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Beauty from Pain

von

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Fußball-Star

"Ich schaffe das nicht. Ich schaffe das nicht. Ich schaffe das nicht..." ein Mantra, welches sich immer wieder in meinem Kopf wiederholte und sich in mir festsetzte, wie eine Zecke auf der Suche nach Nahrung. Ich konnte nicht ein Mal den Ball durch das Loch befördern. Die anderen Kinder lachten mich aus und verließen den Fußballplatz. Die Fußball-AG war beendet.
 

Eigentlich machte mir dieser Sport sogar spaß. Zu Hause spielte ich immer mit meinem kleinen Bruder Sam. Wer die meisten Bälle durchs Loch bekam, gewann. Da war es mir auch egal, wenn ich mit 13 Jahren gegen meinen sieben Jahre jüngeren Bruder verlor. Und weil meine Mutter wusste, dass ich Fußball mochte, hatte sie mich über die Ferien in einer Fußball-AG angemeldet.

Leider war ich der schwächste Spieler dort, da ich trotz meiner Fußball-Liebe nie besonders sportlich war. Das führte dazu, dass mich niemand im Team haben wollte und alle ihren Unmut an mir ausließen. Seitdem hasste ich Fußball und ich schwor mir, es danach nie wieder zu spielen.

"Ich schaffe das nicht." murmelte ich missmutig vor mich hin, als ich wieder nicht traf.

"Und warum schaffst du das nicht?" drang plötzlich eine fremde Stimme an mein Ohr und als ich mich umdrehte, sah ich wie ein Junge mit brünetten langen Haaren, bronzener Haut, braunen Augen und mit einem beachen Poncho und roter Cow Boy-Hose bekleidet, das Feld betrat.

"Was in Gottes Namen hast du denn da an? Sind das da Legosteine an deinen Handschuhen und Schuhen?" ich hatte wirklich noch niemanden gesehen, der so seltsam gekleidet war wie der Junge da.

"Lego-was? Nein... Also. Warum schaffst du das nicht?" verwirrt wurde ich angeguckt. Anschließend stellte er seine Frage erneut.

"Ich heiße Ray und du?" versuchte ich vom Thema abzulenken. Ich mochte absolut nicht darüber reden, wie es um eine Fußball-Künste bestellt war. Innerlich hatte ich angst, erneut dafür ausgelacht zu werden.

Ein selbstgefälliges Grinsen stahl sich auf das Gesicht des Jungen, ehe er mir antwortete: "Hao ist mein Name. Und jetzt zu meiner Antwort. Bekomme ich vielleicht heute noch eine?"

"Was für ein arroganter Gockel du bist. Und Hau? Hau drauf oder wie? Welche Mutter tut seinem Kind schon so einen Namen an und warum hast du dich kostümiert?" wollte ich wissen, in der Hoffnung das Gespräch endlich auf ein anderes Thema zu lenken.

Der Junge mit den langen Haaren musste herzlich lachen, was sich in meinen Ohren eher kalt und freudlos anhörte. Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken.

Ohne Vorwarnung schnappte sich der Junge den Ball, der bis vor kurzem vor meinen Füßen gelegen hatte und balancierte diesen auf seiner Fußspitze, was Dank der Legoklötze an seinen Füßen mehr als einfach war. Anschließend schoss er diesen direkt durch das obere Loch der dünnen Stellwand.

"Ich heiße Hao und nicht Hau. Und mein KOSTÜM erfüllt schon seinen Sinn und Zweck." erklärte mir dieser HaO grinsent und sah mich dabei von der Seite an.

"Ist gut, Quadratlatsche. Aber mit den Schuhen hätte ich die Nummer auch gekonnt." trotzig verschränkte ich die Arme vor der Brust und sah meinen Gesprächspartner mit düsterer Miene an.

Hao schüttelte daraufhin nur den Kopf und begann damit sich die Schuhe abzustreifen, nur um das Selbe nochmal mit nackten Füßen zu machen. Ich  schnappte mir in der zwischenzeit seine Schuhe und zog sie an. Gott waren diese Dinger schwer. Als Hao wieder den Ball durchs oberste Loch der drei Löcher in der Stellwand befördert hatte, nahm er einfach meine Schuhe und zog sie sich an.

"Ey cool. Wir haben die gleiche Schuhgröße." lächelte ich, als ich sein Schuhwerk endlich an hatte.

"Süße Schühchen." antwortete er und belächelte meine rosa Turnschuhe mit der weißen Sohle, den weißen Schnürsenkeln und dem Diddlmausausdruck.

"Und sie passen dir perfekt." grinste ich und holte den Ball, welcher sich immer noch hinter der Stellwand befand. Oder eher gesagt, ich wollte ihn holen. Denn als ich einen Schritt nach vorne machen wollte, bekam ich den Fuß kaum vom Boden hoch.

"Alta. Wie kannst du mit den Dingern laufen? Ist ja ein Ding der Unmöglichkeit." schimpfte ich, während ich versuchte einen Schritt vor den anderen zu setzen, damit ich überhaupt vom Fleck kam.

Hao musste herzlich lachen, als er mich davon warscheln sah und stand auf, um mir zu folgen.

"So wird das in zehn Jahren noch nichts. Ich glaube du brauchst ein gutes Training." er hielt mich an einem Arm fest, während ich den Ball endlich erreichte und mehr schlecht als recht aufhob.

"Training? Willst du mich vergraulen? Ich bin total unsportlich. Da nützt kein Training der Welt etwas." der wollte mit mir doch nicht ein großläufiges Training starten, oder?

Hao lächelte zuckersüß und nahm mir den Ball wieder ab, um ihn dann wieder auf seinem Fuß zu balancieren. Anschließend schoß er mir diesen zu und meinte: "Los! Wir trainieren jetzt."

Murrend gab ich nach. In den nächsten Stunden brachte mir Hao die Techniken des Fußballs näher und ließ mich kräftig dabei schwitzen. Natürlich hatte ich die Schuhe beim gesamten Training nicht ausgezogen, sodass ich jetzt spielend mit ihnen laufen konnte.

Am Ende des Trainings konnte ich den Ball ohne Probleme ins oberste Loch befördern. Und immer wenn ich aufgeben wollte, trieb Hao mich an weiter zu machen und nicht einfach ds Handtuch zu schmeißen.

Ich wusste nicht wo dieser seltsame Junge hergekommen war, warum er gerade mich angesprochen hatte und warum er mir half. Aber im Grunde war es mir egal. Seitdem er bei mir war, fühlte ich mich zum ersten Mal nicht nutzlos. Ich fühlte mich....großartig. Plötzlich konnte ich alles schaffen, wenn ich es nur hart genug versuchte. Zusammen mit Hao trainierte ich bis in die späten Abendstunden. Am Ende konnte ich nicht nur den Ball in das Loch in der Stellwand befördern. Nein. Ich konnte dribbeln, tricksen, Köppen und so weiter. Ich konnte zurecht behaupten, dass ich jetzt eine passable Fußballspielerin war.

"So. Das dürfte für heute genug sein. Aber wir sehen uns morgen wieder." ein beinahe selbstverliebtes Grinsen zierte sein Gesicht, als er diese Worte aussprach. Dabei fiel mir auf, dass er, im Gegensatz zu mir, wirklich sehr viel Selbstbewusstsein haben musste. Lässig saß er auf der Ersatzbank des Fußballplatzes. Einen Fuß hatte er dabei auf die Bank gestellt und seinen Arm locker auf dem Knie platziert. Als ich ihn näher betrachtete, stellte ich fest, dass Hao wirklich verboten gut aussah. Selbst die globigen Omaohrringe mit dem Sternensymbol standen ihm sogar.Gegen ihn sah ich einfach arm aus. Und das nicht, weil meine quitschrosa Kleidung trug, die mich aussehen ließ wie ein kleines Mädchen.

