Geheimnisse von abgemeldet (Aramis/Athos) ================================================================================ Kapitel 16: Die Lady und ihr Ehemann ------------------------------------ Hallo! Ja, ich bin's mal wieder... nach langer Zeit endlich wieder ein neues Kapitel dieser FF. ^-^ Danke erst mal an alle, die so fleißig Kommis geschrieben haben! Ich freu mich immer, wenn ich höre, die Geschichte verläuft in etwa so, dass sie euch auch gefällt. Tja, nur mittlerweile wird mir Phillippe ein wenig zu nett... ich glaube, er kommt zu sympathisch rüber, oder? Hm... keine Sorge, dass hier ist immer noch eine Athos/Aramis Story... auch wenn's im Moment nicht ganz so aussieht. Also, ich würde mich auch weiter über Kommis freuen! Viel Spaß beim Lesen!!! *** Schon wenige Minuten später fiel Aramis der kleine, aber doch vorhandene Haken an ihrem Plan vor. In ihrem Bestreben, wenigstens den Aufräumarbeiten zu entgehen und ihren Freunden die vergangenen Tage in barer Münze heimzuzahlen, hatte sie die Tatsache, das Phillippe der Zwillingsbruder des französischen Königs war, einfach übersehen. Le Mans konnte man zwar nicht mit Paris vergleichen, aber es mochte sich der eine oder andere Adelige finden, der den König schon einmal persönlich getroffen hatte. Und so zog sie ihren mehr oder weniger unfreiwilligen Begleiter in den nächstbesten Hutladen. "Was wollen wir denn hier?", fragte Phillippe interessiert und musterte die verschiedenen Auslagen. Große, reich verzierte Hüte für die Damen und kaum schlichtere, die wohl für das männliche Geschlecht bestimmt waren. Ein leises Glöckchen erklang, als sie über die Türschwelle in den Laden traten und schon kam ein älterer Mann aus dem hinteren Bereich auf sie zugelaufen. Die Kundschaft sollte man schließlich nicht warten lassen, wenn man wollte, dass sie wiederkam und die Kasse zum Klingen brachte. Lächelnd musterte er die hübsche Frau, die an der Seite des leicht verlegen wirkenden Mannes die Auslagen musterte. Sie gaben ein wirklich reizendes Paar ab! "Madame!", rief er überschwänglich und Aramis erinnerte sich noch zu gut daran, wie abweisend sie der Verkäufer in dem Waffengeschäft zu Beginn ihrer Reise behandelt hatte. Anscheinend war sie dieses Mal in einem Laden gelandet, in dem man Frauen als potentielle Kundschaft ansah und auch dementsprechend behandelt. "Madame, wie kann ich Ihnen behilflich sein?" Ein breites Lächeln zeigte sich auf dem Gesicht des Mannes, das von einigen Falten durchzogen wurde. Er war ein sympathischer Mensch, was es Aramis umso schwerer machte, ihn zu belügen. "Mein Mann hier sucht nach einem Hut. Er hatte eine so empfindliche Haut...", sagte sie und trat Phillippe auf den Fuß, der ein wenig überrascht die Augenbrauen in die Höhe gezogen hatte. "Ah, junges Glück.", lächelte der Verkäufer. "Ich glaube, ich habe hier genau das Richtige für Euch, Madame." Er hielt ihr einen dunkelgrünen Hut entgegen - unverziert und oval geschnitten. "Perfekt! Den nehmen wir!", stimmte sie zu und zahlte die verlangte Summe. Dieses Mal versuchte sie erst gar nicht, um den Preis zu feilschen. Sie fand den alten Mann nett und gönnte ihm den Gewinn von ganzem Herzen. Mit einem freundlichen "Au revoir." verabschiedete er sich noch, als das Paar den Laden wieder verließ und hinaus in die Sonne trat. "Dein Mann?", fragte Phillippe und sah sie skeptisch an. Beinahe hätte er laut gelacht, angesichts der Tatsache, dass sich diese junge Frau in den meisten Situationen, in denen er sie erlebt hatte, eher widerborstig und selbstständig aufgeführt hatte. "Es war eine Notlüge.", verteidigte sie sich und fügte dann spitz hinzu. "Zieh den Hut tiefer ins Gesicht." "Wieso? Ist mein Gesicht so abstoßend, dass ich es verbergen soll?!" Er war sichtlich empört über ihre Aufforderung und erst beschwichtigt, als sie ihm versicherte, er habe ein sehr schönes Gesicht. Zu schön und zu bekannt, um es in der Öffentlichkeit zur Schau zu stellen, wollten sie nicht die Aufmerksamkeit