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In the Sky

von

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Einsatz

Das schrille Klingeln der Alarmsirene durchschneidet den sonst so ruhigen Nachmittag. Die drei Freunde stürmen aus dem kleinen Waldstück auf die Baracken zu. Schnell schlüpfen sie in ihre Fliegeranzüge, die sie noch im Laufen zu machen.

"Und wieder ist ein schöner Nachmittag hin." ruft Jack den anderen beiden noch auf dem Weg zum Hangar zu. "Ja, leider!" erwidert Jessica und streift sich die lederne Fliegerkappe über.

Die Flughelfer schieben schon die Maschinen aus dem Hangar und munitionieren sie noch auf. "Tja Jess, wir können uns nun mal nicht aussuchen, wann wir einen Einsatz fliegen müssen." ruft Sam zu ihr herüber während er in seine Sopwith steigt. Auch Jack und Jessica klettern in ihre Flugzeuge.

Noch immer ist die Sirene auf dem gesamten Fliegerhorst zu hören aber sie wird langsam vom Dröhnen der Motoren, die nach und nach von den Flughelfern angelassen werden, übertönt. Die ersten Maschinen rollen schon auf die Startbahn.

Wenige Minuten nachdem die Sirene das erste Mal ihr schrilles Geläut erklingen ließ, sind alle 50 Flugzeuge in der Luft und auf dem Weg ins Zielgebiet. Für die Piloten fängt ihre gefährliche Arbeit erst jetzt an.
 

"Sir, alle einsatzbereiten Flieger sind binnen 15 Minuten und 35 Sekunden in der Luft gewesen!" "Danke Leutnant, wegtreten!" Mit einem kurzem "Jawohl!" macht der Soldat kehrt und verlässt das Büro mit schnellen Schritten.

Der Major, der die ganze Zeit über das Geschehen vom Fenster verfolgt hatte, wendete sich nun wieder seinem Gast zu. "Wie du siehst, Hans, haben sich die zweite Startbahn und die zusätzlichen Flughelfer ausgezahlt. Wir sind nun fast doppelt so schnell oben, wie vorher." Der zigarrerauchende Mann im großen Sessel nickt kurz. "Ja, das möchte auch sein. Immerhin hat es uns ein halbes Vermögen gekostet diesen Bau durchzuführen und erst einmal zu ermöglichen. Du weißt, wie schwer es momentan ist solch ein Projekt durch den ganzen Bürokratismus zu schleusen." "Aber wie ich dich kenne, hast du doch sicherlich deine Beziehungen spielen lassen. Du, als alter Hase des Fliegerkorps." sag der Major grinsend. "Tja Gregory, du kennst mich doch."
 

"Yeah-haaaaa!" - Der Freudenschrei Jacks ist sogar von Sam deutlich hörbar, der zwei Flugzeuge weiter hinten fliegt. "Typisch Jack, erst rummaulen und dann als Lautester jubeln." "So ist es." antwortet Jessica, die direkt neben ihm fliegt. ,Selbst sie hat es gehört' denkt sich Sam und hebt kurz die Hand zum Gruß.

In der Ferne sind sie schon zu sehen. Die vielen gegnerischen Jäger, die sich wie ein Schwarm Bienen um die Bomber sammeln. Von rechts und von links kommend kann Sam die Geschwader der umliegenden Stützpunkte sehen. "Wir sind mal wieder die Ersten - das Kanonenfutter." sagt er zu sich selbst. Letzteres nicht ohne bitteren Nachgeschmack.

Ihm bleibt nicht viel Zeit, um darüber nachzudenken, denn schon befindet er sich mitten in einer gewaltigen Luftschlacht. "Hier Rot Eins. Übernehmen Bomber auf 2 Uhr." schallt Jacks Stimme blechern aus dem Funkgerät und ohne zu Zögern bildet Sam den rechten Flügelmann zu Jack. Jessica tut es ihm auf der linken Seite gleich.

Zu dritt fliegen sie direkt auf das viermotorige Ungetüm zu, von dem sie wissen, dass es eine tödliche Fracht an Bord hat. Sogleich nehmen die vier Abfangjäger Kurs auf die Gruppe und stürmen mit knatternden Maschinengewehren los. Jack erwidert als erster das Feuer und auch seine Flügelmänner tun es ihm gleich. Schon erreichen sie den ersten Abschuss dieses Tages und einer der Jäger taucht als Feuerball herab, gen Erdboden. Im selben Moment zerstreuen sich beide Gruppen und fliegen knapp aneinander vorbei. Bei diesem Manöver erwischt Sam einen der schnellen Eindecker am rechten Flügel, der dann unkontrollierbar seinen Flug fortsetzt.

Kaum hat Sam seine Maschine gewendet, sieht er auch schon den Piloten abspringen und wenige Sekunden später an einer weißen Halbkugel herab sinken. "Diese Hunde haben doch tatsächlich Fallschirme mit an Bord!" entfuhr es ihm. Jack und Jessica haben in der Zwischenzeit auch gute Arbeit geleistet und die beiden anderen Jäger ausgeschaltet. "Auch wenn sie schneller sind als wir, haben sie doch keine Chance!" ruft Jack fröhlich durch das Funkgerät. Zurück in Formation nehmen sie sich jetzt den schwerfälligen Bomber zur Brust. Dessen Pilot versucht noch vergeblich mit seiner Maschine auszuweichen und die Bordschützen feuern aus allen Rohren, aber bereits einige Sekunden später folgen sie als brennendes Wrack ihren Jägerkollegen.

Die anderen Fliegergruppen greifen ebenfalls beherzt an, aber immer wieder müssen die drei die verzweifelten Funksprüche ihrer Kameraden mit anhören. - "Rot Drei, ich habe meinen rechten Flügelmann verloren!", "Hier Blau Fünf, Leader und linker Flügelmann sind abgeschossen.", "Grün Eins, haben Leader verloren.", "Rot Sechs, bin allein und habe Motorschaden!" ...

Die drei Freunde der Gruppe Rot Eins nehmen noch zwei weitere Bomber aufs Kreuz und helfen ihren Kameraden beim Bezwingen der gegnerischen Jäger, die durch ihre komplett andere Bauart viel schneller und wendiger sind. Dafür haben die Doppeldeckerpiloten der Gruppen Rot, Grün und Blau mehr Erfahrung und die stärkere Bewaffnung.
 