"Bis morgen, Hao." ich lächelte und winkte dem brünetthaarigen Jungen, welcher aufstand und das große Ausgangstor des Platzes anvisierte. Einen kurzen Blick warf er mir noch zu, ehe er in einer Feuersäule verschwand.

"Bis Morgen, Raina Johnson." verklangen seine letzten Worte, ehe von der Feuersäule nur noch eine Rauchschwade zu sehen war.

"W-Woher kennt er meinen vollen Namen u-und ist der gerade im Feuer verschwunden?" stotterte ich vor mich hin. Irgendwie gruselte mich das ein wenig. Hoffentlich war der Junge kein Stalker. Aber was er genau war, konnte ich morgen noch herausfinden. Aber selbst wenn er ein stalker oder irgendwer war, der für mich gefährlich war... Er hatte mir heute geholfen und nichts dafür gefordert. Wieso sollte er mir also schaden wollen? Auch wenn es mich ein wenig beunruhigte, dass er im Feuer verschwunden war.

Das kannte ich nur von gewissen anderen Wesen, die nicht wirklich nett zu mir waren. Aber diese spielten nicht mit mir Fußball. Also schob ich den Gedanken bei Seite und machte mich auf den Weg nach Hause. Inzwischen war es dunkel geworden. Ich mochte die Dunkelheit nicht so gerne, aber dieses Mal störte sie mich seltsamerweise nicht  Als ich zu Hause ankam, brannte noch Licht. Was wohl hieß, dass meine Eltern auf mich warteten.

"Hallo Raina. Da bist du ja endlich... Was hast du denn da für Schuhe an?" wurde ich von meiner Mutter bereits an der Türe begrüßt. Mit einem skeptischen Blick betrachtte sie mein Schuhwerk.

"Ups!" ich hatte ja noch Haos Schuhe an. Klar, dass die Dinger meiner Mutter sofort ins Auge gefallen waren.

"Sind das Legoschuhe? Warum lachst du denn so?" verwirrt wurde ich von ihr gemustert, während sie mich ins Haus ließ. Ich war währenddessen in schallendes Gelächter ausgebrochen und kaum noch zu beruhigen. Gott! Was würden Haos Eltern wohl dazu sagen, wenn dieser dort mit rosa Diddleschuhen aufkreuzen würde?

"S-Sorry Mama. Die gehören meinem neuen Freund." gab ich ihr endlich zur Antwort, "Wird wohl ein bisschen schwul aussehen, wenn der mit meinen Latschen bei seinen Eltern aufkreuzt."

Jetzt musste meine Mutter auch lachen, welche anschließend sagte: "Ich habe dir dein Abendessen warm gemacht. Ess das noch und dann geht´s ab ins Bett. Dein Bruder schläft schon."

Als ich mein Essen aß, erzählte ich meiner Mutter von meinem heutigen Tag und natürlich von Hao.

Die Feuersäule und das er meinen vollständigen Namen kannte, ließ ich weg. Ich wollte meine Mutter nicht unnötig beunruhigen. Nach dem Essen machte ich mich bettfertig. Das hieß Schlafanzug anziehen, Zähne putzen, "Gute Nacht"-sagen und ins Bett gehen. Haos Schuhe standen vor meinem Bett und funkelten in dem schwachen Licht, welches meine Zimmerlampe warf. Mit einem Lächeln im Gesicht betrachtete ich diese und schlief glücklich ein.
 

Mit langen gezielten Schritten steuerte Hao das große Lagerfeuer an, an welchem nur noch Luchist und Opacho saßen. Die anderen Mitglieder seines Teams waren schon schlafen gegangen.

"Ich bin wieder da." begrüßte der Brünette seine Teammitglieder.

"Hallo Mei-..." weiter kam Opacho mit ihrer Begrüßung nicht, da sie sich krampfhaft den Mund zuhielt.

"Ist etwas, Opacho?" verwirrt sah Hao die kleine Afroamerikanerin an.

Luchist, ein Mann mit Hut und einem schwarzen Poncho mit hohem Schlagkragen, sah jetzt auch von seinem Buch auf und konnte sich nicht mehr halten vor Lachen.

"Was gibt es da bitte zu lachen?" der arme Hao war jetzt nur noch verwirrter als zuvor und starrte die beiden ungläubig an.

"Ihr habt da wirklich hübsche Schuhe an, Meister Hao." komplimentierte Luchist mein Schuhwerk, welches Hao immer noch trug.

"Oh Gott! Ich habe ja immer noch Rays Schuhe an. Hört auf zu lachen." bitterböse Blicke zu Opacho und Luchist rüberwerfend, streifte sich Hao meine Schuhe von den Füßen. Als die Beiden immer noch nicht aufhörten zu lachen, seuftzte dieser nur und meinte: "Ich glaube, bis Morgen kann ich Barfuß laufen."

Auf der Jagt nach Haos Latschen

Die Sonne schien hell über den Dächern des kleines Dorfes und wärmte alle ihre Bewohner mit ihren Strahlen. Heute war wieder ein herrlicher Frühlingstag und ich freute mich richtig auf das Fußballspiel. Ich wusste ja,  dass ich danach Hao wiedersehen würde.Damit ich ein wenig erwachsener wirkte, zog ich mir ein violettes Hemd an. Dieses war so lang, dass ich einen Gürtel darum binden konnte. Das Oberteil kombinierte ich mit einer blauen Jeans und Haos Legoschuhen. Meine blonden langen Haare ließ ich heute offen über meine Schultern fallen. Als ich auf dem Fußballplatz angekommen war, wurde ich auch schon von den anderen AG-Mitgliedern begrüßt: "Ach! Die schon wieder. Was sind das denn für dämliche Schuhe? Spielt das Kleinkind neuerdings jetzt mit Lego?"

Am liebsten hätte ich diese arroganten Jungen in der Luft zerrissen. Doch in riss mich zusammen: "Die gehören nicht mir, sondern einem Freund von mir. Außerdem sind das keine Legoschuhe oder ist Hao eine neue Legomarke? Lernt lesen, Leute."

Einer der Jungen wollte etwas erwidern. Doch in dem Momant kam auch schon der Trainer und stellte direkt die Teams auf. Als das Spiel begann, staunten die alle nicht schlecht. Das Training mit Hao hatte sich ausgezahlt. Mein Team gewann und das Spiel war beendet.

"Du hast dich seid gestern ja wirklich verbessert, Ray. Wenn du weiter so machst, kannst du vielleicht sogar einen Verein beitreten und an richtigen Turnierspielen teilnehmen. Das Potential dafür hast du jedenfalls." lobte mich der Trainer vor den anderen. Ich konnte mein Glück kaum fassen.

Jetzt würde ich bestimmt von den anderen akzeptiert und respektiert werden. Schließlich war ich nicht mehr die, die man nicht mit im Team haben wollte.

"Ich überlege es mir. Aber zumindest kann jetzt keiner mehr sagen, dass ich nicht spielen kann." entgegnete ich dem Trainer stolz. Dieser klopfte mir zur Aufmunterung auf die Schulter, ehe er die aG beendete und den Fußballplatz verließ.

"Wie hast du? Wie bist du auf einmal so gut geworden?" wollten die Jungs wissen, als der Trainer weg war.

"Ich hab´s von meinem Freund mit den Legoschuhen gelernt." grinste ich in die Runde und genoss meinen Triumph.

