Little Red Riding Hood von GingerSnaps ================================================================================ Kapitel 4: I think you ought to walk with me and be safe -------------------------------------------------------- Isaac gingen beinahe die Augen über, als sie Peters luxuriöse Penthousewohnung betraten. Er ließ seinen Blick schweifen, durch den großzügigen Eingangsbereich mit den hohen Decken welcher direkt in das weitläufige Wohnzimmer mit dem üppigen, L-förmigen Sofa, den dazu passenden Sesseln in cremefarbenem Wildledern und dem großen Esstisch mündete. Es gab große Fenster, welche viel Licht hereinließen. Die Einrichtung, die Wände, alles strahlte in kühlem Weiß, welches von gelegentlichen, innenarchitektonisch wohldurchdachten, goldenen Akzenten erwärmt und durch wenige stilvolle und wunderschöne Kunstobjekte aus Keramik oder Bronze, in beleuchteten Glasvitrinen aufgewertet wurde. Es gab eine riesige Heimkinoanlage und kostbare Perserteppiche in zurückhaltenden Farben waren hier und da auf dem weißem Marmorboden platziert. An den Salon schloss sich eine große, offene Küche an und an dieser Schnittstelle befand sich auch eine Treppe hinauf zu einer weiteren Ebene, wo sich weitere Räume befanden: „Wow! Und hier lebst du ganz allein?“ fragte Isaac ungläubig: „Das ist ja riesig?“ Peter zuckte lediglich mit den Schultern und antwortete: „Ich habe eben gern viel Platz.“ Er legte eine Schlüsselkarte und einen kleinen Zettel in die Hand des Jüngeren: „Für die Haus- und die Wohnungstür.“ kommentierte er: „Und die Nummer ist der Code für die Alarmanlage. Du kannst selbstverständlich kommen und gehen, wie du es willst, solange du die Stadt nicht verlässt, weil du dann gegen deine Bewährungsauflagen verstoßen würdest. Bitte keine Besucher, ohne es vorher mit mir zu besprechen. Du kannst hier alles benutzen, an den Kühlschrank gehen, fernsehen und so weiter. Oben ist ein Fitnessraum, falls du ein wenig Bewegung brauchst und auf der Dachterrasse befindet sich ein Whirlpool, falls dir der Sinn nach einem Sonnenbad steht. Es gibt zwei Badezimmer, eines hier unten und eines oben. Oben ist auch das Gästezimmer und das zeige ich dir jetzt.“ Isaac folgte dem Anwalt treppauf zu einer Tür und als Peter Gästezimmer sagte, hatte der Jüngere an einen kleinen, dunklen, verstaubten Raum mit schmalem, harten Bett und vielleicht einem kleinen Schränkchen für seine Sachen gedacht, womit er auch vollkommen zufrieden gewesen wäre, denn immerhin wäre es dann keine Gefängniszelle gewesen, doch dieses Gästezimmer unterschied sich sehr deutlich von dem in seiner Phantasie. Die Wände waren in einem zarten hellblau getüncht, das Bett war groß, überspannt von einem orientalisch anmutenden Baldachin aus roséfarbenem Taft. Decke und Kissen waren eingeschlagen in apricotfarbene Bezüge aus hochwertigem Satin. Das arabische Flair des Bettes wurde aufgenommen von weißen Wandornamenten und einer Deckenleuchte aus Metall, in welches hübsche Muster eingestanzt waren. Wenn die Lampe am Abend leuchtete, würde sie bestimmt wunderschöne Licht-und-Schatten-Elemente an Decke und Wände projizieren. An einer Wand befand sich ein Kleiderschrank aus Olivenholz mit künstlerischen Schnitzereien in dessen Türen und gegenüber vom Bett hing ein riesiger Flachbildfernseher, für das perfekte Kinoerlebnis zuhause: „Ich denke, ich habe noch nie in so einem schönen Zimmer geschlafen?“ erklärte Isaac überwältigt: „Das ist... der Wahnsinn!“ „Es ist okay.“ erwiderte Peter achselzuckend: „Fühl´ dich wie zuhause, richte dich ein, in dem Schrank da ist Platz für deine Sachen. Versuche dich ein bisschen auszuruhen. Die letzten Tage waren sicherlich anstrengend für dich. Ich gehe gleich wieder los, denn ich muss heute noch ein bisschen arbeiten. Ich bin gegen zwanzig Uhr wieder da. Bis später!