Sanftmut kennengelernt. Meine Ewigkeit ist verloren. (Chaim Nachman Bialik) LONDON Es war dunkel, als Morgaine erwachte. Blinzelnd versuchte sie sich zu erinnern, wo sie war. Es fühlte sich nach einen großen, weichen Bett an... Neben sich spürte sie Scátachs warmen Körper. Was, bei den Knochen von Père Ankou, ist passiert? Benommen setzte sie sich auf. Natürlich - das Haus des Ordens. Das Gift... MAEL! Ihre Beine waren schwer wie Blei,und ihre Knie zitterten, als sie aufstand. Gerade noch rechtzeitig konnte sie sich wieder hinsetzen. "Merde!" Die Tür wurde einen Spalt weit geöffnet, und Sirius spähte ins Zimmer. "Oh, Sie sind wach. Wir hatten schon befürchtet, Sie würden bis in alle Ewigkeit schlafen." Wir? Und überhaupt... waren wir nicht heute schon mal per Du? "Wie spät ist es?" Keine besonders intelligente Frage, aber Morgaine wollte Gewissheit haben. "Fünf Uhr morgens. Sie haben einen ganzen Tag verschlafen." "Sacre bleu¹..." "Doktor? Sie ist wach!" Lächelnd trat Sirius beiseite, um Madeleine De Corson Platz zu machen. Bitte nicht. Was hat die denn hier zu suchen? Wieso... "Guten Morgen, Morgaine. Wie fühlen Sie sich?" "Ich... weiß nicht..." Sie war unwahrscheinlich müde und hatte das Gefühl, von einem Drachen durchgekaut und wieder ausgespuckt worden zu sein. "Sirius, würden Sie uns bitte allein lassen?" "Natürlich, Doktor." Er ging und schloss leise die Tür hinter sich. Dr. De Corson nahm auf der Bettkante Platz und legte ihre angenehm kühle Hand auf Morgaines Stirn. "Sie haben Fieber", stellte sie sachlich fest. Überraschung. "Das wird schon wieder. Es geht jedes Mal von allein weg." "Was meinen Sie mit 'jedes Mal'?" Erleichtert spürte die Aurorin die vertraute Ungeduld in sich aufsteigen; langsam wurde ihre Umwelt wieder etwas klarer. "Gibt es irgend eine Möglichkeit, diesen Ausdruck misszuverstehen?" Die Heilerin machte sich eine rasche Notiz in ihrem ledergebundenen Büchlein. "Wie lange haben Sie diese Schübe schon?" "Welche Schübe? Wenn Sie jetzt versuchen, mir galoppierendes Krankfeiern anzuhängen, dann..." "Das können wir uns leider nicht leisten, Morgaine. Wir brauchen Sie - und zwar in Hogwarts." "Ich weiß. Die Prophezeiung, der Junge, das grüne Scheusal... Mir müssen Sie das nicht erzählen." "Aber Sie selbst sind die Einzige, die auf Sie acht geben kann. Wir anderen können nur versuchen, Ihnen einen guten Ratschlag zu geben." Vielen Dank auch. Wenn ich gute Ratschläge brauche, esse ich einen Glückskeks. Giftig begegnete sie dem forschenden Blick der Älteren. Versuch's nur. Blickduelle sind meine große Stärke. "Wann haben Sie zum letzten Mal geweint?" "Als ich mich von... Was geht Sie das denn an?" "Sie müssen Ihrem Schmerz Raum lassen. Sie müssen trauern. Sie müssen..." "Ich muß heute abend wieder in Hogwarts sein. Also geben Sie mir schon irgendein Stärkungsmittelchen und verschonen Sie mich mit Ihren Predigten." Unglücklich nickte De Corson. "In Ordnung. Sie müssen selbst wissen, was Sie tun. Aber meiner Meinung nach sind Sie ein emotionales Pulverfass, und zwar schon seit Jahren. Ich wundere mich, dass Dr. Desplechin das noch nicht