Geheimnisse von abgemeldet (Aramis/Athos) ================================================================================ Kapitel 4: Und die Reise beginnt -------------------------------- Die drei Musketiere starrten Aramis noch immer an, während sie unbehaglich von einem Bein aufs andere trat und eine leichte Röte ihre blassen Wangen überzog. Warum hatte D'Artagnon auch ausgerechnet ein Kleid in dieser Farbe aussuchen müssen?, fuhr es ihr durch den Sinn und sie starrte ihn wütend an. "Haben wir nicht etwas vergessen?", fragte D'Artagnon, der die Spitzen der weichen, braunen Lederstiefel unter dem roten Stoff hatte hervorblitzen sehen. "Wo hast du denn die Schuhe gelassen?", fragte er noch, bevor er ungefragt ihr Schlafzimmer betrat und alles auf den Kopf zu stellen begann. Aber es half nichts, er hob sogar die Matratze aus dem massiven hölzernen Bettgestell, doch die wunderbaren Schuhe, beinahe teurer als das Kleid, blieben verschwunden. Aramis grinste ihn an, als er ratlos zurückkehrte und sie von oben bis unten musterte. "Die Suche hättest du dir sparen können, mein Freund. Die Schuhe habe ich aus dem Fenster auf den Heuwagen eines vorbeifahrenden Bauern geworfen." "Aber...", stotterte D'Artagnon. "Kein ,Aber.'. Ich werde nicht in diesen komischen Schuhen herumlaufen und mir die Beine brechen, weil ich über das nächstbeste Hindernis stolpere.", antwortete sie und schüttelte den Kopf, wobei ihre blonden Haare mitschwangen und Athos nicht umhin konnte, zu entdecken, dass eben diese Geste seinen Freund wie eine störrische, junge Frau wirken ließ. Alles in allem schien ihn erst jetzt die Erkenntnis zu treffen, dass sein Freund nicht wie ein typischer Mann aussah. Nicht ein einziges Mal hatte er auch nur einen Bartansatz auf dem jugendlichen Gesicht gesehen und ihn in eben diesem Kleid zu sehen ließ ihn doch sehr ins Grübeln kommen. Das schmal geschnittene Gesicht, die hohen Wangenknochen und wunderschöne blaue Augen... Er schüttelte energisch den Kopf, bevor er diesen Gedanken weiter nachhängen konnte. "Warum habe ich noch mal zugestimmt?", seufzte Aramis. "Für Frankreich, für das französische Volk...", begann D'Artagnon aufzuzählen doch sie winkte ab. "Schon gut, schon gut... Ich erinnere ich. Ich hoffe nur, dass Frankreich dieses Opfer zu würdigen weiß." Selbst D'Artagnon musste zugeben, dass er überrascht war von ihrem Auftreten. Er hatte zwar gewusst, dass sich hinter der männlichen Fassade eine Frau verbarg, aber sie in diesem Kleid zu sehen ließ die Frau unter der Tracht der Musketiere doch viel deutlicher hervortreten. Hatte sie früher die Frau bewusst in den Hintergrund gedrängt, soweit von sich fort geschoben, dass niemand auch nur zu zweifeln wagte, dass Aramis ein Mann war, so schien nun die Frau ihr Recht einzufordern. Aramis selbst wusste, dass sie für ihren Geschmack in dieser Situation zu sehr wie eine Frau aussah. Ihr Leben konnte kaum noch komplizierter werden. Sie war nicht länger eine Frau, die vorgab ein Mann zu sein. Sie war eine Frau, die vorgab ein Mann zu sein, der vorgab eine Frau zu sein. Kein Mann würde in einem Kleid so wirken wie sie. Es würde immer eine Kleinigkeit geben, die jemanden aufmerken lassen würde, aber Aramis konnte nicht enttarnt werden. Wahrscheinlich war das auch einer der Gründe, warum Treville sie für diese Aufgabe ausgewählt hatte. Ihr Alibi würde hieb- und stichfest sein. "Dann sollten wir uns jetzt wohl auf den Weg machen, nicht wahr?", fragte Portos und blickte seine Freunde der Reihe nach grinsend an. "Die Truhe mit den anderen Kleidern ist schon auf der Kutsche verstaut, oder?" "Die Truhe mit den anderen Kleidern?!", keuchte Aramis und starrte noch finsterer drein als zuvor. "Naja, eine Dame des gehobenen Standes sollte doch mit angemessenem Gepäck und vor allem mit angemessener Garderobe reisen. Es wäre mehr als verdächtig wenn du nur mit dem einen Kleid und einer Musketieruniform im Handgepäck über Land reisen würdest.", schaltete sich jetzt Athos dazwischen und lächelte. "Macht euch nur über mich lustig! Wenn ihr noch ein bisschen länger dieses Grinsen auf dem Gesicht herumtragt, stecke ich euch bei der nächsten Gelegenheit in eines dieser Kleider in der besagten Truhe und dann kommt ihr in den Genuss eines Mieders." "Nein, nein. Wir brechen jetzt lieber auf.", erwiderte Athos und trat durch die Tür hinaus auf die Straße, gefolgt von Portos und D'Artagnon. Er hatte irgendwie das dumpfe Gefühl, dass Aramis seine Drohung wahr machen würde, wenn er nur die Gelegenheit dazu geben würde. Vor der Wohnung