The Saga - Blossom of Eternity von Pansy ================================================================================ Kapitel 12: Chapter 12: Before Time II -------------------------------------- Chapter 12: Before time II ` Flieg` mit mir im Takt der Melodie, hör das Lied der traur´gen Sinfonie. Schweb´ mit mir in den Untergang, vergiss deiner Mutter Stimme Klang. Komm zu mir, ich rufe nach Dir. Spür uns´re unendliche Gier nach wohlschmeckendem Blut. In Dir erwacht nun die böse Glut. Ich zeig´ Dir mein dunkles Reich, meine Gefolgschaft, mein Geleit. Die finst´re Burg in den Tiefen Deines Bewusstseins, den Verließen.` Mit einer Hand an der Stirn wankte Kiara durch den großen Gang der Kirche. Die Stimme in ihrem Kopf machte sie wahnsinnig. Jede Gegenwehr schien vergebens zu sein. Dieser raue Ton manifestierte sich in ihrem Verstand. Es tat weh, so weh... Schmerz durchzuckte ihren Körper, als sie über einen Stuhl fiel, der noch von der letzten Messe neben einer Bankreihe stand. Gekrümmt lag sie auf dem kalten steinigen Boden und Tränen liefen an ihren Wangen hinab. "Geh! Lass mich in Ruhe!" Ihr leises, qualvolles Wispern drang als fast unhörbares Echo zurück an ihr Ohr. Sie fühlte sich so einsam in diesem Moment. Der, den sie jetzt so dringend brauchte, war nicht hier, bei ihr. "Jake", flüsterte sie in die kühle Luft. `Die finst´re Burg in den Tiefen deines Bewusstseins, den Verließen.` Kiaras Augen schlossen sich und sie verlor das Bewusstsein. Gerade mal 19 Jahre war Kira von Ohiyama jung gewesen, als `Inauguration` in Erins Besitz übergegangen war. Das Buch hatte hindernisärmer den Besitzer gewechselt als es eigentlich an Wert innehatte. Doch Remik hatte diese Schrift vom ersten Tag an gehasst. Von Stunde zu Stunde hatte er sie immer dringender wieder loswerden wollen. Aber wer gab so eine Kostbarkeit schon billig oder gar umsonst her? Da war ihm dieser Fanatiker, Erin Ashantis, gerade recht erschienen; zumal er etwas als Gegenwert vorgewiesen hatte, das für ihn einen sehr großen Reichtum darstellte. Ihm war es egal gewesen, ob Erin über den persönlichen Wert Bescheid gewusst hatte oder nicht. Hauptsache er hatte sich lohnend der `Inauguration` entledigen können. /Nie wieder werde ich auch nur mit einem Teil meines Körpers dieses Buch berühren... Erin, du Narr!/ Höhnisch lachte Remik in seiner eigenen Bibliothek. Mit der Rechten nahm er ein Glas Wein, an dem er sich nur bei besonderen Anlässen gütlich tat, und hob es hoch in die Luft. "Auf Euch, Erin! Sei `Inauguration` mit Euch!" Mit einem verschmitzten Lächeln kippte er das ganze Glas auf einmal herunter. ******** "Herr, vor Euren Toren fand man heute Morgen dies hier." Ein klein gewachsener Mann mit langem grauen Bart, der ihm bis zur Brust reichte, reichte Remik ein großes braunes Paket. "Entschuldigt uns, denn wir konnten trotz aller Mühen nicht herausfinden, wer es dort ablegte." Mit gebückter Haltung hielt er weiterhin das in Stoff gehüllte Etwas entgegen, den Blick stur auf den Boden gerichtet. Er hatte zu viel Angst, seinen Gebieter anzublicken, geschweige denn ihm in die Augen zu sehen. Remik griff danach. "Nun geh schon aus meinen Augen, Pack! Bei deiner nächsten Unfähigkeit lass ich Strafe walten!" Völlig eingeschüchtert verließ der Betagte den Raum, jede Beschwerde unterdrückend. Neugierig betrachtete Remik das Paket und drehte es im Sonnenschein, das durch die vielen Fenster der Bibliothek fiel, hin und her. Der braune, glänzende Stoff reflektierte die Strahlen und projizierte