Fremde Welten (#1) von Purple_Moon (Das Reich der Schatten ist gar nicht so gruselig.) ================================================================================ Kapitel 65: Mitternacht ----------------------- In diesem Jahr noch eine... ich hoffe wenigstens, dass sie noch online kommt. :) Enjoy! Welt des Blauen Lichts: Sonntag Nacht Fremde Welten 65: Mitternacht Yugi gehörte mit seinen Freunden zu den Ersten, die den Schauplatz des zu erwartenden Schattenduells erreichten. Er war diesmal mit Seto und Joey auf Schattensturm geflogen, Neo, Mava und Appi auf Silberschwinge und einige weitere Magier auf Diamantkralle, Eria hingegen auf einem Amazonenvogel und die beiden Schwarzen Magier wieder mit eigenen Flügeln. Das schienen sie in letzter Zeit richtig zu genießen. Auch einige der Krieger folgten, vornehmlich die, welche sich Joey verpflichtet fühlten, beispielsweise Gerfried und die Gilford-Brüder. Und wo Gerfried war, wurde man Chani nicht los. Auch danach noch flogen die Drachen immer wieder fort, um weitere Mitspieler und Zuschauer abzuholen, wie zum Beispiel Magi, Mad, Luster, Rohka, Amazia, die Skill-Brüder, Paladia und viele mehr. Yugi achtete bald nicht mehr im Einzelnen darauf. Es war dunkel im Schattenreich, aber etwas über der Schattensphäre verlieh dieser einen gespenstischen Schimmer, wie Wolken unter einem Vollmond. Die Temperatur war angenehm, aber auf die Dauer mochte es etwas kühl werden. Die Lichtmagier erschufen ein paar Leuchtkugeln, welche den Schauplatz ausreichend erhellten. Dark warf einen Blick über das ehemalige Lager der Feinde. Die Zelte waren teilweise abgebaut worden, aber viele waren noch da und diese größtenteils kaputt. Der Magier machte eine Handbewegung, und eine Energiewelle breitete sich über der Fläche aus, wobei alles, was nicht festgewachsen war, davongeschleudert wurde und nur eine relativ ebene Landschaft übrig blieb. „Hätte ich nicht besser machen können,“ kommentierte Crimson sachlich. „Und was genau soll jetzt hier geschehen?“ begehrte Seto zu erfahren, wobei er seinen Tonfall neutral hielt wie jemand, der ein Event plant. Yugi war da schon etwas aufgeregter. „Ja, genau... wie funktioniert das jetzt hier? Wie ist es denn überhaupt, wenn ihr in einem Schattenspiel seid?“ Dark holte für seine Erklärung etwas weiter aus. „Was wir hier tun, ist eigentlich nicht unbedingt erforderlich, aber besser. Seht ihr... wenn einer von uns in einem normalen Kartenduell vorkommt, weiß der- oder diejenige das vielleicht, aber nur, wenn der Spieler auch mit Herz bei der Sache ist. Wer das nur als simples Spiel ansieht, wird von uns kaum zur Kenntnis genommen. Wenn ein begeisterter Spieler unsere Karten benutzt, spüren wir das schon deutlicher; aber nur bei jemandem, der ein Duellant mit Leib und Seele ist, sind wir richtig dabei. Wie in einem Tagtraum, dem man sich mehr oder weniger hingeben kann. Wenn jemand eine Bindung zu einem bestimmten Menschen hat, kann er diesen aktiv unterstützen. So wie ich es bei dir und dem Pharao mache, Yugi. Da ziehe ich mich meistens irgendwo hin zurück und bin dann in dieser Welt gar nicht mehr ansprechbar.“ Yugi nickte und schwieg, um Dark nicht zu unterbrechen. „Und dann gibt es die Schattenspiele,“ fuhr der Magier fort. „Die, wo in eurer Welt das ganze Spielfeld mit einer dunklen Wolke umhüllt wird. Dabei werden wir vollständig in eine Zwischendimension gezogen und sind wirklich auf eurem Feld.“ „Moment mal,“ mischte Seto sich ein. Bei Wheelers Duell gegen den falschen Marik...“ „Odion,“ half Joey aus.“ „Klappe! Da fiel Wheeler um und durch sein Monster hindurch. Das war nur ein Hologramm!“ „Der Lavagolem fühlte sich seeehr echt an!