Die Sherwood-Chronik von Pego (Das wahre Leben des Robin Vivlest Hood) ================================================================================ Kapitel 1: Die Nottingham-at-Serk Gazette ----------------------------------------- Auszug aus der Nottingham-at-Serk Gazette / 19. April 2004 Muss die Geschichte umgeschrieben werden? Bei Erdarbeiten für die neue Vorortbahn von Nottingham-at-Serk fanden Bauarbeiter Tonkrüge in denen sich alte Handschriften befanden. Der Bauabschnitt führt durch ein Waldstück, dass in früheren Zeiten als Sherwood Forest bekannt war. Prof. L.F. St. John von der Universität Cambridge bestätigte, dass sich die Dokumente in erstaunlich gutem Zustand befinden. Das liege an der Aufbewahrung in den Tonkrügen, die hermetisch verschlossen gewesen waren und so die Dokumente vor der Witterung geschützt haben. Erste Untersuchungen zeigten, dass es sich bei den Handschriften um eine Chronik aus dem 12. Jahrhundert handle. Der Schreiber, ein gewisser Allan vom Tal beschrieb darin detailliert das Leben des bekannten Volkshelden Robin Hood. Prof. L.F. St. John ist sich sicher, dass die Sherwood-Chronik "unsere Erkenntnisse über das Leben des berühmten Angelsachsen revolutionieren wird." Kapitel 2: Wie das damals war ----------------------------- >>Es ist nun schon lange her, dass der gütige König Richard Löwenherz auszog, das heilige Land von den Ungläubigen zu befreien und Jerusalem den ewigen Frieden zu bringen. >> Aber besonders erfolgreich war er dabei nicht, denn so ganz gelungen ist das bis in die heutige Zeit nicht. Doch dafür müssen wir ein anderes Kapitel in der Geschichte aufschlagen. >>Der gute König zog also los, um glorreiche Heldentaten zu vollbringen und taucht für lange Zeit nicht mehr in unserer Geschichte auf (dass er auch noch so blöd war, sich auf dem Heimweg in Österreich von dem Leopold gefangen nehmen zu lassen, von einem Österreicher, man stelle sich das mal vor! hat seine Heimreise auch nicht gerade beschleunigt.) In seiner Abwesenheit litt sein Volk sehr unter der Knechtschaft seines Bruders, des bösen Prinzen. Dieser hatte sich, kaum das die Masten der Schiffe des Königs hinter dem Horizont verschwunden waren (was beweist, dass die Erde eine Kugel ist, sonst wären sie einfach hinunter geplumpst) der Krone bemächtigt und überzog mit seiner Tyrannei das ganze Land. Das ganze Land? Nein, ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf hörte nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten ... öhm ... Ein Mann hielt die Fahne der Freiheit und des Widerstandes aufrecht. Er bekämpfte die Männer des bösen Prinzen, beraubte die Reichen und gab das Erbeutete den Armen, Witwen und Waisen (so sagt man) SEINE NAME WAR ROBIN VIVLEST HOOD Er ging in die Geschichte ein und seine Heldentaten wurden von Minnesängern und Barden besungen ...<< "Zieh blank, du Hund!" Mit diesen Worten ließ sich Vivlest vom Ast des Baumes, auf welchem er gelauert hatte, fallen, plumpste wie ein Sack Kartoffeln vor Fandres Füssen, rappelte sich auf und wedelt mit dem Schwert vor der Nase des Erstaunten herum. Jetzt mal ehrlich, auch wenn es der Wahrheit entsprechen sollte, würde kein Chronist, der etwas auf sich hält, die Taten seines Lehnsherren SO zu Papier bringen. Er würde nicht mal lange genug am Leben bleiben, um sich einen neuen Job suchen zu können. Wahrheit ist was Schönes, aber sie macht nicht satt. Das Volk will strahlende Helden, schöne Maiden und böse Schurken. Lehnt euch zurück, macht's euch bequem, ich, Allan Pego vom Tal zeig euch, wie man das macht. >>"Für die Gerechtigkeit!" Mit diesen Worten sprang Robin V. Hood todesmutig aus den Ästen des Baumes, die ihm bis jetzt Schutz geboten hatten. Er landete elegant direkt vor seinem Kontrahenten Fandres, seines Zeichen der allseits gefürchtete Sheriff von Nottingham-at-Serk. Lässig stützte sich Robin V. auf sein Schwert. Amüsiert sah er zu, wie seine Leute die Männer des Sheriffs in Schach hielten. "Wir möchten wirklich nicht, dass ihr euch verletzt, also lasst alle Schwerter und Armbrüste fallen, wir wollen doch nicht, dass etwas passiert." Wenn John Frey Little, auch liebevoll Little Frey genannt, sich zu seiner vollen Größe aufrichtet und einen auffordert, die Waffen fallen zu lassen, dann hat man das gefälligst zu tun, egal, wie charmant der einen anlächelt (oller Schönling). Milde lächelnd sammelte Bruder Irian Tuck die bereitwillig fallen gelassenen Waffen auf und warf sie mit einem ordentlichen Schwung auf den Wagen des Sheriffs, man soll ja schließlich keinen Abfall im Wald liegen lassen. Dann kletterte er auf den Kutschbock des kleinen Wagens und nahm die Zügel in die Hand. Beruhigend sprach er auf das kleine Pony ein, das davor gespannt war, denn der ganze Trubel hatte es doch unruhig werden lassen. "Gestattet, dass wir uns für eure