des Musketiers wartete ein Zweispänner. Keine außergewöhnlich verzierte Kutsche aber noch immer ein schönes Model in einem dunklen Blauton. Während Athos seinen Platz auf dem Kutschbock einnahm - D'Artagnon wollte es nicht riskieren, Aramis mit den beiden alleine im Innenraum der Kutsche alleine zu lassen, da sie in diesem Zustand doch... sehr gereizt war - während von Aramis nichts zu sehen war. "Jetzt komm schon, Aramis. Bis zur Insel Sainte-Marguerite ist es ziemlich weit und je eher wir aufbrechen, desto eher sind wir wieder zurück in Paris.", ermutigte Portos, der doch ein wenig Mitgefühl für seinen langjährigen Freund aufbringen konnte. Seine Argumente schienen sogar zu wirken, denn einige Sekunden später trat tatsächlich eine blonde Schönheit über die Pforte, zog die Tür hinter sich zu und stieg mit einem Seufzer in die Kutsche. "Das nächste Mal kann Treville selbst ein Kleid anziehen und auf geheime Mission gehen.", murmelte sie durch zusammengebissene Zähne und wich den Blicken ihrer Freunde aus. Mit einem leichten Rucken setzte sich die Kutsche in Bewegung. Es juckte ihr förmlich in den Fingern - sie wollte nicht in einer Kutsche sitzen. In den letzten Jahren hatte sie alles getan, um sich ihre Unabhängigkeit zu erkämpfen und sie wollte nichts anderes tun als ihre Uniform wieder anzuziehen, auf ein Pferd zu steigen und dann nichts wie auf und davon. "In zwei Tagen erreichen wir wahrscheinlich Orléans.", meinte Portos noch beschwichtigend während vor den Fenstern der Kutsche die zuerst die Straßen von Paris, später Landschaften, vorüberzogen. Und tatsächlich, nach zwei Tagen erreichten sie Orléans. Aramis musste zugeben, dass es eine sehr schöne Stadt war und dass die Anspannung mit der Zeit von ihr abfiel. Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit musste sie sich nicht verstellen. Sicher, fast jeder Charakterzug den Aramis besaß, stammte von Renée. Sie war nun einmal stur, eigenwillig, waghalsig und verlangte danach ihren Kopf durchzusetzen. Aber es schien doch noch Gelegenheiten zu geben, bei denen sie sich wünschte, Schwäche zeigen zu dürfen. Auch wenn sie es nicht zugeben wollte, ein Teil von ihr, den sie weit, sehr weit von sich weggeschoben hatte, drängte manchmal an die Oberfläche. Selbst die seltsamen Blicke, die ihr Athos manchmal zuwarf, schien sie zu akzeptieren. Mochte er auch misstrauisch sein, beweisen konnte er ihr nichts und wenn es nach ihr ginge, würde das auch noch bis auf weiteres so bleiben. "Jeanne?" Noch eine der Neuerungen in ihrem Leben. Der Name, den Portos vorgeschlagen hatte. Zuerst hatte sie nie darauf reagiert, wenn man sich mit diesem Namen angesprochen hatte, aber inzwischen schien sie sich auch daran zu gewöhnen. Schließlich hatte sie sich selbst vor einigen Jahren einen neuen Namen gegeben und der Name Renée war beinahe in Vergessenheit geraten. Sie wandte sich D'Artagnon zu, der sie angesprochen hatte. "Ja?" "Immer noch sauer?" "Nein.", gab sie widerwillig zu. "In etwa zwei Wochen werden wir unser Ziel erreichen.", gab er zu bedenken und musterte sie. "Ich weiß, wie wir weiter verfahren werden, D'Artagnon. In der Nähe der Küste gibt es ein kleines Landhaus, es wird von einem guten Freund Trevilles geführt, der sich auch unserer Mission verschworen hat.", begann sie leise den so oft besprochenen Plan herunterzuspulen. "Von dort aus werden wir mit einem kleinen Ruderboot auf die Insel übersetzen und vorgeben einen Gefangenen zu überführen." "Genau.", stimmte D'Artagnon zu und nickte, während sie durch die Straßen von Orléans liefen. Portos und Athos hatten sich zuvor in einem Gasthaus niedergelassen und er war mit Aramis losgezogen, um die Vorräte aufzustocken und einige der Dinge zu besorgen, die Treville sorgfältig auf einer Liste notiert hatte. Aramis warf immer wieder misstrauische Blicke in einzelne Gassen an denen sie vorüberkamen und ihre Hand zuckte verdächtig. "Vermisst du deinen Degen?", fragte er und grinste. "Ihr hättet mir nicht verbieten müssen, einen zu tragen.", seufzte sie und erinnerte sich nur äußerst ungern daran, dass ihr eigener Degen unter den ganzen Kleidern in der Truhe im Gasthaus war. "Tu nicht so als ob du ganz wehrlos wärst. Ich weiß, dass du einen Dolch unter dem Rock da versteckst." Ihre Augen weiteten sich plötzlich und sie beschloss sich nicht mehr darüber den Kopf zu zerbrechen, woher der junge Mann das alles wusste. *** TBC Na, ist mir dieses Kapitel gelungen? Besser als die ersten beiden? Kommentare bitte!!! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)