The Saga - Blossom of Eternity von Pansy ================================================================================ Kapitel 15: Chapter 15: Black feathers are fallin´ -------------------------------------------------- Chapter 15: Black feathers are fallin´ Der Himmel war tiefblau gefärbt. Feine Nebelschwaden zogen zwischen den dicken Baumstämmen des Forest of Eagle hindurch. Die klamme Luft kroch knapp über dem Boden, schlängelte sich widerstandslos über die kräftigen, lang auslaufenden Wurzeln hinweg. Eine kleine Spitzmaus schnupperte solange im Dickicht, bis sie ein lautes Rascheln über ihr vernahm, und lief flink davon. Eine schwarze Kreatur hob sich für einen kurzen Moment von den Schatten der Bäume ab, war beim nächsten Lidschlag schon wieder verschwunden... "Sieh mich an." /Ich muss in deine Augen sehen... um herauszufinden, ob du es bist.../ Mit seiner blutüberströmten Hand hob Jake das Kinn des Mädchens an, das in seichter Melancholie vor ihm stand. /Sie erstrahlen in dem gewohnt tiefen Braun... wie erleichtert ich doch bin... der Schmerz, den du (?) mir zugefügt hast... wird vergeben sein... ehe du wieder über deinen Körper wachst.../ Erschöpft sank er vor ihr in die Knie und fasste sich an den verletzten Arm. Erst dachte er, die Wunde würde glühen, so wie ihre Hand, als sie auf ihr gelegen hatte, doch als er sie abtastete fühlte sie sich nicht unnatürlich heiß an, sondern tat nur höllisch weh. Er unterdrückte die Tränen, die nun in ihm aufstiegen. Bis jetzt waren ihm die Mahnungen seiner Eltern nie so klar gewesen und er fühlte sich völlig übermannt von den Gefühlen, die in ihm zu wallen begannen. Mit aller Kraft wehrte er sich gegen das salzige Nass, während die Stimmen von Jeffrey und Marian in ihm widerhallten. Er sah seinen Vater vor sich, der ihn streng ansah, und seine Mutter, die eine Hand liebevoll nach ihm ausstreckte. "Es ist meine Schuld, ich geb´s ja zu!", rief Jake in die Stille des Raumes. Enttäuscht von sich selbst sank er auf alle vier und gab den Tränen nun freien Lauf. /' Überlass sie der Obhut ihrer Eltern!'...'Sei vernünftig'...'und widme dich deiner Bestimmung'...'sei nicht immer so dickköpfig' ... Oh Kiara, es tut mir so leid!/ Als Jake drohte, in den Tiefen seiner Gedanken zu versinken, wehrte er sich heftigst dagegen und rappelte sich mühsam auf die Beine. /Ich darf das nicht, ich darf mich nicht erneut.../ Er versuchte die Apathie, die seine Glieder langsam hinab schlich, abzuschütteln. Mit seiner Rechten verpasste er sich selbst eine kräftige Ohrfeige, so dass er wieder zu klarem Verstand gelangte. Als seine Finger seine kalte Haut berührten, durchzuckte ihn ein Schmerz, der ihn wachrüttelte. /Nein ich darf mich nicht den Wogen des Selbstmitleids hingeben... Ich muss nun retten, was noch zu retten ist!/ Zärtlich strich er über Kiaras Wangen und spürte leichte Vibration, die von ihr ausging. /Bald wird sie erwachen und einen ersten Sieg über das Böse errungen haben, das spüre ich... aber wie lange?