Kyo im Wunderland von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 2: Von Türknäufen, Schrumpftränken und Grinsekatzen ----------------------------------------------------------- Kapitel 2: Von Türknäufen, Schrumpftränken und Grinsekatzen Trotzdem folgte er dem Langohr auch in den nächsten Raum. Als er jedoch in dieses Zimmer trat, musste er feststellen, dass der kleine Dieb nirgends mehr aufzufinden und das Zimmer ansonsten völlig leer war. Enttäuscht wollte er umkehren und durch die Tür zurück in den Uhrenraum gehen - doch als er sich umdrehte, war auch jene Tür verschwunden. Einzig und allein eine winzig kleine Tür, kaum größer als sein eigener Kopf, stach ihm ins Auge (also so klein, dass nicht mal er noch hindurch passte). Kyo schnaubte wütend und verfluchte dieses vermaledeite Häschen und selbst sein Gundam-Spielzeug - denn das hatte ihm immerhin diesen Ärger hier eingebracht. Er überlegte, dass das Kaninchen wohl nur durch diese kleine Tür entkommen sein konnte und dass dies auch der einzige Fluchtweg für ihn war. Also hockte sich Kyo vor die Tür und versuchte sie zu öffnen. Doch als er den Türknauf anfasste, fing dieser plötzlich an, sich lauthals zu beschweren, was ihm denn einfiele, ihn so unsanft beim Zinken zu packen. Kyo bekam einen mächtigen Schrecken und wich zurück. Leise murmelte er sich selbst zu: "Das bildest du dir nur ein... du träumst das alles nur... das bildest du dir nur ein..." Der Türknauf aber fand das wohl gar nicht komisch und knurrte missbilligend: "Seh ich aus wie ne Fata Morgana, oder was??" Kyo erholte sich wieder von seinem Schock, beugte sich abermals zu dem Türknauf herunter und sagte, so frech es ihm nur möglich war: "Hey, wenn du schon so ne große Klappe hast, dann könntest du mir doch wenigstens mal verraten, wie ich hier bitte durchkomm, oder?" Misstrauisch wollte der Knauf zuerst wissen, wieso er denn überhaupt durch wollte, woraufhin Kyo in einer ausschweifenden Rede von dem Kaninchen und dem hinterlistigen Spielzeugraub berichtete und der Knauf anfing, ihn deswegen auszulachen. Als Kyo aber nun anfing, beleidigt und enttäuscht einen Schmollmund zu ziehen, regten sich plötzlich väterliche Gefühle in dem Türknauf aus Messing und er bekam Mitleid mit diesem armen, bestohlenen, kleinen Jungen (war es ein Junge? Ja, doch, er war sich einigermaßen sicher...) und gab ihm folgenden Tipp: "Was hältst du davon, wenn du einfach mal auf den Tisch guckst?" Kyo sah ihn an, als ob er sie nicht mehr alle beisammen hätte und fauchte zurück: "Was für ein Tisch, bitte??" Er drehte sich jedoch auf ein Nasestupsen des Türknaufs hin um und sah inmitten des kreisrunden Raumes einen gläsernen Tisch stehen, der vorher ganz bestimmt noch nicht dagewesen war... Neugierig richtete er sich auf und trat näher. Dort auf der Tischplatte stand ein kleines Fläschchen mit merkwürdig giftgrünem Inhalt herum. Ein Zettel hing daran und Kyo entzifferte zwei englische Worte: "Drink me." HEY, soweit reichte sein Englisch noch: Er sollte das trinken! Ermutigt von seinem Können griff er zur Flasche und leerte sie in einem Zug. Ging runter wie Bier. Schmeckte aber wie der Lebertran, den Kaoru ihm immerzu einflößen wollte. Plötzlich verspürte Kyo ein seltsames Kribbeln im ganzen Körper und er schloss entsetzt die Augen. Als das Kribbeln kurz darauf versiegte und Kyo die Augen wieder aufschlug, sah er einen der gläsernen Tischfüße direkt vor seiner Nase. Komisch - so groß war der vorher aber noch nicht gewesen... war der etwa gewachsen?? Kyo sah an sich herunter. Nein. ER war geschrumpft. Er spürte schon die ersten Tränen, die sich vor lauter Verzweiflung unter seinen schwarz umrandeten Augenlidern sammelten, da kam ihm die vor Tränen rettende Idee, dass er ja nun durch die Tür passen könnte. Mit einem begeisterten Triumphgeschrei wandte er sich wieder dem Türknauf zu und fragte lässig, ob er denn nun so freundlich wäre, ihn durchzulassen. Der Knauf aber ließ erneut ein spöttisches Lächeln um sein Schlüsselloch erscheinen und bemerkte ironisch: "Schon mal dran gedacht, dass der Schlüssel noch auf dem Tisch liegt? Wie willst du da denn jetzt rankommen?" Kyo zog die Augenbrauen zusammen. "Schlüssel? Welcher Schlüssel?" Als er sich aber umdrehte und an dem Tisch hinauf blickte, sah er durch die gläserne Tischplatte hindurch dort oben einen goldenen Schlüssel aufblitzen. Empört wirbelte er wieder zu seinem Gesprächspartner herum und suchte nach Worten. Der Türknauf witzelte beinahe schon zynisch: "Du hättest mich ja ausreden lassen können. Ich hätte dir schon noch gesagt, dass du den Schlüssel brauchen würdest... reingefallen." Während sich Zornesröte über das sonst so blasse Gesicht des hübschen Jungen