"Hey! Der muss cool sein. Ich möchte das auch lernen. Wann triffst du dich mit dem?" wollte einer der Jungen wissen. Sein Name war Bob und er besuchte dieselbe Klasse wie ich. Ich konnte ihn auf den Tod nicht ausstehen, denn die Krankheit namens Pupertät hatte ihn völlig im Griff. Bob wollte schon immer ein Gangsterrapper sein. Einer der reich war, massenweise Mädels knallte und dem andere nacheiferten. Doch die Wahrheit sah anders aus. Sein Checker-Gehabe ging nicht nur mir auf den Keks, sondern vielen anderen auch. Aber Kritik war bei dem Jungen wirkungslos, weil er sie nicht sonderlich vertrug. Nichts sollte sein Weltbild zerstören, in dem er der allerbeste war. Und ich redete hier nicht von Pokemon. Mit einer Handbewegung, die wohl cool aussehen sollte, schmiss er sein leeren Trinkpäckchen auf den Boden vor sich, anstatt es in die Mülltonne einen Meter weiter zu entsorgen.

"Das geht dich einen feuchten Pfurts an. Ich will mit Hao gefälligst ALLEINE trainieren. Und das Trinkpäckchen kann man auch in die Mülltonne entsorgen. SO weit zu laufen ist es wohl nicht." entgegnete ich ein wenig ZU ruhig. In Wahrheit war ich auf 180, weil mich sein Verhalten so dermaßen triggerte...

"Pah! Vonwegen FREUND. DIe ist nur so gut, weil sie die Schuhe trägt." mischte sich der beste Freund Bobs ins Gespräch ein.

Ich streifte Haos Schuhe ab, schnappte mir das Trinkpäckchen, welches auf dem Boden lag und beförderte es mit dem Fuß einfach in die dafür vorgesehende Mülltonne. Anstatt einfach zuzusehen und es einfach dabei zu belassen, hatten sich Bob und seine Freunde einfach Haos Schhe geschnappt.

"He! Die gehören euch nicht." protestierte ich lautstark und versuchte den Jungs Haos Schuhe wieder ab zu nehmen. Was sollte das? Ich hatte doch klar bewiesen, dass mein Talent nichts mit den Schuhen zu tun hatte. Warum nahmen sie sie trotzdem?

"Boah! Alta sind die Schwer. Wie konnte die Schlampe damit überhaupt laufen?" entrüstete sich einer von ihnen.

"Ach! Stell dich nicht so an. Los weg hier." entgegnete Bob und die Gang flüchtete davon.

"Was zum...?!" schnell rannte ich ihnen hinterher und mir war egal, ob ich dabei mit den nackten Füßen über Aspalt und Geroll laufen musste. Und auch hier zahlte sich Haos Training aus. Ich war nicht mehr so larmarschig wie sonst und konnte der Gang folgen, ohne sie aus den Augen zu verlieren.

Doch leider teilte sich die Gang in zwei Gruppen auf und jede davon hatte einen von Haos Schuhen.

Kurz entschlossen folgte ich einer der beiden Gruppen und versuchte noch schneller zu werden. Hao würde mich umbringen, wenn ich ihm seine Schuhe nicht wieder zurück gab. Das Glück eilte mir zur Hilfe. Denn einer der beiden Jungs stolperte und flog hin, sodass deer Rest auch zwangsläufig stehen bleiben musste. Den noch vorhandenen Abstand holte ich im Nu auf und stürzte mich mit einem wilden Kampfschrei auf Bob und griff schnell nach Haos Schuh. Als ich ihn hatte, suchte ich schnell das Weite. Doch ich kam nicht weit, da mir Jemand von hinten an den Haaren riss und mich so zu Boden zerrte. Anschließend bekam ich noch einen Tritt in die Seite verpasst, sodass ich den kleinen Bergabhang hinunterrollte, Haos Schuh an meine Brust gepresst. Doch fast unten angelangt, rollte ich in zwei starke Arme, die mich hochhoben und an sich drückten. Nur wer konnte das wohl sein? Mein Vater war nicht so muskulös und sonst hatte ich Niemanden, außer vielleicht... Ich öffnete meine Augen, die ich vorher instinktiv zugekniffen hatte und sah nach oben ins Gesicht meines Retters. Es war Hao, der mich da in seinen Armen hielt und er sah alles andere als Glücklich aus. Haos Blick war so eiskalt, dass es mich automatisch fröstelte. Solch einen Blick hatte ich noch nie zuvor gesehen.

"H-Hao...?" flüsterte ich fast, während dieser die Übeltäter mit seinem Blick durchbohrte.

"Hao. Hieß nicht so ihr Freund mit diesen komischen Schuhen?" fand der Anführer als erstes die Sprache wieder.

"Ich glaube auch. E-Er trägt ja schließlich Rainas Schuhe und die Handschuhe sehen genauso wie die Schuhe aus. U-Und da steht auch Hao drauf." entgegnete ihm sein Kumpane ängstlich.

"Das hast du ganz richtig erkannt mein Freund. Was fällt euch eigentlich ein, meine Schuhe zu klauen und Raina auch noch zu treten? Und glaubt jar nicht das ich das Spektakel mit dem Trinkpäckchen nicht auch mitbekommen hätte." donnerte Haos eisige Stimme und ließ nicht nur mich heftig zusammenzucken, sondern die Gangmitglieder auch. Dann tauchten auch noch drei Gestalten auf, die die restlichen Gruppenmitglieder gepackt hatten und jetzt zu den anderen schmissen. Haos Schuh hatten sie ihnen vorher noch abgenommen.

"Hier Meister Hao. Euer linker Schuh. Den anderen hat sich ja die Kleine wieder zurückerobert." ergriff, scheinbar der Anführer der Dreiergruppe, das Wort.

Der Mann trug ein beaches Tuch auf dem Kopf und ein Tuch vor dem Mund. Ich erkannte ein arabisches Gewand und seine Augen blickten stechend finster drein. Er schien, so wie die Anderen auch, im Erwachsenenalter zu sein und es wunderte mich sehr, dass er Hao mit Meister betitulierte. Der Zweite im Bunde war ein fetter Kerl mit Sonnenbrille und einer Kette, die er sich lässig über die Schulter gehängt hatte. Trotz seiner vielen Muskeln, machte der auf mich noch den freundlichsten Eindruck. Der Letzte erinnerte mich stark an einen Ruckbyspieler. Nur das dieses Exemplar viel größer, stärker und bedrohlicher wirkte. Der Scheich warf Hao seinen Latschen vor die Füße und verschränkte anschließend die Arme vor der Brust. Sehr männlich.

"Ein Königreich für einen Eunuchen." sagte ich und warf den anderen Schuh auch vor Haos Füße.

Der Fettwamst musste auf meinen Kommentar hin lachen und wandte sich an Hao: "Sollen wir die kleinen Bengel dafür bestrafen?"

"Nein. Das erledige ich. Hier. Nimm mir bitte mal Raina ab." forderte Hao und wollte mich dem Ruckbyspieler in die Arme drücken, was ich ihm mit einem Quitschen quittierte.

"Sollen wir ihr ihre Schuhe wieder anziehen?" wollte der Scheich wissen.

"Guck nicht so ängstlich, Raina. Der tut dir nichts. Sag mir lieber mal wer von denen eigentlich der Anführer ist. Ich habe das nicht so ganz mitbekommen. Nein. Du siehst doch, dass ihre Füße bluten." wandte sich Hao erst an mich und dann an den Scheich, ehe er seine Schuhe anzog und die meinen mir in die Hand drückte.

