sense/sensibility von PurplePassion ([zorobin][one-shots] 2. OS "bare" online) ================================================================================ Kapitel 2: 'bare' oder: nackt. ------------------------------ Er wird sauer. Stinksauer. Und wenn ihn jemand wütend macht, lässt er das die Person klipp und klar wissen. Für Gewöhnlich. Denn ihr gegenüber schafft er das des Öfteren nicht, schon gar nicht hier. Hier: Nicht das Krähennest der Thousand Sunny, sondern die Situation. Diese Situation, in der sie sich beide seit über einem Jahr immer wieder aufs Neue befinden und die er langsam endgültig satt hat. „Oi!“, ruft er ihr vom Boden aus hinterher, den Oberkörper an seinen Ellenbogen leicht aufgerichtet. Sie hockt bereits über die Öffnung hin zum Deck, aber augenblicklich krachen ihre tiefblauen Augen auf ihn und sein Puls schießt in die Höhe. Am liebsten will er, ganz langsam, auf sie zugehen, nur um sie unerwartet gegen die harte Holzwand zu stoßen und ihr gehörig seine Meinung zu geigen, dem brodelnden Sturm in ihm freien Lauf lassen... Vielleicht den Kontrast seiner massiven, rauen Hand zu ihrer weichen Haut bewundern, die leicht aus den Spalten zwischen seinen Fingern herausquillt, während er unsanft ihr Gesicht packt. Und aus dem ihre azurnen Augen ihn verwildert anschauen. Ihre vollen Lippen kämen dabei rund hervor, benetzt mit einem feinen, feuchten Film Spucke.... „Ja?“, reißt ihn ihre ruhige, klare Stimme aus seinen abdriftenden Gedanken. Er sieht ihr ihre interessierte Aufmerksamkeit deutlich an und wird kurzzeitig von einer intensiveren Wutwelle ergriffen. Knurrend rappelt er sich in eine aufrechte Sitzposition auf, zieht eine Hand über das Gesicht und schaut sich gleich in seiner unmittelbaren Umgebung um. Es fällt ihm schwer zu fokussieren: Das Herz pocht ihm schon in der Kehle, seine Sicht ist vertunnelt und verzerrt, sein Atem an der Grenze zur Unkontrollierbarkeit. Schemenhaft erkennt er Textilfetzen um sich, ehe er nach einem kleinen, dunklen Klumpen ein wenig hinter sich greift. Hoffentlich ist das die Unterhose – seine Gedanken rasen im Takt seiner anschwellenden Gefühle und das ist der letzte, den er für eine gute Weile so richtig zu fassen bekommt. Während er sich die Unterwäsche anzieht, bemerkt er aus dem Augenwinkel, dass sie sich ebenfalls erhoben hat und er versucht krampfhaft, sie nicht anzuschauen. Jegliche Verständigkeit, rationale Überlegung, wird von dem wuchernden Frust in ihm überrannt und er weiß nicht, was er eigentlich machen will. Sie zwingen da zu bleiben, um seinem trotzigen Impuls nachzugehen und sie anzubrüllen? Ihr sagen, dass ihm die ganze Scheiße bis zum Hals steht!? Er atmet ein, um sich zu sammeln. Ja. Er hat’s leid. Diese verfluchte Situation leid! Er will ihr sagen, dass sie sich zusammenreißen und verfickt noch mal gehen lassen soll!! Doch als er sie mit seinem harschen Blick erfasst, weiß er sofort wieder, warum er das nicht einfach so kann. Ihre Augen wandern von seinem Schritt zu seinem Gesicht rauf, sobald er sich ihr ganz zugewendet hat. In ihnen scheint sich etwas Dunkles und Bebendes gelegt zu haben und er kämpft wieder darum, sich an seinen Gedanken Halt zu verschaffen. Zur kaum am Riemen gerissenen Wut fügt sich bei ihrem Anblick nämlich etwas anderes, aber ebenfalls brodelnd Heißes. Ihre Augen gleiten nun offen und eher schamlos über seinen gesamten Körper. Dabei reibt sie die Spitzen einer dünnen Haarsträhne zwischen den Fingern und seine heftigen Reaktionen darauf beschwören Gedanken und Bilder auf, die niemals den Raum zwischen ihnen verlassen sollten. Ihr Blick