Fernes Ägypten ... von its-me (...naher Geliebter) ================================================================================ Kapitel 1: Unerwartete Begegnung -------------------------------- für esca Er war sehr in Eile, eigentlich hätte er bereits vor einer Stunde im Laden des Kunden sein müssen, um die bestellte Ware abzuliefern, er legte großen Wert auf Zuverlässigkeit und ärgerte sich über diese Verspätung. Die Ware bestand aus kleinen Steinfiguren verschiedener Gottheiten, eine Bestellung, die er auf Wunsch des Kunden angefertigt hatte; sie waren als Geschenk für dessen erstes Kind gedacht, dass in diesem Jahr seinen ersten Geburtstag hatte. Wie zu dieser Tageszeit üblich, wimmelte es auf dem Basar nur so vor lauter Menschen, als er zügigen Schrittes in eine Seitengasse abbiegen wollte, um dem Gewirr des Platzes zu entgehen, prallte er unvermittelt mit einem anderen Mann zusammen, sein Bündel rutschte ihm aus der Hand und die Skulpturen verstreuten sich auf dem staubigen Boden. Er fluchte und bückte sich, um sie aufzusammeln. ,Hoffentlich ist keine beschädigt worden!', dachte er. Der andere Mann hatte sich ebenfalls gebückt und eine grüne Figur ergriffen. Er fuhr langsam mit dem Daumen über die glatte Oberfläche, um sie vom Sand zu befreien. "Eine vortreffliche Arbeit, von welchem Meister stammt sie?" Er richtete sich auf und blickte den anderen an, erst jetzt bemerkte er, wen er vor sich hatte: Den Hohepriester selbst! Sofort verneigte er sich und entschuldigte sich für den Zusammenstoß. "Wer hat sie angefertigt?", fragte der Hohepriester erneut. "Ich selbst habe sie hergestellt.", antwortete der Steinmetz mit gesenktem Blick. "Wirklich? Eine solch filigrane und ausdrucksstarke Arbeit findet sich nur sehr selten. Überläßt du mir diese eine Skulptur?" Der Steinmetz blickte kurz auf und sein Blick traf den des Hohepriesters, der ihn erwartungsvoll ansah. Er überlegte, es war zwar eine Auftragsarbeit, er konnte dem Hohepriester jedoch schlecht diese Bitte verweigern. Er würde seinem Kunden eine neue Skulptur anfertigen müssen. Schließlich nickte er zustimmend. Der Hohepriester warf ihm daraufhin einen kleinen Beutel hin, doch als der Steinmetz ihn geöffnet und festgestellt hatte, dass er viel zu viele Münzen enthielt, war der Priester bereits im Treiben des Marktes verschwunden. Am nächsten Tag erschien ein Bote in Begleitung einer Wache in der Werkstatt des Steinmetzes. Er wollte schon den Geldbeutel hervorholen, da er davon ausging, dass der Priester den überhöhten Lohn bemerkt hatte, als der Bote sagte: "Ich habe eine Nachricht für den Steinmetz, der die grüne Gottheit erschaffen hat." Irritiert erhob er sich. Eine Nachricht? Was hatte dies zu bedeuten? Der Bote entrollte ein Pergament und, nachdem er das Siegel gebrochen hatte, verlaß er: "Der Steinmetz wird aufgefordert, sich morgen früh im Amt des Hohepriesters einzufinden. Dieser Papyrus wird ihn zum Eintritt berechtigen, nachdem er diesen den Wachen des Palasttores übergeben hat." Der Bote trat vor und überreichte dem Steinmetz eine weitere, versiegelte Paprusrolle. Nachdem er zum Gruß kurz den Kopf geneigt hatte, ließ er den verwunderten Steinmetz in seiner Werkstatt zurück. "Was kann er nur von mir wollen, dass er mich in sein Amt rufen läßt?", fragte er sich. Vorsichtshalber nahm er den Geldbeutel des Priesters mit, als er sich am nächsten Morgen auf den Weg zum Tempel begab. Kapitel 2: Ein