Mittlerweile haben der Major und sein Gast schon die nächste Zigarre aufgeraucht und das ein oder andere Glas Whisky geleert. "Ah, sie kommen wieder!" bemerkt der Major, als er das entfernte Dröhnen der Flugzeugmotoren hört. "Hmmm..." tönt es gelassen aus dem Sessel. Der Major ruft lautstark nach einem Leutnant. Wenig später steht dieser in der Tür. "Einen genauen Bericht bitte." "Sehr wohl." kommt die Antwort und der Leutnant verschwindet Richtung Schreibstube. "Wollen doch mal sehen, wie unsere Leute gearbeitet haben." sagt der Major halb zu sich selbst, hab zu seinem Gast.

Einige Minuten später tauchte der Leutnant wieder auf und liefert seinen Bericht ab: "Fünf unsere Maschinen wurden abgeschossen und sind zerstört. Neun weitere sind stark beschädigt und mussten zum Teil notlanden. Sechsunddreißig Flugzeuge sind unversehrt oder nur leicht beschädigt zu uns zurück gekehrt. Genauere Angaben lassen sich zurzeit noch nicht machen." "Und wie sieht es auf gegnerischer Seite aus?" "Die Zahl der Abschüsse ist noch unbekannt. Sicher ist nur, dass keiner der Bomber sein Ziel erreicht hat. Jedoch sind es zweien gelungen ihre Bomben auf eine kleine Stadt abzuwerfen." "Gut. Halten Sie mich auf dem Laufenden. Wegtreten" Der Leutnant verlässt das Büro.

"Gregory, du machst dir zu viel Sorgen. Wir haben doch diesen Angriff gut pariert." kam es aus der Sitzecke. "Hans, du vergisst, dass wir diesmal in der Überzahl waren. Die dreißig Flieger von Blau und die dreißig von Grün waren sehr hilfreich in diesem Kampf." erwiderte der Major. "Aber deine Gruppe war als erstes da und hat den Raidern ordentlich eingeheizt." "Das ändert nichts an unserer verzwickten Lage. Wir brauchen endlich eine Neuentwicklung, die uns den entscheidenden Vorteil gibt."

"Unsere Flieger sind doch ganz gut. Wir haben die bessere Bewaffnung..." "Das stimmt nicht so ganz." unterbricht der Major ihn. "Unsere Doppeldecker, die wir als Jäger einsetzen, sind deutlich langsamer als die Eindecker der Raider." "Aber ihre einfachen Maschinengewehre sind nicht so stark, wie unsere Doppel-MGs." wirft der Mann aus dem Sessel ein. "Und unsere Bomber..." fährt der Major fort "...sind viel zu langsam und schleppen mehr Kraftstoff als alles andere mit. Es kann doch keine Lösung sein, einem überdimensionalen Doppeldecker sechs Motoren aufzusetzen, nur damit er es schafft zehn kleine Bomben ins gegnerische Gebiet zu transportieren." "Die sind aber schneller als die viermotorigen Dreidecker der Raider und noch dazu besser bewaffnet. Wir haben mehr MGs an Bord als unsere Gegner." "Schon, aber sie können mehr Bomben mitführen und haben eine höhere Reichweite. Meiner Meinung nach brauchen wir unbedingt eine Neuentwicklung!" Dabei machte er ein besorgtes Gesicht. "Sonst sehe ich schwarz."

"Gregory, du machst dir z viel Sorgen. Hast du denn schon die neue Flugzeugabwehr am Boden vergessen?" fragt der Mann im Sessel, der noch immer bester Laune ist. "Du meinst die neuen Flaks. Die sind nur so lange brauchbar, bis wir noch nicht da sind. Wenn unsere Piloten eingetroffen sind, schießt unsere Flak genauso viele eigene wie gegnerische Flugzeuge ab." entgegnet der Major verärgert. "Bleib ruhig Gregory, unsere Wissenschaftler tun ihr bestes." Er sieht auf die große Pendeluhr, die auf der anderen Seite des Raumes steht und deren Pendel sich langsam und beharrlich von links nach rechts bewegt. Für einen kurzen Moment herrscht Stille im Raum. Nur unterbrochen vom Ticken der Uhr und von einem vorbei knatternden Motorrad.

"Ich werde dann wieder los fahren. Man erwartet mich im Hauptquartier." unterbricht der Gast die Ruhe. "Dann mach's gut Hans. Wir sehen uns." antwortet der Major und gibt seinem alten Freund die Hand. Er folgt ihm noch bis zur schwarzen Limousine, deren Fahrer schon ungeduldig wartet. Mit aufheulendem Motor verlässt das lange Auto den Hof des Stützpunktes. Der Major kehrt wieder in sein Büro zurück.
 


 

Ok, das hier ist meine erste Fanfic und ich hoffe, ihr verzeiht mir, wenn ein paar Fehler drin sind. Ja, ich weiß auch, dass dieses Kapitel noch nicht viel mit den Hauptcharakteren zu tun hat, aber das ändert sich im nächsten. Das ist nämlich schon fertig und wird bald hier erscheinen. Aber noch ist die Geschichte nicht fertig geschrieben und ich bin für jede Anregung zum Verlauf der FF dankbar. Für jedes Kommentar natürlich auch^^.

Nach dem Kampf

Ein Flugzeug nach dem anderen landen auf dem Fliegerhorst. Jack, Jessica und Sam bilden das Rücklicht. Wie es bei ihnen üblich ist, lassen sie den beschädigten Flugzeugen den Vortritt. Erst als sie ihre Maschinen vor dem großen Hangar zum Stehen bringen, bemerken sie, dass auch an ihren Doppeldeckern der Kampf nicht spurlos vorbei gegangen ist. Besonders an Jacks Sopwith sind viele Einschusslöcher im festen Leinenstoff, mit dem die hölzernen Flugzeuggerippe bespannt sind. "Du solltest besser auf dich aufpassen." sagt Jessica zu Jack und deutet mit ihrem Finger auf die vier Löcher direkt hinter dem Cockpit. "Das solltest du auch, Jess." wirft Sam ein, der gerade zu den zweien hinzutritt und sich seiner Kappe und seines Schals entledigt. "Ganz genau! Diese Reihe von Einschusslöchern neben deinem Tank ist auch nicht gerade gesundheitsfördernd." Spricht Jack in einem aufgesetzten, belehrenden Ton, der ihn gleich darauf zum Grinsen veranlasst. "Aber mich Fliegerass bringt so schnell nichts um!" gibt er noch zum Besten und setzte sich noch einmal so richtig in Pose, dass sein weißer Schal im Wind hinter ihm Flatterte. "Du Schauspieler!" sagt Jessica und knufft ihn freundschaftlich in den Oberarm. "Los, lasst uns was trinken gehen!" schlägt Sam vor und wendet sich Richtung Baracken. Die anderen folgen ihm.
 