“ bemerkte Joey. „Wie sehr wir uns manifestieren können, hängt von euch ab, aber eigentlich kann jeder, der in den Finalrunden eines Kartenduells ankommt, in einem Schattenspiel erreichen, dass wir körperlich da sind,“ sagte Dark. „Ja, genau, Mai kann es auch,“ warf Paladia ein, die sich neben Crimson hielt. „Und Ryou Bakura.“ Diese Anmerkung kam vom Vampirlord, der vor kurzem lautlos gelandet war. „Eh... hat er Euch mal gespielt, Lord Genesis?“ wollte Crimson von ihm wissen. Der Vampir strich sich arrogant durchs Haar. „Nein... aber meine kopflosen Ritter verschwinden manchmal für kurze Zeit.“ „Wheelers Monster war nur ein Hologramm!“ beharrte Seto und grinste dabei schadenfroh. „Mitnichten,“ entgegnete Gerfried. „Aber Joey wurde bewusstlos und verlor seine Kontrolle, daher wurde meine Gestalt instabil und kehrte ins Schattenreich zurück.“ Er stand hinter dem Blonden und hatte diesem brüderlich eine Hand auf die Schulter gelegt. Joey stand kerzengerade und reckte das Kinn vor. Seto schwieg, gab jedoch noch einen abwertenden Laut von sich und sah woanders hin. „Ist doch nicht so wichtig... ich will lieber wissen, wie es jetzt weitergeht!“ drängte Yugi. Er hatte es keinem gesagt, aber auch er hatte so ein komisches Gefühl... Ob das wohl das gleiche war, über das Appi geklagt hatte? Es machte ihn unruhig und nervös. Dark machte mit seinen Ausführungen weiter: „Wir können von hier aus eine Sphäre schaffen, die es uns erlaubt, das Duell mitzuverfolgen. Doch wir müssen warten, bis es anfängt und der Erste von uns gerufen wurde.“ „Ist das nicht so ähnlich wie das, was Malice gemacht hat?“ Das konnte sich Yugi nicht vorstellen, es wäre ja sonst nichts Besonderes. „Er hat doch auch das Tor, das Yami geschaffen hat, für sich benutzt...“ „Wir können durch diese Sphäre nicht die Welt wechseln,“ erklärte Dark. „Nur für eine Weile auf der Zwischenebene sein, wo die Schattenspiele stattfinden, gemeinsam mit den Personen aus eurer Welt, die sich im Einflussbereich des Spiels befinden. Stell dir ein Haus vor, das du mit anderen bewohnst: Du kannst die Leute nicht in ihrem Zimmer besuchen, aber dich auf dem Flur mit ihnen treffen. Jedoch nur, wenn sie vom Flur aus die Tür zu deinem Zimmer aufschließen.“ Yugi fand das Beispiel einleuchtend. „Und... das geht mit einem Millenniumsgegenstand?“ „Ja, zum Beispiel mit einem Millenniumsgegenstand.“ „Äh... du sagtest zum Beispiel. Womit denn noch?“ „Das ginge jetzt zu weit, Yugi.“ „Uhm... okay.“ Schade, das hätte Yugi brennend interessiert, aber vielleicht war es besser so... schließlich hatte er mit den sieben Gegenständen schon genug Ärger, da brauchte er nicht noch mehr Schlüssel ins Schattenreich, wenn er die unbekannten Dinge mal so nennen wollte. Leider wussten sie nicht, wann das Duell beginnen sollte, daher mussten sie warten. Jedoch die Tatsache, dass jemand ein Deck mit den Karten mit sich trug, war schon ein Warnzeichen. Um die Zeit zu überbrücken, entfachten die Krieger Lagerfeuer, um die man sich scharen konnte. Die Fläche, die in etwa für ein Duell benötigt wurde, blieb aber frei. Yugi bemerkte, dass sich in Darks Nähe eine Gruppe von Magiern versammelte, aber auch ein paar Wesen anderen Typs, die er aus seinem eigenen Deck kannte – zum Beispiel Kuriboh. Dieser löste sich von der Gruppe und kam angeflogen, um mit Yugi zu kuscheln. Der Junge ließ es gern zu, machte sich jedoch weiterhin Sorgen. Wer, wenn nicht Yami, mochte sein Deck spielen? Und wenn nicht Yami... warum dann nicht? *** Yami hatte keine Ahnung, was eigentlich hier passieren sollte. Man hatte ihm schließlich nichts gesagt. Die Rare Hunter, die ihm Essen und Trinken brachten und seinen Kloeimer ausleerten, schwiegen die ganze Zeit, und er wollte eigentlich auch gar nicht unnötig Aufmerksamkeit auf sich lenken. Er fing fast schon an zu glauben, dass