ausbreitete, verfiel er in wüste Beschimpfungen gegen den Türknauf (Anm. d. Red.: zensiert, da Minderjährige unter den Lesern sind ^^°), unter denen der Knauf es sich ganz fix anders überlegte und mit einem "Jaaa, jaaa, schon gut!" die Tür aufspringen ließ. Siegreich grinsend stolzierte Kyo hindurch und kam auf der anderen Seite der Tür in einem Waldstück wieder heraus, das selbst für Kyos Geschmack ein wenig zu düster war, da er nicht einmal einen einzigen Sonnenstrahl sehen konnte. Die Tür hinter ihm war bereits wieder verschwunden - aber wer hätte es anders erwartet. Schulterzuckend folgte Kyo dem kleinen Weg, der sich nun vor ihm auftat. An der ersten Gabelung blieb er stehen und warf einen Blick auf die beiden Wegweiser, die dort vor einem Baum herumstanden. Auf dem Pfeil, der nach links deutete, hatte mit Sicherheit einmal etwas gestanden, doch die Farbe war abgeblättert und so war es dem kleinen - inzwischen sogar sehr kleinen - Kyo nicht möglich, überhaupt noch etwas zu erkennen. Auf der rechten Seite glaubte er etwas wie "Mad Hatter" zu lesen. Kyo legte die Stirn in Falten. "Mad", okay, das verstand er ja noch. Aber was zum Teufel war ein Hatter?!? ... Ob das wohl was mit BSE zu tun hatte? "Ey Kleines, kann ich dir irgendwie helfen?", tönte es plötzlich gelassen aus dem Geäst über dem Wegweiser. Kyo hob den Blick und bemerkte eine über das ganze Gesicht grinsende, schwarz-rot getigerte Katze, zwischen deren Beißern sich ein Glimmstengel befand. Der Rauch drang bis zu ihm herunter und Kyo konnte ihn einwandfrei als den der Zigarettenmarke Salem Lights identifizieren. Ganz gleich, wie schlecht sein Englisch auch sein mochte - DA kannte er sich aus. Das grinsende Katzenvieh sprang graziös vom Baum herab und umrundete Kyo mit angetan prüfenden Blicken. Als sich eine seiner Tatzen bedenklich in gewisse Richtungen von Kyos Körper streckte, wurde es dem Kleinen zu dumm und die komische Grinsekatze bekam eine auf die Pfote. "Was bist du'n für'n Vieh, siehst aus wie ne Katze und hast'n Blick wie'n ausgehungerter Aasgeier! Was willst du von mir?", beschwerte sich Kyo. Die Katze schüttelte ihre Pfote (Mann, musste der gleich so doll zuhauen?! Und... war das überhaupt ein ER...?) und erklärte dann: "Ich bin Die, man nennt mich aber auch die Grinsekatze." Mit unschuldigem Augenaufschlag fügte er hinzu: "Und ich bin nur da, um dir zu helfen - ganz ohne Gegenleistung, versteht sich." Wieder fing die Katze an, zu grinsen. Kyo empfand dieses lauernde Grinsen zwar als irgendwie unangenehm, doch fragte er sich, wem er denn sonst vertrauen sollte, wenn nicht dieser dämlichen Tigerkatze. War ja sonst niemand da. Also berichtete er von dem diebischen Langohr, das ihn seines Gundam-Spielzeugs beraubt hatte und damit in diesen Wald entkommen war und wie er von dem Zeitpunkt ihres ersten Treffens an von einer Misere in die nächste gestolpert war. Dass er sogar geschrumpft worden war, was er als das größte Übel ansah. Das trügerische Grinsen auf Dies Gesicht ließ Kyo zwar daran zweifeln, dass dieses Katzenvieh überhaupt eine Ahnung hatte, wovon er redete, aber er war sich sicher, dass er keine Informationen aus dieser Katze herausbekommen würde, die sie nicht herausgeben wollte. Deswegen fragte er genervt: "Erklärst du mir dann wenigstens, was bitte ein Hatter ist?" Dies Grinsen wurde noch ein wenig breiter und er stellte belustigt fest: "Mit deinem Englisch isses aber auch nicht so weit her, was?" Kyo zog eine Grimasse und erwiderte trotzig: "Wenn dir das jemand beibringen wollte, der Strohhüte und Rüschenkleider trägt, würdest du auch nicht gerade damit glänzen können." Die Grinsekatze erbarmte sich nun doch, ihm zu erklären, dass die Bewohner dieses Waldes unter "Mad Hatter" so etwas wie "Verrückter Hutmacher" verstanden und dass dies ein äußerst liebenswürdiger Geselle sei, immerzu in Begleitung des Märzhasen, seines besten Kumpels. Da Kyo allerdings immer noch eine recht hilflose Miene zog, bemerkte Die noch zusätzlich: "Also, wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich hide - also dein Karnickel - beim Verrückten Hutmacher suchen. Ja, ja, der gute hide... ist immer so in Eile... aber WENN er denn mal Zeit hat - ähä, okay, das geht dich nichts an." Er räusperte sich vernehmlich. Auf diese Kyos Meinung nach etwas anzüglich klingende Bemerkung hin konnte er sich nun doch ein halbherziges Grinsen entlocken und wollte gerade zu einem Dankeschön ansetzen, da löste sich die Grinsekatze Die plötzlich ohne ein weiteres Wort in Luft auf. Kyo marschierte nun guter Dinge den rechten Weg entlang und nahm sich im Stillen vor, sich den Begriff "Mad Hatter" doch mal einzuprägen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)