Derweil machen sich die Flughelfer und Mechaniker daran, die Flugzeuge auf Schäden zu untersuchen und zu reparieren. Der Großteil der Maschinen ist von Löchern übersäht, die einfach mit einem kleinen Stück Leinen übernäht werden oder mit einem Stück Blech verschlossen, wenn sie sich in der Motorabdeckung befinden. Gebrochene Leisten und gerissene Spann- und Steuerdrähte werden ausgetauscht und die Motoren gewartet. Ein Trupp Mechaniker macht sich mit drei Lastwagen auf den Weg, um die notgelandeten Piloten und ihre Flieger wieder aufzusammeln.

Ein Unglücklicher hat seine Sopwith genau in einem See geparkt. Nicht nur, dass er zwei Stunden in triefend nassen Klamotten warten musste, so brauchen sie nun auch noch zwei weitere Stunden, um das Flugzeug mit Hilfe des Lastwagens und des geliehenen Traktors eines Bauern aus seiner ungünstigen Parklücke zu ziehen.

Ein anderer hat es gerade noch geschafft aus seiner brennenden Maschine abzuspringen, bevor diese am Boden zerschellt ist. Sein Glück war es, dass er in einem großen Misthaufen gelandet ist. Andernfalls hätte er den Sturz aus zwanzig Meter Höhe wohl nicht überlebt. So muss er jetzt aber die Heimreise hinten auf der Pritsche des Lastwagens antreten, da die Mechaniker den Gestank nicht im Fahrerraum haben wollen.
 

"Ich brauche erst mal ein Bad." sagt Jessica als sie in ihrem Zimmer angekommen sind. "Oh, da darf ich doch sicher mitkommen." erklärte sich Jack grinsend bereit. "Nix da, daraus wird nichts." antwortet sie abweisend. "Aber wenn du magst, Sam, kannst du mitkommen" wendet sich Jessica zu Sam, kuschelt sich an ihn und zwinkert ihm zu. "Ne lass mal gut sein, Jess." antwortet dieser mit deutlich gerötetem Gesicht. "Dann eben nicht. Wer nicht will, der hat schon" So verschwindet Jessica aus dem Zimmer Richtung Waschräume.

"Was grinst du so?" fragt Sam verärgert über seine Schüchternheit Jack. "Ach nichts." antwortet dieser grinsend. "Aber so wirst du nie bei ihr landen können." "Ach halt den Sappel!" sagt Sam wütend, schleudert den Fliegeranzug in den Spind und schwingt sich in sein Bett. "Ha, ha, ha!" lacht Jack laut. Auch er legt nun endlich seine Fliegerkappe und seinen Schal ab und zieht sich die einfache Uniform an. Danach kramt er in seinem Spind nach der Flasche Schnaps, die er für besondere Anlässe dort bunkerte. "Los Sam, lass uns was trinken. Wenn du dein Angebot schon nicht verwirklichst, sorge ich halt für feuchte Kehlen." "Stimmt ja, das hatte ich schon vergessen." erwidert Sam und rappelte sich auf. "Na ja, ich lad euch nach dem Essen noch auf ein Glas Whisky ein." "Oh, so was feines?!" sagt Jack und gießt zwei keine Gläschen Schnaps ein. "Zum Wohl!" Beide leeren mit einem Zug das Glas und Jack verstaut danach wieder die Flasche und die Gläschen in seinem Spind.

Als Jessica wieder vom Waschraum zurückkommt, empfängt Jack sie grinsend: "Na, schon fertig mit baden?" "Och, ich hab nur schnell geduscht. Alleine baden ist mir zu blöd gewesen." antwortet sie mit einem kurzen Blick zu Sam, der sich jedoch nicht rührt. Jessica geht mit leicht enttäuschtem Gesicht zu ihrem Bett und bringt noch ein paar Sachen in Ordnung. "Wollten wir nicht was trinken gehen?" fragt sie dann. "Die Dame hat es ja vorgezogen duschen zu gehen. Wärst du hier geblieben hättest du was Schönes bekommen." entgegnete ihr Jack. Jessica rollt mit den Augen. "Du wirst es wohl nie lassen können."

"Keine Angst, nach dem Essen lade ich euch ein." kam es von Sam, der nun mit einem vollen Wäschekorb in der Hand da steht und sich der Tür zuwendet. "Hey, wo willst du denn nun schon wieder hin?" fragt Jessica. "Wäsche waschen. Was soll ich sonst mit einem Korb voll dreckiger Klamotten anfangen?" erwidert Sam und verschwindet nach draußen.
 

An der Reihe Waschmaschinen angekommen, die unter einem Vordach der Baracke mit den Waschräumen stehen, stopft er den Inhalt des Wäschekorbes in die Trommel und stellt den kleinen Weidenkorb neben die Waschmaschine. Er geht zum Waschmittelautomaten und zieht sich ein kleines Plastiktütchen mit dem weißen Seifenpulver. Wieder zurück an der Waschmaschine leert er das Tütchen aus und schließt den Deckel. Nachdem Sam die Maschine in Gang gesetzt hat, setzt er sich auf den Fußboden aus Holzdielen.

"Wahrscheinlich hat Jack recht." sagt er leise zu sich selbst. Er sitzt ganz alleine an diesem warmen Sommerabend vor der Baracke. "Aber sie geht viel zu schnell ran. Das ist einfach nicht meine Art." - "Außerdem hätte es sowieso keine Zukunft in diesen Kriegstagen." Sam kramt aus der Brusttasche seiner Uniform ein altes Schwarz/Weiß-Photo hervor. Auf dem Bild ist eine Familie mit zwei Kindern vor einem großen Bauernhaus zu sehen. Alle machen ein fröhliches Gesicht. Die noch recht jung aussehende Mutter wird vom nicht viel älteren Vater in den Armen gehalten. Im Vordergrund ist ein kleiner Junge mit seiner älteren Schwester zu sehen. Sam sieht sich das Foto lange und eingehend an.