er sich den bösen Marik nur eingebildet hatte, zumal er in Begleitung eines Typen gewesen war, der einem Duelmonster sehr ähnlich sah. Doch es kam der Moment, als die beiden Typen wieder auftauchten. Kein Zweifel – er hatte sich nicht getäuscht. Das eine war der Chaos Sorcerer und der andere Mariks böse Seite. Darauf konnte sich Yami keinen Reim machen, schließlich hatte Marik keine Anzeichen gezeigt, dass--- „Ich weiß, was du denkst, Pharao,“ schnarrte der Blonde, während er einen Rare Hunter heranwinkte, der Yamis Kette aufschloss. „Du fragst dich, ob ich Marik bin. Aber auf den bin ich nicht mehr angewiesen. Nenn mich Malice.“ Er grinste breit auf seine altbekannte, irre Art. „So, mitkommen!“ Yami stand auf, zog den Morgenmantel fest um sich und ging auf die Tür zu. Er dachte über einen Fluchtversuch nach, aber draußen standen zahlreiche Rare Hunter und versperrten ihm den Weg. Sie mussten wohl ihre Befehle haben, denn als er heraus kam, griffen sie ihn und fesselten seine Hände auf den Rücken. „Wie fühlt man sich in der Rolle des Opfers?“ lachte Malice. „Wir werden heute noch viel Spaß haben, das garantiere ich dir!“ Er zückte den Millenniumsstab und fuhr mit den seitlichen Teilen an Yamis Kinn entlang. „Du hast es schon letztes Mal nicht gebracht,“ erwiderte Yami und bemühte sich, seinen üblichen überlegenen Tonfall anzuschlagen. „Mag sein, dass du letztes Mal Glück hattest, weil Odion aufgetaucht ist. Aber erstens ist der jetzt nicht hier und zweitens... bist du nicht am Start! Hahahaaa! Wer soll mich denn besiegen? Etwa Kaiba? Oder Wheeler? Nein wirklich... das kannst du dir abschminken.“ Yami hob eine Augenbraue und machte ein schicksalsergebenes Gesicht, als hätte er es mit einem Trottel zu tun, dem man eh nichts beibringen kann, doch er versuchte es trotzdem. „Malice. Du hast letztes Mal gegen Joey nur gewonnen, weil er das Bewusstsein verloren hat. Hätte er seinen Zug spielen können, wäre es mit dir aus gewesen!“ Er sah das zornige Aufblitzen in den violetten Augen, doch natürlich gab sich der Kerl vor seinen Leuten keine Blöße. „Rede keinen Unsinn! Er hatte von Anfang an in den Finalrunden nichts zu suchen! Und jetzt halt die Klappe. Ich werde dir noch Grund genug geben, sie aufzureißen – wenn ich dich vor Schmerzen schreien lasse!“ Malice lachte höhnisch und wandte sich zum Gehen. Der Magier und die Rare Hunter folgten ihm und nahmen Yami mit. Er wurde in einen Kleinbus verfrachtet, den einer der Männer fuhr. Irgendwie war das seltsam... passte nicht so wirklich. Wenn man die Rare Hunter so sah, stellte man sie sich immer nur zu Fuß vor, mit wehenden Mänteln, oder bestenfalls noch auf einem Motorrad... aber nicht in sowas einfachem wie einem Fahrzeug zur Gruppenbeförderung! Naja, vielleicht, überlegte Yami, hatte er auch einfach nicht genug Wissen über diese Welt. Malice und Sorc stiegen nicht ein. Eine schwarze Limousine fuhr an ihnen vorbei, vermutlich saßen sie darin, aber Yami verlor das Fahrzeug aus den Augen, denn er konnte nicht gut genug aus den Fenstern sehen, weil er von Rare Huntern eingekesselt war. Viel wichtiger war ihm aber auch, wohin eigentlich die Reise ging. Es dauerte vielleicht eine halbe Stunde, dann wurde er wieder nach draußen bugsiert. Die Gegend kannte er... das Stadion. Malice und Sorc standen mit zwei der Männer schon da und wandten sich dem Bauwerk zu, als Yami eintraf. Er wurde hinter ihnen her geführt und wehrte sich nicht dagegen. Schließlich war er ja gespannt, was jetzt passieren würde. Aus irgendeinem Grund war er nicht einmal sonderlich beunruhigt. Vielleicht kam das noch. Auf alle Fälle war es besser, als die ganze Zeit unwissend zu warten. Marik, Blacky und ihre Begleiter waren als Erste da. Vorsichtshalber hatte Mokuba bei