intensiviert sich mit jedem erwogenen Schritt den er auf sie zu macht. Weiß sie, was er mit ihr machen will? Natürlich. Während er ihr nun gegenübersteht und alles tut, um sich ihren blauen Augen nicht zu ergeben, sieht er das sehr deutlich. Sie weiß, wie er ihr zeigen will, dass er sauer ist. Als sie eine Hand zaghaft nach seiner Brust ausstreckt, schiebt er sie deshalb unfreundlich zur Seite. Er hat’s leid. „Lass das“, seine Stimme hat Biss, ist aber gedämpfter als sonst. Stimmt, darum geht es ihm. Er will das nicht mehr mitmachen. Er muss sich jetzt zusammenreißen! Ihre offene Lust ignorieren und auch seine eigene beiseite tun. Es kostet ihn die Welt. Erst recht, als Robin ihn mal wieder durchschaut hat und daraufhin ihren eigenen Trieb, gekonnt und nebensächlich, erstickt. Eine brennende Sehnsucht steigt in ihm auf, gepaart mit der kochenden Wut, die ihre kontrollierte, kalte Fassung in ihm auslöst. Ein gefährliches Gemisch, das sich nur wegen ihr schon mit erschreckender Regelmäßigkeit wiederholt in ihm zusammenbraut. Ein tiefverankerter Instinkt würde jetzt seine Schwerter zücken, so explosiv ist die Wirkung. So verzweifelt seine Ratlosigkeit darüber, was er mit dieser Situation machen soll. Alles, was er weiß, ist, dass es so nicht weitergehen kann. Auf den Knien zu leben ist keine Weise für ihn zu existieren. Gänzlich unnatürlich. Eher würde er in einem absoluten Gemetzel untergehen! Doch in einer gleichartigen Intensität will er sie. Und er steht so kurz davor; seit über einem Jahr schon: Eine einzige Wand, die er nicht zu durchdringen schafft. Es geht ihm auch nicht um Zeit. Die will er ihr geben und er weiß, dass das nicht das Problem ist. Ein Leben zu führen, bei dem jeder Tag der letzte sein könnte, erfordert, dass man ihn lebt, als gäbe es kein Ende. „Warum machst du das?“, fragt er sie, aber merkt sofort, dass das nicht reicht, dass er ausführen muss „Warum sträubst du dich so davor, zu bleiben?“ Ihr Gesicht ist entspannt und ihre Augen verfolgen ihn genau dabei, wie er sich bemüht von ihr abwendet, um seine restliche Kleidung vom Boden aufzuklauben. Nach einer Pause entgegnet sie: „Ich glaube das haben wir schon besprochen.“ „Ich glaube das haben wir nicht“, seine Stimme hebt sich drastisch und er zerrt sich ruckartig das ärmellose Unterhemd über, „Ich glaube du umgehst die Antwort nur ganz gut.“ In der Stille zupft und schüttelt er seine weite Hose zurecht, ehe er sie anzieht und er meidet es stets, seine Kameradin anzusehen. Erst als er sich an ein Ende des Raumes begibt, sich in der Mitte der dort entlangführenden Bank setzt, die Arme über die Brust kreuzt und den Knöchel auf das Knie überschlägt, begegnet er bestimmt ihrem Blick. Er sieht ihr unverzüglich an, dass sie mit sich ringt. Sie weiß, dass sie nicht gehen kann, ohne etwas dabei schlimmer zu machen; mehr als etwas. Das will sie jedoch, den Raum verlassen. Das zeigt sich offen, während sie darin zögert sich ihm zu nähern. Stattdessen wendet sie den Körper, mit einem einzigen, seitwärtigen Schritt, zu ihm, aber verweilt immer noch bei der Öffnung. „Ich dachte es sei impliziert gewesen“, ist ihre einzige, knappe Antwort und er ist geplättet davon, dass sie es meint. Er schnaubt. Das sieht ihr wieder ähnlich: Hinter einer mickrigen Aussage endlos verschachteltes Wissen stopfen. „Ich dachte du könntest mehr als nur unnütze Scheiße faseln.“ Um ihre Lider erkennt er ihre aufrichtige Überraschung und darauffolgende Defensive. Bedacht geht sie ein paar Schritte in seine Richtung und stützt sich auf halber Höhe mit der Schulter an die Wand, hält ihr rechtes Handgelenk locker fest. „Was soll ich denn jetzt darauf erwidern?