erkannt hat." "Immerhin bin ich ein funktionierendes emotionales Pulverfass", merkte Morgaine müde an. "Funktionieren ist nicht alles..." "Es ist die Grundlage meiner Existenz." Sie nahm die angebotene Phiole, schnupperte kurz an dem Trank und goss ihn dann in einem Zug hinunter. "Igitt. Was ist da drin?" "Das wollen Sie nicht wirklich wissen." Immerhin wirkte es: warmes, goldenes Feuer schien durch ihre Adern zu fließen und jede Faser ihres Körpers zu durchdringen. Es war ein Gefühl, wie zu fliegen, oder... Oder umarmt zu werden ? Werd' jetzt bloß nicht wieder sentimental. Energisch blinzelte sie den merkwürdigen Schleier weg, der noch immer hartnäckig ihren Blick trübte. "Wo ist Mael?" Das Gesicht der Heilerin wurde weich. "Er hat die ganze Zeit an Ihrem Bett gewacht. Ich musste ihn beinahe zwingen, selbst ein wenig zu schlafen." Wie süß. Wahrscheinlich bin ich deswegen erst jetzt wach geworden. Etwas in ihr schrie auf. Ihre Seele sträubte sich mit ganzer Kraft dagegen, an Maels Verrat zu glauben... "Wecken Sie ihn. Ich muss mit ihm sprechen." "Aber..." "Es ist wichtig, Dr. De Corson. Ich erwarte ihn in einer halben Stunde in der Bibliothek." 'Die Geschichte der Magie - Schamanen, Druiden und weise Frauen'. Das war der Titel des Buches, in dem Morgaine las, während sie auf Mael wartete. Jedenfalls gab sie (auch sich selbst gegenüber) vor, zu lesen. Nachdem sie jedoch den selben Absatz zum dritten Mal überflogen und immer noch keine Ahnung von seinem Inhalt hatte, gab sie auf. Seufzend klappte sie das Buch zu und starrte aus dem Fenster. Das Morgengrauen verwischte die harten Linien der Stadt und ließ London beinahe schön aussehen - aber eben auch nur beinahe... "Morgaine! Wie geht es dir?" Natürlich hatte sie Maels Präsenz bereits gespürt, als er sich auf dem Flur näherte, doch sie hatte es vorgezogen, ihn zu ignorieren. "Danke, ich fühle mich zum Kotzen. Und selbst?" Irritiert hob er die Augenbrauen. "Ich bin etwas übernächtigt. Was war los? Hat Black...?" "Nein. Black hat nichts damit zu tun." Nach kurzem Zögern entschloss sie sich zum Frontalangriff. "Ich frage mich, ob du von dir das gleiche behaupten kannst." "Wie darf ich das verstehen?" Er wirkte zutiefst getroffen; am liebsten hätte sie sich in seine Arme geworfen und... "So, wie ich es gesagt habe. Aidan ist offensichtlich vergiftet worden. Wer sagt mir, dass mein Schwächeanfall nicht einen ähnlichen Grund gehabt hat?" "Mo... Moment mal. Du willst doch wohl nicht etwa sagen, dass ich..." "Die Indizien sprechen gegen dich." Eisern konzentrierte Morgaine sich auf das goldrote Schimmern in seinem offenen Haar, um ihm nicht in die Augen sehen zu müssen. "Sag' mir die Wahrheit." Mit einer raschen, katzenhaften Bewegung war er bei ihr, hockte sich neben sie und ergriff ihre Schultern. "Sieh' mich an", forderte er heiser. "Mael..." "SIEH' MICH AN!" Sein gesundes Auge blitzte vor Zorn. "Traust du mir das zu? Traust du mir wirklich zu, den Orden zu verraten? Dich zu verraten? Nenn' mir nur einen Grund, warum ich für Voldemort oder das Ministerium arbeiten sollte! Nur einen, Morgaine!" Ihre beim Erwachen