der Stadtverwaltung von Domino City angerufen und den Leuten dort erzählt, dass er im Auftrag der Kaiba Corporation ein neuartiges System der Dueldisk testen würde, so dass sich niemand wunderte. Natürlich schlug man ihm das nicht ab, schon gar nicht, nachdem auch Pegasus seine Teilnehme angekündigt hatte. Marik hatte nun Yugis Gürtel umgeschnallt und das Deck in der Dueldisk, die auch Yugi gehörte. Nur für heute war das alles seines. Ebenso wie die Rolle, die er hier spielte, ja sonst Yugi zukam. Fast kam es ihm so vor, als erwartete er ihn hier zu einem Finalduell eines Wettbewerbes. Er stand zusammen mit Blacky, der sich seine volle Montur angezogen hatte, an der Kopfseite des imaginären Duellfeldes auf dem Sportplatz, und an dessen Rand hatten sich die Zuschauer aufgebaut: Opa Mutou, Mokuba, Serenity, Thea, Tristan, Duke, Pegasus, Mai, die Lehrerin Frau Morikawa und nicht zuletzt Bakura... ihn kannte Marik von allen schon am längsten. Der Geist hatte es sich daher auch nicht nehmen lassen, zu diesem Anlass den Wirtskörper an sich zu reißen. Das lag vielleicht aber auch daran, dass Pegasus da war. Der Magier des Schwarzen Chaos strahlte eine geradezu unheimliche Ruhe aus. Für einen Chaosmagier war das unerwartet, fand zumindest Marik. Dieser Mann zweifelte nicht im Geringsten an Mariks Sieg... und daran, dass das Deck ihn dorthin führen würde. Da Blacky selbst in diesem Deck vorkam, hatte Marik auch keinen Grund, an dieser Einschätzung zu zweifeln, und ging gewiss nicht dagegen an, als die Ruhe auf ihn abfärbte. In Panik geraten konnte er später noch. Wenn sein böses Ich erschien, wollte er ihm jedenfalls würdevoll begegnen und ihm keine Blöße zeigen. Ähnlich ging es wohl Blacky mit seinem Vater. Malice und Sorc ließen sich Zeit. Sie kamen erst Punkt Mitternacht in das Stadion geschritten, als wäre der Grund und Boden ihr Eigentum. Und natürlich umgaben sie sich mit einer Schar Rare Hunter. Marik hatte die Männer nach den Ereignissen von Battle City erstmal wieder zurück zu ihren normalen Leben geschickt, sie quasi in einen Schläferzustand zurückversetzt, doch das hatte Malice nun widerrufen. Er sah etwas anders aus. Seine Kleidung war nun ganz schwarz, eng anliegend und ergänzt durch einen schwarzen Umhang mit ausgefransten Säumen. Die Haare waren etwas kürzer als früher, standen aber noch immer steil ab. Er hatte nun, da er erneut im Besitz des Millenniumsstabes war, wieder das leuchtende Auge auf der Stirn – obgleich Marik nicht sicher war, dass er es zwischenzeitlich nicht gehabt hatte. Er trug bereits eine Dueldisk mit einem Deck darin am Arm. Malice und Sorc blieben in ausreichendem Duellierabstand stehen. Die Rare Hunter verteilten sich auf der Seite gegenüber von Yugis Freunden. Dabei wurde sichtbar, wen sie in ihrer Mitte hatten, nämlich Yami, der offensichtlich gefesselt war und von mehreren Händen festgehalten wurde. Thea atmete hörbar scharf ein, Tristan hob eine geballte Faust in Brusthöhe vor sich, doch ansonsten beschränkten sich die Reaktionen auf Stirnrunzeln und erschrockene Blicke. Sogar Herr Mutou blieb ganz ruhig, lediglich seine angespannte Kinnpartie sagte etwas darüber aus, was er fühlte. Niemand sprach, bis Malice das Gespräch eröffnete: „Na sieh an... haben sie es also dir überlassen, Marik. Nun, das passt mir gut. Sorc, sieh doch nur, wer bei ihm ist!“ Sorc, in seinem Spielkartenoutfit, trat neben seinen Komplizen. „Kayos. So sehen wir uns wieder...“ Blacky nickte ihm zu, wie man einen Kollegen höflich begrüßte. „Sorc.“ Man sah ihm nicht an, ob er in dem gegnerischen Magier seinen Vater sah oder nur einen Feind. Und man sah nicht, was Sorc darüber dachte... ob er sich vielleicht mehr erhofft hatte als diese neutrale Begrüßung. Malice ergriff wieder das Wort. „Wie ich sehe, trägst du die Millenniumskette, Marik. Lass dir aber nicht einfallen, mir zuvorkommen zu wollen – die Regeln dieses Spiels bestimme ich, oder euer geschätzter Pharao wird es büßen, verstanden?