neuer Aufgabenbereich ------------------------------------ "Ah, sehr schön, du kommst pünktlich!", begrüßte ihn der Hohepriester, nachdem die Wachen in das Audienzzimmer geführt hatten. Die Wache verneigte sich kurz, ehe sie die Tür hinter sich schloß und erneut Stellung im Gang bezog. Der Steinmetz holte den Geldbeutel hervor: "Ich konnte euch die überzähligen Münzen nicht mehr zurückgeben, da ihr bereits in der Menge verschwunden wart." Er wollte den Beutel auf den Tisch legen, hinter dem der Priester stand, doch dieser sagte: "Setz dich bitte." Der Steinmetz folgte der Aufforderung, der Priester nahm ebenfalls Platz. "Ich habe dich nicht wegen ein Paar überzähligen Münzen rufen lassen." Überrascht sah der Steinmetz auf und begegnete wieder den unergründlich leuchtenden Augen des Hohepriesters, in die er regelrecht hineingezogen wurde. "Behalte sie. Ich denke, dein Werk ist es wert. Ich wollte dir anbieten, zukünftig in meine Dienste zu treten, als Steinmetz für die Heiligen Tempel des Pharaos." Als der Steinmetz nach einer Weile noch immer nichts entgegnet hatte, fuhr er fort: "Ich bin von deinen Fähigkeiten überzeugt, auch wenn ich erst eine Arbeit gesehen habe. Deine Handwerkskunst wird die Huldigung an die Gottheiten bereichern." Der Steinmetz hatte sich wieder gefasst und erwiderte mit gesenktem Blick: "Wenn dies euer Wunsch ist, so werde ich ihm Folge leisten." "Gut, mein Schreiber wird dir alles Weitere mitteilen." Er bewegte in einer Geste die rechte Hand als Zeichen, dass die Unterredung beendet war. Der Steinmetz erhob sich und verneigte sich, doch ehe er sich umwandte, um den Raum zu verlassen, hielt ihn die Stimme des Hohepriesters zurück. "Wie ist dein Name?", wollte er wissen. "Ich bin Breori, Hohepriester.", dieser nickte daraufhin und entließ Breori endgültig aus diesem Gespräch. Der Schreiber führte ihn in seine neue Heimstätte, nahe den Werkstätten des Tempelordens. Es war ein schlichtes Zimmer mit einem Schreibtisch und verschiedenen Utensilien sowie einer Schlafnische. Die Werkstatt war äußerst geräumig und umfasste mehrere Arbeitsbereiche: Hieroglyphentafeln, Skulpturen, Figurinen. Breori war überwältigt von der Dimension dieser Arbeitsstätte, er fühlte sich leicht verloren inmitten der vielen fremden Menschen. Der Handwerksmeister begrüßte ihn und zeigte ihm die Räume, danach führte er Breori an seinen Arbeitsplatz und erläuterte ihm den ersten Auftrag: die Herstellung einiger Gottheiten, ähnlich denen, die der Hohepriester gesehen hatte, allerdings wesentlich größer. Breori gewöhnte sich relativ schnell an die Arbeit in dieser Gemeinschaft, doch er vermisste die gesellige Nachbarschaft seines einstigen Wohn- und Arbeitsortes , dort war es stets lebhaft zugegangen und abends hatten sich die verschiedenen Händler und Kunsthandwerker oft besucht. Er arbeitete nun schon einige Monate in den Diensten des Tempels, als eines Abends ein Bote mit einer Papyrusrolle erschien. Breori erbrach das Siegel und las die Nachricht. Verwundert las er sie ein zweites Mal: Er sollte heute Abend am königlichen Bankett teilnehmen, der Bote hatte zusammen mit dem Papyrusblatt auch eine, diesem Anlaß entsprechende Bekleidung abgegeben. Bei Beginn der Dämmerung verließ Breori seine Heimstatt, um sich auf den Weg zu der Residenz des Pharaos zu begeben. Kapitel 3: Der Beginn einer Freundschaft ---------------------------------------- Unsicher betrat er den königlichen