“, fragt sie nach einer rasenden Stille. „Du könntest meine Frage beantworten“, bietet er an. Sie braucht wieder ein paar Momente, bevor sie sagen kann: „Ich habe geglaubt, dass das irgendwie klar zwischen uns ist.“ In seinem Lachen liegt etwas Bitteres. „Ich wusste auch beim ersten Mal was ‚impliziert‘ bedeutet, Robin. Versuch’s mal mit was Brauchbarem.“ Er betrachtet sie genaustens, denn er darf das kleinste Anzeichen von Kontrollverlust in ihr nicht übersehen. Aber sie ist kühl und kalkuliert. „Was genau würde sich deiner Meinung nach ändern, wenn ich hier bliebe?“ Die Antwort darauf ist ihm sehr klar, aber nicht, wie er ihr, oder gar sich selbst, das verständigen kann. „Alles“, sagt er deshalb nur rau und weiß das auch. Wieder hadert sie mit der Frage, ob sie sich auf das Gespräch einlassen, oder vor der Situation flüchten soll. „Alles?“ Dass sie sich in Bewegung setzt, deutet aufs Erstere und sie überquert in einem langsamen, gelassenen Gang die Breite des Raumes, auf die ihr gegenüberliegende Wand zu, um sich mit dem Rücken nun dagegen zu lehnen. Sie ist ihm unmerklich näher gekommen, hat ihre stechenden Augen zu keinem Zeitpunkt von ihm genommen, während sie spricht. „Unsere morgendlichen Joggingrunden auf jeder neuen Insel? Oder das Training vor dem Kaffee, den wir jeden Tag um vier trinken? Unsere Geschichten?“, fragt sie, „Das doppeldeutige Geplänkel? Der Sex?“ Wieder ist er sich nicht sicher, ob das ein weiterer Manöver von ihr ist. Sie geht nämlich zwar, über das Körperliche hinaus, auf ihr Verhältnis ein, aber die Erinnerungen, die sie heraufbeschwört, benebeln seinen Verstand wieder mit einem trockenen Durst. Dennoch bleibt ihm nichts wirklich übrig, als zu sehen, wohin sie ihn führt: „Ja.“ „Willst du nicht mehr mit mir schlafen?“ Seine erste Reaktion ist unangenehm und etwas, das ihm, jenseits von ihr, eigentlich fremd ist. Etwas das er nur zu gern seiner zweiten Reaktion übergibt. Mit dieser ist er immerhin sehr gut vertraut. An ihr hängt sein Überlebensinstinkt und die hat ihm stets gut gedient: Nur zu leicht gibt er sich hier seinem Zorn hin. Aber alles, wozu ihn dieser aufruft, offenbart die zerreißende Widersprüchlichkeit, die diese verschissene Situation in ihm heraufbeschwört. Er will sie angreifen. Sie stürzen. Besiegen! Doch gleichzeitig will er ihr einfach nur Sicherheit schenken. Geborgenheit und Verlässlichkeit. Will, so intensiv, dass sie diese Sachen in ihrem Leben hat... sie mit ihr teilen. Und erst in dritter Instanz, nach seinem Zorn, ist es, dass er die erste Reaktion benennen kann: eine verunsicherte Kränkung. Mit seinem Ego hat das, seltsamerweise, wenig zu tun und er hat folglich nicht die leiseste Ahnung, wie er mit diesem Gefühl umgehen soll. Stattdessen ist alles, was dieses Gewirr an konträren Empfindungen aus ihm hervorbringt, ein tiefes, gutturales Grummeln. Gepresst stößt er das einzige aus, das ihm, unter diesen Umständen, am sinnvollsten erscheint: „Nicht so, nein.“ Während er sie gebannt betrachtet, steigt jenes unangenehme Gefühl in ihm auf, das sie so häufig verursacht. Überlegt sie jetzt ernsthaft, ob sie es tun soll? Das Ganze, nach all dieser Zeit, einfach so am Keim zu ersticken? Irgendwas flüstert ihm, dass sie das könnte. Dass davon mal ihre Existenz abgehangen hat. „Und nun? Soll ich dich etwa fragen wieso? Ich glaube wir wissen nämlich, dass deine Antwort darauf nichts an deiner Entscheidung ändern würde.