helle Lichter auf dem sonst kargen, dunkleren Grund. Eindringlich studierte er sein Geschenk und ließ nach einer ganzen Weile Astus rufen. Als dieser erneut zitternd vor ihm stand, fürchtend, nun sei es um ihn geschehen, erhob Remik seine herablassende Stimme. "Du hast dieses Ding hierher gebracht, nun sollst du es auch öffnen! Wer weiß, was sich darin verbergen mag." Zögernd begab sich Astus zum großen Ahorntisch, auf dem Remik das Paket abgestellt hatte. "Mach endlich! Meine Geduld reicht nicht ewig!" Der Alte griff vorsichtig nach dem Stoff und verfluchte sich währenddessen insgeheim dafür, dass er es gefunden und nicht gleich weggeworfen hatte. Nachdem der braune Satin vollends abgestreift war, pfiff er durch die Zähne. "Götter, was ihr uns bescheret..." Als er begierig nach dem Inhalt des Pakets greifen wollte, wurde er so unsanft von Remik weggestoßen, dass er zu Fall kam. Vor Schmerzen schrie er auf, versuchte aber schnell das Johlen herunterzuschlucken, "Köpft ihn!", aber es war bereits zu spät. Zwei kräftige Männer packten ihn und schleiften ihn unsanft hinter sich her. "Habt Gnade, mein Herr." Aber die letzten verzweifelten Worte Astus` wurden von niemandem erhört. "Ein Buch?", sprach Remik zu sich mit fasziniertem Unterton. Mit beiden Händen fasste er danach und mitten in der Aufwärtsbewegung ließ er es sogleich wieder fallen. Die Haare standen ihm zu Berge. Er zitterte am ganzen Leib. "Herr, geht es Euch-" "Verschwindet! Alle!" Mit aller Mühe versuchte Remik seinen Körper wieder in seine Gewalt zu bringen. So wehrlos wollte er vor seinen Bediensteten nicht dastehen. Schwäche konnte er sich nicht erlauben. Er verabscheute diesen Charakterzug. Noch immer vernahm er das Pochen in seinem Schädel, das eingesetzt hatte, als er das Buch berührt hatte. Dieses Hämmern schien sein Gehirn zu zermatern. Als er sich allein in der Bibliothek wusste, legte er die Hände auf sein Haupt, krallte seine Finger in den Haaren fest und schrie einmal laut auf. Der wehleidige Ton wurde von der Weite des Raumes verschluckt. Die Sonne schien unablässig auf den dunklen Einband und ließ die wenigen Buchstaben darauf silbern leuchten. /`Inauguration`!/ Ein weiterer tiefer Schmerz bohrte in seinem Kopf und zwang ihn in die Knie. Er strich sich hilflos über die verschwitzte Stirn und kämpfte sich wieder auf die Beine. Mit letzter Kraft streifte er den braunen Stoff über das Buch. "Du verfluchtes Ding!", stöhnte er und sank erneut zu Boden. ******** Die Weinflasche war schon mehr als halb geleert, da klopfte es unerwartet an der Tür. "Ich dulde keine Störung!" Seine Stimme klang weicher als gewöhnlich, vermutlich durch eine kleine Nuance des Lallens hervorgerufen. Ein erneutes Klopfen, das sehr energisch war, ließ seinem Unmut freien Lauf. "Ich sagte, ich dulde es nicht, gestört zu werden!", rief er barsch in Richtung Tür. Als sie trotz Verneinung knarrend geöffnet wurde, stieg Räte der Wut in sein Gesicht. "Wer wagt es, sich mir zu wider-" ... "Reiks, du!?" Ein groß gewachsener, sehr kräftiger Mann stand in einem dicken Pelzmantel im Foyer und blickte geringschätzig auf Remik. Seine Lider schlossen sich kein einziges Mal, während er ihn musterte. "Du hast dich kein bisschen verändert. Und du bist noch derselbe Dummkopf wie damals." Das kantige Gesicht wies Spuren von alten Verletzungen auf. Remiks Blick verfinsterte sich zunehmend. Auf diesen Besuch hätte er liebend gerne verzichtet. Was dachte sich Reiks eigentlich dabei, nach so vielen Jahren hier aufzutauchen und