Garten, doch als er sich gerade in eine Ecke zurückziehen wollte, winkte ihn der Hohepriester zu sich. Breori ging zu ihm und wurde von Hapuseneb lächelnd begrüßt: "Der Pharao wünscht, den Steinmetz zu sehen, der solch überirdisch schöne Skulpturen fertigen kann." Vor Verwunderung schweigend blickte Breori den Hohepriester an, dieser nickte ihm freundlich zu und geleitete ihn zur Tafel. Gegen Ende des Mahles wurde Breori dem Pharao sowie seiner Gemahlin vorgestellt, die entzückt von seinen Skulpturen war und als Talismane für ihre Kinder eine Isis und einen Horus in Auftrag gab. Erst sehr spät in der Nacht beendete der Pharao das Bankett und entließ alle Gäste. Breori war erschöpft durch die vielen Eindrücke, doch dieser Abend war der faszinierendste seines bisherigen Lebens gewesen, den er keinesfalls missen wollte. Als er sich zum Gehen wandte, bemerkte er, dass Hapuseneb ihn lächelnd betrachtete. Breori verneigte sich und verschwand in der Dunkelheit der Nacht im Palastgang. Breori war in das Audienzzimmer des Hohepriesters gerufen worden, da dieser jedoch noch abwesend war, musste Breori im Gang warten. Nach einiger Zeit erschien der Hohepriester, seine rituelle Tracht wehte bei jedem Schritt, besonders die goldenen Kordeln mit ihren Quasten. Fasziniert beobachtete Breori die Bewegungen des Stoffes, der ihn an die im Winde geblähten Segel der Schiffe des Pharaos erinnerte. "Du bist bereits da, tritt ein!" Hapuseneb nickte der Wache kurz zu worauf hin diese die Tür öffnete und den Einlaß gewährte. "Ich hoffe, der Abend im Palast hat dir gefallen?", fragte er Breori. Dieser nickte zurückhaltend wie stets. "Sieh dir das hier einmal an!" Hapuseneb entrollte eine Papyrusrolle auf seinem Tisch und hielt sie mit beiden Händen auseinander. Breori betrachtete die Zeichnung und stellte fest, dass es sich um verschiedene Räume eines neuen Tempels handelte. "Der Pharao und seine Gemahlin möchten, dass du die Ausfertigung der verschiedenen Skulpturen der Gottheiten übernimmst." Breori nickte erneut, in Gedanken überlegte er bereits, welches Material sich am besten ins Gesamtbild der Tempelanlage einfügen ließe. Die Tempelarbeiten gingen zügig vonstatten, gelegentlich überprüfte der Pharao selbst den Fortschritt der Bauarbeiten, meist jedoch übertrug er diese Aufgabe an Hapuseneb. So ergab es sich, dass Breori den Hohepriester nun öfter zu Gesicht bekam als in den ersten Monaten seiner Arbeit als Steinmetz im Dienste des Pharaos. Hapuseneb beobachtete oft schweigend eine zeitlang Breori bei seiner Arbeit, ehe er wortlos wieder verschwand. Als die Bauzeit sich ihrem Ende näherte, kam Hapuseneb eines Abends zum Tempel. Die meisten Handwerker hatten die Arbeitsstelle bereits verlassen, auch Breori wollte sich gerade auf den Heimweg machen, nachdem er eben noch einer Isis Skulptur den letzten Schliff erteilt hatte. Breori wandte sich dem Ausgang zu und sah eine Silhouette, die sich dunkel vor der untergehenden Sonne abzeichnete. Er hob eine Hand zum Schutz vor dem blendenden Licht vor die Augen und erkannte überrascht, dass es der Hohepriester war, den er um diese Zeit hier keineswegs noch erwartet hatte. Breori näherte sich Hapuseneb und begrüßte diesen mit einer Verbeugung: "Ihr wünscht, Hohepriester?" "Ich wollte dich einladen, mit mir zu speisen. Es war ein langer und äußerst heißer Tag." Breori betrachtete skeptisch seine staubbedeckte Haut und Kleidung, er bot wohl