"Denkst du schon wieder an deine Eltern und deine Schwester?" fragt eine sanfte Frauenstimme hinter ihm. Es ist Jessica, die ihm ein Hand Auf seine Schulter legt. "Ja" antwortet Sam leise. Erst jetzt bemerkt er, dass ihm langsam Tränen über das Gesicht rinnen. "Glaub mir, sie wären stolz, wenn sie dich jetzt sehen könnten." spricht Jessica ruhig weiter und umarmt ihn sanft von hinten. "Ihr Tod war völlig umsonst. Nur dieses Photo und einige wage Erinnerungen sind mir noch von ihnen geblieben." erklärt Sam und umfasst Jessicas Hände. "Der Tod eines jeden Menschen ist umsonst, wenn er gewaltsam hervorgerufen wurde. Jeder von uns musste solche Verluste hinnehmen." Sie drückt ihn an sich. "Ich weiß, aber ich habe sonst niemanden mehr. Ihr habt zumindest noch andere Verwandte, aber ich stehe ganz alleine da. Schon seit ich zehn Jahre alt bin." Er löst sich aus ihrer Umarmung und dreht sich zu ihr um. "Schau nach vorn. Das Leben geht weiter. Und wenn du jemanden zum Reden brauchst, bin ich immer für dich da." Bei dem letzten Satz wischte sie ihm sanft die letzte Träne aus dem Gesicht. Es kommt ihm plötzlich so vor, als würde seine Mutter wieder vor ihm stehen. "Sam, komm wir gehen essen. Du brauchst was in deinem Magen." - Er realisierte erst später, dass es nicht seine Mutter war, die ihm das zugerufen hatte, sondern Jessica, die direkt vor ihm stand, umarmte und dann küsste.

Sie hilft ihm noch beim Aufhängen der Wäsche vor ihrer Baracke. Danach gehen sie zusammen in die Kantine ohne miteinander zu sprechen. Jack hatte schon einen guten Platz für sie ausgesucht und die drei Freunde sitzen gierig kauend an einem Fenster, von wo aus sie den Sonnenuntergang beobachten können. Heute gibt es besonders gutes Essen, da die Piloten harte Arbeit leisten mussten. Nach dem Essen lädt Sam seine Freunde noch, wie vorher versprochen, auf einen Whisky ein. Nachdem sie den Luftkampf dieses Tages zusammen mit ein paar anderen Piloten ausgewertet hatten, verlässt Sam in Begleitung von Jessica die Kantine und kehrt zur Baracke zurück. Dort angekommen setzen sich die beiden unter das kleine Vordach und unterhalten sich über die Vergangenheit. Erst spät in der Nacht, Jack torkelte schon an den beiden vorbei in die Baracke und fiel gleich ins Bett, beendeten sie ihr Gespräch. Bevor sie schlafen gehen, küsst Jessica Sam, der sie nochmals umarmte, und wünschen sich gegenseitig eine gute Nacht.

In dieser Nacht schliefen Sam und Jessica besonders gut und sind am nächsten Morgen dementsprechend gutgelaunt aufgestanden. Jack hingegen wacht mit einem gewaltigen Kater auf und quält sich aus dem Bett. Er schwankt durch die Tür aus der Baracke heraus und lehnt sich gegen einen Stützpfeiler des Vordachs. Die Sonne blendet ihn. Er hebt langsam die Hand vors Gesicht, so dass ihr Schatten seine Augen vor dem grellen Licht schützt. "Na Jacky, wohl gestern ein bisschen tief ins Glas geschaut, was?" fragt Jessica höhnisch, die mit Sam an dem kleinen Tisch vor der Baracke Karten spielt. "Nenn' mich nicht so, Jess. Du weißt, dass ich das nicht ausstehen kann." mault er zurück. "Ich schlage dir 'ne eiskalte Dusche vor. Die bringt dir einen klaren Kopf." sagt Sam. "Gute Idee." brummt Jack, als er kurz in der Baracke verschwindet, um sich ein Handtuch holt. Dann stolpert er zu den Waschräumen.

Ein freier Tag I

Jack dreht die Dusche auf. Das eiskalte Wasser strömt über ihn. Mit geschlossenen Augen steht er einige Minuten regungslos unter der Dusche, aus der sich das kalte Nass wie ein Wasserfall über ihn ergießt. Fünfzehn Minuten später verlässt er die Dusche mit halbwegs klarem Kopf und zurückgewonnener guten Laune. Jack schlüpft in seine Uniform und kehrt zu ihrer Baracke zurück.

Jessica und Sam erwarten ihn schon und drängen darauf, dass er einen Zahn zulegt. "Warum macht ihr denn so eine Hektik am frühen Morgen?" fragt Jack verwirrt. "Also früher Morgen ist schon lange nicht mehr. Es ist fast Mittag. Außerdem sollen sich alle Piloten auf dem Appellplatz versammeln, der Major hat was Wichtiges zu verkünden." entgegnet ihm Sam mit einem belehrenden Unterton. "Und deshalb macht ihr gleich einen Aufstand?" erwidert Jack gelassen. "Ich werd' dir gleich mal einen Aufstand machen!" sagt Sam genervt. Sie hätten schon längst auf dem großen quadratischen Platz stehen sollen. "Komm jetzt endlich!" drängelt Jessica. "Bin ja schon unterwegs." sagt Jack ganz cool. Die drei rennen zum Appellplatz.

Zu ihrem Glück ist der Major noch nicht anwesend und ihr Fehlen noch nicht bemerkt. Keuchend schleichen sie sich auf ihre Plätze in den langen Reihen aus jungen Männern und Frauen. Vielen von ihnen sieht man ihre Leiden, die sie in diesem Krieg schon über sich ergehen lassen mussten, deutlich an. Nur wenige ältere sind noch im Dienst. Diese sind fast ausschließlich von Narben übersäht. Aber alle haben sie eins gemeinsam: Nur einem Zufall haben sie es zu verdanken, dass sie noch leben. Jedoch beschwert sich keiner, denn den Leuten von der Marine oder dem Heer ergeht es noch schlimmer. Verglichen mit diesen Soldaten sind sie schon wieder alt. Man erzählt sich, dass sogar Kinder in den Geschütztürmen der Kreuzer und den Schützengräben der Front hocken. Nein, da ist es hier noch besser. Hier, weiter im Inneren des Landes, haben sie eine viel höhere Überlebenschance.

Die Tür des Kommandanturgebäudes öffnet sich. Die versammelten Piloten nehmen Haltung an, als der Major heraus tritt. Es ist ein junger Mann, nicht viel älter als die meisten der Piloten. Vielleicht zwanzig, höchstens zweiundzwanzig. Er wird von allen hoch geschätzt, denn seine Verdienste sind hoch und es ist beachtlich, dass er in seinem Alter schon so eine wichtige Position einnimmt. Außerdem sieht man ihm nicht an, dass er an der großen Luftschlacht vom Kap des Todes teilgenommen hat und im Alleingang 45 feindliche Jäger abgeschossen hat. Doch dafür ist er berüchtigt und er lässt es sich auch nicht nehmen selbst in ein Flugzeug zu steigen und wieder in den Kampf am Himmel zu ziehen. Sam hatte schon mal die Gelegenheit bei einem dieser Einsätze Flügelmann des Majors zu sein. Dort konnte er sehen, wie zielsicher und entschlossen dieser vorgeht.