ihn auf diese Art und Weise zu kritisieren? Sichtlich verstimmt schob er die Weinflasche beiseite. "Mein Bruder... der mir schon immer meinen Erfolg missgönnt." Ein herablassendes Schmunzeln umspielte die Mundwinkel des Älteren. "Was soll ich dir denn missgönnen!? Etwa das hier??" Reiks deutete auf die voll gestellten Bücherregale. "Ha, das nenne ich nicht Erfolg, mein ach so bescheidener kleiner Bruder. Du verkriechst dich hier in deinem Gemäuer und merkst nicht einmal, wie dumm du warst." "Raus hier! Das muss ich mir nicht bieten lassen, auch nicht von dir!" Mit einer Hand zeigte er auf die noch offen stehende Tür. Doch Reiks schritt leichtfüßig auf ihn zu, beugte sich so weit herunter, dass der Jüngere den leicht sauren Geruch wahrnehmen konnte, der von ihm ausging. "Hol es dir zurück!", flüsterte er Remik mahnend ins Ohr, wodurch dieser mächtig zusammenzuckte. Ohne weitere Worte verließ Reiks die Bibliothek wieder, ließ seinen Bruder benommen zurück. /Es zurückholen.../ Bei diesem Gedanken schüttelte es ihn. Zwar hatte er ein paar Leute auf Erin angesetzt gehabt, um diesem das Entfliehen nicht zu einfach zu machen, aber doch vor allem um etwas Spaß zu haben. Eigentlich war das nur egoistischer Zeitvertreib gewesen und niemals eine Unternehmung, um wieder an dieses Buch zu kommen. Remik hatte sich geschworen, nie wieder Hand an `Inauguration` zu legen, geschweige denn es erneut in seinen Besitz bringen zu wollen. Aber nun!? Wie sollte er sich entscheiden? Schließlich war Reiks bestimmt nicht ohne driftigen Grund gekommen und aus alter Erfahrung wusste er stets, wovon er sprach. `Inauguration`. Das Buch, das für so viel Aufregung einst gesorgt hatte. Das seit Generationen von einem Gelehrten zum nächsten durchgereicht worden war. Doch bis zu Erin Ashantis´ Erscheinen war es jedem so ergangen wie Remik. Die, die es in den Händen gehalten hatten, hatten körperliche Schmerzen erfahren müssen; hatten es freiwillig weitergegeben. Dennoch, so viele waren begierig auf dieses Buch gewesen. Selbst vor Morden waren sie nicht zurückgeschreckt. Der Misserfolg hatte alle heimgesucht: Das Buch hatte sie nicht auserwählt! Mit Erin hatte sich alles ändern sollen. Zum ersten Mal hatte einer die seltsamen Schriften entziffern sollen... "Gebäret das Kind der Kraft, erschaffet ein Wesen des Lichts. Betöret die Götter, um ihre wahre Macht zu offenbaren." Im fahlen Kerzenschein, das immer dann stark aufflackerte, als eine schwere Seite des Buches umgeblättert wurde, rieb sich Erin erschöpft die Augen. Die Anspannung und Erregung der letzten Stunden zermürbten ihn nun. Lauthals gähnend sank er in sich zusammen und verfiel einem leichten, unruhigen Schlaf. In seinem Traum fühlte er sich verfolgt. Irgendetwas schien seine nächtliche Ruhe stören zu wollen. Schon nach wenigen Stunden wachte er schweißgebadet auf und fand sich in völliger Dunkelheit wieder. Mit zittrigen Händen tastete er nach seinen Streichhölzern und brachte nach einigen vergeblichen Versuchen den kurzen Docht zum Brennen. Abwesend strich er sich durchs Haar und seine sorgenvolle Miene verzerrte sich mehr und mehr zu einer hässlichen Grimasse. Als er aber das Buch so friedlich vor sich liegen sah, stöhnte er laut. /Du hast mir das beschert... seit ich dich habe, suchen sie mich heim... sie lauern... sie umgarnen mich... um mich irgendwann zu verschlingen./ Nun begann Erin zu lächeln. "Aber ich werde dich nie wieder hergeben." Im wenigen Licht des Raumes konnte man das fanatische Blitzen in seinen Augen