“ … Stille. Ihre Stimme hat ihn harsch in den Moment zurückgezerrt und er ist ehrlich erstaunt. Hat weder den klaren, familiären Klang ihrer Stimme, noch ihre bissigen Worte erwartet. Nicht die Schnelligkeit mit der Letztere kamen oder die hauchende, kaum vernehmbare Gezwungenheit in Ersterem. Jegliche Gefasstheit ist ihm völlig entschwunden, während er sie anstarrt und nur langsam beginnt er, seine Gedanken wieder zu bündeln. „Ich glaube wir wissen eher, dass du meine Antwort einfach nicht hören willst.“ Zum ersten Mal, seitdem sie einfach aufgestanden war, um sich ihre zwei einzigen Kleidungsstücke überzustreifen und das Krähennest zu verlassen, ist die Härte in seiner Stimme nicht vorhanden. Das Herz schlägt hart gegen seine Brust, aber es ist diesmal nicht sein Ärger, der dafür verantwortlich ist. Wieso, wenn sie doch sonst alles zu wissen scheint, kennt sie sich nicht besser in ihm aus? Wieso zwingt sie ihn diese Tortur zu erleiden?! Sie muss es doch tun, um ihn zu quälen. Muss wissen, dass er schier überfordert mit der Situation ist! Aber wieder staunt er, als er ihre Worte vernimmt. „Zorro...“, zum ersten Mal bricht sie von sich aus den Blickkontakt mit ihm und fixiert stattdessen irgendeinen Punkt ihr gegenüber, „Ich kann dir nicht geben, was du forderst.“ Jegliche Zweifel sind damit aus ihm beseitigt. Er sieht den Grund für seinen anfänglichen Impuls, sie zu konfrontieren – sie davon abzuhalten, den Raum, den sie nur kürzeste Zeit zuvor intimst geteilt hatten, so nonchalant und unbewegt zu verlassen – kristallklar vor sich. Ja. Sie quält ihn! Sie quält ihn mit ihrer eigenen Verunsicherung, ihrer Angst. Das kann er ihr nicht vorwerfen. Oder? Natürlich nicht. Zu oft und viel zu früh hat Angst ihr das Leben gerettet. Es geht ihm ja auch nicht um Zeit, die will er ihr geben... Worum dann? Warum macht sie aus seinen Emotionen eine derart unbändige Gewalt? Seine Gefühle, Reaktionen, Instinkte – sie sind altvertraute, verlässliche Gefährten. Aber in dieser Situation ist es meist so, als würden sie sich plötzlich gegen ihn wenden. Sein Griff um seinen Oberarm verstärkt sich, ohne das zu beabsichtigen. „Sag mir, was ich fordere.“ Etwas in ihrem Ausdruck verändert sich, als Robin ihn anstarrt und sich ihre Lippen unmerklich aneinanderpressen. Zorro realisiert, dass er ihre Geduld mit einem Schlag überspannt hat. Gereizt drückt sie sich an den Schulterblättern von der Wand weg und vergrößert in ein paar kalkulierten Schritten die Distanz zwischen ihnen. Sie hat ihm den Rücken gekehrt und der Kämpfer spürt, wie sich etwas in ihm zusammenzieht. „Lassen wir das Spiel und sag mir einfach, was du möchtest“, sagt sie trocken, hat ihre Stimme dabei eine Spur gesenkt. Sie dreht sich endlich wieder zu ihn um, steht mit verschränkten Armen mehrere Schritte entfernt, ihm genau gegenüber. Die Härte, die so plötzlich von ihm gewichen ist, scheint sich nun auf sie gelegt zu haben, aber deren Hitze droht Robins frostige Kälte sprunghaft zu zersplittern. „Ich möchte, dass du mir antwortest.“ „Und was bringt dir das?“ Er zögert. „Das würde ich gerne rausfinden.“ Ihre Nase zuckt, während sie einen zittrigen Atemzug macht: „Es gibt nichts zu finden, Zorro. ... Das war’s! Und ehrlichgesagt: Findest du es denn nicht genug?“ „NATÜRLICH!!“, bellt er ungläubig und krallt sich an die Bank unter ihm fest, um nicht aufzuspringen, „Natürlich finde ich das genug, Robin, aber DU nicht!“ Ihr spottendes Lachen erklingt überdeutlich und sie beginnt sich im Raum zu verteilen, schüttelt abweisend den Kopf: „Du willst mir nicht ernsthaft eine Lebensweisheit erteilen...!