"Das Oberkommando in Neocity ist sehr zufrieden mit unserer Arbeit. Deshalb wurden wir dafür vorgesehen als erster Stützpunkt mit neuartigen Flugzeugen ausgestattet zu werden..." Ein Raunen durchzieht die Reihen der Piloten. "Ruhe!" brüllt ein Leutnant. Sofort schweigen alle. "...Dazu müssen von den Mechanikern und den Flughelfern noch einige Veränderungen vorgenommen werden. Für sie, als Elitepiloten, heißt das, dass sie den Rest des Tages frei haben werden..." fährt der Major ungehindert fort, bis alle Anwesenden jubeln. Einen freien Tag hatten sie schon lange nicht mehr. Diesmal hilft das Brüllen des Leutnants nicht, um die Menge zu beruhigen, so schaltet sich der Major ein: "Mäßigen sie sich! Ich kann ihnen auch an Stelle dessen ein paar Runden Strafexerzieren auferlegen!" Sofort kehrt Ruhe ein, was den Leutnants ihr Grinsen wieder nimmt. Zu gern hätten sie einigen Piloten wieder mal gezeigt, wie der Hase läuft. "Sie werden sicher schon bemerkt haben, dass die Mechaniker und Flughelfer sehr beschäftigt sind und deshalb können sie heute ihren Tag selbst bestimmen. Das war's erst einmal. Wegtreten!" befiehlt der Major und dreht sich schon wieder zur Tür um.

Plötzlich ruft jemand: "Was werden das für Flugzeuge sein Herr Major?" Alle halten inne und wenden ihren Blick auf denjenigen, der die Frage gestellt hat. Es war Jack. Jessica schlägt sich mit der flachen Hand vors Gesicht. Das ist typisch für Jack. In solchen Momenten kann er einfach nicht an sich halten. Auch sie ist sehr neugierig, doch würde sie es nicht wagen den Major persönlich darauf anzusprechen. Dieser wendet noch einmal und sieht eindringlich durch die große Gruppe von Piloten. Sein Blick bleibt an Jack haften, der ihm entschlossen ins Gesicht schaut. Dem Major huscht ein Lächeln über die Lippen. Na klar, wer sonst wäre dreist genug ihn direkt zu fragen. "Jack McCloud, warum musste ich sofort an sie denken, als ich die Frage gehört habe?" sagt er. "Wie auch immer. Selbst ich habe keine genaueren Informationen und bin genauso gespannt wie sie, was sich unsere Wissenschaftler haben einfallen lassen. Sie müssen sich also noch ein wenig gedulden." Mit diesen Worten geht er nun ins Kommandanturgebäude und lässt Jack einfach mitten auf dem Appellplatz stehen. Am liebsten hätte Jack noch mehr gefragt, aber seine Freunde drängen ihn zum Gehen. "Komm Jack, verschwinden wir bevor einer der Leutnants noch auf die Idee kommt dich dafür zu schleifen." sagt Sam und zieht ihn hinter sich her ohne eine Antwort abzuwarten.

"Wie konntest du nur so dumm sein und den Major einfach so anquatschen?" platzt es aus Jessica heraus, als die drei ihr Zimmer erreichen. "Was denn? War doch nur eine Frage." winkt der ab. "Außerdem wollten alle wissen, was das für Flugzeuge sind. Ihr garantiert auch." "Schon, aber keiner von uns wäre so blöd gewesen, gleich so rum zu schreien." ermahnt ihn Sam. "Ist ja auch egal. Was fangen wir mit dem angebrochenen Tag an?" wechselt Jack das Thema. "Du bist echt schwer zu verstehen." sagt Jessica kopfschüttelnd über die Dreistigkeit ihres Freundes. "Na egal, Hauptsache, du bekommst keinen Ärger mit einem der Leutnants. Ich werde mich bei dem super Wetter auf die Wiese legen und ein bisschen sonnen." Sie sucht in ihrem Spind nach dem Bikini, den sie sich vor einem Jahr gekauft hatte. "Und ich will mal versuchen eine der Trainingsmaschinen zu bekommen und dann eine Runde über das Gelände zu drehen." meint Sam und tauscht seine Uniform gegen den Fliegeranzug. "Dann werde ich mich mal ein bisschen umhören, ob ich vielleicht nicht doch ein paar Infos zu den neuen Flugzeugen bekomme." sagt Jack grinsend. "Du kannst es einfach nicht lassen. Du machst so lange, bis sie dich mal so richtig schleifen." ruft Jessica dem aus der Tür rennenden Jack hinterher. Der hört das schon nicht mehr und Jessica bleibt nichts anderes, als wieder einmal mit dem Kopf zu schütteln. "Ha, typisch Jack! Aber du kennst ihn, er passt schon auf sich auf." beruhigt Sam sie und geht mit einem Rucksack, den er geschultert hat, zum kleinen Hangar, wo die Trainingsflugzeuge abgestellt werden. "Ich weiß." sagt Jessica noch. "Und du, willst du wirklich fliegen gehen?" "Du kennst mich, wenn ich nicht in der Luft sein kann, bin ich auch nicht glücklich. Aber wir werden uns später noch sehen, der Tag ist ja noch lang." antwortet Sam gut gelaunt und winkt ihr noch mal zu. "Du findest mich auf der großen Wiese vor dem kleinen Wäldchen." ruft sie ihm noch nach, ist aber nicht sicher, ob er es hört.
 

Am Haupttor des Stützpunkts fährt die schwarze Limousine vom Vortag wieder vor. Der Pförtner öffnet schon den Schlagbaum, als der Wagen noch nicht einmal gestoppt hat. Langsam gleitet der Wagen an dem salutierenden Wachposten vorüber und hält direkt vor dem Kommandanturgebäude. Der Herr, der gestern noch in Zivil beim Major zu Besuch war steigt diesmal uniformiert aus. Anhand der Abzeichen kann man erkennen, dass es sich um einen General handelt.

"Was sucht denn so ein hohes Tier auf unserem Stützpunkt? Das muss was mit den neuen Maschinen zu tun haben" sagt Jack zu sich selbst. Er beobachtet die Szene durch seinen Feldstecher hinter einer kleinen Mauer hockend.

Der Major kommt persönlich aus dem Gebäude, um seinen Freund zu begrüßen. "Hallo Hans, schon wieder zurück? Du scheinst wohl zurzeit nicht viel zu tun zu haben." begrüßt ihn der Major. "Nicht ganz Gregory. Ich bringe Nachrichten aus Neocity." antwortet der General ernst. "Dann komm rein." erwidert der Major und die beiden betreten das Gebäude.