“ „Bis später!“ gab Isaac immer noch ziemlich fassungslos zurück. Dann schob er noch ein „Danke! Vielen, vielen Dank!“ hinterher, welches dramatischer klang, als der Jüngere es beabsichtigt hatte und ihn peinlich berührt erröten ließ: „Nichts zu danken.“ behauptete Peter zwinkernd, ehe er verschwand. Isaac war in der Tat vollkommen erschöpft, doch bevor er sich hinlegen konnte, musste er sich zuvor dringend noch den Knastgeruch abwaschen, welcher sich in jede seiner Poren eingebrannt hatte, wenn er wirklich zur Ruhe kommen wollte. Er machte sich also auf die Suche nach dem Badezimmer. Hinter der ersten Tür, die er geöffnet hatte, hatte sich Peters Schlafzimmer befunden, gleich gegenüber dem von Isaac gelegen und ähnlich eingerichtet wie das Gästezimmer, nur doppelt so groß und mit einem riesigen begehbaren Kleiderschrank im hinteren Bereich. Es juckte Isaac in den Fingern, hinter dessen Türen ein wenig zu stöbern, sich die schicken Anzüge, die teuren Hemden, Schuhe und Krawatten einmal anzuschauen, doch das wäre eine Verletzung von Peters Privatsphäre gewesen, also ließ er es sein, schloss schnell wieder die Zimmertür hinter sich und ging duschen. Wohlriechend dank Peters hochwertigem Duschgel und mit einem großen, weißen, flauschigen Handtuch um die Hüften, kehrte er wenig später in sein neues Zimmer zurück. Er schlüpfte in Boxershorts und T-Shirt und dann rasch unter die leichte Decke. Isaac hatte in seinem Leben schon häufig schlecht gelegen, zum Beispiel wenn er von seinem Vater in der Kühltruhe eingesperrt und über Nacht dort drinnen gelassen worden war, oder wie zuletzt auf der harten Pritsche im Gefängnis, doch in diesem Bett lag er so wunderbar geborgen, wie in Abrahams Schoß. Die Matratze war weder zu hart noch zu weich, das Kissen war genau richtig, der Satinstoff fühlte sich auf der Haut an, wie kühle, streichelnde Hände, es war einfach nur wundervoll. Und deshalb dauerte es auch keine fünf Minuten, ehe Isaac den ersten, friedlichen und sorglosen Schlaf in Wochen fand. Als er wieder erwachte konnte er es beim Blick auf die Uhr am Nachttisch kaum fassen, dass es bereits kurz nach fünf am Nachmittag sein sollte? Er hatte ganze vier Stunden geschlafen. Er reckte und streckte sich, schwang die Beine über die Bettkante und fühlte sich unglaublich. Als er nun überlegte, was er als nächstes tun könnte, kam ihm ein großartiger Gedanke. Er mochte Peter vielleicht nicht in Form von Geld zurückerstatten können, was dieser bis zu diesem Augenblick bereits alles für ihn getan hatte, doch er konnte wenigstens im Rahmen seiner Möglichkeiten versuchen, ihm eine Freude zu machen. Noch hatte Isaac nicht gewagt, seinen Rucksack auszupacken, für den Fall dass er in Kürze schnell wieder verschwinden müsste, weil Peter vielleicht irgendwann genug von seiner Gesellschaft hatte, oder weil er irgendetwas falsch machen würde und deswegen rausflog. Er zog sich als einfach Jeans, Socken und Shirt aus den Tiefen seiner Tasche, kleidete sich an und schon konnte es losgehen. Als er die Alarmanlage scharf machte, war Isaac unglaublich nervös, weil er fürchtete dabei etwas falsch zu machen und dann Schuld daran zu sein, dass eingebrochen wurde und Peter durch ihn Schaden erlitt, doch es lief zum Glück alles problemlos und er verließ das Haus. Etwa eine Stunde später kehrte Isaac mit zwei vollen Tüten vom Supermarkt zurück, überwand auch hier einmal mehr das Hindernis der Alarmanlage, diesmal in der Panik einen Fehlalarm auszulösen und in wenigen Minuten in den Lauf einer Waffe von Polizei, oder Sicherheitspersonal zu blicken, doch