großzügige Spende bedanken, edler Sheriff," Robin V. (nein, das heißt nicht "der Fünfte") verbeugte sich spöttisch vor dem Sheriff. Einer Ohnmacht nahe, knirschte Fandres mit den Zähnen. Dass sich auf dem Wagen die Waffen seiner Wachmannschaft befand, hätte er verschmerzen können, aber den größten Teil des Wagens nahm eine große, gepanzerte, gutverschlossene Eisentruhe ein, in der sich die Steuereinnahmen aus dem Norden befanden. Robin V. lüpfte sein keckes Hütchen vor Fandres Begleiterin. "Mylady!" Er zwinkerte ihr zu. Dann hängte er sich seitlich an den Wagen, Bruder Irian schnalzte mit der Zunge, das Pony legte sich ins Zaumzeug und langsam ruckend fuhr der Wagen los. Nach kurzer Zeit war er im Dunkel des Waldpfades verschwunden und auch die Waldläufer zogen sich einer nach dem anderen zurück, bis Fandres mit seinen Männern allein auf der sonnendurchfluteten Lichtung zurückblieb. Wie begossene Pudel standen sie da, nur Fandres kochte - vor Wut. Nicht nur, dass er die Steuern aus dem Norden los war (was enorme Umsatzeinbußen bedeutete), nein, was besonders schwer zu verdauen war, war die Tatsache, das Maid Safira Mariann noch immer, wie angewurzelt, an der selben Stelle stehen geblieben war und verzückt in die Richtung blickte, in der unsere Held (zugegeben, dass ist Ansichtssache) entschwunden war. Mit finsterem Gesicht befahl Fandres den Rückzug nach Nottingham-at-Serk. In den nächsten Tagen und Wochen ließ der ehrwürdige Sheriff von Nottingham nichts unversucht, um Robin Hood habhaft zu werden. Doch egal, wie oft seine Männer die Wälder durchforsteten und wie oft er die Belohnung für die Ergreifung erhöhte (centweise, versteht sich), der Kerl war einfach nicht zu fassen. In seiner Verzweiflung schmiedete Fandres einen gar finsteren Plan.<< Im Lager der Vogelfreien ging inzwischen alles seinem, den Umständen entsprechenden, gewohnten Gang. Auch wenn sich nicht gerade die liebliche Szenerie darstellte, die uns viele Bücher und Filme weismachen wollen, so machte doch alles einen ordentlichen und sauberen Eindruck. Einfache kleine Holzhütten standen auf einer verborgenen Lichtung und schmiegten sich schutzsuchend an die uralten Eichen. In einem kleinen Gehege gackerten Hühner und scharrten vergnügt in der feuchten, dunklen Erde nach Würmern. Nicht weit davon entfernt graste eine kleine Gruppe Schafe in einem Pferch und es gab sogar eine Kuh, die sich, geduldig wiederkäuend, von einem jungen Mädchen melken ließ. Ein Teil der Waldläufer hatte hier ihre Familien in Sicherheit gebracht und sie versuchten, so gut es ging, ihr gewohntes Leben weiterzuführen. Die Hütte von Robin V. war auch nicht größer als die der anderen und nur die bequeme Hängematte, die daneben zwischen 2 Bäumen aufgespannt war, signalisierte, hier wohnt "der Chef". Hier lag Robin V. gerne und sinnierte über den Sinn des Lebens, während Little Frey sich um die kämpferische Ausbildung der Truppe kümmerte und sich Bruder Irian um das geistliche (und leibliche) Wohl der "Gemeinde" sorgte, tatkräftig unterstützt von Schwester Sanella. (man kann ja vom Zölibat halten was man will, aber es ist doch zumindest eine gute Ausrede, nicht war Bruder ^.~) Mitten hinein in diese, gut gut, nennen wir es halt Idylle, platze "the Red" Will Lutes Scarlett mit einer Aufsehen erregenden Nachricht aus Nottingham-at-Serk. Der Sheriff veranstaltete ein großes Bogenschützenturnier, zu dem die besten Schützen des ganzen Landes eingeladen waren. Wer diesen Wettkampf gewinnen würde, der durfte sich wahrlich DER MEISTER ALLER KLASSEN nennen. Und das Beste kam zum Schluß ... "Und den Preis überreicht Lady Mariann Safira höchstpersönlich," verkündete Lutes mit leuchtenden Augen und breitete theatralisch die Arme weit aus. Robin V. wälzte sich aus seiner Hängematte. Er zog einen Pfeil aus dem Köcher, der griffbereit an einem Baum lehnte und strich nachdenklich über die Federn am Pfeilende. Edel sah er aus, wie er so dastand, ganz in grün und intensiv nachdenkend. Ehrfurchtsvoll schwieg das Völkchen, das sich mittlerweile um ihn versammelt hatte. Schließlich brach Robin V. sein Schweigen. "Lady Mariann Safira?" Seine Stimme hatte eindeutig einen fragenden Unterton. "Wer ist die denn?" "Das darf doch nicht wahr sein," Little Frey rollte fassungslos mit den Augen. "So ne dufte Schnecke kann man doch nicht einfach vergessen!" "Ach, kenn ich die etwa," erkundigte sich Robin V. treuherzig. "the Red" Will Lutes legte seinem Kumpel Little Frey tröstend die Hand auf die Schulter. Das ging ganz einfach, weil dieser nämlich resignierend in die Knie gegangen war. Also das lief wohl ganz und gar nicht so, wie der Sheriff sich das vorgestellt hatte. Und auch ganz und gar nicht so, wie es uns der Volksmund überliefert hat. Aber wir hatten uns ja darauf geeinigt, dass Chronisten nicht immer berichten, wie es wirklich war, sondern (in einigen auserwählten Fällen) so, wie man es gerne gehabt hätte, in diesem Sinne ... >>Als Will Lutes Scarlett die Neuigkeiten aus Nottingham-at-Serk überbrachte, stand für Robin V. fest, dass er dieses Bogenschützenturnier gewinnen würde. Nannte man ihn nicht den besten Schützen des ganzen Landes? Und die Tatsache, dass die liebliche Maid Mariann Safira den Preis überreichen würde, bestärkte ihn in seinem Entschluss.