kaum die angemessene Erscheinung für ein Mahl mit dem Obersten Priester des Tempels. Hapuseneb, der seinen Blick richtig gedeutet hatte, meinte: "Fast ganz Ägypten besteht schließlich aus Staub, möchtest du meine Einladung annehmen? Dies ist eine Bitte, kein Befehl!" Breori blickte in die dunklen Augen des Hohepriesters und war erneut fasziniert von deren Ausstrahlungskraft. "Ja, sehr gern", entgegnete er. Nachdem Breori sich in den Privatbädern des Hohepriesters gereinigt und umgekleidet hatte, betrat er den Garten, wo Hapuseneb ihn bereits erwartete. Sie waren allein. "Gefällt dir die Arbeit im Tempel?", fragte Hapuseneb ihn schließlich. "Ja, sehr. Sie ist interessant und anspruchsvoll, außerdem auch abwechslungsreich.", erwiderte Breori. Dass er sich nach wie vor nach der Geselligkeit seiner einstigen Nachbarschaft sehnte, erwähnte er nicht. Diesen Aspekt zu nennen, erschien ihm undankbar. Kapitel 4: Flüchtiges Glück --------------------------- Breori traf sich nun häufiger mit Hapuseneb, er war überrascht von der fröhlichen, fast schalkhaften Seite des Hohepriesters, die bei seinem öffentlichen Auftreten stets im Verborgenen blieb, nicht einmal erahnt werden konnte; dort war er ernst, aufmerksam und würdevoll, beinahe entrückt. Doch außerhalb seiner offiziellen Aufgaben wirkte er meist ausgelassen und zugänglich. Eines Abends hatte sich Breori entschieden, noch während der letzten Sonnenstrahlen im Nil zu baden. Er liebte das Wasser schlicht und ergreifend! Noch beseelt von dem Erlebnis, sich auf dem Fluß treiben zu lassen, watete er ans Ufer, die Tropfen perlten von seiner dunklen, muskulösen Haut und glitzerten im letzten Licht des Tages. Als er zu seinem Kleiderbündel gehen wollte, blieb er irritiert stehen. Hapuseneb stand im Schatten der Bäume und sah ihm entgegen. Wie hatte der Hohepriester ihn gefunden? Woher kannte er seine Lieblingsstelle inmitten der Ufervegetation? Als er den Priester fast erreicht hatte, trat dieser auf ihn zu und hüllte ihn in das zum Abtrocknen bereitgelegte Leinentuch. "Die Nächte sind kühl", sagte er. Breori warf ihm einen fragenden Blick zu und schlang sich das Leinen um die Lenden, noch immer funkelten vereinzelte Wasserperlen auf seiner Haut. "Vielleicht hätte ich nicht hierher kommen sollen...", begann Hapuseneb unsicher. "Gibt es einen besonderen Grund dafür, mich hier aufzusuchen?", fragte Breori. Hapuseneb sah ihn mit unergründlichem Blick an, er schien unschlüssig zu sein, was für ihn äußerst ungewöhnlich war. Schließlich schüttelte er leicht den Kopf. "Ich wollte..." "Werde ich für dich nie mehr als dein Hohepriester sein?", sagte er schließlich. Erstaunt sah Breori ihn an. ,Nie mehr?', was meinte er damit, könnte es sein, das, sein Herz begann plötzlich schneller zu schlagen ... Hapuseneb sah ihn noch immer abwartend an. Breori trat zu ihm, so dass sie nur noch wenige Zentimeter voneinander trennten und blickte ihm direkt in die Augen, nie zuvor waren sie sich so nahe gewesen, wie in diesem Augenblick. Zaghaft hob Hapuseneb die Hand und strich über Breoris Gesicht, dieser ergriff dessen Hand und küsste die Handfläche. Zögernd beugte sich Hapuseneb vor und berührte mit seinen Lippen Breoris Stirn, seine Wangen, seinen Mund. Breori umfasste Hapusenebs Gesicht und erwidertedessen Kuß, ehe er sich dem Hals und danach dem Oberkörper des Priesters zuwandte, um ihn mit Küssen zu bedecken... Seit der Begegnung am Fluß waren