"Ich wüsste zu gern, was die zu bereden haben." spricht Jack zu sich und schleicht zum Bürofenster des Majors. Von hier aus kann er die Stimmen der beiden Männer halbwegs gut hören und erhofft sich nähere Informationen zu bekommen, nachdem ihn die Mechaniker schon eine eiskalte Abfuhr gaben.

"So Hans, nun aber raus damit. Was werden das für Flugzeuge sein, die ihr uns schickt?" fragt der Major ungehalten. "Erstmal heißt das ,Herr General' und dann muss ich dir sagen: Lass dich überraschen!" sagt der General lachend. "Ach komm schon, mir kannst du doch schon einige Details verraten." bettelt der Major. Der General erhebt sich und geht zum Fenster. "Nein, noch soll keiner was erfahren. Es könnten Informationen nach außen gelangen." sagt er laut mit einen Blick nach unten, so dass er sehen kann, was unter dem Fensterbrett ist.

Einem glücklichen Zufall hat Jack es zu verdanken, dass er schon eher das Weite gesucht hat. Ein vorbeifahrender Lastwagen hat ihn aufgeschreckt, sodass er an der Wand entlang bis hinters Haus geschlichen ist und dann unauffällig zu den Baracken spazierte.

"Ich kann dir nur so viel verraten: Diese neuen Flugzeuge sind besser als alles, was wir vorher hatten und deshalb kriegsentscheidend." "Und was hat mir das Oberkommando noch mitzuteilen?" fragt der Major, der sich mit der knappen Antwort seines Freundes nicht zufrieden geben will. "Dass dir sechs Exemplare geliefert werden. Deine besten Piloten sollen sie fliegen und möglichst viele Erfahrungen damit sammeln. Das Oberkommando will genaue Berichte über die Flugeigenschaften der neuen Maschinen im Kampf erhalten, um die neuen Flugzeuge noch zu verbessern." antwortet der General. "Das heißt also, dass wir als Versuchskaninchen herhalten müssen." bemerkt der Major. "Genau, aber technisch sind die neuen Maschinen sehr gut und deine Piloten laufen nicht Gefahr, an einfachen Mängeln zu Grunde gehen zu müssen. Außerdem sind bereits einige Testpiloten mit den Maschinen geflogen, jedoch konnten sie sie nicht im Kampf erproben. Diese Aufgabe fällt nun euch zu." erklärt der General. "Dir ist klar, dass ich einer der sechs Piloten sein werde?" fragt der Major seinen Freund. "Ja, so was habe ich mir schon gedacht. Ich werde dich nicht daran hindern können, aber stelle sicher, dass die anderen fünf von annähernd dem gleichen Kaliber sind, wie du." ermahnt der General ihn. "Dieses Unterfangen ist von höchster Wichtigkeit und muss von Erfolg gekrönt sein." fährt er fort. "Sicher, dafür werde ich persönlich sorgen. Ich werde mich sofort daran machen, die besten heraus zu suchen." sagt der Major und fordert seine Sekretärin, die im Vorraum sitzt, auf die Akten aller Piloten heraus zu suchen. "Gut, ich verlasse mich auf dich Gregory. Ich muss wieder nach Neocity zurück. Es gibt noch viel zu tun." verabschiedet sich der General und verlässt das Gebäude. Der Major begleitet ihn nach draußen und verabschiedet sich am Auto von seinem Freund, der einsteigt und in rasanter Fahrt den Stützpunkt verlässt.

Ein freier Tag II

Jessica steht alleine in ihrem Zimmer und schaut Sam hinterher, der fröhlich auf den kleinen Hangar zuläuft. Nach einer Weile schließt sie die Tür und zieht sich um. Mit einem weißen T-Shirt über ihren blauen Bikini tritt sie wenig später wieder heraus und geht über das Gelände bis hin zum kleinen Wäldchen. Die Blicke der anderen Piloten verfolgen sie, lediglich die weiblichen Flieger können sich nicht für diesen Anblick, der äußerst selten ist, begeistern.

Am Wäldchen angekommen, verlangsamt Jessica ihre Schritte. ,Endlich ist dieser Spießrutenlauf vorbei!' denkt sie sich. Die sonst so selbstbewusste und fröhliche Jessica wollte nicht, dass ihr jemand ihre Traurigkeit anmerkt. ,Nun haben wir uns schon geküsst und noch will er nicht mit mir zusammen sein.' denkt sie sich, während sie langsam den Wald durchquert. Ihr wird kalt. Die wärmenden Sonnenstrahlen dringen nicht durch das dichte Blätterdach der Laubbäume, unter denen sie hindurch geht. Sie beschleunigt ihre Schritte wieder. Sie will diesen ungemütlich kalten Ort schnellst möglich verlassen. Wer raus an die wärmenden Sonnenstrahlen. "Was ist bloß los mit mir?" fragt sie sich laut, als sie das Waldstück wieder verlässt. "Ich bin doch sonst nicht so empfindlich." sagt sie zu sich selbst und legt sich in die Sonne. - Langsam wird ihr wieder warm, sodass sie ihr T-Shirt auszieht. Mit geschlossenen Augen liegt sie im Gras und denkt über den vorherigen Abend nach. ,Vielleicht habe ich mir auch nur zuviel Hoffnung gemacht. Aber er hat doch schon öfters gezeigt, dass er was von mir will...' denkt sich Jessica. ,...Ich hätte ihn eigentlich anders eingeschätzt. - Dieser Idiot, wie kann er nur so eine Einladung ausschlagen, wenn er was von mir will? Hier hätten wir unsere Ruhe gehabt.' Sie denkt noch lange darüber nach.
 

Sam geht zum kleinen Hangar der Trainingsflugzeuge. Schon vom Weiten sieht er, wie ein Mechaniker vor dem Gebäude an einer der Tigermoths rum schraubt. Als er näher kommt, erkennt er seinen alten Freund Max. Sie hatten schon als Kinder zusammen gespielt. Max war auch immer der jenige gewesen, der die handwerklichen Fähigkeiten hatte Sam's Ideen umzusetzen. So bauten sie sich ein Baumhaus, das nur zu sehen war, wenn man direkt unter dem Baum stand, obwohl es nur wenige Bäume ringsherum gab. Max hatte sich mit dem Beruf des Mechanikers einen Traum erfüllt und so ist es kein wunder, dass er schon jetzt Chefmechaniker ist.