“ Marik sah aus den Augenwinkeln ein breites Grinsen auf Bakuras Gesicht erscheinen und befürchtete schon, dass der Weißhaarige sich einmischen wollte, doch dies ging ihn nichts an. Außerdem hinderte ihn sicherlich Ryou daran, jedenfalls geschah von dieser Seite nichts. Schade, Marik hatte tatsächlich die Idee gehabt, selbst die Regeln zu bestimmen... aber eigentlich hatte er das noch nie gemacht und es wäre wohl zu gefähr--- Was dachte er da denn nur? Es war auf jeden Fall noch gefährlicher, wenn Malice die Regeln machte! Beide traten vor, während ihre Begleitmagier an ihrem Platz blieben, und trafen sich in der Mitte, um jeweils das Deck des anderen zu mischen. Als Marik sich anschließend umdrehte und zurück ging, war er froh, dass Blacky ihn im Auge behielt, denn er drehte seinem bösen Ich nur ungern den Rücken zu. „Na dann kommen wir mal zur Sache!“ Malice hob den aufleuchtenden Stab über seinen Kopf. Das gesamte Spielfeld mitsamt den Zuschauern wurde in eine finstere Blase eingehüllt, um die außen herum Blitze zuckten. Drinnen wurde es kälter, aber weniger physikalisch als vielmehr durch den Gruselfaktor. Serenity und Thea rückten eng zusammen. „Oh nein, jetzt ist es soweit!“ murmelte Joeys Schwester. „Ihr wolltet ja unbedingt mitkommen!“ kommentierte Mai schnippisch. Aber auch sie schien sich nicht wohl zu fühlen. Mal abgesehen von Bakura war es hier wohl allen etwas unheimlich geworden. Und alle wussten, dass jetzt Malice's schreckliche Fantasie zum Einsatz kommen würde, mit der er sich immer so grausame Nebeneffekte für das Spiel ausdachte. Der Verrückte legte nachdenklich die Finger der freien Hand an sein Kinn. „Ich finde, dieses Mal sollten wir uns ganz besonders viele schöne Dinge einfallen lassen, was meinst du? Schließlich ist es ein ganz besonderes Spiel. Die erste Regel ist einfach!“ Scheinbar ohne sein Zutun schwebte Yami in die Höhe. Seine Fesseln lösten sich, aber dafür wurden seine Hände über seinem Kopf und seine Beine leicht gespreizt unter ihm von der dunklen Masse gehalten. Er wehrte sich vergeblich und gab es bald auf. Er landete links von Malice am äußersten Rand von dessen Helferschar. „Wir haben ja hohen Besuch,“ spöttelte Malice mit einem bösen Lächeln. „Unser Pharao! Darüber freue ich mich ganz besonders, denn dass er mein Gast ist und nicht mein Gegenspieler, gibt mir ganz neue Möglichkeiten in die Hand...“ Er schaute berechnend zu Yami hoch. „Du wirst für mich leiden, Pharao! Immer, wenn ich Lebenspunkte einbüße, wirst du die Schmerzen fühlen!“ „Nein! Lass ihn...“ Marik ärgerte sich über seine Reaktion, aber seine Loyalität hatte ihn so impulsiv handeln lassen. Er bereute das sogleich. „Hahaha! Was denn, Marik! Du musst doch nur verlieren, wenn du ihn schonen willst!“ spottete sein Gegner. „Aber damit es fair bleibt, kriegst du einen von meinen Leuten, der für dich leidet, wenn du Punkte verlierst. Lass sehen...“ Malice schien zu überlegen, welchen der Kapuzenträger er nehmen sollte, und pickte dann scheinbar willkürlich einen heraus. Der Rare Hunter schrie entsetzt auf, als er hochschwebte und in die gleiche Position gebracht wurde wie Yami, nur links von Marik, seitlich von Sugoroku und den anderen. „Aber Meister Marik... ich war doch immer ein treuer Diener...“ Malice kratzte sich gelangweilt im Ohr. „Merkst du was? Er hat noch nicht begriffen, dass er jetzt mir dient, Malice, und nicht mehr dir, Marik. Dann passt es ja. Ich glaube nur nicht, dass er viel taugt, wahrscheinlich kratzt er schon ab, wenn du die Hälfte deiner Lebenspunkte eingebüßt hast.