Beauty from Pain von Acquayumu ================================================================================ Kapitel 4: Hao drückt die Schulbank ----------------------------------- Der Himmel an diesem Morgen war genauso grau wie der Betonklotz, der sich Schule nannte. Genauso grau war auch meine Stimmung, als ich wieder zur Schule musste. Diese Szene, wie meine Mutter mit Hao geflirtet hatte... Sie ging mir nicht aus dem Kopf. Innerlich stieg in mir die Wut hoch. Wie konnte sie mir den Jungen ausspannen, den ich so offensichtlich mochte? Und ihm hatte ich auch noch nicht verziehen. Da halfen selbst hundert Küsse nichts. Oder der Rugbyspieler, den er zu meinem „Schutz“ abgestellt hatte. Die armen Trottel von der Fußball-AG, die vor einer Woche aus dem Krankenhaus entlassen wurden, könnten sich an mir rächen. Mal ehrlich. Wer jetzt seine Rache gegen mich plante, musste mehr als nur dämlich sein. Hao Asakura hatte sehr deutlich gemacht, dass man sich besser von mir fernhielt. Die ganze Schule hatte inzwischen Schiss vor mir. Nicht, dass ich jemals wirklich schlimmen Mobbing ausgeliefert worden wäre. Gott kann mich nicht mit solch einer Familie bestrafen und mich dann noch zum Mobbingopfer machen. Aber ich war eben ein Außenseiter und so wurde ich auch behandelt. Wie oft ich in meinem Leben schon verarscht, ausgestoßen, ausgenutzt und verspottet wurde... Mein Selbstbewusstsein hatte dadurch beträchtlich gelitten. Aber ich war schon immer ein wenig seltsam gewesen. Mit 7 Jahren hatte ich einen Blinddarmdurchbruch, der mich fast das Leben gekostet hätte. Doch ich überlebte und danach konnte ich Geister sehen. Lange Zeit behielt ich es für mich, da ich angst hatte für verrückt erklärt zu werden. Bis wir dann in ein Haus zogen... Danach wussten meine Eltern Bescheid und auch, dass Geister tatsächlich existierten. Von Hao wusste ich, dass man auf keinen Fall angst haben sollte. Die, die mir böses wollten, konnten das erkennen und ernährten sich davon. Also blieb ich stark. Dank meines Freundes hatte dieser Spuk endlich ein Ende gefunden. Mehr noch. Ich konnte mich jetzt mit Naturgeistern verbinden. Wie zum Beispiel Geistern aus den Steinen, mit denen ich die Schulwand demoliert hatte. In dem Punkt hatte mein neuer Freund wirklich dazu beigetragen, dass mein Leben ein Stück weit besser wurde. Aber was die Schule anging...da übertrieb er maßlos. Inzwischen hatte ich das riesige Schultor passiert, dass mich ein wenig an...Knast erinnerte. Rugby-man verscheuchte mit seinem finsteren Blick eine kleine Gruppe Mädchen, die am Tor standen und über irgendwas aufgeregt tuschelten. Genervt verdrehte ich die Augen: „Kannst du bitte VOR dem Schultor auf mich warten?“ Doch der riesige Mann erwiderte nur: „Meister Hao hat mich darum gebeten dich vor den Eingang des Schulgebäudes zu begleiten und dich wieder abzuholen, wenn du dieses wieder verlässt.“ Und so ging das schon die ganze Woche lang. In der Zeit hatte ich Hao auch nicht mehr gesehen, weswegen ich ihn nicht einfach bitten konnte, seinen...Diener? wieder zurück zu pfeifen. Ich hatte schon versucht, in das Gebäude hinein zu rennen und dann, wenn der Spieler wieder weg war, wieder raus zukommen. Doch das Schwergewicht verließ das Schulgelände die ganze Zeit über nicht. Und es war egal aus welchem Eingang des Schulgebäudes ich kam, Rugby-man erwartete mich bereits an der Türschwelle, um mich über den Schulhof zu eskortieren. Gott war das nervig. Meine Augen weiter verdrehend spazierte ich über den Schulhof. Meine Eskorte folgte mir und sorgte dafür, dass alle Schüler und auch die Lehrer möglichst großen Abstand zu mir gewannen. Mal ehrlich? Was sollten die Jungs mir denn jetzt noch antun? Mir ihren Gips über den Schädel ziehen? Ich hatte Bob und Co. kaum wiedererkannt. Viel mehr hatte ich den Eindruck gewonnen, ich würde vor sechs Mumien stehen. Dieser „Schutz“ war also mehr als unnötig und trotzdem wurde ich den Spieler nicht los. Seufzend pflanzte ich mich auf die hinterste Bank des Schulhofs und wartete das Klingeln der Schulglocke ab. Mit 11 Jahren bekam ich dann kleine Flashbacks von Szenen, die einen Tag vorher stattgefunden hatten. Ich schob es auf meine allgegenwärtige