"Der da!" war klar meine Stimme zu vernehmen und ich zeigte dabei geradewegs mit dem Finger auf Bob, der daraufhin kalkweiß im Gesicht wurde. Hao lief auf die vier Jungs zu, während der Scheich und der Fettwamst sich hinter ihnen postiert hatten, damit sie nicht abhauen konnten. Der Ruckbyspieler drehte sich um und entfernte sich vom Ort des Geschehens. Doch als wir nur wenige Meter entfernt waren, konnte ich noch einen Schrei und ein leises Wimmern vernehmen.

Der Ruckbyspieler schien wohl meinen geschockten Blick bemerkt zu haben, denn er sagte zu mir: "Keine Angst. Meister Hao wird diese Bälger nicht umbringen. Du bist ganz schön weiß im Gesicht."

"Da freu ich mich aber." entgegnete ich trocken und bemerkte das Ruckbyman mich zurück zum Fußballplatz brachte, auf diesem keiner mehr war. Dort setzte er mich auf die Ersatzbank und ich stellte meine Schuhe daneben.

"Du siehst doch ziemlich alt aus. Wieso betitelst du Hao als Meister?" wollte ich nun wissen, um von der derzeitigen Situation abzulenken.

"Das hat bestimmte Gründe, die du sehr bald erfahren wirst." erklärte mir Ruckbyman und setzte sich neben mich, sodass die dünne Holzbank unter seinem Gewicht etwas einsank.

"Ist Hao gefährlich?" stellte ich neugierig die nächste Frage.

"Hmm. Meister Hao ist ziemlich stark, also nehme ich mal an auch gefährlich!" gab mir mein Gegenüber zur Antwort.

"Warum trägt Hao so komische Klamotten und warum schreibt er seinen Namen auf seine Handschuhe und Schuhe?" löcherte ich den Mann weiter.

"Warum er solche Sachen trägt, weiß ich auch nicht. Ich glaube die ganzen Sternsymbole haben mit dem Wappen seiner Familie zu tun." antwortete der Ruckbyspieler mir brav und sah mich geduldig an.

Ich wollte schon zu einer erneuten Frage ansetzen, wurde aber unterbrochen durch Haos unterbrochen, als er das Fußballfeld betrat. Die nackte Wut glomm immer noch in seinen Augen und so wie er da anmarschiert kam, hatte er schon fast etwas wildes, herrschaftliches, majestätisches an sich.

Doch langsam schien er sich wieder zu beruhigen und das Sanfte kehrte wieder in seine Augen zurück.

Ohne einen weiteren Kommentar erhob sich Ruckbyman wieder und verließ schweigend den Platz.

"Wer war der Kerl?" richtete ich meine Frage an Hao.

"Einer meiner Leute." gab er mir zur Antwort, hockte sich vor mich hin und begann damit etliche Splitter, die wohl von kaputtem Holz stammen mussten, aus meinem Fuß zu ziehen.

"Du bist echt dumm. Warum hast du nicht gewartet, bis ich bei dir war? Dann hättest du jetzt keine aufgeschürften wunden Füße." wies er mich zurecht und begann damit das Blut abzuwischen und einen Verband drumzuwickeln. Er ging dabei sehr sorgfältig, fast zärtlich vor und ich genoss Haos kühle feingliedrige Finger geradezu auf meiner Haut.

"Dann hättest du deine Latschen wohl nie mehr wiedergesehen." entgegnete ich ihm mit einem kecken Grinsen im Gesicht.

"ich denke doch. Sag mal, über was bist du da eigentlich gelaufen?" wollte der Brünetthaarige wissen, während er auch aus meinem anderen Fuß die Holz und Glassplitter zog.

"Wie denn? Ich glaube, ich bin über aufgesprungene Holzbretter und Glasscherben gelaufen. Ich habe nicht so darauf geachtet." gab ich ihm zur Antwort und zuckte einmal kurz vor Schmerz zusammen.

Hao lächelte, während er versuchte so vorsichtig wie möglich mir einen Glassplitter zu entfernen, der sich tief in das Fleisch meines Fußes gebohrt hatte.

"Ich hätte schon einen Weg gefunden meine Schuhe wieder zu bekommen. Sonst hätte ich deine behalten." grinste er mich verstohlen an und entfernte endlich den Splitter aus meinem Fuß.

"Apropos! Was haben denn deine Eltern zu deinen schicken Läufern gesagt?" wollte ich wissen und vergaß das eben Geschehene ganz. Kurz huschte ein Schatten über Haos Gesicht, ehe er antwortete: "Sie haben sich halb totgelacht."

Doch Haos trauriger Blick dabei entging mir nicht und so fragte ich ihn: "Du hast keine Eltern, oder?"

Erstaunt sah dieser mich an, antwortete mir jedoch: "Meine Mutter wurde, als ich klein war, umgebracht. Meinen Vater kenne ich überhaupt nicht."

"Du Armer." entgegnete ich und zog Hao zu mir hoch in meine Arme, "Dann haben sich eben Ruckbyman, Scheichfresse und Fettwamst über dich lustig gemacht. Ist doch auch was Wert.".

Der Dunkelhäutige musste auf meine Worte hin herzlich lachen und löste sich wieder von mir, um meinen anderen Fuß auch noch zu verbinden.

"Da hast du dir aber hübsche Namen ausgesdacht." wieder huschte dieses selbstverliebte Grinsen über sein Gesicht, ehe er damit begann mir meine Schuhe wieder anzuziehen.

"Ich finde auch, dass ich ein kreativer Namensgeber bin." lächelte ich Hao an, der sich jetzt zu mir auf die Bank setzte, "Danke für deine Hilfe."

"Kein Problem, Raina." säuselte er  ins Ohr und kam meinem Gesicht ziemlich nah.

"Meister Hao?" erklang plötzlich die Stimme des Scheichs, der mit den Anderen den Fußballplatz betrat.

Der Brünetthaarige ließ von mir ab und sagte: "Wir müssen so langsam los, Ray. Ich setze dich aber noch vor deiner Haustüre ab."

"Was? Du musst schon gehen?" traurig sah ich ihn an.

"Wir sehen uns ja morgen wieder." mit diesen Worten lud Hao mich auf seinen Rücken und verließ mit mir das Fußballfeld, gefolgt von seiner Truppe.

"Darf ich wieder deine Schuhe haben?" wollte ich wissen und musste dabei grinsen.

"Nein, lieber nicht. Dann werde ich wieder die Lachnummer eins, wenn ich mit deinen Schuhen im Lager aufkreuze. Du kannst aber gerne einen Handschuh haben." meinte dieser und lief mit mir die Straßen aufwärts.

"Wo wohnst du genau?" fügte er fragend hinzu.

Ich nannte ihm meine Adresse und Hao trug mich ohne Mühen bis vor meine Haustüre. Dort setzte er mich ab, verabschiedete sich und lief den ganzen Weg wieder zurück.

"Warum er nicht im Feuer verschwunden ist?" fragent sah ich in den sternenklaren Himmel.