auch diesmal klappte alles ohne Zwischenfälle. Er atmete aus und wischte sich den Angstschweiß von der Stirn. Isaac schleppte die Tüten in die Küche und machte sich ans Werk. Er hatte das Kochen nach dem Tod seiner Mutter lernen müssen, denn sein Vater konnte es weder, noch sah er es als seine Aufgabe an, eine Mahlzeit auf den Tisch zu bringen, immerhin sorge er mit seiner Arbeit ja bereits dafür, das Geld hierfür zur Verfügung stünde. Sein Teil sei damit getan, wie er häufig wiederholte. Auch wenn es aus dieser Notwendigkeit entstanden war, hatte Isaac dennoch schnell Gefallen daran gefunden Mahlzeiten zuzubereiten und er war sich beinahe sicher, dass er im Laufe der Zeit auch recht gut darin geworden war, auch wenn es niemals jemand wirklich anerkannt hätte. Es war gut möglich, dass Peter bereits gegessen hätte, wenn er heimkam, weswegen Isaac eine Mahlzeit zubereitete, welche ebenso gut auch noch am nächsten Tag eingenommen werden könnte, doch heimlich hoffte er natürlich, dass sein Retter hungrig nachhause kommen würde und hocherfreut darüber wäre, dass das Abendessen bereits auf ihn wartete. Und Isaac hatte sich bei der Wahl seines Rezepts und der Zutaten wirklich Mühe gegeben. Dieser Peter war offensichtlich ein kultivierter Mann und daher vermutlich auch nur die beste Küche gewöhnt. Irgendwie war es Isaac verdammt wichtig, ihn nicht zu enttäuschen. Der Bonus bei der ganzen Kochaktion war, dass die Ausstattung der Küche wirklich keine Wünsche offen ließ. Viele der Gerätschaften hatte Isaac noch nie im Leben gesehen, war jedoch neugierig darauf, diese in der Zukunft möglicherweise einmal auszuprobieren, sofern er sich heute als würdig erwies. Das Herz des Kochs machte einen kleinen Hüpfer, als er den Anwalt heimkehren hörte. Er hatte seine Zimmertür offen gelassen, um dessen Ankunft nicht zu verpassen und nun eilte er die Treppen herunter, um ihn zu begrüßen: „Hey Junge, hast du dich ein wenig erholen können?“ wollte Peter wissen, während er seine teuer aussehenden Budapester von den Füßen streifte, sein Jacket auszog und seine beengende Krawatte lockerte: „Ich habe ein wenig geschlafen. Das Bett ist der Hammer!“ erwiderte Isaac: „Nochmals vielen Dank dass ich hier sein darf.“ „Hör´ auf dich dauernd zu bedanken, das ist anstrengend.“ knurrte der Ältere. Isaac ließ den Kopf hängen und stand da, wie ein getretener Hund. Peter bemerkte es und seufzte: „Entschuldige, Kleiner. Ich bin einfach unterzuckert und dann werde ich zum Arschloch. Hast du auch Hunger? Wir könnten uns etwas liefern lassen. Worauf hast du Lust?“ Nun wagte Isaac es langsam, den Kopf wieder zu heben: „Ich... ich habe etwas vorbereitet. Es muss nur noch für zwanzig Minuten in den Ofen und dann können wir essen. Also... nur wenn du möchtest, meine ich.“ „Du hast gekocht?“ fragte Peter erstaunt: „Womit? Ich habe doch gar nichts im Haus?“ „Ich war einkaufen.“ piepste Isaac: „Ich wollte einfach etwas Nettes für dich machen. Du warst immerhin auch echt nett zu mir.“ Peter lächelte: „Wow, Danke Junge! Zwanzig Minuten sagst du? Dann kann ich ja schnell noch duschen gehen.“ Nun strahlte Isaac wieder über das ganze Gesicht: „Ich beeile mich. Willst du Wein zum Essen. Ich habe welchen gekauft. Ich weiß nicht ob er gut ist, aber ich habe mich im Geschäft beraten lassen.“ „Wein klingt gut.“ bestätigte Peter und stieg die Treppen hinauf. Isaac machte sich mit Feuereifer ans Werk, stellte den Ofen an, deckte den Tisch ein, inklusive Tischtuch, echter Stoffservietten, welche er faltete, wie er es einmal in einem Restaurant gesehen hatte und zweier Kerzenleuchter. Er holte den Riesling aus dem Kühlschrank und schenkte ein, damit der Wein noch ein wenig atmen konnte, denn so machte man das ja wohl, soweit er wusste. Als Peter nach einer Weile mit feuchten Haaren, in Jeans und weißem T-Shirt mit V-Ausschnitt die Treppen herunter kam, war alles bereit, nur das Essen musste noch aus dem Ofen. Beiläufig bemerkte Isaac, dass der Anwalt in seiner Freizeitkleidung jünger wirkte. „Ich hoffe, du hast Fleisch für mich? Ich habe Hunger wie ein Wolf.