des Adels oder gar seines ungeliebten Zwillingsbruders auf sich ziehen. "Nein, dein Gesicht ist nicht abstoßend! Ich will nur nicht, dass irgendwer hier auf die Idee kommt, einen Knicks vor dir zu machen und uns alle in große Schwierigkeiten zu bringen! Und wenn ich große Schwierigkeiten, dann meine ich so etwas wie Exekution.", raunzte sie ihm zu, während ein strahlendes Lächeln alle anderen Menschen, an denen sie vorbeiflanierten, glauben ließ, sie würden sich über nichts ernsteres als das wundervolle Wetter an diesem Tag unterhalten. "Ich verstehe...", murmelte Phillippe und grinste. Für ihn war es neu, nicht der Gefangene zu sein, der schon froh sein konnte, wenn die Gefängniswärter nicht vergaßen frisches Wasser in seine Zelle zu bringen, um ihn nicht verdursten zu lassen. "Wie kommt eine Frau eigentlich dazu, ein Musketier zu werden?", fragte er schließlich, nachdem er eine Weile schweigend neben Aramis durch die recht schmalen Straßen gelaufen war. In Wahrheit brachte ihn seine Neugierde fast um den Verstand, auch wenn er das der jungen Frau niemals auf die Nase binden würde. "Das hier ist weder der Ort noch der richtige Zeitpunkt um über dieses Thema zu sprechen. Und eigentlich würde ich es vorziehen, wenn wir gar nicht darüber sprechen müssen." "Ach, es wäre doch sicherlich eine schöne Geschichte für die Abende vor dem Kamin, die wir hier in Le Mans verbringen müssen.", sagte er und warf ihr einen Blick zu, der einen Stein hätte erweichen können. Seufzend gab stimmte sie zu, wusste sie doch, dass Phillippe keine Ruhe geben würde, bis sie seinem Wunsch entsprach. Außerdem hatte sie von ihm nichts zu befürchten. Schließlich hatte sie sich bereits gegen den französischen König verschworen, sich als Mann ausgegeben, um den Musketieren beitreten zu können und war sogar daran beteiligt, den Zwillingsbruder des Königs als französischen König einzusetzen, ohne dass es jemand bemerkte. "Deine Freund werden nicht sehr gut auf dich zu sprechen sein, wenn du sie die ganze Arbeit allein machen lässt.", meinte Phillippe dann beiläufig, als wäre es kein Thema, um das man sich sorgen müsste. Aramis wusste, dass ihr hitziges Temperament ihr wieder einmal einen Haufen Ärger eingebracht hatte... andererseits konnte sie auf diese Weise einige Einkäufe erledigen und so ihren Teil zu den "Einzugsarbeiten" in Le Mans beisteuern. "Es wäre doch gelacht, wenn wir hier in Le Mans nicht einen Markt ausfindig machen könnten!", sagte sie gutgelaunt und marschierte gerade ihrer Nase nach, immer auf die Stadtmitte zu. *** Allerdings hatte sich Aramis' Laune nicht merklich gebessert, nachdem sie den Markt tatsächlich gefunden hatten. Es war dort genauso lärmend zugegangen, wie auf dem weitläufigen Marktplatz von Paris; mochten sich dort auch andere Händler daran bereichern, ihre Ware überteuert unter die Leute zu bringen, so trotzig feilschte die junge Frau um den bestmöglichen Preis, bis sie schließlich mehr als bloß ein wenig gereizt den Rückweg einschlug. Mehr als nur einmal hätte sie Phillippe in der Menge beinahe verloren, doch irgendwie hatten sie es heil und vor allem unberaubt aus dem Wirrwarr von Menschen, Waren und verirrten Tieren herausgeschafft. Erleichtert atmete Aramis tief durch, froh, endlich der Menschenmasse entkommen zu sein. Sie konnte nur hoffen, dass ihre Freunde die Aufräumarbeiten innerhalb des Hauses wenigstens grob erledigt hatten, denn eines stand für sie schon jetzt fest: Sie würde an diesem Abend keinen Finger rühren, um Staub, Spinnweben oder ähnliches, das sich über Monaten, wenn nicht sogar Jahre hinweg dort angesammelt hatte, zu entfernen. Ihre leicht gereizte Stimmung ließ sich aber nicht nur auf den unerfreulichen Marktbesuch zurückführen, sondern auch auf den dumpfen Schmerz, der, nachdem auf der schlecht gepflasterten Straße gestolpert war, eingesetzt hatte und es nicht einmal in Erwägung zu ziehen schien, sie in Bälde wieder in Frieden zu lassen. Ganz gleich wie sehr sie sich auch davon zu