<< Zufrieden pustete Allan Pego vom Tal über die noch feuchte Tinte. Es war wirklich nicht einfach, als Chronist für Robin V. tätig zu sein, aber die Zeiten waren hart und man mußte sehen, wo man blieb. Eigentlich war es gar nicht so schwer. Um den Wünschen ihres Auftraggebers Rechnung zu tragen, entwickelte Allan P. die doppelte Buchführung. Sie machte sich von wirklich jedem Ereignis Notizen und formulierte diese später in einen ansprechenden Text um. (Jahrhunderte später sollte diese Technik übrigens wieder aufgegriffen werden, von f(w)indigen Finanzgenies). Die offizielle Chronik wurde, für alle zugänglich, auf das Schreibpult vor dem Fenster gelegt, hübsch arrangiert mit Tintenfass und Federn. Die Notizen aber wurden in einem Tonkrug verwahrt, der, sorgfältig verschlossen, zu den anderen in die kleine Vorratskammer gestellt wurde. >>Am Tag des großen Turniers war Nottingham-at-Serk kaum wieder zu erkennen. Buntes Treiben herrschte in den Straßen, die Häuser waren mit Blumen und Fahnen geschmückt. Akrobaten und Jongleure mischten sich unter das Volk, Hausierer versuchte, ihre Ware an den Mann zu bringen und auch für Taschendiebe kam die eine oder andere günstige Gelegenheit. Die Türen der Wirtshäuser waren einladend geöffnet und der Duft von Pasteten und Braten zog durch die Gassen. Kurz, ganz Nottingham-at-Serk richtete sich auf einen Festtag ein. Auch die Burg und der Turnierplatz waren festlich geschmückt. Bunte, reichbestickte, von den Zinnen der Burg wehende Banner verkündeten stolz die Anwesenheit edler Damen und tapferer Ritter. Fandres hatte die günstige Gelegenheit genutzt und die hohen Gäste geladen, konnte er sich doch auf diese Weise für all die Einladungen revanchieren, ohne große Unkosten versteht sich. Es ging sogar das Gerücht, der Prinz höchstpersönlich würde das Turnier mit seiner Anwesenheit beehren, ein Umstand, bei dem es dem Sheriff leicht mulmig wurde, schließlich musste er sich immer noch vor eben diesem Prinzen für den Verlust der Steuergelder aus dem Norden verantworten. Diesmal durfte nichts schief gehen! Deshalb stand Fandres jetzt ganz oben auf dem Turm und ließ seinen prüfenden Blick über Burg, Stadt und Turnierplatz schweifen. Von den Straßen her drang Stimmengewirr und Gelächter zu ihm herauf, aber für das bunte Treiben und die Menge, die zum Turnier strömte, hatte er kein Auge und kein Ohr. Vielleicht, aber auch nur vielleicht hätte er dann den Einzug seines Kontrahenten miterlebt.<< "Dauert das noch lange? ............. wann sind wir denn endlich daaaaaha?.........." Little Frey umfasste seinen Kampfstab unwillkürlich fester, als unbedingt nötig. So langsam dämmerte ihm, dass es vielleicht doch keine so gute Idee gewesen war, am großen Bogenschützenturnier teilzunehmen. "the Red" Will Lutes rollte nur mit den Augen. Das war ja sooooo klar gewesen. In "the great an' noble Hood" steckte halt doch noch irgendwo das verwöhnte Aristokratenbengelchen. Die Chronistin ignorierte den Anführer der kleinen Schar tunlichst. Sie war viel zu sehr damit beschäftigt, sich alles gut einzuprägen, was sie sah, denn wie SIE den Einzug beschreiben würde, DAS stand sowieso schon fest! >>Am Tag des großen Turniers strömte die Bevölkerung von nah und fern in die Stadt. Ob arm oder reich, adelig oder von niedriger Geburt, dieses Ereignis wollte sich keiner entgehen lassen. Und im Schutze dieser Menschenmenge gelangten auch Robin V. und seine Mannen in die Stadt. Gut getarnt als ehrliche Handwerker und redliche Bauern kamen sie unbemerkt an den Wachen vorbei. Sie ließen sich mit der Menge, die zum Turnierplatz strömte, mittreiben. Alles deutete darauf hin, dass das Turnier bald beginnen würde. Die Ehrengäste nahmen bereits auf der Tribüne Platz und das einfache Volk drängte sich an die Barriere, die den Turnierplatz begrenzte. Auch Robin und die Seinen bahnten sich einen Weg nach vorne, auf der Suche nach einem guten Platz. Und dann war es soweit! Fanfaren ertönten, das Stimmengemurmel der Menge erstarb langsam und eine erwartungsvolle Stille breitete sich aus. Alle Blicke waren auf den Weg gerichtet, der von der Burg zum Turnierplatz führte. Ein Raunen war zu hören, das sich wie Meeresrauschen durch die Menge fortsetzte, bis hin zur Tribüne. "Da kommen sie ...... sie sind da!!" Tatsächlich, da kamen sie. Allen voran ein kleiner Page, der stolz die Fahne des Prinzen vor sich