When fire and ice collide von -Raven- ================================================================================ Kapitel 1: Der Panther Part 1 ----------------------------- 1: DER PANTHER PT.I Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe so müd geworden, daß er nichts mehr hält. Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe und hinter tausend Stäben keineWelt. Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, der sich im allerkleinsten Kreise dreht, ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, in der betäubt ein großer Wille steht. Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille sich lautlos auf - Dann geht ein Bild hinein, geht durch der Glieder angespannte Stille - und hört im Herzen auf zu sein. (Rainer Maria Rilke, "Der Panther") Harry erwachte schweißgebadet. Schon wieder dieser Traum! Wenigstens hatte er Ron ausnahmsweise nicht geweckt; sein Freund schlief noch immer tief und fest in einem Knäuel orangefarbener "Chudley Cannons"-Decken. Er gähnte, strich sich das wie immer wirre schwarze Haar aus der Stirn und tastete nach seiner Brille. Dann trat er ans Fenster und suchte nach dem Panther. Natürlich hatte er niemandem etwas davon erzählt, doch das Tier schien ihn regelrecht zu überwachen - in der Woche, die er bei den Dursleys verbracht hatte, war es immer wieder im Vorgarten aufgetaucht, wenn gerade niemand hinsah. Hier, in Ottery St. Catchpole, hatte sich das nicht geändert. Ständig sah er aus den Augenwinkeln die schwarze Raubkatze... Entweder wurde er verrückt, oder er wurde tatsächlich beobachtet. Er wußte nicht, welche Möglichkeit ihn mehr ängstigte. "Da bist du ja", murmelte er zwischen den Zähnen hindurch. Der Panther lag ausgestreckt auf der Gartenmauer und sah scheinbar desinteressiert einer Horde Gartengnome zu, die sich in Mrs Weasleys Gemüsebeet um eine Kartoffel zankte. Dann wandte er den Kopf und blinzelte träge; er schien auf einem Auge blind zu sein. "GEORGE UND FRED WEASLEY!" Eigentlich hätte Harry sich inzwischen an diese Art von "Weckruf" gewöhnt haben müssen, aber wenn man bei einer Familie wie den Dursleys aufgewachsen war, zuckte man automatisch zusammen, wenn jemand brüllte. Nach einer Woche bei Onkel Vernon, Tante Petunia und ihrem unbeschreiblichen Sohn Dudley war der windschiefe, chaotische "Fuchsbau" trotz Mrs Weasleys gelegentlichem Geschrei jedoch das Paradies auf Erden. Im Erdgeschoss hörte man Mrs Weasley wettern, während ihr Mann Arthur erfolglos versuchte, sie zu beruhigen. Vermutlich hatten Fred und George, die Zwillinge, wieder einmal einen ihrer magischen Scherzartikel liegen lassen... Der Deckenhaufen, in dem Ron sich vergraben hatte, bewegte sich. "Immer das selbe", maulte er. Pigwidgeon, die Zwergeule, begann aufgeregt und ausgesprochen ohrenbetäubend zu fiepen. "Pig! Halt's Maul!" Das winzige Tier ignorierte diese liebevolle Aufforderung und begann nun auch noch, an den Käfigstäben zu reißen. Harrys Schneeeule Hedwig ließ sich dazu herab, ein großes, gelbes Auge zu öffnen und missbilligend zu schnarren. Während Ron noch versuchte, vollständig wach zu werden, wandte Harry seine Aufmerksamkeit wieder dem Garten zu. Es war ein schöner Morgen: der Tau glitzerte auf dem Gras, während sich die letzten Nebelfetzen langsam auflösten. Ein wirklich idyllisches Bild - wäre da nicht diese verdammte Katze gewesen! "Ron?" "Hrn?" "Da liegt ein Panther auf der Mauer." Ron war einiges von ihm gewohnt; er würde ihn schon nicht gleich für verrückt erklären. "Klar doch. Und Snape ist der Weihnachtsmann." "Nein, im Ernst!" "Hier gibt es keine Panther. Das