Müdigkeit, weil ich nachts nicht mehr ruhig schlafen konnte. Bis mir dann Szenen gezeigt wurden, bei denen ich nicht dabei gewesen war. Die Schulglocke klingelte. Der Spieler brachte mich noch bis zum Eingang des Schulgebäudes, ehe er vom Schulhof verschwand. Ein wenig mürrisch setzte ich meinen Weg in meine Klasse fort. Da ich ein Streberkind war, hatte ich meinen Sitzplatz ganz vorne. Ohne die anderen zu beachten setzte ich mich hin und kramte schon mal meine Bücher für den Geschichtsunterricht heraus. Heute schien allerdings mehr als sonst getuschelt zu werden. Dabei schien es mal ausnahmsweise nicht um mich zu gehen, sondern um einen neuen Schüler. Anscheinend bekamen wir heute noch jemanden mit dazu. Naja. Sollte mir auch egal sein. Desinteressiert wandte ich mich ab und hing meinen eigenen Gedanken nach, ehe der Lehrer den Raum betrat. Mister Taylor, ein älterer freundlich wirkender Herr mit granulierten Haar, einer Nickelbrille auf der Nase und einem ebenso brauen Anzug, begab sich direkt zur Tafel, um für Ruhe zu sorgen. Ihm folgte... „Hao?!!“ mit Entsetzen starrte ich auf den brünetten Jungen. Hao hatte heute nicht das übliche Kampfoutfit, mit seinem beachfarbenen Poncho, an, sondern ein weißes Hemd auf eine einfache schwarze Stoffhose. „Scheinbar kennt ihr euch schon. Na dann weißt du ja, neben wen du dich gleich setzen kannst. Aber für die anderen, die dich noch nicht kennen, stell dich bitte einmal vor.“ entgegnete der Lehrer und machte eine ausschweifende Geste zur Tafel hin. Hao tat dem Lehrer den Gefallen und stellte sich einmal kurz vor, ehe er sich auf den freien Platz neben meinem setzte. Die ganze Klasse war am tuscheln und die Mädchen aus der Klasse warfen mir neidvolle Blicke zu. Instinktiv suchte ich unter meinen Armen Deckung: „Du weißt, wie man Aufmerksamkeit erregen kann. Erst die freundliche Laufbegleitung und dann erscheinst du höchstpersönlich in der Klasse. Du hast nicht vor zu bleiben, oder?“ Ich war es eher gewohnt unbeachtet zu sein, aber Dank Hao hatte ich MAL WIEDER die Aufmerksamkeit der ganzen Klasse. Nur, dass der brünette Junge nicht abschreckend wirkte, wie der Spieler, sondern eher anziehend. Und ja, okay. Die Aktion mit dem Stein sprach nicht gerade für mich. Aber das hatte eigentlich schon gereicht, um meine Klassenkameraden auf Abstand zu halten. Vor allem, da Hao Bob und Gang verprügelt hatte. Aber das diese besagte Person jetzt mit ihnen eine Klasse teilte, schien meine Klassenkameraden nicht sonderlich zu jucken. In der Pause war Hao direkt umringt von einer Schar verliebter Mädchen und ein paar Jungen, die ihn cool fanden und sich mit ihm anfreunden wollten. Als sie ihn darauf ansprachen, ob er Bob und Co. vermöbelt hatte und er diese Frage mit „Ja.“ beantwortete, schien sich keiner mehr daran zu stören. Stattdessen fragten sie ihn, ob er ihnen den Trick mit dem Krater in der Wand auch beibringen könnte. Ich fiel aus allen Wolken. Ich war also die scheiß aggressive Gruseltante, von der man sich fernhalten musste, nur weil ich ein Loch in die Wand gebohrt hatte. Hao, der wirklich gewalttätig gewesen war und „den Trick“ wohl ebenfalls beherrschte, war cool? Ich lebte eindeutig in einer verkehrten Welt. „Um den zu können, müsst ihr im wir-können-Geister-sehen-Club sein.“ erklärte ich mit einem gekünstelten Lächeln. Meine Klassenkameraden schauten mich verwirrt an: „Das meinst du doch nicht ernst, oder?“ „Doch. Meint sie. Ich kann ebenfalls Geister sehen.“ antwortete Hao ihnen statt meiner. „In diesen Steinen hier leben Geister. Deren Kraft kann man verwenden und eben einen Krater in eine Betonwand zu machen. Dazu braucht man aber ein gewisses spirituelles Level.“ versuche ich den Anderen zu erklären und hob einen Stein auf. „Und du kannst auch so ein Loch in die Wand machen?“ wurde Hao von John gefragt. Einer der Jungs aus meiner Klasse, die ich am wenigstens leiden konnte. Kurzerhand nahm Hao mir den Stein ab und setzte einen größeren Krater neben meinem in die Wand. Unsere Schulleitung würde ihn umbringen. „Angeber.