hertrug, deren kräftige Farben in der Morgensonne kostbar aufleuchteten. Hinter einer Reihe von Wachsoldaten zu Fuss trabte der Prinz höchstpersönlich auf einem feingliedrigen Grauschimmel heran. Das edle Tier tänzelte und warf unwillig den Kopf hin und her und man sah ihm an, dass es lieber über weite Ebenen davon gestürmt wäre, als diese langweilige Parade über sich ergehen zu lassen. Hinter einer weiteren Reihe von Fuss-Soldaten folgte ein weiterer kleiner Page, der die Standarte des Sheriffs trug, nicht ganz so stolz wie sein Vorgänger! Auch Sheriff Fandres hing an seinem Leben und kam nicht ohne Wachen aus, die ihn und Lady Mariann Safira schützend umgaben. Während die Lady fröhlich der wartenden Menge zuwinkte, musterte Fandres zufrieden die Umgebung. Alles war bereit. Er musste nur noch abwarten.<< Lag es am strahlenden Lächeln der Lady Mariann Safira? An der Gutmütigkeit der Bevölkerung? Oder einfach an der starken Präsenz der Wachsoldaten? Den wahren Grund wird man wohl nie erfahren. Auf alle Fälle waren die einen oder anderen Hoch- und Bravorufe zu hören, denen sich immer mehr anschlossen, so dass Prinz und Sheriff nicht einem zwar durchaus verständlichen, aber nicht sehr freundlichem Schweigen ausgesetzt waren, sondern das Gefühl vermittelt bekamen, sie wären - äh - willkommen. Unter Hochrufen ritten der Prinz und der Sheriff von Nottingham auf die Tribüne zu. Huldvoll begrüßten sie das jubelnde Volk. Der Sheriff half der holden Maid Mariann Safira vom Pferd und führte sie auf ihren Ehrenplatz gleich neben dem Prinzen. Dieser nahm die Huldigungen gnädig entgegen. Eine elegante Bewegung mit der königlichen Hand bedeutete den Anwesenden auf der Tribüne, dass es ihnen nun gestatte sei, wieder Platz zu nehmen. Für den Herold war es überdies das Zeichen, dass man nun mit dem Turnier beginnen könne. Gewichtig trat er vor und bedeutete den Fanfarenbläsern, das vereinbarte Signal zu geben. Tatatatatääääääääää. Die ersten Schützen traten an die Starlinie und bald hallte der Platz vom Singen der Bogensehnen wider, Pfeile sirrten über die Bahn und der Einschlag der Pfeile war zu hören (wenn sie denn die Zielscheibe trafen). Wie es dem Protokoll entsprach, traten zuerst Männer des Prinzen und Sheriffs gegeneinander an, Männer, deren Lehn- und Dienstherren sich der Sache des Prinzen verschrieben hatten und die somit gegen den König waren. Mit den besten Schützen aus dieser Runde würden sich später all die messen können, die den Mut aufbringen würden, sich zum Turnier zu melden.<< Ganz ehrlich? Es ist absolut nicht notwendig, hier den einen oder anderen Namen zu erwähnen, um ihn für die Ewigkeit zu bewahren. Keiner des Sheriffs Mannen war gut genug, um ihm diese Ehre zuteil werden zu lassen. An Fandres Stelle müsste man sich echt Sorgen um seine Sicherheit machen. Aber was tat der? Der saß gelassen auf der Tribüne, hatte die Ellenbogen auf die Armlehnen gestützt, klopfte leicht mit den Fingerspitzen gegeneinander und ließ seine Blicke über die Menge schweifen. Eins war ja damit klar! Als Soldat hatte sich Robin V. nicht verkleidet. In der Tat. Robin V.'s Verkleidung war von der Art, dass ihn "nicht mal seine Mutter erkennen würde", wie man in solchen Fällen gerne sagt. Die verräterischen Ohren waren von einem Kopftuch verdeckt und um die markanten Gesichtszüge zu verbergen, hatte Little Frey ihn gezwungen, (er hatte sein Rasiermesser versteckt), sich einen Dreitagebart stehen zu lassen. Dazu die Kleidung eines Kesselflickers, die zwar relativ sauber, aber doch sichtbar geflickt war und der rechtschaffene Handwerker war fertig. So ganz glücklich war Robin V. nicht mit der Tarnung, aber die Tatsache, dass er seine Kunst heute sogar vor einem Prinzen vorführen würde können, einem echten Prinzen, man stelle sich das mal vor und dass Lady Mariann Safira doch eine ganz dufte Schnecke war, versöhnte ihn etwas mit seinem Schicksal. >> Robin V. hatte die Verkleidung eines Kesselflickers gewählt, um unerkannt in der Menge untertauchen zu können. Gespannt verfolgte er den Wettkampf, musterte zukünftige Kontrahenten und wartete auf den Moment, an dem er dem Prinzen zeigen konnte, dass es hier noch freie Männer gab, deren Pfeile scharf waren und deren Treffsicherheit hoch. Ab und zu warf er auch bewundernde Blicke auf Lady Mariann Safira. Auch sie war es wert, dass er diese Turnier gewinnen würde. Man stelle sich nur vor! Ein goldener Pfeil, überreicht von der lieblichen Maid. Die letzten Schützen hatten ihre Pfeile abgeschossen und stellten sich nun dem offenen Wettkampf. Die Barrieren wurden geöffnet und die freien Männer strömten aufs Feld. Das Turnier wurde interessanter, denn unter diesen befanden sich einige sehr gute Schützen. Angespannt beugte sich der Sheriff vor. Vielleicht würde es doch nicht so leicht sein, Robin V unter den besten Schützen