einige Monate vergangen. Breoris Einsamkeit war verflogen und auch Hapuseneb wirkte weniger ernst und schweigsam. Demnächst würde ein neues Bauprojekt beginnen: die Grabanlage für die momentane Herrschaftsfamilie, Hapuseneb berichtete Breori davon, als dieser ihn am späten Nachmittag besuchte. Er zeigte ihm erste Entwürfe. "Was hältst du davon?" Breori nickte. "Ein gutes Konzept, auch die Gestaltung der verschiedenen Altare der Götter." Er stand neben Habusenebs Schreibtisch über die Zeichnungen gebeugt und studierte eifrig die filigranen Linien des Architekten. Hapuseneb, der neben ihm stand, küsste unvermittelt Breoris Nacken, "wenn das so ist, können wir uns erstmal anderen Dingen widmen..." Breori drehte sich um und blickte in das vertraute, lächelnde Gesicht des Freundes, er zog ihn an sich und umarmte ihn, ehe er ihn zärtlich küsste. Sie waren glücklich - beide - wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Bald darauf begannen die Bauarbeiten, so dass Hapuseneb Breori seltener sah, da dieser oben in den Bergen wohnte, während er selbst weiterhin die Pflichten des Hohepriesters wahrnahm. Nach etlichen Monaten war das Projekt zur Zufriedenheit des Pharaos beendet worden; bis auf den Oberbaumeister und Breori erblickte keiner der Arbeiter seine Heimat je wieder, eine äußerst radikale Methode, die der Pharao als Schutz vor Plünderungen eingeführt hatte. Hapuseneb erwartete ihn bereits, zur Begrüßung umarmte er ihn. "Du hast mir gefehlt!", flüsterte er. "Ja, ich weiß, du mir auch", erwiderte Breori und küsste die Stirn Hapusenebs. Kapitel 5: Erste Schatten ------------------------- Hapuseneb war in den Audienzsaal des Pharaos gerufen worden, zu seinem Entsetzen bemerkte er, dass Breori mit auf dem Rücken gefesselten Händen und gesenktem Kopf auf dem Boden kauerte. "Ah, da ist auch der Hohepriester, gut, folglich können wir mit der Anklage beginnen!", sagte der Pharao. Irritiert sah Hapuseneb zwischen Breori, dem Pharao sowie den anderen Würdenträgern umher. "Der Steinmetz Breori wird angeklagt, heilige Grabkammern des Königshauses entweiht und geplündert zu haben und zwar in den Nächten..." Es folgte eine Aufzählung besagter Nächte. Wie in Trance vernahm Hapuseneb die Worte. ,Was wurde Breori vorgeworfen? Eine Grabschändung aus blanker Gier? Wann genau? In den Nächten der Festtage?' Hapuseneb atmete erleichtert auf, auch wenn er bereits vorher nicht an Breoris Unschuld gezweifelt hatte, so konnte er jene nun auch beweisen. Nachdem der Schreiber die Anklage verlesen hatte, bat Hapuseneb, das Wort ergreifen zu dürfen. Der Pharao nickte als Zeichen seiner Zustimmung. "Breori kann dieses frevelhafte Verbrechen unmöglich begangen haben, dafür bürge ich mit meinem Leben", begann er. Der Pharao sah ihn forschend an, einige Berater flüsterten miteinander oder warfen ihm verständnislose Blicke zu. "Nun, wenn du dir so sicher bist, dein eigenes Leben dafür zu verpfänden, solltest du gravierende Beweise für Breoris Unschuld vortragen können.", richtete der Pharao sich an ihn. Hapuseneb nickte, "die habe ich, mein Pharao. Breori kann das Verbrechen nicht begangen haben, weil er die gesamte Zeit über mit mir zusammen war." Entsetzte Blicke. Raunen. Breori hatte zum ersten Mal seit Beginn der Anklage den Kopf gehoben und sah nun Hapuseneb an. Der Pharao gebot Ruhe, indem er die Hände erhob. "Gut, du hast mit deinem Leben gebürgt und ich vertraue deinem Wort, doch