Naturally

Drei Wochen verstrichen und die Sommerferien waren zu Ende. In dieser Zeit hatte ich viel von Hao gelernt und mir eine ganz neue Welt eröffnet. Ich war selbstbewusster geworden und nahm alles in einem ganz anderen Licht wahr. Doch als die Schule wieder anfing, wurde ich wieder mit dem konfrontiert, was ich über Wochen hinweg verdrängt hatte. Meine Klassenkameraden. Die alte Raina war wie ein kleines Kind gewesen. Sie hatte nicht gewusst, was mit ihr falsch war. Warum die anderen sie nicht mochten. Sie hatte die Schuld bei sich gesucht und sich selbst gehasst. Niemand mochte sie. Vielleicht weil sie anders als alle anderen war? Doch die neue Raina störte das nicht mehr. Die neue Raina wusste Dank Hao, dass anders sein völlig in Ordnung war. Ich würde mich nicht mehr von diesen Leuten assimilieren lassen. Ich würde zu mir stehen, zu dem stehen wer ich war. Mit diesem Vorsätzen betrat ich den Schulhof. Innerlich wünschte ich mir, Hao wäre hier. Es wäre bestimmt lustig mit ihm die gleiche Schule zu besuchen und in dieselbe Klasse zu gehen. Und vielleicht müsste ich mich weniger mit solchen Leuten wie Bob oder anderen aus meiner Klasse herumschlagen. Doch als ich die Schule betrat, waren alle ziemlich ruhig. Die Gespräche, die auf dem Schulhof stattgefunden hatten, verstummten plötzlich. Einer der Jungs trat vor mich und fragte: "Ist es wahr, dass du Bob und seine Gang krankenhausreif geprügelt hast? Wie hast du das bitte geschaft? Schließlich besuchen Bob und ich schon länger einen Karatekurs?"

Wie lange war es jetzt her, dass Hao mit Bob und seinen Freunden abgerechnet hatte? Ach ja, drei Wochen. Das darüber immer noch geredet wurde, wunderte mich ein wenig. Aber sie waren auch noch nicht aus dem Krankenhaus entlassen worden. Wie sehr musste Hao sie verprügelt haben?

"Nein. Ich war das nicht, sondern mein Freund Hao. Sind die immer noch nicht aus dem Krankenhaus?" entgegnete ich ihm. Doch anstatt eine Antwort zu erhalten, wurde ich von dem Jungen am Kragen gepackt: "Hey, du dumme B*tsch! Dank deines Freundes musste Bob die ganzen restlichen Ferien über im Krankenhaus verbringen. Wer auch immer dein Freund ist, ich krall ihn mir und zwar nachdem ich dir eine gegeben habe."

"Uff. Du willst wohl auch unbedingt im Krankenhaus langen, oder? Mit Hao legt man sich nicht an. Schau her, ich zeige es dir." entgegnete ich kühl und befreite mich aus Karate-Kids Griff. Danach näherte ich mich mit schnellen Schritten der Wand des Schulgebäudes und schlug zu. Es gab zwar einen Baum, bei dem ich mit dem Schlag mehr Eindruck geschindet hätte als bei einer Betonwand. Aber ich wollte dem einzigsten Grün der gesamten Schule keinen Schaden zufügen.
 

Nachdem ich meine geballte Faust wieder von der Wand entfernt hatte, klaffte dort ein kleiner Krater. Risse zierten das helle Betongrau und an der Einschlagstelle war klar und deutlich meine Faust zu erkennen. Natürlich hatte ich nicht selbst zugeschlagen. So stark war menschliches Wesen. Um den Krater zu verursachen, hatte ich einen Geist aus einem Stein beschworen. Diese gab es auf dem Schulhof nämlich zur Genüge. Das beschwören von Geistern aus Steinen und Blättern hatte ich mit Hao in den Ferien fleißig geübt. Da meine Mitschüler Geister aber nicht sehen konnten, dachten sie, ich hätte den Krater verursacht. Sie alle sahen mich deshalb ziemlich erschrocken an, bis der erste Hämpfling sich getraute zu sagen: "Ach! Das kann ich auch." und auf die Wand einschlug. DAs Ergebnis war, dass er sich schmerzvoll den Handrücken rieb und die Wand genauso aussah wie vorher. Nun kam ein anderer Junge angedackelt, der stärker als der Erste aussah und dreschte auch mal auf die Wand ein. Ohne Erfolg.

Dann brach der totale Tumult aus, da jeder Depp mal auf der Wand herumkloppen wollte. Hoffentlich verarbeiteten sie den Betonklotz von Schule zu Schrott.

"Oh man. Was für Spatzenhirne. Aber hoffentlich lassen sie mich jetzt alle in Ruhe." seuftzend marchierte ich ins Schulgebäude, da es bereits zum Unterricht geklingelt hatte.
 

Der Unterricht verlief ziemlich langweilig und ruhig. Langweilig war in meinem Fall gut. Keiner der Schüler sprach mich mehr an und alle ließen sie mich in Ruhe. Was für ein herrliches Gefühl. Auch die Pausen verliefen ruhig, in denen ich noch einige Schüler bewundern durfte, die ihr Glück an der Wand nochmal versuchten. Ihre Bemühungen waren nicht mit Erfolg gekrönt. Nach der Schule ging es endlich nach Hause. Vielleicht traf ich heute wieder Hao auf dem Fußballplatz. Darauf freute ich mich schon.

"Hi Mami! Weißt du was? Ich bin jetzt der Schrecken der Schule." rief ich, als ich die Türe aufschloss und die gemeinsame Familienwohnung betrat.

"Fein. Hast du Hausaufgaben auf?" wollte meine Mutter wissen, die jetzt aus der Küche kam.

"Ne. Ausnahmsweise mal nicht. Die Lehrer hatten wohl auch schiss vor mir, als sie den Krater in der Schulwand gesehen haben." ich musste automatisch grinsen, als ich daran zurückdachte.

"Ich hoffe, wir müssen das jetzt nicht bezahlen. Übrigens sitzt Lego in der Küche und wartet auf dich. Ich muss sagen, dass der wirklich sehr gut aussieht. Trotz der langen Haare.".

Ich verstand nur Bahnhof. Machte meine Mutter da gerade ein Legomännchen an oder was? Und seit wann haben die Haare? Und vor allendingen LANGE?

Meine Mutter schien die inmaginären Fragezeichen über meinem Gesicht bemerkt zu haben, denn sie fügte hinzu: "Geh einfach in die Küche."

"Öhm, okay. Die Lehrer haben sich zum Krater in der Schulwand überhaupt nicht geäußert. Fanden sie wahrscheinlich sehr dekorativ." sagte ich noch, ehe ich in die Küche verschwand. Als ich diese betrat, saß dort Hao auf der Eckbank hinter unserem Küchentisch.

Ich hatte mich so erschrocken, dass ich nur: "Lego...?!" herausbrachte und entsetzt auf meinen besten Freund starrte. Hao hatte seinen Ellbogen auf der Tischplatte platziert und stützte damit seinen Kopf ab. Die Füße hatte er lässig miteinander verharkt. Ein leises Lachen kam über seine wundervollen schmalen Lippen und er nahm die Hand vom Kopf, die diesen gerade eben noch gestützt hatte.

"Na, Raina? Mit mir hast du wohl nicht gerechnet. Oder?" sprach er mich mit seiner seiner süßlichen Stimmelage an und zog mich damit wieder in seinen Bann. Es war kein Geheimnis, dass ich mich in ihn verliebt hatte. Zumindest wusste es meine Familie. Hoffentlich hatte meine Mutter sich nicht verplappert, als sie mit Hao gesprochen hatte. Das sie ihn mochte war jedenfalls ein gutes Zeichen.

"Ne. Ich dachte da eher an ein Legomännchen mit langen Haaren. So wie sich meine Mutter ausgedrückt hat." gab ich ihm trocken zurück und setzte mich ihm gegenüber auf den Stuhl am Küchentisch.

Dies entlockte Hao ein erneutes Lachen, ehe er nach meiner Hand griff, die auf dem Küchentisch lag und meine Handfläschen zärtlich mit seinem Fingern berührte. Doch plötzlich tauchten Bilder vor meinem inneren Auge auf.
 