wildeste in dieser Gegend ist meine Mutter." "Ich bilde mir das doch nicht ein!" Schimpfend kämpfte der rothaarige Junge sich aus seinem Bett und stellte sich zu seinem Freund. "Sehr witzig, Harry." Die Raubkatze zwinkerte Harry mit seinem blinden Auge zu. "Da ist nichts." Ron klang jetzt ernsthaft besorgt. "Fühlst du dich nicht wohl?" Das Tier gähnte, wobei es ein beeindruckendes Gebiss präsentierte. "Aber er ist doch..." Harry brach ab. Der Panther schien sich in Nebel aufzulösen. "Ich... ich habe ihn gesehen. Wirklich." Er wusste selbst, wie geistig verwirrt er klingen musste. Dementsprechend fiel auch Rons Blick aus. "Vielleicht war es ja nur die Katze von der alten Smith", meinte er zweifelnd. "Kann die sich einfach in Luft auflösen?", erkundigte Harry sich bissig. "Komm schon. Du bist noch gar nicht richtig wach. Da bildet man sich schon mal was ein, das gar nicht da ist." Hermine war, wie nicht anders zu erwarten, völlig anderer Meinung. "Was ist, wenn Du-weißt-schon-wer einen Animagus auf dich angesetzt hat?" "Quatsch. Warum sollte er? Wenn er Harry angreifen wollte, würde er es selbst tun." "Ich finde trotzdem, wir sollten deinem Dad Bescheid sagen." "Blödsinn! Du übertreibst mal wieder total..." Während Ron und Hermine stritten, strich Harry nachdenklich über die blitzförmige Narbe auf seiner Stirn. Hätte sie nicht schmerzen müssen, wenn der Panther tatsächlich ein verwandelter Todesser gewesen wäre? "Du hast ja auch Krätze für völlig harmlos gehalten!" Zum Glück tauchte Mr Weasley auf, bevor die Situation - wie so oft in letzter Zeit - eskalieren konnte. "Guten Morgen, ihr drei." "Mr Weasley, Harry hat einen hmpf hrng hn!" Ron hielt Hermine energisch den Mund zu. Der Erfolg war, dass sie ihm kräftig in die Hand biß. "Au!" "...einen Panther gesehen, der sich plötzlich in Luft aufgelöst hat. Ich glaube, daß es ein Animagus war." Rons Vater zog eine Augenbraue hoch. "Ein Panther, sagst du? Ist dir sonst noch etwas besonderes an ihm aufgefallen, Harry?" War es nicht ungewöhnlich genug, daß ein solches Tier wie eine faule Hauskatze auf der Gartenmauer herumlungerte und dann völlig unvermittelt verschwand? "Nein... Doch, warten Sie. Er schien nur ein Auge zu haben." Mr Weasley stöhnte. "Na großartig." "Ähm... Dad? Gibt es da etwas, das wir wissen sollten?", fragte Ron sehr vorsichtig. "Nein. Kommt jetzt frühstücken." "Wenn das wirklich ein Spion von Sie-wissen-schon-wem ist, sollten wir dann nicht..." "Nein. Das ist keiner von seinen Anhängern, Hermine. Es ist zwar nicht unbedingt besser... aber kein Grund zur Sorge." Mit dieser kryptischen und nicht wirklich beruhigenden Auskunft machte er sich auf den Weg in die Küche. Trotz des üppigen Frühstücks, Freds und Georges ständigen Witzen und Mrs Weasleys Versuchen, den Hausghul an der Entführung der Spiegeleier zu hindern, blieb die Stimmung von Hermine, Ron und Harry gedrückt. Gerade, als Percy, der drittälteste Weasley-Bruder, zu einem Vortrag über die Vorteile seiner Beförderung ansetzte, klopfte jemand heftig an die Tür. Rons Vater schluckte hart. "Ich gehe schon." Bereits kurze Zeit später näherten sich stolpernde Schritte; es klang, als würde Mr Weasley etwas schweres halb tragen und halb schleifen. "Molly, Liebling, wir haben einen Gast." Er klang nicht sehr glücklich. "Kein Problem, Schatz. Für einen mehr reicht es auf jeden Fall..." Sie stockte; beinahe hätte sie den zehnten Teller, den sie gerade auf den Tisch hatte stellen wollen, fallen gelassen. "Oh..." "Friede diesem Haus." Die Stimme des Fremden war tief, rau und klang, als würde er nur mit äußerster Mühe einen