auszumachen. Aber würde dieser sich wirklich so leicht von seinen Gegnern besiegen lassen? Die Teilnehmer wurden weniger, nur noch eine Handvoll trat gegeneinander an. Die letzten 3 Schützen, 2 Schergen des Sheriffs und ein in der Stadt unbekannter Kesselflicker schossen jetzt nur noch auf eine Scheibe. Bald würde die Entscheidung fallen, wer der beste Schütze von allen war. Eine gespannte Stimmung lag über dem Turnier. Wer würde der Sieger sein? Einer der Schergen des verhassten Sheriffs? Oder doch der Kesselflicker? Einer nach dem anderen traten sie an die Abschusslinie. Einer des Sheriffs Männer war zuerst dran. Er zielte recht lange, schoss - und traf beinahe den Mittelpunkt des inneren Ringes der Zielscheibe. Nach ihm war der Kesselflicker an der Reihe. Beinahe lässig ließ er den Pfeil von der Sehne schnellen, dieser schlug dicht neben dem des anderen ein. Unterdrücktes Gemurmel war zu hören, das schnell verstummte, als der letzte Schütze sich zum Abschuss bereit machte. Auch dieser zielte recht lange, bevor er den Pfeil von der Sehne ließ, doch es mochte sein, dass er erschöpft war, von dem langen Turniertag, oder auch ein kurzer Windstoß brachte den Pfeil aus der Bahn, er traf die Scheibe, aber nicht mehr den inneren Ring! Jetzt standen sich nur noch 2 Schützen gegenüber!!! Selbstverständlich hatte des Sheriffs Scherge den ersten Schuss, den er mit der gleichen Konzentration und Perfektion ausführte, wie alle anderen davor. Und seine Mühe sollte belohnt werden, denn dieser Pfeil saß exakt im Mittelpunkt der Zielscheibe. Gegen diesen Schuss hatte der Kesselflicker keine Chance, so schien es! Dennoch trat er an die Abschusslinie. Er spannte den Bogen, zielte dieses Mal etwas sorgfältiger, der Pfeil flog die Bahn entlang, verfolgt von der atemlosen Menge und - spaltete den Pfeil seines Gegners in 2 Teile. Ein kurzer Augenblick der Stille, dann jubelte die Menge los. Einer der ihren hatte gewonnen!!! Sheriff Fandres gab seinem Hauptmann das vereinbarte Zeichen. Die Wachen schlossen den Kreis um den Turnierplatz enger ... "Irgendwie kann ich nicht glauben, dass dies wirklich der berühmte Robin V. Hood sein soll," meldete sich der Prinz zu Wort. "Ein abgerissener Kesselflicker, der meist gesuchte Schütze des Landes? Lasst ihn noch auf ein ganz besonderes Ziel schießen, dann bin auch ich überzeugt." Und er beugte sich zum Sheriff herüber und flüsterte ihm seinen Vorschlag ins Ohr.<< Robin V. nahm ein Bad in der Menge. Er war der Größte, der Beste, der Schönste. Viel fehlte nicht und sie hätten ihn auf den Schultern davon getragen. Aber das konnte Little Frey, der im Hintergrund Regie führte, gerade noch verhindern, Nur nicht zu sehr auffallen, war seine Devise. Dass Robin das Turnier gewonnen hatte, war ja nicht zu vermeiden gewesen, aber jetzt sollte er bloß keinen Größenwahn bekommen (wie wenn er den nicht schon lange hätte!). Am Liebsten wäre es Little Frey gewesen, sie hätten auf die Preisverleihung verzichtet, aber da war nichts zu machen. Das Volk drängte sie schon in Richtung Tribüne und der Sheriff von Nottingham-at-Serk hatte sich erhoben und blickte ihnen wohlwollend entgegen. Wohlwollend? Robin V. trat vor, begleitet von Little Frey und Will Lutes "the Red", die sich dicht an ihn drängten und sich auch von den Wachsoldaten, welche die Tribüne sicherten, nicht zur Seite schieben ließen. "Mein liiiiiiiieber Freund," begann der Sheriff seine Rede und lächelte so falsch wie ein Drei-Eurostück. "Wir freuen uns, dass es gerade ein so rechtschaffener freier Handwerker wie Ihr seid, der sich als bester Schütze des ganzen Landes bewährt hat und Wir gratulieren Euch im Namen des Prinzen, der Krone und aller Anwesenden ganz besonders zu dieser Ehre." Der Sheriff verbeugte sich leicht vor dem Kesselflicker. "Aber bevor Ihr nun euren verdienten Preis aus den Händen der lieblichen Maid Mariann entgegennehmt, bittet Euch der ehrenwerte Prinz noch um eine ganz besondere Probe Eures Könnens..." Den Blick, den Fandres Robin V. zuwarf, konnte man nur als herausfordernd bezeichnen. "Du traust dich ja doch nicht" schien er zu sagen. Aber Robin V. war nicht der Mann, der solch einer Herausforderung aus dem Weg gehen konnte. Bevor Little Frey es verhindern konnte, schulterte er seinen Bogen und machte einen Schritt auf den Sheriff zu. "Ich werde auf jedes Ziel schießen, dass Ihr mir benennt und ich werde es treffen," versicherte er mit trotziger Stimme. "Das ist gut," befand Fandres und schnipste mit den Fingern. Ein kleiner Page drängte sich nach vorne. Auf einem samtenen Kissen, das wohl ursprünglich für den goldenen Pfeil vorgesehen war, balancierte er einen leuchtend roten Apfel. "Wir hätten gerne, dass Ihr auf diesen Apfel schießt, werter Freund," verkündete der Sheriff. "Jedes Kind würde dieses Ziel treffen," meinte Robin