"Hey Max, was machst du denn hier? Ich dachte alle Mechaniker müssen beim Umbau des großen Hangars helfen." sagt Sam, als er die einzelne Maschine erreicht hat. Max bemerkt erst jetzt, dass sein Freund zu ihm unterwegs war. "Hallo Sam, was verschlägt dich hier her? Ihr habt doch heute frei. Ich hab mit den Pilotenanwärtern zu tun. Die machen mir eine Maschine nach der anderen kaputt." begrüßt Max ihn. "Ha, ha, ja so ist das mit den ,Kleinen' eben." erwidert Sam "Ich wollte meinen alten Freund mal fragen, ob er mir ein Flugzeug leihen kann. Aber erst mal soll er mir erzählen, wie es ihm so geht." spricht er grinsend weiter. "Hätt' ich mir ja denken können, dass du an einem freien Tag nicht die Finger vom Steuerknüppel lassen kannst. Aber wie soll's mir schon gehen? Ich bin mit der jetzigen Situation, mal abgesehen davon, dass wir uns im Krieg befinden, zufrieden. Ich mache täglich meinen Job, der mir gefällt, und werde gut bezahlt. Da habe ich keinen Grund zu Klagen. Und selbst?" sagt Max während er sich wieder der Tigermoth zuwendet. "Tja, was soll ich sagen. Du weißt, dass ich die Fliegerei liebe, aber der Krieg..." Sam verzieht das Gesicht. "...das muss endlich aufhören! So langsam bin ich mir schon gar nicht mehr so sicher, ob wir für die richtige Sache kämpfen." sagt er sehr ernst.

Max hält inne, er kennt seinen Freund schon lange und weiß, dass er sehr oft über die Geschehnisse nachdenkt. Aber dass er nun schon zum Zweifler an der Sache wird, für die sie alle kämpfen und für die schon so viele ihr Leben gelassen haben, will er nicht glauben. Sicher, auch er selbst will, dass der Krieg schnellstmöglich vorbei ist, aber jetzt zu zweifeln hilft auch nicht. "Sag mal spinnst du?" fragt Max seinen Freund wütend. "Du kannst doch nicht an dem zweifeln, wofür du kämpfst! Gerade jetzt müssen wir alle zusammen halten und entschlossen gegen die Raider kämpfen! Immerhin waren sie es, die unsere Familien nieder gemetzelt haben. Sie waren es, die deine Eltern und deine Schwester getötet haben!" Max bekommt sich gar nicht mehr ein und hält Sam einen riesigen Vortrag über die Beweggründe der Vereinigten Mächte. Sam lässt dies schweigend über sich ergehen. ,Das mag ja alles stimmen, aber sind wir nicht genauso grausam mit den Raidern umgegangen? Haben wir nicht auch ihre Familien auf dem Gewissen? Keiner kann mit Bestimmtheit sagen, ob es die Raider waren oder wir, die diesen Krieg begonnen haben. Ich will nur eins, dass das sinnlose Morden endlich ein Ende hat.' sagt er in Gedanken zu sich selbst. Würde er dies zu seinem Freund sagen, käme er heute nicht mehr von ihm los. "Du hast ja Recht." sagt Sam, der sich seiner Aussage nicht sicher ist. "Es war dumm von mir daran zu zweifeln." lügt er, um seinen Freund zu beruhigen. Im Moment will er sich keine weiteren Gedanken über dieses Thema machen. Sollen sich die Politiker und Generäle damit rumschlagen. Er ist nur ein einfacher Pilot der Streitkräfte der Vereinigten Mächte. Das einzige, was er zu tun hatte, war seine Befehle zu befolgen und das tat er bis jetzt immer.

"Gut, und ich dachte schon, du würdest deine Vernunft verlieren, die doch immer so prägend für dich war." sagt Max mit freundlichem Gesicht. "Ja, ja, schon gut. Aber könntest du mir einen Gefallen tun?" fragt Sam, um wieder auf sein eigentliches Anliegen zurück zu kommen. "Ach ja, die Maschine, die du wolltest. Kein Problem, nimm gleich die Tigermoth, die am Tor steht. Ich mach es dir auf." antwortet der und macht sich daran, das Tor so weit aufzuschieben, damit der Doppeldecker hindurch passt. "Danke Max, du bist echt ein dufter Kumpel!" sagt Sam und beide schieben das zweisitzige Trainingsflugzeug aus dem Hangar. Sam wirft den kleinen Rucksack in das vordere Cockpit, steigt in das hintere ein und wartet darauf, dass sein Freund den Motor anwirft. Max hebt den Arm als Zeichen zum Betätigen der Zündung. Sam zieht an dem kleinen Hebel und Max wirft mit kräftigem Schwung den Motor an. Laut blubbernd dreht sich der Propeller des Doppeldeckers und Max geht einige Schritte zurück. Beide strecken den Daumen nach oben und Sam setzt die Tigermoth in Bewegung. "Heute Abend muss sie aber wieder im Hangar stehen!" ruft Max ihm noch nach und erhält ein kurzes "Geht klar!" als Antwort. Wenig später steigt die Maschine mit Sam am Steuer in die Lüfte.
 

Jessica liegt im Gras und schaut in den Himmel. Sie sieht die kleinen Gruppen der Trainingsflugzeuge mit denen die Pilotenanwärter gerade den Formationsflug üben. Sie denkt daran, wie sie selbst noch Pilotenanwärterin war und jeden Tag aufs Neue in ihre Tigermoth stieg um für den Luftkampf zu üben. Damals brannten sie alle darauf, dass sie endlich eingesetzt wurden. Damals war es für sie selbst auch viel einfacher, da sie sich sehr auf ihre Ausbildung konzentrieren musste, aber heute ist das anders. Zwischen den Einsätzen bleibt viel Zeit zum Nachdenken und die Zweifel wurden in letzter Zeit auch in Jessica immer stärker. Besonders jetzt, wo sie so alleine ist und ihre Ruhe hat, fällt es ihr schwer den Kopf frei zu bekommen. Vor allem, wo sie sich doch erhofft hatte, dass Sam sie etwas abgelenkt hätte. "Aber dieser Idiot hat ja besseres zu tun" sagt sie verärgert. Das monotone Dröhnen der Motoren der Flugzeuge am Himmel dringt immer tiefer in sie ein. "Dieser Idiot..." sagt sie leise und eine Träne rinnt ihr übers Gesicht.

Das Dröhnen wird lauter und Jessica sucht den Himmel nach den Pilotenanwärtern ab. "Nein, die sind zu hoch, als dass sie es sein können." versucht sie sich das laute Motorengeräusch zu erklären. In diesem Moment kommt eine rote Tigermoth vom Wald her genau über sie hinweg geflogen. "Ist das etwa?" fragt Jessica sich. Die rote Maschine wendet und fliegt in einem großen Bogen wieder auf sie zu. Als sie an Jessica in wenigen Metern Höhe vorbei fliegt und der Pilot ihr zuwinkt, erkennt Jessica ihn. "Ja er ist es!" ruft sie freudestrahlend und winkt ihrem Freund Sam zu. Der beschreibt mit der Tigermoth nun einen Vollkreis und setzt zur Landung an. Wenig später setzt er das Flugzeug auf der Wiese, die grade so zum Starten und Landen ausreicht, ab. An einer kleinen Baumgruppe wendet er seine Maschine und bringt sie zum Stehen.