“ „Wie bitte?“ Marik sah kurz zu dem Rare Hunter, doch er konnte das Gesicht nicht sehen, weil er die Kapuze im Gesicht hatte. „Soll das heißen, dass er sterben kann?“ Malice freute sich ungemein. „Natürlich! Wo wäre denn sonst der Spaß? Das gleiche gilt logischerweise auch für unseren lieben Pharao! Freust du dich nicht? Du wolltest ihn doch immer töten... jetzt hast du die Gelegenheit! Vielleicht schaffe ich es, all meine Lebenspunkte (bis auf einen) für einen mächtigen Effekt zu opfern, mit dem ich dann dich auslösche! Hahahaaaah!“ Marik fühlte langsam die befürchtete Panik in sich aufsteigen. Wie sollte er denn unter diesen Bedingungen das Duell bestreiten, geschweige denn gewinnen? „Krieg dich ein, Marik.“ Überraschend kam die Stimme Bakuras vom Spielfeldrand. „Ich sag's ungern, aber vermutlich ist der mächtige Pharao in der Lage, die Strapazen dieser Spielevariante zu überstehen.“ Marik fragte sich, ob Bakura log, aber das war nicht seine Art... er war hinterhältig, aber nicht unehrlich. „Wie meinst du das... ist Yami stark genug dafür, dass ihm nichts passiert?“ fragte Sugoroku den Ringträger hoffnungsvoll. Dieser zuckte nur mit den Schultern. „Leider ja... ich jedenfalls würde es schaffen. Im Spiel der Schatten kommt es auf den Willen an, er kann sogar körperliche Mängel überwinden. Allerdings... dass ihm nichts passiert, würde ich nicht sagen, aber er wird’s wahrscheinlich überleben. Zu ärgerlich aber auch.“ Bakuras Wunsch, Yami tot zu sehen, wurde wie immer ignoriert, denn sie waren das von ihm schon gewohnt. Die Freunde sahen einigermaßen beruhigt aus, auch wenn Yami keineswegs außer Gefahr war. „Davon abgesehen, Malice...“ fuhr Bakura jetzt wieder lauter fort „tu mal nicht so, als wärst du so gnädig, fair zu spielen! Wenn man in einem Schattenspiel unfair sein dürfte, hättet ihr gegen mich noch nie eine Chance gehabt!“ „Geist des Ringes,“ murmelte der Blonde mit einer Unheil verkündenden Stimmlage. „Auch mit dir habe ich noch eine Rechnung offen...“ „Zu dumm, dass das Spiel schon angefangen hat. Du kannst keine Unbeteiligten mit hineinziehen!“ erwiderte Bakura. „Er konnte doch auch Yami mit reinziehen und diesen Mann, sind die nicht unbeteiligt?“ hakte Tristan nach. Der Geist des Ringes war für eine kurze Zeit um eine Antwort verlegen. „Ähm... den hat er schon als Geisel mitgebracht, deshalb...!“ „Mit anderen Worten, du weißt es nicht,“ warf Duke ein. Doch Bakura fing sich wieder. „Ich hab mich undeutlich ausgedrückt... Malice muss die Regeln in dem Moment festgelegt haben, wenn er das Spiel startet. Er kann es so machen, dass wir erst nach und nach merken, was los ist, aber er kann nicht hinterher noch mehr Leute einbinden oder die Regeln irgendwie ändern.“ „Woher willst du wissen, dass wir nicht schon mitten drin sind?“ gab Mokuba zu bedenken. „Kluger Junge,“ antwortete Malice an Bakuras Stelle, sagte jedoch nichts Genaueres dazu. „Einige Dinge waren meine Idee,“ fügte Sorc hinzu. „Freut euch auf chaotische Zustände...“ „Nichts, was wir nicht meistern werden,“ versicherte Blacky im Gegenzug. Marik hatte den Eindruck, dass der Magier noch mehr sagen wollte, doch er verschwieg den Gegnern, dass Mariks Deck einige Überraschungen bereit hielt, mit denen Malice wohl kaum rechnen konnte. Oha... wann hatte er angefangen, es als *sein* Deck zu bezeichnen? Aber er musste zugeben, dass Blacky ihm inzwischen auch sehr vertraut vorkam, wie ein langjähriger Freund, und fast konnte er erraten, was er dachte. Ihre Blicke trafen sich, als Marik sich dem Duelmonster zuwandte. Etwas ging zwischen ihnen vor, eine Art von Verständnis, die er nie für möglich gehalten hatte. Bisher... bevor er gegen Yugi verloren hatte... waren Spielkarten auch nur ein