überzeugen versuchte, der Schmerz würde vergehen, wenn sie nur nicht ununterbrochen an den schmerzenden Fuß dachte... es schien einfach nicht zu helfen. Bei jeder Berührung zwischen ihrem Fuß und dem unregelmäßig gepflasterten Trottoir spürte sie den dumpfen, wenn auch nicht zu leugnenden Schmerz und unterdrückte nur mühsam einen wüsten Ausruf, um ihrem Ärger Luft zu machen. "Hast du schlechte Laune?", fragte Phillippe plötzlich, nachdem er einige Minuten neben der verbissen schweigenden Aramis hergetrottet war und deren unbeweglichen Gesichtsausdruck beobachtet hatte. "Wie kommst du nur darauf?", fragte sie, dieses Mal nicht in der Lage, den Hauch von Ironie zu unterdrücken, der in ihren Worten mitschwang. Vielleicht war sie es einfach nur leid, die guterzogene Lady aus gutem Hause zu spielen, zu der man sie hatte erziehen wollen. Das Leben eines Musketiers erschien ihr weitaus leichter, als das der jungen Lady, die auf jedes einzelne Wort und jeden gelangweilten Blick achten musste. Von einem Musketier erwartete man zwar auch ein gewisses Maß an Höflichkeit und Gewandtheit, doch man nahm es ihm nicht übel, wenn dieser einmal nicht gutgelaunt und mit keinem freundlichen Lächeln auf den Lippen durch die Straßen marschierte. Seufzend hielt sie sich vor Augen, dass diese doppelte Maskerade bald ein Ende haben würde. Sie würde in ihr gewohntes Leben und ihre gewohnte Umgebung zurückkehren und endlich wieder zu ihrer persönlichen Normalität zurückkehren können. Die Aussicht darauf konnte ihre Laune wenigstens ein wenig heben und so stahl sich ein kleines Lächeln auf ihre Lippen. "Wunderschön!", rief Phillippe und lächelte ebenfalls. "Mit einem Lächeln auf den Lippen sieht das Bild doch schon viel schöner aus!" Sie sah ihn verständnislos an, eine Augenbraue leicht in die Höhe gezogen. "Ach wenn ich doch nur ein wenig Talent fürs Zeichnen hätte!", seufzte er theatralisch und schüttelte den Kopf. "Ich wüsste nicht, warum sich jemand die Mühe machen würde, mich zu zeichnen.", gab sie trocken und dieses Mal ohne die geringste Spur von Sarkasmus oder Ironie zurück. Wenn sie in den Spiegel sah, dann sah sie bloß ihr Gesicht... die Maske, die sie all die Jahre hinweg getragen und hinter der sie sich verborgen hatte. Die junge Frau, die von den meisten Männern als Schönheit bezeichnet werden würde, entging ihrem musternden Blick. "Wie kann eine so wunderschöne Frau nur so desillusioniert sein?", murmelte Phillippe, der Aramis noch immer aus den Augenwinkeln musterte. "Habt ihr denn keine Träume?" Auf diese Frage konnte sie nicht sofort antworten. Tief in ihrem Innern wusste sie, dass sie sehr wohl Träume hatte, sich jedoch in den vergangenen Jahren verboten hatte, die verschlossene Schatulle, in der sie all die Träume verwahrte, die sie nach Francois' Ermordung weit von sich geschoben hatte, wieder zu öffnen. Der nachdenkliche Ausdruck, der sich über ihr Gesicht legte, schwand erst, als Phillippe sie erneut ansprach. "Aramis?" "Ich möchte ein wenig darüber nachdenken.", sagte sie plötzlich und umging somit einer direkten Antwort auf Phillippes Frage. Und für den Rest des Rückweges zu der vorerst angemieteten Unterkunft blieben die Augen der jungen Frau ins Leere gerichtet, während sie sich selbst über das klar zu werden versuchte, was Phillippe, wenn auch unbewusst, angesprochen hatte. *** "Wenn die beiden erst wieder hier sind, können sie was erleben!", empörte sich Athos zum wiederholten Mal. Wenn D'Artagnan sich nicht irrte, hatte sein Freund allein in der letzten Stunde mehr als ein Dutzend Mal ein und denselben Satz wiederholt und somit seinem Ärger über Aramis' plötzlichen Aufbruch Luft verschafft. Im Stillen fragte sich D'Artagnan jedoch, ob sich Athos wirklich über Aramis' bloße Abwesenheit bei den Aufräumarbeiten oder sich in Wahrheit über die Tatsache, dass sie zusammen mit Phillippe verschwunden war, ärgerte. Aber Athos danach zu fragen oder dieses Thema auch nur anzusprechen... war in dieser Situation