Schmerzensschrei zurückhalten. Er war sehr groß und hatte wirres, rotblondes Haar, das nur nachlässig im Nacken zusammengefasst war. Eines seiner Augen blitzte in dem hellen, durchdringenden Blau einer Gasflamme; über das andere verlief eine gezackte, bösartig aussehende Narbe. Das Auge selbst war milchigweiß - offensichtlich blind. Unter normalen Umständen hätte er sicherlich bedrohlich gewirkt, doch nun stützte er sich kraftlos auf Arthur Weasley. Sein Hemd war blutgetränkt und zerfetzt, und seine Schulter merkwürdig verdreht. "Nicht hinsehen, Kinder... Kommen Sie bitte mit ins Wohnzimmer... Wir müssen Ihre Wunden versorgen..." Mrs Weasley war kreidebleich geworden, half ihrem Mann jedoch, den Fremden ins Wohnzimmer zu bringen. Als sie in die Küche zurückkam, um ihre Heilutensilien zu holen, funkelte sie einmal drohend in die Runde. "Seid lieb und macht eure Hausaufgaben." "Aber Mum", protestierte Fred (oder war es George?), "wir wollten Quidditch spielen..." "Das kommt gar nicht in Frage. Ihr bleibt im Haus, bis ich euch etwas anderes sage." "Aber..." "Na los jetzt! Und seid gefälligst leise!" "Mutter, ich denke, ich als Erwachsener und Ministeriumsangestellter..." "DU AUCH, PERCY!" Es hatte keinen Sinn, diesem Ton Widerspruch entgegenzubringen, also trollten sich die Weasley-Geschwister, Harry und Hermine auf ihre Zimmer. "Ich habe ihn schon mal irgendwo gesehen." Hermine war ungewöhnlich gereizt, was Ron jedoch nur noch mehr animierte, sie zu provozieren. "Und wo? Auf einem Steckbrief? Tot oder lebendig gesucht?" "Rede keinen Unsinn", wies Hermine ihn zurecht. "Jedenfalls scheint dein Vater kein gutes Gefühl zu haben, was ihn betrifft. Und deine Mutter wirkte sogar regelrecht entsetzt." Harry sah abwesend aus dem Fenster. Er schauderte bei der Erinnerung an die schroffe, wilde Aura des Fremden. Ja... "wild" war der richtige Ausdruck. "Wer oder was ist er?" Ron und Hermine hörten schlagartig auf, sich anzufauchen; erst das machte Harry bewusst, dass er seinen letzten Gedanken ausgesprochen hatte. "Wenn er gefährlich wäre, hätte mein Dad ihn bestimmt nicht ins Haus gelassen", meinte Ron vernünftig. "Bist du sicher? Er ist verletzt; vielleicht haben sie vor lauter Hilfsbereitschaft die Sicherheitsvorkehrungen vergessen..." "Meine Eltern sind doch nicht blöd!" Und schon stritten Hermine und Ron wieder. Manche Dinge änderten sich eben nicht. Als sie zum Mittagessen hinunter gingen, saß der Fremde neben Mr Weasley am Tisch. Er war zwar blass wie der Tod, trug aber ein sauberes Hemd, war gekämmt und zeigte reges Interesse an seiner Umgebung. Mr Weasley räusperte sich verhalten. "Kinder, dies ist Mael Duguay, ein Kollege vom französischen Zaubereiministerium. Er wird ein paar Tage bei uns bleiben. Mael, darf ich Ihnen unsere Kinder Percy, George, Fred, Ron, Ginny und unsere Sommergäste Hermine und Harry vorstellen?" "Sehr erfreut." Der Mann erhob sich, deutete eine Verbeugung in Richtung von Ginny und Hermine an und wandte seine Aufmerksamkeit dann Harry zu. "Du bist also Harry Potter." Irgendwie war die leise, belustigte Verachtung in seiner Stimme schwerer zu ertragen als Draco Malfoys offener Spott. "Ja", erwiderte Harry ungewollt trotzig. Mrs Weasley versuchte sofort, die Situation zu entschärfen. "Setzen Sie sich doch, Mael. Sie sollten sich nicht überanstrengen." Das angedeutete Lächeln verschwand. "Natürlich nicht. Vielen Dank, Molly." Er ließ sich widerstandslos zu seinem Platz zurückführen. Harry blieb stehen. Ihm war schwindelig, als sei der Blick des Fremden bis in seine Seele vorgedrungen und habe dort etwas gefunden, was ihm