“ sagte Peter und ließ sich an seinem Platz nieder. Isaac wurde blass: „Ich... ich... ich fürchte nicht. Ich wusste das nicht... also ich... bin Vegetarier.“ „Also kein Fleisch.“ erwiderte Peter in einem neutralen Tonfall. Einem Tonfall, der Isaac an etwas aus früherer Zeit erinnerte. So fing es immer an, ehe der Sturm losbrach. Und als Peter nun sein Glas in die Hand nahm, wusste der Jüngere bereits, was kommen würde und so zog er dann Kopf ein und hielt sich schützend die Hände über den Kopf. Peter stutzte erst kurz, doch er verstand schnell. Ein Trigger! Oh ja und ob er verstand. Er stellte sein Glas wieder ab und sagte so sanft wie möglich: „Ist gut, Kleiner. Ist gut! Du bist in Sicherheit. Hier geschieht dir nichts. Und vegetarisch ist vollkommen in Ordnung. Mein Arzt wäre begeistert, wenn ich weniger Fleisch essen würde. Atme, okay? Atme einfach tief durch.“ „Ich dachte du würdest...“ sagte Isaac gepresst: „Du dachtest, ich würde mein Glas nach dir werfen. Das würde ich aber niemals tun, Isaac.“ beteuerte Peter und wiederholte dann noch einmal: „Du bist hier in Sicherheit.“ „Okay.“ gab der Jüngere beschämt zurück: „Ich... hole dann mal das essen.“ Peter nickte und verstand, dass es nun an der Zeit war, es damit vorerst bewenden zu lassen: „Was ist das denn Gutes?“ fragte er also, als Isaac wenig später einen dampfenden Teller vor ihn hinstellte: „Es ist ein Kartoffelauflauf mit Shitake-Pilzen in einer Sahne-Sherry-Sauce, ein Brunnenkressesalat mit Pinienkernen und eine Artischocke überbacken mit Gorgonzola.“ berichtete Isaac, dankbar über den Themenwechsel: „Es gibt auch noch Nachtisch, einen Fruchtsalat mit Vanilleeis und kandierten Walnüssen.“ „Das klingt fantastisch. Und echt aufwendig und teuer?“ gab Peter zurück: „Das Vanilleeis habe ich nicht selbstgemacht, dabei hast du eine Eismaschine.“ gestand Isaac, als würde er eine Todsünde beichten. Anstatt darauf einzugehen, fragte Peter: „Habe ich? Wusste ich gar nicht?“ Isaac hatte sich mittlerweile auch gesetzt und blickte überrascht auf: „Kochst du selbst denn gar nicht? Ich dachte...? Also bei der Küche...?“ „Die Küche habe ich, so wie sie ist vom Vorbesitzer übernommen. Alle anderen Räume habe ich nach meinem Geschmack anpassen lassen, aber der Raum war mir irgendwie ziemlich egal. Ich kann nämlich nicht kochen. Ich gehe dort höchstens mal rein, um mir einen Eiweißshake, einen Kaffee, oder ein Sandwich zu machen.“ erwiderte Peter. „Ehrlich? Das ist aber schade.“ urteilte Isaac: „Wollen wir es dann vielleicht so machen, dass ich für dich koche, solange ich hier bin? Mir macht das nämlich wirklich Spaß und ich würde mich so gern irgendwie bei dir revanchieren.“ Peter sah aus als müsse er ernsthaft darüber nachdenken. Dann sagte er mit einem kleinen, verschmitzten Grinsen: „Warte kurz, ehe ich hier die Katze im Sack kaufe!“ Er begann die Komponenten auf seinem Teller nacheinander zu probieren, wobei er von Isaac aufmerksam beäugt wurde. Schließlich nickte der Ältere zufrieden und beteuerte: „Das ist ausgezeichnet. Wir haben einen Deal, Kleiner.“ „Ehrlich? Es schmeckt dir?“ versicherte sich Isaac noch einmal: „Ich sage niemals etwas, dass ich nicht auch so meine.“ stellte Peter klar: „Und nun iss! Es wäre doch schade, wenn es kalt werden würde.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)