V. verächtlich. "Dieser Meinung sind Wir auch," stimmte Sheriff Fandres ihm zu. "Und aus diesem Grund werden Wir jemanden auswählen, der den Apfel auf dem Kopf trägt, während Ihr schießt. Ihr werdet doch nichts dagegen haben," erkundigte er sich scheinheilig und ließ schon seinen Blick über die Menge schweifen, um einen passenden Kandidaten auszuwählen. "Wie kannst du dich darauf einlassen," zischte Little Frey dem Anführer zu, während sich "the Red" Will Lutes darauf beschränkte, dem Sheriff finstere Blicke zuzuwerfen. "Das ist eine Falle, lass uns hier verschwinden," schlug Little Frey vor. Doch ein kurzer Blick in die Runde zeigte, dass dies unmöglich war. Die Soldaten hatten sie umzingelt! Sheriff Fandres hatte indes kein geeignetes Opfer gefunden und musterte interessiert die kleine Gruppe zu Füssen der Tribüne. In seinen Augen blitzte es verdächtig auf. "Nun, teurer Freund, da Ihr so von Euren Fähigkeiten überzeugt seid, wird es Euch bestimmt nichts ausmachen, wenn eurer tapferer rothaariger Freund hier, nun, wie drücken Wir uns am Besten aus, wenn er den Apfel für Euch hält?" Robin V. fand keine Worte, was der Sheriff sofort als Zustimmung auffasste. Will Lutes wurde von den Soldaten des Sheriffs die Bahn entlang geführt und sie drückten ihm den Apfel in die Hand. Robin V. sah zur Tribüne empor. Prinz und Sheriff sahen ihn amüsiert bzw. schadenfroh an. Aber der bewundernde Blick, den Lady Mariann Safira ihm aus ihren babyblauen Augen zuwarf entschädigte ihn für all dies. Er holte tief Luft, drückte Little Frey aufmunternd den Arm und trat an die Abschusslinie. Sorgfältig wie nie zuvor, wählte er einen der Pfeile aus und bog die Federn am Pfeilende zurecht, damit nichts die Flugbahn beeinflussen konnte. Dann wechselte er einen langen Blick mit Lutes, bis ihm dieser schließlich zustimmend zunickte, sich den Apfel auf den Kopf legte und mit geschlossenen Augen aufrecht stehen blieb. Und während sich eine atemlose Stille wie ein schweres Tuch über den Turnierplatz legte, spannte Robin V. den Bogen und zielte. So genau wie noch nie in seinem Leben. Nach einer unendlich langen Zeitspanne schickte er den Pfeil auf den Weg. Dieser zischte die Bahn entlang, schlug in das Ziel ein - und teilte den Apfel auf Will Lutes Kopf in 2 Teile. "Eine wirklich umständliche Art, Apfelschnitzel herzustellen," brummte "the Red" noch, bevor jedes weitere Wort im Jubelgeschrei der Menge unterging. Inmitten von Trubel und Jubel saß Allan P. auf den Stufen der Tribüne und betrachtete mit schwer gerunzelten Stirnfalten das, was sie soeben niedergeschrieben hatte. DAS war absolut nicht tragbar, die ganze Episode mit dem Apfel konnte sie nicht verwenden. Es war so unglaublich und unwahrscheinlich, niemand würde ihr das abnehmen und schließlich sollte das eine seriöse Berichterstattung werden. Schweren Herzens beschloss sie, diesen Zwischenfall unter den Tisch fallen zu lassen. Und dabei war Will Lutes so heroisch gewesen. Und Robin V. so edel. Aber vielleicht hatte ja ein Kollege auf dem Festland Verwendung für eine so außergewöhnliche Geschichte. >> Das Volk von Nottingham-at-Serk strömte auf den Turnierplatz, der Jubel nahm kein Ende! Mit seinem Sieg hatte der Kesselflicker ein Zeichen gesetzt, dass noch nicht alles verloren war. Es gab noch freie Männer, die den Kampf nicht aufgegeben hatten. Für diesen einen, besonderen Moment vergaßen sie ihr Elend und ihre Not, die Angst vor dem Prinzen und dem Sheriff. Später war immer noch Zeit, sich der Wirklichkeit zu stellen, jetzt würden sie feiern. In ihrer Hochstimmung bemerkten sie nicht einmal, dass sich der Ring der Soldaten immer enger um die Tribüne zog. Robin V, der getarnte Kesselflicker, und seine Freunde wurden zur Tribüne geschoben, auf dass er den wohlverdienten Preis in Empfang nehmen solle. Was für ein Triumph! Der edle Sheriff machte, aus gutem Grund, gute Miene zu diesem Spiel und reichte der blütenblattgleichen Maid Mariann Safira die Hand, um ihr das Aufstehen zu erleichtern. Die vornehme Dame trat, den goldenen Pfeil in der Hand, an den Rand der Tribüne. Der Kesselflicker beugte artig das Knie vor ihr. "Hier empfangt euren Preis," sagte die Lady mit leiser Stimme und reichte ihm den Pfeil. Ziemlich salopp übrigens, wenn das der unbedeutende Chronist mal einfließen lassen darf. "Wie, heute nicht im edlen Waldgrün," spottete der Sheriff "Ach nein, für eine Veranstaltung dieser Art wäre das ein wenig overdressed gewesen, der Aufzug hier ist völlig ausreichen," konterte Robin V. sofort. DAS reichte! DAS brachte das Fass zum Überlaufen "Ergreift ihn!" schrie Fandres mit überschnappender Stimme. Was jetzt kommt, ist auch für einen erfahrenen Chronisten recht schwer zu beschreiben, denn es entstand ein furchtbares Kuddelmuddel. Die Wachen hatten Robin V. und seine Gesellen umzingelt und versuchten jetzt