sollte sich ein ähnlicher Vorfall erneut ereignen, wisse, dass er es mit dem Leben bezahlen wird. Laßt ihn gehen!", befahl er den Wachen. Nachdem Breori von den Fesseln befreit worden war, verneigte er sich vor dem Pharao und verließ in aufrechter Haltung den Saal, im Vorbeigehen warf er Hapuseneb einen flüchtigen Blick zu. Der Pharao entließ alle anderen Anwesenden ebenfalls, nur Hapuseneb hielt er noch zurück. "Ich hoffe, du täuscht dich nicht in ihm. Manch einen macht die Liebe blind, mein Freund." Hapuseneb verneigte sich huldvoll vor ihm, anstelle einer Antwort, und ging wortlos hinaus. ,Und ich mich nicht in dir, Hapuseneb', dachte der Pharao, als er dem stolzen Hohepriester nachsah. Hapuseneb suchte sofort nach Breori, wie erwartet traf er diesen, unter einem Feigenbaum sitzend, im Garten an. Noch immer zeichneten die roten Striemen der Fesseln sich auf seinen Handgelenken ab. Hapuseneb kniete sich vor Breori und ergriff dessen Hände, berührte mit seinen Lippen die roten Abdrücke. "Danke, Hapuseneb. Ich würde so etwas niemals tun." "Ich weiß, das weiß ich, Breori. Ich hege keine Zweifel an dir." Liebevoll strich er dem Freund über die Wange, ehe er ihn küsste. Kapitel 6: Verderben -------------------- Der Vorfall lag einige Wochen zurück, als Hapuseneb die privaten Wohnräume Breoris aufsuchte, um ihm etwas zu zeigen. Schon auf dem Hinweg verwunderte ihn die überaus große Präsenz der Garde. Als er die Räumlichkeiten betrat, bemerkte er gleichzeitig mehrere Palastwachen, den auf dem Boden liegenden Breori, sowie einen Hauptmann, der etwas golden Glitzerndes mit der Hand schwenkte. "Und wie ist dies hier in deinen Besitz gelangt? Behaupte nicht, das wüsstest du nicht, schließlich ist hier deine Wohnstatt!" Fassungslos betrachtete Hapuseneb die Szene. "Los! Führt ihn ab!", befahl der Hauptmann der königlichen Garde. Breori wurde, umringt von mehreren Wachen, abgeführt. Hapuseneb machte sich sofort auf den Weg zum Pharao, nach einiger Zeit, die ihm endlos erschien, wurde er eingelassen. Der Pharao und seine Berater waren anwesend, außerdem noch zwei Hofschreiber. "Du weißt, wie mein Beschluß lautete, Hohepriester Hapuseneb! Dieses Mal gibt es keine Entlastung. Erneut wurde ein Grab geschändet, aus welchem Gegenstände im Privatbereich des Steinmetzes Breori wiedergefunden wurden." Hapuseneb wollte etwas entgegnen, ließ dann jedoch niedergeschlagen die Schultern sinken. Der Pharao hatte recht, diesmal konnte er nichts mehr tun. "Da Breori ein enger Freund von dir und du mir in all den Jahren ein loyaler Gefolgsmann gewesen bist, lautet das Urteil folgendermaßen: Der Steinmetz Breori wird morgen früh bei Sonnenaufgang enthauptet, anstelle der sonst für dieses frevelhafte Verbrechen üblichen Bestrafung. Der Hohepriester Hapuseneb verliert sämtliche Titel und Besitz. Er wird in die unwiderrufliche Verbannung geschickt, sollte er je wieder ägyptischen Boden betreten, erwartet ihn die Todesstrafe." Ein Diener trat mit einem hölzernen, mit Edelmetall beschlagenen Tablett vor; Hapuseneb entledigte sich seiner Insignien und legte sie wortlos ab. Der Pharao nickte und entließ seinen Hofstab. Er erhob sich und blieb erst kurz vor Hapuseneb stehen. "Auch ich bedauere zutiefst, was geschehen ist, geschehen wird, geschehen muß. Auch ich verliere einen Freund am morgigen Tag." Hapuseneb verneigte sich. "Mein Pharao, Stier des Amun, MaatKaRe, gewährt ihr mir noch eine Bitte?" Der