Noch während Sam aussteigt, erreicht Jessica ihn, die mit dem T-Shirt in der Hand auf ihn zu gelaufen ist. "Hey Sam, was machst du denn für Sachen?" fragt sie ihn fröhlich. "Ach, das ist doch nichts Besonderes." winkt er ab, denn für ihn war das wirklich keine schwere Aufgabe den Doppeldecker auf dieser kurzen Strecke sicher zu landen. "Aber ich hätte nicht damit gerechnet, dass du noch kommst. Und schon gar nicht mit dem Flugzeug." sagt Jessica und umarmt Sam. Der weiß erst gar nicht so richtig, was er machen soll und antwortet: "Och na ja, ich wusste einfach nicht, was ich sonst mit meiner Zeit hätte anfangen sollen." "Is' ja auch egal, Hauptsache du bist hier." erwidert sie glücklich und will sich gar nicht mehr von Sam trennen. "Ich hab' noch eine Überraschung für dich." sagt Sam. "Echt? Eine Überraschung für mich? Was denn, was denn?" will Jessica ganz aufgeregt wissen und löst ihre Umarmung. "Immer mit der Ruhe. Eins nach dem anderen." versucht Sam sie zu beruhigen. Er geht zum vorderen Cockpit und holt den kleinen Rucksack, den er dort verstaut hat, hervor. "Hier drin sind Jacke und Hose für dich drin. Wir werden einen kleinen Ausflug machen" sagt er grinsend und reicht Jessica den Rucksack. Die zieht sich schnell ihr T-Shirt über und holt dann die Hose heraus. Sie ist ihr etwas zu groß, was wohl daran liegt, dass es die Hose von Sam ist, und auch die Jacke könnte eine Nummer kleiner sein, aber allein durch die Tatsache, dass es Sams Sachen sind, fühlt sich Jessica darin wohl. Sie setzt sich in das vordere Cockpit des Copiloten und wartet darauf, dass es losgeht. Sam gibt ihr ein Zeichen, sie zieht am Zündhebel und Sam hängt sich mit seinem ganzen Gewicht an den Propeller. Ein kurzes Blubbern des Motors und die Lutschraube steht wieder still. Erst nach dem dritten Versuch läuft der Motor endlich. Nun ja, es ist ja auch nicht Aufgabe des Piloten den Motor anzuwerfen, sondern die des Flughelfers oder Mechanikers. Sam steigt ein und fliegt los. Knapp fliegen sie über die Baumwipfel hinweg.

"Hey Sam, wo fliegen wir denn nun hin?" fragt Jessica ungeduldig. "Wirst du schon noch sehen, Jess." antwortet Sam. Er möchte Jessica mit einem kleinen Ausflug an den See einige Kilometer weiter weg überraschen, den er schon seit längeren geplant hatte. Da kam ihm der freie Tag heute ganz gelegen. Etwas erstaunt ist er auch über sein eigenes Verhalten. Er hatte es sich schwieriger vorgestellt Jessica davon zu überzeugen. Und nun ist sie ganz ohne groß Fragen zu stellen eingestiegen. Außerdem hatte er immer gedacht, dass er kein einziges Wort raus bringen würde, wenn Jessica ihn so sehr umarmt. ,Aber egal, wie ich es mir vorgestellt habe. Bis jetzt läuft es ja super.' denkt er sich und konzentriert sich nun wieder auf das Fliegen. Bis zum See sind es nur noch einige Flugminuten.



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Kommentare zu dieser Fanfic (6)

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Von:  RedSky
2004-10-23T14:07:41+00:00 23.10.2004 16:07
Och, is' das niedlich, wie Jessica allein in den Wald tapst!^^
Sehr interessant fand ich auch Sams Gedankengänge über den Krieg. Dass er anschließend mit der Maschine Jessica aufsucht, fand ich überraschend, aber gerade deswegen wohl auch interessant! ;P
Formulierungen sind wieder gut geworden, kann man nicht dran meckern! *pat pat*
Von:  RedSky
2004-08-19T21:23:56+00:00 19.08.2004 23:23
Wie immer klasse Formulierungen!
Obwohl ich dieses Kapitel, ähnlich wie das Erste, wieder etwas "trocken" fand und mehr auf Spezialebene basierend. Aber wie ich dich einschätze, wird das nächste oder spätestens das übernächste Kapitel wieder mehr auf die drei Freunde eingehen, oder....? ^_~
Von:  RedSky
2004-07-19T21:40:18+00:00 19.07.2004 23:40
Wieder sehr gut und sehr atmosphärisch geschrieben-wobei man die "Trinkorgie" ruhig etwas ausführlicher hätte beschreiben können.....XD~~~
Mir tut Sam irgendwie leid, nachdem du das mit seiner Familie geschrieben hattest-wohingegen mir Jessica irgendwie unsympathisch ist. O.o
Mal sehen, wie's weiter geht!^^
Von: abgemeldet
2004-07-19T17:53:02+00:00 19.07.2004 19:53
versprochen kommt ein zweites komi von mia
also ich fand sie sehr gut mir gefällt sehr sein schreibstil. wenn ich auch nur so schreiben könnte -.-
na ja ich hoffe du schreibst bald weiter und ich kann wieder bewerten

cu anne *knuddel*
Von: abgemeldet
2004-07-19T08:25:51+00:00 19.07.2004 10:25
moin -.-

wie versprochen schreibe ich dir ein komi wenn cih wieder ausm urlaub bin
also ganz ehrlich gesagt fand ich das kapitel super
ich warte schon aufs nächste *wartet wartet*
es is aber noch net da *mal ne runde heult*
bis bald dat trin
Von:  RedSky
2004-07-13T14:47:32+00:00 13.07.2004 16:47
Okay, also ich muss ehrlich zugeben, dass ich persönlich nicht viel von solchen Kriegsabenteuern halte.
Das beeinflusst jedoch nicht deinen sehr gelungenen Schreibstil-und den hast du nun wirklich zweifelsohne! Die wechselnde Atmosphäre von den wilden Kämpfen zu Luft und dem ruhigem Gespräch der zwei Männer im Büro hast du wirklich hervorragend umgesetzt! Großes Lob!


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