Meine Mutter stand mit Hao in der Küche und hatte seine langen Haare gepackt und mit der Intention sie ihm abzuschneiden.

"Nein. Ich trage sie lieber lang. Lass meine Haare wieder los." Hao grinste meine Mutter schelmisch an. Anscheinend durfte er sie duzen. Das war an sich sehr seltsam, weil sie von meinen Freunden lieber gesiezt werden wollte. Auf verspielte Weise versuchte er seine Haare aus ihrem Griff zu bekommen.

"Hmm. Die sehen doch ziemlich gepflegt aus für einen Nomaden." bewunderte sie seine Haarpracht und ließ ihre Finger durch seine Strähnen gleiten, als sie seine Haare endlich losließ.

"Auch Nomaden pflegen sich. Aber deine Haare sehen auch sehr gepflegt aus." schnell stand Hao mit einer geschickten Drehung hinter meiner Mutter und zupfte ihr mit einem frechen Grinsen an den Haaren herum, was sich auch sonst keiner so einfach bei ihr erlauben durfte. Dann stellte er sich auf Zehenspitzen, damit er auf der gleichen Höhe wie meine Mutter war und flüsterte ihr irgentwas ins Ohr was ich nicht verstand. Beide lachten und meine Mutter drehte sich herum, um Hao spielerisch eine zu verpassen. Dieser boxte spielerisch zurück. Das ging so weit, bis er mit dem Rücken an die Theke stieß.

Dann war die Vision zu Ende.
 

Schnell zog ich meine Hand weg und stand auf. Sollte ich Hao eine klatschen, weil er mit meiner Mutter herumgeflirtet hatte oder sollte ich lieber gehen? Ich entschied mich für die zweite Variante. Ich wollte nicht wie die eifersüchtige Zicke rüberkommen. Aber was zu viel war, war zu viel. Meine Emotionen fuhren Achterbahn und mein Pausenbrot bahnte sich seinen Weg nach oben. So aufgewühlt wie ich war, hätte ich beinahe meine Mutter über den Haufen gerannt, die mit Snacks auf dem Weg zu uns war.

Ohne sie zu beachten, ging ich in mein Zimmer und verschloss die Türe hinter mir. In meinem Zimmer ließ ich mich auf mein Bett fallen und versuchte meine Gefühle und Gedanken zu ordnen. Ich war verletzt und von beiden enttäuscht. Meine Mutter, weil sie von meinen Gefühlen gewusst hatte und trotzdem mit meinem Schwarm herumschakerte und Hao, weil ich wirklich gedacht hatte, er hätte Interesse an mir. Zwischen uns waren immer diese Momente gewesen. Blicke, die länger als nötig ineinander ruhten. Berührungen, die länger als nötig verweilten. Hände, die sich hielten, obwohl es nicht von Nöten gewesen wäre. Irgendwie hatte ich mir eingebildet, dass auch er mehr für mich empfinden würde. Ungewollt kochte die Eifersucht in mir hoch. Meine Mutter sah für ihr Alter ziemlich jung aus und sie legte da auch Wert drauf. Sie lief immer top gestyled und sexy herum. Scheinbar stand Hao auf reifere Frauen, die mehr Sexappeal hatten als ich. Am liebsten hätte ich sie zerrissen.

Ein Klopfen an meiner Türe riss mich aus meinen wütenden Gedanken: "Ray. Mach bitte die Türe auf."

"Einen Dreck werde ich! Flirtest du eigentlich mit jeder weiblichen Person so herum?" wütend schmiss ich mein Kissen gegen meine Zimmertüre. Hao sollte machen, dass er Land gewann.

"Das nennst du flirten? Ich wollte bloß nett zu deiner Mutter sein." erneut klopfte es gegen meine Türe.

"Und das nennst du NETT sein?...Moment mal. Woher weißt du eigentlich, worum ich gegangen bin? Du kannst doch nicht etwa..."

"Gedanken lesen? Ja. Das kann ich und ich kann es auch nicht abschalten. Genauso wenig wie du deine Vergangenheitsvisionen."

Hao konnte Gedanken lesen. Also wusste er auch um meine Gefühle für ihn und trotzdem... Hatte er mich vielleicht die ganze Zeit nur manipuliert? Zumindest konnte ich erahnen, warum er meinen vollen Namen wusste. Aber warum ich? Nur weil ich diese medialen Fähigkeiten hatte? Hao schien diese in ähnlicher Form ebenfalls zu haben und er hatte sie auch mit mir die ganze Zeit trainiert. Aber statt weiter darüber zu grübeln, stellte ich meine Frage lieber laut.

"Hast du...mich nur manipuliert, um an meine medialen Fähigkeiten zu kommen?"

"Nein. Das habe ich nicht, Raina."

Wütend stürmte ich an meine Zimmertüre und riss diese auf: "Dann beweise es. Beweise mir, dass ich dir auch weiterhin vertrauen kann."

Hao stand vor dieser und sah mich direkt an. Mein Herz schmerzte. Hatte ich mich wirklich so in ihn getäuscht? Schließlich war es einfach mich zu manipulieren. Mal von seiner Fähigkeit abgesehen. Ich hatte kein Selbstvertrauen und bekam dadurch auch nichts gebacken. Ständig hatte ich darauf gehört was die anderen sagten und mich danach orientiert. Ich hatte Haos Worte in mich aufgesogen wie ein Schwamm. In der glücklichen Erfüllung, dass es da jemanden gab, der mich mochte wie ich war. Ich war ja so naiv. Wut kochte in mir hoch und ich wollte Hao einfach nur eine scheuern.

Doch als ich die Hand hob, ihm ihm mit der flachen Hand eine zu kleben, hielt er diese fest: "Habe ich dich auch nur einmal angelogen, Raina? Habe ich irgendwas getan, was dir geschadet hätteß2

"Du hast mir verschwiegen, dass du Gedanken lesen kannst und du verschweigst mir immer noch eine Menge. Warum kannst du dich in Feuer auflösen und wer sind deine Schlägerfreunde? Wo kommst du überhaupt her und was genau möchtend du hier?"

"Meine Schlägerfreunde sind ebenfalls Medien, die ich in meinen Künsten unterweise, genau wie du. Das Feuer ist eines der Elemente, die ich kontrollieren kann. Ich komme aus Japan und bereise die ganze Welt, um weitere Anhänger zu finden und bin dann auf dich gestoßen."

Okay. Das erklärte zumindest das seltsame Aussehen von Hao und seinen Freunden. Sie stammten wohl alle aus verschiedenen Teilen der Welt. Das würde auch ihren herben Akzent erklären, den sie während des sprechens hatten. Englisch war definitiv nicht ihre Heimatsprache.

Langsam beruhigte ich mich ein wenig und ließ die Hand sinken. Zumindest wollte ich das, aber Hao hielt sie immer noch fest. Als wir uns in die Augen blickten, zog er mich plötzlich an meineer Hand zu sich und...küsste mich. Geschockt riss ich die Augen auf. Die kleine Gegenwehr von mir wurde von ihm dadurch unterdrückt, dass er den noch freien Arm um meine Taille legte. Mein Herz raste wie wild und meine Gedanken fuhren Karussell. Langsam ließ ich mich fallen und schloss die Augen.

Als er mich wieder losließ, zierte eine feine Röte meine Wangen. Um meine Verlegenheit zu überspielte, boyte ich ihm spielerisch in die Rippen: "Ach! Weißt du was? Wenn du schon auf alte Schbraken stehst, solltest du in meine Klasse kommen. Unsere Mathematiklehrerin ist älter wie meine Mutter, sieht aber WESENTLICH jünger aus als sie."