Mittel zum Zweck für Marik gewesen, quasi das Schwert, mit dem er kämpfte. Doch jetzt wurde es viel mehr. Blacky lächelte ihn an. Synchron schauten sie dann zu Yami, der ihnen ermutigend zunickte. Bakura hatte Recht – um den Pharao brauchte man sich keine Sorgen zu machen. Vielleicht konnten sie dieses Duell einfach schnell zu einem guten Ende bringen. Marik schwieg nun und zog fünf Karten. Die Anzeige auf den Dueldisks sprang auf 8000. „Ich beginne... denn ich habe euch herausgefordert,“ verkündete Malice. Er hatte sechs statt fünf Karten gezogen und schickte sich an, die erste abzulegen. „Duell!“ *** Die Monster hatten sich um das Duellfeld herum aufgebaut, auch wenn es im Moment noch nicht viel mehr war als eine rechteckige, kahle Fläche. Yugi, Joey und Seto konnten ihnen ganz genau sagen, wie groß der Platz ungefähr war, den zwei Duellanten mit Dueldisks brauchten. Es waren noch viele der Feen dazugekommen, etliche Amazonen und zahlreiche Krieger und Untote, letztere aus den Reihen von Genesis. Natürlich waren nicht alle in einem der Decks eingebunden. Ohnehin waren die aus Malices Deck vermutlich nicht anwesend. Black Luster klagte lauthals, dass man ihn nicht zu würdigen wusste, was seine Kollegen mit übertriebenem Mitleid kommentierten. Er meinte es natürlich nicht so, schließlich wusste jeder, dass Yugis Deck aus Magiern bestand, von ein paar Ausnahmen mal abgesehen. Dark, Crimson, die Skill-Brüder und Mava waren damit beschäftigt, um das Feld herum Runensymbole in den Boden zu ritzen. Alle anderen nutzten die Zeit, um sich noch etwas zurecht zu machen, andere Klamotten anzuziehen und sich noch etwas zu stärken. Yugi hatte festgestellt, dass sich zu so einer Gelegenheit alle in die Kleidung warfen, die sie auf ihrer Karte trugen. Dieses Spiel würde noch realer werden als jedes bisherige Schattenspiel, und vielleicht würde das sogar Malice überraschen. Aber vielleicht rechnete er auch damit. Sorc war schließlich auch ein Duelmonster. Er konnte ihm davon erzählt haben, dass man es so machen konnte... falls er das wusste. Yugi und seine Freunde jedenfalls waren schon ganz aufgeregt. Sie konnten vielleicht die Leute aus ihrer Welt wiedersehen! Seto tat zwar so, als ließe ihn das alles eher kalt, aber er sah sich doch interessiert um und stellte sogar hin und wieder eine Frage. Joey machte das schon offensichtlicher. Er rannte umher und begeisterte sich für alles und jeden. Da auch Yugi sich schon zu den Duelmonstern gehörig fühlte, hatte er sich die Sachen angezogen, die man für ihn entworfen hatte. Das Outfit war aus weichem, schwarzem Leder und ließ die Arme und den Rücken frei, ähnlich im Schnitt wie das Oberteil von Appi. Dazu gab es einen Überwurf, der wie eine in zwei Zacken endende Fahne aussah, durch die er den Kopf gesteckt hatte, und an jeder Ecke hingen kleine Zierkügelchen, die auch verhinderten, dass der Stoff zu sehr flog. Vorne war er natürlich kürzer als hinten und insgesamt in dunklem Lila gehalten mit pink abgesetzten Rändern, passend zu den Gurten, die zur Zierde um seine Beine und Hüfte geschnallt waren – dies war von Blacky abgekupfert. Auch sein Hut hatte einen Gurt, ansonsten war er ein normaler spitzer Zaubererhut, der farblich zum Überwurf passte. Das ganze war noch nicht so entgültig... er hatte ja auch noch keinen eigenen Zauberstab, sondern benutzte den früheren von Dark, der ein Standardmodell zu sein schien. Auch fanden alle ihn in den Sachen süß – Yugi war nicht sicher, ob ihm das gefiel. Das seltsame Gefühl im Bauch machte ihn ganz verrückt! Auch Appi lief herum wie Falschgeld, versuchte zwar, sich nützlich zu machen, wusste aber nicht, wo er anfangen sollte. Schließlich landete er bei Yugi. „Oh Mann oh Mann oh Maaaann! Ich hab vielleicht heute meinen ersten Einsatz... meinen ersten richtigen Einsatz, meine ich. Noch nie war ich in einem großen Duell! Und dann auch noch ein Schattenduell...