Pharao nickte. "Laßt mich diese letzte Nacht bei Breori verbringen, laßt mich ihn noch einmal sehen, lasst ihn nicht diese eine Nacht alleine im Kerker verbringen. Ich flehe euch an!" Er kniete, mit gesenktem Haupt, nieder. Der Pharao legte ihm seine Hand auf den Scheitel. "Dein Gesuch sei dir gewährt." Er wandte sich um und beschrieb eigenhändig ein Papyrusblatt, das mit dem Siegel des Einen verschlossen wurde. Schweigend übergab er Hapuseneb die Schriftrolle, seine Augen spiegelten Trauer und Mitgefühl wider. Hapuseneb ergriff das Pergament und verneigte sich ein letztes Mal vor seinem Pharao. Kapitel 7: Abschied für immer ----------------------------- Er betrat das Verlies, nachdem das Siegel des Pharaos ihm den Zutritt ermöglicht hatte. Sein Freund kauerte mit Fesseln an Händen und Füßen in einer Ecke. Ihm stockte der Atem bei diesem Anblick. Er hastete zu ihm und kniete vor Breori nieder. Vorsichtig berührte er dessen Gesicht. "Was haben sie dir nur angetan...", flüsterte er. Breori ergriff seine Hand und hielt sie fest. "Das war einer der Kerkermeister, er sagte, man sehe nun, wohin das führe, wenn einer wie ich den Anspruch erhebe, in die edle Gesellschaft aufzusteigen." Hapuseneb wollte empört etwas erwidern, doch Breori hielt ihn davon ab. "Reg dich nicht weiter auf. Laß sie, Hapuseneb, sie wissen es eben nicht besser." Schweigend blickten sie einander an. "Ich wünschte, es wäre anders gekommen, doch ich bin machtlos, ich kann nichts für dich tun. Vergib mir..." Tränen der Verzweiflung bahnten sich ihren Weg, ließen sich nicht länger zurückhalten. Er zog den Freund an sich und umarmte ihn. Unerwartet fragte Breori: "Wäre es dir anders rechter gewesen? Ein langes, friedliches Leben, jedoch ohne der Liebe begegnet zu sein? Mit all ihrem Schmerz und Leid, das sie mit sich gebracht hat?" Überrascht löste sich Hapuseneb von Breori und sah ihn an, dieser fuhr fort: "Du kannst das eine nicht vom anderen trennen und dennoch...wer nie wahrhaft geliebt hat, hat nie wirklich gelebt. Das ist alles, was zählt, alles, was am Ende noch übrig sein wird. Meine physische Existenz, die Existenz meines menschlichen Körpers, wird morgen enden, nicht jedoch die meiner Seele und auch hier auf der Erde werde ich noch weiterleben, in deinem Herzen, solange du dich meiner erinnerst. Vergiß das nicht! Vergiß dies nie!" Er hatte die Hand des Freundes in seiner eigenen umschlossen. "Kannst du dich noch an unsere erste Begegnung erinnern? Welche Gottheit du dir ausgesucht hast?" Hapuseneb griff in sein Gewand und holte eine kleine Skulptur hervor, die er in Breoris Hand legte, dieser sprach, ohne einen Blick auf sie zu werfen, weiter. "Ich fragte mich damals, weshalb du von all den Göttern grade diese eine wähltest - Osiris. Doch ich glaube, ich kenne nun die Antwort; so wie Osiris durch Isis' Liebe wiedererweckt wurde in Horus, so werde auch ich durch deine Liebe weiterleben." Auch in Breoris Augen glitzerten Tränen. "Wirst du morgen da sein? Dein Gesicht ist, was ich als letztes sehen möchte." Hapuseneb nickte, da er wusste, ihm würde die Stimme versagen, versuchte er jetzt etwas zu erwidern. Erneut umarmte er den Freund. "Ich werde da sein, ich verspreche es.", flüsterte er mit erstickter Stimme. Hapuseneb hielt sein Versprechen, er stand an einer Stelle, von der aus Breori ihn direkt sehen konnte, doch als Breoris Leben erlosch, hatte sich Hapuseneb Längst abgewandt, um die