“ Er knirscht die Zähne zusammen, um seine Reflexe zu dämmen. „Und wenn schon, alte Frau! Gefühle haben keine Altersbegrenzung und ich kenne weinerliche Teens, die ihre besser benennen können als du. Also komm mir bloß nicht mit deiner ‚du bist so jung und ich nicht‘-Kacke!“ Ihre Impulse sind verstreut und sie weiß nicht, welchem sie nachgehen soll. Ein knapper Schritt in die eine Richtung verrät ihm, dass sie auf ihn losgehen will – verbal oder gar anderweitig. Zwei in eine andere, dass sie den Sinn dahinter nicht mehr sehen und von dort verschwinden möchte. Die anschwellenden Sehnen an ihrem Hals – der Grund weshalb sie letztlich doch noch stehen bleibt und ihn mustert –, dass sie seine Beleidigung bis zu einem gewissen Grad witzig fand. Scheiße auch. Wie kann es eigentlich eine Frau wie sie geben? Er tut ihr den Gefallen und ergreift wieder das Wort, denn sie bringt es wohl einfach nicht zustande: „Was ist, sagst du’s mir jetzt?“ Doch sie weicht wiedermals aus: „Und wenn ich mich weigere?“ Zorro seufzt. Ja, was dann? Dann war’s das. Er weiß, dass er ein Anspruch hat, endlich über diese unmögliche Situation zu sprechen. Ein Anspruch ihr zu sagen, was er verdammt noch mal will. Zu verstehen, was sie will. Aber er kann sie nicht dazu zwingen. „Das weiß ich nicht. Aber dann machst du dir selbst was vor. Und“, der Schwertkämpfer schluckt, macht sich gefasst auf die Verletzlichkeit, die er ihr nun offenbaren muss, wenn das Ganze irgendetwas gebracht haben soll, „du lässt mich hängen.“ Robin sieht ihn ausdruckslos an und würde er nicht gemerkt haben, dass sie dabei kein einziges Mal blinzelt, wüsste er nicht, dass sie tatsächlich getroffen ist. Als sie sich wieder erholt ist es offensichtlich, dass sie ihm, wenn auch widerwillig, aufrichtig antworten will. „Du willst… eine Frau.“ Er schnaubt: „Und was sollst du in diesem alternativen Universum sonst sein? Etwa ein Stock?“ „Ich bin der beste Fick deines Lebens, Zorro, verwechsle das nicht“, zischt sie schnippisch, „Doch davon abgesehen, wirst du noch genügend solche finden, wenn du es denn zulässt.“ Er ist überrascht über die vulgäre Wortwahl, die Robin eigentlich gar nicht auszeichnet, aber eben deshalb weiß er, dass es ihr um die Wirkung geht. „Von bloßem Ficken kann seit ‘nem Jahr nicht mehr die Rede sein und das weißt du“, entgegnet er streng, ignoriert dabei bewusst die implizite Aufforderung, die sie ihm gemacht hat. „So ist es aber, versteh das doch! Du sprichst von-- Nähe. Und Wärme. Und die glaubst du bei mir bekommen zu können, bloß, weil du dich törichterweise in mich verschossen hast.“ Er muss sie ein paar Momente lang offen betrachten, nach etwas suchen, das ihm Halt gibt, bevor er ihre bodenlose Vorwürfe an sich abprallen lassen kann. Es dauert nicht lange. „Auch von bloßer Schwärmerei ist schon längst nicht mehr die Rede und auch das weißt du, Robin.“ Er weiß wie untypisch sanft er klang und das Gesicht, das sie zieht, die Fassungslosigkeit darin, ist ihm unbezahlbar. Ihre bröckelnde Beherrschung sieht zwar schön aus, aber er lässt sich nicht von der Tatsache ablenken, dass sie genau so gut verschwinden könnte ohne auch nur den geringsten Kratzer auf ihre Anmut zu hinterlassen. Robin kehrt zu ihrem kühlen, berechnenden Selbst zurück. Sie klingt trotzdem erschöpft. „Was willst du von mir hören, Zorro?