gut erkennen. Er war so sehr von `Inauguration` besessen, dass er selbst nicht bemerkte, dass er in den letzten Wochen stark gealtert war. Die ersten grauen Strähnen mischten sich nun unter seine einstige Haarpracht; tiefe Furchen im Gesicht verliehen ihm ein kränkliches Aussehen. Sein ganzes Auftreten litt unter den ständigen Strapazen, denen er sich aussetzte, indem er pausenlos an den geheimnisumwobenen Zeichen tüftelte und auf Teufel komm raus versuchte, den Text sinngemäß zu entschlüsseln. Bisher konnte er aber nur wenige Erfolge verbuchen. Erst um die vierzig Zeilen hatte er, noch voller Lücken, übersetzen können. So recht hatte er noch nicht begriffen, wie sich die einzelnen fremden Buchstaben zusammensetzten. Doch Erin war dafür bekannt, dass er seine Arbeit niemals aufgab. Bezüglich seinem Familiensinn und seiner Menschenkenntnis mochte er vielleicht große Schwächen haben, aber die Übersetzerei und Forscherei waren nun einmal sein Leben, sein Odem. Nichts und niemand konnte ihm da etwas vormachen; keiner konnte ihn auch nur annähernd davon abbringen, sich weiter so zu schänden, selbst wenn es lebensbedrohlich würde. Mit beiden Händen gleichzeitig schlug er sich plötzlich ins Gesicht und schüttelte sich anschließend. Nachdem er noch einen kräftigen Schluck Wasser zu sich genommen hatte, setzte er sein Werk fort. `Inauguration´ schien sich an seine Finger zu schmiegen, die Zeile für Zeile über die aufgeschlagene Seite fuhren. Die schwarzen Lettern manifestierten sich in Erins Verstand, brannten sich tief hinein... Remik saß noch immer benommen auf seinem Stuhl. Unter anderen Umständen wäre er so angetrunken, wie er war, draußen und hätte ein paar schöne Frauen belästigt, doch in diesem Augenblick konnte ihn ein solcher Gedanken nicht im Geringsten erregen. Als er nach der zweiten Weinflasche des Abends greifen wollte, stieß er sie versehentlich um. Sie rollte über die Kante und zerbarst in tausend Scherben, als sie den harten Boden berührte. "Verflucht!" Remiks Gesichtsausdruck trug nun nur noch Wut und Hass in sich. Hass auf seinen Bruder, Hass auf Erin Ashantis und insbesondere Hass auf dieses verdammte Buch. Es war so ein erhebendes Gefühl gewesen, `Inauguration` endlich loszuwerden. "Und dann kommt Reiks und beleidigt mich deswegen. So was zu wagen...!" Der sonst so gebieterische und herrschaftsvolle Remik war sichtlich gekränkt; durch sein eigen Fleisch und Blut bloß gestellt. Zähne knirschend schlug er mit der Faust auf den Tisch. Das konnte, wollte er nicht so auf sich beruhen lassen! "Erin!", das Funkeln seiner Iris war stechend, "Macht Euch auf was gefasst!" Sehr geräuschvoll verließ er nun die Bibliothek, hinter sich die Tür zuknallend. Wie geisteskrank lief er durch die dunklen Straßen und fauchte zwei Männer an, die seinen Weg kreuzten. Völlig angewidert sahen diese Remik hinterher und wechselten einen vielsagenden Blick. Aber um dann doch einer Konfrontation aus dem Weg zu gehen, ließen sie den Mann mit den langen blonden Haaren, wovon ihm einige Strähnen im schweißnassen Gesicht klebten, ziehen. In seiner Rechten hielt Remik eine Flasche, die er sich vorher noch schnell gegriffen hatte, und gönnte sich immer wieder einen kräftigen Schluck aus ihr. Zunehmend schwankend stapfte er durch die Nacht. Blieb nach einer Weile abrupt stehen, wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Er breitete die Arme weit aus. "Eriiin!" Der tiefe Laut hallte lange in der Ferne wider. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)