Stadt zu verlassen; er wollte den Freund in lebendiger Erinnerung behalten, nicht als entstellte Hülle. Er hatte Breori nichts von seiner Verbannung erzählt, wozu auch? Langsam schritt er durch das Stadttor, die Wachen notierten das Verlassen der Stadt. Erst einige hundert Meter von den Stadtmauern entfernt, bestieg er das Pferd, das ihm der Pharao mit den Worten überlassen hatte: "Ich bedaure zutiefst, was geschehen muß, doch auch du kennst das Gesetz. Du warst mir seit jeher ein loyaler Gefährte, kluger Berater und ehrbarer Freund. Leb wohl! Mögen die Götter deine Schritte lenken und über dich wachen!" ,Die Götter!', dachte er, ,oft schienen sie anderweitig beschäftigt zu sein, als damit, über das Leben der Menschen zu wachen.' Er drehte sich um und blickte zurück. Der Wüstenwind hatte bereits begonnen, seine Spur zu verwehen, schon bald würde nichts im Sand mehr an den einsamen Reiter erinnern. Er zügelte sein Pferd und holte die sorgfältig in ein Leinentuch gehüllte Skulptur aus seiner Tasche. Liebevoll strich er über den glatt polierten Jadestein. "Nein, Osiris wird dich sicher nicht vergessen haben, mein Freund. Er wird dir sein Mitgefühl erweisen und deinen Namen eigenhändig ins ewige Buch eingetragen haben, wo sich euer Schicksal doch so sehr gleicht..." Er wickelte die Figur wieder ein und setzte seinen Weg in die unendlich erscheinende Wüste fort. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ so, das wars nun beinahe...erstmal vielen Dank an alle Leser und Kommischreiber, würde mich freuen, wenn jene, die noch nichts zu gesagt haben dies abschließend noch nachholen würden. Ich bin gespannt wies euch gefallen hat Gruß, its-me. Kapitel 8: ...ferner Geliebter... --------------------------------- Er hörte vom Dahinscheiden des Pharaos von einem der Karawanenführer, die grade aus Ägypten zurückgekehrt waren. Der Tod des Pharaos kam plötzlich, unerwartet. Gerüchte von einer Intrige am Hofe und Mord verbreiteten sich wie ein Lauffeuer. Teilnahmslos verfolgte er die verschiedenen Berichte der Karawanenführer. Er selbst war schon vor langer Zeit gestorben - mit ihm - an jenem grauenhaften Morgen und selbst wenn sein Körper noch existierte, seine Seele und sein Geist lebten längst nur noch in seinen Erinnerungen. ,Dann waren wir also nichts weiter als ein Samenkorn in der Mühle der Mächtigen des Hofes. Nicht mehr und nicht weniger.' Er verließ das Lagerfeuer, um nach den Dromedaren zu sehen, deren sanftmütige Gesellschaft er in den vergangenen Jahren zu schätzen gelernt hatte und bei weitem derer der Menschen vorzog. Ferner Geliebter vergangener Zeiten Ewig Geliebter einstiger Zeiten wie weit müßte ich durch die Wüste reiten - um dich zu vergessen - zu vergessen, was uns stets verband denn noch im Tode, hielt ich deine Hand. Dein Blick, Dein Wort - DU bist nun fort lebst längst an einem bess'ren Ort als diesem hier was wird aus mir? Wie kann ich ohne dich noch leben? Nichts wird mir je noch Freude geben Doch scheint die Zeit für mich noch nicht bereit Nun lebe ich weiter - in tiefstem Leid! ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ so, das wars - endgültig - jedenfalls was die Geschichte der beiden zur Zeit der Pharaonen betrifft. Es gibt aber noch eine Fortsetzung(an der ich noch arbeite), würde mich interessieren, ob diesbezüglich Interesse vorhanden ist. Danke fürs Lesen. Grüße, its-me:) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)