“ Dass sie ihn schätzt. Dass sie das, was sie haben, nicht verlieren möchte. Dass sie seine Nähe genießt; seine Nähe will. Er weiß, dass das zu viel gefragt ist. Aber genauso, dass das so ist. Er weiß es. Und doch... Der Raum. Die Zeit. Ihr Schmerz. „Dass du es… zumindest versuchen wirst“, erklärt er. Es ist ihm egal, dass eine leichte Verzweiflung durchsickert, obwohl seine Stimme fest und eben ist. Er sieht, wie ihr der Atem stockt. Als sie tief ausatmet zeigt ihre gesamte Haltung, dass sie von irgendetwas loslässt und sie schüttelt sanft den Kopf. Sie macht zwei zügige, entschlossene Schritte auf ihn zu. Hält. Lächelt ihn schwach an. Sie geht. Die nächsten vierundzwanzig Stunden vergehen wie in einem fieberhaften Delirium. Es gibt Momente – wie das erste Wiedersehen am Frühstücktisch, inmitten ihrer lauten, unbändigen Mannschaft, oder Choppers besorgte Frage, ob er denn nicht auch fände, dass Robin heute abwesend erscheine – an denen ihm brutal bewusst wird, weshalb Beziehungen innerhalb einer Crew schlicht unratsam sind. Der hirnrissigste Scheißeinfall dem er jemals nachgegangen ist! Momente, an denen er mit gewaltsamer Aufrichtigkeit spürt, dass er die räumliche Nähe der Sunny nicht mehr mit ihr teilen kann. Beschämende, schwindelerregende Sekunden, in denen sie seinen Lebenstraum, seine verbissene Loyalität zu Ruffy, einfach so zerstört. Und jedes Mal muss er sich, so gut es für ihn eben möglich ist (nicht sonderlich), darauf besinnen – blind daran glauben –, dass diese Gefühle nicht für immer in ihm wohnen werden. Ganz egal wie stark sie sich gerade in ihm manifestieren. Robin hat sich für den Großteil des Tages in die Bibliothek zurückgezogen. Er trainiert wie ein Besessener im Krähennest und findet darin kein bisschen Erlösung. Zorro lässt das Mittagessen ausfallen, sie das Abendbrot. Er kann sich nicht dazu bringen auch nur einmal ihren Blick zu begegnen und sie widmet ihm kein Wort. Als die Üblichen Verdächtigen ein paar Stunden danach ein spontanes Saufgelage in der Küche veranstalten, ist er froh über die Aussicht auf gefährliche Mengen Alkohol und – ganz ehrlich – auf Gesellschaft. Wirklich teilhaben tut er darin jedoch nicht, möchte nur noch nicht mit der Dunkelheit konfrontiert werden. Deswegen ist er schnell darin, sich dazu überreden zu lassen, im Oberdeck ein paar Blätter von einer von Lysops Pflanzen zu sammeln. Eine kurze Auszeit vom regen Treiben in der Kombüse ist ihm willkommen. Durch die Bibliothek gelangt er auf jenen kleinen Platz der Sunny, die Nami, Lysop und Robin größtenteils für sich beansprucht haben. Mit Hingabe und Zuwendung ein Stück Natur pflegen, auf einem Ort, der kein Ort ist. Ein Schiff. Das brennende Licht im Ausguck zieht sofort seine Aufmerksamkeit auf sich, sobald er rausgetreten ist. Robin hat Wache. Kurzzeitig wird er vom Druck seiner Stimmung erleichtert, als seine wohlvertraute Wut durch ihn fährt. Zorro grummelt zwei, drei Flüche in die stille Nachtluft hinaus und hat schnell erledigt, womit er beauftragt wurde. Schlecht gelaunt knallt er die Tür hinter sich zu, mit der fixen Entscheidung gleich noch seinen letzten Fass Sake zu öffnen. Doch er bleibt versteinert stehen, als er sich plötzlich im selben Raum mit ihr befindet. Sie steht am Fuße der Leiter, die zum Bad führt. Ihre Wangen sind noch vom warmen Wasser gerötet, ihre Haare feucht und über eine Schulter gekämmt. Sie hält ihre zusammengeknüllte Tageskleidung eng gegen die Brust und sieht ihn – mindestens genauso verdattert wie er sie – an. Es ist lachhaft, dass ausgerechnet sie zwei, die personifizierte Gewalt der Stohhutbande, kein Laut und keine Regung wagen können. Ewig. Und auf Einem bewegt sich alles, während er verbissen auf den Ausgang zuschreitet und sie ungeniert ihre Klamotten auf eine Stuhllehne ablegt, um ihm dann den Weg zu versperren. Er bleibt abrupt stehen, seine verletzte Wut deutlich in seinen Zügen gezeichnet. Robin tritt ihm nur näher. Es überrascht ihn ihr dabei zuzusehen, wie sehr sie darin zögert – nein, wortwörtlich