noch dumpfen Kopfschmerzen waren inzwischen grell und stechend. "Ich weiß es nicht..." Sie ließ zu, dass er ihre Hand nahm. "Du weißt, was ich für dich empfinde. Ich würde mein Leben für dich geben." Mit einem Mal war ihr sehr schwindlig. "Mael... Nicht. Ich..." Konzentrier' dich, verflucht! Die Fakten! "Deine Aura... Du hast das Glas mit dem Gift nicht lange vor Aidan berührt. Und außer dir und ihm hat es niemand angefasst. Außerdem hast du dich gegen mich abgeschirmt, als ich vorgestern Abend hier ankam. Das tust du sonst nie. Und warum hast du nicht auf Aidans Hilferufe reagiert? Das ist alles sehr merkwürdig, findest du nicht?" "Ich verstehe, dass dir das seltsam vorkommt, aber... es gibt dafür eine Erklärung." "Die wäre?" "Ich kann es dir nicht sagen. Noch nicht." "Warum nicht?" Am liebsten hätte sie ihn geschlagen. "Weil ich mir noch nicht sicher bin. Wenn ich Beweise habe, wirst du die Erste sein, die es erfährt." Heftig zog sie ihre Hand aus seiner. "Und wen wirst du bis dahin noch vergiftet haben?" Einen Moment lang sah er sie nur wütend und sehr verletzt an; dann verließ er wortlos den Raum. "Ich behalte dich im Auge, Mael!", rief sie ihm nach. "Pol und Alain sind bereits auf dem Weg hierher. Ich werde alles erfahren, was hier vor sich geht." Beinahe wäre sie ihm nachgelaufen und hätte ihn um Verzeihung gebeten... doch sie blieb sitzen und stützte den Kopf in die Hände. Es war, als wäre ihr jegliche Kraft plötzlich abhanden gekommen. HOGWARTS "Seid ihr immer noch nicht fertig ?" Langsam fand Hermine wieder zu ihrer alten Form zurück. Seit dem Gespräch mit Albus Dumbledore verzichtete sie jedenfalls darauf, einfallsreiche Schimpfwörter in Zusammenhang mit Morgaine LaMort zu bringen. "Das ist gar nicht so einfach", maulte Ron. "Wir sollen herausfinden, warum die Beschwörung nicht hingehauen hat, aber wir haben alles genau so gemacht, wie es im Buch steht!" Also muss es an der Formel liegen. So weit war Harry zwar schon vor einer halben Stunde gewesen, aber Ron hatte ja unbedingt noch einmal jede Kleinigkeit durchgehen müssen. "Lass' mal sehen." Interessiert beugte Hermine sich über Rons Schulter. In dem Moment, in dem sie herausplatzte: "Das ist doch so was von simpel!", hatte auch Harry die Lösung gefunden. "Findest du? Ich habe keine Ahnung, was daran falsch sein soll!" Ron spielte gereizt mit seiner Feder. Kein Wunder - schließlich saßen sie bereits seit anderthalb Stunden über der Aufgabe. "Die Formel, Ron. Hast du sie mal rückwärts gelesen?" "Nö. Warum?" "Das solltest du nachholen." Verwundert folgte der rothaarige Junge dem Rat seines Freundes - und stieß erstaunt die Luft zwischen den Zähnen durch. "Wenn die Umbridge das mitkriegt, hat Professor LaMort ziemlich Ärger am Hals." "Ja", bestätigte Hermine beinahe fröhlich, "dafür ist sie mir schon fast wieder sympathisch." "Nur fast?" "Hm. Dumbledore sagt, ich soll mich bei der Nebelkrähe entschuldigen. Dabei habe ich bloß eine berechtigte Frage gestellt!" "Nenn' sie nicht Nebelkrähe!", fauchte Ron dazwischen. Das wuschelköpfige Mädchen zog die Nase kraus. "Bitte entschuldige, dass ich