Hao drückt die Schulbank

Der Himmel an diesem Morgen war genauso grau wie der Betonklotz, der sich Schule nannte. Genauso grau war auch meine Stimmung, als ich wieder zur Schule musste. Diese Szene, wie meine Mutter mit Hao geflirtet hatte... Sie ging mir nicht aus dem Kopf. Innerlich stieg in mir die Wut hoch. Wie konnte sie mir den Jungen ausspannen, den ich so offensichtlich mochte? Und ihm hatte ich auch noch nicht verziehen. Da halfen selbst hundert Küsse nichts. Oder der Rugbyspieler, den er zu meinem „Schutz“ abgestellt hatte. Die armen Trottel von der Fußball-AG, die vor einer Woche aus dem Krankenhaus entlassen wurden, könnten sich an mir rächen. Mal ehrlich. Wer jetzt seine Rache gegen mich plante, musste mehr als nur dämlich sein. Hao Asakura hatte sehr deutlich gemacht, dass man sich besser von mir fernhielt. Die ganze Schule hatte inzwischen Schiss vor mir. Nicht, dass ich jemals wirklich schlimmen Mobbing ausgeliefert worden wäre. Gott kann mich nicht mit solch einer Familie bestrafen und mich dann noch zum Mobbingopfer machen. Aber ich war eben ein Außenseiter und so wurde ich auch behandelt. Wie oft ich in meinem Leben schon verarscht, ausgestoßen, ausgenutzt und verspottet wurde... Mein Selbstbewusstsein hatte dadurch beträchtlich gelitten. Aber ich war schon immer ein wenig seltsam gewesen.
 

Mit 7 Jahren hatte ich einen Blinddarmdurchbruch, der mich fast das Leben gekostet hätte. Doch ich überlebte und danach konnte ich Geister sehen. Lange Zeit behielt ich es für mich, da ich angst hatte für verrückt erklärt zu werden. Bis wir dann in ein Haus zogen... Danach wussten meine Eltern Bescheid und auch, dass Geister tatsächlich existierten. Von Hao wusste ich, dass man auf keinen Fall angst haben sollte. Die, die mir böses wollten, konnten das erkennen und ernährten sich davon. Also blieb ich stark. Dank meines Freundes hatte dieser Spuk endlich ein Ende gefunden. Mehr noch. Ich konnte mich jetzt mit Naturgeistern verbinden. Wie zum Beispiel Geistern aus den Steinen, mit denen ich die Schulwand demoliert hatte. In dem Punkt hatte mein neuer Freund wirklich dazu beigetragen, dass mein Leben ein Stück weit besser wurde. Aber was die Schule anging...da übertrieb er maßlos.
 

Inzwischen hatte ich das riesige Schultor passiert, dass mich ein wenig an...Knast erinnerte. Rugby-man verscheuchte mit seinem finsteren Blick eine kleine Gruppe Mädchen, die am Tor standen und über irgendwas aufgeregt tuschelten. Genervt verdrehte ich die Augen: „Kannst du bitte VOR dem Schultor auf mich warten?“

Doch der riesige Mann erwiderte nur: „Meister Hao hat mich darum gebeten dich vor den Eingang des Schulgebäudes zu begleiten und dich wieder abzuholen, wenn du dieses wieder verlässt.“

Und so ging das schon die ganze Woche lang. In der Zeit hatte ich Hao auch nicht mehr gesehen, weswegen ich ihn nicht einfach bitten konnte, seinen...Diener? wieder zurück zu pfeifen.

Ich hatte schon versucht, in das Gebäude hinein zu rennen und dann, wenn der Spieler wieder weg war, wieder raus zukommen. Doch das Schwergewicht verließ das Schulgelände die ganze Zeit über nicht. Und es war egal aus welchem Eingang des Schulgebäudes ich kam, Rugby-man erwartete mich bereits an der Türschwelle, um mich über den Schulhof zu eskortieren. Gott war das nervig.

Meine Augen weiter verdrehend spazierte ich über den Schulhof. Meine Eskorte folgte mir und sorgte dafür, dass alle Schüler und auch die Lehrer möglichst großen Abstand zu mir gewannen.

Mal ehrlich? Was sollten die Jungs mir denn jetzt noch antun? Mir ihren Gips über den Schädel ziehen? Ich hatte Bob und Co. kaum wiedererkannt. Viel mehr hatte ich den Eindruck gewonnen, ich würde vor sechs Mumien stehen. Dieser „Schutz“ war also mehr als unnötig und trotzdem wurde ich den Spieler nicht los. Seufzend pflanzte ich mich auf die hinterste Bank des Schulhofs und wartete das Klingeln der Schulglocke ab.
 

Mit 11 Jahren bekam ich dann kleine Flashbacks von Szenen, die einen Tag vorher stattgefunden hatten. Ich schob es auf meine allgegenwärtige Müdigkeit, weil ich nachts nicht mehr ruhig schlafen konnte. Bis mir dann Szenen gezeigt wurden, bei denen ich nicht dabei gewesen war.
 

Die Schulglocke klingelte. Der Spieler brachte mich noch bis zum Eingang des Schulgebäudes, ehe er vom Schulhof verschwand. Ein wenig mürrisch setzte ich meinen Weg in meine Klasse fort. Da ich ein Streberkind war, hatte ich meinen Sitzplatz ganz vorne. Ohne die anderen zu beachten setzte ich mich hin und kramte schon mal meine Bücher für den Geschichtsunterricht heraus.

Heute schien allerdings mehr als sonst getuschelt zu werden. Dabei schien es mal ausnahmsweise nicht um mich zu gehen, sondern um einen neuen Schüler. Anscheinend bekamen wir heute noch jemanden mit dazu. Naja. Sollte mir auch egal sein. Desinteressiert wandte ich mich ab und hing meinen eigenen Gedanken nach, ehe der Lehrer den Raum betrat. Mister Taylor, ein älterer freundlich wirkender Herr mit granulierten Haar, einer Nickelbrille auf der Nase und einem ebenso brauen Anzug, begab sich direkt zur Tafel, um für Ruhe zu sorgen. Ihm folgte... „Hao?!!“ mit Entsetzen starrte ich auf den brünetten Jungen. Hao hatte heute nicht das übliche Kampfoutfit, mit seinem beachfarbenen Poncho, an, sondern ein weißes Hemd auf eine einfache schwarze Stoffhose.

„Scheinbar kennt ihr euch schon. Na dann weißt du ja, neben wen du dich gleich setzen kannst. Aber für die anderen, die dich noch nicht kennen, stell dich bitte einmal vor.“ entgegnete der Lehrer und machte eine ausschweifende Geste zur Tafel hin. Hao tat dem Lehrer den Gefallen und stellte sich einmal kurz vor, ehe er sich auf den freien Platz neben meinem setzte. Die ganze Klasse war am tuscheln und die Mädchen aus der Klasse warfen mir neidvolle Blicke zu.

Instinktiv suchte ich unter meinen Armen Deckung: „Du weißt, wie man Aufmerksamkeit erregen kann. Erst die freundliche Laufbegleitung und dann erscheinst du höchstpersönlich in der Klasse. Du hast nicht vor zu bleiben, oder?“

Ich war es eher gewohnt unbeachtet zu sein, aber Dank Hao hatte ich MAL WIEDER die Aufmerksamkeit der ganzen Klasse. Nur, dass der brünette Junge nicht abschreckend wirkte, wie der Spieler, sondern eher anziehend. Und ja, okay. Die Aktion mit dem Stein sprach nicht gerade für mich. Aber das hatte eigentlich schon gereicht, um meine Klassenkameraden auf Abstand zu halten. Vor allem, da Hao Bob und Gang verprügelt hatte. Aber das diese besagte Person jetzt mit ihnen eine Klasse teilte, schien meine Klassenkameraden nicht sonderlich zu jucken.
 