“ murrte ich nur, während alle Anderen total aus dem Häuschen waren. Inzwischen hatten sich auch Schüler aus anderen Klassen um uns versammelt. „Also. Ich habe mich ja schon immer für Geister und Paranormales interessiert. Ich gebe heute Nacht eine Übernachtungsparty bei mir und dann wollte ich ein Hexenbrett ausprobieren. Bist du mit dabei?“ mischte sich John wieder ein. Die anderen stimmten ihm zu und waren plötzlich die übelsten Geister-Fans, wenn man sie so reden hörte. Eines der Mädchen drängte sich an Hao und sagte: „Ich stehe auch total auf Okkultismus. Komm doch mal zu mir, dann machen wir was zusammen.“ dabei schenkte sie ihm ein verführerisches Lächeln. Ich hätte kotzen können und nicht, weil sie auf Hao stand. Vielmehr weil Geister sehen, statt irre, jetzt Dank Hao der geilste Shit war. „Da hinten ist unsere Ecke. Komm doch erst mal mit zu uns.“ „Okay. Macht ihr mal. Ich gehe mal gucken wo mein übergroßer Beschützer abgeblieben ist. Den vermisse ich nämlich diese Pause schmerzlich.“ mit diesem Vorwand wollte ich mich davon machen, doch Hao machte mir da einen Strich durch die Rechnung: „Bill habe ich weggeschickt. Ich bin ja jetzt da, um dich zu beschützen, Raina.“ „Ja hoffentlich überleben unsere Klassenkameraden meinen Schutz. Nicht, dass morgen hier alles Mumien sitzen.“ entgegnete ich ihm mit einem schrägen Grinsen. „Raina brauchst du vor uns aber nicht zu beschützen. Keiner tut ihr was und hier sind alle dicke miteinander.“ ergriff John wieder das Wort. Wir sind dicke miteinander? Ausgerechnet das von jemanden zu hören, der vor nicht allzu langer Zeit meinen Rucksackinhalt im ganzen Schulflur verteilt hatte... Kotz! „Genau.“ mischte sich Cameron, die Oberzicke und Schoolqueen mit ein, kam auf mich zu und packte meinen Arm: „Wir sind beste Freunde. Nicht wahr, Raina?“ DOPPEL-KOTZ. Ich zog es lieber vor zu schweigen. Sicher war ich mit keiner Person >beste Freunde<, die mir eine tote Ratte in die Tasche gelegt hatte. „Also sind du und Raina heute bei meiner Party mit dabei?“ wollte John von Hao wissen. „Ja. Wir werden kommen.“ „Meine Mutter wird sicher etwas dagegen haben, wenn ich bei einem Jungen übernachte.“ „Ich werde sie einfach überreden. Außerdem bist du ja nicht alleine da.“ „Ja. Übereden kannst du sie sicher gut.“ „Bist du immer noch sauer auf mich, weil ich ein wenig mit deiner Mutter geflirtet habe?“ „Ein wenig.“ Was soll ich sagen? Hao hatte es geschafft meine Mutter so zu bequatschen, dass sie mich gerne zu der Übernachtungsparty bei John ließ. Zur Sicherheit hatte ich ein wenig Räucherwerk und Schutztalismane mitgenommen. Geister, die in Form von Hexenbretter kommunizierten, waren selten gut. Zumindest fing jede Gruselgeschichte, die auf Geistern basierte, mit einem Hexenbrett an. Vielleicht war ich auch nur ein wenig überängstlich. Aber sicher war sicher. Als ich soweit alles mithilfe meiner Mutter, für die Pyjamaparty vorbereitet hatte, erwartete ich auch schon Hao. Er trug dieselben Kleider, die er heute schon in der Schule angehabt hatte und eine Sporttasche mit sich. „Können wir, Raina?“ „Ja. Wir können. Weißt du denn, wo John wohnt?“ Hao nickte nur: „Wir fliegen auf meinem Geist des Feuers dorthin. Ansonsten kommen wir erst zur Geisterstunde dort an.“ Ich wollte ihn fragen, wie man auf einem Geist fliegen konnte, als plötzlich ein riesigen rotes Ungetüm vor uns erschien. Kreischend rettete ich mich hinter Hao. „Was zum....ist das?!?!“ „Der Geist des Feuers. Mein Schutzgeist. Keine angst, er tut dir nichts.“ „Ich frage mich, warum niemanden dieses 10-Meter-Monstrum auffällt? Und was ist ein Schutzgeist? So etwas wie ein Schutzengel?“ „Weil niemand außer uns Geister sehen kann, Raina. So in der Art. Komm. Steig auf.“ entgegnete Hao und zog mich auf die Hand des Wesens, welche uns zum Aufsteigen hingehalten wurde. Mit Haos Hilfe kletterte ich auf die Schulter des Wesens. Als der Geist des Feuers sich in die Lüfte erhob, klammerte ich mich ängstlich an den brünetthaarigen Jungen. „Ähm...Hao. Ich glaube, ich habe da eine Kleinigkeit vergessen zu erwähnen.“ „Und die wäre?“ „Ich habe Höhenangst und zwar ganz schlimme.“ Mittlerweile ziemlich weiß geworden, klammerte ich mich wie eine Ertrinkende an meinen Begleiter, während ich dabei zusah wie der Feuergeist mehr und mehr an Höhe gewann. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)