“ „Ist ganz simpel, der Irre Gegner quält generell alle Beteiligten, verspottet den Helden und tut generell alles, um dem Rest der Welt das Leben zu erschweren,“ sagte Yugi. Appi starrte ihn an. „Danke! Das erleichtert mich ungemein!“ „Sag mal, Appi... ich wollte dich schon die ganze Zeit was fragen.“ „Ja?“ „Bevor du beschlossen hast, dass du der Apokalyptische Magier sein willst, wie hast du da geheißen? Ich meine... wie haben deine Eltern dich genannt?“ Der Blonde starrte Yugi überrascht an. Er musste sich wohl erstmal eine Reaktion darauf überlegen, dann beugte er sich etwas hinunter und flüsterte ihm die Antwort ins Ohr. Als er sich wieder aufrichtet, tauschten die beiden noch einen langen, wortlosen Blick aus. Yugi hatte nicht den Eindruck, dass Appi sein Geburtsname peinlich war, er machte nur gerne ein Geheimnis daraus. Und in diesem Moment sah er sehr würdevoll aus, so als hätte er all die Jahre auf diesen Moment hingearbeitet, um sich seinen Namen auch zu verdienen. Der Augenblick verging, und Yugi wurde sich wieder der Geräuschkulisse bewusst. Allmählich kam Ordnung in die Zuschauer und Teilnehmer. Die Gruppe derer, die spürten, dass sie in einem der Decks waren, hatte sich in der Nähe gesammelt. Dark kam zu ihnen und gab ihnen Anweisungen. „Der Erste, der gerufen wird, muss einen Spruch rezitieren, um uns von drüben aus den Zugang zu ermöglichen. Traust du dir das zu, Appi?“ Der Angesprochene richtete sich noch gerader auf. „Ja, Meister.“ Dark nickte und gab ihm ein Notizkärtchen. „Lern das möglichst auswendig. Ich glaube allerdings nicht, dass es mit dir losgeht.“ Er warf einen Blick auf Yugi. „Oder mit dir...“ Yugi errötete, als hätte man ihn bei etwas Verbotenem erwischt. Er hatte niemandem erzählt, dass er wohl auch dazu gehörte, aber niemand schien sich zu wundern. „Wenn es soweit ist,“ fuhr Dark fort, „wird sich hier die gleiche Szenerie bilden, die die Duellanten sehen; es wird so sein, als wären wir bei ihnen – was wir ja spätestens dann auch sind. Aber gebt acht... wir wissen nicht, welche Regelungen das Schattenspiel hat. Unsere Einmischung könnte unvorhergesehene Folgen haben. Aber eigentlich bin ich ganz zuversichtlich... wird bestimmt spaßig.“ Yugi hob eine Augenbraue. Spaßig? Doch dann erkannte er auf Darks Gesicht einen Ausdruck, wie er ihn oft bei Seto, Joey und vielen anderen sah: Die Freude auf den Wettbewerb, die Bereitschaft, sein Bestes zu geben und sich ganz dem Zweck hinzugeben. Auch Duelmonster waren mitunter Duellanten mit Leib und Seele. So hatte er es noch nie gesehen. Crimson stand etwas abseits. Er wirkte nachdenklich und hatte Eria zu ihrer Mutter geschickt, da sie nicht mit von der Partie war. Aber anscheinend befürchtete er, dass er für die Gegner kämpfen musste. Doch das glaubte Yugi nicht, denn er selbst war im Besitz der Karte... die allerdings zu Schummelzwecken beschädigt worden war, deshalb hatte er sie zu denen gesteckt, die er nicht benutzen wollte. Es konnte also auch sein, dass noch jemand eine besaß... Malice hatte bestimmt Zugriff auf die Bestände der Rare Hunter. „Es hat begonnen,“ meinte schließlich Dark, und einige andere nickten. Yugi fiel nichts auf, bis auf die Tatsache, dass es kälter zu werden schien. Da fehlte ihm wohl einfach die Erfahrung. Es wurde still. Alle waren gespannt. Wer von ihnen war wohl als Erster an der Reihe? *** Fortsetzung folgt. Note: Das Duell beginnt mit 8000 LP, weil das in der Realität so gemacht wird. Die Werte einiger Effekte sind auch höher als im TV, so dass sich das wieder ausgleicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)