/ Jake musste Vorbereitungen treffen. Was war, wenn die dunkle Macht schneller wiederkehrte, als ihm lieb war? Was war, wenn Kiaras Kraft dann nicht ausreichte? Daran durfte er gar nicht denken. Er musste sich nun mit kühlem Kopf entscheiden... entscheiden für den richtigen Weg. Eine ungewollte Panik brach in ihm aus. In Hast stürmte er von einer Ecke des Raumes zur nächsten. Hier griff er nach dem Telefon, dort nach den Autoschlüsseln. Während er das bisschen Hab und Gut, das sie mitgenommen hatten, zurück in den schwarzen Koffer warf, klappte er sein Handy auf und wählte. Unruhig verfolgte er das leise Klingeln, bis er endlich eine vertraute Stimme am anderen Ende der Leitung vernahm. "Frederic Confides." Die Stimme klang sehr müde. "Frederic? Hier ist Jake. Ich-" Doch er kam nicht dazu, weiter zu sprechen, denn er wurde lautstark unterbrochen. "Gott sei dank. Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Wo steckt ihr? Geht es euch gut? Deine Eltern haben mir stundenlang in den Ohren gelegen, wie ich es nur zulassen konnte dich gehen zu lassen. Jake, ich wollte nie, dass..." Den Moment des Zögerns nutzte Jake, um sich wieder Gehör zu verschaffen. "Frederic, bitte hör mir zu und schwöre mir, dass du ab nun jedes einzelne Wort gegenüber meinen Eltern verschweigst!" Eine kleine Pause trat ein und Jake kam sie viel zu lange vor. Doch er vertraute ihm immer noch, Frederic, seinem Freund. Er wusste tief in sich, dass Frederic die treueste und loyalste Seele auf Erden war, die er kannte. "Ich schwöre." Jake vernahm das heftige Widerstreben der Worte Klang, aber er konnte es Frederic nicht übel nehmen. Schließlich stand er unter Befehl von Jeffrey und Marian. "Gut." Nach ein paar Sekunden des Schweigens seinerseits, erzählte er Frederic grob, was sich bis eben ereignet hatte, überhörte geflissentlich die vielen Seufzer von Frederic und schloss dann mit folgenden Worten. "Warte im Sacrament of Live auf uns, ich fahr uns so schnell ich kann dorthin!" "Jake!?" Er erschrak, denn es war nicht die Stimme seines Freundes, die zu ihm sprach. Vehement klappte er das Handy zu und drehte sich zu Kiara um, die ihn fragend und zugleich wissend ansah. Ihr Ausdruck in den Augen raubte ihm fast den Atem. Es lag so viel Wärme darin, die ihn in den Bann zog. Er spürte sie innerlich, wie sie ihn beruhigte, sein Herz umhüllte. Kiara machte die wenigen Schritte auf ihn zu, die sie von ihm trennten, ergriff seinen verletzten Arm. "Lassen wir ihn nicht warten." Als sie im Auto saßen und den Forest of Eagle schon einige Kilometer hinter sich gelassen hatten, fühlte sich Jake immer noch wie gebannt. Er hatte die Macht gespürt, die in Kiara ruhte. Tatsächlich hatte sie in ihm selbst gebebt. Wie hatte er nur jemals zweifeln können? Nun begriff er allmählich, welch bedeutsame Aufgabe ihm zuteil wurde. Und nun sehnte er sich noch mehr danach, niemals diesen Fehler begangen zu haben... Jake raste, er nutzte die volle Geschwindigkeit, die das Auto zu bieten hatte. Erst als sie sich wieder Wohnhäusern näherten, verringerte er das Tempo. Die Nacht legte sich dunkel über die Dächer und streckte ihre Arme gierig in jeden Winkel, der sich darbot. "Sie versinkt im Schatten." Ein kurzer verwirrter Seitenblick von Jake ließ Kiara erklären. "Die Stadt. Begraben unter der Schwärze der Nacht." Jake sagte nichts. Ihre Worte hallten in seinem Kopf wider. Sie klangen in seinem Verstand noch beklemmender als Kiara sie ausgesprochen hatte. /Das Sacrament of Live,... ich hoffe wirklich, dass das der Weg ist, den wir zu gehen haben./ "Schatten rühren sich." Jake erschrak. Was gab da Kiara von sich? Er hielt an und nahm sie fest ins Visier. Nun nahm er wahr, was er seit dem Aufbruch nicht registrieren wollte. Kiara wirkte älter, reifer. Ihre