Ein klärendes Gespräch von Kerstin-san ================================================================================ Kapitel 1: Ein klärendes Gespräch --------------------------------- „Es tut mir leid.“ Will zog fragend eine Augenbraue nach oben, während seine blauen Augen Nico eindringlich musterten. „Was genau?“, erkundigte er sich. Nico holte tief Luft. „Die... Die Sache mit dem Date. Das... So war das nicht... Eigentlich-“ Mit einem frustrierten Kopfschütteln brach er ab, ehe er erneut ansetzte, um seine wirren Gedanken in Worte zu fassen. „Das hätte ich nicht machen sollen. Nicht so. Nicht vor dem ganzen Camp. Das war unfair. Dir gegenüber.“ Will sah ihn mit leicht zur Seite geneigten Kopf an. „Da hast du recht.“ Nico sank ein wenig in sich zusammen, unfähig, noch etwas zu sagen. Das schlimme war, dass Will nicht mal aufgebracht klang, sondern völlig neutral. So als wäre er, der sonst nie mit seiner Meinung hinter dem Berg hielt, wenn Nico wieder einmal etwas getan hatte, was Will für a) gefährlich b) idiotisch c) absolut unüberlegt oder d) alles zusammen hielt, peinlichst darum bemüht, seine Gefühle unter Verschluss zu halten. Es war absolut unmöglich zu sagen, was er dachte und wie wütend oder enttäuscht er wirklich von Nicos Verhalten war. Und auch wenn Nico Wills offenherzige Kritik meist als nervig oder übertrieben empfunden hatte, war das hier irgendwie wesentlich schlimmer. Jetzt hatte er nämlich wirklich das Gefühl, dass er Mist gebaut hatte. Er hätte nie gedacht, dass er sich jemals danach sehen würde, von Will Solace zurechtgewiesen zu werden. „Hey“ Zögerlich schielte Nico nach oben und musste mit sich kämpfen, um dem Blick seines Gegenübers nicht auszuweichen. „Ich bin nicht sauer auf dich, okay?“ Will sah ihn mit zusammengekniffenen Augenbrauen an und Nico fragte sich, ob der Sohn des Apollo in der Lage war, seine schuldbewussten Gedanken alleine an seinem derzeitigen Gesichtsausdruck abzulesen. Will fuhr sich geistesabwesend durch seine blonden Locken. „Versteh mich nicht falsch, es war daneben, was du da gemacht hast, aber ich bin froh, dass du dich dafür entschuldigt hast, Nico, in Ordnung?“ Nico schluckte gegen einen massiven Kloß in seiner Kehle an. „Okay“, würgte er hervor. „Ich... Es ist nur, dass-“ Seine Schultern sackten geschlagen herab. „Ich hatte das alles ganz anders geplant. Überhaupt nicht so groß, das war alles ein riesen Missverständnis. Aber als alle mich so erwartungsvoll angestarrt haben, war es irgendwie zu spät für einen Rückzieher, also habe ich einfach angefangen zu reden.“ Nico merkte, dass seine Hände allein bei dem Gedanken daran, was vorhin im Speisepavillon passiert war, wieder anfingen zu zittern, weswegen er sie rasch zu Fäusten ballte. „Ich weiß nicht mal mehr, was ich alles gesagt habe, weil mich die ganze Situation so unter Druck gesetzt hat, aber an irgendeinem Punkt hatte ich das Gefühl, völlig den Faden zu verlieren. Also habe ich versucht, alle anderen einfach auszublenden und mich nur auf dich zu konzentrieren. So als wärst nur du da und ich würde nur mit dir reden und dann- Ich habs vermasselt“, schloss er matt. Will schwieg für einen Moment. „Nun, ich hätte Nein sagen können, oder?“ Angesichts Nicos verständnislosem Blick begann der Sohn des Apollo zu lachen und das vertraute Funkeln in seinen Augen ließ wieder mal die Skelettschmetterlinge in Nicos Magen aufstieben. „Wenn ich nicht gewollt hätte, dass das ganze Camp erfährt, dass ich bi bin, hätte ich auch einfach ‚Nein‘ sagen können, als du mich nach einer Verabredung gefragt hast, oder?“ „Ich... Ja, das hättest du.“ „Aber das habe ich nicht.“ „Nein.“ „Dann frag dich mal, warum ich das nicht gemacht habe.“ „Weil ich dich damit quasi überfallen habe? Oder weil du kein Lügner bist?“ „Oder weil es mir zwar lieber gewesen wäre, dass du mich das unter vier Augen gefragt hättest, ich aber auch kein allzu großes Problem damit hatte, dass es jeder so erfährt. Ich will mit dir ein Date haben. Ich will sehr gerne deine Hand halten, wenn das für dich in Ordnung ist und ich will nichts verstecken müssen. Also hätten die anderen es eher früher als später sowieso erfahren.“ Will zuckte mit den Achseln. „Es war okay für mich. Ich fand es mutig, was du da gemacht hast. Dass du dich vor allen geöffnet hast. Und irgendwie hat mich das dann auch mutig werden lassen, aber ich bin mir sicher, dass das nicht allen so gegangen wäre.“ Nico wusste, dass er diesen sanften Tadel verdient hatte und froh sein konnte, dass Will das ganze so entspannt aufnahm. Er bezweifelte, dass er im umgekehrten Fall auch nur annähernd so gelassen reagiert hätte. Dementsprechend fiel ihm gleich ein ganzer Steinbrocken vom Herzen. Gleichzeitig machte sein Magen aber auch einen hektischen Satz. Will wollte seine Hand halten?! Und warum erfüllte ihn dieser Gedanke nicht mit Abneigung, sondern mit nervöser Aufregung? Normalerweise vermied er doch jeglichen Körperkontakt, so gut wie es nur ging. „Okay“, quetschte er irgendwie hervor und hoffte, dass seine Stimme nicht so quietschig klang, wie er insgeheim befürchtete. „Aber eins würde mich noch interessieren.“ Will grinste ihn schelmisch an. „Wie genau hattest du das ganze denn eigentlich geplant? Komm schon, ich will alle romantischen Details hören, Todesjunge.“ Kurzerhand setzte er sich ins Gras und klopfte einladend neben sich auf den Boden, während er gleichzeitig erwartungsvoll aufblickte. Belustigt schnaubte Nico auf und gegen seinen Willen hoben sich nun auch seine Mundwinkel an. Er folgte Wills stummer Einladung und ließ sich mit dem Rücken an einen Baum gelehnt neben dem Sohn des Apollo nieder. „Also, pass auf“, begann er. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)