undenkbar. Er konnte sich schon vorstellten, wie der ältere Musketier auf eine solche Andeutung reagieren würde. Und über eines war er sich sicher: Er wollte in einer solchen Situation weit, weit weg sein. In den vergangenen Stunden hatten sie aus den verstaubten Räumen doch tatsächlich wieder ein einigermaßen gemütliches Haus gemacht. Die Einrichtung war für ihr Alter noch recht gut erhalten und in dem kleinen Gartenstück hinter dem Haus, wo sich auch ein kleiner Schuppen befand, hatte Porthos ein paar Holzscheite gefunden, die der Vorbesitzer nicht aufgebraucht hatte. Wenn man jetzt einen Blick durch die sauberen Fenster nach draußen warf, konnte man den leicht rötlich verfärbten Himmel erkennen, der die Dämmerung ankündigte. Der Tag war schneller vergangen, als ihm lieb war und inzwischen machte er sich ein wenig Sorgen um Aramis, die noch immer mit Phillippe durch die Stadt streifte. Er wusste, dass die junge Frau sich zu wehren wusste, sollte jemand auf die unsinnige Idee kommen, die beiden anzugreifen... aber Phillippe wäre in einer solchen Situation sicherlich keine große Hilfe. Die letzten Tag hatten ausgereicht, ihn ein wenig aufzupäppeln. Denn wie man es auch drehte und wendete, der Zwillingsbruder des Königs befand sich in keiner besonders guten körperlichen Verfassung. Unterernährt und geschwächt durch den langen Aufenthalt in einer dunklen Gefängniszelle. D'Artagnan hatte es schon gewundert, dass er die Anzeichen von Sinn für Humor zeigte. Vielleicht war das seine Art gewesen, mit der Einsamkeit und der Dunkelheit umzugehen, ohne verrückt zu werden? Ein letzter Blick in Athos düsteres Gesicht und er ließ sich seufzend auf einen der Stühle fallen. Ob Treville auch nur geahnt hatte, was er mit dieser verrückten Idee von Verschwörung bewirken würde? Wahrscheinlich nicht... vielleicht hatte er auch ein wenig Kuppler spielen wollen, indem er Aramis dazu zwang, ihre wahre Identität preiszugeben... allerdings hatte er unberücksichtigt gelassen, dass sich in Phillippe ein potentieller Nebenbuhler finden würde. Bei dem Gedanken musste er beinahe kichern. Wie sagte man doch so schön... Konkurrenz belebt das Geschäft? *** Die Dunkelheit senkte sich langsam über die Stadt und Aramis konnte schon das Haus erkennen, das sie vor Stunden in so großer Eile verlassen hatte. Inzwischen konnte sie Licht durch die Fenster nach außen dringen sehen und schloss daraus, dass das Haus inzwischen in einem einigermaßen vorzeigbaren Zustand sein musste. Seltsam... sie kam nach Hause - auch wenn es nur ein vorübergehendes Zuhause war - und dort wartete jemand auf sie. Wenn sie an all die unzähligen Abende in Paris dachte, in denen sie in ihre Wohnung zurückgekehrt war, diese dunkel und kalt vorgefunden hatte... manchmal hatte sie es genossen, das bunte Leben und alle anderen Menschen ausschließen zu können... an anderen Tagen hatte sie sich gewünscht, nicht alleine sein zu müssen. Und es war ein absolut seltsames Gefühl, an diesem Abend nach Hause zu kommen. Die Lichter in den Fenstern und der Rauch, der aus dem Schornstein aufstieg. Ja, es war ein seltsames Gefühl, entschied sie, aber nicht unbedingt unangenehm. Sie klopfte und war, wenn sie ehrlich sein sollte, ein wenig überrascht Athos öffnen zu sehen, einen grimmigen Ausdruck auf dem Gesicht. Er sagte zwar nichts, aber seine Gedanken waren ihm doch nur allzu deutlich ins Gesicht geschrieben. "Dankeschön. Ich bin auch froh, dass ich wieder da bin.", murmelte sie und Phillippe, der hinter ihr durch die Tür getreten war und ihre Worte aufgeschnappt hatte, schmunzelte. D'Artagnan lächelte ihr aufmunternd von seinem Sitzplatz an dem großen Tisch, an der er sich niedergelassen hatte, zu und Porthos, wie konnte es anders sein, kam lächelnd auf sie zu und nahm ihr den Korb mit den Einkäufen ab. Nach eingehender Musterung der erstandenen Waren schien er zufrieden zu sein, grinste und verlor kein Wort darüber, dass sie sich an den Aufräumarbeiten hätte beteiligen sollen. Die