ihrer ohne große Verluste habhaft zu werden. Selbstverständlich überließen Robin V. & Co. ein so wertvolles Gut wie die Freiheit nicht kampflos. Und auch der eine oder andere Bewohner von Nottingham-at-Serk nutzte die günstige Gelegenheit, um es der Obrigkeit mal so richtig heimzuzahlen. Innerhalb kürzester Zeit war das im Gange was man, würde es sich im Inneren eines Gebäudes abspielen, eine Saalschlacht nennen würde. Selbst die Chronistin gab es auf, das Geschehen detailgetreu zu beschreiben und griff beherzt in das selbige ein. Heißt es denn nicht, die Feder sei mächtiger als das Schwert? Unsere Helden schlugen sich tapfer. Noch Jahrhunderte später würden Minnesänger und Barden ihren Wagemut und ihre Tapferkeit besingen. Doch die Übermacht war einfach zu groß. Die Kräfte erlahmten langsam, lange würden sie nicht mehr standhalten können. Wer weiß, welches unrühmliche Ende diese Geschichte noch genommen hätte, wenn nicht jemand in das Geschehen eingegriffen hätte, der überhaupt nicht auf der Gästeliste stand. Fanfaren ertönten und drangen durch den Kampflärm, heischten um Aufmerksamkeit und immer mehr Kämpfer reckten neugierig den Kopf, um zu sehen, was es da gab, bis die Kampfhandlungen schließlich komplett zum Erliegen kamen. Ein Trupp Soldaten näherte sich dem Turnierplatz. Und auch Ritter, hoch zu Ross mit blitzenden Harnischen waren zu sehen. Verschiedene Banner flatterten und knarrten im Wind, eines davon ein wenig größer und prächtiger als die anderen zeigte drei weiße Löwen auf purpurnem Grund. Sheriff Fandres wurde eindeutig noch blasser, als er dieses Wappen zu Gesicht bekam und auch der Prinz machte in diesem Moment nicht den Eindruck, als ob er sich besonders wohl in seiner Haut fühlen würde. Der vorderste Reiter hatte die Tribüne erreicht. Er zügelte sein stämmiges Ross, das sofort die günstige Gelegenheit nutzte, um ein paar Grashalme auszurupfen. Mag sein, das es nicht von edelsten Rasse war, aber es zeigte Ausdauer und einen guten Charakter. Geduldig kaute es auf seiner Beute, während sein Reiter aufmerksam in die Runde blickte. Er sah den Sheriff, der um Haltung bemüht war und den Prinzen, der sich fast hinter Maid Mariann Safiras Röcken versteckte. Er sah Robin V. und seine Gesellen, etwas zerrupft, aber ansonsten ohne größere Blessuren. Er sah die Männer des Sheriffs und des Prinzen und dann sah er wieder den Prinzen an. "Servus Bruder" sagte König Richard Löwenherz. Ein wenig enttäuscht war Allan P. schon. Den König hatte sie sich ganz anders vorgestellt. Irgendwie größer, eindrucksvoller, majestätischer! Schön, ihm war es mit wenigen Worten gelungen, die Wogen zu glätten. Der Prinz und Sheriff Fandres waren plötzlich soooo klein mit Hut. Besonders der Prinz konnte es nicht fassen, dass sein Bruder der Gefangenschaft in Österreich entkommen war. Heutzutage war auf niemanden mehr Verlass! Alles musste man selber machen. Warum hatte Leopold von Österreich Richard Löwenherz freigelassen, obwohl das geforderte Lösegeld noch nicht bezahlt war? Und der Prinz wusste genau, dass es noch nicht bezahlt war, denn schließlich hatte er das erfolgreich verhindert (und Robin V. hatte ihn mit seiner Masche "den Reichen nehmen und den Armen geben" dabei unterstützt, unfreiwillig versteht sich). Also wollte er eben dies von seinem Bruder wissen. "Dem Poldi hat es fei gar net g'fallen, dass du so ein G'schieß um das Lösegeld g'macht hast." berichtete der König. "du hättest g'handelt wie ein Fischweib, hat er g'sagt. Und außerdem ist ihm die GdrK auf's Dach g'stiegen. Die Gewerkschaft der regierenden Könige. Die haben ihn an seine Pflicht erinnert. Wir sind halt gut organisiert. Fast so gut wie die BdX. Denen könntest du doch beitreten," schlug R.L. seinem Bruder vor. "BdX? Was soll das denn sein" fragte der Prinz mürrisch. "Der Bund der Exkönige und -regenten," erklärte Richard und verzog dabei keine Miene. Prinz John lief rot an und die Menge lachte. Auch König Richard lachte. Er hatte ein wunderbares Lachen. Tief und warm und ansteckend. Doch dann wurde er wieder ernst. Er legte seinem Bruder die Hand auf die Schulter und erinnerte ihn an seine Pflichten. "Ab nach Hause mit dir, Mama wartet mit dem Abendessen." Richard Plantagenet war eindeutig ein Original. Aber irgendwie gar nicht so wie man ihn sich vorstellte, nach allem was über ihn erzählt wurde. Es hieß, er habe die Größe von 2 Männer, das war korrekt. Nebeneinander! Er schlug "the Red" Will Lutes, der gerade 5 Fuss und eine Handbreit maß, nicht um einen Zoll. Ein flammendroter Bart umrahmte ein angenehmes, gutmütiges Gesicht, von dem es hieß, es sei edel, gutaussehend und scharf geschnitten. Und zu guter Letzt hatte er sich auf seiner Reise einen, zugegeben charmanten, österreichischen Dialekt zugelegt. Eines musste man Richard Löwenherz aber lassen: Auch wenn er