Ausstrahlung beruhte nicht mehr auf einem strahlenden Lächeln, das ihre manchmal noch kindlichen Gesichtszüge hervorhob, nein, sie beruhte auf einer Eleganz, die nun in einem starken Maße von ihr ausging. Aber warum sprach sie von sich bewegenden Schatten? "Fahr weiter Jake, Frederic erwartet uns." Sie beugte sich zu ihm herüber und küsste ihn fest auf die Lippen, womit er in dem Augenblick überhaupt nicht gerechnet hatte. Doch so schnell sie ihn berührt hatte, so schnell hatte sie wieder von ihm abgelassen, so dass er nicht die Möglichkeit besaß, den Kuss zu erwidern. Aber die Wärme, die ihn zum wiederholten Mal durchflutete, brachte sein Gemüt zur Ruhe. Er verwarf den Gedanken, sie danach zu fragen. "In zwei Stunden müssten wir da sein." Er warf den Motor an, blinkte links und drückte leicht aufs Gaspedal... Frederic Confides saß noch eine ganze Weile neben seinem Telefon. Mühsam versuchte er zu verarbeiten, was er soeben von Jake gehört hatte. Obwohl er viel kürzer als manch anderer für die Familie Antawa arbeitete, wurde er fast von Anfang an in das Vertrauen von Marian und Jeffrey gezogen. Nach elf Monaten treu ergebenen Dienstes hatte ihn Jeffrey zu sich gebeten. Frederic sah das Zimmer noch vor sich, als ob es erst gestern gewesen wäre, dabei war es schon über neun Jahre her... Hohe Bücherwände zu beiden Seiten bargen Tausende Werke, darunter auch Schriftrollen, eingebettet in Glas und Samt. Ein alter ovaler Tisch stand in der hinteren Mitte des Raumes, umgeben von drei Stühlen, verziert mit geschwungenen Linien, die etwas zu bilden schienen, das er da aber noch nicht entschlüsseln konnte. Jeffrey, dessen dichtes dunkelblondes Haar fahl im Licht des kleinen Kronleuchters an der Decke leuchtete, saß in der rechten Ecke in einem dunklen kleinen Lesesessel. Als Frederic gänzlich das Zimmer betrat, fiel hinter ihm die große Eichentür ins Schloss und er verneigte sich vor seinem Herrn. Für diese Zeit mochte eine solche Geste ungewöhnlich erscheinen, doch vom ersten Tag an war es Frederic normal vorgekommen. Warum konnte er nicht sagen, vielleicht lag es an dem Haus, das in gewisser Weise einem alten Schloss glich. "Setzen Sie sich." Als Frederic sich auf einem der Stühle niedergelassen hatte, wurde er lange in Augenschein genommen. Dann erhob sich Jeffrey und nickte überzeugt. "Schließen Sie Ihre Augen und befreien Sie sich von all Ihren Gedanken." Frederic wusste nicht wie ihm geschah, doch er gehorchte. Nicht im Traum hätte er es gewagt, sich den Wünschen seines Herrn zu widersetzen. "Lösen Sie sich von all Ihrem Leid und all Ihren Schmerzen, die sie je empfunden haben. Denken Sie an nichts außer... an zwei Kinder, die auf dem Spielplatz herumtollen. An einen Jungen und an ein Mädchen, die zusammen Sandburgen bauen... eine schöne Szenerie, nicht wahr? Und nun sagen Sie mir, wären Sie bereit, ihr Leben zu geben, um diese Kinder zu beschützen?" "Ja." Es war eine einfache, schlichte Antwort, doch er gab sie offen und ehrlich. Erleichtert atmete Jeffrey auf und strich mit der Rechten den linken Ärmel seines schwarzen Jacketts glatt. "Gut, dann öffnen Sie die Augen wieder." Erwartungsvoll blickte Frederic Mister Antawa an. So recht verstand er immer noch nicht, welches Verlangen ihn hierher geführt hatte. Doch Jeffrey ließ ihn nicht lange im Nebel der Unwissenheit und erhob erneut seine Stimme. "Seit fast einem Jahr ziehen