Kyo im Wunderland von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 6: Gakuto-sama, die erhabene Kifferraupe ------------------------------------------------ Kapitel 6: Gakuto-sama, die erhabene Kifferraupe Das nächste, was Kyo so wirklich auf seinem Weg auffiel, war ein plötzlich auftauchender Geruch verbunden mit leisem Gesang - beides verstärkte sich mit jedem weiteren Schritt, den er tat. Mit der Zeit konnte er sowohl den Geruch als auch den Gesang identifizieren. Der Geruch, da war er sich sicher, hatte etwas an sich, das ihn an Zuhause erinnerte. Und der Gesang - hey mann, der hörte sich ja gar nicht mal so schrecklich an! Im Gegenteil, Kyo war sogar überzeugt davon, dass diese Stimme noch um Einiges besser wäre, wenn ihr Besitzer sich nebenbei nicht mit dem Kiffen beschäftigte. Der Junge beschloss, den Dingen auf den Grund zu gehen und folgte seinen Sinnesorganen. Diese führten ihn dann bis zu einer großen Morchel, die mitten im Wald herumstand und auf der sich eine Raupe räkelte, die auf eine merkwürdige Art und Weise gut aussah und nebenbei auch Erzeuger von Gesang und Geruch war. Da sie nicht aufhörte, vor sich hin zu singen, setzte sich Kyo auf eine kleinere Morchel daneben und lauschte nahezu verzückt dem Gesang. Was auch immer diese Raupe da trällerte, es hatte scheinbar etwas mit dem Himmel zu tun, sang sie doch von "Le ciel"... Die Raupe beendete ihr Lied schließlich doch noch und Kyo begann zu klatschen. Das war das Erste, was ihm in diesem Wald normal vorkam: jemand, der singen konnte und auch noch kiffte. Der war ihm sympathisch. Scheinbar hatte die Raupe die ganze Zeit über gewusst, dass Kyo anwesend war, da sie sich jetzt nicht im geringsten überrascht zeigte und sich zu ihm herunter beugte. Mit verklärtem Blick zog sie an dem Joint in ihrer Hand und wollte wissen: "Wer bist du denn?" Kyo versuchte, sich von diesen wunderschönen blauen Augen loszureißen und erklärte der Raupe, deren Verhalten er irgendwie als Vertrauen erweckend empfand, wie er hieß und was er heute schon alles erlebt hatte - wie so oft schon an diesem Tag. Er endete damit, dass er nun immer noch hinter diesem lüsternen Kaninchen her war, das er nun wieder aus den Augen verloren hatte. Die Raupe wartete mit ihrer Antwort, starrte Kyo einige Zeit lang ausdruckslos an und stellte dann kompetent fest: "Verstehe..." Kyo hob die Augenbrauen an und dachte im Stillen bei sich. "Okay. DAS war doch zuviel Gras..." So schnell aber gab er die Hoffnung nicht auf, ein vernünftiges Wesen in diesem Wald gefunden zu haben und fing an, Fragen zu stellen. "Wie heißt du denn?" Die Raupe warf einen nachdenklichen Blick zum Himmel und entgegnete schließlich nach einer dramatischen Pause: "Du kannst mich Gakuto-sama nennen." Kyo fragte munter weiter: "Also, Gakuto-sama, habt ihr vielleicht dieses notgeile Kaninchen gesehen, von dem ich eben erzählt hab?" Gackt atmete tief durch und meinte dann bedauernd: "Ich denke nicht." Genervt durch das intellektuelle Geschwafel der Raupe verdrehte Kyo die Augen und suchte nach einer Frage, auf die er vielleicht eine vernünftige Antwort bekommen könnte. Derweil schien Gackt sich zu langweilen und verlangte mit seiner ruuuuhigen Stimme: "Sag ein Gedicht." Kyo starrte ihn an. Oh weh. Das schien nicht nur ein BISSCHEN zu viel gewesen zu sein... Als Gackt ihn aber weiterhin fordernd ansah, kramte er in seinem Gedächtnis. Schließlich erinnerte er sich an ein Schlaflied aus seiner Kindheit, mit dem Kaoru ihn Nacht für Nacht in den Schlaf gelullt hatte. Er stand auf, räusperte sich und trug vor: "Filth High Lass uns einen Film sehen und Händchen halten, wie ich es dir versprach Wir sagen uns Lebwohl an diesem Abend, bevor die Äpfel und Erdbeeren verrotten Der Traum dehnt sich aus, während wir uns küssen, wie ich es dir versprach Ich sage dir Lebwohl - lass uns das Letzte Mahl genießen. Filth High Sadistisch, sadistisch, sad..." "Halt ein!", unterbrach ihn Gackt ungehalten, aber dennoch mit einer bemerkenswerten Ruhe in seinen Worten. Kyo starrte ihn entrüstet an. Da zeigte er einmal, dass er auch ein wenig Englisch konnte - und was war der Dank dafür?? Es interessierte diese komische Raupe nicht einmal! Gackt erklärte, dass er ihm nun