angespannte Laune besserte sich jedoch im Verlauf des Essens; trotz des unerfreulichen Feilschens um die Ware, hatte sie hochwertige Lebensmittel erworben und das schien sich auch in der Stimmung der Anwesenden zu zeigen. Aramis ertappte sich selbst an diesem Abend mehrere Male dabei, als sich ein Lächeln auf ihre Lippen schlich. Ja, sie konnte sich nur an seltene Momente erinnern, in denen sie so hatte lächeln können. Ihr gutgehütetes Geheimnis hatte doch immer unsichtbar zwischen ihr und ihren Freunden gestanden, auch wenn sie versucht hatte, sich selbst davon zu überzeugen, dass es sie nicht sonderlich störte. Ihr Blick wanderte durch den Raum und blieb schließlich an den munter tanzenden Flammen im Kamin hängen, die den Raum mit einer gemütlichen Wärme versorgten. Solche Abende, dachte sie, sind dazu da, dass man Geschichten erzählt. Man kommt vor dem Kamin zusammen und erzählt alte Geschichten... Aber das behielt sie dann doch lieber für sich. Denn sie war gewiss keine besonders gute Geschichtenerzählerin und hatte nicht die geringste Lust, alte Geschichten wieder aufzuwärmen. Sie musste ganz in Gedanken versunken gewesen sein, denn von der Unterhaltung zwischen den anderen hatte sie herzlich wenig mitbekommen, bis Porthos fragte, wer denn auch die glorreiche Idee gekommen wäre, ihm einen Hut zu kaufen. "Ach, den hat mein herzallerliebste Frau für mich gekauft!", sagte Phillippe und grinste verschmitzt. Das nächste, was Aramis mitbekam, war, das Athos den Wein, den er eigentlich hatte trinken wollen, quer über den Tisch spuckte und jede Bemerkung oder Frage, die er eigentlich hatte aussprechen wollen, blieb ihm buchstäblich im Halse stecken, während er verzweifelt versuchte, den Wein, den er verschluckt hatte, aus der Luftröhre zu bekommen. "Deine Frau?!", krächzte er schließlich und warf Aramis einen fragenden Blick zu. Sie wich seinem Blick nicht aus, spürte aber, wie sich ihre Wangen rot verfärbten. In Gedanken schalt sie sich selbst eine Närrin, dass ihr vorhin in dem Laden keine bessere Ausrede eingefallen war, als aus sich und Phillippe das frisch verheiratete Ehepaar zu machen. "Nun ja...", stammelte sie und senkte schließlich doch den Blick, nicht bereit weiter Athos bohrendem Blick zu begegnen. Warum regte er sich überhaupt sosehr über diese nichtige Angelegenheit auf? Es war doch nicht so, als ob der Verkäufer aus dem Hutladen durch die Stadt ziehen und lauthals ihre Vermählung verkünden würde! "Ihr hättet das Gesicht des Mannes sehen können! Er war ja so begeistert von den "beiden Turteltauben", denen er seine Ware anbot! Er hat sich beinahe überschlagen vor Glück!", kicherte Phillippe, dem Athos wütender Blick entweder entgangen oder aber gleichgültig war. Aramis nahm an, das letzteres der Fall war; Phillippe gehörte wahrscheinlich nicht zu den Menschen, die sich durch einen wütenden Blick oder entrüstetes Schnauben zum Schweigen bringen oder ihren Spaß verderben lasse würden. Ein solches Verhalten lag abseits seiner Natur. Porthos warf ihr einen abschätzenden Blick zu und fiel in das Gelächter ein. "Was ist denn eigentlich so lustig?", fragte sie schließlich. Phillippe hatte sich wieder beruhigt und seinem Glas Wein gewidmet und einzig und allein Porthos lachte noch immer. "Es... es ist nur... Ich kann mir nicht vorstellen... dass dich jemand... für die Frau... für eine Ehefrau... halten würde!", stieß der Musketier zwischen mühsam unterdrückten Lachanfällen hervor. Ein gespielt entrüsteter Ausdruck erschien auf Aramis' Gesicht. "Willst du damit sagen, dass ich niemals einen Mann dazu bringen könnte, mich zu heiraten?" Weitere Minuten angefüllt mit Gelächter folgten; nur Athos konnte nicht so recht an dem Spaß der anderen teilhaben. Das Stichwort Ehe war gefallen und hinterließ bei ihm einen bitteren Nachgeschmack. Denn wenn er Aramis so an der Seite von Phillippe sah, zeigte sich ihm ein Bild, dass ihm ganz und gar nicht gefallen wollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)