In der Pause war Hao direkt umringt von einer Schar verliebter Mädchen und ein paar Jungen, die ihn cool fanden und sich mit ihm anfreunden wollten. Als sie ihn darauf ansprachen, ob er Bob und Co. vermöbelt hatte und er diese Frage mit „Ja.“ beantwortete, schien sich keiner mehr daran zu stören. Stattdessen fragten sie ihn, ob er ihnen den Trick mit dem Krater in der Wand auch beibringen könnte. Ich fiel aus allen Wolken. Ich war also die scheiß aggressive Gruseltante, von der man sich fernhalten musste, nur weil ich ein Loch in die Wand gebohrt hatte. Hao, der wirklich gewalttätig gewesen war und „den Trick“ wohl ebenfalls beherrschte, war cool? Ich lebte eindeutig in einer verkehrten Welt.

„Um den zu können, müsst ihr im wir-können-Geister-sehen-Club sein.“ erklärte ich mit einem gekünstelten Lächeln. Meine Klassenkameraden schauten mich verwirrt an: „Das meinst du doch nicht ernst, oder?“

„Doch. Meint sie. Ich kann ebenfalls Geister sehen.“ antwortete Hao ihnen statt meiner.

„In diesen Steinen hier leben Geister. Deren Kraft kann man verwenden und eben einen Krater in eine Betonwand zu machen. Dazu braucht man aber ein gewisses spirituelles Level.“ versuche ich den Anderen zu erklären und hob einen Stein auf.

„Und du kannst auch so ein Loch in die Wand machen?“ wurde Hao von John gefragt. Einer der Jungs aus meiner Klasse, die ich am wenigstens leiden konnte. Kurzerhand nahm Hao mir den Stein ab und setzte einen größeren Krater neben meinem in die Wand. Unsere Schulleitung würde ihn umbringen. „Angeber.“ murrte ich nur, während alle Anderen total aus dem Häuschen waren. Inzwischen hatten sich auch Schüler aus anderen Klassen um uns versammelt.

„Also. Ich habe mich ja schon immer für Geister und Paranormales interessiert. Ich gebe heute Nacht eine Übernachtungsparty bei mir und dann wollte ich ein Hexenbrett ausprobieren. Bist du mit dabei?“ mischte sich John wieder ein. Die anderen stimmten ihm zu und waren plötzlich die übelsten Geister-Fans, wenn man sie so reden hörte. Eines der Mädchen drängte sich an Hao und sagte: „Ich stehe auch total auf Okkultismus. Komm doch mal zu mir, dann machen wir was zusammen.“ dabei schenkte sie ihm ein verführerisches Lächeln. Ich hätte kotzen können und nicht, weil sie auf Hao stand. Vielmehr weil Geister sehen, statt irre, jetzt Dank Hao der geilste Shit war.

„Da hinten ist unsere Ecke. Komm doch erst mal mit zu uns.“

„Okay. Macht ihr mal. Ich gehe mal gucken wo mein übergroßer Beschützer abgeblieben ist. Den vermisse ich nämlich diese Pause schmerzlich.“ mit diesem Vorwand wollte ich mich davon machen, doch Hao machte mir da einen Strich durch die Rechnung: „Bill habe ich weggeschickt. Ich bin ja jetzt da, um dich zu beschützen, Raina.“

„Ja hoffentlich überleben unsere Klassenkameraden meinen Schutz. Nicht, dass morgen hier alles Mumien sitzen.“ entgegnete ich ihm mit einem schrägen Grinsen.

„Raina brauchst du vor uns aber nicht zu beschützen. Keiner tut ihr was und hier sind alle dicke miteinander.“ ergriff John wieder das Wort. Wir sind dicke miteinander? Ausgerechnet das von jemanden zu hören, der vor nicht allzu langer Zeit meinen Rucksackinhalt im ganzen Schulflur verteilt hatte... Kotz!

„Genau.“ mischte sich Cameron, die Oberzicke und Schoolqueen mit ein, kam auf mich zu und packte meinen Arm: „Wir sind beste Freunde. Nicht wahr, Raina?“

DOPPEL-KOTZ. Ich zog es lieber vor zu schweigen. Sicher war ich mit keiner Person >beste Freunde<, die mir eine tote Ratte in die Tasche gelegt hatte.

„Also sind du und Raina heute bei meiner Party mit dabei?“ wollte John von Hao wissen.

„Ja. Wir werden kommen.“

„Meine Mutter wird sicher etwas dagegen haben, wenn ich bei einem Jungen übernachte.“

„Ich werde sie einfach überreden. Außerdem bist du ja nicht alleine da.“

„Ja. Übereden kannst du sie sicher gut.“

„Bist du immer noch sauer auf mich, weil ich ein wenig mit deiner Mutter geflirtet habe?“

„Ein wenig.“
 

Was soll ich sagen? Hao hatte es geschafft meine Mutter so zu bequatschen, dass sie mich gerne zu der Übernachtungsparty bei John ließ. Zur Sicherheit hatte ich ein wenig Räucherwerk und Schutztalismane mitgenommen. Geister, die in Form von Hexenbretter kommunizierten, waren selten gut. Zumindest fing jede Gruselgeschichte, die auf Geistern basierte, mit einem Hexenbrett an. Vielleicht war ich auch nur ein wenig überängstlich. Aber sicher war sicher. Als ich soweit alles mithilfe meiner Mutter, für die Pyjamaparty vorbereitet hatte, erwartete ich auch schon Hao. Er trug dieselben Kleider, die er heute schon in der Schule angehabt hatte und eine Sporttasche mit sich.

„Können wir, Raina?“

„Ja. Wir können. Weißt du denn, wo John wohnt?“

Hao nickte nur: „Wir fliegen auf meinem Geist des Feuers dorthin. Ansonsten kommen wir erst zur Geisterstunde dort an.“

Ich wollte ihn fragen, wie man auf einem Geist fliegen konnte, als plötzlich ein riesigen rotes Ungetüm vor uns erschien. Kreischend rettete ich mich hinter Hao.

„Was zum....ist das?!?!“

„Der Geist des Feuers. Mein Schutzgeist. Keine angst, er tut dir nichts.“

„Ich frage mich, warum niemanden dieses 10-Meter-Monstrum auffällt? Und was ist ein Schutzgeist? So etwas wie ein Schutzengel?“

„Weil niemand außer uns Geister sehen kann, Raina. So in der Art. Komm. Steig auf.“ entgegnete Hao und zog mich auf die Hand des Wesens, welche uns zum Aufsteigen hingehalten wurde. Mit Haos Hilfe kletterte ich auf die Schulter des Wesens. Als der Geist des Feuers sich in die Lüfte erhob, klammerte ich mich ängstlich an den brünetthaarigen Jungen.

„Ähm...Hao. Ich glaube, ich habe da eine Kleinigkeit vergessen zu erwähnen.“

„Und die wäre?“

„Ich habe Höhenangst und zwar ganz schlimme.“

Mittlerweile ziemlich weiß geworden, klammerte ich mich wie eine Ertrinkende an meinen Begleiter, während ich dabei zusah wie der Feuergeist mehr und mehr an Höhe gewann.



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