mit sich kämpft – ihn zu berühren. Dann brennt diese Erkenntnis wie Alkohol auf einer blutig geschürften Wunde und sticht so sehr, dass er sie erlösen, sich davor wegziehen und einfach vepissen will. Denn was für einen gottverdammten Sinn hat das alles, wenn sie sich so quälen muss!!? Aber sie greift schon nach der Falte seines weiten Kragens. Krallt sich dran, als würden die Tiefen der Erde sie andernfalls runterreißen. Der stramm gespannte Stoff zieht ihn unmerklich vor und sie schafft es ihre freie Hand auf seine Schulter zu legen. Ihr Blick flimmert über sein Gesicht, rastlos und nervös. Sie fingert unsicher über seinen Nacken, wandert unruhig, zappelig, zu seinem Hinterkopf. Er starrt sie blank an. Sie hat ihre Atmung nicht im Griff. Alles in ihrem Ausdruck, in ihren abgehackten Bewegungen, scheint aus einer überfordernden Dringlichkeit heraus zu kommen. Er sieht sie mehrmals zum Sprechen ansetzen – aber sie tut’s nicht. Das verwundert ihn, denn: Im Falle des Falles, und obwohl sie nicht die redseligste Person ist, schafft sie es immer sich aus ihren Emotionslagen rauszureden; sie zu relativieren. Er spürt ihre Finger an seiner Haut; Schlüsselbein und Haare. Dann erst kann er den Blick ihrer geweiteten, hellen Augen deuten und die hilflose Bitte in ihnen erkennen. In einem vorsichtigen Schritt, einer Hand an ihrem Kreuz, hat er die kleine Distanz zwischen ihnen aufgelöst und Robins Umarmung legt sich zart, warm und angenehm riechend über ihn. Sein Gesicht presst sich augenblicklich gegen ihre Halsbeuge und er kann sich in dem Geruch ihrer frischen Haut verlieren, sie mit zwei leichten Händen am Rücken an sich drücken. Obwohl er ihren rasenden Puls gegen seine Wange pochen spürt, lässt sie sich von ihm einnehmen, streichelt seine Haare und lehnt ihre Schläfe an seine Schulter, entblößt ihm ihren langen, eleganten Hals. Seine Lippen streifen entlang der empfindlichen Haut, bis sie sich gegen ihren Kiefer pressen. Er wartet. Das berauschende Gefühl eines erfüllten Wunsches überkommt ihn, als Robin – langsam zwar, und überaus vorsichtig – den Kopf dreht und ihm einen sanften Kuss schenkt. Er dauert nicht lange und sie zieht sich daraufhin von ihm weg, aber Zorro versteht, wie so oft, was alles hinter dieser zögerlichen Annäherung liegt. Dass sie sich absichtlich ihre Worte gespart hat – ihre womöglich stärkste Waffe –, um stattdessen ihre Taten sprechen zu lassen: Wiederum etwas, das er instinktiv beherrscht. Deswegen ist er froh, und erleichtert, als sie seine Hand umfasst und kurz drückt. Ein paar Fleur-Arme überreichen ihm die achtlos auf den Boden geworfenen Blätter. Stumm und wortlos. Er dankt ihr, indem er sie zuerst gehen lässt. Es mag nicht nach viel aussehen: Jede ihrer Berührungen so uncharakteristisch fragil und unsicher, die plötzliche Instanz von Nähe zwischen ihnen so kurz, dass sie von außen vielleicht sogar kalt erschienen hätten. Und er weiß, dass es keine Garantie für Glück ist, keine definitive Freiheit aus seinem Zustand. Lediglich ein wenig Freude für einen vielleicht wenig fröhlichen Mann. Eine Verschiebung dieser armseligen Situation, die ihm viel zu oft eine Höllenangst eingejagt hat. Der Grünhaarige lässt einen heißen, erschöpften Schnauf raus und macht sich auf den Weg zurück zu den anderen. Er entschließt, sich nach getaner Aufgabe schlafen zu legen. Obwohl ihm die Einsicht kommt, dass er es vielleicht ist, der sich besser in ihr auskennen sollte, entscheidet er (muss es tun), dass ihm Robins vorsichtige Zusage reicht. Was zurückbleibt, ist nackte Zuversicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)