in der Angelegenheit "Befreiung des heiligen Landes" nicht unbedingt gut beraten gewesen war, so hatte er doch genug Weitsicht bewiesen und eine verdammt gute PR-Agentur engagiert. Allan Pego vom Tale war schwer beeindruckt und beschloss spontan, sich mit den Verantwortlichen bekannt zu machen. Des Königs persönlichen Chronisten zu finden, war nicht besonders schwer. Ein in Sorgenfalten gelegtes Gesicht, tintenverschmierte Finger und eine Feder, die flink über das Pergament tanzte, wiesen Allan Pego den Weg. Robin V.'s Chronistin beugte sich über die Schulter von Master Chaucer und las, was geschrieben stand: "Der edle König Richard verbanhte seynen Bruder for immer aus dem Land. Er begnadigte die wackeren Vogelfreyen und versprach seynem Volke Frieden und Wohlstanht." Der Chronist blickte auf, als Allan P.'s Schatten auf sein Pergament fiel "Master Chaucer? Ich bin Allan Pego vom Tal, Chronist von Robin V. Hood und ich hätte Euch einen Vorschlag zu unterbreiten!" Nach einem kurzen, anregenden Gespräch trafen Master Geoffrey Chaucer und Allan Pego vom Tal eine Vereinbarung. Der genaue Wortlaut wurde leider nicht überliefert, aber das Ergebnis können wir heute noch lesen. >>Der edle König Richard Löwenherz kehrte aus dem heiligen Land zurück. Er verbannte seinen Bruder und dessen Anhänger und brachte seinem Volke Frieden und Wohlstand. Der tapfere Robin Vivlest Hood, der dem König in der Zeit der Not die Treue gehalten hatte und seine wackeren Getreuen wurden begnadigt. Eine lange, friedliche Zeit brach herein. Und als der gütige König Richard am Ende seiner Tage für immer die Augen schloss, kehrte sein Bruder zurück und übernahm die Regentschaft. Und jetzt, da die Krone rechtmäßig ihm gehörte, erwies er sich als weise und großherzig und war seinem Volk ein wahrer König und Landesvater.<< Und Robin V. und seine Gesellen? Die brauchten sich nie wieder in den Wäldern zu verstecken. Mit der Zeit holte sich der Wald die kleine Lichtung wieder zurück und diese geriet wie so vieles in Vergessenheit. Die ehemaligen Vogelfreien und ihre Familien siedelten sich mit ihren Familien nahe des Sherwood Forest an und nannten die neue Siedlung Ansedom. Als erstes bauten sie eine kleine Kirche, in der dann Bruder Irian, wie schon vorher, die Kinder der Umgebung unterrichten konnte, tatkräftig unterstützt von Schwester Sanella. Robin V. bekam vom König das Lehen über Sherwood, Nottinham-at-Serk und Umgebung übertragen. Little Frey und "the Red", Lutes Scarlett übernahmen die Verteidigung von Robin V. Burg und der kleinen Gemeinde. Ihre Erlebnisse und Abenteuer gingen ein in die Sagen- und Legendenwelt des Landes. Mit der Zeit geriet die Wahrheit in Vergessenheit und jeder Barde und Geschichtenerzähler ließ vieles von der Geschichte weg oder fügten eigene Dichtung, bis man schließlich nicht mehr sagen konnte, ob das alles überhaupt je stattgefunden hatte. Robin V. Hood wurde Held vieler Bücher und Filme, er war der König der Vagabunden, der König der Diebe, er war schlau wie ein Fuchs und stand tapfer und treu zu Richard Löwenherz. Und immer bekam er am Ende seine Maid Mariann. Sie heirateten in der kleinen Kirche von Ansedom und bekamen viele Kinder. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. Ein letztes Mal noch muss ich als Chronist klärend in die Geschichte eingreifen. Dieses Ende ist wohl passend für so manches Märchen, aber doch nicht für eine glaubhafte Chronik über das wahre Leben des Robin Vivlest Hood aus dem Sherwood Forest. Ihr habt nun Einblick genommen in die Arbeit der Chronisten und in Zukunft werdet ihr in der Lage sein, zwischen Wahrheit und Dichtung zu unterscheiden. Und wenn auch der Schleier des Vergessens nicht ganz von der Vergangenheit genommen werden kann, so liegt das nicht an uns, den Chronisten und Schreibern, den Barden und Minnesängern, sondern ganz allein an den Menschen, die sich ihre Helden nach ihrem eigenen Herzen schufen. In diesem Sinne lebt wohl und erfreut euch weiterhin an den Geschichten aus alter Zeit. >>Robin V. Hood und Maid Mariann Safira wurden in der kleinen Kirche von Bruder Irian getraut. Der edle König Richard führte die Braut zum Altar und es gab ein Fest, von dem noch lange gesprochen wurde. Robin und Mariann bekamen viele Kinder und sie lebten glücklich* und zufrieden bis an ihr Lebens- ... ENDE *Glaubt es, oder lasst es bleiben ^.^ Fussnote Geoffrey Chaucer gab es wirklich. Er schrieb die Canterbury-Erzählungen, aber erst im 15. Jahrhundert 1 Fuss = 0.348 m Ich darf mich über die Österreicher lustig machen, bin schließlich zur Hälfte einer ^^ Bis auf Irian, Sanella und meine bescheidene Wenigkeit gehören alle Charas Boudicca. Richard Löwenherz und sein Bruder gehören ihrer Mama, Königin Eleonor. Was hatte die Frau für einen Ehrgeiz! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)