Sie meinen Sohn groß. Lieben Sie ihn?" Ein wenig konsterniert legte sich Frederic eine Antwort zurecht, von der er hoffte, dass sie nicht zu indiskret sei. "Ich liebe ihn wie einen eigenen." Als Jeffrey sich abwandte und auf eine der beiden Bücherwände zusteuerte, fragte sich Frederic, ob er zu ehrlich gewesen sei, zu direkt geantwortet hätte. Weil sein Herr immer noch schwieg, plagten ihn allmählich Gewissensbisse. Was machte er eigentlich hier? Warum wurden ihm derart persönliche Fragen gestellt? Er konnte sich keinen Reim darauf machen. Jakes Vater griff nach einem kleinen Glaskasten und pustete den feinen Staub herunter, der sich wie immer in wenigen Tagen darauf gebildet hatte. Er ging damit direkt auf Frederic zu und stellte ihn vorsichtig auf dem Tisch ab, der nun die beiden nur noch voneinander trennte. Frederic versuchte in Jeffreys Gesicht zu lesen, war dieser empfand, doch die Konzentration, mit der er den Deckel öffnete, ließ nichts Aufschlussreiches erkennen. Mit viel Rücksicht hob Jeffrey das Stück Papier heraus, das er anschließend auffaltete. "Werfen Sie einen Blick darauf." Ein einfacher Angestellter soll einen Blick auf etwas werfen, das so kostbar behandelt wurde? Bemüht, nicht gänzlich verwirrt zu wirken, stand er auf und gesellte sich neben Jeffrey. "Schauen Sie schon darauf, es wird Sie auf das vorbereiten, was ich Ihnen gleich erzählen werde." Obwohl es Sich nicht gehörte, seinem Herrn über die Schulter zu sehen, konnte Frederic nun seiner Neugier nicht mehr länger standhalten. Er beugte sich ein Stück hinunter und begutachtete das Pergament, das Jeffrey sachte in den Händen hielt. Oben in der Mitte prangten dieselben feinen Linien, die er schon auf den Stühlen entdeckt hatte, doch nun schienen sie an etwas zu erinnern: an eine Blume. Darunter standen ein paar Zeilen geschrieben, doch in einer Sprache, die er nicht verstand. Er las sie sich mehrmals durch, war aber nicht imstande, sie zu verstehen. "Ich bitte um Entschuldigung, aber ich kann dies nicht übersetzen." Jeffrey lachte auf und ließ Frederic dadurch zurückschrecken. "Oh verzeihen Sie, ich wollte nicht unhöflich sein. Dass es sich um Latein handelt, haben Sie sicherlich erkannt. Parite filium virium, create vitam luminis. Occaecate deos veram opem ut aperire. Defendite malum attendere et aucupari. Facite amicum filium ut protegere. Das heißt so viel wie: Gebäret das Kind der Kraft, erschaffet ein Wesen des Lichts. Betöret die Götter, um ihre wahre Macht zu offenbaren. Bewahret es vor dem Bösen, das wartet und lauert, schafft Euch einen Verbündeten, um es zu beschützen. ... einen Verbündeten, verstehen Sie?" Nach einem Eid, bis an sein Lebensende der Familie zu dienen und niemandem etwas über sie zu erzählen, war Frederic in das Geheimnis der Familie eingeweiht worden. Er erfuhr von dem Bündnis, dem Jeffrey und Marian angehörten, der 'Inauguration'. Dass es aus einigen Individuen bestand, die durch ihr Blut dazu bestimmt waren, zu den Templern zu gehören. Abend für Abend war er in die Geschichte eingeweiht worden, die die letzten 350 Jahre die 'Inauguration' nicht aufatmen ließ... /Seitdem bin ich wirklich verantwortlich für Jake... kein Wunder, dass sein Vater so enttäuscht von mir ist, dass ich ihn nicht aufgehalten habe. Es wäre meine unabdingbare Pflicht gewesen... aber Jake ist erwachsen, ich kann nicht auf ewig die Gouvernante