nicht pausenlos auf deine romantischen Gefühle Rücksicht nehmen kann." "Was heißt hier..." Geht das schon wieder los ? Entnervt ließ Harry seine Gedanken treiben. Der Wald war dicht und wirkte, als hätte ihn noch nie ein Mensch betreten. Es war angenehm schattig unter den riesenhaften Bäumen; hier und dort fiel ein goldener Flecken Sonnenlicht auf den dicht bemoosten Boden. In tiefen Zügen atmete Harry die nach Pilzen und feuchter Erde duftende Luft ein. Wie friedlich es hier war! Ziellos schlenderte er umher, immer dem am wenigsten überwucherten Pfad zwischen den Bäumen folgend. Schließlich gelangte er zu einem kristallklaren See. Er ließ sich am Ufer nieder und beobachtete die Fische, die im lichtdurchfluteten Wasser umherwuselten. "Harry." Erschrocken fuhr er herum, doch er konnte niemanden entdecken. "Wenn Liebe und Hass aufeinander prallen Wenn Feuer und Eis kollidier'n Hört mich an, ich sag' es euch allen Dann muss man die Urteile revidier'n Wenn Tag und Nacht ein Gleiches sind Naht des Kampfes Zeit Gemeinsam streiten Feuer und Wind Bestie und Held kämpfen Seite an Seit' Der Sturm wird zum Schutzschild der Glut Und der Tod wird Leben bringen Die einander lieben, werden vergießen ihr Blut Wer wird bleiben, davon zu singen? Der Zweig vernichtet den Baum Und Schwarz wird gleich weiß erscheinen Die Welt wird erwachen aus ihrem Traum Um die Opfer werden die Felsen weinen Wenn Schwert, Speer und Schild sich vereinen Wird der Schrecken endlich enden Nichts trennt mehr die Noblen und Gemeinen Wenn der Wind sich dann wird wenden Der Speer bohrt sich tief ins Fleisch hinein Die Seele wird zerstört vom Schwert Eine Waffe, gebildet aus zwei'n Widerspricht allem, das wurde gelehrt Und doch sind sie Hoffnung, die letzte sogar So steht es seit langem geschrieben Sie wurden gesungen, die Worte so wahr Gesungen von jenen, die blieben..." "Was...?" Die körperlose Stimme verhallte zwischen den Bäumen. Irgendwo flog ein Adler auf, und etwas bewegte sich raschelnd durchs Unterholz. Mit einem Mal wirkte der eben noch so friedliche Wald bedrohlich. Jemand schien Harry zu beobachten. Jemand - oder etwas... "HEY! Schläfst du mit offenen Augen ?" Hermine wedelte energisch mit der Hand vor seinem Gesicht herum. "Äh... Nein. Ich hab' nur gerade an was anderes gedacht." Sie lächelte spöttisch. "Verstehe. Dein Date mit Cho." "Ähm... Ja." Das hatte er beinahe vergessen! Nach dem Mittagessen würde er mit Cho Chang zusammen hinunter nach Hogsmeade gehen und dort den Nachmittag mit ihr verbringen! Bereits der Gedanke daran sorgte dafür, dass sich sein Puls beschleunigte. "Kämm' dir lieber dir Haare", empfahl Fred (oder war es George?) gutmütig. "Ja. Und falls dir die Themen ausgehen: rede mit ihr über Quidditch." "Und..." Mit einem Mal schienen alle im Gemeinschaftsraum anwesenden Gryffindors Harry Tipps für sein Liebesleben geben zu wollen. Haben die nichts anderes zu tun ? Blieb nur zu hoffen, dass sie Cho und ihn wenigstens in Hogsmeade in Ruhe ließen... ¹: Sacre bleu - wörtl.: "heiliges/verdammtes Blau"; etwa: "Lieber Himmel" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)