etwas Gebildetes vortragen würde und setzte sich in den Schneidersitz. Der Joint ruhte auf seinem linken Knie, während er seinen Vortrag begann: "aishite mo ii kai? yureru yoru ni arugamama de ii yo motto fukaku kuroshii kurai ni nareta kuchibiru ga tokeau hodo ni boku wa kimi no Vanilla..." Weiter konnte die Raupe ihr Gedicht nicht vortragen, da Kyo inzwischen aufgesprungen war und sich verzweifelt den Kopf hielt. NICHT schon wieder so einer...!! Da hatte er geglaubt, endlich jemand Vernünftigen aufgetrieben zu haben - da machte ihm dieser Typ ein derartig unmoralisches Angebot... das war ja zum Davonrennen! Gackt blinzelte mit den Augen und erklärte seelenruhig: "Diese Zeilen waren nicht für dich bestimmt, mein Junge... es war ein Blick in meine Zukunft... du wirst es schon noch sehen." Kyo beschloss, das Thema zu wechseln - die Situation wurde ihm gerade zu brenzlig. "Wie auch immer - und bei allem Respekt für Eure Dichtkunst, Gakuto-sama, ich wäre Euch doch SEHR verbunden, wenn Ihr mir vielleicht verraten könntet, wie ich wieder zu ner einigermaßen anständigen Größe komm - diese elf Zentimeter machen mich noch ganz wahnsinnig..." "ELF ZENTIMETER?", gab die Raupe, nun gar nicht mehr gefasst, empört von sich, "Das ist eine sehr respektable Größe - immerhin weise ich genau elf Zentimeter Körpermaß auf - wage es nicht, darüber zu spotten!" Kyo begann ernsthaft am Geisteszustand dieser Raupe zu zweifeln und sah ein, dass er hier wohl nie einen akzeptablen Gesprächspartner finden würde. Enttäuscht wandte er sich ab und wollte gehen, als plötzlich ein ominöser Rauch um die Raupe herum aufstieg und sie komplett einhüllte. Kyos Kinnlade verlagerte sich nach unten und er fragte sich, was denn nun schon wieder los war - hatte er am Ende auch schon zu viel von dem Rauch eingeatmet...? Da ertönte ein undefinierbares Geräusch und der Nebel lichtete sich erneut. Nun sah Kyo allerdings nur noch den Joint auf der Morchel herumliegen - von der Raupe Gackt war nichts mehr zu bemerken. Verwirrt blickte Kyo sich um, da ertönte auf einmal wieder diese ruuuuhige Stimme über ihm und verkündete ihm: "Die eine Hälfte wird dich größer machen... und die andere... wird dich kleiner machen..." Kyo hob den Kopf und sah, nicht wie erwartet die Raupe, sondern einen wunderschönen blonden Schmetterling mit Matrix-Frisur über sich flattern, der ihm ein erhabenes Grinsen schenkte. Er überlegte erst noch, ob dies wohl der "Blick in die Zukunft" war, von dem Gackt gesprochen hatte, und konzentrierte sich dann auf die Worte des Schmetterlings. "Die eine Hälfte von WAS macht mich größer?", rief er Gackt verwirrt zu. Das betörende Lächeln verschwand und er herrschte ihn an: "Von der Morchel, du Unwissender!" Kyo hob abwehrend die Hände und betrachtete den Pilz vor sich eingehend, während Gackt sich mit einem amüsierten Lächeln darauf niederließ und Kyo dabei zusah. Der blonde Junge brach jeweils ein Stück von den beiden Seiten der Morchel ab und starrte sie an. Welche Seite war wohl die richtige? Er brauchte lange, um sich zu entscheiden, da Gackt ihm absolut nicht mehr erzählen wollte; doch letzten Endes entschied er sich doch für eine von beiden und biss davon ab. Das altbekannte Kribbeln setzte sofort ein und Kyo schoss in die Höhe - bis er wieder genau 1,60 war. Im ersten Moment überlegte Kyo, ob er nicht noch zwanzig Zentimeter dazu nehmen sollte, doch dann brachte ihn der Schmetterling wieder von seiner Idee ab, indem er ihm vor der Nase herum flatterte und weise mitteilte: "Um dein Ziel zu erreichen, solltest du weiter diesem Pfad dort folgen..." Er deutete nach links, wo der Wald immer dunkler wurde und flog dann mit einem letzten ermutigenden Lächeln davon. Kyo blickte nach rechts, wo der Wald zusehends heller und freundlicher wurde und hielt die von Gackt empfohlene Richtung dagegen. War es nicht eigentlich Mord, den linken Pfad zu nehmen? Allerdings... dieser Gakuto-sama hatte ihm so viele nützliche Ratschläge erteilt und war bei Weitem noch derjenige Waldbewohner, der ihm am vernünftigsten vorkam. Wieso sollte er ihm nicht auf ein Neues vertrauen? So fasste er einen Entschluss und wandte sich dem linken Pfad zu... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)