spielen... Ein junger Mann ständig umgeben von einem Diener, der einen jenem unbekannten Eid geleistet hat... welch Ironie. Er war immer so gewissenhaft, er hätte es verdient, aufgeklärt zu werden. Ich war so oft kurz davor, ihm seine Fragen zu beantworten, die er mir so oft stellte, doch damit hätte ich Verrat an seinen Eltern begangen... es war nicht richtig von ihnen, diesen einen Teil zu verschweigen... nun müssen sie es ihm aber endlich offenbaren, sonst tue ich es! Zu viel hat sich schon ereignet, was nicht hätte passieren dürfen./ Betrübt folgte Frederic nun Jakes Bitte und begab sich ins Sacrament of Live. Als er die Kirche betrat, wurde ihm noch schwerer ums Herz. Er erblickte das Kreuz. /Werden auch sie für die Menschheit dermaßen leiden müssen?.../ Ein leises Knarren schreckte Frederic aus seinen Gedanken auf. Schritte näherten sich. Erleichtert wandte er sich um, doch das Lächeln gefror sofort in seinem Gesicht, als er Jake erblickte. Der junge Mann vor ihm glich nicht im Geringsten dem, den er vor knapp zwei Tagen aus der Tür gehen gesehen hatte. "Oh Jake, J-un-ge,...". Frederic bekam lediglich ein Wispern zustande. Mit der Rechten fuhr er sich durchs Haar und anschließend über seine trockenen Lippen. Nicht das Blut und die Wunden allein waren für seinen Schrecken verantwortlich. Vielmehr waren es Jakes Augen, die unermesslichen Kummer in sich trugen. Jake konnte es nicht ertragen, so mitleidvoll angesehen zu werden. Er wusste, dass er an allem die Schuld trug, doch er war nicht gewillt, von Frederic wie ein Todkranker begutachtet zu werden. Eilends senkte er sein Haupt und wich auch folgend den Blicken des anderen aus. "Danke, dass du gekommen bist." Nun vernahm er Frederics Hand auf seiner Schulter, die ihn kurz, aber fest, drückte. Mühsam unterdrückte er ein Schluchzen, das ihn durch diese Geste beinahe übermannte. /Ich danke dir.../ Frederic nickte Kiara zu, die schon die ganze Zeit hinter Jake gestanden hatte. "Setzt euch. Ich glaube, ihr braucht beide erst mal fünf Minuten Ruhe." Es verstrich eine viertel Stunde, in der alle drei dasaßen und schwiegen. Einzig Kiara hatte ihre Hände nicht zum Gebet gefaltet. Das Sacrament of Live gab Jake eine gewisse Geborgenheit zurück, die ihm an diesem Abend verloren gegangen war. Als er Kiaras Verwandlung erlebt hatte, war ein Teil in ihm zerrüttet worden, von dem er nicht gewusste hatte, dass er so wichtig für ihn war. Er liebte seine Eltern, das tat er schon immer. Doch er konnte nie sagen wie sehr. Durch ihre Bestimmung waren sie nicht viel für ihn da gewesen und hatten ihn anderen in Obhut gegeben. Bediensteten, die im Laufe der Zeit zu Freunden und Vertrauten geworden waren. Manchmal hatte sich in ihm etwas geregt. Er würde sagen Wut. Wut darauf, dass Jeffrey und Marian nicht so waren wie alle anderen Eltern. Aber als er das Böse in den Augen des Menschen gesehen hat, den er mehr liebte als alles andere auf dieser Welt, hatte er plötzlich begriffen, warum sein Leben so verlaufen war. Er akzeptierte jetzt das Schicksal seiner Eltern und sein eigenes. Und nun hat er sie enttäuscht. Er hat alle enttäuscht... "Frederic?", Jakes Stimme hallte leicht in der Weite der Kirche. "Ich möchte dich nicht in Schwierigkeiten bringen, darum werde ich Kontakt zu meinen Eltern aufnehmen und ihnen-" "NEIN!" Der entsetzte Ausruf Frederics verwunderte den Jüngeren. Auch Kiara sah