selbst noch verborgen war. "Ich sage doch, der Typ ist komisch!" "Duguay... Mael Duguay... Wo habe ich diesen Namen nur schon mal gehört?" "PIG, SEI RUHIG!" "Warum sind deine Eltern nur so nervös?" Harrys Gedanken gingen in eine völlig andere Richtung. Hatte niemand außer ihm die spitzen Eckzähne gesehen, die der Franzose bei seinem spöttischen Grinsen präsentiert hatte? Dieser Mael sah aus, als hätte er vor höchstens zwei Generationen einen Vampir in der Familie gehabt. Und seine Ausstrahlung... "Vielleicht ist er von der französischen Abteilung für Muggelartefakte, und Dad hat Angst, dass die Geschichte mit dem Auto herauskommt." "Möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich." Hermine konnte es nicht lassen. "Wer er auch immer ist: wir behalten ihn besser im Auge." Tatsächlich schien es allerdings eher umgekehrt zu sein: wo auch immer Harry sich hinbewegte, war Mael in der Nähe. Bereits nach zwei Tagen ging ihm diese stumme, aber permanente Überwachung gewaltig auf den Geist. Konnte der Kerl nicht einfach Schmerzen haben und erschöpft sein wie jeder normale Verletzte? An diesem Abend schlich er sich hinunter in die Küche, um ein Glas Milch zu trinken; Ron schlief bereits, und das galt wohl auch für alle anderen. Als er am Wohnzimmer vorbeikam, sah er jedoch Mael in Mr Weasleys Ohrensessel sitzen und in das niederbrennende Feuer starren. "Guten Abend, Harry", sagte der Franzose, ohne sich umzusehen. "Ähm... Guten Abend, Mr Duguay." Nach kurzem Überlegen trat er ins Zimmer und ließ sich auf einem Hocker neben dem Sessel nieder. "Können Sie nicht schlafen?" Wieder dieses schwache, belustigte Lächeln, für das Harry ihn am liebsten geschlagen hätte. "Das selbe könnte ich dich fragen." "Ich wollte mir nur ein..." Er brach ab; plötzlich erschien es ihm reichlich kindisch, vor dem Schlafengehen ein Glas Milch zu trinken. "Oh, nicht doch. Es ist ein hervorragendes altes Hausmittel." "W...was?", preßte Harry verblüfft hervor. "Milch. Eine Freundin von mir schwört ebenfalls darauf." "Oh..." In dem schwachen Licht des flackernden Feuers wirkte das hagere Gesicht des Mannes wie das eines Wasserspeiers. "Ein sehr charmanter Vergleich." Wie kann er wissen, was ich gerade gedacht habe ? "Entschuldige. Ich vergesse immer wieder, daß es nicht sehr höflich ist, ohne die Zustimmung anderer Leute ihre Gedanken zu lesen." "Sie... Sie können...?" Mael zuckte mit seinen breiten Schultern. "Klappern gehört zum Handwerk." Harry konnte nicht mehr anders; er platzte heraus: "Wer sind Sie?" Der andere lachte leise. "Ich bin Mael Duguay, Sohn von Gilles und Morwenna, Enkel von... Das ist nicht das, was du hören wolltest, oder?" "Nein. Ich meine: warum sind Sie hier? Warum beobachten Sie mich?" Seufzend schüttelte Mael den Kopf. "Harry, ich.." Er unterbrach sich und warf den Kopf herum, angespannt lauschend. "Komm' heraus, Hermine. Ich weiß, dass du da bist." Das Mädchen schlich sichtlich verlegen und mit hochrotem Kopf ins Zimmer. Mußte das sein?, dachte Harry entnervt. Er war so nahe daran gewesen, zu erfahren, was er wissen wollte! "Guten Abend...", murmelte Hermine ausgesprochen kleinlaut. "Guten Abend und willkommen im Club der Schlaflosen. Wann gedenkt Ron, zu uns zu stoßen?" "Er... er wartet oben. Wir haben ausgemacht, daß er herunterkommt, wenn ich in fünf Minuten nicht wieder da bin..." "Eine sehr vernünftige Regelung..." Unvermittelt sprang er auf und wirbelte herum. "IN DECKUNG!" "Aber was ist denn...?" In diesem Moment zersplitterten die Fensterscheiben, und die Hölle brach los. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)