ihn mit großen Augen an. "Du kannst es ihnen nicht sagen... in deinem eigenen Interesse." "Hmm, aber ich muss es tun! Das bin ich ihnen schuldig." "Tue es nicht. Du bereust schon genug." "Könntest du mir bitte sagen, was hier los ist?" Mit funkelnden Augen sah Jake Frederic an. Nervös senkte dieser den Kopf. "Also naja, ich halte es für besser, wenn weder Jeffrey noch Marian davon erfahren." "Das glaube ich dir nicht. Komm sag schon, was verschweigst du mir?" Nachdem Jake aufgesprungen und um die Kirchenbank herumgegangen war, postierte er sich genau vor Frederic, stützte sich mit den Ellenbogen auf der Lehne vor ihm ab. Er beugte sich so weit vor, dass sein Gesicht exakt auf der Höhe dessen Frederics war. "Was verschweigst du mir?", wiederholte er eindringlich. "Wenn sie davon etwas zu Ohren bekommen, dann... wird alles nur noch schlimmer." "Kannst du das bitte präzisieren?" "Jake, lass ihn. Siehst du nicht, dass er schon genug durchleidet?" Kiara konnte nicht mit ansehen, wie Frederic mit sich rang. "Aber-" "Kein aber. Er ringt mit sich. Fordere nichts heraus, was du später bedauern wirst." Behutsam strich sie ihm eine Strähne aus der Stirn. "Er ist hierher gekommen, reicht das denn nicht?" Jake seufzte. "Okay wie ihr meint." Resigniert ließ er sich zurück auf eine der schwarzen Bänke fallen. "Wie geht es Ihnen, Miss Ladeur?" Seine Chance nutzend wandte sich Frederic Kiara zu. "So weit alles in Ordnung. Ich kann mich nur vage an das erinnern, was", sie wurde ganz leise, "geschehen ist." "Blicken Sie nicht zurück. Lassen Sie es hinter sich." "Wie denn?... Ich hab Jake verletzt!" Ihre letzten Worte trugen eine gewisse Trauer in sich. "Ich bin unzurechenbar." Plötzlich wallten in Kiara all die Emotionen, die Jake bisher seit dem 'Zwischenfall' vermisst hatte. Salziges Wasser bildete sich in ihren Augen. "Ich bin... gefährlich." Nun flossen Tränen an ihren Wangen hinab und sie vergrub ihr Gesicht unter ihren Händen. /Kiara.../ Jake ging zu ihr und legte einen seiner kräftigen Arme um sie. "Denk nicht mehr daran. Ich habe dir schon längst verziehen." "Ver-zieh-en?" Sie weinte und lachte gleichzeitig. "Das ist unentschuldbar!", fuhr sie ernst fort. /Die dunkle Macht hätte niemals diese Gelegenheit bekommen, wenn ich nicht so ein sturer Narr gewesen wäre... nun muss ich mit den Konsequenzen leben.../ Betretene Stille kehrte ein. Sie hörten das einsetzende Glockenläuten. Drei Schläge, drei atemberaubende Klänge. Die Nacht war schon halb vorüber, das Tageslicht würde in wenigen Stunden wiederkehren. Jake regte sich. Entschlossen richtete er sich auf. Mit einer Geste wies er Frederic an, mit ihm zu kommen. "Sie hat heute genug durchlitten, wir sollten sie ins Hotel bringen, damit sie ein wenig Ruhe findet. Bevor wir gehen, möchte ich, dass du weißt, dass ich nicht aufgeben werde. Ich werde herausfinden, was du mir vorenthältst." Als sie gemeinsam durch die Dunkelheit liefen, warf Frederic Jake einen besorgten Seitenblick zu. /Vorhin wollte ich ihm noch alles erzählen, doch als ich ihn sah, fiel es mir zu schwer. Ich konnte nicht... ich kann ihm das Kommende nicht ersparen... vielleicht ist es besser, wenn er damit so spät wie möglich konfrontiert wird... darauf einstellen kann sich sein Herz sowieso nicht.../ Wehmütig schritt Frederic mit seinem Schützling und Kiara dahin. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)